Betriebswirtschaftslehre: Band I: Einführung und Managementlehre [5., völlig neu bearb. Aufl. Reprint 2014] 9783486795066, 9783486244588

Band I der dreibändigen Betriebswirtschaftslehre von Kreis, die sich neben einer inhaltlichen eher angelsächsischen Trad

228 42 56MB

German Pages 568 [572] Year 1998

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Table of contents :
1. Hauptteil: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre
1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre
1.1.1 Merkmale und Abgrenzung des Betriebs
1.1.2 Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft
1.1.3 Forschungsansätze in der Betriebswirtschaftslehre
1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren
1.2.1 Material/Güter - Ökologische Materialwirtschaft
1.2.2 Betriebsmittel - Wirtschaftsinformatik
1.2.3 Grundstücke und Betriebsgebäude - Facility Management
1.2.4 Arbeit - Human Resources
1.3 Unternehmer und betriebliche Innovation
1.3.1 Funktion des Unternehmerischen
1.3.2 Organisation der betrieblichen Innovation
1.4 Unternehmensdynamik
1.4.1 Gründungsphase des Unternehmens
1.4.2 Entwicklungs- und Wachstumsphase des Unternehmens
1.4.3 Krisenphase des Unternehmens
1.4.4 Konzeptionelle Betrachtung der Unternehmensphasen
1.5 Unternehmensformen
1.5.1 Relative Häufigkeit der Unternehmensformen und konstituierende Bedeutung der Rechtsform
1.5.2 Einzelunternehmen
1.5.3 Personengesellschaften
1.5.4 Kapitalgesellschaften
1.5.5 Aspekte der Umwandlung der Rechtsform
1.6 Unternehmenskooperation - Strategische Allianzen
1.6.1 Spektrum der betrieblichen Kooperation
1.6.2 Wettbewerbsrechtliche Aspekte der Kooperation
1.6.3Spezielle Kooperationsformen
1.7 Aufgabenprogramm I
2. Hauptteil: Allgemeine betriebswirtschaftliche Organisations- und Entscheidungslehre Managementlehre
2.0 Einleitung: Definition und Funktionsweise der Organisation; Alternativen zum Aufbau einer Organisationslehre; Selbstorganisation
2.1 Aufbauorganisation des Betriebs
2.1.1 Funktionen und Strukturen der Geschäftsleitung
2.1.2 Strukturelemente der betrieblichen Leitungsorganisation
2.1.3 Motivation und Leistung im Betrieb
2.1.4 Management-Modelle
2.2 Entscheidungsabläufe in der betrieblichen Aufbauorganisation der Management-Prozeß
2.2.1 Kreativitätstechniken zur Entscheidungsvorbereitung
2.2.2 Entscheidungsvorgänge im Individuum
2.2.3 Zielsystem des Betriebs
2.2.4 Betrieblicher Entscheidungs- und Handlungsprozeß
2.2.5 Überprüfen und Verbesserung von Prozeßabläufen - Business Re-Engineering
2.3 Aufgabenprogramm II
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Betriebswirtschaftslehre: Band I: Einführung und Managementlehre [5., völlig neu bearb. Aufl. Reprint 2014]
 9783486795066, 9783486244588

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Managementwissen für Studium und Praxis Herausgegeben von

Professor Dr. Dietmar Dorn und Professor Dr. Rainer Fischbach Bisher erschienene Werke: Bontrup, Volkswirtschaftslehre Bradtke, Mathematische Grundlagen für Ökonomen Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft, 4. Auflage Clausius, Betriebswirtschaftslehre I Dorn • Fischbach, Volkswirtschaftslehre II, 2. Auflage Fischbach, Volkswirtschaftslehre 1,10. Auflage Fank, Informationsmanagement Hardt, Kostenmanagement Koch, Marktforschung, 2. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band 1,5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band II, 5. Auflage Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band III, 5. Auflage Lebefromm, Controlling - Einfuhrung mit Beispielen aus SAP®/R3® Lebefromm, Produktionsmanagement, 3. Auflage Mensch, Kosten-Controlling Piontek, Controlling Piontek, Global Sourcing Scharnbacher • Kiefer, Kundenzufriedenheit Steger, Kosten- und Leistungsrechnung

Betriebswirtschaftslehre Band I: Einführung und Managementlehre

Von

Rudolf Kreis Professor für Betriebswirtschaftslehre

5., völlig neu bearbeitete Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Band I des dreibändigen Werkes.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kreis, Rudolf: Betriebswirtschaftslehre / von Rudolf Kreis. - München ; Wien : Oldenbourg. (Managementwissen für Studium und Praxis) Bd. 1. Einführung und Managementlehre. - 5., völlig neu bearb. Aufl.- 1998 ISBN 3-486-24458-2

© 1998 R. Oldenbourg Verlag Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-24458-2

Inhaltsübersicht zu Band I bis III

1. Hauptteil: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre 1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren 1.3 Unternehmer und betriebliche Innovation 1.4 Unternehmensdynamik 1.5 Unternehmensformen 1.6 Unternehmenskooperation - Strategische Allianzen 1.7 Aufgabenprogramm 2. Hauptteil: Allgemeine betriebswirtschaftliche Organisations- und Entscheidungslehre Managementlehre 2.0 Einleitung: Definition und Funktionsweise der Organisation; Alternativen zum Aufbau einer Organisationslehre; Selbstorganisation 2.1 Aufbauorganisation des Betriebs 2.2 Entscheidungsabläufe und der betrieblichen Aufbauorganisation - der Management-Prozeß 2.3 Aufgabenprogramm II 3. Hauptteil: Innovations- und Wertschöpfungskette des Betriebs 3.0 Einleitung: Wertschöpfungstopologien, Unternehmenskonzeptionen 3.1 Verkettungsfunktionen der Produktinnovation - Produkt-Management 3.2 Forschung und Entwicklung im Betrieb 3.3 Einkauf im Betrieb 3.4 Leistungserstellung der Betriebe 3.5 Absatz des Betriebs 3.6 Projekt-Management - Investitionsgüter-Marketing 3.7 Personalwesen 3.8 Aufgabenprogramm III 4. Hauptteil: Finanz- und Rechnungswesen - Steuerung der Rentabilität bei Wahrung der Liquidität des Betriebs 4.0 Einleitung: Historie; Einteilung und Aufgaben des Rechnungswesens; psychologische Aspekte von Leistungs- und Kostenhöhe; Aspekte der Bilanztheorie; Internationalisierung des Bilanzrechts 4.1 Operationelle Abläufe der Rechnungslegung im Betrieb 4.2 Operationelle Abläufe der Kosten- und Leistungsrechnung 4.3 Operationelle Abläufe der betrieblichen Rentabilitätsplanung und -kontrolle 4.4 Operationelle Abläufe der Wirtschaftlichkeitsrechnungen 4.5 Operationelle Abläufe beim Operations Research 4.6 Operationelle Abläufe der Finanzierung des Betriebs 4.7 Aufgabenprogramm IV

Inhaltsverzeichnis

VII

Inhaltsverzeichnis

1.

Hauptteil: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 1.1.1 Merkmale und Abgrenzung des Betriebs 1.1.1.1 Güter, Produktionsfaktoren des Betriebs, der Mensch in der Betriebswirtschaftslehre, Abgrenzung der Betriebswirtschaften 1.1.1.2 Die Unternehmen im technologisch-organisatorischen Wandel: Industrialisierung; Industriedynamik; leistungssteigernde Clusterbildung; Herausforderungen an die Unternehmen; Industriepolitik; Wirtschaftsstandort Deutschland/Europa 1.1.1.3 Betrieb und Umwelt: Leistungsaustausch; Unternehmenskultur; Produkthaftung; Qualitätssicherung - DIN 9000; CE/EMV-Kennzeichnung; UmweltschutzÖko-Audit

1 1

13

1.1.1.4 Betriebliche Zielorientierung an Wirtschaftsprinzipien 1.1.1.5 Produktivität und Wirtschaftlichkeit 1.1.1.6 Gewinn und Rentabilität 1.1.2 Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft 1.1.2.1 Geschichte der Betriebswirtschaftslehre 1.1.2.2 Betriebswirtschaftliche Hochschultypen und Inhalt der Betriebswirtschaftslehre 1.1.2.3 Forschungsmethoden und Forschungseinrichtungen der Betriebswirtschaftslehre 1.1.3 Forschungsansätze in der Betriebswirtschaftslehre 1.1.3.0 Historische Übersicht und Wertung 1.1.3.1 Typus-bzw. Modellbildung 1.1.3.2 Homo-Oeconomicus-Modell 1.1.3.3 Human-Relations-Ansatz 1.1.3.4 Verhaltenswissenschaftlicher Ansatz 1.1.3.5 Lernmäßige Aspekte für den Betrieb 1.1.3.6 Funktionenorientierter Ansatz 1.1.3.7 Entscheidungs-, handlungs- und systemtheoretische Ansätze 1.1.3.8 Informations- und kommunikationstheoretische Ansätze 1.1.3.9 Gruppentheoretischer Ansatz 1.1.3.10 Situativer Ansatz 1.1.3.11Chaos- Theorie in betriebswirtschaftlicher Sicht 1.1.3.12 Ansätze für betriebswirtschaftliche Abhandlung

30 31 32 34 34 37 42 49 49 50 5] 52 53 57 59 61 64 68 72 74 80

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren 1.2.1 Material/Güter - Ökologische Materialwirtschaft 1.2.1.0 Einleitung: Paradigmawechsel; Komponenten, Teilfunktionen und Ziele der Materialwirtschaft 1.2.1.1 Logistisches System des Betriebs 1.2.1.2 Materialbedarfsplanung 1.2.1.3 Funktionen und Arten der betrieblichen Lagerhaltung 1.2.1.4 Steuerung und Philosophien der betrieblichen Lagerhaltung 1.2.1.5 Abfallbehandlung und Energieeinsparung 1.2.1.6 Materialeinsatz und Umweltschutzbestimmungen 1.2.1.7 Ökologische und strategische Perspektiven betrieblicher Materialwirtschaft

83 83

1

6

83 84 92 94 96 99 106 110

VIII

Inhaltsverzeichnis

1.2.2 Betriebsmittel - Wirtschaftsinformatik 1.2.2.0 Einleitung: Struktur und Funktionsweise konventioneller Maschinen; Informations-Technologie; Informationssystemarchitektur; Informations-Management; Betriebswirtschaftliche Relevanz der IT; Informatikrevolution 1.2.2.1 Betriebswirtschaftliche Einordnung der Betriebsmittel und Funktionsweise der EDV 1.2.2.2 Computer-Hardware 1.2.2.3 Computer-Software 1.2.2.4 Betriebsarten der EDV: StapeU/Echtzeitverarbeitung; Graphische Anwendungen; Multimedia; Tele-Processing; Sprach-Kommunikation; Cypberspace 1.2.2.5 Künstliche Intelligenz - Expertensysteme - ExecutiveInformation-Systems 1.2.2.6 Netzwerke: Topologien; Protokolle und Architekturen 1.2.2.7 Datensicherung und Datenschutz 1.2.2.8 Elektronische Textverarbeitung und Bürokommunikation 1.2.2.9 Elektronische Simulation und Prozeßsteuerung 1.2.2.10Neurocomputing 1.2.2.11 NC-Maschinen - Roboter 1.2.3 Grundstücke und Betriebsgebäude - Facility Management 1.2.3.0 Einleitung: Elemente und Reichweite des Facility Managements 1.2.3.1 Anlässe und Faktoren der betrieblichen Standortwahl - ProduktionsAuslagerung 1.2.3.2 Innerbetrieblicher Standort - Betriebliches Layout 1.2.3.3 Innerbetriebliche Standortoptimierung durch die EDV 1.2.3.4 Gebäudeautomation mit Hilfe der EDV 1.2.3.5 Schadstoffarme Betriebsräume, Umwelthaftungsgesetz, Umweltprofilanalyse, Umweltverträglichkeitsprüfung, Altlastensanierung 1.2.3.6 Anlagen-und Betriebsschutz 1.2.4 Arbeit - Human Resources 1.2.4.1 Arbeitsrechtliche Aspekte 1.2.4.2 Tarifvertrag und Tarifkonflikt 1.2.4.3 Arbeitsschutz - Arbeitsordnung 1.2.4.4 Sozialrechtliche Aspekte der Arbeit 1.2.4.5 Arbeitsgestaltung - Ergonomie 1.2.4.6 Arbeitsarten und Arbeitszeiten 1.2.4.7 Humanisierung der Arbeit - Teilautonome Gruppen - ArbeitsFlexibilisierung - Erhaltung der Human Resources - Post-Taylorismus 1.3 Unternehmer und betriebliche Innovation 1.3.1 Funktion des Unternehmerischen 1.3.1.1 Betriebliche Innovationsfelder 1.3.1.2 Unternehmertypen und Untemehmereigenschaften 1.3.1.3 Unternehmer im Spannungsfeld von Eigentum und Sozialethik Unternehmensethik 1.3.2 Organisation der betrieblichen Innovation 1.3.2.1 Time-to-Market 1.3.2.2 Innovationssubstitution 1.3.2.3 Psychologische Hindernisse für Innovation

H4

114 118 121 133

148 155 165 169 172 179 183 186 189 189 ] 90 193 198 199 200 208 212 212 215 217 222 223 229 232 244 244 244 247 249 253 253 254 255

Inhaltsverzeichnis

1.4 Unternehmensdynamik 1.4.1 Gründungsphase des Unternehmens 1.4.1.1 Marktzugangsbarrieren, Transaktionskosten und Suchstratigien für unternehmerische Leistungen 1.4.1.2 Gestaltung des unternehmerischen Konzepts 1.4.1.3 Administrative Einschränkungen und Erfordernisse 1.4.1.4 Steuerliche, finanzielle und versicherungsmäßige Aspekte der UntemehmensGründung 1.4.2 Entwicklungs- und Wachstumsphase des Unternehmens 1.4.2.1 Entwicklung der betrieblichen Potentiale 1.4.2.2 Entwicklungs-und Wachstumsstrtegien 1.4.2.3 Internationalisierung von Unternehmen und Märkten 1.4.2.4 Profit Impact of Market Strategies (PIMS) 1.4.2.5 Portfolio Selection Strategien 1.4.3 Krisenphase des Unternehmens 1.4.3.1 Konkurrenzkämpfe, Krisenursachen und Ausstiegsbarrieren 1.4.3.2 Frühwarnsystem 1.4.3.3 Ex-ante- und Ex-post-Krisenmanagement 1.4.3.4 Reorganisations- und Krisenverhinerungsstrategien 1.4.4 Konzeptionelle Betrachtung der Untemehmensphasen 1.4.4.1 Unternehmertypen in den Untemehmensphasen 1.4.4.2 Organisatorische Wandel in den Untemehmensphasen 1.4.4.3 Strategiebildung in den Untemehmensphasen

IX

256 256 256 260 262 263 265 265 273 282 292 296 300 300 302 305 311 313 313 314 3) 7

1.5 Unternehmensformen 1.5.1 Relative Häufigkeit der Untemehmensformen und konstituierende Bedeutung der Rechtsform 1.5.2 Einzeluntemehmen 1.5.3 Personengesellschaften 1.5.3.1 Merkmale der Personengesellschaften 1.5.3.2 Gründung und Auflösung von Personengesellschaften 1.5.3.3 Geschäftsleitungsstruktur bei Personengesellschaften 1.5.4 Kapitalgesellschaften 1.5.4.1 Historie der Kapitalgesellschaften 1.5.4.2 Merkmale der Kapitalgesellschaften 1.5.4.3 Gründung und Auflösung von Kapitalgesellschaften 1.5.4.4 Geschäftsleitungsstruktur bei Kapitalgesellschaften 1.5.5 Aspekte der Umwandlung der Rechtsform

318 318 319 320 320 320 321 322 322 323 323 324 328

1.6 Unternehmenskooperation - Strategische Allianzen 1.5.6 Spektrum der betrieblichen Kooperation 1.5.6.1 Ziele betrieblicher Kooperation 1.5.6.2 Formen betrieblicher Kooperation 1.5.6.3 Strategische Allianzen 1.5.7 Wettbewerbsrechtliche Aspekte der Kooperation 1.5.8 Spezielle Kooperationsformen 1.6.3.1 Franchising 1.6.3.2 Joint Venture

331 331 331 331 333 335 337 337 339

1.7 Aufgabenprogramm 1

343

X

Inhaltsverzeichnis

2. Hauptteil: Allgemeine betriebswirtschaftliche Organisations- und Entscheidungslehre Managementlehre 2.0 Einleitung: Definition und Funktionsweise der Organisation; Alternativen zum Aufbau einer Organisationslehre; Selbstorganisation 2.1 Aufbauorganisation des Betriebs 2.1.1 Funktionen und Strukturen der Geschäftsleitung 2.1.1.1 Funktionen der Geschäftsleitung und Unternehmensoptimierung 2.1.1.2 Geschäftsleitung durch Unternehmenseigner 2.1.1.3 Geschäftsleitung durch Geschäftsführer 2.1.1.4 Geschäftsleitung durch den Vorstand als Gruppe 2.1.1.5 Konzernleitung - Holding 2.1.1.6 Betriebsrat - Sprecherausschuß der leitenden Angestellten 2.1.1.7 Mitbestimmung durch Delegierte in den Unternehmensorganen 2.1.1.8 Organisationsstrukturen, Entscheidungsprozesse und Techniken japanischer Unternehmen 2.1.2 Strukturelemente der betrieblichen Leitungsorganisation 2.1.2.1 Stellen-und Abteilungsbildung im Betrieb 2.1.2.2 Leitungsspanne, betriebliche Hierarchie, Lean Management/Downsizing 2.1.2.3 Allgemeine Führungsgrundsätze und Delegation von Befugnissen 2.1.2.4 Anweisungssysteme 2.1.2.5 Ausschüsse (Kollegien) 2.1.2.6 Zentralisation - Dezentralisation 2.1.2.7 Formelle und informelle Organisation 2.1.2.8 Einfluß der EDV auf die Unternehmensorganisation 2.1.3 Motivation und Leistung im Betrieb 2.1.3.1 Bedürfnisse und Motivation im Allgemeinen 2.1.3.2 Motivation in der betrieblichen Hierarchie 2.1.3.3 Karriereplanung und Motivation 2.1.3.4 Einfluß des betrieblichen Umfelds auf die Leistung 2.1.3.5 Führungsstile 2.1.3.6 Management-Prinzipien 2.1.3.7 Versuch einer Motivationsskalierung im Betrieb 2.1.3.8 Konflikte und Konflikt-Management 2.1.3.9 Aggresionsverhalten des Menschen im Betrieb 2.1.3.1 OGeschlechtsspezifische Leistungs- und Führungsverhalten im Betrieb 2.1.4 Management-Modelle 2.1.4.1 Bürokratie-Modell von Max Weber 2.1.4.2 Funktionales Management von Henri Fayol 2.1.4.3 Anreiz-Beitrags-Theorie von Barnard-Simon-March 2.1.4.4 Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg 2.1.4.5 Theorie X und Y von McGregor und Theorie Z von Colin 2.1.4.6 Human Resources Management von Miles 2.1.4.7 Situatives, Kontingenz-/Interaktions-mäßiges Management von Fiedler und Mintzberg 2.1.4.8 Principal-Agent-Theorie 2.1.4.9 Change Agent - Organisations-Entwicklung 2.1.4.10 Coaching 2.1.4.11 Transzendentales Management: Taos; Meditation; Autogenes Training

353 354 354 354 359 361 354 36g 370 387 389 395 395 397 402 406 412 413 417 419 420 420 422 425 427 430 434 435 435 436 439 443 444 445 446 447 448 450 453 460 464 471 476

Inhaltsverzeichnis

2.2 Entscheidungsabläufe in der betrieblichen Aufbauorganisation der Management-Prozeß 2.2.1 Kreativitätstechniken zur Entscheidungsvorbereitung 2.1.1.1 Morphologischer Kasten 2.1.1.2 Brainstorming und Methode 6-3-5 2.1.1.3 Gruppendiskussionen 2.1.1.4 Delphi-Methode und Szenario-Technik 2.2.2 Entscheidungsvorgänge im Individuum 2.2.2.1 Entscheidung nach dem Minimax-Prinzip 2.2.2.2 Entscheidung nach der Minimax-Risiko- Regel 2.2.2.3 Entscheidung nach dem Optimismus-Pessimismus-Kriterium 2.2.2.4 Entscheidungen nach dem verhaltenswissenschaftlichen Ansatz 2.2.3 Zielsystem des Betriebs 2.2.3.1 Zielsetzung des Betriebs in Theorie und Praxis 2.2.3.2 Anspruchsniveau 2.2.3.3 Operationelles Zielsystem für den Betrieb 2.2.4 Betrieblicher Entscheidungs- und Handlungsprozeß 2.2.4.1 Planungsphase: Planung - Information - Problemdiagnose Problemlösungssuchziel - Change Agents - Ideenfindung - Bewertung 2.2.4.2 Entscheidungsphase: Kritische Beurteilung - Partizipationsstrategien Entscheidungslogisches Chaos - Risikoanalyse - Risikomindernde Handlungsprogrammierung 2.2.4.3 Realisationsphase: Entscheidungsdurchsetzungsphase Ausführungsphase - Kontrollphase 2.2.5 Überprüfen und Verbesserung von Prozeßabläufen - Business Re-Engineering 2.2.5.1 Stabilisierung und Verbesserung von Prozeßabläufen 2.2.5.2 Business Re-Engineering 2.2.5.3 Globale Untemehmensrekonstruktionsanalyse (Basic Business Reconstruction Engineering)

XI

,

480 480 480 480 481 482 484 484 484 484 486 487 487 488 490 493 493

502 510 514 514 515 518

2.3 Aufgabenprogramm II

520

Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis

525 543

Vorwort

XIII

Vorwort zur 5. Auflage Das vorliegende betriebswirtschaftliche Konzept wurde zur fünften Auflage vor allem um neue Erscheinungen auf dem Gesetzgebungssektor aktualisiert: • Produkthaftung; • Qualitätsnorm ISO/DIN 900x; • CE-/EMV-Kennzeichnung; • Öko-Audit; • Umweltprofilanalyse und Umweltverträglichkeitsprüfung. Diese neuen „Betriebstechniken", zum großen Teil von der Europäischen Kommission in Brüssel zur Harmonisierung der Wirtschaftsverhältnisse in der Europäischen Union initiiert, verursachen in den Unternehmen einen erheblichen formalen und zugleich kostentreibenden Aufwand - und treiben nebenbei die Seitenzahlen dieses Buches hoch - , bringen jedoch relativ geringe materielle Leistung, so daß ihre Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt ist. Dennoch kommen die Unternehmen nicht an den Zertifizierungen vorbei, wenn sie im Markte bleiben wollen, da sie zur Conditio sine qua non geworden sind. Dazu wurden einige Kapitel vertieft und umstrukturiert: • Betriebsmittel/EDV zu Wirtschaftsinformatik; • Material/Güter zu ökologische Materialwirtschaft; • Grundstücke und Betriebsgebäude zu Facility Management; • Arbeit zu Human Resources; Entsprechend dem auch in Deutschland vordringenden rentabilitäts-orientierten Shareholder-Konzept (vgl. Kapitel 1.1.1.6, 1.4.2.1) wird hier - wohl erstmals in der betriebswirtschaftlichen Literatur - basierend auf praktischen Erfahrungen des Verfassers in der Budgetabteilung/Finanzanalyse großer internationaler Unternehmen (IBM, Ford) - zum Produkt-Controlling (vgl. Kapitel 3.1.1.2 ) und zum Unternehmens-(Gesamt-)Controlling ein durchgängiges Konzept der Rentabilitätsplanung im Managerial Budgeting (vgl. Kapitel 4.3.5) und der Rentabilitätssteuerung im Financial Forecast (vgl. Kapitel 4.3.5.7) geboten und kompatibel dazu zum Rentabilitäts-Controlling geeignete Konzepte zur substrategischen Investitionsanalyse etwa zum Ersatz einzelner Maschinen in Form der Differenzrentabilität (vgl. Kapitel 4.4.3.3 C, 4.4.5.1/2) und zur strategischen Investitionsanalyse etwa zur Einfuhrung neuer Produkte (vgl. Kapitel 4.4.3.3 B, 4.4.5.3-5). Trotz der dabei gewöhnlich anfallenden großen Datenmengen ist wegen der verwandten operationeilen Techniken leicht eine EDV-mäßige Informationsverarbeitung möglich. Für mathematische Unterstützung ist Herr Dipl. Ing. Andreas Demand zu danken.

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

1

1. Hauptteil: Einführung in die Betriebswirtschaftslehre 1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre 1.1.1 Merkmale und Abgrenzung des Betriebs 1.1.1.1 Güter, Produktionsfaktoren des Betriebs, der Mensch in der Betriebswirtschaftlehre, Abgrenzung der Betriebswirtschaften Der Betrieb und seine Güter Untersuchungsobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist der Betrieb, wahlweise auch Unternehmung genannt. Grundelemente der Betriebswirtschaftslehre (vgl. Abb. 11-1) sind dabei • der Mensch mit seinen Bedürfnissen, Zielen und Vorstellungen, • der Betrieb mit seinen Produktionsfaktoren, zur Erzeugung von Gütern zu kombinieren, • die wirtschaftlichen Güter, die sich zu den sog. freien Gütern wie Luft, Wasser, etc. gesellen. Die wirtschaftlichen Güter - Produkte bzw. Dienstleistungen - sind am Markt zu verwerten, wobei unter Markt abstrakt der Ort zu verstehen ist, an dem sich Angebot und Nachfrage von Leistungen treffen und sich austauschen etwa im Supermarkt, an der Börse, auf dem Wochenmarkt, etc. Dabei findet in der Praxis neuerdings eine Begriffsverschiebung statt; vor allem bei Finanzdienstund Versicherungsleistungen wird zunehmend von "Produkten" gesprochen, um den innovativen Charakter neuer Dienstleistungen zu betonen. Abb. 11-1: Grundelemente der Betriebswirtschaftslehre Men s ch Güter

Betrieb

Der Betrieb ist ein Teil des vom Menschen geschaffenen Ökosystems, das aus zwei Ökosubsystmen besteht: dem belebten Bio-Ökosystem und dem unbelebten Techno-Ökosystem, die sich teilweise gegenseitig durchdringen, wenn z.B. das Bio-Ökosystem das Techno-Ökosystem mit Wolle zur Stoffeerzeugung beliefert und umgekehrt das Techno-Ökosystem das Bio-Ökosystem mit Landmaschinen, Fischereischiffen, etc. Der Mensch bezieht vornehmlich Nahrungsmittel aus dem Bio-Ökosystem und seine Gebrauchsgüter vornehmlich aus dem Techno-Ökosystem. Den (Gesamt-)Nutzen (Ng) der von den Unternehmen bezogenen Güter (vgl. Kapitel 3.4.0) messen die Abnehmer subjektiv am Gebrauchswert (Wg e j, r ) wie auch am Geltungswert (Wg e ]): (11-1)

Ng = W g e b r

+ Wgelt.

Für diese Wertfaktoren ergeben sich folgende Orientierungspunkte (vgl. Abb. 11-2): • für den Gebrauchswert: Betriebskosten, Lebensdauer, Funktionstüchtigkeit, Sicherheit; • für den Geltungswert: Prestige, Mode, Formschönheit, etc. Abb. 11-2: Nutzenstruktur der einzelnen Güterkategorien Güterkategorien Luxusgüter

Geltungsnutzen

Konsumgüter Investitionsgüter

Gebrauchsnutzen

Grundstoffe Nutzenstruktur

2

1. Hauptteil: Einführung

Bei den Gütern nimmt gewöhnlich mit zunehmendem Entwicklungsgrad der Geltungsnutzen relativ zu und der Gebrauchsnutzen komplementär ab: • für Grundstoffe wie Kohle, Baumaterialien gilt weitgehend ein Gebrauchswert, aber nicht ausschließlich; unter ökologischen Aspekten wird immer mehr Wert auf umweltschonende Naturstoffe gelegt und dies auch schon bei Ankündigung neuer Produkte bekannt gegeben; • Investitionsgüter können schon einen Geltungswert besitzen wie etwa ein hochwertiger Geschäftsführer-Pkw oder das aufwendige Ambiente in den Schalterräumen einer Bank; • die Konsumgüter besitzen insbesondere in entwickelten Gesellschaften eine breite Nutzenpalette, wobei als High End-Produkte die Luxusgüter schon eine Sonderklasse darstellen, die tendenziell im Laufe der Zeit von den einfacheren Bevölkerungsklassen als normale Konsumgüter absorbiert werden, so daß die Unternehmen eine gewisse Produktdynamik zu beachten haben, die sie in gewissem Maße steuern können, um ihre Wertschöpfiingskraft zu halten bzw. zu steigern (vgl. 3.1.1.1). Gegenläufig zum Nutzen der Leistungen sind die Aufwendungen, der "Preis" (= Aufwand) zum Erwerb der Leistungen. Der Nutzwert der Leistungen (NWL), das sog. Preis-Leistungs-Verhältnis, bemißt sich wie folgt: (ll-la) NWL = Nutzen der Leistung/Aufwand

(NWL positiv = > 1).

Zur Produktwahl stehen dem Unternehmen ein Produktportfolio zur Verfügung nach den Unterscheidungen Produkte (Hardware) - Dienstleistungen (Software) sowie individuelle - marktgängige Güter (vgl. Abb. 1 l-2a), wobei der Begriff Portfolio aus der Finanzwirtschaft stammt und dort eine matrixmäßige Anordnung von Risikofeldern für Finanzanlagen bedeutet (vgl. Kapitel 1.4.2.5). Produkte und Dienstleistungen werden zunehmend zu hybriden Gütern in der Zwischenlage kombiniert • wegen der zunehmenden Komplexität der Güter und • zur Leistungs- und Komfortsteigerung. Abb. 1 l-2a: Güterportfolio der Unternehmen Handwerksprodukte Produkte Hoch-/Tiefbauten (Hardware) Spezialwerkzeuge/ -maschinen/-gerate hybride Güter

Massenprodukte z.B. Mehl Serienprodukte z.B. Pkws Universalwerkzeuge/ -maschinen/-gerate

Hardware + Training Anlagen + Engineering Geräte u.a. Großcomputer Geräte u.a. Kleincomputer + maßgeschneiderte Progr. + Standardprogramme

handwerkl. L. wie Friseur Dienstleistungen Consulting/Engineering (Software) jurist./steuerl. Beratung Unternehmensberatung individuelle Güter

EDV-Programme, konvent. Börsenleistungen, Options Futures,standardisierte Bank-/Versicherungsleist. marktgängige Güter

Eben deswegen dringen hybride Güter wie Hardware-Software-Konnektionen im Wirtschafts- wie im Privatleben vor als mit Standardprogrammen bestückte Computer, Camcorder, Spielgeräte mit der Tendenz zu einer multimedialen Informationswelt. Im Zeichen des sich verstärkenden Produktinnovationswettbewerbs (vgl. Abschnitt 3.5.0) kommt es zunehmend auch zu kosten- und investitionssenkenden Güterhybriden, die Multifünktionsgüter: • Hardware-hybride als multifunktionale Produkte wie Multifünktional-Terminals, wenn z.B. Faxgerät, Telefon, Telefonanrufbeantworter und Kopierer in einem Gerät kombiniert werden; • Software-hybride, wenn z.B. Betriebssysteme mit Datenbanken kombiniert werden.

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

3

Funktionen der betrieblichen Produktionsfaktoren Zur Leistungserstellung benötigt der Betrieb Produktionsfaktoren, die er auf eigenes Risiko hin mit unterschiedlichen Zielsetzungen (vgl. 1.1.1.4, 2.2.3) in unterschiedlichen Betriebsformen (vgl. 3.4.0) einsetzt. Ein Teil dieser Produktionsfaktoren - Boden, Betriebsmittel und immaterielles Vermögen - müssen ständig zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft zur Verfugung stehen. Diese als Anlagevermögen bezeichneten Vermögenspositionen sind regulär nicht zur Veräußerung bestimmt, im Gegensatz zu den Positionen des Umlaufvermögens - Vorräte, Forderungen und Kassenmittel - : a) Boden. Der Boden kann für den Betrieb drei Funktionen ausüben: 1.) er dient zur Ausbeutung von Bodenschätzen; 2.) er dient direkt zur Erzeugung von Produkten in der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft; 3 .) er dient indirekt der Erzeugung von Leistungen, indem er den Untergrund abgibt für Betriebsgebäude und logistische Einrichtungen wie Lager, Straßen, Kanäle, Flugplätze. b) Betriebsmittel. Hierzu gehören u.a. Betriebsgebäude, Maschinen und maschinelle Anlagen, Werkzeuge, Einrichtungsgegenstände. Zu den Einrichtungsgegenständen zählen auch die Computer, die nicht nur der unmittelbaren Informationsverarbeitung dienen, sondern auch zur Maschinensteuerung (vgl. 1.2.2.11, 3.4.0, 3.4.1.3/4). Die Maschinen- und Anlagenkapazität determiniert neben der Personalkapazität im entscheidenden Maße die betriebliche Kapazität, welche die Maßgröße des betrieblichen Leistungspotentials darstellt. c) Immaterielles Vermögen. Rechte, Lizenzen, Patente und Beteiligungen zählen wie Boden und Betriebsmittel zum betrieblichen Anlagevermögen. Mit Lizenzen und Patenten setzt der Betrieb auf legale Weise geistiges Gut fremder Betriebe sowie von Privatpersonen ein; sie ersetzen eigene leistungsfähige Produktideen und Herstellungstechniken. d) Material (Werkstoffe). Hierunter fallen die betrieblichen Bestände an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen; unfertigen und fertigen Erzeugnissen, dazu Handelswaren, zusammengefaßt auch als betriebliche Vorräte bezeichnet. Sie stellen den Kern des betrieblichen Umlaufvermögens (vgl. Abb. 11-3) dar, das sich aus den betrieblichen Umsätzen speist und das die betriebliche Leistungserstellung in Gang hält durch den Umlauf: Geld - Vorräte, Forderungen - Geld...., wobei dieser Prozeß mit einer Kasseneinlage beginnt. Abb. 11-3: Geld-Vermögen-Transaktionen des betrieblichen Umlaufvermögens

Kasseneinlage —> Kasse

> Rohstoffe

> unfertige Erzeugnisse

A

1

—>

Forderungen


Installation — >

Operation

—>

Entsorgung

Als besonders bedeutsame Formen der Umweltbelastung wurden erkannt: • die Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) zerstören die den erdballschützende Ozonschicht, so daß u.a. mit einer starken Zunahme der Hautkrebserkrankungen zu rechnen ist; • der massenhafte Ausstoß von Kohlendioxid verstärkt den sog. Treibhauseffekt, der zur kontinuierlichen Erwärmung der Erdatmosphäre führt, wenngleich dieser Effekt umstritten ist; • Stickoxide und Schwefeldioxid aus Autos und Kraftwerken fördern das Waldsterben; • nichtabbaubare Kunststoffe lassen die Müllberge anwachsen; • Chlor-Chemikalien, die neuartig für die Erdevolution sind, lassen Gefahren für die geochemischen Kreisläufe der Erde erahnen. Die Müllberge entstehen u.a. deswegen, weil gemäß dem 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik, dem sog. Entropiesatz (Entropie = Maß der Verfügbarkeit der Energie), die vorhandene Energie zwar vorhanden bleibt, jedoch geht sie dabei in immer weniger nutzbare Formen über, so daß es sich bei den End-of-the-pipe-Stoffen immer seltener lohnt, sie in einen nutzbaren Zustand rückzuversetzen, da dazu gewöhnlich ein abnorm hoher umweltbelastender Energieaufwand erforderlich ist. Hohes ökologisches Ziel ist es dennoch, aus der geläufigen Abfallwirtschaft eine Kreislaufwirtschaft zu gestalten, in der Abfälle wieder zu nutzbaren "WertstofFen" werden. 2. Umweltsensibilisierung Aus zaghaften Anfängen heraus, dann sich schnell aufgrund von Umweltkatastrophen verschärfend hat im letzten Viertel Jahrhundert eine Umweltsensibilisierung stattgefunden, die sich in Phasen einteilen läßt (vgl. K. Günther und W. Heck in LV 1.98):

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

11

1. Phase - Anfang der Siebziger Jahre: Wandel vom Umweltdesinteresse zum Umweltinteresse - allerdings noch ohne nennenswerte Verhaltensrelevanz - durch die Wahrnehmung abnehmender Lebensqualität in industrialisierten Ländern; Folge: vermehrte Umweltstudien. 2. Phase - Ende der Siebziger Jahre: Wandel vom Umweltinteresse zum UmweltbewuOtsein wegen deutlich erfaßbarer Umweltveränderungen wie "Umkippen" von Gewässern, Aussterben von Tierarten; erste Reaktionen von staatlicher Seite; Entstehung einer "alternativen" Subkultur. 3. Phase - Anfang der Achziger Jahre: Wandel vom Umweltbewußtsein zur Umweltaktivierung; öffentliche Kritik an Industriepolitik, Energiepolitik, Abfallbeseitigung, etc.; Umweltskandale publik; "Grüne" als parlamentarische Alternative. 4. Phase - Ende der Achziger Jahre: Wandel von der Umweltaktivierung zum Umweltkonsum; alarmierende Zunahme von Umweltskandalen wie Tschernobyl, Rhein-Katastrophe (Sandoz), Robbensterben, Ozonloch; Aufkommen von - teueren - Umweltprodukten. 5. Phase - Anfang der Neunziger Jahre: Aufkommen hysterischer Züge im Umweltverhalten; drastische Gesetzgebung; Tabuisierung umweltschädlicher und menschenschädlicher Produkte und Rohstoffe wie Fluor-Chlor-Kohlen-Wasserstoffe und Asbest. Wirtschaftliche Institutionen wie die Internationale Handelskammer und die European Chemical Industry Federation reagierten darauf mit Umweltschutzrichtlinien (Guidelines for the Protection of Environment). Die "Tutzinger Erklärung zur umweltorientierten Unternehmenspolitik" übt sich in ethischen Deklarationen ohne zwingenden Charakter: 1. Eine umweltorientierte Unternehmenspolitik ist ein Beitrag zur Sicherung der Zukunft von Umwelt und Unternehmen. 2. Umweltschutz ist ein Teil der Unternehmenspolitik. 3. Umweltschutz ist eine Aufgabe der Unternehmensfuhrung. 4. Umweltorientierte Unternehmenspolitik betrifft alle Unternehmensbereiche. 5. Umweltorientierung im Unternehmen hat zum Ziel, durch intelligente Lösungen Umweltbelastungen möglichst niedrig zu halten oder ganz zu vermeiden. 6. Umweltorientierte Unternehmenspolitik bezieht die Mitarbeiter(innen) ein. 7. Umweltorientierte Unternehmenspolitik verlangt nach innen und nach außen Glaubwürdigkeit. 8. Umweltorientierte Unternehmenspolitik nutzt die Marktchancen eines wachsenden Umweltbewußtseins (vgl. auch Tab. 11-4). 9. Umweltorientierte Unternehmenspolitik ist ein Teil der unternehmerischen Eigenverantwortlichkeit in der sozialen Marktwirtschaft. 10. Umweltorientierte Unternehmenspolitik wird unterstützt durch das Vorantreiben einer internationalen Harmonisierung von Umweltanforderungen und durch eine nationale Politik, die den Spielraum für umweltinnovative Lösungen der Unternehmen erweitert. Tab. 11-4: Erwartete Entwicklung des Gesamtmarkts Umwelttechnologie in Westeuropa (VDI-Nachrichten, 14/1989, S. 50) 1987 2000 Steigerung B e t r a g in % B e t r a g in % für 2000 W a s s e r a u f b e r e i t . / A b w a s s e r b e h . . 36,8 43,7 44,5 31,8 20 ,9% Abfallbeseitigung/Recycling 17, 6 20, 9 40,5 29,0 130 ,1% 16, 7 20,8 Luftreinhaltung 14, 9 47 ,5% 14,1 Energieeinsparung 10, 6 12, 6 22, 5 16,1 112 ,3% Meß-, Regel-, A n a l y s e t e c h n i k 2,6 5,7 2 0 7 ,7% 8,0 3,1 Lärmminderung 2,5 3,0 3,5 2,5 40 , 0% Total (in Mrd. DM/%) 84,2 100, 0 139,8 100, 0 66 , 0% 3. Auswirkungen der Umweltsensibilisierung auf die Unternehmen Die Unternehmen werden zunehmend unter dem Öffentlichkeitsdruck und durch gesetzliche Maßnahmen dazu gezwungen, • die Unternehmensziele den ökologischen Anforderungen anzupassen durch Umgestaltung bzw. Erweiterung des betrieblichen Wertesystems vor allem durch Abkehr von der rein ökonomischen Technizität (vgl. 2.2.3.3); • die hereinfließenden Umweltinformationen unter dem Gesichtspunkt ökologischer Ziele zu analysieren und bei eventuellem Handlungsbedarf

28

1. Hauptteil:

Einführung

• die notwendigen ökologieadäquaten betrieblichen Operationen durchzufuhren, letzteres betrifft alle elementaren betrieblichen Innovations- und Wertschöpfüngsbereiche von der Forschung und Entwicklung über Beschaffung und Herstellung bis zum Vertrieb. Die zunehmende Umweltsensibilisierung schlägt sich in zahlreichen Gütezeichen nieder: 1.) der „Blaue Engel" seit 1978 für Produkte, die umweltfreundlicher sind als vergleichbare Güter; 2.) das Gütezeichen RAL, des schon 1925 geschaffenen Reichsausschusses für Lieferungen, gegenwärtig Institut für Gütesicherung, e.V., Bonn, das von Gütegemeinschaften unter Beteiligung von Fachkreisen und Wirtschaftsverbänden vergeben hohe Qualität zusichert; 3.) das vom TÜV-Rheinland vergebene Toxproof bzw. Schadstoffgeprüft weist auf geringe Schadstofffracht hin; 4) die Unzahl von firmeneigenen Gütesiegeln wie etwa der Grüne Punkt. Eine spezifische ökologiebewußte Betriebsfuhrung orientiert sich an folgenden Ökologieaspekten, die auditmäßig ständig zu überprüfen sind: • ökologische Aspekte im Humanbereich, die sich mit den Umwelteinwirkungen auf den Menschen in und außerhalb des Betrieb z.B. auf den Kunden beschäftigt (vgl. 1.2.3 .5, 1.2.4.5, 3 .5 .0); • ökologische Aspekte im materiellen Bereich, welche den ökologischen Umweltfolgen des Betriebs nachgeht (vgl. 1.2.1.6, 1.2.3.5, 3.4.0); • ökologische Aspekte finanzmäßiger Art, welche die Schadens-, Nutzen-, Kosten- und Investitionsimplikationen betrieblicher Entscheidungen und Maßnahmen mit ökologisch relevanten Auswirkungen erfaßt und beurteilt (vgl. 4.1.8). Handlungsunterstützung ist zu erwarten durch die Einführung besonderer ökologischer Strategien und durch ihre organische blockadenvermeidende Einbettung in das System Unternehmung. Als betriebliche ökologische Strategien kommen in Betracht (vgl. LV 1.10 S. 220ff ): • Einhaltung der gesetzlichen ökologischen Bestimmungen (vgl. 1.2.1.6); • Investitionen in umweltfreundliche Technologien (vgl. 3.1.1.1); • Vornahme von Technologieabfolgeschätzungen (vgl. 2.2.4.1) und Aufstellung von Ökobilanzen (vgl. 4.1.8.2); • Aufbau eines ökologischen Innovationspotentials; • Einführung von Umweltschutzmaßnahmen z.B. im Wege von Umwelt-Audits (vgl. 1.2.3.5); • Orientierung der betrieblichen Entscheidungen an ökologischen Maßstäben; • Eingehen von Umweltschutzvereinbarungen mit Bürgern und Staat (in Japan häufig). 4. Organisatorische Aspekte zur Verarbeitung umweltrelevanter Informationen Das Unternehmen wird sinnvoller Weise die Verarbeitung umweltrelevanter Informationen nicht mehr dem Zufall überlassen, sondern ein integriertes Umweltinformations- und -kontroll-System (INUIKS) einrichten (vgl. Abb. 11-11, leicht verändert entn. LV 1.98 S. 186). Als stellenmäßigorganisatorische Ansätze dafür kommen für den Betrieb in Betracht: intern: • der Unternehmer, der den Umweltschutz als "Chefsache" an sich zieht; • die Geschäftsleitung u.a. der Vorstand der Aktiengesellschaft; • der Umweltbeauftragte: gesetzlich erforderlich ist kein umfassender Umweltbeauftragter, lediglich in den betrieblichen Teilbereichen Gewässerschutz, Abfall, Immisssionsschutz und Gefahrgut ist ein Beauftragter erforderlich (vgl. 1.2.1.6), ein Umweltbeauftragter könnte jedoch wie ein Change Agent (vgl. 2.1.4.9) den Umweltschutzgedanken im Betrieb fördern; • ein Umweltausschuß (vgl. 2.1.2.5) bestehend aus Delegierten der besonders stark umweltrelevanten Betriebsbereiche, der externeund - auf breiter Basis und sachlich fundiert - interne Umweltinformationen verarbeiten und als Ökologie-Zirkel (Umweltzirkeln) analog den Qualitätszirkeln (vgl. 3 .4.2.1) die ökologische Renovation im Betrieb innovativ fördern kann und so wie ein kollektiver Change Agent mit Querschnittfünktion wirkt; • die Interne Revision (vgl. 4.6.7.3), welche als zusätzliche Aufgabe Öko-Audits durchführt; extern (vgl. LV 1.42a S. 193ff ): • der Umweltberater, der zu speziellen Umweltproblemen herangezogen wie - Beseitigung von Havariefolgen, - Entsorgung hochgiftiger Abfälle, - Gestaltung umweltbelastender Technologien, • der Umweltgutachter als externer Prüfer, ohne dessen Unterschrift nach Artikel 5 der EGÖko-Verordnung, die noch in nationales Recht umzusetzen ist, keine gültige Umwelterklärung (= Öko-Audit-Zertifikat) gibt.

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

29

Abb. 11-11: INUIKS - Integriertes Umweltinformations- und -kontroll-System des Betriebs Teilnehmer aus:

5. Rechtliche Rahmenbedingungen und Ziele des Öko-Audits Aufgrund von spektakulären Umweltunfällen führten die U S A ab 1970 Umweltgesetze ein: 1970 Clean Air Act (CAA); 1972 Clean Water Act (CWA); 1978 J o x i c Substances Control Act (TSCA); etc., die zu harten Strafen fuhren z.B. 1 Milliarde Dollars beim Exxon-Tanker-Unglück. Die rechtliche Entwicklung in Europa hinkt etwa 10 Jahre hinter den U S A her. Die EG-Staaten reagierten auf die Stockholmer Umweltkonferenz von 1972, indem sie sich noch in demselben Jahr für eine Umweltpolitik auf EG-Ebene entschieden, die erst 1987 zu einer gesetzlichen Verankerung in der Einheitlichen Europäischen Akte führte. Allerdings hatte die E G schon vorher im Nachgang von schweren Umweltschäden mit einer Unzahl von Einzelregelungen beginnend mit der Seveso-Directive in 1982, die zu einem Gesetzesdschungel auf dem Umweltsektor führten. In Anlehnung an die ISO-Normen 9000/4 stimmten nach mehrmaliger Überarbeitung Ende März 1993 alle EU-Umweltminister der Öko-Audit-Verordnung „Freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfling". Diese Verordnung wurde am 29. Juni 1993 formal verabschiedet und soll seit April 1995 geltendes nationales Gesetz sein. Die Verordnung zur Umweltbetriebsprüfung verfolgt vier Zielrichtungen (vgl. L V 1,42a S. 42): • ein am Öko-Audit teilnehmendes Unternehmen verpflichtet sich, ein Umweltprogramm und ein Umweltmanagementsystem zu schaffen und es kontinuierlich zu verbessern; • das Umweltinstrumentarium des Unternehmens wird systematisch, periodisch und objektiv an den Unternehmensstandorten durch ein internes Öko-Auditing oder mit Hilfe Externer geprüft; • nach Abschluß des Öko-Auditings veröffentlicht das Unternehmen die sog. Umwelterklärung mit bestimmten Ergebnissen, welche zur Imagewerbung benutzt werden darf; • ein akkreditierter Umwelt-Gutachter prüft, ob die Durchfuhrung des Öko-Auditings einschließlich Form und Inhalt der Umwelterklärung der EU-Verordnung entsprechen. Sollte dies der Fall sein, wird der auditierte Standort als Element der Zertifizierung registriert.

30

I. Hauptteil:

Einführung

Gegenüber dem bisherigen Umweltschutz sollen Fortschritte derart erreicht werden, • daß durch die Installation von Umweltschutzmanagementstrukturen fortschrittliche Umwelttechnik erst richtig wirksam werden und • daß die Umweltauswirkungen einzelner betrieblicher Anlagen nicht mehr isoliert, sondern in der Gesamtheit betrachtet werden. 6. Prüfungsgegenstände des Öko-Audits Deutschland kennt eine umfangreiche Umweltschutzgesetzgebung (vgl. 1.2.1.6), die 1960 mit dem Wasserhaushaltsgesetz begann. Im Laufe der Zeit hat sich wegen der Umweltgefährdung der Bürger durch die Unternehmen die Rechtsaufassung derart geändert spätestens seit dem KupolofenUrteil des BGH vom 18. Sept. 1984, daß die Beweislast sich umgekehrt hat: der Emittent muß sich entlasten, wenn er einer Inanspruchnahme des Geschädigten entgehen will, wie es z.B. auch im Produkthaftungsgesetz zum Ausdruck kommt. Ergänzend zum deutschen Umweltrecht kommen EG-Umweltnormen hinzu. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist das Öko-Auditing durchzuführen, dem folgende Öko-Prüfungsgegenstände zuzuordnen sind (vgl. LV 1.42a S. 87fF): 1.) Prüfung ökologiebewußter UnternehmensfUhrung: - Wird der Umweltschutzgedanke vom Top-Management getragen? - Wie wird der Umweltschutzgedanke im Unternehmen organisatorisch durchgesetzt? - Werden ökologierelevante Strategien realisiert (vgl. auch 1.2.3.5)? 2.) Prüfung der ökologischen Unternehmenseflizienz: - Wie ist die Abfallbehandlung organisiert? - Wie wird die Abfallentsorgung überwacht? - Nimmt der Betriebsbeauftragte für Abfallwirtschaft seine Aufgaben exakt wahr? - Wie ist die Emissionskontrolle, der Abwasserschutz organisiert? - Wie hoch ist die Risikointensität bezüglich umweltschädigender Ereignisse im Unternehmen? - Welche schadensverhindemde bzw. -begrenzende Maßnahmen u.a. Havariepläne, Notfallkommunikationssysteme, Brandschutz - sind im Unternehmen ergriffen? - Wie ist die Arbeitssicherheit u.a. Erste-Hilfe-Ausbildung, Qualifikation der Anlagenbediener, Wirksamkeit der Gesundheitsüberwachung im Unternehmen einzuschätzen? - Wie ist die äußere Sicherheit des Unternehmens u.a. gegen Einbrüche einzuschätzen? 3. Ökologische Prüfung einzelner Unternehmensbereiche - Implementierung des Umweltschutzgedankens u.a. durch eine entsprechende Ausgestaltung der Unternehmenskultur in allen Unternehmensbereichen (vgl. Abb. 11-11). - Permanente Verbreitung des Umweltschutzgedankens und -umweltschutzrelevanten Wissens in entsprechenden Mitarbeiterschulungen. - Umweltbezogene interne und externe Informationsbereitstellung u.a. als routinemäßige Standarddaten aus den Prozeßabläufen auch zur externen Berichterstattung gegenüber Behörden etwa gemäß § 27 Bundesemissionsgesetz sowie für umweltbezogene Erklärungen gegenüber „Kunden, Versicherungen, Banken, Anteilseignern. 4.) Ökologische Produktlebenszyklusprüfung - Wird schon bei der Produkt- und Verfahrensentwicklung die Umweltverträglichkeit als Prämisse berücksichtigt, vor allem, damit nicht später sog. End-of-the-Pipe-Technlogien zum Zuge kommen müssen ? - Wird bei der Entwicklung/Konstruktion von Produkten speziell auf weitgehende ausschußund abfallfreie Produktion- und Servicefreundlichkeit geachtet? - Werden bei Rohstoff- bzw. Materialbeschaffung Umweltschutzaspekte berücksichtigt? - Erfolgt die Produktion unter Beachtung des Umweltschutzes? - Wird die Umweltbelastung beim Gebrauch der Güter gering gehalten? - Berücksichtigt die Produktverpackung neben dem Schutzbedarf des Erzeugnisses und eventuell des Händlers auch den der Umwelt? - Werden bei Lagerung und Transport Umweltrisiken ausgeschlossen bzw. minimiert? - Unterstützen Marketing, Verkauf und Service auf ihre spezifische Art den produktbezogenen Umweltschutzgedanken im Unternehmen? - Werden Alterzeugnisse, Reststoffe und Abfälle umweltschonend entsorgt bzw. einer Wiederverwendung zugeführt? Diese Prüfungsgegenstände sind nach den Methoden der Internen Revision (vgl. 4.6.7.3) und in Phasen sowie Schritten ähnlich derUmweltverträglichkeitsprüfüng (vgl 1.2.3.5) zu prüfen.

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

31

7. Nutzen der Öko-Audits für das Unternehmen Die Vorbereitung des Unternehmens für das Öko-Audit und die Durchfuhrung des ÖkoAudits sind für das Unternehmen mit besonderen Kosten verbunden, dem zum Zwecke einer Nutzen-Kosten-Analyse folgende Vorteile gegenüberstellen lassen (vgl. ebenda S. 65ff ): 1.) Exkulpation (Schuldfreisprechung) der Unternehmensleitung bzw. des Unternehmens bei Schadensersatzklagen; das Unternehmen kann nachweisen, daß es sich ständig bemüht, den gesetzlichen Auflagen nachzukommen. 2.) Konditionsverbesserung bei Versicherungen oder Banken, da durch Minimierung ökologischer Risiken eine Prämienreduzierung zur Folge haben kann. 3 ) Verbesserung der Ertragssituation des Unternehmens, da bei Angebot ökologisch unbedenklicher Erzeugnisse mit günstigeren Preisen und Absatzzahlen zu rechnen ist. Allerdings dürfte es bei der flächigen Einführung von Öko-Audits ebenfalls zu Egalisierungseffekten wie bei der Zertifizierung nach der DIN 9000 kommen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-3 in Abschnitt 1.7! 1.1.1.4 Betriebliche Zielorientierung an Wirtschaftsprinzipien Betriebe werden von natürlichen oder von juristischen Personen wie Kommunen, Gewerkschaften etc. mit unterschiedlichen Zielsetzungen gegründet. Entsprechend der Trägerschaft des Betriebs unterscheiden sich naturgemäß die Prinzipien des wirtschaftlichen Handelns für den Betrieb: 1. Erwerbswirtschaftliches Prinzip in zwei Unterfällen: • Einkommenswirtschaftliches Prinzip. Hier bringen die Träger des Betriebs neben dem Kapital auch ihre Arbeitskraft in dem Betrieb ein, etwa Einzelunternehmer, OHG-Gesellschafter, die Komplementäre der Kommanditgesellschaft, seltener Gesellschafter der GmbH und Aktiengesellschaft, mit der Zielsetzung, auf beide Faktoren - Arbeit und Kapital - ein angemessenes Einkommen aus dem Gewinn zu erzielen. • Kapitalwirtschaftliches Prinzip. Dies gilt für die Fälle, in denen der Träger nur Kapital einschießt, etwa bei Kommanditisten, bei Stillen Gesellschaftern und im allgemeinen bei Gesellschaftern der GmbH und der Aktiengesellschaft, mit der Zielsetzung, darauf eine akzeptable Verzinsung zu erzielen (vgl. insb. 2.2.3). 2. Genossenschaftliches Prinzip Wirtschaftsschwache Betriebe und/oder Haushalte können sich genossenschaftlich zusammenschliessen und bestimmte betriebswirtschaftliche Funktionen, z.B. den An- und Verkauf von Produkten, auf genossenschaftliche Betriebe übertragen, um vor allem die Vorteile wirtschaftlicher (Einkaufs-)Macht von Großbetrieben zu erlangen Das reine genossenschaftliche Prinzip ist nicht auf die Erzielung von Gewinn, sondern auf Preisvergünstigungen, Beschaffungs- und Absatzerleichterungen, kurz: auf die wirtschaftliche Förderung der Genossen ausgerichtet. 3. Gemeinwirtschaftliches Prinzip Das gemeinwirtschaftliche Prinzip orientiert sich am Kostendeckungsprinzip, d.h. die Einnahmen und damit die Preise sind nur so hoch zu setzen, daß zwar die Kosten gedeckt, aber kein Gewinn erzielt wird. Dieses Prinzip gilt für die Betriebe mit öffentlichen Trägern zur Deckung des öffentlichen Bedarfs, vor allem kommunale Versorgung (u.a. Wasser, Energie, Müllabfuhr), Massenverkehr, kulturelle Aufgaben (Theater, Oper, Museen u.a.m.), soziale Aufgaben (Gesundheitsdienste, Volkshochschulen, Alters- und Fürsorgeheime). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-4 in Abschnitt 1.7! 1.1.1.5 Produktivität und Wirtschaftlichkeit Erst die Herauslösung des Betriebs aus dem Unternehmerhalt ermöglicht es, den Betrieb unbeeinflußt von familiären Belangen nach eigenen Prinzipien und Zielen zu entwickeln. Da es keine objektiven Maßstäbe gibt, suchen die Unternehmen ihre Leistungen gegen die Konkurrenz im Wege des Benchmarking unter Abgleich mit als vorbildlich angesehen mengen-, wert- oder finanzmäßigen Ergebnissen zu steuern, die zu Standards erhoben werden. Die Produktivität (vgl. unten) basiert auf Mengenstandards, die Nutzwertanalyse (vgl. 4.2.5.6) auf Wertstandards und die Rentabilitätsanalyse (vgl. 1.1.1.6) auf Finanzstandards.

32

I.Hauptteil:

Einführung

Produktivität Vor allem wegen des Konkurrenzdrucks suchen die Betriebe ihre Produktivität zu erhöhen. Unter Produktivität (P) ist allgemein die technische Ergiebigkeit des Arbeitseinsatzes im Betrieb zu verstehen (vgl. Formel 11-2): (11-2) P = ( m e n g e n m ä ß i g e r ) z.B. = 952 M o t o r e n / 2 1 1

Ertrag/(Arbeits-)Einsatz Personen = 4,51 Motoren/Person.

Die Relation P, hier: 4,51 gefertigte Motoren pro Person, hat für sich genommen noch keine große Aussagekraft, da die "Produktivität" in sich keinen Leistungsmaßstab trägt. Zum mengenmäßigen Benschmarking ihres Produktionsoutputs stellen deshalb die Unternehmen Vergleiche an: • Vergleiche zwischen Betriebsteilen mit gleichen oder zumindest ähnlichen Leistungen; • interkulturelle Vergleiche (vgl. u.a. 3.3.0, 3.4.0); • Zeitvergleiche von ProduktivitätsdifTerenzen. Voraussetzung für das produktivitätsmäßige Benchmarking ist eine vergleichbare Kapazitätsstruktur. Sollte sich diese im Zeitablauf ändern, ist dies beim Vergleich der zeitmäßigen Produktivitätsentwicklung gesondert zu berücksichtigen. Wurden z.B. in der Vorperiode nur 4,27 Motoren pro Person (EV) hergestellt, ergibt sich die Ertragsdifferenz (ED) 4,51 - 4,27 = 0,24, bezogen auf den Arbeitseinsatz ergibt dies den Produktivitätseffekt (PE) von (11-3)

PE = ED

• 1 0 0 / E V = 0,24

• 100/4,27

=

5,62%.

Die Produktivitätssteigerung in der abgelaufenen Periode beläuft sich also auf 5,62%. Ein Produktivitätskoeffizient stellt eine Mengenbeziehung dar, aber nur in unzulänglicher Weise, da qualitative Effekte nicht berücksichtigt werden. Nach M.K. Starr, Professor an der Columbia Universität, USA, wuchs die Arbeitsproduktivität von 1889-1970 in den U S A jährlich um 2,4% (vgl. LV 5.35 S. 13). Wirtschaftlichkeit Eine betriebliche Produktivitätssteigerung sollte jedoch auch wirtschaftlich sein. Bei der Gestaltung der Wirtschaftlichkeit des Betriebs spielen zusätzlich zur Produktivität die (Einkaufs-)Preise für die Produktionsfaktoren (Aufwand) und die (Verkaufs-)Preise für die verwerteten Leistungen (Ertrag) eine erhebliche Rolle. Der Betrieb handelt wirtschaftlich, wenn er sein Verhalten an dem Rationalprinzip orientiert. Dieses Rationalprinzip gibt es in zwei Erscheinungsformen: 1. Minimalprinzip. Das Minimalprinzip (MNP) läßt sich folgendermaßen definieren: (11-4)

MNP = bestimmter finanzieller Ertrag/minimaler

Aufwand.

2. Maximalprinzip. Das Maximalprinzip (MXP) läßt sich wie folgt definieren: (11-5) M X P = m a x i m a l e r E r t r a g / b e s t i m m t e r

Aufwand.

Beide Prinzipien lassen sich nicht zu einem Minimax-Prinzip kombinieren, da einem derartigen Prinzip eine feste Basis fehlte. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-5 in Abschnitt 1.7!

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

33

1.1.1.6 Gewinn und Rentabilität Gewinn Der finanzielle Ertrag, der sog. Umsatz (= E = Erlös), richtet sich sowohl nach der Höhe der Preise (pr) als auch nach der absetzbaren Menge (x): (11-6)

E(x)

= pr

• x.

Der Aufwand mißt sich sowohl an den Kosten (Kg), eine Zeitraumgröße (Strömungsgröße), wie auch an dem Kapitaleinsatz (KE), mehr eine Zeitpunktgröße, für die Leistungserstellung. Der betriebliche Gewinn (G) aus der Leistungserstellung ergibt sich wie folgt: (11-7)

G

=

E - Kg.

Rentabilität Die Betriebe kombinieren Gewinn und Kapitaleinsatz zum Rentabilitätskriterium (r): (11-8)

r = G

• 10 0 / K E , wobei r zum Maximum streben soll:

(11-9)

r — >

max!

Erwartet der Betrieb für das Projekt einen Gewinn in Höhe von D M 12.000,- bei einem Kapitaleinsatz von 200.000,-DM, beläuft sich die Rendite des Projekts auf (11-10)

r = 12.000

• 100/200.000

= 6%.

Dieses Rentabilitätskriterium funktioniert gewissermaßen nach dem Minimax-Prinzip; die Rentabilität ist um so größer, je größer der Gewinn und um so kleiner der Kapitaleinsatz ist. Diese Axt des Minimax-Prinzips besitzt zwar eine feste Bezugsbasis, da sie jeweils auf 100 Geldeinheiten bezogen ist, jedoch hat auch diese prozentuale Kennziffer für sich genommen noch keinen operationeilen Aussagewert; ein Betrieb mit r = 8% ist zwar rentabler als ein Betrieb mit r = 6%, verlangt aber der Kapitalgeber, z.B. eine Bank, 10% Kreditzinsen, reicht auch eine Rentabilität von 8% noch nicht aus. Es sind also angemessene betriebliche Maßstäbe zum Rentabilitätsbenchmarking zu entwickeln, wobei jeweils die Projekt- bzw. Unternehmensrendite mit einem angemessenen Leistungsstandard zu vergleichen ist, wofür folgende Alternativen in Frage kommen: •externes Rentabilitätsbenchmarking zur Beurteilung der Unternehmensrentabilität: - durchschnittliche Branchenrentabilität, - durchschnittliche Rentabilität des Branchenführers bzw. des Branchenbesten; • internes Rentabilitätsbenchmarking zur Beurteilung von Projekten bzw. Unternehmensteilen: - durchschnittliche Kapitalkosten (vgl. 4.4.3.3), - risikogestaffelte Zielrendite (vgl. 4.4.3.3, 4.5.5), - Bruttorendite (vgl. 2.2.3.2). Roi-Strategien Die betriebliche Rentabilität ist das Produkt der Umsatzrentabilität in Prozent (UR) und der Kapitalumschlagshäufigkeit (KU), unter der angelsächsischen Bezeichnung ROI (Return on Investment) bekannt (U = E): (11-11)

ROI

=

UR



KU

=

G

• 100/U



U/KE.

34

1. Hauptteil:

Einführung

Die ROI-Analyse zeigt an, mit welchem strategischen Konzept die Unternehmen eine bestimmte Zielrendite von z.B. 12% anstreben können. Diese strategischen Konzepte sind wiederum für bestimmte Branchen/Betriebe typisch (vgl. Tab. 11-7). Tab. 11-7: ROI-Strategien HochpreisStrategie Umsatzrendite:UR

in %

Kapitalumschlag:KU Rentabilität:ROI

= UR-KU

Normalpreis- NiedrigpreisStrategie Strategie

12%

4%

1

3

12%

12%

1% 12 12%

Für die Verfolgung von Roi-Strategien lassen sich praktische Fälle anfuhren: 1. Hochpreisstrategie: typisch für Dienstleistungsunternehmen Sie können eine lukrative Nische finden und mit hohen Umsatzrenditen aufwarten (vgl. LV 1.14 S. 16ff.): so erzielte die Jil Sanders AG mit modischer Bekleidung in 1988 eine Umsatzrendite vor Steuern von 26,8%; die SAP AG mit Standardsoftware eine Umsatzrendite von 31,7% und die Compudent AG mit Spezialsoftware 13,0% vor Steuern. 2. Normalpreisstrategie: typisch für Industrieunternehmen. So bezog der Industriekonzern MAN aus fast 20 Mrd. DM Umsatz in den Geschäftsjahren 1988/89 und 1989/90 eine Umsatzrendite von 3,1 bzw. 3,8%. 3. Niedrigpreisstrategie: typisch für Handesbetriebe. Der Kaufhof erwirtschaftete in 1987 202,8 Mill. D M vor Steuern bei 7.361 Mill. DM Umsatz eine Umsatzrendite von 2,76%, während der Tengelmann-Konzern nur eine Umsatzrendite von etwa 1% erwirtschaften soll. Für einzelne Branchen bzw. Referenzunternehmen lassen sich also typische Umsatzrendite/Kapitalumschlag-Relationen herausfiltern, anhand derer das einzelne Unternehmen durch rentabilitätsmäßiges Benchmarking herausfinden kann, ob es Defizite oder Vorteile aufweist, wobei vom Unternehmen zur Aufarbeitung von Defiziten Normstrategien zu entwickeln sind. Dabei sollte im nachfolgenden Beispiel das Unternehmen versuchen, wenn nicht eine Preiserhöhung möglich ist, durch Verbesserung der Werthaltigkeit der Leistung (Qualität, Leistungsumfang) zu einer höheren Umsatzrendite und so zu einer höheren Unternehmenrendite zu gelangen. Umsatzrendite Branche/Referenzunternehmen einzelnes Unternehmen Differenz

6,2% 4,8% -1,4%

Kapitalumschlag 2,5 2, 8 +0,3

Rendite 15,5% 13,4% -2,1%

Dupont-Formel Noch detaillierter als nach dem ROI-Konzept läßt sich das Zustandekommen der betrieblichen Rentabilität anhand der sog. Dupont-Formel des Chemiekonzern Dupont de Nemours nachvollziehen (vgl. Abb. 11-12), wobei von rechts nach links eine zunehmende Informationsverdichtung erfolgt. Dabei sind unter variable Kosten die Kosten zu verstehen, die unmittelbar mit der Produktion im Zusammenhang stehen wie etwa der Materialverbrauch, und unter fixen Kosten die Kosten der betrieblichen Kapazität wie etwa Maschinenabschreibungen, Büroraummieten. Diese schon etwa 80 Jahre alte Formel ist hier um die Transaktionskosten, den spezifischen Kosten von Betriebsänderungen, wozu vor allem die Anlaufkosten gehören, erweitert worden ist (vgl. 4.3.1.6), mit denen viele Unternehmen wegen des rapiden technologischen Fortschritts in den letzten Jahrzehnten, der zur schnellen Veralterung der Produkte und Betriebsmittel fuhrt, rechnen müssen. Unter Abzugskapital sind nicht zu verzinsende Fremdkapitalpositionen zu verstehen: Lieferantenverbindlichkeiten; Kundenanzahlungen und unverzinsliche Kredite. Das Working Capital (WC) bestehend aus Umlaufvermögen minus unverzinsliche Fremdkapitalpositionen definiert also das netto gebundene und zu finanzierende Kapital im laufenden Betriebsprozeß.

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschafislehre

35

Abb. 11-12: Faktoren der betrieblichen Rentabilität (erweiterte Dupont-Formel) |—0Anlage—0Umlauf vermögen vermögen —aUmsatz + —0Kapital- < 0Kapital- < — — 0 W o r k i n g t

2. Abwehr von Störungen Störungen führen zur ungewollten Behinderung des Systems, zu deren Abwehr von den Betrieben gewöhnlich

78

1. Hauptteil:

Einführung

•Reserven in Form von normalerweise nicht genutzten Kapazitäten etwa Reservewerkzeuge, Reservemaschinen oder Reserveflugzeuge oder •Puffer in Form von Pausen etwa zwischen zwei Flügen oder •für sich abgeschottete Teilsysteme, die ein unmittelbares Übergreifen von Störungen verhindern, geplant und eingerichtet werden. 3. Arten von Störungen Nach der Reichweite der Störungen und deren Behebung lassen sich unterscheiden: • sektorale Störungen, deren Auftreten sich begrenzen und durch lokale Mittel beheben läßt, •globale Störungen, die wegen des größeren Ausmaßes das Gesamtsystem betreffen und zu deren Behebung alle Reserven des Systems zu mobilisieren sind; • extensive sektorale Störungen, deren Auftreten sich zwar sektoral begrenzen läßt, zu deren Be hebung es jedoch des Einsatzes aller Reserven des Systems bedarf. Letzteres kann auch auch von der zentralen oder dezentralen Organisation des betrieblichen Instandhaltungssystems (vgl. 3.4.1.5) abhängig sein. 4. Falistudien zu Störfällen Fall A: Deterministisches Chaos bei der Unternehmensplanung Wie der Verfasser in Weltunternehmen wie IBM (um 1965) und vor allem bei Ford (Ford Werke in Köln um 1967) beobachten konnte, setzten diese Unternehmen schon früh mit großem Personaleinsatz komplexe Techniken zum Unternehmens-Controlling ein. Bei Ford wurden diese Controlling-Techniken vor allem unter der Leitung von Robert McNamara eingeführt. Sie orientierten sich unmittelbar an praktischen Controlling-Belangen u.a. Planbilanz, Plan-GuV, PlanRentabilität, Vorschaurechnung (vgl. 4.3.5 und LV 8.31 S. 492ff ), die sich unter der Bezeichnung Managerial Budgeting zusammenfassen lassen. Als nun McNamara seinen CEO-Posten (Chief Executive Officer) bei der Ford Motor Company aufgab, um Verteidigungsminister unter dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy zu werden, wurde versucht, diese Komplexität durch Eliminierung arbeitsaufwendiger Bestandteile, die jedoch als unwichtig angesehen wurden, zu reduzieren. Diese als klein angesehenen, jedoch systeminkongruenten Maßnahmen "schaukelten" sich im betrieblichen Controlling-System zum "deterministischen Chaos" hoch. Sie mußten daher als Fehlleistung zurückgenommen werden. Der Anschluß an den ursprünglichen Zustand des betrieblichen "Fließgleichgewichtsystems" wurde dann in mühsamer Kleinarbeit rekonstruiert. Eine Rekonstruktion der einzelnen Entwicklungsphasen dieses deterministischen Planungschaos ist dem Verfasser jedoch nicht mehr möglich. Fall B: Deterministisches Chaos im Flugverkehr Nach Beobachtungen des Verfassers senkte Anfang Februar 1992 starker Nebel die Frequenz und damit die Kapazität des Frankfurter Flughafens herab. Eine Reihe von Passagierflugzeugen mußte durch diese Störung zu nebelfreien Ersatzflughäfen umgeleitet werden, zu denen - zeitraubend die Passagiere in eigens gecharterten Bussen transportiert wurden. Dadurch verzögerte sich der Abflug der Passagiere um etwa sechs Stunden. Airlines, die in ihren Hauptstandorten gewöhnlichen einen zeitlichen Puffer eingelegt haben, konnten die Auswirkung dieser Störung unmittelbar dämpfen. So konnte z.B. bei den Flügen der Emirate Airlines, die über Dubai gingen, wegen des dortigen zeitlichen Puffers von - brutto - vier Stunden, die Verspätung - netto - um drei Stunden verkürzt werden. Die dortige zügige Abfertigung erweckte den Anschein, daß die Airline das Problem "im Griff' hatte. Bei den weiteren Destinationen, etwa in Colombo, zeigte sich jedoch, daß die Flüge, die - sektoral - mit Frankfurt zusammenhingen, generell am ersten Tag nach dem Störfall eine Verspätung von sechs bis acht Stunden aufwiesen, daß sich aber am zweiten Tag die Störfallauswirkungen in zwölfstündigen Verspätungen und mehr durchschlugen, also sich verdoppelten und sich so zum deterministischen Chaos auswuchsen. Am dritten Tag reduzierten sich die Verspätungen zum Teil wieder auf sechs Stunden, • weil Ersatzanschlußflüge mit anderen Airlines gefünden wurden oder • weil Maschinen mit größeren Kapazitäten eingesetzt wurden oder • weil Ersatzflüge der Airlines organisiert wurden. Teilweise fielen jedoch Flüge völlig aus.

1.1 Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre

79

Die Vergrößerung des Störausmaßes läßt sich auf folgende Gründe zurückfuhren: • technische Gründe etwa Mangel an Resevekapazitäten; • personale Gründe, auch als "menschliches Versagen" bezeichnet, denn wegen der Ungewohnheit der Ausnahmesituation gibt es leicht Fehlbeurteilungen und entsprechend leicht Fehlentscheidungen, die das "Chaos" vergrößern. Menschliches Versagen in Chaossitutionen ist auf die beschränkte Kapazität der menschlichen Informationskanäle (vgl. 1.1.3.8) zurückzufuhren. Deshalb wird versucht, zeitkritische Entscheidungen mit Hilfe von EDV-unterstützten Expertensystemen durchführen zu lassen (vgl. 1.2.2.5, 3.4.1.5 "wissensbasierte Anlagensteuerung"). Jedoch müssen dann die Parameter auf alle nur denkbaren Situationen eingestellt sein; so ereignete sich nach offiziellen Verlautbarungen der Lufthansa in 1993 das Landeunglück von Warschau beim selbststeuernden Airbus deswegen, weil der zum rechtzeitigen Stopp erforderliche Gegenschub nicht ausgelöst wurde, da das System auf vollseitigen Bodenkontakt der Räder eingestellt war, dieser aber wegen starken Seitenwinds zunächst nur einseitig zustande kam, so daß sich dann diese Störung sekundenschnell zum deterministischen Landechaos mit einer Todesfolge aufschaukelte (später sollen deswegen die entsprechenden Parameter schon auf den einseitigen Bodenkontakt der Sensoren abgestellt worden sein). 5. Phasen der Entstehung und Entwicklung des deterministischen Chaos Aus diesem empirischen Befund läßt sich folgendes differenziertes Phasenschema für die Entstehung, Entwicklung und Beendigung des deterministischen Chaos in betriebswirtschaftlicher Sicht ableiten (vgl. Abb. 11-26, StB = Störungsbeginn): 1. Phase: Auftreten eines größeren Störfalls, der nicht unmittelbar behoben werden kann. 2. Phase: 2.1: Unmittelbare Entwicklung zum deterministischen Chaos, falls keine Reserven bzw. Puffer vorhanden sind (= kurzzyklisches deterministisches Chaos) oder 2.2: Dämpfung des Störeffekts durch Puffer und Reserven. 3. Phase: Temporäre Stabilisierung des Fließgleichgewichts - eventuell nur subjektiv empfunden; Inkubation des Problems; Umschwung zur heißen Phase des deterministischen Chaos. 4. Phase: "Aufschaukelung" der Auswirkungen des Störeffekts in dramatisch aufeinanderfolgenden Verdopplungen in der Zeit: 1, 2, 4, 8, 16,... zum langzyklischen deterministischen Chaos. 5. Phase: Beendigung des deterministischen Chaos - durch Aufhören des ordnungsgemäßen Funktionierens des Systems bei Überschreiten der Grenzlinie der Belastbarkeit (GdB) mit Einstellung der Betriebstätigkeit (= Exitus) oder - durch Verfehlen der angestrebten Ziele, Fluggäste kommen z.B. völlig verspätet am Zielort an, - durch Rückkehr zum Normalniveau nach Erreichen eines Kulminationspunkts (KP) durch erfolgreichen Einsatz von Dämpfungsmaßnahmen. Bei diesem Phasenschema ist zu beachten, •daß einerseits die einzelnen Phasen wie bei den Markoffschen Ketten jeweils von der vorhergehenden Phase abhängen, •daß aber andererseits die eine oder andere Phase bei Fehlen von Reserven und Puffern bei potentiell langzyklischen Prozessen übersprungen werden werden kann. 6. Chaos-Regeln Für die Entwicklung einer Störung im Rahmen des deterministischen Chaos lassen sich zwei Regeln unter verschiedenen Voraussetzungen aufstellen: 1. Regel: Befindet sich zum Zeitpunkt der Störung das betreffende System schon im negativen Bereich, bedeutet dies bereits einen Verlust an Puffer, so daß die Wahrscheinlichkeit, die Entwicklung unter Kontrolle zu halten, relativ gering ist, daß im Gegenteil die Entwicklung relativ schnell die Grenzlinie der Belastbarkeit erreicht und dann überschreitet mit der Folge eines eventuellen Totalschadens etwa bei einer Kesselexplosion oder bei einem Unternehmenszusammenbruch aufgrund von Liquiditätsschwierigkeiten. 2. Regel: Befindet sich zum Zeitpunkt der Störung das betrefffende System im positiven Bereich im Bezug auf das Normalniveau des Systems und läßt sich diese Abweichung als Puffer einsetzen, kann unter Einsatz zusätzlicher Puffer oder Reserven der Umschwung für ein unkontrolliertes Auswachsen der Störung schon leichter verhindert werden, zumindest wird die Grenzlinie der Belastbarkeit relativ spät erreicht. Entscheidend ist, daß die Störentwicklung derart abgebremst werden kann, daß sie zu einem Kulminations- und damit an einen Wendepunkt kommt.

80

1. Hauptteil:

Einführung

Demnach kann z.B. ein Störimpuls der gleichen Stärke wegen der unterschiedlichen Auswirkungen des deterministischen Chaos unterschiedliche Folgen haben: trifft z.B. der Forderungsausfall von 50.000,- D M in einem kleineren Unternehmen auf reichliche Liquiditätsreserven, kann diese Störung leicht aufgefangen werden; ist jedoch die Liquiditätslage wegen größerer Erweiterungsinvestitionen aufgrund guter Absatzaussichten angespannt, kann dieser Störimpuls trotz an sich günstiger Unternehmenslage zur Zahlungsunfähigkeit und damit zum Exitus des Unternehmens fuhren. 7. Chaos-Typen Es lassen sich zwei Kardinaltypen der Entwicklung des deterministischen Chaos unterscheiden: I. Kurzzyklisches Chaos. Dieser Typus existiert potentiell vornehmlich aufgrund rein technischer Gegebenheiten. Durch den Einsatz wissens-basierter Systeme, die computerunterstützt im Millisekundenbereich reagieren (vgl. 3.4.1.5), kann ein Kulminationspunkt (KP) herbeigeführt werden etwa durch blitzschnelles Anschalten der Energiezuführ mittels mechanischer Aktoren (vgl. I.2.2.9), bevor das System wegen Überschreiten der Grenzlinie der Belastbarkeit im Exitus endet etwa in Form einer Kesselexplosion. In diesem Fall ist eine Rückkehr zu einer stabilisierten Lage möglich (Ia), eventuell auf einem geänderten Plateau des Normalniveaus. II. Langzyklisches Chaos. Dieser Typus kennt einen Umschlagspunkt. Dieser deutet darauf hin, daß die Entwicklung zum Chaos durch Puffer und Reserven hinausgezögert, eventuell sogar ganz verhindert werden kann, etwa wenn die das System betreuenden Individuen - durch Schulung und/oder Erfahrung - eine hinreichende Wissensbasis und adäquates Reaktionsvermögen erlangt haben. Auch hier ist ein Abbremsen der Chaos-Entwicklung und ein Umschwung in eine wie auch immer stabilisierte Lage nach einem Kulminationspunkt möglich (IIa), bevor die Grenzlinie der Belastbarkeit überschritten wird. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-20 in Abschnitt 1.7!

1.1.3.12 Ansätze für betriebswirtschaftliche Abhandlungen Betriebswirtschaftliche Makrofunktionen Die betriebswirtschaftlichen Wissensstoffe lassen sich analog der Komplexität der betrieblichen Realität anhand von betriebswirtschaftlichen Makrofunktionen darstellen; diese XXX-wirtschaften wie Material- und Produktionswirtschaft (vgl. Tab. 11-9) besitzen als Querschnittsmakrofunktionen den Vorteil, daß sie bestimmte wichtige betriebswirtschaftliche Phänomene bereichsdurchgängig und entsprechend integriert behandeln. Dem stehen aber als Nachteile gegenüber, • daß dadurch Kollisionen mit den Verantwortungsträgern für die konventionellen Leistungsbereiche hervorgerufen werden; •daß bestimmte betriebliche Funktionen mehrfach behandelt werden können, denn z.B. die Beschaffung (Einkauf) ist sowohl für die Materialwirtschaft wie auch für die Produktionswirtschaft, zudem auch für die Absatzwirtschaft von Bedeutung, oder umgekehrt, • daß bestimmte betriebswirtschaftliche Phänomene wie die Stellenorganisation der Bereiche, die Bereichsstrategien, das Bereichs-Controlling überhaupt nicht behandelt werden, oder mehrfach; • daß keine Nachmodellierung der elementaren betrieblichen Innovations- und Wertschöpfungskette: Forschung & Entwicklung —> Beschaffüng —> Fertigung —> Absatz (vgl. 3.0) erfolgt, so daß sie wie schon die „reinen" Managementlehren (vgl. 1.1.3.0) wenig zu ihrer zielgerechten Steuerung beitragen können. Kompaktansatz Die vorliegende Abhandlung orientiert sich an den konventionellen betrieblichen Leistungs- und Wertschöpfungsfunktionen, die sich auch als "klassische" Betriebsfünktionen bezeichnen lassen. Diese werden unter dem jeweiligen Ablauf-, Organisations-, Strategie- und Controlling-Aspekt behandelt, und zwar in matrixmäßiger Vollständigkeit. Eine Mehrfachbehandlung betriebswirtschaftlicher Stoffe läßt sich dabei weitgehend vermeiden und der Makroansatz kann jederzeit rekonstruiert werden (vgl. auch jeweils die Einleitung zu den Kapiteln im dritten Hauptteil). Gleich-

1.1 Gegenstand

der Betriebswirtschaftslehre

81

Tab. 11-9: Inhalte betriebswirtschaftlicher Makrofiinktionen MakroFunktionen

F&E

konveiltioneile b«ätriebl. Le: .stungsfunl ctionen Personalw. Einkauf Fertigung Vertrieb

Materialwirtschaft

Stücklisten

Facility Management

Produkt- A k q u i s i eigensch. tionsalt.

Layout Standorte BetriebsEmissionen schutz

Produktionsw.

GeomeBetriebstrieinfo . m i t t e l b .

Fertig, technik

Absatzwirtschaft

ProduktProgramm

PersonalWirtschaft

Materialbeschaff.

Lagerhalt. E n t - / V e r Verarbeit. sorgung

Aufträge

Einstell. Fertig.P.

Einstands- Fertigpro- W e r b u n g preis dukte phys. D.

Einstell. Vertr.P.

Einsatz, Motivation, Leitung, I"örderung Leistur igsvorgabe, Arbeitsbev iertung

Einstell. Entlohn.

Finanzw. Kosten- im d Investit-ionsbudgets • WirtscfìaftlichC o n t r o l l i n g keitsrechr lungen • Plcinbilanz unc P l a n - G u V • V o r s c h a u Logistik

physische innerbetr. p h y s i s c h e Versorgung Logistik Distrib.

zeitig erfolgt dabei eine Orientierung an "klassischen" betrieblichen Berufsbildern wie dem "Einkäufer", "Verkäufer", "Marktforscher", "Werbefachmann", etc. Was ist dagegen ein MarketingSpezialist? Etwaige Schnittstellenverluste können durch partiell überlappende Ausführungen vermieden werden etwa, wenn anschließend an die Lieferkontrolle in der Beschaffung schon die Einlagerungssteuerung besprochen wird (vgl. 3.3.1.3). Gewisse bereichsdurchgängige Operationen wie Logistik, EDV-Informatik werden bei der Darstellung der Produktionsfaktoren behandelt. Die Unternehmung/der Betrieb wird hier als ein lernfähiges sozio-technisches System verstanden (vgl. auch 2.0). Für die betriebswirtschaftlichen Stoffgebiete wird im Folgenden von einer kompakten dreidimensionalen Struktur des Betriebes ausgegangen (vgl. Abb. 11-27), in der die vorher angeführten Forschungsansätze operational und instrumental integriert sind mit dem Ziel einer ganzheitlichen Betriebswirtschaftslehre zumindest nahezukommen: 1. Die Dimension der betrieblichen Aufbauorganisation (vgl. 2.1). Hier werden die Strukturelemente der betrieblichen Aufbauorganisation formaler und informaler Art herausgestellt, dazu sozialpsychologische Aspekte des Managements. 2. Die Dimension der allgemein in Entscheidungsphasen gegliederten Ablauforganisation des Betriebs (vgl. 2.2). Hier werden u.a. neben Kreativitätstechniken auch Entscheidungsmechanismen im Individuum wie im betrieblichen Kollektiv behandelt. 3. Die Dimension der in funktionale Leistungsbereiche gegliederten Wertschöpfungs- und Innovationskette des Betriebs. Hier findet ein Parad igmawechsel derart statt, daß anstelle des in der Literatur vorherrschenden Gutenbergschen Funktionstorsos (vgl. 1.1.3 .6), der von den elementaren Wertschöpfungsgliedern nur Produktion und Absatz berücksichtigt, zur besseren Anpassung an die ganzheitlichen Anforderungen der betriebswirtschaftlichen Praxis alle elementaren Glieder der betrieblichen Wertschöpfiings- und Innovationskette behandelt werden: Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Produktion und Absatz, dazu auch deren sekundären Glieder. Personal- und Finanzwesen (vgl. 3.0). Damit nimmt die vorliegende Abhandlung eine realistische Mittelstellung zwischen dem Polyfunktionalismus von W. Kalveram und dem Funktionsreduktionismus von E. Gutenberg. Bei den behandelten Betriebsfiinktionen werden jeweils ihre operationeilen Betriebstechniken, die darauf aufbauenden Strukturen der Stellenorganisation sowie ihre spezifischen Strategien und Controllingtechniken untersucht. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-21 in Abschnitt 1.7!

82

1. Hauptteil:

Einführung

Abb. 11-27: Der Betrieb im dreidimensionalen Kompaktansatz betriebliche Innovationskette - betriebliche Wertschöpfungskette

Unt e rne h m u n g s l e i t u n g 3 . Instanz 2 . Instanz Entschei dungsprozeß

Aufbauorganisation

1. Instanz Mitarbeiter

Leitmotiv der betriebswirtschaftlichen Erörterungen ist die Notwendigkeit der ständigen betrieblichen Innovation, um die Existenz des Betriebs in einer international sich verschärfenden Konkurrenzsituation zu sichern. Da der internationale Wettbewerb eine erhebliche Relevanz für die deutschen Unternehmen besitzt (vgl. 1.1.1.2), sind die diesbezüglichen Erkenntnisse der Industrieökonomik (vgl. 1.1.2.2) insbesondere im Rahmen der Unternehmensdynamik (vgl. 1.4.2.3) in die Ausfuhrungen einzubeziehen. Ergänzend werden die betrieblichen Produktionsfaktoren vorgestellt (vgl. 1.2) - wobei das Kapitel "Material/Güter" die "Materialwirtschaft" und das Kapitel „Betriebsmittel" die Informations-Technologie abdecken -, die Funktionen des Unternehmers (vgl. 1.3), die Unternehmensdynamik (vgl. 1.4) sowie die Unternehmensformen (vgl. 1.5). Gelegentlich wird kritisiert, daß sich die Stoffinhalte der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zu sehr an die des Industriebetriebs anlehnten. Es ist jedoch zu beachten, • daß die Industrieökonomik die moderne Volkswirtschaft, insbesondere die Deutschlands dominiert, so daß Unternehmen anderer Bereiche eher "Zulieferbetriebe" sind und deshalb an vertieften Erkenntnissen über den Industriebetrieb interessiert sein sollten, • daß das Leistungsspektrum des Industriebetriebs das Umfassendste aller Betriebstypen ist, • daß die industriewirtschaftlichen Ausprägungen und Erforschungen eine besonders starken Tiefgang ereicht haben, so daß sie sich gut zum Cross-Fertilization eignen (vgl. 1.1.3.5). In den folgenden Ausfuhrungen wird versucht, dem Vorwurf der Industrielastigkeit zumindest durch stärkere Generalisierung zu vermeiden (vgl. etwa 3.4.1.1/2).

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

83

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren 1.2.1 Material/Güter - Ökologische Materialwirtschaft 1.2.1.0 Einleitung: Paradimawechsel; Komponenten und Teilfunktionen der Materialwirtschaft; Ziele der Materialwirtschaft Paradigmawechsel In dem im Jahre 1951 erschienenen Band "Die Produktion" seiner "Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre" setzte E. Gutenberg für Jahrzehnte den wissenschaftlichen Set zur Behandlung der betrieblichen Produktionsfaktoren. Das gilt auch für den Produktionsfaktor "Material/Güter", den E. Gutenberg unter der Bezeichnung "Werkstoffe" behandelte, wobei sich seine Forschung auf deren „ökonomischen Einsatz" beschränkte. Nicht zuletzt durch die explosionsartige Wissensausweitung in den letzten Jahren wie auch wegen neuer ins Einzelne gehender, die Unternehmung betreffender gesetzgeberischer Maßnahmen bietet sich eine Art Paradigmawechsel durch "Inhaltsanreicherung" in Richtung einer umfassenderen Materialwirtschaft an, die inhaltlich im Wesentlichen den betrieblichen Einkauf (vgl. 3.3) und die betriebliche Lagerwirtschaft/Logistik umfaßt und wesentlich zur Höhertransformation der Produktionsfaktoren beiträgt: es sind • neue betriebswirtschaftliche Forschungsgebiete wie die betriebliche Logistik, aber auch • Fragen der Materialbedarfsplanung und der Lagerhaltung einzubeziehen, sowie • drängende gesetzliche Materialaspekte wie ökologische Abfallbehandlung, dazu auch • ökologisch-strategische Perspektiven betrieblicher Materialwirtschaft. Der Staat griff schon früh regulierend in die betriebliche Materialwirtschaft ein etwa mit dem Reinheitsgebot für die Bierherstellung aus dem Jahre 1516 durch Herzog Wilhelm IV. von Bayern: „Wir wollen auch sonderlichen, das füran allenthalben in unsern Stettn, Märckten und auf dem Lande zu aeinem Pier merer stuckh dann allain Gersten, Hopfen und Wasser genommen und gepraucht sollen werden". Komponenten und Teilfunktionen der Materialwirtschaft Nach REFA zerfällt die betriebliche Materialwirtschaft in einen Planungs- und Steuerungsteil, wobei sich diesen Komponenten der betrieblichen Materialwirtschaft wiederum konkrete Teilfunktionen zuordnen lassen (vgl. LV 4.6c Teil 4, Kapitel 5, S. 15): • Planung in der Materialwirtschaft: - Bedarfsplanung; - Bestandsplanung; - Beschaffungsplanung, - Entsorgungsplanung; • Steuerung der Materialwirtschaft: - Bedarfsermittlung; - Bestandsführung; - Beschaffung, Lagern & Verteilen; - Entsorgung. Diese funktionale Betrachtung ist mehr formaler Natur; - sie gibt keineswegs die endgültige Form der materialwirtschaftlichen Aufbauorganisation des Betriebs vor, vielmehr richtet sich diese nach den konkreten betrieblichen Erfordernissen, und - es sollten zudem Planung und Steuerung nicht völlig getrennt voneinander gesehen werden, vielmehr herrscht in der Betriebspraxis „Parallelbetrieb" d.h. die „Planung" gibt stets neue „Richtungs-"Impulse an die „Steuerung", der die aktuelle auftragsbezogene Durchfiihrung der geplanten materialwirtschaftlichen Operationen obliegt. Ziele der Materialwirtschaft H. Jansen definiert folgende Ziele der Materialwirtschaft einschließlich Logistik (vgl. LV 4.6c Teil 4, Kapitel 6.3, S. 4), die sich z.T. überschneiden wie „niedrige Kosten" und „geringe Kapitalbindung"; geringe Kapitalbindung führt über niedrige Kapitalkosten zu einer Kostensenkung: • niedrige Kosten: Material-, Kapital- und Gemeinkosten optimieren; • hoher Servicegrad: Lieferbereitschaft gegenüber Fertigung und Markt optimieren; • Qualitätssicherung: Materialqualität erhalten und verbessern; • geringe Kapitalbindung: Kapitalbindung in Vorräten bzw. Umlaufvermögen optimieren; • Unterstützung anderer betrieblicher Funktionen: F&E, Einkauf, Produktion und Absatz. Bei Kundenorientierung wird das Unternehmen bei der Materialwirtschaft aus Kostengesichtspunkten die Beschaffungs-, Handlings- und Fehlmengenkosten, letztere resultieren revor allem aus einer Unterversorgung von Kunden, zu minimieren suchen.

84

1. Hauptteil:

Einführung

1.2.1.1 Logistisches System des Betriebs Historie und Ausbreitung des Begriffs Logistik Der Begriff Logistik basiert auf dem griechischen Wort "Logizomai" = überlegen, berechnen. Im römisch-byzantinischen Reich leitete sich davon der Beamtentitel "Logistas" bzw. "Logistikas" für Finanzrevisoren bzw. Nahrungsmittelverteiler ab. Vom byzantinischen Kaiser Leon VI. (865 - 912 n. Chr.) wurde in einer kriegswissenschaftlichen Abhandlung Logistik mit dem militärischen Nachschubwesen verbunden und - neben Strategie und Taktik - als eine besondere Kriegswissenschaft behandelt. Vom Militärwesen hat die Logistik - allerdings erst in diesem Jahrhundert - ihren Weg in die Betriebswirtschaftslehre gefunden (vgl. LV 1.96): • In 1951 beschäftigte sich in den USA Oskar Morgenstern mit Beziehungen zwischen "Military Logistics" und "Logistical Problems in Business"; diese Untersuchungen führten 1955 zu seiner Aufsatzveröffentlichung " A note on the formulation of the theorie of logistics" in "Naval research logistics quarterly". • Ab 1958 wird Logistik an den Hochschulen in den USA gelehrt. • Bereits 1961 erscheint in New York ein grundlegendes Werk "Physical Distribution Management", das von mehreren Autoren stammt. • In 1966 beginnt mit einem Artikel in der "Absatzwirtschaft" auch in Deutschland die wissenschaftliche Auseinandersetzung um die betriebswirtschaftliche Logistik. Umfang und Grundbestandteile der betrieblichen Logistik Die betriebswirtschaftliche Logistik umfaßt • im weiteren Sinn alle Vorgänge zur Raumüberwindung von Personen und Sachen im Betrieb und • im engeren Sinne konzentriert sie sich auf die Steuerung aller Operationen des Transports, der Lagerung und des Handlings von Material in allen Vollendungsstufen bis zu fertigen Gütern vom Lieferanten durch die eigene betriebliche Logistik bis hin zum Kunden (vgl. Abb. 12-2), Beund Verarbeitungsvorgänge sind davon ausgeschlossen. Damit bezieht sich die betriebliche Logistik auf alle Be- und Entsorgungsvorgänge des Betriebs und sie zerfällt dabei in folgende Layer (Schichten): 1. Physikalischer Layer: Vorgänge des Transports, des Lagerns, der Kommissionierung und des Handlings, wobei unter Handling alle Zu- und Ableitungsoperationen am Arbeitsplatz zu verstehen sind, 2. Dispositions-Layer: administratives Bündel von planenden und anordnenden logistikbezogenen Maßnahmen wie • Auftragsplanung und -abwicklung, • Ermittlung von Verbrauchs- und Bedarfsdaten, • Kontrolle von Lagerbeständen, • Ermittlung von Bestell- und Lagerauffullungsvorschlägen zu verstehen ist, 3. Finanz-Layer, der unmittelbar an die physischen Operationen der betrieblichen Logistik anknüpft und der sich in verschiedenen finanziellen Parallelsystemen des Betriebs niederschlägt: • in die Konten des Working Capitals (Rohmaterial, unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse, Forderungen/Geldmittel); • in einige Gemeinkostenblöcke wie Material-, Fertigungs- und Vertriebsgemeinkosten. Gestaltung und Planung der betrieblichen Logistik basieren • auf der Gestaltung und Planung der betrieblichen Transportoperationen, • auf der betrieblichen Lagerplanung und • auf der Gestaltung und Planung des betrieblichen Materialflusses, dabei stellt nach VDI-Richtlinie 3300 der Materialfluß die Verkettung aller technischen, betrieblichen und organisatorischen Vorgänge bei den Gewinnungs-, Produktions- und Verteilungsprozessen von stofflichen Gütern innerhalb festgelegter Systeme dar.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

85

Die betriebliche Logistik selbst besteht aus drei Elementen: 1. Verkehrsobjekte: Material; Personen; Energie; Betriebsmittel. 2. Verkehrsmittel: aktive Elemente der Raumüberwindung, welche die Verkehrsobjekte zu Lager- und Arbeitsstellen transportieren. 3. Verkehrsnetze: sie geben die Art und Weise der Kopplung von Verkehrsobjekten und Verkehrsmittel an sowie die Richtung der dabei entstehenden Verkehrsströme u.a. Einbahnstraßen, Straßen mit Gegenverkehr, Rundfahrten, Sternfahrten, etc. (vgl. LV 5.20 S. 277). Ziele und Anforderungen an die betriebliche Logistik Da die Logistikoperationen nicht unmittelbar zur betrieblichen Wertschöpfung beitragen, sind Zahl und Länge der Logistikoperationen sowie Zahl und Größe der logistikbedingten Läger zu minimieren. Deshalb ist die betriebliche Logistik starken Änderungen unterworfen insbesondere •durch die Einfuhrung computerunterstützter Informations-Systeme wie etwa das PPS, • durch die Einfuhrung des aus Japan stammenden Just-in-Time (vgl. 2.1.1.8, 3.3.1.5). Nach U. Arnold (vgl. LV 1.58 Sp. 1352) fuhrt dies zu folgenden Anforderungen an die Logistik mit dem Ziel der Minimierung der gesamten Logistikkosten und - hinzuzufügen ist - zur Verbesserung der Qualität der Logistikleistungen: •Reduktion der Sendungsgrößen und Steigerung der Belieferungsfrequenzen; • Senkung der in den logistischen Einrichtungen gebundenen Finanzmittel; •Einsetzung optimal dimensionierter Logistikeinrichtungen zu ihrer gleichmäßigen und besseren Auslastung; •Flexibilität des logistikmäßigen Dienstleistungsangebots u.a Einrichtung von Schnell- und Spezialliefersystemen; • yerbesserung der Kontrollabläufe und Erhöhung der Verläßlichkeit der Transportabwicklung; •Übernahme zusätzlicher Haupt- und Hilfsfunktionen in der Logistik mit dem Ziel des FullService- Angebots. Letzteres gilt insbesondere für den Spediteur, der häufig das Bindeglied zwischen Lieferer und Empfanger darstellt. In einer komplexer werdenden, internationalisierten Wirtschaftsstruktur bekommt der Spediteur Funktionen, die über das traditionelle Ausliefern von der Rampe des Versenders bis zur Warenanlieferung des Verwenders hinausgehen. Der Spediteur wird mit steigenden Anforderungen Bindeglied zwischen Industrie- und Handelsunternehmen, Verkehrsträgern wie Bahn, Schiff und Flugzeugen, Umschlagbetrieben wie Flug-, Binnen- und Seehäfen, Korrespondenzspediteuren und staatlichen Stellen wie den Zollstellen an der Grenze und im Inland. Es kommt zunehmend darauf an, Transportketten zu optimieren. Dazu bedarf es der Entwicklung komplexer Logistiksysteme. Die Spedition kann dabei eine Reihe von Dienstleistungen - eventuell EDV-unterstützt (vgl. 3.5.5.4) - erledigen, die weit über die "physische Distribution" hinausgehen: • Beratungs- und Besorgungsfünktionen; • Beförderungs- und Lagerfünktion; • Sammelverkehrs- und Umschlagsfunktion, •Manipulations- und Treuhänderfünktion; • Versicherungsund Inkassofunktion. Dabei ist in der Logistik insbesondere für den Spediteur mit folgenden Transportgefahren zu rechnen (vgl. LV 4.4a Kap. 11/5.1), wobei diese selbst zwar durch marktübliche Versicherungen abgedeckt werden können, nicht jedoch etwaige Folgeschäden wie Image- und Kundenverluste durch Spät- oder Nichtlieferungen: • Außerbetrieblich: - Beschädigung durch schlechte oder falsche Verpackung, durch falsche Transportart oder falsche Stapelung; - Verminderung der Fracht durch Diebstahl, Stehenlassen oder ungeeignete Verpackung. • Innerbetrieblich: - Verzögerung durch Verlorengehen, falsche Transportmittel, falsche Transportwege, Umladungen; - Verlust durch höhere Gewalt, Unfall oder Diebstahl.

86

1 Hauptteil:

Einführung

Grundstrukturen der betrieblichen Logistik H.Ch. Pfohl (vgl. LV 1.76 S. 5ff.) unterscheidet folgende Grundstrukturen der betrieblichen Logistik (vgl. auch 1.4.2.3): 1. Einstufige Systeme





_Lieferpunkt (Güterversand)

Empfangspunkt (Güterannahme)

Hier erfolgt ein direkter Güterfluß zwischen dem auch als "Quelle(Source)" bezeichneten Lieferpunkt und dem auch als "Senke" bezeichneten Empfangspunkt mit dem offensichtlichen kostenmäßigen und zeitlichen Vorteil, daß keine Zwischenlagerungs- und Umverteilungsprozesse stattfinden. 2. Mehrstufige Systeme a) Mehrstufiges System mit Auflösepunkt

• Lieferpunkt

Auflösepunkt

(Break-bulk-point)

Empfangspunkte

Beim Auflösepunkt werden die gelieferten Waren in kleinere Mengen aufgeteilt bzw. nach Bedarf aussortiert. Dies fuhrt häufig zu Zwischenlagerungsprozessen, auf die durch entsprechende Disposition - Vorhandensein einer genügenden Anzahl von Transportgeräten - mit entsprechender Kostenersparnis verzichtet werden kann. b) Mehrstufiges System mit Konzentrationspunkt a

• • Lieferpunkte

1



1 Konzentrationspunkt (Consolidation point)

• Empfangspunkt

Am Konzentrationspunkt werden die aus verschiedenen Quellen stammenden Waren, die eventuell auf kleineren - geländegängigen - Vehikeln angeliefert werden, auf kostensparenden Großlastvehikeln - zum eventuellen Überlandtransport - zusammengefaßt. 3. Kombinationssysteme l Lieferpunkt

• Empfangspunkte

Kombinationssysteme entstehen bei der Verbindung von ein- und mehrstufigen Systemen. Bei der Versorgungslogistik dominieren Versandsysteme mit Konzentrationspunkt, in der Distributionslogistik Versandsysteme mit Auflösepunkt. Rundfahrten kann es sowohl in der Versorgungslogistik etwa bei den Gebietsspediteuren des JIT (vgl. 3.3.1.5) wie in der Distributionslogistik bei der Auslieferung an die Kunden (vgl. 3.5.3.1) geben, so daß in beiden Fällen die optimale Tourenplanung zur Anwendung kommen kann (vgl. 4.5.5.2).

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

87

Kommissionierung Nach VDI-Richtlinie 3590 ist unter Kommissionierung "das Zusammenstellen von Teilmengen (Artikeln) aus einer Gesamtmenge (Sortiment) aufgrund von Bedarfsinformationen (zu verstehen). Das Kommissionieren stellt also die Durchfuhrung personeller, technischer und organisatorischer Maßnahmen für die jeweilige autragsmäßige Zusammenstellung der Ware zum gegebenen Zeitpunkt dar". Praktisch funktioniert Kommissionierung nach dem Konzentrationspunkt-Prinzip: •

1





• Lagerstellen



1 Kommissionierungspunkt

Z w i s c h e n l a g e r bzw. Verbrauchsstelle

Kommissionierungsarbeiten gehören zu den arbeits- und personalintensivsten Tätigkeiten in der innerbetrieblichen Logistik, deren Aufwand in den Betrieben mit zunehmenden Eingehen auf Kundenwünsche eher noch steigen wird: • dadurch werden die Bestellmengen kleiner bzw. es wird häufiger bestellt; • die Artikelvielfalt nimmt zu und die Vorlaufzeiten der Bestellungen werden kürzer. Formen der betrieblichen Logistik A. Handelsbetriebslogistik Vergleichsweise einfach ist die Handelsbetriebslogistik (vgl. Abb. 12-1). Die Einzelhandelslogistik ist eingespannt zwischen Großhandel und Konsument. Kennt der konservative Einzelhandelsbetrieb noch eine Aufteilung zwischen Lager- und Ausstellungsraum, so sind diese beiden Subsysteme der Logistik bei den großen Selbstbedienungsläden zum kombinierten Lager-/Ausstellungsraum gekoppelt. Abb. 12-1: Handelsbetriebslogistik Erzeuger

Großhandel

Einzelhandel

Konsument

Dagegen kann die (Versorgungs-)Logistik bei großen Handelskonzernen höchst komplexer Natur sein; so sind z.B. bei der Kaufhalle AG 160 Filialen mit 25.000 bis 40.000 Artikeln von 1.700 Lieferanten zu versorgen. Diese Aufgabe ist dem Logistik-Spezialisten Nedlloyd Districenters übertragen worden, die bis zu 40.000 Paketen pro Tag mit 40 Lkws ausliefert, und dies ohne Lagerbildung nach dem sog. Just-in-Time-Verfahren. B. Industriebetriebslogistik (vgl. auch 1.6.1.3) Die höchste Differenzierung besitzt die Logistik des Industriebetriebs, die sich in drei distinktive Segmente teilen läßt (vgl. Abb. 12-2): 1. Physisches Versorgungssystem = Versorgungs-/Beschaflung-Logistik (Einkauf) Dieses Subsystem fuhrt dem Betrieb die jeweils benötigten (materielen) Produktionsfaktoren zu und stellt die Verbindung der innerbetrieblichen Verbrauchs- und Lagerzentren zum Lieferanten her. Der Impuls zu den Operationsabläufen kommt in Form von Bedarfsmeldungen aus der inner-

¡.Hauptteil: Einführung

88

betrieblichen Logistik. Das physische Versorgungssystem wendet sich durch Angebotsaufforderungen und Bestellungen an die betriebliche Umwelt. Die Bestellungen binden das Unternehmen in rechtlicher Hinsicht und fuhren bei Lieferung von Gütern und bei Erstellung von Dienstleistungen für den Betrieb zu Zahlungsverpflichtungen. Als Versorgungsträger kommen in Frage 1.) fremde Versorgungsträger a) kommunale und andere halbstaatliche Betriebe zur Versorgung mit Grundstoffen wie Wasser, Elektrizität, Gas, etc.; b) private Betriebe zur Versorgung mit Rohstoffen, Fertigteilen, Fertigprodukten, Handelswaren und Dienstleistungen,; 2.) eigene Versorgungsträger wie eigene Bergwerke, eigene Brunnen, eigene Elektrizitätswerke. 2. Innerbetriebliche Logistik Dieses Subsystem unterstützt die betrieblichen Transformationsprozesse und ist eingespannt zwischen Beschaffung und Distribution. Die innerbetriebliche Logistik unterstützt mit Lager-, Transport- und Handlingsoperationen, eventuell auch mit Verpackungsoperationen das Fertigungssystem des Betriebs. Die logistischen Operationen tragen deshalb nur indirekt zur physischen Wertschöpfung im Betrieb bei. Die Struktur der innerbetrieblichen Logistik richtet sich weitgehend nach dem Plant-Layout (vgl. 1.2.3.2). Die Impulse für die Operationsabläufe stammen in Form von Fertigungsaufträgen aus dem Distributionssystem. Bei der Erstellung des konkreten Leistungsprogramms sind sowohl die Beschränkungen durch die Lager- und Fertigungskapazität wie auch die Beschaffenheit der Materialien zu berücksichtigen. Deshalb begleiten administrative Planungs- und Kontrolloperationen die physischen Operationen in der innerbetrieblichen Logistik. Abb. 12-2: Industriebetriebslogistik Industriebetrieb

Lieferant Versorg. system

innerbetriebliche Logistik

Kunde Distrib. system

Angebot-der Ware

I Verpacken Versenden—

WarenWarenein->prüfung — ->gancjslager

Rechnungsübersend.—

l Rechnungs->prüfung

Löschung der Ford.
prüfung

ZahlungsTeileMontage Loschung der < — anweisung fertigung—> Forderung

I

Zwischenlager

l l eigene An- Rohunfert. - fertige I Forde- GeldErzeugnisse rungen mittel zahlungen stoffe Materialgemeink.

Fertigungsg.

Vertriebgemeinkosten

Legende: Fettdruck = physische Operationen Normaldruck = Informations- und Dispositionsoperationen

89

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

3. Physisches Distributionssystem Dieses Subsystem leitet die betrieblichen Leistungen in den Markt. Seine Impulse erhält es aus dem Markt in Form von Kundenaufträgen, welche für die betriebliche Logistik die Primärimpulse darstellen, aus denen sich als Sekundärimpulse die Lagerabrufe bzw. die Fertigungsaufträge ablösen, diese wiederum lösen als Tertiärimpulse die Beschaffungsaufträge aus. Durch die Annahme von Kundenaufträgen geht der Betrieb wiederum rechtliche Bindungen ein, allerdings verpflichtet sich diesmal der Gegenpol zu Geldleistungen. Formal gesehen stellen sich die Operationen beim Distributionssystem nur als eine Umkehrung der Operationen des Versorgungsystems dar. Als Entsorgungsträger kommen in Frage 1.) eigene Entsorgungsträger a) die Distributionslogistik als Abnehmer der Fertigprodukte, b) eigene Anlagen zur Wiedereinführung von Reststoffen in die betriebliche Nutzung, c) eigene Kläranlagen, Verbrennungsöfen, etc. als Abnehmer von Abfällen und Schadstoffen; 2.) fremde - kommunale wie private - Entsorgungsträger, a) die Abfälle im Wege der sog. thermischen Verbrennung unter Energiegewinnung verbrennen, b) die gefährliche Schadstoffe wie Dioxin im Wege der Sonderabfallverbrennung unter Energiezufuhr bei hohen Temperaturen vernichten, c) welche die restlichen Abfälle auf Sondermülldeponien lagern (vgl. Abb. 12-8). Wie Forrester nachgewiesen hat (vgl. LV 1.22 S. 21 zitiert nach LV 4.8 S. 84), haben sprunghafte Anstiege der Konsumentennachfrage (vgl. Tab. 12-1) eine überproportionierte phasenverschobene Nachfrage im betrieblichen Distributionssystem über die Einzelhandelsnachfrage beim Großhandel, von da über die Großhandelsnachfrage beim Werkslager und von da über die Werkslagernachfrage beim Herstellbetrieb mit ebenfalls überprortionierten phasenverschobenen Lagerbestandsausschlägen auf diesen Stufen zur Folge. Tab. 12-1: Distributionslogistik und sprunghafter Anstieg der Konsumentennachfrage Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Anstieg in %: Konsumentennachfr. 10 Einzelhandelsn. 3 Großhandelsnachfr. 0 Werkslagernachfr. -10 LAGERBESTANDSV. in % Großhandel 0 Werkslager 0

10 16 34 45

10 12 20 51

10 11 12 25

10 10 8 -6

10 10 4 -6

10 10 5 -3

10 10 8 3

10 10 12 11

-5 -10 -10 0 -10 -15

0 -4

5 10

15 22

18 32

15 25

10 15

10 11

10 12 20 3

10 18 30 35

11

In großen Unternehmen, welche ein Mehrzahl von Produkten in einer Mehrzahl von Fertigungsstätten herstellen und über eine Mehrzahl von Stützpunkten ausliefern, stellen sich die betrieblichen Logistikoperationen als ein komplexes Geflecht dar (vgl. Abb. 12-3), das sich kompliziert, wenn Zwischenprodukte wie Motoren an spezielle Kunden (K4) geliefert werden. Eine so komplexe betriebliche Logistik gilt es in vielfältiger Weise zu optimieren: Abb. 12-3: Verflechtung der Logistikströme des (Groß-)Unternehmens Lieferanten Vormontage Endmontage Stützpunkte

Kunden

90

1. Hauptteil:

Einführung

• optimale Belieferung durch die Lieferanten (L); • optimale Zulieferung bei den Vormontagestätten (VM) und Endmontagestätten (EM); • optimale Positionierung von (Auslieferungs-)Stützpunkten Stpj, Stp2,...(vgl. 4.5.6.1); • optimale Belieferung der Kunden K j , K.2,.. (vgl. 4.5.6.2). Bei internationalisierten Unternehmen müssen bei der Optimierung zusätzlich nationale Vorschriften als Nebenbedingungen beachtet werden, etwa Local-Content-Vorschriften, Steuervorteile, Subventionen, auch können die Tochtergesellschaften autonome Logistikoperationen durchfuhren, etwa sich durch nationale Hersteller beliefern lassen. Organisation der betrieblichen Logistik Wie unmittelbar aus Abb. 12-2 ersichtlich ist, besitzt die Logistik eine Querschnittsfünktion, welche durch alle elementaren betrieblichen Wertschöpfungsfunktionen geht. Entsprechend komplex läßt sich eine betriebliche Logistikorganisation aufbauen wie in einem mittelgroßen Maschinenbauunternehmen: Rechnungswesen Logistik Entwicklung Fertigung Vertrieb

Einkauf

Wareneingang

Lager

Versand

Differenzierter und zugleich weniger komplex war 1981 die Logistikorganisation bei BMW, wobei allerdings die Logistikorganisationen in den einzelnen Werken per Matrixorganiation mit der Hauptverwaltung verbunden waren (vgl. LV 2.15a S. 51 Off): Zentrale Logistik > Werkslogistik < Werksleitung

Montagesteuerung

D i s p o s i t i o n u. Teilesteuerung

Lager

Transport

Verkehrswesen

Gestaltung der betrieblichen Logistik unter ökologischen Aspekten Mit seiner Logistik kann der Betrieb einen Beitrag zur Verminderung der Umweltbelastung durch die betrieblichen Aktivitäten leisten, indem er innerbetrieblich wie außerbetrieblich solche Transportsysteme einsetzt, welche die Umwelt minimal belasten. Die ökologisch günstigste Alternative ist die elektrisch betriebene Schienenbahn (vgl. Tab. 12-2). Tab. 12-2: Ökologische Belastung der Transportsysteme (entn. LV 4.8 S. 80) Verkehrsmittel Elektro-Lokomotive Schiff Die se1-Lokomot ive Lkw

relative

Umweltkosten 1,0 2,3 4,1 53, 0

Rationalisierung der betrieblichen Logistik Da die betriebliche Logistik häufig den Größtteil der betriebsspezifischen Kosten verursacht, bsitzt sie auch ein großes Rationalisierungspotential. Dabei sind insbesondere im Industriebetrieb wegen der Querschnittsfunktion der Logistik die traditionellen Funktionsbereiche des Betriebs zu überspringen. Dabei kann es um Funktionseliminierung bzw. um Funktionsverlagerung bzw. um Funktionskomprimierung gehen.

91

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren 1. Funktionseliminierung

Um Funktionseliminierung und Funktionsverlagerung geht es vor allem der Just-m-Jime-Lieferung (JIT). Dieses System wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von Taiichi Ohno und Eiji Toyoda bei der japanischen Automobilfirma Toyota entwickelt (vgl. LV 1.67 S 65ff). Es funktionierte bisher deshalb bei Toyota so effektvoll, weil die Zulieferfirmen im Umkreis von 10 km der Stadt Nagoya liegen, dem Sitz von Toyota. Wenn JIT deshalb von anderen Unternehmen mit ähnlichem Erfolg adaptiert werden soll, müssen ähnliche Bedingungen wie bei diesem Sonderfall vorliegen. JIT kann es auf zwei Sektoren geben: 1.) außerbetrieblich bei der JIT-Lieferung des Lieferanten von Rohmaterial bzw. Fertigteilen an den Verwender und 2.) innerbetrieblich bei der JIT-Lieferung von bearbeiteten Teilen im Betrieb von einer Vorstufe an eine nachgelagerte Stufe. Die Besonderheit der JIT-Lieferung ist (vgl. Abb. 12-4), • daß der "Lieferant" selbst die 100%-Prüfiing der zu liefernden Güter, die sog. selbstbestätigende Prüfung (vgl. 3.3 .1.4), übernimmt (*), • daß deshalb diese Güter direkt beim Verwender an die Fertigungsstellen herangebracht werden können (*), • daß dies in in so kurzen zeitlichen Abständen geschieht, daß keine nennenswerte Zwischenlagerung mehr erforderlich ist. Damit besitzen die JTT-spezifischen Logistik-Operationen * zur betrieblichen Versorgung eine höhere Qualität als normale Logistik-Operationen in diesem Bereich. Abb. 12-4: Rationalisierung der Logistik durch Funktionseliminierung konventionelle Anlieferung LIEFERANT fertigen prüfen verpacken versenden/anliefern annehmen prüfen transportieren auf Eingangslager nehmen transportieren auf Zwischenlager nehmen fertigen VERWENDER

x x x x

JIT-Anlieferung x * *

x x x x x x x

2. Funktionskomprimierung Dies geschieht dadurch, daß der Betrieb anstelle von vielen Teilelieferanten nur noch wenige Teilegruppenlieferanten einsetzt (vgl. 3.3.3.1, 3.4.3.1). Durch diese Funktionskomprimierung bei sich und eine entsprechende horizontale Funktionsanreicherung bei den Lieferanten erfolgt eine Verschiebung betrieblicher Basistätigkeiten zum Lieferanten hin (vgl. Abb. 12-5), so daß sie ein Unterfall der Funktionseliminierung ist. Das hat für den Betrieb verschiedene Vorteile: • er kann sich die Verhandlung mit vielen Lieferanten sparen; • er kann sich die Wareneingangslogistik vereinfachen; • er kann die Produktions- und damit die betriebliche Organisationsstruktur abflachen.

92

1. Hauptteil: Einführung

So hat Nissan z.B. für das Infiniti-Modell Q45 nur einen Sitzelieferanten, während General Motors, das größte Unternehmen der Welt, in vielen Fällen - im Sinne tayloristischer Arbeitszerlegung - noch mit 25 Zulieferanten zu tun hat (vgl. LV 1.114 S. 154). Diese Make or BuyEntscheidungensind der Wirtschaftlichkeitsrechnung zu unterwerfen (vgl. 3.3.0,4.4.3.3, 4.4.5.1). Abb. 12-5: Rationalisierung der Logistik und Fertigung durch Funktionskomprimierung

LIEFERANT Rohmaterial

vorher

nachher

II

Teilefertigung Gruppenfertig. Teilefertigung Gruppenfertig.

I

II

II I i

II

II I I

II I

-WE J

L

VERWENDER

J

L

WE = Wareneingang

Setzt der Betrieb als Rationalisierungsinstrumente sowohl die Funktionseliminierung wie auch die Funktionskomprimierung im Logistik- und Fertigungsbereich ein mit entsprechender Auslagerung von betrieblichen Tätigkeiten zum Lieferanten hin, so fuhrt dies materialseitig zu einer "schlanken" betrieblichen Produktionsstruktur (vgl. Lean Production in 3.0, 3.1.1.1, 3.2.0, 3.3.0, 3.4.), zu der "kleinen" hochleistungsfähigen Fabrik, wobei allerdings die Wertschöpfüng abgesenkt wird. 3. Einsatz von EDV zur Logistiksteuerung Mit der Zielsetzung der Reduzierung von Durchlaufzeiten, von Kapitalbindung und Platzbedarf setzen die Unternehmen zunehmend die EDV in der Logistik ein. So löste das mittelständische Unternehmen Ritz in Schwäbisch-Gmünd (vgl. LV 5.21) verschiedene flächenintensive Lager auf und richtete stattdessen unmittelbar neben der Fertigung ein computergesteuertes Hochregallager ein mit angeschlossenem manuellen Kleinteilelager und einem Flächenlager für sperrige Geräte. Die Software ist so beschaffen, daß sie anschließbar ist an die bestehenden Logistikapplikationen Bestellwesen, Materialwirtschaft, Fertigungssteuerung und Auftragsabwicklung. Über einen computergesteuerten Lagerleitstand erfolgt zunächst die Identifikation der einzulagernden Teile, wobei dringend benötigte Teile am Lager vorbei direkt in die Fertigung geliefert werden. Die Lagerteile werden entweder in Behälter, in Kisten oder auf Paletten gepackt. Der Lagerleitstand liest die Behälter-Etiketten mittels eines Scanners ein für „chaotische Lagerung" (vgl. 1.2.1.3) oder für Querschnittsverteilung, die zu einer gleichmäßigen Belastung aller Lagergassen und bei technischen Störungen den ungehinderten Materialfluß garantieren soll oder für Fifo-Prinzip, nach dem die zuerst eingelagerte Ware zuerst ausgelagert wird. Die Lagersteuerung läuft auf verschiedenen Ebenen u.a. auf dem Lagerverwaltungsrechner (vgl. Abb. 12-5a). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-22 in Abschnitt 1.7! 1.2.1.2 Materialbedarfsplanung Bei den betrieblichen Dispositionen zur Materialbedarfsplanung (MRP = Material Requirement Planning) ist zwischen ein- und mehrstufiger Fertigung zu unterscheiden:

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

93

Abb. 12-5a: Rechnerebenen einer integrierten Logistikkonzeption

A. Einstufige Fertigung I. Auftragsdisposition Es liegen Kundenaufträge über 350 Einheiten von Produkt PI vor. Das Auslieferungslager kann unter Wahrung eines Mindestlagerbestandes für besonders dringende Aufträge 50 Einheiten abgeben. Dann errechnet sich der Nettofertigungsbedarf wie folgt: Summe der Kundenaufträge = Primärbedarf = Bruttobedarf 350 Einh. ± Lagerbestandsänderungen, hier: Lagerabgang 5 0 Einh. = Nettobedarf an Fertigprodukten von PI

300 Einh.

Zur Bruttobedarfsplanung kommen folgende Methoden in Frage: • deterministische Disposition, die sich an den Kundenaufträgen orientiert; • stochastische Disposition, die sich an den Kundenbestellungen der Vergangenheit orientiert und diese extrapoliert. Hierfür gibt es für folgende Hauptmodelle, die computerunterstützt eingesetzt werden können (vgl 3.4.3.4, 3.5.2.2): 1.) Konstantmodell, wenn die Nachfrage relativ konstant ist; 2.) TrendModell, wenn die Nachfrage ständig fällt oder steigt; 3.) Saison-Modell, wenn sich die Nachfrage in sich ständig wiederholenden Wellen entwickelt.

94

1. Hauptteil:

Einführung

II. Fertigungsdisposition Für die Fertigungsdisposition benötigt der Betrieb die Materialeinsatzmengen, und zwar solche, die in das Produkt eingehen, und solche, welche komplementär die Produktion unterstützen: Primärbedarf = Bedarf an verkaufsfähigen Erzeugnissen

Sekundärbedarf = Bedarf an Rohstoffen und Fertigteilen

Tertiärbedarf = Bedarf an Hilfs- und Betriebstoffen

Zur Ermittlung des Sekundärbedarfs kann er in Betrieben der Chemie auf die Rezeptur zurückgreifen, in den meisten anderen Fertigungsbetrieben auf die Stückliste. Je nach Verwendungszweck existieren Konstruktions-, Bedarfsermittlungs-, Fertigungs- und Montagestücklisten. Die Stückliste gibt als Verzeichnis an, aus welchen Baugruppen, Teilen und Materialien ein Produkt herzustellen ist: • Mengenübersichtstücklisten fuhren in unstrukturierter Darstellungsform jedes Teil pro Produkt nur einmal mit kumulierter Zahl an. • Baukastenstücklisten geben nur die Teile der nächsttieferen Stufe an, so daß bei einem mehrstufigen Produktaufbau eine entsprechende Zahl von einstufigen Stücklisten anfällt. • Strukturstücklisten weisen sowohl die Mengen als auch die Struktur des Produkts aus (vgl. Abb. 12-3). Sie sind aber unübersichtlich bei komplexen Produkten und verzeichnen einen hohen Speicherbedarf bei Computereinsatz. Im Wege der Stücklistenauflösung ist zunächst der Bruttoteilebedarf zu ermitteln (Spalte 1 und 2 in Tab. 12-3). Zum Teil läßt sich dieser Bedarf vom Teilelager befriedigen, dessen Mindestbestand zur Aufrechterhaltung der laufenden Produktion eventuell wieder aufzufrischen ist (bei Teil A3). In Spalte 6 ergeben sich dann unter Berücksichtigung der Fertigungskapazität der Nettobedarf für die Teilefertigungsaufträge. Tab. 12-3: Materialdisposition (2) Teilebed. Stückliste 300 • (1) (1)

Teil Al=3 Teil A2=l Teil A3=5

900 300 1. 500

(3) (4) Lager- Mindestbestand bestand 300 200 200

200 100 300

(5) Kapazität

(6) Eigenfertig.

1.100

800

-

1.000

-

1. 000

(7) Fremdbezug

_ 200 600

III. BeschafTungsdisposition Aus der Spalte 6 leitet sich für den Einkauf die Nettomenge des zu beschaffenden Rohmaterials sowie des zur Teilefertigung benötigten Tertiärbedarfs ab und aus Spalte 7 die Nettomenge der zu beschaffenden Fertigteile. Bei Teil A3 handelt es sich im letzteren Fall um sog. Zukauf. B. Mehrstufige Fertigung Die Stücklistenauflösung kann über mehrere Stufen laufen: 1. Stufe: von Fertigprodukten zu Baugruppen; 2. Stufe: von Baugruppen zu Teilegruppen; 3. Stufe: von Teilegruppen zu Einzelteilen. Bei der stufenweisen Auflösung werden die "Fertigungsstufen" vom Endprodukt, das die Zahl 0 oder 1 erhalten kann, her gezählt, die "Dispositionsstufen" dagegen von der untersten Ferti-

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

95

gungsstufe aus in Richtung Endprodukt. Bei einem mehrstufigem Produktaufbau können dieselben Teile auf verschiedenen Stufen eingebaut werden, so daß sich eventuell Mehrfachzählungen ergeben können. Zur Lösung dieses Problems eignet sich die Verwendung des Gozinto-Graphs (vgl. Abb. 12-6), der in kompakter Form die Strukturdarstellung nach Dispositionsstufen wiedergibt. Generell dienen Graphen der Darstellung von Strukturen in Form von Netzwerken, dabei heißen die Punkte Knoten und die Verbindungsstrecken Kanten. Aus dem Gozinto-Graphen läßt sich die (Direkt-)Bedarfsmatrix ableiten (vgl. Tab. 33-2). Abb. 12-6: Stückliste in Form eines Gozintographs Dispostufe 1 ... PI I BG21-

BG47

Dispostufe 2

P2 BG77 i

5 Dispostufe 3

-BG06

2 3

A 507

3 I C 897

-B 334

A 707

Legende: P = Fertigprodukt; BG = Baugruppe; A,B,C = Einzelteil; Zahlen an den Kanten = Mengenkoeffizienten Der Nettobedarf ist mit Zahlen an den Kanten des Gozintographen zu multiplizieren. Dies ergibt z.B. den Sekundärbedarf an Baugruppen: Nettobedarf für PI: 300 • 4 = 1.200 Baugruppen + Nettobedarf für P2: 250 • 3 = 750 Baugruppen = total Sekundärbedarf für B1

1.950 Baugruppen

Wenn ein Endprodukt zu einem bestimmten Termin ausgeliefert werden soll, müssen Baugruppenfertigung und Teilefertigung der Entmontage vorweglaufen. Entsprechend sind diese Fertigungen vorzuschieben. Die Vorlaufverschiebung richtet sich nach der Durchlaufzeit der höheren Fertigungsstufen. Wenn der Nettobedarf und die Montage von PI in die 3. Periode fällt, dann hat der Zusammenbau der Baugruppen eventuell schon in der Periode 2 zu erfolgen und die Teilefertigung ist eventuell in Periode 1 vorzuschieben (vgl. Tab. 12-4). Entsprechendes gilt für P2, das in Periode 5 ausgeliefert werden soll. Übersteigt der Nettobedarf z.B. von T1 für PI die Kapazität der Periode, ist die Fertigung für T1 noch weiter nach vorn zu verschieben oder der Liefertermin ist nicht zu halten. Tab. 12-4: Vorlaufverschiebungstabelle Periode Nettobedarf Nettobedarf Nettobedarf Nettobedarf

1 PI B1 T1 T2

Ersatzteilb. T1 Ersatzteilb. T2

2

3

300 1.200 < 1 3.600 >emission

-1

Produktions rückstände

108

1.Hauptteil:

Einführung

Dabei verursacht vor allem der Einsatz von Betriebsstoffen (vgl. Abb. 12-9b) problematische Rückstandsströme (vgl. LV 1.7a S. 859ff): • Mechanische Bearbeitung fuhrt zum Anfall von Metallspänen - Entsorgung durch Schrottverwertung - , wäßrigen Emulsionen aus der Verwendung von Kühlschmiermitteln. • Reinigung insbesondere zur Entfettung fuhrt zum Anfall von verunreinigten Lösemittel, häufig Chlor-Kohlen-Wasserstofflösemittel, die eventuell durch leichte Seifen ersetzt werden können; der Einsatz von CKW-Lösemittel in der Industrie bedeutete häufig nur "Overkill"-Reinigung. • Oberflächenvorbehandlung zur Optimierung des Anhaftens der Beschichtungen fuhrt zum Anfall von verbrauchten Beizsäuren und Phosphatierschlämmem. • Oberflächenbeschichtung etwa durch Lackierung fuhrt zum Anfall von Lackschlamm. Abb. 12-9b: Verfahrensschritte und Rückstandsströme (nach H. Sutter entn. LV 1.7a S. 859)

v e r b r a u c h t e Kühl- v e r u n r e i n i g t e Schmiermittel Lösemittel

Altsäuren

Lackschlamm

Zur Abfallvermeidung sind die Betriebsstoffe im Nutzungskreisläufen zu halten: einführen—> | auffangen rückführen 1 aufbessern

1 reinigen 1

Gesetze, Verordnungen, Grenzwerte Da diese Stoffströme die Umwelt und damit den Lebensraum des Menschen beeinträchtigen können, unterstehen betrieblicher Materialeinsatz, betriebliche Entsorgung von Abfällen und betriebliche Emissionen einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen, welche Umweltvorsorge betreiben und menschliches Leben schützen sollen u.a. durch organisatorische Maßnahmen und durch Festlegung von höchstzulässigen Grenzwerten (vgl. auch 1.2.3.5), und zwar neben dem Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. 1.2.3.5) und dem Bodenschutzgesetz: 1. Atomgesetz Dieses Gesetz soll mit seinen Bestimmungen Leben, Gesundheit und Sachgüter vor Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen schützen. Dazu erlegt es den Betreibern der Atomkraftwerke die schadlose Verwertung von radioaktiven Reststoffen und die Entsorgung radioaktiver Abfälle auf. Sie haben die radioaktiven Abfälle in Kastor-Behältern an Zwischenlager abzuliefern, die von den Bundesländern einzurichten sind, der Bund hat Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung dieser Abfälle zu schaffen. Schon in der Phase der Genehmigungsverfahren von Kernenergieanlagen ist die sog. Deckungsvorsorge sicherzustellen. 2. Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Dieses am 7. 10. 1996 in Kraft getretene Gesetz gilt für jeden gewerblichen Abfallerzeuger, ob Industrie-, Handels oder Handwerksbetrieb. Ziel dieses Gesetzes ist es, die betriebliche Kreislaufwirtschaft und die umweltverträgliche Abfallbeseitigung zu fördern unter folgenden Vorgaben, die durch Rechtsverordnungen konkretisiert sind: •Vermeidung von Abfällen entlang der gesamten Wirtschaftskette vom Konstrukteur über den Hersteller bis zum Verbraucher, um die Abfallmengen zu verringern - durch Einsatz abfall- oder schadstoffarmer Produkt, - durch Entwicklung abfallarmer und langlebiger Produkte, - durch betriebsinterne Kreislauffuhrung von Stoffen;

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

109

• Förderung der Kreislaufwirtschaft durch Rückführung von verwertbaren Abfällen in den Stoffkreislauf und zwar durch stoffliche Verwertung oder durch Verwertung zur Gewinnung von Energie - mit der Pflicht der hochwertigen Verwertung durch Trennung der Abfälle und - mit der Pflicht der ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung; •Umweltverträgliche Beseitigung von Abfällen, damit weder Menschen, Tiere oder Pflanzen gefährdet, noch Gewässer, Boden oder Luft verunreinigt werden, wonach Abfalle nur zu beseitigen sind, wenn sie nicht schadlos verwertet werden können. Als Kernstück dieses neuen Abfallgesetzes gilt die Produktverantwortung des Unternehmens, welche als die Voraussetzung für die Schließung von Stoffkreisläufen angesehen wird, wobei die Produkte möglichst so schadstoffrei zu konstruieren sind, daß sie nach Gebrauch umweltverträglich verwertet oder beseitigt werden können u.a. •durch Entwicklung mehrfach verwendbarer und technisch langlebiger Produkte; •durch vorrangigen Einsatz von verwertbaren Abfällen oder „sekundären Rohstoffen" bei der Produktherstellung; •durch Kennzeichnung von schadstoffhaltigen Erzeugnissen, um nach deren Verbrauch die umweltverträgliche Verwertung oder Beseitigung zu sichern; •durch Hinweise zu Rückgabe-, Wiederverwendung- und Verwertungsmöglichkeiten auf ihren Erzeugnissen; • durch Kennzeichnung von Pfandregelungen; •durch Rücknahme iiier gebrauchten Erzeugnisse sowie der Abfälle, die nach Gebrauch der Produkte übrig bleiben sowie die nachfolgende Verwertung oder Beseitigung derselben. 3. Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) Neben der Bekämpfung von Lärm geht es hier um die Reinerhaltung der Luft. In 3 BImSchG wird im einzelnen definiert: • Luftverunreinigungen sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Dämpfe, etc. (§ 3 Abs. 4 BImSchG); • Emmissionen sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Strahlen, etc. (§ 3 Abs. 3 BImSchG); • Immissionen sind auf Menschen, Tiere, Pflanzen oder andere auf andere Sachen einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen, etc. (§ 3 Abs. 2 BImSchG). Der Immissionsschutz wird vom Gesetzgeber spezifiziert (vgl. LV 2.32 S. 1560ff.) • als produktbezogener Immissionsschutz (§§ 32 - 37 BImSchG); • als verkehrsbezogener Immissionsschutz (§§ 38 - 43 BImSchG); • als gebietsbezogener Immissionsschutz (§§ 44 - 47 BImSchG); • als allgemeiner Immissionsschutz als Schutz der Nachtruhe und der Feiertage, als Schutz vor Abbrennen von Feuerwerksartikeln etc. in besonderen Verordnungen. § 5 BImSchG macht die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, welche die Umwelt schädigen können, genehmigungsbedürftig und legt dem Betreiber derartiger Anlagen gewisse Schutz-, Vorsorge*, Entsorgungs- und Abwärmenutzungspflichten auf, ie im einzelnen in den Verwaltungsvorschriften TA-Luft und TA-Lärm geregelt sind. Die Nichterfüllung von Auflagen kann die Stillegung und Beseitigung des Betriebs zur Folge haben. Nach §§ 53ff. BImSchG hat der Betrieb die Stelle eines Immissionsschutzbeauftragten einzurichten. 4. Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Dieses Gesetz macht das betriebliche Entnehmen und Ableiten von Wasser oder das Einleiten von Stoffen in Gewässer von einer behördlichen Genehmigung abhängig, eventuell ist der Bau von Kläranlagen aufzuerlegen. Nach §§ 2 Abs. 2, 4, 21a WHG hat der Betrieb die Stelle eines Beauf-

110

I Hauptteil:

Einführung

tragten für Gewässerschutz einzurichten. Seit dem 1. Januar 1991 ist mit einer Novellierung dieses Gesetzes auf folgende Neuerungen zu achten: • Einleiteerlaubnisse werden nur bei Einhaltung maximaler Konzentrationen erteilt; • Indirekteinleiter werden zu denselben Maximalwerten verpflichtet; • Wasserschutzgebiete können verstärkt eingeführt werden; • Herstellung und Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sind in ihrer Regelung der Lagerung gleichgestellt; • Auflagen an Anlagen, in denen wassergefährdende Stoffe geladen, behandelt oder umgeschlagen werden, sind möglich. 5. Abwasserabgabengesetz Dieses Gesetz will die Kostenlast gerechter verteilen und bewirken, • daß mehr Kläranlagen gebaut werden, • daß abwasserarme oder abwasserlose Produktionsverfahren entwickelt und verwandt werden, • daß abwasserintensive Güter wie Papier sparsamer eingesetzt werden, • daß die Wettbewerbsvorteile bei denjenigen abgebaut werden, die bisher kostenlos die Gewäs ser verschmutzten. 6. Waschmittelgesetz Dieses Gesetz sucht, in Wasch- und Reinigungsmittel befindliche wassergefährdende Stoffe einzuschränken oder zu verbieten. So müssen organische Stoffe abbaubar sein, Phosphatmengen sind zu begrenzen. 7. Benzinbleigesetz Um die Bleibelastung der Atmoshäre zu mindern, wurde durch dieses Gesetz der Bleigehalt des Benzins sukzessive gesenkt. Nebenprodukt der Verwendung von bleifreiem Benzin ist die Verringerung der krebs- und smogbildenden Kohlenwasserstoff-Emissionen. 8. Altölgesetz Dieses Gesetz soll die schadlose Beseitigung von Altöl sicherstellen; Altöl und ähnliche Rückstände sind für die Gewässer eine besondere Gefahrenquelle. Betriebe, die Altöl gewässerbodenunschädlich beseitigen, erhalten dafür Zuschüsse, die durch eine Ausgleichsabgabe bei der Mineralölsteuer finanziert werden. 9. Chemikaliengesetz Neue Chemikalien unterwirft dieses Gesetz einem Anmeldeverfahren. Im Verordnungswege können Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei der Herstellung und Verwendung gefahrlicher Chemikalien getroffen werden. 10. Strafgesetzbuch (StGB) Die §§ 324 - 330 des StGB dienen der Bekämpfung der Umweltkriminalität z.B. der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung (§ 326 StGB). Schon allein das gefahrträchtige Verhalten ist strafbar. 11. Gefahrstoffverordnung Die dritte Änderung dieser Verordnung (1991) kommt dem gesellschaftspolitischem Ziel nach Bioprodukten, nach "natürlicher" Chemie und nach "sanften" Alternativen näher, da nach § 16 Abs. 2 dieser Verordnung die Unternehmen prüfen müssen, ob Ersatzstoffe anstelle von Gefahrstoffen eingesetzt werden können. Allerdings sind Ersatzstoffe nur dann einzusetzen, wenn die Verwendung zumutbar und wirtschaftlich ist.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

111

Nach J. Nitschki (vgl. LV 1.67 S. 22) sollte die Verwendung von Ersatzstoffen gleichzeitig von verschiedenen Blickwinkeln aus beurteilt werden: • Der Ersatzstoff muß ein sicherheitstechnisch, toxikologisch und ökotoxikologisch geringeres Risiko beinhalten als der zu ersetzende Stoff. • Der Ersatz muß technisch verwendbar und einfach zu handhaben sein. • Die Kostenrelation von Ersatzstoff zu dem zu ersetzenden Stoff muß "stimmen". • Der Ersatzstoff muß in den Mengen zur Verfügung stehen, in denen er benötigt wird. • Es muß eine Bestimmung des prinzipiellen Gefährdungspotentials auf der Basis human- und öko-toxilogischer Daten vorgenommen werden. 12. Gefahrgutbeauftragten-Verordnung Diese Verordnung ist seit dem 1. 10. 1991 in Kraft und sie regelt, daß jeder Betrieb, der mindestens 50 Tonnen netto gefährlicher Güter verpackt, versendet, transportiert einen geschulten und geprüften Gefahrgutbeauftragten einsetzen muß. Als gefährliche Güter gelten etwa 3.500 Stoffe wie explosive Stoffe wie Sprengstoffe, Munition und Feuerwerkskörper, Gase, entzündbare flüssige, feste und oxi-dierend wirkende Stoffe, radioaktive Stoffe, ätzende Stoffe sowie sonstige gefährliche Stoffe wie verflüssigte Metalle. Die Gefahrgutvorschriften regeln u.a. • welche Stoffe transportiert werden dürfen, • wie sie verpackt und gekennzeichnet werden müssen, • wie die Beförderungsmittel ausgerüstet und gekennzeichnet sein müssen, • wie Be- und Entladungsvorgänge zu erfolgen haben, • welche BefÖrderungs- und Begleitpapiere erforderlich sind. Schon seit 1985 sind baumustergeprüfte zugelassene Verpackungen vorgeschrieben. Die Musterverpackungen sind von amtlichen Institutionen zu prüfen und eine Zulassung ist bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin zu beantragen. Die Art der Verpakkung richtet sich nach der Gefährlichkeit des Gutes, die in drei Gruppen eingeteilt ist. Eine etwaige Serienproduktion der Verpackung hat der Qualitätskontrolle zu unterliegen. 13. Grenzwerte für LKWs • LKWs dürfen an Lärm nur noch 84 dB(A) abstrahlen, lärmarme LKWs für den Alpentransit und regional begrenzte Sonderbereiche nur noch 78 dB(A). • Ab Juni 1992 dürfen neue LKWs nur noch maximal folgende Schadstoffe aus dem Auspuff blasen: 4,5 g/kWh Kohlenmonoxid; 1,1 g/kWh Kohlenwasserstoffe (HC); 8,0 G/kWh Stickoxide; 0,36 g/kWh Partikelausstoß bei LKWs unter 85 kW, 0,63 g/kWh bei LKWs darüber. 1.2.1.7 Ökologische und strategische Perspektiven betrieblicher Materialwirtschaft Künftige Tendenzen ökologischer Materialwirtschaft Eine Reihe von chemischen Verbindungen wird in nächster Zukunft auf der gesetzlichen Verbotsliste stehen, vor allem Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die im Verdacht stehen, die schützende Ozonatmosphäre der Erde zu zerstören. Nach einem Beschluß der Beschluß der Bundesregierung darf ab 1993 FCKW nicht mehr als Reinigungsmittel für Metalle, in chemischen Reinigungen und als Mittel zur Trennung von Stoffen in der Chemieindustrie eingesetzt werden. Als ökologische Alternativen der Materialwirtschaft kommen in Frage: • die Fertigungsverfahren sind so zu ändern, daß FCKW-Reinigungsmittel vor allem zur Entfettung gänzlich überflüssig werden; • es sind Surrogatstoffe einzusetzen, so kann als Treibgassurrogat für FCKW Wasserstoff und als Reinigungssurogat Alkohohl eingesetzt werden;

112

I. Hauptteil:

Einführung

• es sind geänderte Fertigungsverfahren und Surrogatstoffe zu kombinieren; so hat die Lufthansa das "Aquastripping" zur Entfernung des Lacks bei der Überholung von Flugzeugen entwickelt, bei dem anstelle von Beize, bei deren Verwendung Dichlormethan und Phenoldämpfe entstehen, ein Trockeneisstrahl eingesetzt wird, wobei zusätzlich eine erhebliche Zeitersparnis anfällt. Auch die gesundheitsgefährdende Chemikalie Per darf ab 1993 in der Abluft von Reinigungen nur noch stark verdünnt enthalten sein, 20 anstatt von 200 Milligramm Per wie bisher, in Nachbarräumen darf der Per-Gehalt höchstens 0,1 Milligramm pro Kubikmeter betragen. Gesetzliche und privatwirtschaftliche Behandlung der Verpackung Die Verpackung ist einerseits unerläßlich für das moderne Wirtschaftssystem, das fertigungsmäßig (vgl. 1.2.1.4) und vertriebsmäßig auf der bedienungspersonalsparenden Selbstbedienung (vgl. 3.5.0) beruht, andererseits macht die Verpackung fast ein Drittel des Haushaltsmülls in modernen Gesellschaften aus und belastet so die immer knapper werdenden Mülldeponien. Deshalb sind die Verpackungserzeuger - Industrie wie Handel -, aber auch der Gesetzgeber aufgerufen, durch geeignete Maßnahmen die Verpackungsflut einzudämmen. Nach G. Rüschen (vgl. LV 1.84a S. 149f. zitiert nach LV 1.38a S. 952f.) sollte eine folgende Prioritäten- und Maßnahmenfolge beim Einsatz der Verpackung gesetzt werden: • Vermeiden: - von unnötigen Verpackungsstufen/von Overpacking, - von Schadstoffen wie Schwermetalle in Verpackungsstoffen und Verarbeitungshilfsstoffe - von umweltkritischen Materialien wie z.B. VC, - von Verbundmaterialien • Verringern des Materialeinsatzes - durch geringere Materialstärken, - durch andere Materialarten/-kombinationen, - durch Einsatz von Nachfüllverpackungen bzw. Mehrwegverpackungen • Vereinheitlichen - von Packstoffen mit dem Ziel des Einsatzes von möglichst wenig unterschiedlicher Packstoffe bei einem Produkt, - von Verpackungssystemen in bezug auf Konzepten und Abmessungen. • Verwerten - durch eine Materialauswahl, die stoffliche Kreisläufe möglich macht, - durch Anbringung von Materialkennzeichnungen und Entsorgungshinweisen, - durch Einsatz biologisch abbaubarer Materialien bzw. Einsatz von Sekundärmaterialien (Recyclate). Nach Untersuchungen (vgl. LV 1.63a S. 180 zitiert nach LV 1.38a S. 957) ergibt sich bei Mehrwegverpackungen eine eindeutig geringere Umweltbelastung (vgl. Abb. 12-9c), allerdings müssen noch die Kosten der Rücknahmelogistik und Reinigung berücksichtigt werden. Abb. 12-9c: Relative Umweltbelastung durch Verpackungsbehälter verpackte Menge (1)

Primär-Energieverbrauch (kWh/1)

20

0,13

12.600

4,5

1,0 1 G l a s Einweg

1

1,29

128.800

46,0

0,33 1 W e i ß blechdose

0, 33

1,39

48,565

15,5

Art der Verpackung 1,0 1 G l a s (20 Umläufe)

kritische Luftmenge (m 3 /l)

kritische Wassermenge (1/1)

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

113

Der deutsche Gesetzgeber ist schon aktiv geworden und hat, um den Verpackungsmüll in den Griff zu bekommen, • aufbauend auf § 14 AbfG wurde 1988 die Getränkeverpackungsverordnung (GetrVerpVO) erlassen, welche die Verkäufer verpflichtet Kunststoffverpackungen (Kunststofflaschen) nur gegen ein relativ hohes Pfand (50 Pf.) zu veräußern und vom Endverbraucher wieder zurückzunehmen, • sowie 1990 eine Verpackungsverordnung (VerpackVO) verabschiedet, - nach der ab 1. Dez. 1991 alle Transportverpackungen wie Paletten, Kartons, Styropor zurückgenommen werden müssen, - nach der ab 1. April 1992 alle Umverpackungen wie Folien und Kartons bei Abgabe der Ware an den Verbraucher im Geschäft zurückgelassen werden dürfen, - nach der ab 1. Januar 1993 alle Verkaufsverpackungen wie Dosen, Eimer, Flaschen zurückgenommen werden müssen. Allerdings ist dabei zu beachten, • daß sich der Endabnehmer der Transportverpackungen bereits im Laden entledigt; nach dem Kauf wird außerhalb des Ladens daraus eine nicht mehr rücknahmepflichtige Händlerverpackung, • daß es sich beim Versand durch die Post um nichtrücknahmepflichtige Händlerverpackung handelt, dagegen bei Auslieferung durch den Spediteur um Transportverpackung, • daß einige Hersteller ihre Gewährleistungsverpflichtung an die Originalverpackung knüpfen. Die Verursacher von Verpackungsmüll haben das Entsorgungssystem "Duale Abfallwirtschaft" ins Leben gerufen (vgl. Abb. 12-9d, nach dem Bundesverband der Deutschen Energiewirtschaft (BDE) übernommen aus LV 1.7a S. 669), die eine private Entsorgung und Verwertung von Verpackungsab fall sicherstellen soll, so daß nur der restliche Hausmüll weiterhin kommunale Entsorgungsaufgabe bleibt. Zu diesem Zweck werden Wertstofftonnen "haushaltsnah" positioniert (zu Abb. 12-9d: Funktionsweise des DSD 1. Stufe: Lizensierung & Finanzierung Duales System Lizenz Deutschland GmbH < KonsumgüterTräger: Hersteller und Grüner Vormaterial-, Vertreiber Punkt Verpackungs-,und Konsumgüter-, EntHersteller gelt Handel 2. Stufe: Erfass. & Sortier. AbKommunen


Output

V. Hubka verweist auf folgende Elemente des Mensch-Maschine-Systems: 1 = Bedienung und Wartung; 2 = Signale über den Arbeitsablauf; 3 = physikalische Hindernisse; 4 = Geräusch; 5 = Vibration, Wärme; 6 = Umwelteinflüsse auf die Maschine; 7 = Umwelteinflüsse auf den Menschen; 8 = Einfluß des Menschen auf die Umwelt. Mensch und Maschine sind in einem gewissen Bereich untereinander austauschbar. Nach O. Lanc (vgl. LV 1.39 S. 485f.) bestehen noch folgende Unterschiede zwischen Maschine und Mensch: • die Leistungen des Menschen sind Schwankungen unterworfen - die Leistung der Maschine bleibt in langen Zeitintervallen konstant, da sie keine Ermüdung kennt; • auch bei guter handwerklicher Ausbildung des Menschen bleibt seine Kraft und Präzision beschränkt - die Maschine kann größere Kraft und größere Präzision bei der Bewegung entwickeln;

116

1. Hauptteil: Einführung

• der Mensch kann langzeitig besser speichern, sowie besser komplexe Entscheidungen auch bei unzureichender Informationsgrundlage treffen, die Abrufzeiten sind kürzer - die Maschine besitzt eine größere Kanalkapazität bei kurzzeitiger Informationsspeicherung; • der Mensch kann auch energetisch sehr schwache Signale wahrnehmen - die Maschine kann in einem breiteren Bereich als der Mensch Energiemodalitäten wahrnehmen u.a. auch Ultraschall und Röntgen-Strahlen, sie ist in einem breiteren Bereich unempfindlich gegen physikalische Einwirkungen wie hohe Temperaturen, starke Beschleunigung, chemische Einwirkungen, sie kann zudem simultane Funktionen in einer genauen zeitlichen Abfolge besser ausfuhren. Wie beim Menschen die Leistung durch bessere Ausbildung kann die Leistung der Maschine durch bessere Konstruktion erhöht werden. Zur Arbeitserleichterung kann die Maschine insbesondere bei den Steuerelementen an den Menschen angepaßt werden. Nach O. Lanc (ebenda S. 485) sei zur Zeit "...die Maschine noch eine passive und unselbständige Einrichtung, die nach einem vorgegebenen Programm arbeitet... Durch die Steigerung ihrer Kompliziertheit und Komplexität wird die Maschine wahrscheinlich bisher spezifisch menschliche Eigenschaften annehmen." Hierbei wird der Computer eine erhebliche Rolle spielen. Paradigmawechsel Die betriebswirtschaftliche Erörterung der Betriebsmittel beschränkte sich seit E. Gutenbergs Buchveröffentlichung "Die Produktion" vom Jahr 1951 weitgehend auf die "optimale Ergiebigkeit" des Einsatzes von Betriebsmitteln, stand jedoch dabei in weit unterlegener Konkurrenz zu den Investitions-(Wirtschaftlichkeits-)Rechnungen (vgl. 4.4 ).Inzwischen ist die Entwicklung durch den massenhaften Einsatz von Computern zur Informationsverarbeitung im Betrieb nicht zuletzt zur Unterstützung des Betriebsmitteleinsatzes weit fortgeschritten, so daß sich eine Art Paradigmawechsel in Richtung Informationstechnologie, im deutschsprachigen Raum häufig auch als Informations-Verarbeitung (IV) bezeichnet, einer Kombination der Produktionsfaktoren Information und Betriebsmittel, anbietet, dabei wird hier eine Stoffauswahl mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsinformatik (WI) betrieben. Dadurch wird der Sinngehalt der betriebswirtschaftlichen Darstellung des Produktionsfaktors "Betriebsmittel" der gewandelten Realität entsprechend erheblich "angereichert". Informations-Technologie und Informationssystem-Architektur Während Information gemäß der Informationstheorie allgemein dazu dient, "Nichtwissen zu beseitigen" (vgl. 1.1.3.8), soll Information gemäß der Informations-Technologie Nachrichten zu entscheidungsrelevanten Informationen aufbereiten. Die betriebliche IT bewegt zunehmend in revolutionierender Weise weg von stapelnder, in Akten angesammelter Papierarbeit hin zu computergestützter ereignisorientierter direkter interaktiver Informationsverarbeitung und Entscheidung in sog. Echtzeit (vgl. 1.2.2.4/5). Mobiltelefon und Mobilcomputer sind äußeres Kennzeichen des herannahenden Zeitalters der "mobilen Information" etwa im Rahmen der Telearbeit. Von John Zachmann sind allgemein zur Modellierung und Darstellung der Rahmen fur Informationssystem-Architekturen drei Betrachtungsebenen definiert worden (vgl. LV 11.84): 1. Datenmodell z.B. in graphischer Darstellung mit Hilfe des Entity-Relationship-Modells (ERM) von Chen (1976), das z.T. auf das Entity-Set-Model von Senko (1973) zurückgeht, wobei der Begriff Entity dem Begriff Datensatz entspricht. 2. Prozeßmodell (Input-Prozeß-Output) fur Funktionen etwa Datenflußmodelle. 3. Netzwerkmodell (Knoten-Verbindung-Knoten) fur die Kommunikation. Die moderne IT, die durch ein immer stärkeres Zusammenwachsen von Computer, Telefon/Fax, Fernseher/Monitor und Compact Disc zu einem Multifunktionalsystem gekennzeichnet ist, beruht auf der Informatik, die gemäß der Gesellschaft für Informatik e.V., 1985 als die "Wissenschaft von der systematischen und automatischen Verarbeitung von Informationen" definiert wurde. Nach ihren Empfehlungen befaßt sich die Informatik (zitiert nach L V 11.71 S. 8) • mit den Strukturen, den Eigenschaften und den Beschreibungsmöglichkeiten von Information und Informationsverarbeitung, • mit dem Aufbau, der Arbeitsweise und den Konstruktionsprinzipien von Rechnersystemen, • mit der Entwicklung sowohl experimenteller als auch produktorientierter informationsverarbeitender Systeme moderner Konzeption,

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

117

• mit den Möglichkeiten der Strukturierung, der Formalisierung und der Mathematisierung von Anwendungsgebieten in Form spezieller Modelle und Simulationen und • mit der ingenieurmäßigen Entwicklung von Softwaresystemen für verschiedenste Anwendungsbereiche unter besonderer Berücksichtigung der hohen Anpassungsfähigkeit und der Mensch-Computer-Interaktion solcher Systeme. Als strategische Tendenz der IT ist zu erkennen, daß sich die Intensität der computerisierten Leistungserstellung erhöht, • um den Menschen insbesondere von monotoner, schwerer und gefährlicher Arbeit Maschinenarbeit freizustellen, • um völlig neue Produkte und Dienstleistungen zu erstellen wie Electronic Banking, E-Mail, Computerbörse, elektronische Steuerung von Konumgütern wie Autos und von Maschinen, • um die Maschinen selbst mit mehr Produkten auszulasten und • um dabei im Zuge der Kundenorientierung stärker maßgeschneiderte Leistungen anzubieten. Informations-Management Die Entstehung und Entwicklung der EDV hat die Entwicklung der IT und damit der Informatik maßgeblich beeinflußt und diese wiederum das Informations-Management der Betriebe. Es lassen sich nunmehr verschiedene Phasen der Entwicklung des Informations-Managements (in den USA) unterscheiden (vgl. Computerwoche 20. Januar 1989, S. 29): I. Paperwork Management (1900 - 1960): materielle Steuerung des "Paperwork", um die Effizienz zu verbessern. IL Management of Automated Technology (1960 - 1970): Automation manueller Techniken; automatisiertes und manuelles Informationsmanagement werden als fundamental unterschiedlich betrachtet; Entwicklung getrennter technischer Entwicklungszweige. III. Information Resource Management (1970 - 1980): Integration manueller und automatisierter Methoden von Datenverarbeitung und Management; technologisches und funktionales Zusammenwachsen von Technologien früherer Jahrzehnte; koordinierte und geplante Einstellung zu allen Technologien. IV. Knowledge Management (1980 - 1990): vollständige Durchdringung und Abhängigkeit von Organisationstechnologien; das Schwergewicht liegt auf dem Management der Information. Die Information wird als Datenbestand gespeichert, welche folgende Charakteristika besitzt: - Zeichen (character) = kleinstes speicherbares Element in Form des Byte; - Datenelement (item) bestehend aus einem/mehreren Zeichen gespeichert in einem Datenfeld; - Datensatz (set) bestehend aus Datenelementen etwa fiir einen Buchungssatz; - Datei (file) besteend aus logisch zusammengehörigen Datensätzen mit gleicher Struktur; - Datenbank (database), welche mehrere Dateien zusammenfaßt. Betriebswirtschaftliche Relevanz der IT Die Computer-Euphorie der letzten Dekade ist zwar einer gewissen Ernüchterung gewichen, dennoch hegen nach den Ergebnissen einer repräsentativen europaweiten Umfrage zu der Branchen übergreifenden Studie der Unternehmensberatungsfirma Droege & Comp., Düsseldorf, "Herausforderung Organisation - Perspektiven in Zeiten des strategischen Umbruchs" bei 800 Unternehmen diese erhebliche Erwartungen an die IT (entn. Computerwoche 45/1993 S. 67): Prozent der Befragten • Verkürzung der Durchlaufzeiten 86 • Rationalisierung betrieblicher Abläufe 85 • Fehlerfreie Übertragung von Daten/Informationen 83 • Verbesserung der Entscheidungsqualität 81 • Erhöhung der Kundennähe 70 Da drei Viertel der befragten Unternehmen davon ausgeht, daß die künftige Unternehmensorganisation sich an den Prozessen und Betriebsabläufen orientieren wird, kann für die Zukunft erwartet werden: Organisation follows Technology. Allerdings können die Unternehmen dabei in eine Zwickmühle geraten; zusätzlich wird die Kundennähe gefordert, die gewöhnlich zu speziellen Leistungen fuhrt, welche nicht immer im Einklang mit der kostengünstigsten Technologie stehen.

118

1. Hauptteil:

Einführung

Informatikrevolution Der massenhafte Einsatz der Computer in den Betrieben, insbesondere in Form der Mikrocomputer, den sog. PCs, ändert neuerdings die Produktionsverhältnisse grundlegend. Es wird schon von einer Zweiten Industriellen Revolution gesprochen, doch handelt es sich hier eher um eine generelle Informatikrevolution: • Die Industrielle Revolution war durch das Vordringen von Maschinen im Betrieb gekennzeichnet, wobei sich der Mensch dem Arbeitsrhythmus der Maschinen beugte, am Augenfälligsten ist dies bei der menschlichen Tätigkeit an taktgebundenen Fließbändern. • Die Informatikrevolution weist die entgegengesetzte Tendenz auf: der Mensch emanzipiert sich weitgehend von der Maschine, dabei wird die Maschine zum Arbeitsorgan des Menschen, da er sie mit Hilfe des Computers steuert, ohne selbst noch manuell in den Arbeitsprozeß einzugreifen. In den Produktionsprozeß greift er eventuell nur noch, um Reparaturen an den Maschinen durchzuführen. Nach einer Clusteranalyse (vgl. 1.3.1.1) besässe die sich abzeichnende Informatikrevolution, die sich auch als Computerrevolution bezeichnen läßt, im Vergleich zur Industriellen Revolution folgende Merkmale: • Frontal. Die Computer dringen nicht nur in die Fertigung ein, sondern auch und zuerst in die Verwaltung wie auch in Dienstleistungsbereiche. Sie dienen also nicht nur zur Maschinensteuerung, sondern sie ersetzen unter der Bezeichnung "Textverarbeitung" Schreibmaschinen (vgl. 1.2.2.4), aus konventionellen Informationsspeichern wie Karteien werden "papierlose" Dateien, durch Anwendung von CAD-Techniken verschwinden die Zeichentische der Techniker in den Ingenieurbüros (vgl. 3.2.1.3). • Integrativ. Die Computer verbinden die verschiedensten betrieblichen Operationen unter der Bezeichnung "Vernetzung (Connectivity)" miteinander (vgl. 1.2.2.4). Dadurch entstehen erhöhte Möglichkeiten des Datenzugriffs am Arbeitsplatz und größere Kooperationsmöglichkeiten. Praktisch kann sich die Vernetzung auf alle Aktivitäten der betrieblichen Wertschöpfiing beziehen. • Fakultativ. Der Mensch kann direkt im sog. Online-Verkehr in den Betriebsprozeß eingreifen und/oder indirekt mit gespeicherten Programmen, den sog. speicherprogrammierbaren Systemen (SPS). • Total. Die verschiedenen Computereinsatzmöglichkeiten lassen sich zu größeren Systemen mit einander verbinden, etwa zur computerintegrierten Fertigung (CIM von Computer Integrated Manufacturing) oder gar zum CAF (Computer Aided Factory), wobei Fertigungs- und Bürofünktionen des ganzen Betriebs verbunden werden, (vgl. 3.4.1.4) mit der Folge der "menschenleeren" Fabrik wie z.B. schon weitgehend in der Halle 54 bei VW realisiert. • Innovativ. Die Computernutzung ändert die betriebliche Organisation, und zwar die Abläufe wie auch die Struktur (vgl. 2.1.2.8), wobei die Betriebe ihre eigenen Erfahrungen in die Änderungen einfliessen lassen können. Die Betriebe müssen auf diese Herausforderung der "Informatik" eine innovative Antwort finden; ebenso wie die Individuen; anderfalls stehen letztere vor einer doppelten Gefahr: - einmal wird ihr Denkvermögen vom Computer übernommen, so daß sie nur noch Dateneingeber sind, und - zum anderen geraten sie in Abhängigkeit von Experten, deren Wissen im Computer gespeichert (vgl. 1.2.2.4) nun zum Credo für sie wird. Der Computer ändert die Berufsprofile der Individuen; aus "klassischen" Handarbeitern wie Fräsern und Drehern werden Computerspezialisten; andernfalls würde sich ein Computerproletariat aus Langzeitarbeitslosen herausbilden: während 1970 nur 5% der Erwerbstätigen EDV-Kenntnisse besaßen, waren es 1980 bereits 18% und 1990 43% der Erwerbstätigen; im Jahr 2000 sollen es laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schon 64% der Erwerbstätigen sein. Gegenwärtig (1995) sind etwa 50% der Beschäftigten in Deutschland in informationsorientierten Berufen tätig, wenngleich die wenigsten davon ausgesprochene Informatikberufe ausüben wie Medientechniker(in) oder Informationsdesigner(in).

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

119

1.2.2.1 Betriebswirtschaftliche Einordnung der Betriebsmittel und Funktionsweise der EDV Übersicht über die Betriebsmittel und Funktionsweise der EDV Nach W. Kern lassen sich je nach Eignung, d.h. je "nach Fähigkeit, eine bestimmte Aufgabe. . .mit einer ihm adäquaten Technologie...zu erfüllen", folgende Betriebsmittelkategorien unterscheiden (vgl. LV 5.25 S. 195flf.): 1. Betriebsmittel ftir direkte Leistungserstellung 1.1 aktive Betriebsmittel mit eigenem Leistungsvermögen - Kraftmaschinen zur Gewinnung von Antriebsenergie z.B. Motoren - Arbeitsmaschinen zur unmittelbaren Arbeit am Produkt z.B. Werkzeugmaschinen - Apparaturen z.B. Behälter, Rohrleitungssysteme -Kesselanlagen, Öfen, Konverter, Kühler, etc. 1.2 passive Betriebsmittel ohne eigenes Leistungsvermögen - Werkzeuge, Meß- und Prüfgeräte - Vorrichtungen - Modelle, Formen, Schablonen 2. Betriebsmittel für indirekte Leistungserstellung 2.1 aktive Betriebsmittel - Ver- und Entsorgungsanlagen z.B. Dampferzeuger - Transporteinrichtungen und Lagerbediengeräte z.B. Kräne, Gabelstabler -Heizungs-, Klima-, Beleuchtungsanlagen - Computer/EDV-Anlagen mit den dazugehörigen Bildschirmen 2.2 passive Betriebsmittel - Energieverteilungsnetze - Geschäfts- und Lagereinrichtungen - Betriebsgrundstücke und Betriebsgebäude einschließlich Straßen. Computer/EDV-Anlagen dienen demnach nur indirekt der betrieblichen Leistungserstellung. Sie unterstützen dabei vielfaltiger Weise die betriebliche Rationalisierung, • wobei der Computer nach entsprechender Arbeitsanweisung selbständig die Verarbeitung von Daten zur Steuerung der Maschinen übernimmt, • wobei Computer und Maschinen zunehmend eine Symbiose eingehen und dabei den Menschen als primären Produktionsfaktor verdrängen. Das System "Computer" stellt die Basis neuzeitlicher Informationstechnologie dar. Als unmittelbare Vorgänger des Computers sind die lochstreifengesteuerten Webstühle sowie die walzengesteuerten Pianos anzusehen. Von Anfang an emanzipiert von einem spezifischen Arbeitseinsatz unterlag der Computer zunächst wie seine Vorgänger einer starren Steuerung, die dann im Laufe der Entwicklung beim Computer zunehmend einer flexiblen und interaktiven Steuerung Platz machte. Das System Computer selbst zerfällt in zwei Subsysteme: • Subsystem I: Geräte. Diese tragen für ein EDV-System in der betrieblichen Praxis die Bezeichnung (EDV-)Hardware. • Subsystem II: Software. Darunter sind Programme zu verstehen, die im Wege der Signalverarbeitung mit der Hardware bestimmte Aufgaben lösen. Die betriebliche Informations-Organisation mußte sich bis in die Achziger Jahre an den starren Strukturen der um Großcomputer zentrierten IT ausrichten. Das Aufkommen hochleistungsfähiger Workstations und Personal Computer macht einen Pendelausschlag in die andere Richtung möglich: Einsatz der Computer gemäß der vorhandenen Organisation. Vorzuziehen ist jedoch eine ITErgonomie als gegenseitige Anpassung derart, • daß die betriebliche Organisation den besonderen Möglichkeiten der IT angepaßt wird, etwa durch Nutzung kostengünstiger Standard-Hardware und -Software, • daß jedoch bei Vorhandensein besonderer ökonomischer betrieblicher Abläufe die anzuwendende IT nach Möglichkeit diesen besonderen Verhältnissen angepaßt wird.

120

]. Hauptteil:

Einfiihrung

Vorgänger der EDV Vorgänger der EDV waren mechanische Rechenanlagen: • Seit Jahrhunderten können mit Hilfe des Abakus, der heute noch in Teilen Asiens, aber auch im osteuropäischen Staaten benutzt wird, durch Verschieben von Kugeln auf Stäben arithmetische Grundrechenarten schnell durchgeführt werden. • Blaise Pascal (1623 - 1662) baute eine Rechenmaschine, die mit Hilfe von Zahnrädern die Durchführung der beiden Grundrechenarten Addition und Subtraktion auf mechanischem Weg ermöglichte, ein Prinzip, das heute noch den Streckenmessern wie den Kilometerzählern zugrundeliegt. Außerdem entwickelte Pascal schon mechanische Speicher für seine Rechenmaschine. • Gottfried Leibniz (1646 - 1716) verbesserte die Pascalsche Rechenmaschine, so daß sie alle vier Grundrechenarten mechanisch beherrschte. • Charles Babbage (1792 - 1871) konzipierte eine "analytische Maschine", die mathematische Berechnungen ohne menschliche Eingriffe durchführen sollte. Mangels technischer Möglichkeiten konnte dieses Konzept damals noch nicht realisiert werden. • Hermann Hollerith (1860 - 1929), Deutsch-Amerikaner, übertrug das von J. Marie Jacquard (1752 - 1834) entwickelte Prinzip der Steuerung des Webstuhls mittels Bänder mit eingestanzten Informationen auf die allgemeine Informationsverarbeitung durch Maschinen, indem er eine Maschine entwickelte und 1890 baute, die Daten mechanisch gruppieren und vervielfältigen konnte, und zwar zunächst über perforierte Bänder und schon bald mit Hilfe von Lochkkarten. Diese Lochkarten hatten die Funktion eines Einzelbelegs (UR = Unit Records). Die Informationen wurden jeweils in 80 Spalten und 12 Zeilen gespeichert, unterschieden nach Kartenart, Schlüssel- und Wertefeldern stellten sie jeweils einen Datensatz dar. • Konrad Zuse stellte 1941 in Deutschland die erste programmierbare Rechenanlage der Welt vor, welche auf mechanischen Relais - Relais dienen grundsätzlich zum Öffnen und Schliessen von Schaltkreisen - basierte und die deshalb relativ robust war im Vergleich zu den ersten elektronischen Anlagen. Computergenerationen Bahnbrechend für die Entwicklung der Datenverarbeitungsanlagen von starren Rechenautomaten zu einem flexiblen System war Mitte der Vierziger Jahre der Vorschlag des nach den USA emigrierten gebürtigen Ungars John von Neumann, die Programme wie die Daten in den zentralen Speichern der Rechenanlagen unterzubringen und von dort aus die Computer schnell, sicher und flexibel zu steuern. Dadurch wurde die Außensteuerung der Rechenanlagen durch eine Innensteuerung ersetzt. Die Entwicklung der EDV-Anlagen selbst erfolgte in "Generationen "sprüngen, wobei aus Rechenanlagen zunehmend Speicheranlagen wurden: 1. Generation. Der Schaltungsaufbau basiert auf Elektronenröhren; der Programmwechsel erfolgt durch den Austausch von gesteckten Schalttafeln. Computerbeispiele: die im Jahre 1945 von Eckert und Mauchly gebaute erste binäre Großrechenanlage ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Calculator); Modell 604 von IBM ab 1948 geliefert; Univac I erster ab 1951 serienmäßig gefertigter Computer, der zudem als erster Universalrechner speicherprogrammiert war; IBM 701 ab 1952; Z 22 seit 1955 von der Zuse KG geliefert; IBM 650 seit 1956 von der IBM geliefert. 2. Generation. Der Schaltungsaufbau basiert auf Transistoren, die von John Bardeen, Walter Brattain und William Shokley entwickelt erstmals am 23. Dez. 1947 vorgestellt wurden; der Programmwechsel erfolgt mittels geätzter Leiterplatten. Der Echtzeitbetrieb wird eingeführt. Computerbeispiele: IBM 1401 ab 1959; Siemens 2002; TR4 von AEG-Telefunken. 3. Generation ab 1964. Der Schaltungsaufbau basiert auf integrierten Schaltungen (ICs von Integrated Circuits), die wiederum auf sog. Chips, einer Silicium-Planar-Technologie, basieren. Die ersten Chips wurden 1959 fast gleichzeitig von Fairchild und Texas Instruments vorgestellt. Bereits 1961 stellte Fairchild darauf aufbauend den ersten IC vor. Die Computer dieser Generation sind in baukastenförmig erweiterbaren Systemfamilien erhältlich mit aufwärtskompatiblen Anwenderprogrammen, d.h. die für kleinere Geräte entwickelten Programme können auch - mit Änderungen - von leistungsfähigeren größeren Geräten genutzt werden. Der Dialog-Betrieb über Tastatur und Monitor kommt auf. Computerbeispiele: IBM 360; Siemens 4004; CDC 3000 von CDC.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

121

4. Generation ab 1980. Der Schaltungsaufbau basiert auf miniaturisierten Großschaltungen (LSI von Large Scale Integration bzw.VLSIvon Very LSI), eventuellauf besonderen maßgeschneiderten integrierten Schaltkreisen, sog. ASICs (Application-specific Integrated Circuits). Die grundlegenden Halbleitertechnologien sind Bipolar und MOS (Metal Oxide Semiconductor) unter Verwendung von Silizium als dem grundlegenden Produktionsmaterial. Neuere LSIs nehmen GalliumArsenid als Basis, die nur ein Drittel des Stromverbrauchs eines gleichleistungsfähigen SiliziumLSI benötigen. Computerbeispiele: IBM 4321 bis 4381; Siemens 7.5xx, 7.7xx, 7.8xx; Nixdorf 88xx. 5. Generation - der Zukunft. Sie soll "intelligente" Computer bringen unter Verwendung von Multiprozessorensystemen mit hohen Datenleistungen im Arbeitsspeicher (10 - 1 0 0 MegaByte mit sehr schnellem Zugriff), im Programm- und Datenspeicher (100 MByte - 10 GigaByte mit mittleren Zugriffszeiten und Massendatenspeicher von 100 GByte - 1 TeraByte, dabei beträgt 1 T-Byte 1.000 Gigabytes). Diese erheblich gesteigerte Hardwareleistung bietet u.a. die Basis • zur Verbesserung der Mensch-Maschine-Kommunikation mit Hilfe interaktiver Sprachen, • für Programme zur Erzeugung von Problemlösungen ("Künstliche Intelligenz"), • zur Objekterkennung und hochauflösende Objektdarstellung von Bildern und Gegenständen, • zur Abkehr von der bisherigen "Von-Neumann-Architektur" des sequentiellen Programmablaufs im Computer durch sog. Parallelrechner, welche eine Gesamtaufgabe zunächst in Teilaufgaben zerlegen und diese Teilaufgaben parallel lösen. Die Analogrechner erfassen ständig sich ändernde Signale und dienen der Simulation. Sie gelten als veraltet und werden von den Digitalrechnern verdrängt, welche zwar nur die Zustände 1 und 0 kennen, sich aber als überaus leistungsfähig und als universell einsetzbar erwiesen haben. Computerleistungen und menschliche Leistungen Die Leistungen der EDV-Anlagen für den Betrieb werden zunehmend komplexer: • zunächst nur operative Leistungen wie Material- und Lohnabrechnungen; • dann zusätzlich Informationsleistungen; • dann zusätzlich komplexe Planungen und betriebliches Controlling. Insbesondere die Informations- und Planungsleistungen haben schon zu einer erheblichen Reduzierung von Führungspersonal im Betrieb gefuhrt (vgl. 2.1.2.8). Der Mensch und der Computer sind zwar beide informationsverarbeitende Systeme, fraglich bleibt dennoch, ob die Computer, die zwar logische Verknüpfungen vornehmen können wie etwa bei der industriellen Prozeßsteuerung, jemals voll an menschliche Leistungen heranreichen werden; diese maschinellen Computerleistungen sind bisher eingekapselt in vom Menschen vorgegebene Begriffe und Informationsverarbeitungsmodelle, die der Mensch seinerseits selbstverständlich beherrscht. Darüber hinaus kennzeichnen den Menschen aber auch noch folgende Eigenschaften (vgl. LV 1.32 S. 6f.) • Kreativität, d.h., er ist in der Lage, neue Begriffe zu schaffen und ihre spezifische Verwendung zu regeln, • Phantasie, d.h., er kann sich von den Grenzen des bisherigen Denkens lösen und hypothetische, neuartige Vorstellungen ersinnen, • Assoziations- und Interpolationsvermögen, d.h., er kann Situationen mit früheren Situationen vergleichen und dabei augenfällige Unterschiede herausarbeiten und basierend auf diesen Erfahrungen Reaktionen einleiten, • Lernfähigkeit, d.h., er kann kreativ bzw. assoziativ seine Begriffs- und Regelwelt zur Beherrschung neuartiger Situationen erweitern. Deshalb sollte vor überzogenen Erwartungen bezüglich der potentiellen künftigen Computerleistungen etwa im Rahmen der Künstlichen Intelligenz (vgl. auch 1.2.2.5) gewarnt werden; vollends fehlen dem Computer Gefühlsäußerungen sowie Äußerungen ethischer Natur. Mathematische Basis der Computer Die Datenverarbeitung basiert primär auf einer "primitiven" mathematischen Basis: • Die Leistungen der EDV-Anlagen werden in Bit gemessen. Bit ist die Kurzform für binary digit = Binärziffer, und zwar 0 oder 1, auf den Computer bezogen: "Spannung" - "keine Spannung"

122

1. Hauptteil: Einführung

für die Speicherstelle. Der Computer basiert damit auf dem Dualzahlensystem, das der deutsche Mathematiker Leibniz bereits im Jahre 1679 veröffentlichte. Bit-Kombinationen müssen 10 Dezimalziffern, 26 Buchstaben und mehrere Sonderzeichen wie Punkt, Komma, Strich aufnehmen. Um Übertragungsfehler zu erkennen, werden Prüfbits angehängt. • Die EDV-Anlagen basieren auf elektrischen Schaltkreisen, die prinzipiell nur zwei Zustände kennen: geöffnet oder geschlossen. Hierfür läßt sich die propositionale Algebra einsetzen, auch Boolesche Algebra genannt nach den grundlegenden Arbeiten des englischen Mathematikers G. Boole (1815 - 1864), die Aussagen mit der mathematischen Logik kombiniert. Als Vorgänger für Boole sind Aristoteles und Leibniz anzusehen. Eine "einfache Aussage" ist z.B. ein Satz, von dem zu sagen ist, daß er entweder wahr oder falsch, jedoch niemals beides gleichzeitig ist. Aus diesen "einfachen Aussagen" lassen sich verschiedenen Verknüpfungen ausführen: Konjunktion ausgedrückt durch "und"; Disjunktion ausgedrückt durch "oder", Negation ausgedrückt durch "nicht". In sog. Wahrheitstabellen werden jedem Teil einer Aussage alle annehmbaren Werte zugeordnet. Datennormung bei der E D V Der Erleichterung der Kommunikation bei der E D V dient eine fortschreitende Datennormung: 1. CCITT G4 (von Comité Çonsultativ Téléphonique et Télégraphique, dem weltweiten Standardisierungsgremium für den Fernsprechbereich der Post) setzt den Standard für die Übertragung von Faksimile-Bildern (Rasterbildern) z.B. per Telefax. 2. IGES, SET, VDA-FS, DAF, etc. setzen die Norm zur Übertragung von Graphiken. Der geplante Standard STEP (Standard for the Exchange of Product Model Data) soll die Übertragung der in der Forschung und Entwicklung entstandenen Geometriedaten normen. 3. Zur Textübertragung gibt es verschiedene Normen: a) Die ISO (International Organization for Standardization) hat 1968 bzw. 1973 den 8-BitCode genormt (= 7 Bit plus ein Prüfbit), der in der USA-Referenz die Bezeichnung USASCIICode (USA Standard Code of Information Interchange), abgekürzt ASCII- Code (DIN 66003). b) Branchenführer IBM der Computerindustrie ging, nachdem er zunächst den BCD-Code (Binary Code Décimal), einen 6-Bit-Code, eingeführt hatte, später auf den 8-Bit-Code über, der die Bezeichnung EBCDI-Code (Extended B C D Interchange) erhielt. Die 6, 7, oder 8 Bit werden zu einem Byte zusammengefaßt, ein oder mehrere Byte zu einem Wort. Dann sind 1 Kilo-Byte (KB) = 2 ] 0 = 1.024 Bytes und 1 Mbyte (MB) = 1.024 KB sowie 1 GB (Gigabyte) = 1 024 MB. c) Ein 16-Bit-Unicode soll den 8-Bit-ASCII-Code ablösen. Dabei werden die 128-ASCII-Zeichen als eine Untermenge des Unicode übernommen. Dieser seit 1989 in Arbeit befindliche Unicode ermöglicht 65.536 Zeichenkombinationen und soll die länder- und systemspezifischen Konvertierungsprobleme auflösen und so die unmittelbare Kommunikation zwischen den verschiedenen Ländern ermöglichen. Dadurch lassen sich auch die bisherigen Unverträglichkeiten zwischen MSDOS- und Apple-Macintosh-Computern beheben. Bisher wurden schon etwa 27.000 Zeichen für die weltweiten Alphabete und Lautschriften bereit gestellt. 4. Zur zwischenbetrieblichen Datenübertragung gibt es Postnormen wie X.25 und X.400 sowie überbetriebliche Normen wie ODA, EDI, EDIFACT, O D E T T E (vgl. 1.2.2.8) und Ansi X.12 (USA) zur Dokumentenübertragung. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-28 in Abschnitt 1.7! 1.2.2.2 Computer-Hardware Hardwarekomponenten des Computers Die Hardware einer EDV-Anlage besteht aus drei Grundeinheiten (vgl. Abb. 12-1 la). I. Eingabegerät(-einheit). Als Eingabegeräte kommen u.a. in Betracht Lochkartenleser, Magnetbandstation, Belegleser, Tastatur. Die Eingabegeräte übernehmen das Programm, welches eine logische Folge von Befehlen an das Steuerwerk des Computers darstellt, sowie die Daten.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

123

Abb. 12-1 la: Hauptbestandteile eines EDV-Systems C P U = Zentraleinheit

II. Zentraleinheit (ZE), auch CPU (Central Processing Unit) genannt. Die Zentraleinheit, das Kernstück einer jeden EDV-Anlage, setzt sich zusammen aus dem Steuerwerk (Leitwerk), dem Rechenwerk und dem Arbeitsspeicher. Das Steuerwerk regelt den Verarbeitungsablauf im Rechner, indem es die Reihenfolge der Befehle steuert, die aus dem Speicher abzurufen sind, und indem es die Befehle entschlüsselt (decodiert) und Signale erzeugt, die ihrerseits im Rechenwerk entsprechende Befehle auslösen. Zudem sichert das Steuerwerk, daß kein Teilbereich mit Arbeiten belegt wird, bevor frühere Arbeiten beendigt sind. Das Rechenwerk, auch ALU (Arithmetic and Logical Unit) genannt, fuhrt in enger Verknüpfung mit dem Steuerwerk logische Operationen z.B. "Vergleiche" und arithmetische Operationen z.B. Addieren, Subtrahieren, etc. durch. Da die Grundrechenarten bei der EDV auf die Addition zurückgeführt werden, setzt sich das Rechenwerk aus folgenden Baugruppen zusammen: Addierwerk; Register, ein Schnellspeicher zur Aufnahme von Zwischen- und Endresultaten; sowie der Rechensteuerung. Technisch gesehen bilden Steuer- und Rechenwerk eine Einheit unter der Bezeichnung Prozessor. Unter Mikroprozessor ist ein Zentralprozessor zu verstehen, dessen Steuer- und Rechenwerk mit Hilfe der Halbleitertechnologie in einem Bauteil, Chip genannt, integriert ist. Dabei kann ein Mikroprozessor aus mehreren Chips bestehen, darunter Speicherchips. Zur Entlastung und zur Verstärkung der CPU können ihr optional spezielle Prozessoren als sog. Koprozessoren zugeordnet werden. Die Prozessoren unterscheiden sich nach speziellen Fähigkeiten: Steuerungs-; Arithmetik-; Grafik-; Allzweckprozessoren, aber auch nach der Wortbreite: 4-Bit-; 8-Bit-; 16-Bit-; 32Bit- oder 64-Bit-Prozessoren. Von einem Mikroprozessor werden insgesamt folgende Operationen erwartet: • Rechenoperationen; • logische Operationen; • Datenspeicherung und -Verarbeitung; • Erzeugung von Graphiken und Bildern; Erzeugung von Tönen beim Multimedia. Gordon Moore, einer der Mitbegründer von Intel, hatte vorhergesagt, daß sich Anzahl der Transistoren auf den Chips alle 18 bis 24 Monate verdoppeln lassen. Dies hat sich bisher bestätigt; der 8088-Prozessor von Anfang der Achziger Jahre besitzt 27.000 Transistoren, der 386-Prozessor schon 275.000 Transistoren und der i486-Prozessor gar 1,2 Mill. Transistoren. Um das Jahr 2000 soll die äußerste Leistungsgrenze der Siliziumschicht-Technologie erreicht sein.

1 24

1. Hauptteil: Einführung

Computer besitzen Prozessoren, die auf Befehle einfacher oder komplexer Natur reagieren: • CISC-Prozessoren (Complex Instruction Set Computing), die mit einem breiten Befehlssatz (200-300 Befehle) von einfachen und komplexen Befehlen für eine breite Palette von ComputerApplikationen sorgen, dominieren gegenwärtig noch die Computerszene. • RISC-Processoren (Reduced Instruction Set Computing), die erst seit Ende der Siebziger Jahre aufgekommen sind, zielen mit Hilfe eines reduzierten Befehlssatzes sektoral auf eine Steigerung der Rechengeschwindigkeit. • VLIW-Prozessoren (Very Long Instruction Word) sollen stärkere Leistungsgewinne durch Parallelisierung ermöglichen, allerdings erst als Architekturbestandteil künftiger Supercomputer (vgl. LV 11.54). Empirische Untersuchungen ergaben, daß in der Industrie die Computer zu 80% mit einfachen und nur zu 20% mit komplexen CISC-Befehlen (Instruktionen) beschäftigt sind. Zudem benutzen "normale" Programme nur 5% der komplexen Befehle, so daß sich RISC-Prozessoren vor allem für die spezialisierten Workstations eignen. Während CISC-Chips eine Geschwindigkeit von 5 - 2 0 integer SPECmarks erreichen, kommen RISC-Chips auf 30 - 70 integer SPECmarks, wobei SPECmarks zum (Leistungs-)Benchmark-Test von Computer Mikro-Chips dienen. Unter Benchmarking ist generell der Vergleich eines Beurteilungsobjekts mit einem Leistungsstandard zu verstehen, wobei als Leistungsstandard bei Produkten in Frage kommen • das leistungsfähigste Produkt der Branche, • das leistungsfähigste eigene Produkt, • das abzulösende, in der Vergangenheit produzierte Produkt (vgl. Abb. 12-12). Die Ausführungszeit auf einem RISC-Prozessor T für ein bestimmtes Programm läßt sich durch folgendes Produkt berechnen (vgl. LV 11.23 S. 30): (12-5)

T = i

• cpi



t,

dabei stellt i die Zahl der Befehle des Programms, cpi die Anzahl der Taktzyklen, in der ein Befehl abgearbeitet wird und t die Zeit pro Taktzyklus dar. Die Optimierung des cpi geschieht durch das vom Supercomputing entlehnte Pipelining. Durch mehrstufige Pipelines können verschiedene Bearbeitungsstufen aufeinanderfolgender Befehle - Laden, Entschlüsseln, Ausfuhren - gleichzeitig erfolgen, so daß sich die Ausfuhrungszeit erheblich verkürzen kann gegenüber den konventionellen Computern, die mit der Bearbeitung warten, bis der laufende Befehl völlig abgearbeitet ist. RISC-CPUs sind nicht nur schneller, sondern können auch mit weniger Aufwand und demnach kostengünstiger gebaut werden als CISC-CPUs. Insgesamt läßt sich hierdurch das Preis-Leistungs-Verhältnis der RISC-Computer gegenüber den CISC-Computern erheblich verbessern. Neben den hardwareabhängigen computerinternen RISC- und CISC-Befehlen gibt es die computerexternen Makros, d.h. Befehlsketten, • welche durch eine kurze Tastenfolge abgerufen werden und • welche - eventuell selbstprogrammiert - die Befehlseingabe am Computer vereinfachen. Speicher dienen zur Aufbewahrung von Dateien (ein Kunstwort aus Daten und Kartei) vor, während und nach ihrer Verarbeitung in der CPU. Der Arbeitsspeicher, auch Haupt- oder Zentralspeicher genannt, hält alle Daten fest, die der Rechner braucht oder erzeugt, und zwar auf geordneten Speicherplätzen, Adressen genannt. Die Speicherverwaltung selbst erfolgt durch die Memory Management Unit (MMU). Arbeitsspeicher, praktisch das "Kurzzeitgedächtnis" des Computers, besitzen gewöhnlich eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit, aber wegen der hohen Kosten eine geringe Kapazität. Daher gibt es zusätzliche Massenspeicher, auch externe oder periphere Speicher genannt, mit langsamen Arbeitsgeschwindigkeiten, aber großer Kapazität. Sie dienen • zur Speicherung großer Datenbestände, etwa der Buchhaltung, • zur Zwischenspeicherung von Daten, wenn der Arbeitsspeicher nicht ausreicht, • zur Zwischenspeicherung von nicht laufend benötigten Unterprogrammen. Der Cache-Speicher ist ein zwischen Arbeitsspeicher und Prozessor geschalteter sehr schneller Speicher mit der Aufgabe, die neueren hochleistungsfähigen Mikroprozessoren in den erforderlichen kurzen Zugriffszeiten zu versorgen. Der Cache-Speicher nimmt den jeweils im Programmablauf aktuellen Arbeitsbereich (Working Set) auf: das sind sowohl momentan bearbeitete Programmteile wie auch momentan bearbeitete Datenteile (sog. Datencluster).

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

125

Der Cache-Speicher kann • aus einem zusätzlichen Hardware-Speicher bestehen, er kann aber auch • programmäßig im vorhandenen Speicher eingerichtet werden. Im letzteren Fall zweigt der Cache-Speicher einen Teil des Arbeitsspeichers für sich ab, so daß der Arbeitsspeicher mindestens 1 MB betragen sollte; sonst reicht der Speicher für die Arbeit mit den gängigen Programmen unter MS-DOS nicht aus, das 640 KB benötigt. Bei Großrechnern ermöglicht das Verfahren des "virtuellen" Speichers mit einem Programm zu arbeiten, das erheblich größer ist als der physikalisch vorhandene Speicherraum, indem der Arbeitsspeicher, sobald er eine Information aus dem Massenspeicher benötigt, nicht nur diese Information, sondern eine gewisse "Umgebung" dieser Information einliest in der Erwartung, daß diese weiteren Informationen bald benötigt werden (der Begriff "virtuell" stammt aus der Physik und bezieht sich auf nur indirekt nachgewiesene Phänomene). Die MMU nimmt dabei die Adressumrechnung zwischen virtuellem und physikalischem Speicher vor. Die Speichermedien beruhen auf dem Prinzip • der inzwischen überholten Lochkarte, • des magnetischen Speichers, den Vladimir Poulson bereits 1898 erfand, - den ersten analog arbeitenden Magnetspeicher entwickelte AEG in den Zwanziger Jahren - das mit Eisenoxid beschichtete Magnetband wurde 1935 eingeführt, - von der IBM kamen 1957 der Plattenspeicher und 1970 die Diskettenstationen, - DAT- und Video-Recorder, • des Mikrofilms (vgl. 1.2.2.8), • des CD-Speichers (Compact Disc) unter Verwendung von Laserstrahlen, • der Chipkarte. Die Speichermedien sind je nach spezifischer Leistungsfähigkeit zu wählen. Magnetbandspeicher besitzen eine große Kapazität und sind zudem kostengünstig. Sie arbeiten aber langsam, da sie nur den seriellen Zugriff gestatten, d.h. sie sind jeweils bis zu der gewünschten Stelle abzuspulen. Magnetplattenspeicher gestatten den schnellen direkten Zugriff (den sog. wahlfreien Zugriff) wie auch die Disketten (Floppy Disk). Sie zählen zu den RAM-Speichern (Random Access Memory), wie auch die nach der Magnetplattentechnik funktionierenden Harddisks (HD bzw. HDD von HD Drive), auch Festplatten genannten. RAM-Speicher gibt es auch in Form von DRAMs (Dynamic RAM auf der MOS-Halbleitertechnologie), bei denen die als Ladungszustände notierten Informationen ständig erneuert (refreshed) werden müssen, und in Form von sRAMs (von static RAM auf der Bipolar-Halbleitertechnologie). Die schnellen sRAMs werden als Zwischenspeicher (Puffer) und in Systemen zur Spracherkennung und Bildverarbeitung eingesetzt. Der von der IBM produzierte 16-Megabit-DRAM-Speicherchip speichert auf 7,8 x 18,6 Millimeter 16.777.216 Bits, die in l/25stel Sekunden abgerufen werden können. Während die RAMs ständig neubeschrieben werden können, lassen sich die ROM-Speicher (Read Only Memory) nur einmal beschreiben. PROM (Programmable ROM) besagt, daß der Anwender den Inhalt des Nur-Lese-Speichers selbst eingibt. EPROM-Speicher (Erasable PROM) können durch starkes ultraviolettes Licht gelöscht und anschliessend wieder programmiert werden durch "Schießen". Sie eignen sich u.a. zur Steuerung von Robotern. EEPROMs (Electric EPROM) lassen sich durch einen elektrischen Impuls löschen. CD-ROMs, auch Opto-Disks genannt, speichern die Daten nach Standards: • nach dem High-Sierra-Standard, benannt nach dem gleichnamigen Hotel am Lake Tahoe, USA, in dem sich 1985 Firmenvertreter zu Standardisierungsgesprächen trafen; • nach dem inzwischen weiterentwickelten ISO-9960-Standard; in Zukunft eventuell - nach dem CD-DA Standard (CD-Digital Audio), der das Datenformat der herkömmlichen Audio-CDs normiert, - nach dem CD-I Standard (CD-Interactive), welcher Videomöglichkeit besitzt und interaktives Multimedia gestattet (vgl. 1.2.2.4), - nach dem CD-XA Standard (CD-Extended Architecture), der die parallele Ausgabe von Tonund Bilddaten gestattet, - nach dem CD-G Standard (CD-Graphic), der die Audio-CD mit Standbildern normiert.

1 26

1. Hauptteil:

Einführung

Bei CD-Laufwerken wie WORM (Write Once Read Many) kann der Nutzer die Daten nur einmal selbst eingeben etwa zu Archivierungszwecken, aber dann nicht wieder löschen (OPTPROM). Seit Ende 1988 gibt es lösch- und wiederbeschreibbare Opto-Disks. Opto-Disks (MO = magnetoptische Platten) weisen große Kapazitäten, niedrige Kosten je Informationseinheit und große Datensicherheit aus, sie arbeiten jedoch (noch) relativ langsam. CD-ROM-Laufwerke können unterschiedlich am Computer angeschlossen werden: • solitär, d.h. alleinstehend, oder • in einem Einbauschacht, bei PCs etwa im Einbauschacht für ein 5,25-Zoll-Disketttenlaufwerk. Im Arbeitsspeicher befinden sich gewöhnlich ROMs zum Booten (Starten) und zum Betreiben des Computers und seiner Peripheriegeräte durch das sog. BIOS (Basic Input Output System) sowie RAMs, in denen sich z.B. adle auf dem Bildschirm gezeigten Informationen befinden. Da das ROM relativ langsam arbeitet, laden verschiedene Computer nach dem Starten das BIOS ins schnellere RAM. Die Entstehung des BIOS reicht zurück in das Jahr 1957, als mit dem 705 Iii-Computer von IBM zu seinem leichteren Starten ein Programmpaket mit dem Namen IOCS (Input Output Control System) angeboten wurden, das u.a. die eingegebenen Dateien pufferte und sie vor dem zerstörenden Überschreiben schützte. Nach J. Petri (vgl. Maschinenmarkt 1991/38 S. 47) sind Speichermedien generell nach folgenden Anwenderkriterien zu beurteilen: • Standardisierung: dies ist Voraussetzung für die Übertragbarkeit von Daten innerhalb von Systemen, aber auch zwischen verschiedenen Systemen, die Voraussetzung für die hochkomplexere und kostensparende Organisation des Betriebs. • Datensicherheit: es ist auf Sicherung vor mutwilliger oder unbeabsichtigter Zerstörung von Daten bzw. vor unbefugtem Zugriff auf die Daten zu achten. • Informationsretrieval: es ist auf einfache und schnelle Rückgewinnung der benötigten Informationen aus dem Speicher zu achten. • Informationsverteilung: das Speichermedium soll eine sichere Verteilung der Informationen an die benötigten Stellen in der Online- bzw. Offline-Bearbeitung unterstützen. • Datenaktualität: das Speichermedium soll die schnelle Anpassungsmöglichkeit der Daten an den aktuellen Stand zur fundierten Entscheidungsfindung unterstützen. • Wirtschaftlichkeit: das Speichermedium soll einer Kosten-Nutzen-Analyse bezüglich seines konkreten Einsatzes standhalten. HL Ausgabegerät(-einheiten). Die Datenausgabe kann auf denselben Geräten wie die Dateneingabe erfolgen. Zusätzlich gibt es vor allem Plotter d.h. Zeichengeräte zur Ausgabe von Konstruktionszeichnungen und von Diagrammen sowie Drucker. Selbst moderne Schnelldrucker halten nicht mehr Schritt mit der hohen Arbeitsgeschwindigkeit der Zentraleinheiten, so daß sie ähnlich wie die Eingabeeinheiten einen Engpaß der EDV darstellen. Mit E/A (Eingabe/Ausgabe = I/O von Input/Output) wird generell der Datenaustausch zwischen CPU und seiner Peripherie bezeichnet. Die Peripheriegeräte benötigen spezielle Programme (Schaltungen), Treiber genannt, um die von der CPU kommenden Signale verwerten zu können. Die E/A-Geräte markieren auch die Benutzerschnittstelle mit dem Computer, über die der Benutzer mit dem Computer kommuniziert etwa mit Hilfe der Menütechnik. Die Bedieneroberfläche eines Programms sucht vor allem die graphischen Möglichkeiten des Bildschirms mit Hilfe von sog. Eingabe-"Masken" zu nutzen. Hierzu steht gewöhnlich eine Software-Tool-Box (SoftwareWerkzeugkasten) zur Verfügung. Auf Eingaben des Benutzers reagiert zunächst der sog. EventManager. Je nach Art der Eingabe kommen dann andere "Manager" (= Funktionen) zum Zuge: • der Text-Manager mit Funktionen zur Textmanipulation; • der Window-Manager zum Aufbau und zur Manipulation von (Bildschirm-)Fenstern; • der Maus-Manager mit Funktionen zur Manipulation der Maus; • Dialog-Manager, Menü-Manager, Font(= Zeichenarten)-Manager, etc. Eine standardisierte graphische Benutzeroberfläche für Kleincomputer gibt es nicht, vielmehr nur betriebssystemspezifische Nutzeroberflächen (vgl. 1.2.2.3): • MS-Windows für MS-DOS; • Presentation Manager für OS/2; • X-Windows unter Unix.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

127

Erhebliche Bedeutung hat MS-Windows ab der dritten Version gefunden, da diese Benutzeroberfläche die Computernutzung mit Hilfe von Symbolen (Icon) erheblich erleichtert und so beträchtliche Einarbeitungskosten sparen hilft. Allerdings erfordert sie wie das Konkurrenzprodukt GeoWorks von Digital Research erhebliche CPU-Leistungen. Von der E/A her gesehen ist der Computer a) eine Maschine, die für den Benutzer Informationen manipuliert und so neue Infomationen generiert, oder b) eine Maschine-Maschine, die andere Maschinen steuert (vgl. u.a. 1.2.2.11, 3.4.3.4). Bussystem des Computers CPU und Peripheriegeräte sind mittels genormter Schnittstellen (Interfaces) mit einander zu verbinden. Die entsprechenden elektrischen Verbindungen tragen die Bezeichnung "Bus" von der angelsächsischen Bezeichnung "bus bar" für eine Sammelschiene zur elektrischen Versorgung von Verbrauchern über Abzweigungen. Über den Bus kommunizieren im Computer drei Arten von Informationen: 1.) Daten (Datenbus); 2.) Adressen, unter denen die entsprechenden Daten zu finden sind (Adressbus); 3.) Steuerimpulse (Steuerleitung). Gemäß der Bushierarchie bei Computern verbindet •der Systembus die Teile der CPU miteinander, • der E/A-Bus über sog. Ports die CPU mit den Peripheriegeräten, • der Netzbus mehrere EDV-Anlagen untereinander. Die Übertragsgeschwingkeit von Daten bei Computern von einer Stelle zur anderen wird in Baud = Bit pro Sekunde (b/s) gemessen. In der Praxis gibt es verschiedene genormte Bussysteme u.a. den IEC-Bus von Hewlett-Packard mit 8 Datenleitungen und 5 Steuerleitungen, auch unter der Bezeichnung HPIB, GPEB oder IEEE488 bekannt, den VME-Bus (Versa Module Europe) mit den Varianten VMX-, VSB- und VMSBus, den RS 232 Bus. Letzterer ist ein serieller E/A-Bus, der die Daten jeweils ein Bit nach dem anderen über sog. serielle Schnittstellen etwa zu einem Modem bei der Datenfernverarbeitung überträgt. Eine Parallelschnittstelle, etwa von der Firma Centronics, gibt einen Anschluß für sog. Paralleldnicker und überträgt dabei jeweils 1 Byte. IBM hat für ihre PC-Familie PS/2 einen rechtlich geschützten besonders leistungsfähigen 32-Bit-Bus, den Mikrokanal (MCA = Micro-ChannelArcMtecture) entwickelt und ihn 1987 vorgestellt, dem 1989 ein Zusammenschluß verschiedener anderer Computerhersteller den Eisa-Kanal (Extended Industry Standard Architecture) entgegenstellte, ebenfalls ein 32-Bit-Bus, der rückwärtskompatibel zum alten 1981 von der IBM eingeführten ISA-Bus, ein 8- bzw. 16-Bit-Bus, ist, gleichzeitig aber auch erheblich leistungsfähiger u.a. in bezug auf einen erhöhten Datendurchsatz, auf parallele Arbeit mehrerer Prozessorsysteme. Seit dem Aufkommen von MCA und Eisa gibt es keinen einheitlichen Industriestandard für BusArchitekturen auf dem PC mehr. Dazu gibt es auf die peripheren Komponenten des Computers wie high resolution graphics, digital video, extra disk drives und local area network connections abgestimmte neuere Bus-Architekturen: • den VESA-Bus (Video Electronics Standard Assosciation), der nur für den Local Bus des PCs gilt und dabei die Graphikausgabe und den Prozessor im Prozessortakt (50 MHz) verbindet; • der NuBus für die Mac-Computer von Apple; • den PCI-Bus (Personal Computer Interconnect), der weitgehend von Intel' s Architecture Labs in Hillsboro, Oregon, entwickelt als der künftige Standard-Bus der Intel-basierten PCs und auch für die PowerPCs gilt. Hardware-Typen Für die betriebliche Nutzung haben sich folgende Hardware-Typen der EDV herausgebildet: 1. Main Frames. Es handelt sich dabei um Großrechner mit großer Speicherkapazität, mit hoher Rechengeschwindigkeit und mit universeller Anwendbarkeit. Bei den Main Frames ist IBM der Hauptanbieter mit den Systemen S/360, S/370 und S/390. Die Main Frames ermöglichen als Zentral-Computer • die Verwaltung von großen Datenbasen, auf die direkt zugegriffen werden kann, und

128

1 Hauptteil:

Einführung

• sie koordinieren eine größere Zahl von Peripheriegeräten wie Großdrucker, Terminals. Das Anwender-System AS/400 von IBM deckt den Midrange-Bereich ab, auch mittlere Datentechnik (MDT) genannt. Es dient vor allem als Nachfolgesystem der /34, /36 und /38 Computer von IBM. Die sog. Supercomputer leisten 4 - 5 Milliarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde (sog. Giga-flops). Diese Hochleistungscomputer werden in der Forschung, bei der Erdölexploration, in der Luft- und Raumfahrt, an den Universitäten usw. eingesetzt. •Computerbeispiele: Cyber 205 von Control Data; Cray-1 und X-MP von Cray Research; IBM 4341; Siemens 7.570-G. Als die schnellsten Supercomputer mit etwa 100 - 120 MIPS gelten System 5990 Model 1400 von Amdahl und die Sechsprozessor-Version 3090 Model 600J von IBM. 2. Minicomputer. Hierzu zählen die Prozeßrechner und die Workstations (WS). Workstations sind dedizierte d.h. auf Spezialaufgaben hin konzipierte Arbeitsstationen vor allem durch Verwendung spezifischer (RISC-) Bausteine. Hochleistungsfähig in ihrem speziellen Aufgabengebiet, etwa in der Graphikauflösung, sind Work Stations praktisch unbrauchbar für andere Aufgaben. Prozeßrechner sind Computer, die im Direktverkehr, sog. Online-Betrieb, Maschinen und Anlagen steuern. Beispiele für Prozeßrechner (vgl. 3.4.3.4.): VAX-Familie und PDP-11/83 von Digital Equipment Co. (DEC); Systemfamilie 88xx und UNIXProduktfamilie Targon von Nixdorf; HP 1000 A/400 von Hewlett-Packard; IBM System /l. Beispiele für Workstations: Sicomp von Siemens (vgl. 3.2.3.4); SPARCstation 1 von Sun mit geringen Abmessungen wegen Verwendung der raumsparenden ASIC-Technologie, RISC-Prozessor, virtueller Cache-Speicher von 64 KByte, Hauptspeicher 8 MByte RAM aufrüstbar, Datentransfer 12,5 Mips; Sony-Workstation 1530 MO: hochauflösender Farbmonitor (1024 x 786 Punkte), 600 MB-Opto-Disk, 40 MB-Festplatte, Betriebssystem Unix mit X-Windows; System IBM 6150 mit RISC-Prozessor, Datentransfer 5,6 Mips, 32-Bit-Prozessor, Unix-Derivat AIX (Advanced Interactive Executive) als Betriebssystem; Decstation 5000/100 von DEC mit Leistungen von 21,7-26,8 Mips und einer herausnehmbaren CPU, so daß dieses System stets mit dem neuesten CPU-Typ bestückbar ist. 3. Mikrocomputer. Hierzu zählen Home Computer und Personal Computer. Als erster PC kann der 1975 von der Firma MITS verkaufte Altair angesehen werden. Wirtschaftliche Relevanz und seine Bezeichnung erhielt der PC jedoch erst mit dem "Apple II", der von den Studenten Steve Jobs und Steve Wozniak in einer Garage entwickelt wurde. Der PC ist technisch-wissenschaftlich wie auch kommerziell einsetzbar. Er ist eine Kombination aus Monitor, Schreibmaschinentastatur ergänzt durch Funktionstasten (Keyboard) und Kleincomputer. Die CPU ist auf einem Chip untergebracht (Fairchild erstmals in 1978). IBM, der Gigant bei den Großcomputern, begründete herausgefordert durch den Erfolg des Apple II die Hardware-Industriestandards für die PCs mit der Einführung des IBM PC-XT (PC-Extended) in 1981 mit einer 8086 CPU (8-Bit-Prozessor) von Intel, zunächst mit einer Taktrate von 4,7, die später auf 8 erhöht wurde, 0,5 - 1,5 MIPS, mit dem offenen I/OBus von IBM und mit dem Betriebssystem MS-DOS Version 1, dessen Basis von der Seattle Computer Products als 8-Bit-System unter der Bezeichnung SCP-DOS entwickelt worden ist, es wurde dann von der Firma Microsoft gekauft und von ihr zu einem der größten Businesses der Wirtschaftsgeschichte weiterentwickelt. Im Jahre 1984 folgte als High-End-Klasse der IBM PC-AT (PC-Advanced Technology) mit der CPU 80286 (vgl. Abb. 12-12), vornehmlich ein 16Bit-Prozessor, Taktrate 6 bzw. 12, 1,5 - 3 MIPS, der eine dreifach größere Leistung bot als der XT. Im Jahre 1986 folgte die 80386-CPU, vornehmlich ein 32-Bit-Prozessor, Taktrate 16 bzw. 32, 4 - 8 MIPS. Die 80386SX-CPU ist ein kostengünstiger Zwitter, der intern wie eine 80386und extern wie eine 80286-CPU aufgebaut ist. Die 80486-CPU von 1989 (vgl. Abb. 12-13) zeigt das inkrementale Prototyping der Computerentwicklung; sie baut leistungsverbessert auf der vorhergehenden 386er CPU und besitzt nun standardmäßig einen mathematischen Coprozessor sowie einen schnellen Cache-Speicher. Da IBM frühzeitig die Spezifikationen für ihre XTs und ATs insbesondere für den ISA-Bus offenlegte, entstanden schnell PCMs (Plug Compatible Manufacturer), die mit ihren "Clones" leistungsfähige IBM-kompatible Konkurrenzprodukte brachten. Dadurch wurde das Spektrum der PCs explosionsartig ausgeweitet, Jedoch unterhöhlte IBM ihre bis dahin ausgeübte unbestrittene Herrschaft auf dem Computergebiet, da sie nicht die Rechte der PCIngredienzien an sich brachte. Der "persönliche" Besitz des PCs war zeitweilig Statussymbol für höhergestellte Personen im Betrieb;

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

129

Abb. 12-12: Vergleich von Intel-CPUs (entn. PC Praxis 5/91 S. 42, ergänzt) Rechengeschwindigkeit in M H z gemäß Landmark 1.12 140 120 117

100 89

80 60 55

40 41 20

28 20

286/12 386SX/16 386/25 386/25C 386/33 486/20SX 486/25 Pentium Legende: SX = ohme mathem. Coprozessor; C = externer Cache-Sp.

Abb. 12-13: Schematischer Aufbau des i486 Mikroprozessors von Intel (entnommen hp-Swing, Sonderausgabe 1990, S. 11) 3 8 6 ™ Microprocessor Memory Management and Paging Unit

8K Byte SRAM Cache

Cache Clock

1

Enhanced 3 8 7 ™ Math Coprocessor

Control

Enhanced 3 8 6 ™ Microprocessor Integer Execution and Instruction Decode Units

TM = Trade Mark = Markenzeichen • Beispiel für den PC-XT: Atari PC3 mit einer 8088 CPU von Intel ausgestattet, 32 K B ROM, Arbeitsspeicher mit 512 bis 640 K B RAM standardmäßig, 30 MByte Festplatte und Intel 8087 arithmetischer Koprozessor zur Beschleunigung der Rechenoperationen optional, der auf MS-DOS als Betriebssystem festgelegt eher schon zu den Home-Computern zählt. • Beispiele für den PC-AT: 1.) Der Deskpro 386/25 von Compaq ist mit einem 80386 Prozessor, einem 16-Bit-Prozessor, von Intel ausgestattet, Koprozessor optional. Mit 25 Megahertz erreicht er zur Zeit der Einführung sehr hohe Verarbeitungsgeschwindigkeiten, die durch einen Cache-Speicher von 32 KB bestückt mit sehr schnellen RAM-Speichern unterstützt werden. Der Arbeitsspeicher von 1 M B ist auf 16 M B erweiterbar. Die Festplatte von 112 oder 300 M B kommuniziert über eine ESDISchnittstelle (Enhanced Small Device Interface). 2.) Der Macintosh II von Apple ist mit einem 68020 Prozessor von Motorola bestückt und besitzt einen Arbeitsspeicher von mindestens 1 MB, der mittels Speicherkarten auf 2 Gigabyte ausbaubar ist. Ein als besonders benutzerfreundlich geltendes Betriebssystem ist in einem 256-KB-ROMFestwertspeicher untergebracht. Festplatten mit bis zu 80 MByte kommunizieren über die schnelle, von der I B M entwickelte SCSI-Schnittstelle (Small Computer Systems Interface).

130

1. Hauptteil:

Einführung

3 .) Sind die bisher aufgeführten PCs allesamt Tischgeräte (sog. Desktops), so ist das Modell 80 der PS/2 Serie von IBM ein hochkantiges Bodenstandgerät mit dem Prozessor und den Speichern, Tower genannt, welcher unter oder neben dem Schreibtisch aufstellbar ist. Der Mikroprozessor ist ein 80386 von Intel, je nach Ausfuhrung mit 16 oder 20 Megahertz getaktet. Der Arbeitsspeicher umfaßt 1 oder 2 MByte RAM. 4.) Der Zenith TurbosPort 386 ist ein Mobil-PC im HandkofFerformat. Er besitzt einen hochklappbaren 10,5 Zoll LCD-Bildschirm (Liquid Crystal Displays), der hinterleuchtet ist, so daß die Zeichen gut erkennbar sind. Der Akku reicht wegen der Sparschaltungslogik und wegen der verwendeten CMOS-Chips (Complementary MOS), die sich durch geringe Wärmeentwicklung und durch geringen Stromverbrauch auszeichnen, für 4 Stunden Arbeit aus. Tragbare PCs gibt es in verschiedenen Formen: • Laptops mit Akkubetrieb und einem Gewicht von etwa 4,5 kg; • Portable, die auf Steckdosenanschluß zurückgreifen, die jedoch wegen der besseren Stromversorgung leistungsfähigere Bildschirme besitzen; • Notebooks sind kleiner; diese mobilen Rechner passen in die Aktentasche - der NotebookComputer Compaq LTE z.B. besitzt einen 20 MB HDD, 1.44 3.5" FDD, 640 KB RAM und typische 2,5 kg Gewicht; • Notepads verzichten auf eine Tastatur; stattdessen wird die Handschrift mittels Griffel auf eine Folie geritzt und vom Computer "erkannt". 4. Dedizierte Systeme Sie ermöglichen den Computereinsatz für Sonderanwendungen etwa bei Robotern, in Autos, in der Konsumelektronik, in der Konstruktion (vgl. 3.2.3.3), bei "intelligenten" Laborsystemen, bei der Gebäudeautomation (vgl. 1.2.3.4). Verschiedene Geräte werden von Chips "weich" gesteuert, die auf der sog. Fuzzy Logic beruhen (übersetzt: weiche Logik). Das Grundprinzip der FuzzyLogic deckte der in den USA lebende iranische Mathematiker Lofti A. Zadeh auf, der nissischer Abstammung ist. Er setzte an die Stelle der klassischen Logik, die nur zwei Werte kennt: ja - nein; wahr - falsch, eine gewisse Unscharfe, übesetzte unscharfe Begriffe in Zahlen und manipulierte sie dann nach den Regeln der klassischen Logik. Die sog. Linguistische Variable ergänzt dabei die Ausprägung der klassischen Logik wahr/falsch mit umgangssprachlichen Wertungen wie ziemlich wahr, nicht richtig falsch und ordnet ihnen exakte (Zwischen-)Werte zu, mit denen gerechnet werden kann. Damit paßt sich die Mathematik dem menschlichen Denken an. Unter Fuzzy-Logic i.e.S. ist der mathematische Regelsatz zur Verknüpfung der Linguistischen Variablen zu verstehen. Dabei ist keine Modellierung des Gesamtprozesses mehr erforderlich; vielmehr werden z.B. zur Fuzzy-Control regelungstechnische Aufgaben mit Hilfe der Fuzzy-Set-Theorie gelöst, bei der Meßwerte, Stör- und Regelungsgrößen als Linguistische Variablen aufgefaßt und nach bestimmten Regeln miteinander verknüpft werden. Vorwiegend in den USA und in Europa wurde zwischen 1965 und 1985 zwar die von Zadeh initialisierte Theorie unscharfer Mengen theoretisch weiter begründet - inzwischen liegen etwa 15.000 Veröffentlichungen darüber vor (vgl. LV 11.85 S. 31) - , doch kam es hier zu keiner praktischen Anwendung. Lediglich in Japan wurde die 1972 in England entwickelte Fuzzy Control zur regelungstechnischen Anwendung der Idee von Fuzzy Expertensystemen aufgegriffen und in die Praxis umgesetzt. Japanische Unternehmen gründeten unter der Federführung des Miti das LEFE-Institut (Laboratory for International Fuzzy Engineering Research). Sie schufen verschiedene Chips (Fasics), die auf der Basis der Fuzzy-Logic funktionieren, um den sonst für die Anwendung der Fuzzy-Logic erforderlichen hohen Rechenaufwand zu unterlaufen, und die anstatt einer abrupten Ja-Nein-Entscheidung Werte für bis zu 255 Zwischenstufen speichern (vgl. LV 11.58 5. 18). Als erstes Unternehmen setzte Hitachi 1987 die Fuzzy-Logic bei einer U-Bahn in Sendai ein. 1987 wurde in Tokio auch der erste Fuzzy-Computer - ein Analogrechner - vorgestellt. Mit dem Fuzzy-Logic-Chip können abrupte Übergänge z.B. bei der Liftsteuerung vermieden und sanfte Landungen bei einem insgesamt schnelleren Tempo erreicht werden. Züge fahren mit diesem Chip nicht mehr abrupt, sondern sanft an und sparen dabei Energie, ebenso Autos, deren Automatikgetriebe durch eine Fuzzy-Logic gesteuert wird. Heute werden Chips mit der Fuzzy-Logic auch in Mikrowellenherden, bei Camcordern, etc. verwandt. Da die empirischen Wissensbasen, welche bei der Fuzzy-Logic Eingang finden, in kulturellen Abhängigkeiten stehen, können z.B. für Japan konzipierte Produkte mit Fuzzy-Logic-Chips nicht immer optimal in Europa genutzt werden, da sie als nicht lernfähig gelten.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

131

Inzwischen liegt umfangreiche Hardware in Form von Fuzzy-Prozessoren und -Co-Prozessoren vor (vgl. Elektronik 4/1996 S. 73). Die kalifornische Firma Togai Infralogic bietet Fuzzy-LogicProgramme für normale PCs und Workstations an, mit denen die Unternehmen auf dem Fuzzy-Logic-Sektor experimentieren können, dazu auch eine Beschleunigerkarte mit einem speziellen Coprozessor, der pro Sekunde bis zu 370.000 fiizzy-logische Schlüsse ziehen kann. Expertensysteme, die auf Fuzzy-Logik aufbauen, können flexiblere Schlüsse ziehen als etwa konventionelle Expertensysteme (vgl. 1.2.2.5), so z.B. Cadiag-2, das Krankheitsdiagnosen erstellt zu Wahrscheinlichkeitsangaben wie z.B.: Bauchspeicheldrüsenkrebs liegt mit 80%iger Wahrscheinlichkeit vor. Hardware Trends Für die EDV-Hardware lassen sich folgende künftige Trends anmerken: • Während in der Vergangenheit in den Betrieben die Großcomputer dominierten, gehört die Zukunft eher den PCs im Rechnerverbund (vgl. 1.2.2.6), ohne daß allerdings die Main Frames für spezielle arbeitsaufwendige und hochkomplexe Aufgaben völlig zu ersetzen sind. An die PCs gehen allerdings schon über 40% des DV-Umsatzes. • Supercomputing in Form der Parallelverarbeitung a) als einfache Parallelverarbeitung etwa mit Hilfe des Super-Mikroprozessors i860 von Intel, der u.a. aus den drei internen Prozessoren Risc-Integer-Schaltung, Fließkomma-Einheitund Graphik- Modul besteht, der aber auch die VLIW-Architektur verwendet; b) als "massive" Parallelverarbeitung, bei der gleichzeitig hunderte, wenn nicht sogar tausende von Prozessoren große mathematische Probleme in eine Vielzahl von Teilproblemen zerlegen und diese "parallel" und nicht - wie bisher - "seriell" überaus schnell einer Lösung näherbringen, wobei ein derartiger Supercomputer vornehmlich die Funktion eines "Rechners überübernimmt, so daß er eventuell im Tandem mit Mainframes als "Speichermaschinen" einzusetzen ist; c) als "speichererweiterter massiver Parallelverarbeiter", der supercomputing Mainframe der Zukunft. • Supercomputer bewegen sich in der Entwicklung auf die Workstations zu wie etwa das System 500 von FPS Computing, ein SPARC-Rechner mit je nach Konfiguration bis zu 84 RISC-Chips des Typs ¡860 und einem Leistungsvermögen zwischen 67 und 533 Mips. • Workstations und PCs vereinen sich zu Personal Workstations. • Die schon totgesagte Mittlere Datentechnik erlebte im Anwendersystem AS/400 der IBM sowie ihrer Nachfolgemodelle - vor allem in Verbindung mit dem angebotenen Datenbanksystem eine gewisse Renaissance, und zwar mit erheblich höherer Wertschöpfung für die IBM, als die konkurrierenden Wettbewerber mit alternativen Workstations und High-End-PCs erzielen. EDV-Konfigurationen Generell sind in der EDV vier Hardware-Konfigurationstopologien (Gerätezusammenstellungen) erkennbar: • EDV-Hardwaretopologie I: Der Stand-alone Rechner. • EDV-Hardwaretopologie II: Die zentrale hierarchische Konfiguration, bei der von der höchsten Hierarchiestufe aus ein Hochleistungscomputer die unteren Stufen dirigiert. • EDV-Hardwaretopologie III: Die dezentrale solitär vernetzte Konfiguration, bei der sich die Netz-teilnehmer gegenseitig unterstützen. • EDV-Hardwaretopologie IV: Die zentral-dezentral teilhierarchisch vernetzte Konfiguration, bei der ein hochleistungsfähiger Hostrechner die Netzteilnehmer, die eine eigene "Intelligenz" besitzen, zentral unterstützt, und welche als Mischsystem, als sog. Client-Server-System, die größte Flexibilität und die größte Leistungsfähigkeit aufweist (vgl. 1.2.2.3), so daß es sich zur Steuerung hochleistungsfähiger Systeme wie flexibel automatisierte Fertigungssysteme eignet (vgl. 3.4.3.4). Der PC wiederum ist selbst in vielfältigen Hardware-Konfigurationen einsetzbar: 1.) Als Datenstation im Online-Verkehr (Direktverkehr) mit Großrechner für Datenbankabfragen. 2.) Als intelligente Datenstation (sog. periphere Intelligenz) mit Hostanbindung, bei der die Daten zentral im Hostrechner, ein zentraler Großrechner, gespeichert, von dort entnommen und dezentral über die Software des PCs weiterverarbeitet werden (vgl. Abb. 12-14). Voraussetzung für eine durchgängige PC-Host-Kopplung sind einheitliche "Benutzeroberflächen" z.B. bei der Befehlsein-

1 32

/. Hauptteil:

Einführung

gäbe, bei den Funktionstasten. Der Datentransfer vom Host zur Peripherie, etwa zum PC, wird als "Downloading" bezeichnet, der Datentausch zwischen Teilsystemen als "Down- and Uploading". 3.) Als Stand-alone-Rechner, wenn sich bestimmte Daten über den PC effektiver speichern lassen. 4.) Als Kommunikationsendgerät in Verbindung mit anderen Anwendungen, etwa Bildschirmtext (Btx) mit Anschluß an das Datex-P-Netz der Bundespost (vgl. 3.3.3.4) oder Electronic Mailbox, bei der Kommunikationsuntemehmen weltweit Verbindungen mit externen Datenbanken, zu Geschäftspartnern oder zu Dienstleistungsunternehmen mittels Passwortes herstellen. Abb. 12-14: Zentrale/Dezentrale EDV-Organisation (beim CAD) d e z e n t r a l e interaktive g r a f i s c h e

Pläne

Arbeitsplätze

Listen

Durch die Anbindung von PCs an Großrechner oder an Hostrechner entstehen Rechnerhierarchien, in denen die PCs in unterer Stellung angesiedelt sind. Die Tendenz geht aber dahin, durch Dezentralisierung die Stellung der PCs zu verstärken (vgl. Tab. 12-6): 1.) Bei Ausfall einer höheren Hierarchiestufe etwa durch Unterbrechung einer Leitungsverbindung bleibt die Computerunterstützung für Fertigung und Büro weitgehend erhalten. 2.) Bei diesen Störungen reagieren PCs schneller und flexibler. 3 .) PCs lassen sich für Anwendungen im kleineren Rahmen besser spezialisieren und sind so leistungsfähiger. Nachteilig ist jedoch, daß sich bei PCs, insbesondere bei Stand-Alone-PCs, der Datenschutz (vgl. 1.2.2.7) schwieriger realisieren läßt als bei Großrechnern. Tab. 12-6: Spezifische Vor- und Nachteile von PCs und Großrechner (vgl. LV 11.12 S. 8): Vorteile: Nachteile: PC Niedrige K o s t e n Mangel an Koordin. u n d Kontrolle Schnelle Entwick. u n d Install. Schlechte Kompatibilität, DatenHohe N u t z e r a k z e p t a n z Übertragung, - f e r n ü b e r t r a g u n g Verfügb. von Standardsoftware K e i n Zugang zu z e n t r a l e n D a t e n Flexibilität/Transportfähigkeit Begrenztes Wachstumspotential Unabhängigkeit vom Großrechner Mangelnde Softwarewartung Großrechner Zugang zu z e n t r a l e n U n t e r n e h mensdaten Große S p e i c h e r k a p a z i t ä t Große R e c h e n g e s c h w i n d i g k e i t Kontrolle ü b e r die D a t e n Anwenderunterstützung Hohe N u t z u n g s f ä h i g k e i t v o n Geräten und Computernetzen Hohes Kommunikationspotential

Hohe K o s t e n Schlechte Reaktionszeiten Langsame E n t w i c k l u n g u n d lange VorlaufZeiten Schlechte N u t z u n g w e g e n schlechter Ü b e r s i c h t Hohe A n f ä l l i g k e i t des Systems Schlechte S o f t w a r e - E r z e u g n i s s e S c h l e c h t e r Zugang zum S y s t e m

133

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

Die ständig größer werdende Leistungsfähigkeit der PCs hat zum einen dazu geführt, daß sie die hochleistungsfähigen Workstations kostengünstig ersetzen, und zum anderen werden schon viele Großrechner-Programme auf den PC portiert, da PCs auch ein erheblich günstigeres PreisLeistungsverhältnis zum Großcomputer aufweisen. Unter Portabilität ist die Übertragbarkeit von Daten und Programmen auf unterschiedliche Rechner unter Verwendung genormter Programmiersprachen oder genormter Datenformate, z.B. IGES, zu verstehen. Dies führt zum sog. Downsizing, wenn dabei Großcomputer durch Kleincomputer ersetzt werden. Computer-Auswahl Es hängt vom konkreten Verwendungszweck ab, welche Hardware-Konfiguration zu wählen ist (vgl. Tab. 12-7). Bei Lohnabrechnungen großer Finnen sind große externe Speicher erforderlich, in der Konstruktion Bildschirmgeräte zum Dialogbetrieb und Plotter. Ein Benchmark-Test ermöglicht den Leistungstest der EDV-Hardware-Angebote verschiedener Anbieter darunter sog. OEMHäuser (Original Equipment Manufacturer), welche Produktkomponenten zusammenkaufen, sie ergänzen und das Gesamtsystem unter eigenem Namen verkaufen oder welche fertige Produkte kaufen und diese nur mit ihren eigenen Namen und Logo, letzteres ist ein Symbol als Finnen- oder Markenzeichen, versehen und dann verkaufen. Tab. 12-7: Einsatzeignung unterschiedlicher Personal Computer (vgl. LV 11.62 S. 7). Arbeitsleistung

/CPU

Textverarbeitung

PC/XT * *

PC/AT * * *

386SX

386

486

*

*

* * *

Datenbankverwaltung

*

* *

* * *

* * *

* * *

Tabellenkalkulation

*

* *

* * *

* * *

* * *

Netzwerksteuerung

-

*

* *

* * *

* * *

* * *

* *

*

* * *

* * *

* * *

*

* *

* * *

* * *

*

*

* *

Netz-Arbeitsplatz

* * *

CAD

-

Desktop Publishing

-

B i1dve rarbe i tung

-

- nicht geeignet

* geeignet

*

** gut geeignet

*

*

*

* *

*

*** sehr gut g.

Als Leistungsparameter der Angebote sind vor allem zu bewerten: • Verarbeitungsgeschwindigkeit, • vorhandene Speicherkapazität, • Erweiterungsmöglichkeiten, • Netzwerkfähigkeit, • Anschaffungs- und Wartungskosten. Diese Parameter sind im Einzelnen zu bewerten und zu einer Nutzwertanalyse auf der Basis der Punktebewertung zusammenzufassen, dabei ist eventuell eine Bewertung vom Engpaß her erforderlich, wenn ein Parameter besonders leistungsschwach erscheint und dem nicht abgeholfen werden kann (vgl. 2.2.4.2). Da sich die EDV-Hardware häufig in technologischen Sprüngen entwickelt, entstehen leicht Unverträglichkeiten zwischen alter Software und neuer Hardware. Damit die kostspielig für ältere Hardware-Modelle entwickelte Software nicht verfällt, bieten die Computerhersteller Emulatoren an. Dies sind spezielle Software-Programme, die zusammen mit der neuen Hardware laufen und dabei Unverträglichkeiten unterschiedlicher Prozessoren beheben. Dieses Emulieren kann allerdings den Programmablauf langwierig machen und erheblich verzögern. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-29 in Abschnitt 1.7!

134

1.Hauptteil:

Einführung

1.2.2.3 Computer-Software Software-Typen Unter Software sind signalverarbeitende Programmezu verstehen. Um optimale Programme (P 0 nt) zu erzeugen, sind die Algorithmen (Programmabläufe) auf die Datenstrukturen abzustimmen, für die sie zur Anwendung kommen (vgl. auch LV 10.7 S. 67): (12-6) P 0 p t = Algorithmus + Datenstruktur. Die Rechnersoftware läßt sich in zwei Gruppen gliedern: 1. Systemsoftware 1.1 Betriebssysteme; 1.2 Systemhilfsprogramme (Utilities); 1.3 Programmiersprachen (Compiler und Interpreter); 1.4 Treiberprogramme zur Geräteanpassung in Programmform wie z.B. Druckertreiber. Die Systemsoftware wird meistens von den Herstellern der Hardware oder von Softwarehäusern für bestimmte Rechner angeboten. 2. Anwendersoftware 2.1 Anwenderspezifische Software u.a. für bestimmte mathematische Lösungen, für die Prozeßsteuerung, welche der Anwender gewöhnlich selbst entwickeln muß; 2.2 Standardsoftware, welche am Markt zu erwerben ist und welche vor allem durch den Standardisierungserfolg der IBM bei den PCs entstanden ist: 2.2.1 für personale Anwendungen u.a. Tabellenkalkulation, Desktop-Publishing; 2.2.2 für bestimmte Bereiche im Betrieb u.a. Lohn- und Materialbuchhaltung; Beschaffung; CAD (vgl. 3.2.3.3, 3.3.3.3, etc.); 2.2.3 für bestimmte Branchen u.a. Handel, Banken in Kompaktform (vgl. 3.4.1.3). Software für eine Branchenlösung hat den Vorteil, daß sie verschiedene betriebliche Arbeitsabläufe wie Materialbestellung, Lagerverwaltung, Auftragsdisposition, Kalkulation und Rechnungserstellung zu einem in sich kompatiblen System zusammenfaßt und so zur stärkeren Integration der betrieblichen Arbeitsabläufe beiträgt. Da es sich aber um Standardprogramme handelt, macht ihre Implementierung, d.h. die Einrichtung des Programmsystems auf dem Computer, eventuell eine Anpassung in Form der Änderung der betrieblichen Arbeitsabläufe und Organisation erforderlich. Bei komplexen Aufgabestellungen sind für eine Tätigkeit Anwenderprogramme projektmäßig zu entwickeln (vgl. 3.6.3.4). Für die Erstellung eines neuen Programms ergibt sich folgender Ablauf: 1.) Ein Programmierer erstellt das Arbeitsprogramm für die Tätigkeit im logischen Ablauf. 2.) Dieses Programm wird in einer symbolischen höheren Programmiersprache z.B. COBOL geschrieben, die dem Anwender mächtige Makros (Befehlsketten) an die Hand geben und die er sinnvoll ohne größere innere Kenntnisse über die Programmierungslogik nutzt. 3.) Dieses sog. Quell(en)programm (Source Program) wird mit Hilfe eines Compilers oder bei Verwendung von Dialogsprachen wie APL und BASIC mit Hilfe eines Interpreters in eine computerspezifische Maschinensprache umgewandelt, deren Befehle der Computer "versteht". Assemblersprachen kommen den Maschinensprachen nahe, da sie gleiche oder ähnliche Befehle wie die Maschinensprachen haben. Für jeden Maschinentyp ist eine eigene Assemblersprache erforderlich. Der Programmieraufwand mit Assemblersprachen ist relativ hoch, kann sich aber für oft ablaufende (System-)Programme lohnen, da dann relativ wenig Speicherplatz benötigt wird. Programmiersprachen Nach DIN 44300 ist unter einer Programmiersprache "eine zum Abfassen von Programmen geschaffene Sprache" zu verstehen, wobei wiederum "Programm" als "eine zur Lösung einer Aufgaben vollständige Anweisung zusammen mit allen erforderlichen Vereinbarungen" definiert ist. Die höheren Programmiersprachen sind einerseits unabhängig von rechnergebundenen Befehlsstrukturen, andererseits aber problemorientiert konzipiert, so daß der Anwender ihre spezifischen Leistungen kennen muß, um sie betriebswirtschaftlich optimal einzusetzen:

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

135

• FORTRAN (Formula Translator) wurde bereits in 1954 bei der IBM entwickelt. Es wird vor allem im wissenschaftlich-technischen Bereich, z.B. für Prozeßrechner, aber auch in speziellen kommerziellen Bereichen angewandt. Fortran beinhaltet zahlreiche mathematische Formeln und arbeitet auf dem mathematischen Sektor mit großer Geschwindigkeit. • LISP (List Processing) wurde 1956 - 58 von J. McCarthy enwickelt. LISP eignet sich zur Darstellung von sog. rekursiven Algorithmen und wird deshalb heute auf dem Gebiet der "künstlichen Intelligenz" (vgl. 1.2.2.5) zum Verstehen natürlicher Sprachen oder der Wahrnehmung durch Computer eingesetzt. LISP diente zum Aufbau höherer Programmiersprachen, z.B. COBOL. • COBOL (Common Business Oriented Language) wurde 1959-61 von der Codasyl-Arbeitsgruppe (conference on data systems languages) für den den kommerziellen Bereich entwickelt. Das ANSI (American National Standard Institute) veröffentlichte 1968 eine genormte Version, die als Ansi-Cobol weite Verbreitung fand. Cobol basiert auf der englischen Sprache, ihre Programme sind deshalb direkt lesbar. COBOL beinhaltet im Gegensatz zu anderen Programmiersprachen standardmäßig ISAM-Dateien (Index-Sequentiel-Access-Memory) für die Datenverarbeitung mit Suchschlüsseln. • RPG (Report Program Generator) wird bei der Verarbeitung von Dateien mit kommerziellen Massendaten eingesetzt, dabei generiert der RPG-Compiler ein entsprechendes Verarbeitungsprogramm. • ALGOL (Algoritmic Language) entstand 1958 auf einem Treffen europäischer und amerikanischer Experten in Zürich, als dabei IAL (International Algebraic Language) geschaffen wurde, das später in ALGOL umbenannt wurde. ALGOL ist auf den technisch-wissenschaftlichen Bereich zugeschnitten, hat aber in letzter Zeit an Bedeutung verloren. • APL (A Programming Language) wurde 1962 von K. Iverson entwickelt. APL eignet sich zur Lösung von Aufgaben mit Tabellen, Vektoren und Matrizen im interaktiven Betrieb und ist deshalb dialogfähig. Im Jahre 1968 ermöglichte das APL\360 erstmalig den Nutzer mit Hilfe der Kugelkopfschreibmaschine den direkten Zugang zum Computer ohne Zwischenschaltung des Rechenzentrums mit seiner lochkartenbasierten Stapelbearbeitung. Das APL2 besitzt Schachtel- und mischbare Strukturen, es eignet sich zur Enwicklung sog. objektorientierter Anwendungen. • C ist eine blockorientierte Programmiersprache, die 1972 entstand. C ist einfach zu erlernen, universell insbesondere für graphische Anwendungen gut einsetzbar, maschinennah und daher schnell ist. Sie ist die Grundlage für das Betriebssystem UNIX. • BASIC (Beginner's all-Purpose Symbolic Instruction Code) auf der Basis von FORTRAN entwickelt ist leicht erlernbar und deshalb weit verbreitet. Sie eignet sich vor allem für den Dialogbetrieb. Diese Programmiersprache hat eine langsame Verarbeitungsgeschwindigkeit zur Folge und ist bei komplexen Programmen nur bedingt verwendbar. Für diese höhere Progammiersprache gibt es den MS-BASIC Interpreter von Microsoft für viele Betriebssysteme der Home- und Personal Computer. • FÖRTH eignet sich wie BASIC zur interaktiven Programmierung mit selbst definierbaren Befehlen. • PASCAL ist an der Technischen Hochschule in Zürich auf der Basis von ALGOL entwickelt und nach dem französischen Mathematiker Blaise Pascal benannt worden. Diese Sprache gilt als komfortabler und schneller als BASIC. Weite Verbreitung hat PASCAL vor allem in der Form des USCD-PASCAL vor allem bei Mikrocomputern gefunden. Eine andere Variante des PASCAL ist das Turbo-Pascal, das durch Anwendung des sog. Turbo-Konzepts, bei dem zunächst alle Entwicklungsstufen im Hauptspeicher bleiben, die Programmentwicklung beschleunigt. • MODULA (Modular Language) besitzt als PASCAL-Weiterentwicklung weniger Bedeutung. • PEARL (Process and Experiment Automation Real-Time Language) dient der Codierung von An-wenderprogrammen zur industriellen Prozeßsteuerung und zur Laborautomatisierung. • PL/1 (Programming Language), ursprünglich New Programming Language genannt, soll die Vorzüge von Fortran und Cobol vereinen. Ohne diese zu verdrängen, wird PL/1 zur Entwicklung und Realisierung von großen Systemen eingesetzt. PL/1 ist robust; es läßt den gleichzeitigen Einsatz von Dateien und Texten zu. • PROLOG (Programming in Logic) wurde von der Forschungsgruppe Künstliche Intelligenz an der Universität von Marseilles Beginn der Siebziger Jahre entwickelt und wird seit 1972 eingesetz. Es ist eine objektorientierte Sprache, welche die Reihenfolge der Berechnungen selbst organisiert. Die meisten PROLOG-Programme sind kurz, aber rechenaufwendig. PROLOG löst Probleme nach dem Back-tracking-System, wonach alle Lösungen ausprobiert werden, bis keine Alternativen mehr existieren.

136

1. Hauptteil:

Einführung

• ADA ist wie COBOL auf Initiative des US-Verteidigungsministeriums entwickelt worden. Die Bezeichung soll an Ada Byron erinnern, der Tochter von Lord Byron, der mit Babbage an der Entwicklung von Rechnern arbeitete; dabei hatte Ada erste Überlegungen zur Programmierung von Rechnern angestellt. ADA soll der Programmierung im (militärisch-)technischen Bereich dienen. ADA ist eine umfangreiche und komplexe Sprache, sie besitzt einen modularen Aufbau und gilt als eine multitask-orientierte Universalsprache. • CfflLL (CCITT High Levell Language) dient der Programmierung von computerunterstützten Fernsprechvermittlungen. • SIMULA (Simulation Language) dient zur Simulation diskreter Systeme. • APT/EXAPT ist eine Programmiersprache für NC-Maschinen (vgl. 1.2.2.11). •JAVA, seit 1990 von Sun entwickelt und syntaktisch mit C bzw. C++ verwandt, gilt als eine rein objektorientierte Sprache, da sie nur Klassen und keine davon losgelösten Routinen oder Variablen kennt. Durch „Vererbung" und Kapselung von Daten und Funktionen in Klassen sind die Verhältnisse der „realen Welt" exakter „abbildbar". Als „Tool" ermöglicht Java den einfachen Aufbau von Browsern im WWW/Intranet und hat so Affinität zu einem Betriebssystem. Abb. 12-15: Entwicklung der höheren Programmiersprachen (verändert entn. LV 10.7 S. 668) 1954 FORTRAN COBOL

1960

-ALGOL-

APL

->PL/1

1970

BASIC

SIMULA

PL/C

1984

PASCAL

Concurrent PASCAL

PEARL 1980

ALGOL

ADA

CHI11

A L G O L 68 EUKLID MODULAI MODULA2

APL2

Die Entwicklung der Programmiersprachen erfolgte - ähnlich der Hardware - in Generationensprüngen (vgl. Abb. 12-15): 1. Generation - 1954 Bis zum Entstehen der ersten Programmiersprache - FORTRAN - mußten die Anweisungen aufwendig und störanfällig per Maschinencode eingegeben werden. Das entstandene Programm war schwer zu ändern. 2. Generation 1954 - 1968 Mit COBOL (1957?) begann die Entwicklung von anwendungsorientierten Sprachen, für die entsprechende Compiler entwickelt wurden. Einzelne Hersteller fugten Erweiterungen hinzu, so daß nichtkompatible Dialekte entstanden. Letzteres löste den Ruf nach Normung aus. 3. Generation 1968 - 1978 Die neuen deskriptiven Sprachen beschränken sich nicht wie die prozeduralen Sprachen darauf, wie eine Funktion erreicht wird, sondern sie geben vor, was ein Programm liefern soll. Hierzu zählen Reportgeneratoren und Datenbankabfragesprachen (Query Languages). Diese nichtprozeduralen Sprachen sind sehr computeraufwendig; sie erhöhen die Antwortzeit um den Faktor 3 und den Speicherbedarf um den Faktor 4. 4. Generation 1978 Gegenwärtig sind bei den sog. 4GL verschiedene Trends erkennbar: • Entwurf und Realisation sollen miteinander verknüpft werden, auf der EDV-Ebene mit durchgängigen Werkzeugen und auf der Fachseite mit möglichst natürlichen Definitionssprachen; • der Benutzer soll stärker in die Anwendungsentwicklung integriert werden, um Individuallösungen zu ermöglichen, die allerdings eine Integration erschweren.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

137

Durch das Vordringen der C-basierten Unix-Betriebssysteme hat sich nach Angaben des Control Data Instituts das Spektrum der Stellenagebote nach Programmiersprachen signifikant gewandelt (zitiert nach COMPUTERWOCHE 16/1992, S. 1): in % Cobol C RPG

1987

1991

33,8 9,7 8,9

28,7 26,9 11,7

in % PL/1 Assembler Pascal

1987

1991

10,9 10,9 7,1

8,6 8,6 5,6

in % Fortran Sonstige

1987

1991

10,8 3,4

5,0 4,9

Neuerdings sind die sog. objektorientierten EDV-Sprachen wie C + + im Gespräch. Während es bei den sog. prozeduralen EDV-Sprachen wie Fortran, Cobol, Basic, Pascal und C um die Frage geht: Wie können gewisse Informations-Inputs in einen gewünschten Output gebracht werden? unterliegen objektorientierte Sprachen einer anderen Philosophie: "Es existiert das Problem XZ. Wie können die vorhandenen Daten am Besten dazu verwendet werden, um dieses Problem zu lösen?" Nach H. Seebode (LV 11.68 S. 12) faßt "im Gegensatz zur klassischen, funktionalen Programmierung, bei der Daten und Verfahren mehr oder minder unabhängig betrachtet werden, ...OOP beide Komponenten zu Objekten zusammen." Dabei muß der Benutzer z.B. von C + + nicht mehr auf das ursprüngliche C zur Programmierung zurückgreifen, sondern er kann bereits entwikkelte und wiederverwendbare Funktionen und Datenstrukturen einsetzen, wodurch ein Prototyping-Prozeß entsteht (vgl. 1.1.2.3). Daraus resultiert eine Arbeitserleichterung, -beschleunigung und -Verbesserung. Im Einzelnen werden von der Objektorientierung folgende Leistungen erwartet (vgl. IBM Nachrichten 45/1995 S. 61): • bessere Abbildung der realen Welt der Organisation; • Wiederverwendbarkeit bereits entwickelter Codes; • einfache Modifikation und Wartung von Programmen; • schnell verfugbare Prototypen und Entwicklung vom Wichtigsten zum Detail; • Prädestination für das Modell "Offene Client/Server-Lösungen". Softwareentwicklung und -Wartung 1. Begriff und Bedeutung Die Software-Entwicklung wird seit einiger Zeit (seit der Nato-Tagung von 1968 in Gartnisch) zur Kennzeichnung ihrer ingenieurmäßigen Erzeugung auch als Software-Engineering bezeichnet. Entsprechend lautet die Definition (LV 10.7 S. 3): "Software-Engineering ist die Anwendung von Prinzipien, Methoden und Techniken auf den Entwurf und die Herstellung von Programmen und Systemen von Programmen." Bevor das Software-Engineering beginnt, sollte der Entwicklungsaufwand sorgfältig geschätzt werden (vgl. 3.8.1.1), nicht zuletzt, damit die benötigten Kapazitäten rechtzeitig bereitgestellt werden. Den Engpaß bei der weiteren Verbreitung von Computern in den Betrieben bildet das Fehlen von genügend maßgeschneiderter Software, zumal die Softwareentwicklungskapazität der Betriebe wird häufig durch die Betreuung alter Programme blockiert wird; so hat eine Großbank etwa 2.000 Programme im Einsatz (vgl. IC Wissen Juni 1991 S. 39). Dies fuhrt leicht zu einem Anwendungsrückstau (AWS) gemessen in Mann-Jahre oder in MannMonate (MM). Der AWS errechnet sich: (12-7) AWS = E W K M M - E W A B P m m - E W A N P ^ . Dabei ist EWK = die vorhandene Entwicklungskapazität z.B. 5500 MM EWABP = der gesamte Aufwand der Betreuungsprojekte z.B. 2800 MM EWANP = der gesamte Aufwand der Neuprojekte z.B. 4200 MM Dann ergibt sich ein Anwendungsstau gemessen in MM von: (12-7) AWS = 5500 - 2800 - 4200 = - 1500 MM.

1 38

1. Hauptteil:

Einführung

2. Softwareentwicklung Zur Beschleunigung der Softwareentwicklung bietet sich CASE (Computer Aided Software Engineering) an. Darunter sind leistungsfähige Software Tools (Werkzeuge = Hilfsmittel) zu verstehen, die im Wege der Standardisierung der graphischen und textlichen Entwürfe • den Arbeitsablauf in den Software erzeugenden Projektgruppen beschleunigen und zugleich • die Programmierung transparent gestalten sollen. Letzteres ist die unerläßliche Voraussetzung für ein reaktionsschnelles und fehlerloses Updating von Programmen, wenn sich die Umweltbedingungen ändern. Als CASE-Tools stehen u.a. zur Verfugung: • AD-Cycle, OPUS, OMED u.a. von der IBM zur Verfugung gestellte Tools (vgl. 3.8.3.4); • Promod (Projekt Modeln, das von GEI, Aachen, gelieferte Software-Paket, das über vier Tools verfugt: Structured Analysis; Modular Design; Pseudocode; Structured Programming; • Synon, ein Case-Paket für die IBM Midrange-Computer-Serie AS/400. Diese CASE-Tools basieren auf einer Reihe entwickelter Entwurfsmethoden zur SoftwareGenerierung (vgl. LV 10.7 S. 116ff., LV 11.18) u.a.: • SADT (Structured Analysis and Design Technique von SOFTTECH 1976) stellt sich als eine über-wiegend graphische Entwurfsmethode dar, welche die Diagrammtypen Funktionen und Daten - die Kanten und Knoten eines Graphs - mit einander durch Tausch verknüpft. • PSL (Problem Statement Language) basiert auf Schlüsselwörtern, die vom Problem Statement Analyser (PSA) erkannt und verarbeitet werden können. Hierdurch lassen sich logische Prüfungen des Entwurfs auf syntaktischer wie auf semantischer Ebene durchfuhren. • Hipo (Hierarchy plus Input-Process-Output von IBM 1974) stellt auf den Datenfluß ab. Die Hauptfunktionen werden in einem oder mehreren Hierarchiediagrammen in teilfünktionen zerlegt. Die Verknüpfung der Daten mit den Verarbeitungsvorschriften erfolgtüber vier verschiedene Pfeile, wobei eine Strukturierung der Daten durch Zusammenfassung bedingt möglich ist. Ergänzend zu Hipo bietet IBM IPT (Improved Programming Techniques) an. • JSP/JSD (Jackson Structured Programming/Development von Jackson 1975) stellt auf das Prinzip der Datenstrukturierung ab. Dabei wird die Ablauflogik der Programme mit den Grundkonstrukten: Folge; Auswahl und Wiederholung unter Verwendung graphischer Bäume oder von Algorithmen dargestellt. Aus den Datenstrukturen der Ein- und Ausgabe entwickeln sich die Programmabläufe. • PC (Pseudocode) verbindet formal-sprachliche und natürlich-sprachliche Elemente, so daß je nach Wahl PC auf einem sehr hohen abstrakten Niveau oder auf einem maschinennahen Niveau eingesetzt werden kann. Der Anwender von PC ist nicht an einem bestimmten Sprachschatz gebunden, sondern kann eigene Sprachelemente definieren, was in Deutschland die Kommunikation zur Fachseite hin erleichtert. PC ist universell einsetzbar. • PARNAS (von Parnas 1972) stellt auf die Programmabläufe ab. Zur Datenabstraktion wird jedoch der logische und physikalische Datenaufbau weitgehend vernachlässigt - als "Information Hiding" bezeichnet -, um den Programmablauf möglichst zu formalisieren. In der Weiterentwicklung fiihrt dies zur Gleichstellung von Operation und Daten, ein Entwurfsansatz, der von modernen Programmiersprachen unterstützt wird. Diese Entwicklungsmethoden kommen auf den einzelnen Stufen der Software-Entwicklung selektiv und mit unterschiedlicher Intensität zur Anwendung (vgl. LV 10.7 S. 449): SADT PC JSP * * * 1. Stufe: A n a l y s e * * * * 2 . Stufe: System-Entwurf * * * * * 3 . Stufe : P r o g r a m m i e r u n g * * * * 4 . Stufe: Implementierung * * * * 5. Stufe : Test Wegen der segmentierten Einsatzfähigkeit der Software-Entwicklungsmethoden lassen sich diese sukzessive in Schritten zum Software-Entwicklung einsetzen (vgl. LV 10.7 S. 122f): 1. Mit Hilfe der Ist-Soll-Analyse werden die Benutzerwünsche erfaßt. 2. Mit der SADT-Methode wird eine geplante Lösung formuliert. 3. In mehreren Verfeinerungsschritten wird die Aufgabe im Pseudocode dargestellt.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

139

4. Generatoren und Compiler wandeln den PC-Entwurf in ein lauffähiges Programm um. 5. Das fertige Produkt wird schrittweise getestet und und integriert (vgl. unten). 6. Nach der Integration erfolgt eine Abnahme bzw. eine Pilotanwendung. 7. Nach der Freigabe kommt der Einsatz im Wirkbetrieb. 8. Mit der Wartung müssen die Produktversionen/Generationen ordnungsgemäß verwaltet werden. Nach ihrer Einführung erfüllen die CASE-Tools verschiedene Funktionen: • sie entlasten von Routinearbeiten; • sie erleichtern die Fehlersuche (Debugging) am Ort des Entstehens; • sie steigern die Qualität der Software. Da ihre Einfuhrung und Anwendung sehr aufwendig sind, neigen die Anwender dazu, mit den Anbietern strategische Partnerschaften einzugehen, um sie langfristig an sich zu binden. Insgesamt hat CASE bisher die Erwartungen nicht erfüllt. 3. Qualitätssicherung der Softwareentwicklung Nicht nur fehlerhafte Hardwarekonfigurationen, sondern auch Qualitätsmängel in der Software, die bis zu 200.000 Programmzeilen beinhalten, können zu Systemabstürzen führen. Deshalb ist der Qualitätssicherung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Nach W. Redtenbacher (vgl. IC-Wissen Okt. 1991 S.22 ff.) kann sie über folgende Stufen laufen: 1. Top-Down-Design. Zunächst ist die Aufgabe in Teilaufgaben zu gliedern. Dann sind ihre Beziehungen unter einander genau festzulegen. 2. Wahl einer leicht lesbaren Programmiersprache. Dadurch läßt sich die Teamarbeit insbesondere bei lebenswichtigen Programmen (Mission Critical Applications) erleichtern. 3. Sicherung der Implementierungsqualität a) Sorgfältiges Überprüfen der Programmcodes eventuell durch eine Prüfgruppe. b) Fehleranfalligkeitsanalyse etwa unter Verwendung der FMEA (vgl. 3.2.1.6), um potentielle Schwachstellen bereits im Frühstadium aufzudecken. c) Low-Level-Programmteile: sie sind im Einzelschrittablauf mit einem Debugger zu testen. d) High-Level-Programmteile: jede Programmfunktion ist mit für sie typischen Daten sowie mit extremen Daten zu testen. e) Robustheitstests: hierbei sind unerlaubte Tastenkombinationen ("Ellbogentest") durchzuführen, Peripheriestörungen zu simulieren, etc. f) Beta-Tests: Durch Praxiseinsatz bei ausgewählten Anwendern ist die Ablaufstabilität zu verifizieren, eventuell zu verbessern. So gab die IBM 20.000 Vorabkopien der Version 2.0 des Betriebssystems OS/2 als Erstmuster in einem "Early Experience Program" aus. 4. Softwarewartung Etwa 60% aller Softwarekosten entfällt nach Schätzungen auf die Wartung großer langlebiger Software-Systeme, die mit steigender Komplexität zunehmend teurer wird. Nach D. Soni (vgl. LV 11.47 S. 14) umfaßt Software-Wartung u.a. folgende Aktivitäten: • Systemdokumentation und -Verwaltung; • Funktions-Erweiterung; • Fehlersuche und -korrektur; • Umstrukturieren und Anpassen von Programmen. Betriebssysteme Das Betriebssystem (BS), auch Operating System (OS) genannt, verwaltet sowohl den Rechner wie auch die Peripheriegeräte, vor allem die Speicher. Nach DIN 44300 dienen Betriebssysteme der Steuerung und Überwachung von Programmen u.a. mit den Aufgaben der Betriebsmittel- und Datenverwaltung, der Fehlererkennung und Datensicherung. Da das Betriebssystem als Software selbst Arbeitsspeicher belegt, darf es nicht zu umfangreich sein, damit im Arbeitsspeicher noch Platz für die Anwendersoftware bleibt. Die Kommandooberfläche sorgt für die Kommunikation zwischen Betriebssystem und Nutzer (User), wobei zum komfortableren Bedienung gewöhnlich auf eine "graphische Oberfläche" zurückgegriffen wird unter Verwendung der Maus, eines Digitalisiertabletts oder der Fenstertechnik (Windowtechnik). Zum grundlegenden BS können noch Zusatzprogramme (Utilities) kommen, welche die rechnerschen Abläufe beschleunigen und die

140

1.Hauptteil:

Einführung

Computernutzung verbessern, z.B. SPOOLER (Simultaneous Peripheral Operations On Line). SPOOLER lagern bei der Ein- und/oder Ausgabe von Files (= Dateien) diese auf Zwischenspeicher, während gleichzeitig und vorrangig ein anderes Anwenderprogramm abgearbeitet wird. Computer mit diesem scheinbaren Parallelbetrieb heißen virtuelle Geräte. Die Anforderungen an Betriebsysteme wachsen tentenziell; bestand die Hauptaufgabe von BS in der Vergangenheit darin, Programme zu starten, die Datenspeicher zu verwalten und mit Peripheriegeräten auf niederer Ebene zu kommunizieren, so sollen neuere BS eine graphische Benutzeroberfläche, Netzwerkunterstützung, Desktop- und Multimedia-Einsatz und ganze Treiberbibliotheken zur Kommunikation mit einer Vielfalt von Peripheriegeräten auf hoher komfortabler Ebene bieten. Von der Auslegung des Betriebssystems hängt es ab, ob sich ein Computer in einem RechnerNetzwerk, im Dialogbetrieb etc. einsetzen läßt: 1.) Beim Einplatz-Betriebssystem (Single User) unterstützt der Rechner nur einen Benutzer. Beispiele: CP/M für 8-Bit-Rechner; MS-DOS (Microsoft Disk Operating Systems) bzw. PC-DOS für 16-Bit-Rechner. Als die IBM mit der Einfuhrung ihrer XTs und ATs MS-DOS zum Betriebssystem wählte, entwickelte sich dieses zum "Industriestandard" für die Betriebssysteme der PCs. MS-DOS ist ein kleines System; es besteht nur aus einem Dateisystem, einem Programmlader und einer einfachen Speicherverwaltung. Vorteilhaft ist, • daß es schnell ist, • daß es als kompaktes System einen niedrigen Speicherbedarf von 640 Kbyte benötigt, • daß es dem Entwickler viele Freiheiten läßt. Wenn Anwenderprogramme einen hohen Speicherbedarf besitzen, können sie mit speziellen Treibern die MS-DOS-Schranke überwinden mit EMS (Expanded Memory Specification), einer Gemeinschaftsentwicklung von Intel, Lotus, AST und Microsoft sowie mit XMA (Expanded Memory Adapter), von IBM entwickelt. 2.) Mehrplatzsysteme (Multi-User) arbeiten die Programme mehrerer Benutzer "gleichzeitig" ab, indem für die einzelnen Programme jeweils sehr kurze Zeitabschnitte im Millisekundenbereich zugeordnet werden, so daß der Eindruck des gleichzeitigen Abarbeitens von Programmen (TimeSharing) entsteht. Beispiele: OASIS und MP/M für 8-Bit- und UNIX und Derivate für 16-Bit-Rechner. 3.) Beim Multi-Programming werden "gleichzeitig" mehrere Programme abgearbeitet, wenn CPU und Peripheriegeräte unabhängig von einander sind, so daß z.B. der Drucker parallel zu einem anderen Anwenderprogramm, das in der CPU läuft, ein früheres Programm aus dem Puffer (SPOOLER) ausdruckt. 4.) Beim Multi-Tasking werden mehrere Programmteile (Tasks) gleichzeitig während des Programmablaufs in zwei Grundformen abgearbeitet (vgl. IC-Wissen Okt. 1991 S. 33): • beim seriellen Multitasking werden sukzessive unterschiedliche Aufgaben erledigt: z.B. Textprogramme und Kalkulationsprogramme; • beim parallelen Multitasking werden solche Aufgaben gleichzeitig erledigt oder - etwa durch Time-slicing - zumindest so, daß der Anschein der Parallelität entsteht, dabei ist mit zwei Un-terfällen auszugehen: - beim kooperativen Multitasking gibt das aktive Programm von Zeit zu Zeit die CPU für ein anderes wartendes Programm frei, geschieht dies nicht, geraten die anderen wartenden Programme ins Hintertreffen, - beim verdrängenden Multitasking wird das Betriebssystem aktiv und weist den Programmen jeweils einen Bearbeitungszeitraum zu. 5.) Kombiniertes Multi-User/Multi-Tasking. Diese Doppelaufgabe erfüllt als echtes Betriebssystem bisher nur Unix, das um 1970 von D.M. Richie und K. Thompson in den Bell Laboratories von AT&T entwickelt wurde. Ab 1975 vergab AT&T Lizenzen, aufgrund derer sich etwa 200 (!) Derivate entwickelten: AIX (IBM); Sinix (Siemens); Aux (Apple); Berkeley-Unix; Xenix; etc. Ein einheitlicher Unix-Standard hat sich bisher nicht gebildet; vielmehr stehen sich seit 1988 zwei Gruppen gegenüber: OSF (Open Software Foundation) von IBM, DEC, Hewlett-Packard, Siemens-Nixdorf (SNI) unterstützt mit der Benutzerschnittstelle OSF/Motif und X/Open, von AT&T, Amdahl, Control Data, Fujitsu, NCR, Motorola, etc. unterstützt mit der Benutzerschnittstelle Open Look. Vom "Protected Mode" wird gesprochen, wenn das Betriebssystem einen Speicherschutz bietet, so daß es nicht zum Systemabsturz kommt, wenn das eigene Programm Fehler aufweist oder wenn andere parallel laufende Programme Fehler aufweisen.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

141

Den Nutzern von kleineren Computern stehen MS/PC-DOS, OS/2 und Unix als Betriebssystemalternativen zur Verfugung, die sich vor allem in der Leistungsfähigkeit und in der Bedienbarkeit unterscheiden (vgl. Tab. 12-8). Unix-basierte Systeme können relativ einfach an unterschiedliche Hardware-Strukturen angepaßt werden. Sie dominieren den Workstations-Bereich (etwa zu 75%) wie MS/PC-DOS den PC-Sektor, dagegen hat OS/2 bisher wenig Verbreitung gefunden (auf Windows 95 wird noch eingegangen). Bisher dominierten sog. herstellerspezifische (proprietäre) Betriebssysteme, welche die Verwendung von zusätzlichen billigeren Konkurrenzprodukten, die Austauschbarkeit von EDV-Komponenten und den Wechsel zu fremder Hardware, die sog. Migration, überhaupt erschweren. Der neuere Trend geht zu sog. offenen Systemen, die über standardisierte Oberflächen kommunizieren, etwa dem API (Application Programming Interface), welches eine formal definierte Schnittstelle zwischen einem Systemprogramm und einem Anwendungsprogramm darstellt. Dem werden folgende Vorteile nachgesagt (vgl. PC Woche Special 10.12. 1990 S. 17): • Der Nutzer braucht nicht bei jeder Anwendung andere Befehle, Tastenkombinationen und Bedienungsabläufe zu erlernen. • Entsprechend kann der Nutzer ständig in einer vertrauten und intuitiv zu bedienenden Umgebung arbeiten. • Der Nutzer kann unabhängig von der Applikation eine Bedieneroberfläche wählen. Tab. 12-8: Gegenüberstellung der wichtigsten Betriebssysteme bei Mikro-Computer MS/PC-DOS OS/2 Unix Single U s e r / S i n g l e T. VORTEILE geringe H a r d w a r e Voraussetzungen einfache B e d i e n u n g geringe Schulung A n p a s s u n g an die Hardware d u r c h Endanwender V i e l f a l t kosteng ü n s t i g e r Software BetriebssystemStandard NACHTEILE 640 KB-Grenze langsamer Programmablauf Bearbeitung geringer Datenmengen Pseudo-Multi-Tasking durch DOS-Extender

Single U s e r / M u l t i - T .

Multi-User/Multi-T.

16-Bit A d r e s s i e r u n g

32-Bit

virtuell 2 GB adressierbar einfache B e n u t z e r oberfläche

Festplattenpartition bis 2GB

s c h n e l l e r Programmablauf A n p a s s u n g an die Hardware durch Endanwender u m f a n g r e i c h e Programmbibliothek Verwaltung großer großer Datenmengen

wenig AnwendungsSoftware Speicherintensiv

hoher Einarbeitungsaufwand Speicherintensiv

keine

keine Standardisierung h o h e r A u f w a n d für die S y s t e m w a r t u n g

DOS-Kompatibilität

Portabilität

keine selbständige A n p a s s u n g an die H W

Adressierung

Durch derartige Standardisierungen kann der Anwender den Lernaufwand senken und die Fehlerquote herabsetzen, also Kosten sparen. Allerdings verlangen derartige Standardisierungen vom Computer, insbesondere von der CPU, hohe Leistungen ab. Die von der IBM entwickelte Version 2 von OS/2 ist ein Schritt in Richtung offener Systeme; sie macht u.a. paralleles Ausfuhren von DOS-, X.Windows und OS/2-Anwendungen möglich, verlangt jedoch sehr große Speicherkapazitäten. Die PC-Woche (vgl. ebenda S. 18) stellt folgenden Kriterienkatalog für offene BSSysteme auf: • wohldefinierte und robuste Softwareschnittstellen; • Verfügbarkeit von mehreren unabhängigen Anbietern; • Verfügbarkeit auf mehreren Hardwareplattformen; • wohldefinierte I/O-Bus-Spezifikationen; • Nutzung von gängigen Bildschirmdarstellungen; • breite Verfügbarkeit von Anwendungssoflware und leichte Portierbarkeit von Applikationen.

142

1. Hauptteil:

Einführung

Das 1995 von Microsoft herausgebrachte Windows 95 ist emanzipiert von MS-DOS, bleibt jedoch zu ihm abwärts kompatibel. Windows 95 bündelt verschiedene bisher separat angebotenen Funktionen bzw. Tools und weist sich durch folgende Besonderheiten aus: • 32-Bit-Architektur, die schneller und sicherer ist als die bisherigen 8-/16-Bit-Architekturen, aber auch hohe Anforderungen an die Hardware stellt (12 MB-Arbeitsspeicher); • Multitasking - echtes Multitasking gab es bis dahin nur bei Unix - , wobei z.B. gleichzeitig sich ergänzende - Textkorrekturen und Netzwerktätigkeiten durchgeführt werden; • Internet-Anbindung für den Eintritt in das multimediale WWW; erleichterte Netzwerkintegration überhaupt, da es alle wichtigen Netzwerkprotokolle enthält, und zwar 32-Bit, Protected-ModeVersionen von TCP/IP, IPX/SPX, NetBeui, NovellNetware und Windows NT Clients; • leichtere Bedienung mit Icons wie schon seit Jahren bei den Macintosh-Rechnern üblich. Bausteine derDatenbank-Systeme (DBS) Zur Bewältigung der Informationsflut in den Betrieben sind Datenbanksysteme für den Computer entwickelt worden, die mehr als eine Milliarde gespeicherte Zeichen verwalten können. Dabei sind unter einem Datenbanksystem alle Programme zu verstehen, die für den geordneten Aufbau und für die Verwaltung einer bestimmten Datenmenge erforderlich sind. Zum Aufbau eines DBSs sind folgende Bausteine erforderlich: 1.) Datenbasis (DB): die Menge aller gespeicherten Daten; 2.) Datenverwaltungssystem (DBMS von DB Managment System): die Software zum Suchen, Lesen, Schreiben, etc. von Daten; 3.) Datenmanipulationssprache (DML von Data Manipulation Language): mit ihr kann der Anwender die Datenbank bearbeiten und abfragen, und zwar entweder standardisiert mit Hilfe der Menütechnik oder in freier Form nach eigenen Kriterien. Der Anwender wird u.a. folgende Anforderungen an ein DBS stellen: • leichter Zugang für berechtigte Anwender; • leichte Durchsicht der Datenbestände nach bestimmten Nutzerkriterien; • leichte Aktualisierung der Datenbestände; • keine oder nur minimale Doppelspeicherung (Redundanz) von Daten; Sicherung der Daten vor Verlust bzw. Diebstahl durch Kopieren. Datenbankstrukturen Zum Aufbau von Datenbanksystemen kommen folgende Datenbankstrukturen zur Anwendung: 1. Hierarchische Strukturen Sie kommen zur Anwendung z.B. bei dem DBS IMS (Information Management System) von IBM seit 1968, bei dem gemäß der Verzweigung nach dem Baumsystem die Datenverfolgung über einen "Pfad" erfolgt (vgl. Abb. 38-17/18), bei dem aber gewisse Datensätze doppelt abgelegt werden können, was als Redundanz zu bezeichnen ist. Ansonsten gelten hierarchische Datenbanken als unkompliziert. 2. Netzwerkstrukturen Hierzu zählen z.B. bei UDS von Siemens, DMS170 von DEC, wobei ein und dieselben Daten nach verschiedenen Gesichtspunkten in verschiedenen Dateien abgelegt werden können. 3. Relationale Datenbanken (RDBMS) Darauf basieren z.B. dBase II, III und IV, Framework, Lotus 1-2-3, Symphony, Jazz. Die RDBMS gilt als die geeignete Datenbank-Struktur für für unkomplexe Iniformationen, wobei die Daten zu Listen, zu sog. "flachen Tabellen", angeordnet sind. Dabei stehen die Daten in Spalten "relational" zu einander. Diese lassen sich einfach speichern, abfragen und untereinander verbinden etwa mit Hilfe der von der IBM entwickelten Datenbanksprache SQL (Structured Query Language). Die Verknüpfung ist vom Anwender selbst zu definieren und wird als "Relation" bezeichnet. Das Prinzip der Relationen Datenbank wurde von dem in den USA lebenden Engländer E.F. Codd, einem IBM Mitarbeiter, entwickelt und im Jahre 1970 vorgestellt. Von der IBM wurden dann 1974 im San José Research Laboratory Untersuchungen zu seiner praktischen praktischen Nutzung unter der Bezeichnung "System R" angestellt. Das Ergebnis des "System R" waren

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

143

• Structured Query Language (SQL), als Datenbankabfragesprache mit an der natürlichen Sprache angelehnten Instruktionen, • Query-Compilierung und Optimierung und • Integration von SQL in prozedurale Sprachen. Aus diesem wissenschaftlichen Projekt wurde erst 1979 ein kommerzielles Datenbanksystem geformt, das seitdem weite Verbreitung gefunden hat und gegenwärtig das am häufigsten benutzte DBS ist. Die Vorteile dieses Datenbanktyps sind darin zu sehen, • daß universelle ZugrifFsmöglichkeiten für jede denkbare logische Verknüpfung bestehen, • daß daraus ein hoher Nutzungskomfort resultiert, • daß eine relativ geringe Redundanz aufkommt, • daß nicht zuletzt deswegen ein relativ geringer Pflegeaufwand erforderlich ist. In 1986 faßte Codd seine bisherigen Erkenntnisse in "The Twelve Rules for Relational DBMS" zusammen. Allerdings gibt es bisher noch kein System, daß diese Anforderungen alle erfüllt. Relationale Datenbanksysteme sind nutzerneutral aufgebaut und sie können deshalb für viele Zwecke neu "gemischt" werden. Dagegen sind hierarchischeStrukturen sowie Netzwerkstrukturen an gewisse Nutzerkriterien orientiert und deshalb in der Nutzung festgelegt. Aisrelationale DatenbankManagementsysteme stehen bei Mainframes DB2 von der IBM und für Minicomputer ORACLE, INGRES, Sybase, Informix, Unify, etc. zur Verfügung. Datenbanksysteme Auf den vorstehend angeführten grundlegenden Datenbankstrukturen bauen verschiedene Datenbanksysteme auf: 1. OODBSe (Objektorientierte DBS) OODBSe suchen gewisse Beschränkungen der relationalen Datenbanksysteme durch spezielle Software etwa durch Statice überwinden. 2. Verteilte Datenbanksysteme (VDBS). Nach Codd ist "eine verteilte Datenbank eine virtuelle Datenbank, deren Teile an unterschiedlichen Stellen in einer Menge unterschiedlicher, echter Datenbanken gespeichert sind". Das bedeutet, daß der Datenbestand zwar logisch integriert, jedoch physisch auf mehrere Knoten echte Datenbanken) verteilt ist, die untereinander in einem vernetzten System ohne Host verbunden sind. Der Nutzer muß eventuell angeben, in welcher Datenbank sich die gewünschten Daten befinden. Für P. Wey (vgl. LV 11.80 S. 4) ist die Verwendung eines VDBS u.a. in folgenden Fällen fragwürdig: • Hohe Datenlokalität - es herrscht nur eine geringe Aktivität zwischen den geographisch getrennten Datenbeständen, hier empfehle sich eher der gelegentliche Datentausch. • Hohe Updaterate auf einem redundantem Datenbestand - hier tauchten Probleme der Kopienkonsistenz auf. • Geringe Zugriffslokalität bei partitionierten Datenbeständen - der Kommunikationsaufwand sei bei komplexen verteilten Transaktionen sehr aufwendig; es führe besonders zu Zeiten mit hohem Transaktionsaufkommen zu schlechtem Antwortzeitverhalten. R. Reinecke verweist auf vier grundlegende Möglichkeiten der verteilten Datenverarbeitung (vgl. LV 11.54 S. 28): 1.) Lokale Verarbeitung zentraler Daten. Dabei befinden sich die Daten im zentralen Host und werden von verschiedenen dezentralen Anwendern verarbeitet, ohne daß im Allgemeinen die Datenarchitektur einen Transaktionsmanager benötigt - der bei weitem häufigste Anwendungsfall. 2.) Verteilte Verarbeitung zentraler Daten. Dabei werden die Daten in zwei Teile aufgespalten, wobei beide Teile - Host und Anwender - jeweils die Kontrolle über einen Teil besitzen. Dies ist sinnvoll, wenn viele Daten mit der zentralen Datenbank ausgetauscht werden. 3.) Lokale Verteilung verteilter Daten. Wie bei 1.) zum Schutz von Transaktionen bei Mehrfachbenutzung mit einem 2-Phase-Commit-Control. 4.) Verteilte Verarbeitung verteilter Daten. Hier werden die höchsten Anforderungen an die Kommunikation gestellt: Konversation; 2-Phasen-Commit-Protokoll und Resource-Recovery.

144

1. Hauptteil:

Einführung

3. Client/Server-Systeme Client/Server-Systeme sind als Spezialanwendungen der VDBS anzusehen, die einzelne wie auch doppelte Zielrichtungen besitzen können: • Downsizing bei durch Hostrechner dominierte DV"Landschaften"; • Upgrading bei durch PCs dominierte DV-"Landschaften"; • Downsizing/Upgrading bei konglomeraten DV-"Landschaften". Diese konvergierenden Zielrichtungen lassen sich graphisch wie folgt darstellen: Mainframe

Downsizing

Client/Server Stand-alone-PC

Upgrading

In einem Informations-Gutschein der Computerwoche zum Besuch ihres "Client-Server-Consulting-Centers" auf der Frankfurter Messe 1993 wird das Client-Server-System als die dominante DV-Architektur der Neunziger Jahre angepriesen z.T. mit emotionalen Argumenten, die beweisen, daß es nicht nur wissenschaftliche, sondern auch technologische Paradigmenwechsel (vgl. 1.1.2.3) gibt. Dabei werden den Mainframes und PCs von "gestern" und den Client-Server-Systemen von "morgen" folgende Attribute zugeordnet: Mainframes: • Diktatur der - zentralen - Mainframes! • Informationsdefizit auf Abteilungsebene! • Radikale Top-down-Informationspolitik! • Starre und unflexible Informationsstrukturen! Personal Computer: • PC-Wildwuchs in den Abteilungen! • Insellösungen und isolierte Strukturen! • Informationsdefizite in den Unternehmen! • Komplizierte Entscheidungsprozeduren! Client-Server-Systeme: • Demokratie und Ordnung in der DV-Struktur des Unternehmens! • Ende der hierarchischen Informationsstruktur! • Interdisziplinäre Kommunikation! • Integration der PCs in die informationsstruktur des Unternehmens! • Effizientes Werkzeug zur Sicherung eines Wettbewerbsvorsprungs! • Unterstützung schlanker Unternehmensstrukturen! Betriebswirtschaftlich nüchtern beurteilt dienen Client/Server-Systeme dazu, • ergonomische Anwendungen durch graphische Benutzeroberflächen (GUI = Graphique User Interface) mit PCs und Unixrechnern zu schaffen, • Anwendungen mit PC-Tools, welche in der Host-Umgebung nicht zur Verfugung stehen, schneller zu realisieren, • bereits installierte PCs etwa in der Bürokommunikation auch fiir operative Anwendungen zu nutzen, • Unabhängigkeit zum Zentralrechner für entfernte Niederlassungen, Büros und Betriebsstätten durch lokale Unterstützung zu schaffen, • Leitungskosten zu reduzieren und bessere Antwortzeiten für entfernte Standorte durch verstärkte dezentrale Verarbeitung zu schaffen, • DV-Kosten durch günstigeres Preis-Leistungsverhältnis bei Hard- und Software zu senken. Hierbei kommt es zu einer Aufgabenteilung (vgl. Abb. 12-16, vgl. auch 3.4.3.4): die Clients C L j , CL 2 ...CL n übernehmen ablaufbestimmende Aufgaben etwa das Aufrufen von Funktionen auf der Benutzeroberfläche einer Applikation und sie wenden sich dabei über ein Warteschlangensystem (WS) an das Serversystem; der Server übernimmt ablaufünterstützende Funktionen F i , F 2 . . . F } n (vgl. LV 11.42 S. 49) • Bereitstellung von Plattenkapazität (Fileserver), • Zugriff auf eine zentrale Datenbank (Datenbank-Server), • Ausfuhrung einer wichtigen, eventuell übergreifenden Anwendung (Applikations-Server), • Verwaltung der Daten, dabei können die Serverprozesse S j , S2 ...S r ihrerseits wiederum auf verschiedene Server verteilt sein. Dabei werden nicht mehr alle Daten vom Host an den Arbeitsplatz (Client) - eine Workstation oder ein PC - übertragen, sondern nur die Datensätze, welche verändert werden sollen. Die erforderlichen Selektionen und Administrationsaufgaben übernimmt der zwischen Host und Arbeitsplatz geschaltete Server, der ein leistungsfähiger Abteilungsrechner sein kann. Er beschleunigt dadurch die Verarbeitung im Netz und senkt so die Belastung des Netzes, darüber hinaus auch die des Hosts. Nach G. Mittelmeyer (ebenda) stellt das Client-Server-System "...einen Kompromiß zwischen dem ursprünglich Stand-alone-Anspruch der PCs und der wohlstrukturierten sowie ablaufsicheren Weltder Großrechner dar." Der zentrale Server lasse die Vorteile eines dezentralen Systems zum Zuge kommen (vgl. ebenda):

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

145

Abb. 12-16: Client-Server-System a) Grundstruktur einer Client-Server-Anwendung (entn. LV 11.72 S. 19)

Sl b) Client-Server-Architektur (entn. LV 11.21 S. 24) < Client

>




• es verhindere die Mehrfachspeicherung der Daten und garantiere gleichzeitig dadurch ihre Aktualität und Integrität; • bei den Clients würde die Verarbeitung der Daten vereinfacht, da sie auf Anforderung zur Verfügung stehen; • die Zentralfünktion des Unternehmens würde unterstützt, weil der Zugriff auf alle dezentral erzeugten Informationen sichergestellt wird. 4. PIM (Personal Information Manager) PIM sollen mit einer breiteren Funktionalität als die vorherigen Systeme und mit einem einzigen Softwarepaket ein breites Spektrum ständig anfallender Aktivitäten abdecken. Aksam Version 5.0 von North American Software, das in einer deutschen Version vorliegt, besitzt Fähigkeiten wie Verwaltung strukturierter wie unstrukturierter Daten, Zeitmanagement, Volltextrecherche bei Eingabe von Adressen und Notizen ohne Rücksicht auf traditionelle Datenbankkriterien. 5. Externe Datenbanken Sie liefern von entfernten betriebseigenen oder betriebsfremden Hostrechnern online schnelle Informationen u.a. von folgenden außerbetrieblichen Datenbanken. • DITR, die zentrale Auskunftsstelle des deutschen Informationszentrums für technische Regeln hält ca. 44.000 Normen bereit; • GBl, die Gesellschaft für betriebswirtschaftliche Information, bietet die Datenbank WWC (World Wide Companies) an, die Bilanzen und Kennzahlen der weltweit 2000 größten Unternehmen in 40 Ländern enthält; • Diane Guide gibt als Datenbank eine Übersicht über mehr als 1000 europäische Informationssammlungen.

146

1. Hauptteil:

Einführung

6. Online-Dienste Auf dem Vormarsch sind generelle Online-Dienste wie • America Online (AOL), der AllianzPartner des Medien-Konzern Bertelsmann, • Compuserve, • The Microsoft Network (MSN), • Telekom Online. Diese Online-Dienste können verschiedene Dienstleistungen an sich ziehen und so erhebliche volkswirtschaftliche wie betriebswirtschaftliche Folgen zeitigen: • wegen extensives Homebanking können die Banken ihr Filialnetz ausdünnen; • wegen des Einsatzes von virtuellen Kaufhäusern werden die realen Kaufhäuser in der City zumindest teilweise überflüssig (vgl. auch 3.5.0); • durch das Online-Angebot ihres Programms "kannibalisieren" sich die Verlage als Buchverlage und werden so durch Medienwechsel überflüssig. 7. Datenautobahn/Internet (Info-Superhighway) Es handelt sich bei Internet um ein internationales Informationsnetz, das aus dem militärischen Informationsnetz des Pentagon der Sechziger Jahre ARPA-Net (Advanced Research Project Agency) hervorgegangen ist, das so vernetzt war, daß Kommandos auch dann noch ihr Ziel fanden, wenn Teile des Netzes ausgefallen waren. Die ursprünglichen Dienste von ARPA-Net waren (vgl. LV 11.19a): • TELNET (Teletype Network) erlaubt einen Rechner (Client) im Wege des Remote Login einen entfernten Rechner (Server) etwa zu Simulationen so zu benutzen, als sei er direkt angeschlossen; • FTP (File Transfer Protocol) ermöglicht bidirektionalen Dateiaustausch zwischen zwei Rechnern; • SMTP (Simple Mail Transfer Protocol) ermöglicht E-Mail zwischen zwei Rechnern; • NEWS. Damit lassen sich weltweit Diskussionsforen durchfuhren, im Jahr 1995 waren es etwa 6.800 Foren, wobei Internet-Teilnehmer eine Nachricht an einer Newsgroup "posten" und so an der Diskussion zum jeweiligen Thema beitragen. Als Voraussetzungen für die (Weiter-)Entwicklung des Internets gelten: • Entwicklung des "networking protocol set (TCP/IP)" (vgl. auch 1.2.2.6); • "Offenheit" des Unix-basierten Operating Systems; • Entwicklung des UUCP (Unix to Unix copy) furden E-Mail-Transfer; • Entwicklung des USENET news relay system basierend auf BSD (Berkeley Software Distribution); • Entwicklung der graphischen Schnittstelle "Mosaic" 1994 vom National Center for Supercomputing Application (NSCA) an der Universität von Illinois und Urbana (Mosaic, das nach dem sog. Browser- System funktioniert wie NetScape, laufen auf GUIs (Graphical User Interface) wie X-Windows, Macintosh, Windows und OS/2. Als das ARPA-Net militärisch ausgedient hatte, wurde es zunächst von den Hochschulen genutzt und zur weltumspannenden Datenautobahn ausgebaut, auf der zunächst wissenschaftliche Forschungsergebnisse publiziert wurden, an die sich dann auch Archive, Zeitungen, wissenschaftliche Zentren und Privatanbieter jeglicher Art anschlössen. Zur Verbesserung der Kommunikation wurde 1989 vom CERN, Genf, fur Physiker das 3W = WWW = Web (World WideJWeb) entworfen, bei dem der Benutzer ohne Kenntnisse der Struktur der angeforderten Daten durch Mausklick auf hervorgehobene Textstellen oder auf "hot spots" auf multimediale Informationen (Hypermedia): Texte; Graphiken oder Bilder zugreifen kann, die auf WWW-Server als Dokumente in HTML (Hypertext Markup_Language) abgelegt sind. Das HTML, das auch ohne Internet-Anschluß genutzt werden kann, besitzt folgende Verwendungsmöglichkeiten von Hypertext (vgl. LV 11.52a): • Hypertext news, mail, online documentation, and collaborative hypermedia (Nachrichten in Hypertextform, Textaustausch, elektronische Textdokumente, gemeinsam genutzte MultimediaAnwendungen) - bei Verwendung von Java (vgl. 1.2.2.2) kann mit „Abstract Windowing Toolkit", das Klassen fur plattformunabhängige Benutzerschnittstellen enthält, der Server vom Aufbau der HTML-Seiten entlastet werden); • Menus of options (Auswahlsysteme); • Database query results (Darstellung von Datenbankabfragen); • Simple structured documents with inlined graphics (einfach strukturierte Dokumente mit auf die

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

147

Zeilen bezogenen Grafiken); • Hypertext views of existing bodies of Information (Hypertextdarstellung von Informationen). An Internet kann sich nun jeder mit Hilfe sog. Provider wie Individual Network (Köln) oder Eunet (Dortmund), die über einen Knotenpunkt der Datenautobahn verfugen, gegen Gebühren anschließen und er kann dann über dieses Netz mit Hilfe eines Kennworts kommunizieren. Der Kunde kann sich dabei sog. Browser bedienen ( englisch to browse = grasen, schmökern), worunter Programme/Suchwerkzeuge zum Einstieg in die Multimedia-Seite des WWW zu verstehen sind, etwa Netscapes Navigator von der Firma Netscapes, Internet Explorer von Microsoft oder Web Explorer von IBM. Internet kennt bereits etwa 50 Millionen Nutzer. Unternehmen können im WWW neueste Informationen über ihre Geschäftsbereiche oder Produkte ablegen und so jederzeit abrufbar machen zur technischen Unterstützung von Kunden, zur Kommunikation mit Vertragspartnern, als Plattform für das Marketing. Dieser weltweite Informationsaustausch über Rechner birgt die Gefahr in sich, daß sog. Cracker (vgl. 1.2.2.7) von Außen in den eigenen Rechner eindringen und geheime Informationen erlauschen bzw. Programme zerstören. Deshalb ist vor Aufnahme von Internet-Kontakten der eigene Rechner zu sichern etwa mit SATAN (Security Administrative Tool for Analysing Networks). Internet-Unternehmen erwarten vom zunehmenden Einsatz der WWWDienste gemäß dem Prinzip „Thin clients, fat servers" eine Umkehr der gegenwärtig dezentralisierenden Unternehmens-EDV zur Rezentralisierung. Da diese Anwendungen nicht auf eine bestimmte Hardware oder auf ein bestimmtes Betriebsystem festgelegt sind, können dadurch dominierende Betriebssysteme wie Windows von Microsoft, OS/2, aber auch die Intel-Prozessoren verdrängt werden; dazu eignen sich auch PCs ohne „Gedächtnis (memory)". In diese Richtung geht Intranet, ein nutzerfreundliches internes Netzwerk, das mit WebElementen, etwa mit den genannten Browsern, schnell den Weg durch große betriebliche Datenmassen bahnt; damit können die Unternehmen die Kommunikation im Betrieb wie auch die Verbindung mit der Außenwelt zu verbessern. Insgesamt wird durch Intranet die betriebliche Datenverarbeitung stärker informationsorientiert, entsprechend wird das betriebliche Wissen stärker vernetzt. Allerdings entsteht dann das betriebswirtschaftliche Problem: Wieviel Information soll nach Außen dringen, etwa zu wichtigen Lieferanten oder zu wichtigen Kunden? Wieviel Intimität braucht das Unternehmen? Datenbank-Typologien Bei den Datenbanken lassen sich vom Informationsgehalt her folgende Typologien unterschieden: 1. Faktendatenbanken. Sie enthalten Primärdaten, beschränken aber auf die wesentlichen Aussagen von Texten mit dem Vorteil, daß nur wesentlich Informationen gespeichert werden, die dann sofort erhältlich sind, und mit dem Nachteil, daß unwesentlich erscheinende Informationen, die im Einzelfall erhöhte Bedeutung gewinnen können, unterdrückt werden. 2. Bibliographische Datenbanken. Sie enthalten nur bibliographische Sekundärinformationen: Angaben zum Autor, Titel und Erscheinungsjahr, Klassifikationen, Schlagworte und kurze Inhaltsangaben. Diese Informationen können sich auf Bücher, Dissertationen, Konferenzen, Zeitschriftenaufsätze und Monographien beziehen. 3. Volltextdatenbanken. Sie enthalten neben bibliograhischen Informationen den gesamten Text des Originaldokuments und gewähren so einerseits eine umfassende Informationsversorgung, wenngleich andererseits selten dabei Tabellen und Abbildungen eingespeichert werden. Da derartige Datenbanken keine Komprimierungen anbieten, ist der Suchauftvand gewöhnlich relativ groß. Die Tendenz geht zu "Netzwerkagenten", welche dem Online-Nutzer die Datenbankauswahl abnehmen und dabei elektronische Sendboten weltweit aussenden, die gemäß dem formulierten Informationsproblem selbständig nach Lösungen suchen, sowie zu hypermedialen Datenbanken, von denen neben Texten, Tabellen und Graphiken auch Berichte und Reportagen in Videoform abgerufen werden können. Pre- und Postprozessoren Bei Preprozessoren handelt es sich um Programme, die anderen Programmsystemen vorgeschaltet werden, um bestimmte Eingabedaten zu erzeugen, etwa zur Erzeugung der Eingabedaten für eine FEM-Berechnung (Finite Elemente Methode) in der Konstruktion. Entsprechend dienen Postprozessoren dazu, berechnete Daten aus einem vorhergehenden Programm in ein anderes Format ei-

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1. Hauptteil: Einführung

nes bestimmten Anwendungsprogramms, eines anderen Computers oder einer anderen Maschine umzuwandeln. Für derartige Programmverknüpfüngen ist eine neutrale Übertragungsdatei erforderlich (vgl. Abb. 12-17). Verwandt werden hauptsächlich • IGES (Initial Graphics Exchange Specification, 1980 Version 1.0, 1986 Version 3.0); • SET (Standard d'Exchange et de Transfert); • VDA-FS (Verein Deutscher Automobilbauanstalten - Flächenschnittstelle), die Geometriedaten und Bemaßungen von computer-generierten Konstruktionszeichnungen übertragen (1983 Version 1.0 als DIN 66301, 1986 Version 2.0); • STEP (Standard for Exchange ofProduct Model Data) von der Internationalen Standardisierungsorganisation ISO soll künftig darüber hinaus auch noch Toleranzangaben übertragen. Derartige Schnittstellen erleichtern die Übertragung von Produktdaten, wodurch sich mehrfache Beschreibungen ersparen und dadurch Fehlerquellen vermeiden lassen, vor allem bei der Pflege und Aktualisierung von Daten etwa beim CAD (vgl. 3.2.1.3). Allerdings stellen derartige Schnittstellen nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen zwei Systemen dar, so daß bei der Übertragung etliche Informationen verloren gehen können. Abb. 12-17: Datenumwandlung zwischen zwei DV-Systemen CAD-System I Preprozessor Postprozessor

neutrale Übertragungsdatei: IGES, Set, V D A - F S

C A D - S y s t e m II Preprozessor Postprozessor

Schadensversicherung bei Software-Pannen Fehlerhafte Software kann den Computer aus dem Takt bringen, so daß z.B. die Büroterminals Matt-scheibe haben, computerbeschickte Lager durcheinander geraten, auf Fertigungsstraßen Autos mit den falschen Sonderausstattungen bestückt werden. Das kann einmal daran liegen, daß Softwareanbieter mit Billigangeboten kommen, die nicht optimal auf den Anwender zugeschnitten sind (sog. Quick- and Dirty-Programme). Selbst wenn die Programme von den SoftwareDesignern gut durchdacht sind, tauchen immer wieder Fehler auf; eine gute Leistung liegt schon vor, wenn die Systemausfallzeit 2% der monatlichen Laufzeit nicht übersteigt. Der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI) hat eine SpezialVersicherung entwickelt, die bei Softwarepannen Schäden bis in eine Höhe von 5 Mill. DM ersetzt, vorausgesetzt, die Software unterliegt vorher einem Sicherheits-Check durch die eigens dafür gegründete Gesellschaft zur Prüfung von Software (GPS), die Struktur und Leistung der Software auf Schwachstellen untersucht. Alternative Hardware-Software-Kombinationen Soll sich der EDV-Anwender seine Hardware und seine Software selbst zusammenstellen oder soll er zu sog. schlüsselfertigen Systemen greifen? I. Schlüsselfertige Systeme Schlüsselfertige Systeme weisen gewöhnlich eine gute Abstimmung zwischen Hardware und Software auf. Die Planungs- und Einfuhrungszeit ist im allgemeinen relativ kurz. Der Systeminstallateur übernimmt auch eventuell Wartung und Betreuung des Systems. Installation und Betreuung des Systems sind gewöhnlich von hoher "Kompetenz". Allerdings muß der Nutzer mit relativ hohen Investitionen rechnen. Auch wird sein System relativ abgekapselt sein, so daß die Portabilität auf andere Systeme sowie die Anschlußfähigkeit an andere Systeme erschwert ist. Im Zweifels Falle ist der Nutzer bei Erweiterungen auf die Originallieferanten angewiesen, die dadurch eine monopolartige Stellung erhalten. Liegen Mängel bei dem schlüsselfertigen System vor, kann der Nutzer nach einem Urteil des OLG Köln vom 12. Juli 1991 (AZ: 19 U 49/91) nur dann "wandeln" d.h. den Vertrag in seiner Gesamtheit rückgängig machen, wenn es sich bei der Hard- und Software um einen einheitlichen Kaufgegenstand handelt, und zwar nicht nur nach dem Willen der Parteien, sondern auch nach der VerkehrsaufFassung. Unteilbarkeit liege dann vor, wenn diegeschuldete Leistung technisch unteilbar sei. Die Zusammenfassung des Kaufs von Hardware und

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

149

Software in einer Urkunde begründe zwar die Vermutung, daß es sich um einen einheitlichen Vertrag handele. Würden dabei jedoch Standardhardware und -Software geliefert, wäre jedoch diese Vermutung widerlegt, so daiß Störungen in einem Bereich nicht zur Auflösung des ganzen Vertrags führe (vgl. Computerwoche 6. Dezember 1991, S. 52). Will demnach der Nutzer bei der Störung in einem Teil des Vertrags den ganzen Vertrag wandeln können, muß dieses Recht expressis verbis im Vertrag niedergelegt sein. II. Offene Kombinationen Der Nutzer kann zwischen Geräten und Programmen relativ frei wählen. Da in diesem Fall die Programme weitgehend rechnerunabhängig sind, können sie auch auf andere Systeme portiert werden. Der Nutzer kann eine modulare Ausbaufähigkeit des Systems ansteuern. Dem steht häufig ein hoher Anpassungsaufwand zwischen Software und Hardware gegenüber. Bei Mängeln und Fehlern ist eine eindeutige Zuweisung zu den Hardware- und Software-Lieferanten erschwert, so daß der Nutzer eventuell mit erheblichen Zeitverlusten und mit erheblichen zusätzlichen Aufwendungen rechnen muß. Hardware- und Software-Lebenszyklen Die beiden Komponenten eines EDV-Systems - Hardware und Software - besitzen Lebenszyklen unterschiedlicher Dauer (vgl. Abb. 12-18, vgl. LV 11.46 S. 3). Danach haben die diversen Software-Systeme, Architekturen und Schnittstellen-Standards etwa von CCITT eine mehrfache Lebensdauer im Vergleich zur Hardware. Die Architektur des erstmals 1964 von der IBM angebotenen /360 Computersystems hat auch heute noch Bestand; zwischendurch wurde es nur evolutionär neuen Anforderungen und Möglichkeiten angepaßt, ohne daß die Grundstruktur verloren ging. Das ermöglicht weitestgehende Abwärtskompatibilität unter den Systemen und erleichtert ihre Integration. Bei der Entwicklung neuer Architekturen ist demnach ein tragender Kompromiß zwischen unveränderlich stabilen Strukturen und Offenheit für Änderungen zu finden. Abb. 12-18: Hardware- und Software-Lebenszyklen Syst emkomponent e n Hardware 3 - 5 J. A n w e n d e r - S o f t w a r e 6 J. Betriebssystem-Software

15 Jahre

A r c h i t e k t u r u n d S c h n i t t s t e l l e n wie CCITT, OSI ü b e r 20 J.

Zeit

Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-30 in Abschnitt 1.7!

1.2.2.4 Betriebsarten der EDV Die nachfolgend beschriebenen Betriebsarten der EDV kommen in den Betrieben gewöhnlich in Kombination zur Anwendung. I. Stapelverarbeitung (Batch-Processing) Bis zu Beginn der Achziger Jahre dominierte bei der EDV die Stapelverarbeitung, bei der zunächst die Daten gesammelt und dann zu bestimmten Terminen in den Computer eingegeben und nach Erteilung eines Kommandos abgearbeitet werden. Bei der monatlichen Lohn- und Gehaltsabrechnung mag das gut angehen, bei einer monatlichen Lagerverwaltung fehlten die aktuellen Daten. Die Vorteile der Offline-Verarbeitung liegen darin, daß der Computer nur bei Bedarf zu rüsten ist, • daß sie deshalb in der Zwischenzeit keine anderen Programme blockiert und« daß keine teuere Standleitung benötigt wird.

150

1. Hauptteil: Einführung

Stapelfernverarbeitung (Remote Batch) basiert auf Datenfernübertragung über Datenendstationen zum Zentral-Computer und läßt sich in drei Formen betreiben (vgl. LV 11.35 S. 223): • durch Übermitteln kompletter Verarbeitungsaufträge (Jobs) zum zentralen System, • durch Abarbeiten der Aufträge in natürlicher Reihenfolge oder nach Prioritäten, • durch Rücksenden der Verarbeitungsergebnisse zum entfernten Systembenutzer. II. Echtzeitverarbeitung (Real-Time-Processing) Echtzeitverarbeitung liegt vor, wenn die EDV-Anlage "online" d.h.sofort auf eine von außen kommende Aufgabe reagiert. Dies ist an verschiedene Voraussetzungen geknüpft: • die EDV-Anlage muß mit externen Speichern ausgerüstet sein, die einen direkten Zugriff" erlauben z.B. Magnetplattenspeicher, • an den Stellen des Datenanfalls müssen sich Terminals mit Direktleitung zur EDV-Anlage befinden; • die EDV-Anlage muß ständig Echtverarbeitungsprogramme speichern; • es ist ein hoher Sicherheitsgrad zu gewährleisten etwa durch Installation einer zweiten Anlage zum Multiprocessing. Beim Dialogbetrieb greifen Menschen in die Echtzeitverarbeitung ein. Die Echtzeitverarbeitung als aktuelle Datenverarbeitung kommt u.a. zur Anwendung • bei der Kontoverfolgung durch die Banken (vgl. 3.4.1.3), • bei der Platzreservierung durch Touristikunternehmen (vgl. 3.4.1.3), • bei der Steuerung von Produktionsprozessen im Industriebetrieb (vgl. 1.2.2.9), • bei interaktiver Systemsteuerung mit Hilfe der Menütechnik am Bildschirm (vgl. unten). Der Dialogverarbeitung lassen sich - verglichen vor allem mit manueller Arbeit, aber auch mit der Stapelverarbeitung - folgende Vorteile zuordnen (vgl. LV 7.9 S. 356): • sofortige und schnelle Erledigung der Arbeitsaufgaben; • aktueller Stand der gespeicherten Daten; • gleichzeitige Benutzung der Daten von mehreren Stellen; • Verminderung von Arbeitsfehlern; • Einsparung von Formularen und Listen ("papierloses Büro, papierlose Fabrik"); • Verbesserung der Sachbearbeitung; • Entlastung der Sachbearbeiter von Routinetätigkeiten. m . Zeitzuteilungsverfahren (Time-Sharing-Processing) Beim Time-Sharing benutzen mehrere Anwender "gleichzeitig" mit ihren Programmen den Computer. Durch das technische Prinzip des Time-slicing (Zeitteilung) entsteht bei jedem Anwender der Eindruck, daß der Computer nur ihn bedient, während dieser jedoch reihum die Anwender versorgt. Durch das Time-Sharing läßt sich nur die subjektive Wartezeit der Anwender verkürzen; praktisch verursacht das Ein- und Auslagern der Programme jedoch einige Verlustzeiten. IV. Arbeitsplatzorientierte Computernutzung (Distributed Data Processing) Beim Distributed Processing kann der Anwender durch Eingabe bestimmen, ob er als Einzelstation oder im Netzwerkverbund arbeiten möchte. Durch den Einsatz von Mikrocomputern mit beträchtlicher Leistungskapazität lassen sich umfassende Aufgabenbereiche aus der zentralen Datenverarbeitung herauslösen und in die Fachabteilungen zurückverlagern. Dabei übernimmt der Mikrocomputer Rechen- und Kontrollarbeiten und entlastet so den Mitarbeiter. Dieser fordert über dem Bildschirm die von ihm benötigten Informationen papierlos und damit weniger aufwendig an. Insgesamt bleibt der natürliche Datenfluß erhalten, ebenso die "persönliche" Verantwortung für die betreffenden Funktionen. Mit Hilfe benutzfreundlicher Software ist es möglich, daß auch Laien die EDV-Geräte bedienen. Die Menütechnik z.B. gibt über die Menümaske die Auswahlmöglichkeit unter einer Anzahl von Operationen, Funktionen, Befehlen und Programmen, die der Anwender durch Antippen - Maus, Cursortasten oder mit einem Stift auf dem Bildschirm (Touch-Screen) - aktivieren kann. Der Anwender kann dann mehrere Menüebenen in Fonn eines Suchbaums "durchfahren": bei Einschalten des Computers erscheint am Bildschirm eine Übersicht über alle verfugbaren Programme. Durch Schalten eines Kennbuchstabens oder durch Antippen wählt er als Untermenü ein bestimmtes Programm, z.B. das Finanzprogramm. Dieses erscheint als neues (Unter-)Menü: Artikeldatei; Lohnaufstellung; Aufstellung der Ausgangsrechnungen etc. Wählt er z.B. die Lohnaufstellung, erhält er als neues Menü die Alternativen: neue Lohnempfänger aufnehmen; Lohnempfänger löschen etc.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

151

Die betriebswirtschaftliche Bedeutung der Menütechnik liegt demnach darin, daß der Anwender weitgehend ohne fremde Hilfe den Computer nutzen kann, eventuell braucht er dazu noch nicht einmal ein Benutzerhandbuch. Bei der arbeitsplatzorientierten Nutzung können folgende Arbeitsstrategien zur Anwendung kommen: 1. Solitäre Nutzung. Hier steht der Computer einzig und allein einer bestimmten Person zur Nutzung zur Verfügung. 2. Kollektive Nutzung. 2.1 Closed Shop. Hier wird der Auftrag am "Schalter" der Abteilung abgegeben, bearbeitet und fertig dem Verwender übergeben etwa bei CAD-Bearbeitungen (vgl. 3.2.1.3). 2.2 Time Sharing. Hier teilt sich eine begrenzte Anzahl von Mitarbeitern die Nutzung des Computers entweder auf der Basis flexibler Nutzung (Walk-in) oder auf der Basis mehr oder weniger starrer Zeitpläne. V. Graphische Anwendungen Um 1964 erschienen die ersten Computergraphiken. Zur graphischen Darstellung benötigt der Computer spezielle elektronische Bauteile, die auf Kunststoff'karten" montiert werden. Im Laufe der Zeit verbesserten sich die Graphikstandards und damit die Graphikkarten: • Die MDA-Karte (Monochrom Display Adapter), der älteste nun schon vergessene Standard von 1982, zeigte Texte nur in einem Format von 25 Zeilen zu jeweils 80 Zeichen in einer Farbe am Bildschirm. • Die Hercules-Karte, von der gleichnamigen Firma entwickelt, setzte einfarbige Bilder und Graphiken aus 720 x 348 Kleinstpunkten zusammen, Pixel genannt. Sie reichte schon für Standardanwendungen wie Balkendiagramme. • Die CGA-Kaite (Color Graphics Array), eine schnelle Antwort von IBM, zeigte bereits vier Farben aus einer Palette von 16 Farben. Obwohl die Auflösung - die Auflösung gibt die Zahl der Graphikpunkte je Zeile und die Zahl der Zeilen an - 640 x 200 Pixel nur grobe Bilder erzeugte, erreichte sie eine weite Verbreitung, da sie die Bilder schon auf einfachen und entsprechend preiswerten Monitoren darstellen konnte. • Die seit 1985 angebotene EGA-Karte (Enhanced Graphics Array/Adapter) weist als eine Weiterentwicklung schon eine Auflösung von 640 x 350 Pixel in gleichzeitig 16 von 64 möglichen Farben auf. Die meisten EGA-Karten sind abwärtskompatibel zu Hercules- und CGA-Karten. • Die VGA-Karte (Video Graphics Array), eine Entwicklung der IBM von 1987 für die PC-Linie PS/2, ist in der Auflösung variabel hoch bis 640 x 480 Pixel. Die Farbvielfalt erlaubt nun fast fotorealistische Bilder. Der erweiterte VGA-Standard in der sog. VESA-Spezifikation (Video Electronics Standards Association) gehtauf 800 x 600 Pixel hinauf. Die VGA 1024i erreicht sogar eine Auflösung von 1024 x 768 bei 16 Farben (vgl. auch 3.2.3.4). Bei einer Echtfarb-Graphikkarte (True Color-Karte) kann der Computer bis zu 16,7 Millionen Farben gleichzeitig darstellen und kommt so zu einem ralistischen Bild. Die zur Bildwiedergabe eingesetzten Monitore unterscheiden sich vor allem hinsichtlich Auflösung, Farbdarstellung und Graphikfähigkeit: • Kathodenstrahlröhren. Sie besitzen eine große Bautiefe, benötigen einen hohen Stromverbrauch und besitzen ein grßes Gewicht. Sie senden elektromagneische, elektrostatische und Röntgen strahlen aus und sind stoßempfindlich. • Plasmabildschirme. Sie sind mechanisch stabil, aber nur monochrom einsetzbar. • Flüssigkeitskristall-/LCD-Bildschirme. Sie besitzen einen geringen Stromverbrauch und senden keine Strahlung aus. Es sind monochrome und farbige Darstellungen möglich. Die Bildwiederholfrequenz - in Hertz gemessen - gibt an, wie oft ein Monitorbild in einer Sekunde aufgebaut wird. Erst bei mindestens 70 Hertz entsteht ein flimmerfreies Bild. Die meisten Monitore besitzen jedoch nur eine Bildwiederholfrequenz von 60 Hertz. Der Multisync-Monitor stellt sich innerhalb eines bestimmten Bereichs automatisch auf die Bildund Zeilenfrequenz der jeweils verwendeten Graphikkarte ein und ist so für verschiedene Graphikstandards einsetzbar. Der Rechner kann je nach Leistungsfähigkeit des Programms perspektivische Darstellungen, Darstellungen mit unbegrenzter Tiefenschärfe, beleuchtete Szenen etc. darstellen, im Extremfall sogar bewegliche Szenen. Letzteres trägt die Bezeichnung Computeranimation und dient in den Betrieben Simulationszwecken etwa zur Demonstration von Bauvorhaben und der Funktionsweise von Erfindungen, zur visuellen Simulation chemischer, physischer und mathematischer Prozesse.

152

1. Hauptteil:

Einführung

Von verschiedenen Softwareerzeugern werden Graphikprogramme mit unterschiedlichen Leistungen angeboten (vgl. LV 11.51 2.5): • MS Chart von Microsoft farbige Geschäftsgraphiken; • Chart-Master von AshtonTate u.a. farbige Geschäftsgraphiken, Organisations- und Ablaufgraphik, landkartenbezogene Datenauswertung; • Graphwriter II von Lotus Development Geschäftsgraphiken; • Harvard Graphics von Software Publishing Präsentations- und Businessgraphiken VI. Multimedia Multimedia-Karten oder -Adapter ermöglichen dem Benutzer Standbilder, Video und Ton auf dem Computer zu manipulieren, so daß es sich im Wesentlichen um eine Weiterentwicklung der graphischen Computeranwendungen handelt. Multimedia integriert die gesamte elektronische Medienpalette von Bild-Datenbanken, Kassetten, Video, Tonbändern bis CD-Video und CD-Audio, wobei der Computer als "Mischpult" fungiert und synergistische Effekte erzeugen soll. Praktisch werden beim Multimedia Techniken aus dem Druckbereich, aus Funk und Fernsehen sowie aus dem Computerbereich neu "gemischt". Eine der wichtigsten Multimediaeigenschaften ist die Interaktivität, welche dem Anwender die Möglichkeit gibt, in den Programmablauf einzugreifen und das Geschehen am Bildschirm nach seinen Vorstellungen zu manipulieren. Dabei vereinigt ein speziell für Multimedia-Anwendungen entwickelter Chip alle notwendigen Multimedia-Funktionen (vgl. Abb. 12-19): • Digitalisierung der Videobilder; • Verwaltung des Bildspeichers; • Skalierung und Positionierung der Bilder auf dem Monitor; • Integration von Videobildern, Computergraphiken und Ton. Abb. 12-19: Konfiguration eines Multimedia-Systems (entn. Markt & Technik, Okt. 1991, S. 22)

Da Video und Ton sehr stark speicherintensiv sind, gilt es in die Anwendungsprogramme Algorithmen einzubauen, welche im Wege der sog. Kompression den Speicherbedarf verringern und so die Kosten des Multimedia senken, die schon bei der Vorbereitung der Programme - und damit in der Vorphase - sehr hoch sind. Bei der Videointegration werden für 1 Sekunde 1 8 - 2 2 MB, für eine Minute über 1 GB und für 1 Stunde 65 GB auf der Festplatte belegt, so daß Festplatten nicht groß und leistungsfähig genug sind und daher auf analoge Videorecorder oder auf Laserdisk ausgewichen werden muß. Starke Kompressionen sind andererseits mit realen Verlusten von Bildinformationen ("Lossy Compression") verbunden. Die Bildkompression erfolgt bereits nach genormten Systemen: • JPEG (Joint Photographic Experts Group) wird bei Standbildern verwandt und erreicht Kompressionsraten von 1:10-20:1; • DVI (Digital Video Interactive) - ursprünglich von RCA entwickelt und gegenwärtig im Eigentum von Intel - ist bei Bewegtbildern mit ausreichender Bildqualität einsetzbar - eine Unterform dazu ist MPEG (Motion Picture Expert Group) -, dabei erreicht DVI Kompressionsraten von 160:1. Die Massenverbreitung von Multimedia wird deshalb im entscheidenden Maße davon abhängen, ob leistungsstarke Tools zur kostengünstigen Routineerstellung von Multimedia-Programmen entwickelt und angeboten werden. Einsetzen lassen sich Multimedia-Applikationen • bei der Mitarbeiterschulung im Rahmen des Computer-Based-Training (vgl. 3.6.1.5), wo interaktive Systeme lebensnahe und prägnante Lernsituationen simulieren und wo der Lernende über das Mikrofon seine Aussprache etwa beim Erlernen fremder Sprachen über Lautsprecher

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

153

vergleichen und korrigieren kann sowie das Lerntempo individuell bestimmen kann - letzteres ist ein erheblicher Vorteil gegenüber dem Frontalunterricht durch Lehrer; • bei Video-Konferenzen mit Gruppenarbeit oder im Dienstleistungsbereich, um dem Kunden bei Problemen Consulting-on-demand zu bieten; • bei der elektronischen Post mit Sprachannotation; • im Vertrieb - zur Information am Point-of-Interest (POI), wenn etwa dem Kunden auf seine Wünschen hin speziell zusammengestellte Videos von Hotels und von Freizeitangeboten vorgeführt werden, beiläufig kann Multimedia dann auch der Imagepflege im Rahmen der Corporate-Identity dienen, - zur Verkaufsunterstützung am Verkaufspunkt (POS = Point-of-Sale), wenn dem Kunden audio-visuelle Präsentationen geboten werden insbesondere bei erklärungsbedürftigen technischen Produkten, so daß er auf Tastendruck hin Accessoires, StofFqualitäten, Preise, Grössen, etc. abrufen und gleichzeitig seine Bestellung formulieren kann; • beim "Imaging" d.h. der digitalen elektronischen Dokumentenerfassung u.a. Fotos, Vertragstexte, die als Faksimile im Monitor wiederaufgerufen und dann bearbeitet werden können, eventuell kollektiv mit Hilfe von Video-Konferenzen. Die Unternehmen können auf verschiedene Multimedia-Produkte am Markt zurückgreifen: • MIDI (Musical Instruments Digital Interface), eine Steckkarte, ermöglicht eine Verbindung von Musikinstrumenten mit dem Computer und damit ihre Steuerung über den Computer. Der PC Atari St z.B. besitzt eine serienmäßig eingebaute MIDI-Schnittstelle. • Spezielle Kameras speichern im Wege des Still Video Bilder digital auf Arbeitsspeichern anstelle wie üblich als Negative. • Videologic bietet für den Macintosh-Computer von Apple, aber auch für den IBM PS/2 sowie für die PC XT/AT die Multimedia-Karte DVA-4000 für Bewegtbilder an, eine interaktiven Video-Adapter der IVA-Serie, Multimedia-Entwickler-Werkzeuge sowie die MIC Entwicklungsplattform. Damit lassen sich auf dem Computerbildschirm hochauflösende flimmerfreie Videobilder erzeugen und diese mit Graphiken und Texten mischen. • IBM selbst bietet für den IBM PS/2 im Rahmen des Multimedia-Computing ein Softwarepaket, drei Adapterkarten sowie die IBM Audio Video Connection (AVC) an. • Miro Datensysteme bietet die Karte miroMovie an, die sich direkt an eine beliebige Videoquelle anschließen läßt (vgl. Abb. 12-19). Mit ihrer Hilfe lassen sich Schrift, Computergraphik, Videobilder und Audiosignale verarbeiten. Dafür wird ein Steckplatz in einem PC mit ISA- oder EISABus benötigt. Der Display-Teil ist mit einem Super-VGA-Chip (Tseng ET 4000) ausgestattet, der gleichzeitig bis zu 32.768 Farben darstellen kann bei voller Komptibilität zu EGA, CGA, MDA und Hercules. Dabei wird eine Auflösung von 800x600 oder 1024x768 oder 640x480 Punkten bei flimmerfreier Bildschirmdarstellung ermöglicht. Erforderlich ist dafür das im Lieferumfang enthaltene Programm "Mirostyler" zur Einblendung, Verarbeitung und Archivierung von Videobildern. Durch Einbindung eines solchen Systems in DTP-Programme (vgl. 1.2.2.8) werden aufwendige Fotoarbeiten und Scanner in vielen Fällen überflüssig. VII. Datenfernverarbeitung (Tele-Processing) Die Datenfernübertragung (DFÜ) erlaubt eine dezentrale Erfassung und eine zentrale Verarbeitung von Daten in folgenden Formen: • On-Line-Datenfernverarbeitung. Sie setzt die ständige Aufnahmebereitschaft der EDVAnlage voraus, und zwar entweder für die einseitige Datenfernübertragung oder für die Dialogfernverarbeitung im sog. interaktiven Betrieb, wenn z.B. bei der Bank nach einer Ein- oder Auszahlung sofort der neue Kontostand ermittelt werden soll, ist ein interaktiver Betrieb erforderlich. • Off-Line-Datenfernverarbeitung. Bei ihr erfolgt eine zwischenzeitliche Sammlung der Daten auf Datenträgern zur sog. Stapelfernverarbeitung etwa bei der monatlichen Übertragung der Buchungen dezentraler Vertriebsstellen. Die Signalübertragung bei der DFÜ erfolgt • mit Hilfe elektrischer Leitungen und/oder - zunehmend häufiger • mit Hilfe von Funksignalen z.T. als sog. Mobilfünk. Überschreitet in der BR Deutschland die Datenübertragung private Grundstücksgrenzen, unterliegt die Erstellung, Wartung und Dienstleistung bei der Datenübertragung der Deutschen Bundespost. Sie legt die einzuhaltenden Schnittstellen und Protokolle fest (vgl. Abb. 12-20):

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1. Hauptteil: Einführung

• Einige 10.000 Datenstationen benutzen das Fernsprechnetz als Übertragungsmedium. Zur Einspeisung der Computerinformationen in das Fernsprechnetz sind posteigene Modems (Modulator/ Demodulator) erforderlich. • Der bereits 1933 eingeführte Telexdienst besitzt nur geringe Übertragungsgeschwindigkeit sowie einen kleinen Zeichenvorrat. • Der seit 1979 vorhandene Fernkopierdienst Telefax übermittelt die Nachrichten in der vorgegebenen Form, also auch Zeichnungen und Bilder. • Der 1982 eingeführte Teletext verbindet moderne Textverarbeitung mit der Datenübertragung. • Der Datex-Dienst (Data Exchange) wurde 1967 speziell für die Datenkommunikation mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von 200 Bits/s eingeführt, 1976 mit dem Datex-L Netz auf 9.600 Bits/s verstärkt. 1982 kam das Datex-P Netz, das zwischen den Anschlüssen keine physikalische, sondern zur besseren Nutzung der Übertragungskanäle nur eine virtuelle Verbindung herbeifuhrt; die zu übertragenden Informationen sind zunächst voll zu speichern und werden dann in "Paketen" von je 1024 Bit vermittelt. Dabei werden Protokollkonverter bzw. PAD-Einrichtungen (Package Assembly and Dissassembly) eingesetzt. • Festgeschaltete Verbindungen zwischen EDV-Anlagen (HfD = Hauptanschluß für Direktanruf) bietet per Standleitung das Direktrufhetz an. • Mit Btx führte die Bundespost 1984 einen bildschirmorientierten Dialogdienst ein. Abb. 12-20: Integration der DFÜ-Dienste (vgl. LV 11.28 S. 18) Dienste Fernsprechen DFÜ durch Modem Telefax Btx Telex Datex-L Teletext Datex-P Datex-J T e l e f a x 64 k b i t / s Bildfernsprechen Video-Konferenz Hörfunk Fernsehen

b i s 1988 Fernsprechnetz

ab 1988 Schmalband ISDN 64 k b i t / s

korrigiertes Fernschreibnetz

ab 1990

Schmalband Universalund netz Breitband ISDN nx64 k b i t / s

für B t x

(IDN) B1GFON

Videokonf. Versuch Gemeinsch. B K - N e t z e Antennen

ab 1992

BK-Netze

• Da relativ erfolglos wurde Btx 1992 in Anlehnung an das französische Minitel durch Datex-J mit einer auf 2.400 bps verdoppelten Übertragungsgeschwindigkeit mit Zugangsmöglichkeit für ISDN ersetzt, wobei J für "Jedermann" steht und vornehmlich von der Kundschaft zum Homebanking benutzt wird (etwa 850.000 Nutzer Mitte 1995). Ab 24. 8. 1995 bietet T-Online eine "Auffahrt" zum World Wide Web des Internet, zum E-Mail-Adresse und zum Bildschirmtext, nun wieder Btx genannt, wobei T-Online ein KIT-Decoder für OS/2 und Windows besitzt. Das von der Bundespost entwickelte Datenübertragungsnetz ISDN (Integrated Service Digital Network) soll durch digitale Übertragung die Datenkommunikation multifünktional erleichtern. Auf das ISDN baut weitgehend das internationale Referenzmodell OSI (Open Systems Interconnections) auf, der in 7 Schichten (Layers) den Verkehr zwischen der Hardware und Software verschiedener Hersteller bestimmten Regeln ermöglicht: 7. Schicht: Application = Anwendungsschicht = Benutzeroberfläche 6. Schicht: Presentation = Präsentationsschicht = Zugangskontrolle 5. Schicht: Session = Sitzungssch. = Dialog-Verwalt., Checkpoints 4. Schicht: Transportschicht = Bereitstellung der Nutzdaten 3. Schicht: Network = Netzwerkschicht = Verbindungsmanagement 2. Schicht: Data Link = Verbindungsschicht = Datenflußkontrolle 1. Schicht: physikalische Schicht = Signalerzeugung.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

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Zu den Diensten der Applikationsschicht gehören u.a. • Identifikation der Kommunikationspartner durch deren Namen oder Adressen; • Gewährleistung von Zugriffsrechten oder Schutz vor unerlaubter Systembenutzung; • Sicherung von der Dienstqualitäten u.a. zulässige Fehlerrate, Antwortzeit. Referenzmodelle tragen zur Standardisierung in bestimmten Bereichen bei, indem sie dort die Terminologie und die Systemarchitektur normieren. Unter Mehrwertdienste, eine Übersetzung der angelsächsichen Bezeichnung Value Added Network and Services (VANS), sind solche Dienste zu verstehen, die im Fernmeldebereich über das Übertragen von Informationen hinausgehen und so eine zusätzliche Wertschöpfung erzielen sollen. Die Bundespost bietet als VANs u.a. an • die Weck- und Ansagedienste, • den Bildschirmdienst (Btx), • Telebox, darunter ist Electronic Mailbox zu verstehen, und • Temex (Telemetry Exchange") d.h. Fernwirkinformationen ohne Störung des Sprachverkehrs im analogen Fernsprechnetz. Von privaten Anbietern kommen als VANs u.a. • Datev = Steuerberatung, Einkommen- und Steuerabrechnung, • Start = Touristik, • Swift = schneller Zahlungsverkehr (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication), • SABRE, Galileo bzw. Amadeus bzw. Sita = Luftverkehr. VIII. Tele-Heimarbeit (Telearbeit) Bei der Telearbeit handelt es um eine Verbindung von arbeitsplatzorientierter Computernutzung und von Datenfernübertragung. Dieses Thema hat eine weite Publizität erfahren; Futurologen wie John Naisbitt und Alvin Toffler sowie amerikanische "Denkfabriken" wie das Massachusetts Institute of Technology (MIT) und das Institute for the Future haben sich mit optimistischen Prognosen hervorgetan: so sollen im Jahr 2000 40% aller Berufstätigen in den USA in Tele-Heimarbeit beschäftigt sein. Jedoch stehen die bisherigen praktischen Verwendungen in keinem Verhältnis zu diesen Prognosen. Es müßte deshalb schon zu einem regelrechten Dammbruch kommen, wenn diese Vorhersagen eingehalten werden sollten. Die RKW-Studie "Dezentralisierung von Angestelltentätigkeiten mit Hilfe von Informations- und Telekommunikationstechnologien" gibt als Gründe für die Einführung von Telearbeit vor allem an: • Wunsch nach Flexibilisierung der Arbeit - Telearbeit zuhause alternierend mit Büroarbeit - ; • Statusverbesserungen durch den Umgang mit technischen Systemen; • Erfordernis direkter Beratung; • soziale Kontakte und Qualifikationsmöglichkeiten. Als weitere Gründe für Telearbeit ließen sich anfuhren: flexiblerer Personaleinsatz; höhere Arbeitsqualität; bessere Ausnutzung des Arbeitsmarkts; insgesamt also Produktivitätssteigerung. Nach einer Befragung von europäischen Führungskräften kommt Telearbeit vor allem für folgende Tätigkeiten in Frage: (zitiert nach Computerwoche 44/1995 S. 7) - Datenerfassung 45% - Programmiertätigkeiten 32% - A d m i n i s t r a t i v e Tätigkeit 30% - Übersetzungen 28% - Buchungsservice 26% - Buchhaltung 27% - Vertrieb, Marketing 24% - Redaktionsarbeiten 22% - Beratung 19% Die Telarbeit steht in Deutschland erst am Beginn der Entwicklung. Neben humanen Fragen (vgl. 1.2.4.7) sind deshalb nach R. Kreibich zuerst Fragen dezentraler betrieblicher Arbeitsorganisation neuer computerunterstützter dezentraler Informations- und Kommunikationsstrukturen zu lösen (vgl. LV 1.49 S. 62): • Veranschlagung von Investitionen, Gebühren und Personalkosten; • Lösung von technisch-organisatorischen Fragen wie Standardisierung, Koordination, Umorganisation der Aufgabeninhalte, Technikauswahl, Datenschutz, Schaffung von Mischarbeitsplätzen; • Lösung von sozialen Fragen wie Einarbeitung des Personals, Verantwortung, Qualitätsniveau, Leistungsbereitschaft; • innerbetriebliche Verankerung der Telearbeit durch Herbeiführung der Akzeptanz, Abstimmung mit der Personalvertretung. Durchgeführt wird die Telearbeit bisher mit Hilfe von Postdiensten wie Telex, Telefax, HFDLeitung, Datex-P, Teletex und Bildschirmtext. In Zukunft kommt eine größere Nutzung von Mailbox, Btx (Datex-J), Teletex, Datex-P und Datex-L in Frage, nicht so sehr von Telex und HFD-Leitung. Foto-Journalisten können die Funkübertragung zur Kommunikation von Text und Fotos einsetzen. Telearbeit kann so zur Entkopplung von individueller Arbeitszeit und Betriebsarbeitszeit und damit zur Arbeitsflexibilisierung beitragen.

156

1. Hauptteil: Einführung

Zu initialisieren ist die Telearbeit im Unternehmen mit einer entsprechenden Betriebsvereinbarung. So wurde 1991 bei der IBM Deutschland zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat eine Vereinbarung zur Einrichtung außerbetrieblicher Arbeitsstätten geschlossen, um die "Zeitspielräume zu erweitern" und um "die heutigen Möglichkeiten der Kommunikation ohne die physische Anwesenheit im Betrieb voll zu nutzen", bei der die I B M • die notwendigen Arbeitsmittel kostenlos zur Verfugung stellt, • für die technische Sicherheit, Ergonomie und Wartung dieser Arbeitsmittel einsteht, • den Arbeitsvertrag ohne Minderung der bestehenden Schutzrechte ergänzt, • zusätzliche Haftungspflichten übernimmt. IX. Computerunterstützte Sprachkommunikation (CUS) Bei entsprechender Ausrüstung der Fernsprechendgeräte ermöglicht CUS mit Hilfe der Mikroprozessortechnik folgende Funktionen (vgl. auch LV 11.35 S. 459f.) • den automatischen Rückruf, dies fuhrt zur Entlastung des Telefonbenutzers von zeitaufwen digen Wählversuchen, falls der angewählte Teilnehmer nicht erreichbar ist, bzw. • den Voice Mail d.h. die Hinterlassung einer akustischen Botschaft in solchen Fällen, • die Anrufumleitung beispielsweise zum dienstlichen Vorgesetzten, • die Kurzwahl als vereinfachtes Wählverfahren für oft benutzte Ruftiummern, • die sprachgesteuerte Teilnehmerwahl. Für das sprachgesteuerte Fernsprechen ist eine Spracherkennungseinrichtung erforderlich, welche akustisch formulierte Ziffernfolgen in der Auswahlsteuerung mit Referenzmustern vergleicht. Das erkannte Muster wird einem Namen in dem elektronischen Teilnehmerverzeichnis zugeordnet und ein Wählsignalumsetzer veranlaßt dann den Verbindungsaufbau. Voice-Mail verlagert sich zunehmend von Mini-Computer auf PCs. Dadurch wird Voice-Mail auch zunehmend preiswerter und so insbesondere für Freiberufliche interessant. Hohe Synergiepotentiale zeigen sich laut der in Freiburg ansässigen Total Communication Gesellschaft für Kommunikationstechnologie bei der Verknüpfung von Voice Mail und Fax; z.B. bei Fax-on-demand können per Telefon Informationen abgerufen werden, die über Sprachausgabe via Fax an Interessenten geleitet werden. Der Voice-Mail-Markt erreicht starke Zuwachsraten. 1994 überstieg er bereits die Drei-Milliarden-Dollar Marke und verteilte sich auf folgende Segmente (vgl. Computerwoche 23/1994 S. 21): • Voice Messaging - Sprachnachrichtenübertragung; • Voice Answering - Telefonanrufverarbeitung; • Voice Response - Sprachausgabe; • Interactive Voice Response - interaktive Sprachinformation. X. Cyberspace Im Rahmen von Multimedia stellt sich Virtual Reality (VR), auch als Cyberspace (William Gibson) bezeichnet, nicht nur als eine Schnittstelle, sondern auch als eine Umgebung (Environment) dar, "in die der Mensch eintritt, um dort mit Objekten in Echtzeit interagieren, sie manipulieren, sie hören und in weiteren Entwicklungsschritten auch fühlen kann. Faktoren wie Dreidimensionalität, Interaktion, Echtzeit, Audiovisuelle und taktile Wahrnehmung zeichnen. . . das Human-User-Interface (HUI) aus" (LV 3.17b S. 56). Insbesondere die Automobil-, Flugzeug- und Raumfahrtindustrie sucht die VR im Forschungs- und Entwicklungsbereich zum Virtual Prototyping einzusetzen. So können je nach Entwicklungsstand Daten manipuliert, Aggregate mit dem Ziel der Leistungsoptimierung verschoben oder ersetzt werden. Und bei der Raumplanung soll Cyberspace der optimalen Raumnutzung dienen. Zur Datenmanipulation und zur Datenausgabe dient eine Einrichtung bestehend aus einem bewegten Stuhl und aus einem Datenhelm, dem sog. Headmounted Displays (HMD), mit eingebauter Bild- und Tonausgabe. Damit wirklich das Gefiühl entsteht, sich in einer anderen Welt zu befinden. Damit es wirklich zum "fully immersive VR" kommt, bedarf es leistungsstarker VR-Werkzeuge und -Systeme mit hochauflösenden Datenhelmen. Die H M D s können auf LCDs (Liquid Crystal Displays) oder auf CRTs (Cathode Ray Tube) basieren, wobei die CRTs schwerer und teuerer sind, daftir aber auch leistungsfähiger wegen größerer Auflösung. Zum Cyberspace werden verschiedene Einsteigerpakete angeboten (vgl. ebenda S. 63) u.a. VR-Software Hersteller/Vertrieb Plattform R e n d 3 86 Wait Group Press (Kalifornien) MS-DOS V R S t u d i o 2.0 Domark Software Ltd. London MS-Dos, GUI Virtus für Windows Virtus Corporation, Edinburgh MS-DOS, GUI VREAM V R E A M Inc., Chicago MS-DOS, GUI Cyberspace Developer Autodesk, München W i n d o w s 3.1

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

157

Als cyberspacegemäße Form der Dateneingabe gelten • die Spracheingabe und • der "Datenhandschuh", der Handbewegungen in Eingabeinformationen umsetzen kann. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-31 in Abschnitt 1.7! 1.2.2.5 Künstliche Intelligenz - Expertensysteme - Executive-Information-System A. Künstliche Intelligenz (KI) Begriffliche Abgrenzung Intelligenz stammt von dem lateinischen Wort "interlegere" und bezeichnet sinngemäß übersetzt, die Fähigkeit, zwischen den Fakten lesen zu können. Zweckorientiert heißt das, die realen Beziehungen und Hintergründe bei den Fakten erkennen und sie zu rationalen Erkenntnissen, Entscheidungen und Handlungen verwerten zu können, und nicht an der „Oberfläche" hängen zu bleiben. Der aktuelle Begriff "Künstliche Intelligenz" leitet sich von der angelsächsischen Bezeichnung "Artificial Intelligence (AI)" her und entstand 1956 auf einer Konferenz am Dartmouth College, Hanover, in den USA und wurde von dem Informatiker J. McCarthy geprägt. KI sucht die menschliche Intelligenz auf dem Computer nachzubilden. Deshalb trifft die deutsche Übersetzung den gedanklichen Inhalt von AI nicht vollständig: • "intelligence" besitzt einmal im Angelsächsischen eine weiterfuhrende Bedeutung als im Deutschen, da es auch denkbezogene Information, Einsicht und Verstand bedeutet; • "künstlich" besitzt im Deutschen zum anderen nicht nur den Sprachinhalt "gekonnt", "erschaffen", sondern auch "unecht", "falsch", etc. Historie der KI Nach W. Rienecker (LV 11.55 S. 40) bezog sich KI zunächst nur auf künstliche Hilfen zum Verständnis komplexer Zusammenhänge bezog. Mitte der Fünfziger Jahre entwickelte der Mathematiker A. Turing den Vorschlag, die Computer-intelligenz so zu messen wie beim Menschen: durch Kommunikation. Nach dem von ihm entwickelten Turing-Test sollten ein Mensch und ein Computer in getrennten Räumen über Verbindungsleitungen mit einem Außenstehenden kommunizieren. Wenn diese Person dann nicht bestimmen kann, in welchem Raum der Computer oder der Mensch ist, hat der Computer den Test bestanden; wenn der Computer sich wie eine Person verhält, dann ist er eine. Weder können die gegenwärtig schon ziemlich leistungsfähigen Computern den Turing-Test bestehen, noch ist eine Realisationsmöglichkeit des "starken Kl-Postulats", daß sich eine "intelligente Maschine" konstruieren ließe, die den Menschen beherrschen und ihn wie Haustiere (Marvin Minsky) halten könne. Dabei sollten sich nach Frank J. Tipler ("Physik der Unsterblichkeit") Maschinen durch Computerprogramme eine derartige Intelligenz aneignen, daß sie mit der Welt kommunizieren könnten. Bei der RAND Corporation, dem bekannten amerikanischen "Think-Tank", und an der Carnegie-Mellon-Universität hatte zunächst das Forschertrio Newell, Shaw und Simon das nach den Anfangsbuchstaben ihrer Namen benannte NSS-Programm mit einem Universalproblemlöser (GPS = General Problem Solver) entwickelt, das sich aber nicht durchsetzen konnte, weil der Computer die gleichen Lösungsschritte durchfuhren mußte wie der Mensch, wodurch der Computer überfordert war, und weil NSS nur mit Spielen und Rätseln befaßt war, jedoch nicht mit Erscheinungen der realen Welt. An deren Stelle setzte sich eine Zeitlang Marvin Minsky (zusammen mit Seymour Papert) am M I T. mit der Semantic Information Processing, einer Sammlung von Doktorarbeiten von Minskys Studenten, und prophezeite 1967, daß binnen einer Generation eine hinreichende Künstliche Intelligenz zur Erledigung von Aufgaben durch Maschinen erreicht sein würde.Gegen Minskys Arbeiten wandte sich kritisch J. Weizenbaum vom M I T . , als er mit seinem Computerprogramm ELIZA bewies, wieviel scheinbare Intelligenz ein Computer an den Tag legen kann, ohne daß ihm irgendwelche semantische Ausstattung eingegeben worden ist. Nicht zuletzt deswegen ist das optimistische Postulat der Sechziger Jahre gegenwärtig durch die erheblich weniger anspruchsvolle "schwache KI-These" ersetzt worden, nach der wegen der Massen der in einem konkreten realen Raum erforderlichen Wissensverarbeitung etwa beim Schachspiel nur der Einsatz von Heuristiken einen Sinn macht, d.h. Faustregeln, in denen beobachtete Erkenntnisse über konkrete Problemlösungsprozesse und Eigenschaften von

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1. Hauptteil:

Einführung

konkreten Problemlösungen eingeflossen sind, die aber deswegen keinen allgemeinen, sondern nur einen begrenzten Einsatzbereich besitzen. Diese Heuristiken sind als Algorithmen zu formulieren. Dabei ist ein Algorithmus eine präzise Verarbeitungsvorschrift, welche die schrittweise Erledigung von Aufgaben durch Menschen wie Maschinen ermöglicht und zu einem Ergebnis fuhrt, falls es ein solches gibt. Übersicht über die konkreten Anwendungsgebiete der KI Gegenwärtig werden für KI nunmehr folgende konkrete Anwendungsgebiete im Sinne der "schwachen KI-These" genannt: 1. Verarbeitung natürlicher Sprachen Während gegenwärtig noch Programmiersprachen wie Cobol, Fortran zwischengeschaltet werden müssen, um Befehlsprogramme für den Computer zu erzeugen, soll dies in Zukunft bei den Computern der 5. Generation direkt mit Hilfe einfacher natürlicher Sprachen möglich sein. Als Hauptproblem erweist sich die Mehrdeutigkeit natürlicher Sprachen etwa syntaktischer Art oder lexikalischer Art. Im letzteren Fall kann z.B. Schloß eine Türverriegelung oder ein prachtvolles Gebäude bedeuten. Die Lösung könnte in der Katalogisierung von Befehlen in natürlicher Sprache für bestimmte Problemkreise liegen. 2. Automatische Programmierung und Programmverifikation KI wird zur Erstellung von lauffähigen Programmen eingesetzt, zur Verifikation d.h. zum Beweis der Korrektheit von bestimmter Software und Hardware. 3. Bildverarbeitung und Bildverstehen (Pattern Recognition Expert Vision) Bisher konnte nur das Gehirn inhaltslose Datenmengen bildlicher Art interpretieren und dadurch Informationen erzeugen. Im Rahmen der KI sollen Computer diese Aufgabe übernehmen etwa bei Schaltplänen, bei gedruckten oder handgeschriebenen Texten, im Roboterarbeitsraum. Dabei erfolgt die Bildverarbeitung u.a. durch Filtern und Entzerren sowie durch Zerlegen des Bildes in geeignete Teilbilder. Bildverstehen bedeutet Identifizieren von Objekten unter Verwendung von Wissen sowie Aufdecken von Beziehungen zwischen den beteiligten Objekten. 4. Robotertechnologie (Robotics) Im Gegensatz zur konventionellen Maschine soll der Roboter als Handhabungssystem sich selbst kontrollieren (vgl. 1.2.2.11). Dazu muß er die Umgebung erkennen können. Hier zeigen sich Überschneidungen mit Bildverarbeitung und -verstehen im Rahmen der KI. 5. Expertensysteme Im Vordergrund des Interesses bei der KI stehen gegenwärtig "Expertensysteme", die sowohl Fakten wie auch die unterschiedlichen Arten von Erfahrungswissen gründlich verarbeiten und die deshalb - dialogorientiert - komplexe Fragestellungen schnell durchdenken und entsprechend schnell eine erfolgversprechende Lösung generieren (erzeugen) können, etwa wenn diagnoserelevante Meßwerte durch eine Online-Prozeßkopplung direkt erfaßt und sofort verarbeitet werden. Dadurch lassen sich u.a. Stillstandszeiten von Anlagen verhindern, zumindest verkürzen. B. Expertensysteme Eine Expertensystem-Schale besitzt i.e.S. folgende Komponenten (vgl. Abb. 12-21): 1.) Wissenserwerbskomponente, auch Wissensakquisitionskomponente genannt. Sie unterstützt den Entwickler von Expertensystemen bei der Formalisierung, Eingabe und Änderung (Aktualisierung) von Wissenselementen. Schwierigkeiten entstehen beim Wissenserwerb dadurch, daß der Experte gewöhnlich "intuitiv" entscheidet und deshalb keine formalen Kriterien angeben kann. Kriterien, die für Entscheidungen in einem Problemlösungsprozeß benötigt werden, können mit dem Konstruktgitter-Verfahren (Repertory Grid) gewonnen werden, das auf der Methode der Personal Construct Theory des Psychologen George Kelly basiert, die zunächst dazu diente, Kriterien zu finden, mit denen ein Individuum die Umgebung und die Mitmenschen einschätzt (vgl. LV 11.53 S. lOff.). 2.) Inferenzkomponente. Sie steuert das Abarbeiten der Regeln, indem sie für das konkrete Problem die benötigten Wissenselemente auswählt und sie mit Hilfe einer Lösungsstrategie zu einer Schlußfolgerungskette verknüpft: • Die Forward-Chaining-Regel (Strategie) funktioniert wie folgt: WENN die Vorbedingung X gilt, DANN folgt Y. Nach P. Mertens - Th. Legleitner (vgl. LV 11.39 S. 35) ist die Vorwärtsverkettung ist anzuwenden für solche Fälle, die eine festvorgebene Menge von Eingabedaten und unbestimmte herzuleitende Ziele aufweisen. Sie führe aber zu einer nutzlosen Aktivierung von Reeein. die mit der Pro-

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

159

blemlösung nichts zu tun haben. In den Betrieben wird diese Strategie bei dem Expertensystem PDS zur Prozeßdiagnose von Maschinen verwandt. • Die Backward-Chaining-Regel bringt die Umkehrung: Um nachzuweisen, daß Y gilt, weise die Vorbedingung X nach. Diese Strategie überprüft alle Möglichkeiten zur Herleitung eines vorgebenen Ziels, indem sie zu immer detaillierteren Unterzielen voranschreitet. Sie eigne sich nur für kleinere Anwendungen, für die nur wenige mögliche Diagnosen vorgegeben werden wie etwa bei dem LungenfUnktionstest PUFF. • Bei der hypothetisch-deduktiven Strategie erfolgt eine Vorwärtsverkettung zur Verdachtsgenerierung und eine Rückwärtsverkettung zur Verdachtsüberprüfung. • Die Establish and Refine-Strategie läuft Uber einen Entscheidungsbaum (vgl. 3.6.1.1) und fuhrt von groben Unterscheidungen stufenweise zu immer feineren Unterscheidungen. 3.) Erklärungskomponente. Sie versorgt den Nutzer mit Begründungen, indem sie die von der Inferenzkomponente gebildete Schlußfolgerungskette aufbereitet und die jeweiligen Voraussetzungen angibt. Fakultativ hinzukommen können (gepunktete Linie in Abb. 12-21): Abb. 12-21: Architektur eines Expertensystems

4.) Wissensbasis. In ihr ist das vollständige Wissen gespeichert, das zu einem bestimmten Fachgebiet gehört. Dazu ist eventuell die Kooperation von zwei Spezialisten erforderlich: des Knowledge Engineers und des Fachexperten (Expert in Domain Knowledge). Das "KnowledgeEngineering" trennt das gesamte Wissen in dynamisches fallspezifisches Wissen (Fakten) und in ein statisches allgemeines Wissen, Regeln genannt. Im allgemeinen hat eine Regel folgende Struktur: WENN Prämisse DANN Folgerung/Aktionen. Die Wissensbasen können z.B. bei automatisierten Anlagen einen erheblichen Umfang annehmen und sie sind auch in einer dynamischen Umwelt ständig zu anzupassen. Wenn zum Surface Knowledge noch Deep Knowledge kommt, können auch tiefer greifende Problemfälle gelöst werden. 5.) Benutzerschnittstelle, auch Kommunikationskomponente genannt. Sie versorgt die Inferenzkomponente mit Informationen über die vorliegende Problemsituation, etwa im Dialog mit dem Nutzer oder über eine Prozeßschnittstelle mit einem technischen System u.a. mit Hilfe von Sensoren (vgl. 3.4.1.5) oder durch eine Schnittstelle mit einer Datenbank. Die Wissensakquisition - darunter ist die Übertragung des Expertenwissens auf einen Computer zu verstehen - wird durch folgende Kl-Software unterstützt: 1.) Programmiersprachen. Die Programmiersprache LISP eignet sich als Symbolverarbeitungssprache gut für die Entwicklung von Experten-Systemen. PROLOG sucht das logische Programmieren zu unterstützen und gilt als Sprache der Künstlichen Intelligenz. 2.) Tools (Werkzeuge). Bestimmte kommerzielle Programmpakete stellen neben Programmiersprachen bewährte Wissensrepräsentationsmethoden (Regeln, Frames, Logik), Ableitungsstrategien sowie Hilfsmittel zur Gestaltung der Dialogkomponente in Form von Modulen zur Verfügung.

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1. Hauptteil:

Einführung

3.) Shells. Unter Shells sind komplette Steuersysteme zu verstehen, welche die Entwicklung von Expertensystemen auf den Aufbau einer Wissensbasis reduzieren. In diesen Shells kann auch schon ein Teil des Grundwissens für bestimmte Problemklassen gespeichert sein, so daß nur noch das jeweilige Spezialwissen hinzugefügt werden muß. Dabei gibt es zwei Arten von Shells (vgl. LV 11.15 S. 22): • deduktive Shells, die schnell aufbaubar sind und die den Benutzer in das jeweilige Fakten- und Regeigefuge fest einbinden; • induktive Shells, die erste Ansätze einer systemimmanenten Lernfähigkeit zeigen, die jedoch Erfahrung in objektorientierter Programmierung erfordern. Als die am häufigsten verwendeten PC-Shells in Deutschland gelten XI-Plus, Personal Consultant Plus und Nexpert Object von Neuron Data Inc., Palo Alto. Nexpert Object gilt als ein vielseitiges Werkzeug zur Unterstützung des Knowledge-Engineering-Prozesses. Es bietet eine Datenbeschreibung in Form von Klassen, Objekten und Eigenschaften, die hierarchisch angeordnet werden können und über Vererbungseigenschaften verfiigen. Während der Wissensverarbeitung ist es wahlweise möglich, bestimmte Bereiche der Wissensbasis nach verschiedenen Gesichtspunkten - Tiefe oder Breite - zu durchsuchen. Dabei läßt sich die Strategie des Inferenzmechanismus durch die Regeln verändern. Einige in Deutschland angebotene Expertensysteme lassen sich wie folgt charakterisieren: • Bei dem Expertensystem der IBM ESE (Expert-System-Environment) findet die Wissensrepräsentation regelbasiert statt: das Wissen ist in Form von If(=Annahme)-Then(Schlußfolgerung) Regeln festgelegt. • Die Nixdorf Computer AG, nunmehr SNI, stellt den Expertensystem-Shell TWAICE als Entwicklungswerkzeug zur Verfugung. • Das Münchner Software-Haus Synerg Tech bietet den Expertensystem-Shell Adept an, mit dem der Experte sein Wissen direkt in Form von Diagnosebäumen darstellen kann, die der Shell dann automatisch in Diagnose-Wissensbasen umsetzt. Für Expertensysteme gibt es folgende Anwendungssegmente: a) Diagnosesysteme: z.B. DART zur Fehlererkennung/ -lokalisierung in Computern. b) Entwurfsysteme: z.B. XCON zur Konfektionierung von VAX-Rechnersystemen. c) Planungssysteme: z.B. ISIS zur Projektierung von Fertigungsprozessen. d) Beratungssysteme: z.B. PROCON zur Steuerung von Chemieanlagen. e) Rahmenexpertensysteme: z.B. Art als Werkzeug zum Bau von Expertensystemen. Gewisse Bedeutung für Expertensysteme gewinnt die Fuzzy Logic (vgl. auch 1.2.2.2), mit deren Hilfe sich subjektive, unscharfe Begriffe der Alltagssprache als Beurteilungskriterien mathematisch einsetzen und dadurch als Kriterien verwerten lassen, die nach der klassischen Logik bisher in der Wahrscheinlichkeitsrechnung unverwertbar waren. Die Implementierung eines Wissensbasierten Systems (WBS) kann gemäß dem Prototyping-Algorithmus erfolgen (vgl. 1.1.2.3). Die Einfuhrung von Expertensystemen im Betrieb soll den Experten nicht überflüssig, sondern sein Wissen vielen Mitarbeitern nutzbar machen - wenngleich in den USA schon wegen der stärkeren Fluktuation Expertensysteme eine breitere Verwendung gefunden haben als in Deutschland. Zudem ist ein Expertensystem nie definitiv fertig, sondern bedarf der ständigen "Wartung". Für die Einführung von Expertensystemen im Betrieb sprechen folgende Vorteile (vgl. LV 11.77 S. 41): • es entsteht ein Zwang, die Entscheidungskriterien zu strukturieren; • es erhöht sich die Transparenz der Vorgänge der Problembehandlung; • die Problemlösung wird objektiviert; • die Entscheidungsfindung wird dokumentiert und bleibt rekonstruierbar; • die Experten werden von Routinearbeiten zugunsten komplexer Vorgänge entlastet. Wegen der schnellen Informationsverarbeitung im Millisekundenbereich eignen sich Expertensysteme zur Prozeßsteuerung und zur Schrifterkennung. Expertensysteme können auch bei der Anlagen- und Vermögensberatung zur Anwendung kommen, bei Bilanzbewertungen, bei Marktanalysen, eventuell in der Konstruktion, wenn sie parallel zum Konstruieren betriebswirtschaftliche Inhalte u.a. Kostendenken, Verkäuflichkeit der Produkte in diese Arbeit einfließen lassen. Die Ford Werke, Köln, entwickelten z.B. in Zusammenarbeit mit der GMD (Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung) in St. Augustin bei Bonn ein Expertensystem zur Fehlerdiagnose in automatischen Pkw-Getrieben. Dabei wird in einer auf dem Bildschirm dargestellten Getriebegraphik das Entstehen von Verdachtshypothesen während des Diagnoseprozesses vollzogen.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

161

Damit Expertensysteme nicht nur eine andere Datenbank oder ein Ersatz für Arbeitsplatzbeschreibungen sind, müssen sie nicht nur die Fähigkeit der Interaktivität besitzen, sondern sie müssen auch Schlüsse anbieten und sie begründen können. Sie sind als integraler Bestandteil der Unternehmenskommunikation zu sehen. Expertensysteme lassen sich auf allen Rechnerfamilien vom PC bis zum Main Frame implementieren. Dabei nehmen in Deutschland die Workstations von Sun eine Spitzenstellung ein. Bei einer Implementierung auf PCs sind ATs ab der 386-Klasse von Intel erforderlich. Große Kl-Systeme stellen große Anforderungen an schnelle Speicher- und Prozessorenleistungen und führen so zu umfangreichen Hardware-Konfigurationen. C. Executive-Information-Systems (EIS) Management-Information-System (MIS) als Vorläufer des EIS Schon seit Mitte der Fünfziger Jahren wird versucht, die EDV als MIS unmittelbar bei der betrieblichen Entscheidungsfindung einzusetzen. Hayes-Nolan (vgl. LV 1.33) diagnostizieren dabei drei Entwicklungsphasen: PHASE I von ca. 1956 - 1963: In dieser Zeit sei gemäß dem Bottom-up-Ansatz (von-untenherauf) verfahren worden, indem Unternehmensmodelle an der Unternehmensbasis von technisch interessiertem Personal entwickelt wurden, zum einen von EDV-Fachleuten, die das BatchProcessing und Programmierungshochsprachen entwickelten (vgl. 1.2.2.3), und zum anderen von Operations Research-Fachleuten (vgl. 4.5). Dabei sei aber von der Fehlannahme ausgegangen worden, daß Modelle für operative Prozesse sich auch als Planungsmodelle eigneten. Zudem hätten die Operations Research-Fachleute vom Managemententscheidungsprozeß zu wenig verstanden, um allgemeine Modelle entwickeln zu können. PHASE H von ca. 1964 - 1969: In dieser Zeit seien gemäß dem Top-to-down-Prinzip (von-obenherab) entsprechend den größer gewordenen Möglichkeiten der EDV große komplexe Modelle entwickelt worden basierend auf SpezialSprachen der EDV, auf Systemanalyse und Operations Research (vgl. LV 8.1 im deutschen Bereich). Diese "großen" Modelle seien aber relativ unflexibel für die Praxis und überstiegen die Leistungsfähigkeit eines normalen Managers in intellektueller Hinsicht. Sie sind auch häufig einfach unglaubwürdig, wenn sie z.B. die Simplexmethode verwenden; bei ihr verlangt ein "optimales Produktionsprogramm" die Herstellung von Bruchteilen von Erzeugnissen (vgl. auch 4.5.4.3). Im EDV-Bereich tauchte erstmals der Begriff MIS auf. Jedoch blieb MIS ein offenbar unerreichbares Ziel, wie heute etwa das CIM (vgl. 3.4.1.4), so daß bald vom "Mythos MIS" gesprochen wurde. PHASE HI etwa ab 1970: Seitdem würden gemäß dem Inside-Out-Prinzip das Fehlverhalten früherer Phasen der Modellbildung vermeidend die Manager durch geeignete Organisationskonzepte, vor allem durch Teamwork (vgl. 3.6.0), schon frühzeitig bei der Modellbildung herangezogen und ihrer zunächst beschränkten intellektuellen Kapazität entsprechend "einfache" Modelle entwickelt, die dann dem sich erhöhenden geistigen Entwicklungsstand der Manager entsprechend nach und nach größer und komplexer gestaltet würden - quasi im Wege des intellektuellen Prototypings. Hilfreich seien dabei Datenbanken und Dialogsysteme der Computer. Entstehung des EIS Noch Ende der Sechziger Jahre wurden Versuche, komplexe operationeile Abläufe im betrieblichen Finanzplanungssystem stärker zu computerisieren, wie der Verfasser beobachten konnte, gleich an der untersten Management-Ebene blockiert, wohl aus Angst vor Macht-, Personal- und entsprechenden Positionsverlusten (vgl. 2.1.2.8). Hinzukam, daß die Computernutzung in schwerfälliger Weise auf der Basis von Lochkarten vonstatten ging. Gegenwärtig hat sich allerdings die Situation wesentlich gewandelt: • die Hardware hat sich zu reagiblen und leistungsfähigen Speicher- und Rechner-Systemen gewandelt, • die Software ermöglicht den komfortablen Gebrauch der EDV-Anlagen, • die Entwicklung standardisierter Benutzeroberflächen erleichtert die Kommunikation.

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1. Hauptteil:

Einführung

Auf die neueren EDV-Entwicklungen aufbauend entstand mehr oder weniger in der Nachfolge des MIS EIS. Als Ausgangspunkt wird das von M S. Morton 1983 (vgl. LV 11.31 S. 104) entwickelte Konzept des "Management Support System" angesehen, daß auf zwei Subsystemen aufbaut: • Data Support, der potentiell Entscheidungsprozesse auslöst, und • Decision Support, der entscheidungsvorbereitender Natur ist. Aus diesen beiden Subsystemen ließen sich individuellerechnerunterstützte Arbeitsglatzsysteme (RAP) konfigurieren u.a. die Executive Support Systeme (ESS). Seit Beginn der Neunziger Jahre erhält EIS zunehmende Aktualität in Deutschland. So halten z.B. nach einer Umfrage der IDC Deutschland, Kronberg, 28% der Mainframe-Anwender die Integration von ElS-Software in ihre Buchhaltungsprogramme für wichtig und die Hälfte der Befragten geht davon aus, daß die EISAnbindung 1994 von zentraler Bedeutung sein wird (vgl. Computerwoche 26/1992 S. 14); Daten der Buchhaltung würden immer mehr ad hoc und zu speziellen Zwecken erstellt, sie dienten dabei zunehmend als Grundlage für strategische Entscheidungen und Planungsprozesse. Situative Lage des Informations-Managements Gegenwärtig (1995) dominieren allerdings noch in Deutschland konventionelle Informations-Systeme. Als Schwachstellen des konventionellen Informations-Managements sind insbesondere zu nennen: • Datenunsicherheit und geringe Beachtung von schriflichen Berichten; • Vergangenheitsorientierung der Berichte bei geringer Verwendung von Prognosetechniken; • geringe Kommunikation übergeordneter strategischer Konzepte und entsprechend desorientiertes Feedback; • Informationsüberlastung der zentralen Stellen insbesondere in Großunternehmen; • kulturelle Diskrepanzen der Informationsinterpretation in den globalisierten Unternehmen. Nach K. Miksch beklagen Führungskräfte im Betrieb trotz Datenflut eine akuten Mangel an entscheidungsrelevanten Informationen mit folgendem Mängelkatalog (vgl. LV 11.41 S. 34): • Manager erhalten wenig effektive Datenunterstützung im Entscheidungsfall; • im Berichtswesen fehlten wesentliche Führungsinformationen; • die Berichte sind unabgestimmt und enthalten widersprüchliche Informationen; • Führungsinformationen müssen erst aus dicken Berichten herausgefiltert werden; • für Vergleiche müssen aufwendige Zusammenstellungen aus verschiedenen Berichten vorgenommen werden; • die Berichte kommen so spät, so daß kaum noch Handlungsspielraum besteht; • in Entscheidungssituationen muß unangemessen lange auf Auswertungen gewartet werden. Demnach müßte ein EIS auch Zugang an die Informationsbasis haben, was nicht ohne gravierende Folgen bliebe: • Der Informationsvorsprung von Sachbearbeitern gegenüber ihren Vorgesetzten ließe sich brechen, die bekanntlich zur Informationsvorenthaltung gegenüber dem Management führen kann wie der Fall des in Singapur agierenden Brokers Leeson bei der in London domizilierten BaringsBank zeigte, die zu Milliardenverlusten und daraufhin zum Verlust der Unabhängigkeit dieser Bank führte, wenngleich einige eingeweihte Mitglieder des Managements diese Informationsvorenthaltung offensichtlich als Vorwand benutzten, um sich von Mitschuld zu befreien. Dies alles hätte bei tiefstrukturierter Informationstransparenz durch ein EIS kaum geschehen können. • Der tiefgestaffelte Informationszugriff bedeutet eine gewisse Demokratisierung der Unternehmensfiihrung, da bei gefährlichen Signalen auch untergeordnete Führungskräfte aktiv werden, um ihnen zu begegnen. Das dient - einmal der Unternehmenserhaltung und - zum anderen der Arbeitsplatzsicherung der Führungskräfte; bei Unternehmnsveräußerungen aufgrund von hohen Kapitalverlusten und anschließenden Fusionen verliert erfahrungsgemäß ein nicht geringer Teil der Führungskräfte den Job. Andererseits kann in Zeiten von Lean Management mit seinen abgeflachten Führungsstrukturen EIS immer weniger nur dem Top-Management vorbehalten sein, vielmehr sollten auch die unteren Führungsebenen gemäß ihrer dann gesteigerten Verantwortung Zugang haben. Bevor der EISAnsatz zur Effizienzsteigerung der Führungskräfte entwickelt wird, ist zu untersuchen, wie sich

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Produktionsfaktoren

163

Manageraufgaben und -zeit verteilen. Hierzu gibt eine Studie der Consulting-Firma Booz, Allen & Hamilton folgenden Aufschluß über eine normale Managerstunde (zitiert nach LV 11.26 S. 66): • 21 Minuten kommunizieren; • 15 Minuten Verwaltungsaufgaben erfüllen; • 14 Minuten Schriftstücke entwickeln; • 6 Minuten disponieren; • 4 Minuten für sonstige Aufgaben. Hierbei kommt allerdings nicht zum Ausdruck, wieviel Zeit Mitarbeiter dafür verwenden, um für ihre Vorgesetzten Entscheidungsunterlagen anzufertigen. Soll die Effizienz der betrieblichen Führungskraft gesteigert werden, • sind die manuell ausgeführten Verwaltungsaufgaben wegen ihrer Langsamkeit zu reduzieren, dies ist EDV-mäßig eine Aufgabe von Automated Office (vgl. 1.2.2.8), und • ist die betriebliche Kommunikation zu erleichtern - dies ist die spezielle Aufgabe des EIS. Ziele, Anforderungen und Charakteristika des EIS Als Ziele eines EIS wären im Einzelnen zu nennen: • Verbesserung der Transparenz der inner- und außerbetrieblichen Verhältnisse; • Verbesserung und Beschleunigung der betrieblichen Entscheidungsfindung; • Erhöhung des betrieblichen Reagibilitätsgrads und damit Verbesserung der betrieblichen Wettbewerbssituation; • Vergrößerung der "Arbeitsfreiräume" (Hoss) der Führungskräfte zur ständigen kreativen Verbesserung der betrieblichen Organisation. An ein leistungsfähiges EIS werden folgende Anforderungen gestellt (vgl. LV 11.11 S. 12): • individueller Zuschnitt auf das Unternehmen; • Nutzbarkeit auf allen Führungsebenen; • ansprechende, verständliche und entscheidungsrelevante Aufbereitung der Angaben; • hohe Aktualität; • umfangreiches Sicherungssystem (Zugriffsregelung); • "Manager-fähige" Benutzeroberflächen; • Erweiterungs- und Anpassungsfähigkeit. "Individueller Zuschnitt auf das Unternehmen" bedeutet, daß die zunehmend häufiger angebotene Standardsoftware mehr oder weniger umfangreiche Anpassungsoperationen im Betrieb erforderlich macht. "Nutzbarkeit auf allen Führungsebenen" bedeutet sicherlich nicht, daß jedem Manager jede Information zugänglich zu machen ist. Dies könnte entweder • durch Anlegung sog. User Profile geregelt werden (vgl. 2.1.2.8) oder • durch Installation von sog. Insellösungen für die einzelnen Betriebsbereiche. EIS sollte sich durch folgende Charakteristiken, d.h. klassenbildenden Eigenschaften, von anderen Informationssystemen unterscheiden (vgl. B. Rieger: Executive Information Systems (EIS): Rechner-unterstützte Aufbereitung von Führungsinformationen, in: LV 11.31 S. 106): • automatisierbares Zusammenführen verschiedener primärer und sekundärer sowie interner und externer Informationsquellen; • zentralisierte Speicherung von Daten, Test, Bild (Graphik) und Sprache - letzteres nur als langfristig realisierbar anzusehende Anforderung -, um - neue - Relationen zwischen vergleichbaren Objekten bzw. Quellen herstellen zu können; • dezentraler, schichtenspezifischer, entscheidungsträgernaher und selektiver Informationsabruf auf verschiedenen, logisch verketteten Aggregationsstufen; • individuelle Spezifikation von Informationsfiltern (Exception Reporting); • multi-mediale Präsentation bzw. Bedienung, z.B. als Daten und/oder als Graphik bzw. alternativ zur Tastatur mit Maus, Touchscreen oder Touchpad; • fiihrungsorientierte Weiterverarbeitungsfunktionen, z.B. Kommentierung, Wiedervorlage, Delegation, Mailing, eventuell schon Decision Support in Form des "What-if1.

1 64

]. Hauptteil:

Einführung

Abgrenzung des EIS von anderen Informationssystemen Bevor zur Einfuhrung von EDV-unterstützten Informationssystemen überhaupt Empfehlungen ausgesprochen werden können, ist eine Übersicht über deren Arten und Eigenschaften zu entwikkeln. Als wichtige Eigenschaften kommen in Frage jeweils der Grad der Informationsunterstützung und der Grad der Entscheidungsunterstützung (vgl. Abb. 12-22a). Im Betrieb kommen dazu - insgesamt - drei Gruppen von Informationssystemen in Frage: 1. Betriebsdatenerfassung (BDE): BDE-Systeme werden zur Steuerung einzelner Betriebsteile eingesetzt: BDE-I dient als passives System ausschließlich der Betriebsdatenerfassung; BDE-II als aktiv-passives System der Werkstattsteuerung vor allem auf der Meisterebene insbesondere in Verbindung mit PPS/MRP (vgl. 3.4.1.4, 3.4.3.4). 2. Experten-Systeme (ES) werden zur Lösung konkreter Betriebsaufgaben eingesetzt: ES-I wird diskontinuierlich eingesetzt etwa bei der Projektierung von Fertigungsprozessen. ES-II wird kontinuierlich eingesetzt z.B. bei der wissensbasierten Dokumentenanalyse. ES-III wird diskontinuierlich eingesetzt, wenn der Mensch gelegentlich in die kontinuierliche elektronische Anlagen - und Prozeßsteuerung eingreift (vgl. 1.2.2.9 und 3.4.1.5). 3. Executive-Informations-Systeme finden Anwendung auf den Management-Ebenen, wobei mit steigender Entscheidungsunterstützung die Informationsunterstützung relativ sinkt: EIS-I stellt sich als ein reines Melde-System (Data Support) von managementrelevanten Informationen dar etwa von Auftragseingängen, Produktionszahlen, Gewinnhöhe, etc. EIS-II als Diagnose-(Analyse-)System (Décision Support) komprimiert und verarbeitet diese Informationen zu Angaben höherer Ordnung z.B. Kapazitätsauslastung, Lagerauslastung, Marktanteilen, Rentabilität, etc., angestrebt wird dabei offensichtlich vom Top-Management, das Unternehmen gemäß dem Management by Exception mit nur 7 - 8 kardinalen Indikatoren zu steuern. EIS-III als Therapie-System gibt unmittelbare Entscheidungsunterstützung etwa in Form von Worstcase-Bestcase-Szenarien(vgl. 1.4.3.2). Zwischen den EIS-, BDE- und ES-Welten kann es im Betrieb mehr oder weniger fließende Übergänge geben; so können die betrieblichen BDE-Systeme im Rahmen des CIM (vgl. 3.4.2.4) an das EIS angebunden und Elemente von ES können etwa bei der Programmierung von WorstcaseBestcase-Szenarien in das EIS integriert werden. Abb. 12-22: EDV-unterstützte Informations-Systeme (IS) des Betriebs a) S y s t e m o r i e n t i e r t e s P o r t f o l i o Informationsunterstützung hoch

EIS-I

ES-I

ES-II

mittel

BDE-I

EIS-II

ES-III

BDE-II

EIS-II

gering

b) S a c h o r i e n t i e r t e s

Portfolio

Strategie: Distribution System; EDI; Geographie Inform. S.

High Potential : Expert System; Imaging

Key Operations : MRP Systems; B i l l i n g S.; Stock Control

Support : Accounting Systems ; Elect. Mail; W o r d Proc.

gering mittel hoch Entscheidungsunterstützung Rob Lambert stellt ein sachorientiertes Portfolio für in den Unternehmen einzurichtende ITSysteme auf (vgl. LV 11.48 S. 256), ohne jedoch für dieses Portfolio allgemeine Parameter anzugeben (vgl. Abb. 12-22b). Dabei besitzen die einzelnen EIS-Felder folgende Inhalte: • Strategische Bedeutung (Strategie); • Hochpotentialfeld (High Potential); • Kardinaloperationen (Key Operations); • Unterstützungsoperationen (Support).

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

165

Architekturen des EIS Die Architektur von ElS-Systemen basiert prinzipiell (vgl. Abb. 12-23a) • auf der Komponente EIS-Datenbasis und • auf der Komponente EIS-Applikation. Abb. 12-23: ElS-Strukturen a) P r i n z i p i e l l e E l S - S t r u k t u r (entn. L V 1 1 . 3 1 S. 108)

b) E l S - S t r u k t u r v o n (entn. e b e n d a S.

FCS-Pilot 110)

Nach B. Rieger (vgl. L V 11.31 S. U l f . ) kann die EIS-Datenbankbasis idealtypisch nach folgenden Systemen unterschieden werden: • Dokument-orientierte Systeme, welche bereits präsentatiosnreif ormatierte Daten, Texte und Graphiken verwalten, die zur Ausführungszeit nur noch in ein bestimmtes Bildschirmfenster eingeblendet werden, wobei nur noch geringfügig Zeichengröße, Position, Farbe manipuliert werden können. Sie eignen sich als sog. Briefing Book als eine Art elektronisches Berichtswesen und dürften darin funktional dem BDE-I nahestehen. Sie können dielnformationen ohne großen Aufwand aus den verschiedensten Quellen übernehmen - Hosts wie Pcs. • Datenbank-orientierte Systeme, welche auf einer feineren Granularität der Informationen operieren und welche mittels Neu-Formatierung erhebliche funktionale Spielräume eröffnen. Sie eignen sich ohne großen Entwicklungs- und Wartungsaufwand für flexible ad-hoc-Anfragen wie auch für selektives Exception Reporting, verlangen dafür aber einen erhöhten Aufwand zur Deformatierung bereits eingespeister Informationen. • Modell-orientierte Systeme, welche sich als spezielle datenbank-orientierte Systeme einerseits auf rein numerische Daten beschränken, welche jedoch zusätzlich logische Abhängigkeiten für EIS-Applikationen zur Verfügung stellen: die Definitions- und Verhaltens-Gleichungen für Unternehmens- und Planungsmodellen. Dabei lassen sich auch Applikationen wie What-If-Analyse und Goalseeking einbeziehen.

1 66

1 Hauptteil: Einführung

Der Datenzugriff der Benutzer bei EIS-Applikationen läßt sich folgendermaßen organisieren (vgl. ebenda S. 112f.): • Zentrale Applikation, bei der Programm und Ausfuhrung auf den Host verlagert sind, der von autorisierten Personen mittels Paßwort angewählt wird, und bei der auf dem anwählenden PC eine kleine, anwendungsunabhängige Software zur Kommunikation, Interpretation und präsentationsreifen Umsetzung empfangener Daten residiert. • Lokale Applikation, bei der der Anwender auf seinem PC eine Kopie der gesamten EISApplikation besitzt. Dadurch werden zwar höhere Anforderungen an die PC-Hardware gestellt, dafür kann der Anwender mit kürzeren Antwortzeiten rechnen, zudem sind die PC-typischen Oberflächen gewöhnlich nutzerfreundlicher. • Verteilte Applikation, bei der die EIS-Applikationen auf Host/PC verteilt sind und bei der lokale Zwischenspeicherungen und lokale Sonderauswertungen zentraler Daten möglich sind. Die Tools der in Deutschland angebotenen ElS-Software kommen weitgehend aus den USA und stammen von Anbietern von Decision Support wie 4GL-Software. Diese Tools werden als EISGeneratoren eingesetzt. Zur Anwendung kommen u.a. (vgl. LV 11.31 S. 109, vgl. auchLV 11.4a S. 121) FCS-Pilot, Executive Edge, Commander Briefing Book, mac Control, Commander Exec View, die jeweils gemäß der EIS-Applikation lokal, verteilt, zentral sowie gemäß der EISDatenbankbasis Dokumente, Datenbank, Modell unterscheiden. EIS-Funktionen (vgl. LV 11.31 S. 116f.) EIS sollte über ein typisches elektronisches Berichtswesen hinausreichen. Zu diesem Zweck sind ftihrungsspezifische Funktionen zu integrieren: es sollte möglich sein, • bestimmte Bildschirmausschnitte an ein oder mehrere Mitarbeiter via electronic Mail zur weiteren Bearbeitung oder zur Stellungnahme zu übersenden wie auch • bestimmte Bildschirmausschnitte über einen integrierten Kalender automatisch zur Wiedervorlage vorlegen zu lassen, • bestimmte EIS-Daten, die im Laufe einer ElS-Sitzung selektiert wurden, weiter zu bearbeiten. Beim Exception Reporting sind folgende Funktionen zu behandeln: • Anzeigeform: Es sollten nicht nur Abweichungen innerhalb individuell gesetzter Grenzwerte erkennbar sein, sondern im Wege des Drill-down auch dominante Einflußgrößen. • Ausnahme-Objekt: Datenattribute sollen ElS-spezifische Applikationen "triggern(einleiten)". • Margen-Spektrum: Grenzwerte sollen für beliebig zusammenstellbare Gruppen von Daten spezifiziert werden können. • Margen-Hierarchie: Es sollten hierarchisch organisierte Sets von Grenzwerten möglich sein, so daß nicht die Setzung von Grenzwerten ausschließlich zu Lasten des Endanwenders geht, sondern individuelles Einwirken untergeordneter Manager möglich ist. • Funktionalität: Es sollte zum größtmöglichen Nutzen ein breites Spektrum von Abweichungsdarstellungen durch Selektionen und Zusammenfassungen möglich sein. Implementierung und Erfolgssicherung von EIS Zur Erfolgssicherung der Einführung eines EIS sollte nach K. Miksch auf folgende Punkte geachtet werden (vgl. LV 11.41 S. 35): • die ElS-Strukturen und -Inhalte sind auf die Unternehmensziele auszurichten; • es ist rechtzeitig die Unterstützung des EDV-Bereichs anzufordern; • es ist ein qualifizierter Projekt-Manager zu wählen, der sowohl Nutzer wie Daten-Management effizient einzubinden versteht, • der Nutzerkreis ist hinreichend zu schulen. Dazu sei das EIS schrittweise (modular) einzuführen; - um Lernprozesse der Nutzer zu berücksichtigen und um so Implementierungswiderstände zu verringern, - um die Gestaltungsaufgabe in ihrer Komplexität zu reduzieren und um so die Chance der Durchsetzung zu erhöhen, - um durch Zwischenentscheidungen die Entwicklung unter dem Kosten-Nutzen-Aspekt optimal zu steuern, - um den realen Informationsbedarf der Manager besser zu erkennen und um so das Gesamtrisiko des Einzufuhrenden Systems zu vermindern, - um durch kurzfristige Erfolge die Nutzer zu überzeugen.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

167

Data-Warehouse (DW) Das Data-Warehouse soll historische und neue Daten aus verschiedenen operativen Systemen im Wege der Extraktion sammeln und fur Nutzer etwa nach Produkten, Kunden und Geschäftsprozessen gemäß anwenderspezifischen Vorgaben auswerten, wobei die Informationen an jedem Unternehmenspunkt zu jeder Zeit erhältlich sein sollen. Einzusetzen dafür sind etwa OLAP-Tools (Online Analytical Processing), die nach dem „Warum" fragen. Dabei ergibt sich eine Struktur, die über das EIS hinausgeht (vgl. Abb. 12-24, entnommen Computerwoche 19/97 S. 13). Abb. 12-24: Struktur eines Data-Warehouse Extraktion

EIS

Transformation Laden

OLAP Warehousë-Speicher



Reporting

Aktualisieren

Data-Mining

Zeitplanung

Web-Integration

Das Data-Warehouse wird neuerdings von Hardware- und Software-Lieferanten propagiert, stößt in der Betriebspraxis aber auf erhebliche Schwierigkeiten (vgl. ebenda S. 13f): • in den Datenfeldern der operativen Systemen etwa SAP R/3 kommen unterschiedliche Schlüsselfelder zur Anwendung, die abzugleichen sind; • Warehousing erfordert einen übergroßen Verwaltungsaufwand; •das Design der eingesetzten Datenbank genüge häufig nicht den stark wachsenden Informationsmengen; • das Datenpotential könne wegen fehlender Integration nicht hinreichend genützt werden, da das Management Insellösungen, aber keine einheitlichen Daten- und Prozeßmodelle entwickelt habe. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-32 in Abschnitt 1.7! 1.2.2.6 Netzwerke: Topologien; Protokolle und Architekturen Die Vernetzung (Connectivity) von Computern, von der entscheidende betriebliche Produktivitätsfortschritte zu erwarten sind, kann von verschiedener räumlicher Reichweite sein (vgl. insbesondere die praktischen Fälle in 3.4.1.3 und 3.4.3.4): 1. lokale Netze (LAN = Local Area Network); 2. Weitnetzwerke (WAN = Wide Area Network), ohne räumliche Begrenzung, bei denen Modems eingesetzt werden. Netzwerk-Topologien Zur Computerverbindung stehen drei Netzwerktopologien zur Verfugung (vgl. Abb. 12-25): Abb. 12-25: Netzwerktopologien 1.) Stern o

2.) Bus

o = Datenstation $ = Abschlußwiderstand • = Server PC

3.) Ring o o I

168

1.Hauptteil:

Einführung

1.) Der Stern. Hier kommen vor allem Main Frames in der Host-Terminal-Struktur in Frage, bei denen der gesamte Datenaustausch über den Zentralrechner erfolgt. An ihn sind in der Steratopologie alle Arbeitsstationen, sog. Knoten, mit separaten Kabeln angeschlossen, so daß der Kabelaufwand relativ groß ist. Auch ist die Ubertragungsrate bei der Sternkommunikation relativ klein. Letzteres wirkt sich besonders stark negativ aus bei Hochleistungstätigkeiten wie Desktop-Publishing und CAD. Hier sollte eventuell die Peripherieleistung etwa durch die Installation von Workstations verstärkt werden. 2.) Der Bus. Bei der Bus-Topologie sind alle Teilnehmer über eine Sammelschiene angeschlossen. Diese TAPs (Terminal Access Point) sind gleichberechtigt. Die Topologie der offenen Kabelenden erfordert jeweils Abschlußwiderstände an den Seitenenden. Beim sog. Baum füngiert ein zentraler Bus (Backbone) als Stamm, an den andere Busse wie Äste angeschlossen sind (vgl. Abb. 12-26). Bei steigender Teilnehmerzahl steigt die Gefahr der Datenkollision. Deshalb müssen Protokolle (vgl. unten) zur Kontrolle des Datenaustausches vorhanden sein. Am weitesten verbreitet als Zugriffsverfahren ist CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Access with Collision Detection) in Form des von den amerikanischen Firmen DEC, Intel und Xerox entwickelten ETHERNET-Verfahrens (vgl. Abb. 12-28 und Abb. 34-24). Dieses ist ein Zufallsverfahren, nach dem jeder Teilnehmer gleichberechtigt senden kann. Gerät er in Kollision mit anderen Teilnehmern, wiederholt er den Versuch nach einem Zeitraum, den der Zufallsgenerator bestimmt. ETHERNET gilt als sehr robust und wird bevorzugt von der Industrie eingesetzt. Abb. 12-26: Baum-Struktur der Vernetzung

| o

Token Ring o o o

| o

3.) Der Ring. Beim Ring-Netz sind alle Teilnehmer kreisförmig mit einander verbunden. Deshalb werden die Daten von einer Station zu anderen weitergereicht. Ein Token, d.h. eine Datenfolge, kreist so lange im Netz, bis ihn jemand aufnimmt und ein Datenpaket versendet. Der Empfänger kopiert das Datenpaket und leitet es zum Sender weiter, der prüfen kann, ob die Daten richtig übermittelt wurden. Dann gibt er den Token wieder frei. Fällt ein Knoten aus, kommt das Netz zum Stillstand. Das Token-Verfahren verhindert zwar Übertragungskollisionen im Netz, überträgt aber nicht im Echtzeitverfahren, was z.B. bei Störmeldungebehandlungen erforderlich sein kann. Der Token läßt sich auch im Bus einsetzen. Die IBM hat sich 1985 für das Token-Ring-Verfahren entschieden (vgl. Abb. 12-15 und 34-11), dabei lassen sich an einen Ringverteiler (MAU = Multi Access Unit) bis zu 8 Endgeräte zu einem Mikrocomputer-Cluster einfügen. Bei Ausfall eines Ringteilnehmers wird dessen Anschluß wie beim Stern überbrückt (sog. Star Shaped Ring). Diese Verfahren ist sehr aufwendig, dafür aber auch sehr leistungsfähig (vgl. Markt&Technik, 45/1992 S. 158fF.). Protokolle Nach dem Token-Bus-Verfahren arbeitet das von General Motors in den USA für die industrielle Anwendung entwickelte Manufacturing Automation Protocole (MAP) - das europäische Gegenstück heißt CNMA (Communications Network for Manufacturing Applications). Unter Protokoll ist eine Vereinbarung über den Aufbau, die Überwachung und den Abbau von Verbindungen zu verstehen, wobei es Datenformate, Zeitabläufe und die Fehlerbehandlung beim Datenaustausch zwischen den Geräten normiert wie etwa beim siebenschichtigen ISO-Referenzmodells ISDN. Besondere Bedeutung für MAP hat die seit 1988 normierte Anwendungsschnittstelle MMS

1.2 Die betrieblichen

169

Produktionsfaktoren

(Manufacturing Message Specification) gefunden, die einen Standard (ISO 9506) für die 7. Schicht (Application Layer) des ISO-Referenz-Modells darstellt und die einen geräte- und anwendungsübergreifenden Einsatz auf höherer Betriebs- oder Leitebene vorbereitet. Auf der - niedrigeren - Prozeß- bzw. Zellebene sind zur Vernetzung u.a der deutsche Feldbus Profibus (DIN 19245) einzusetzen. Für die Büroautomatisierung im Netzwerk gilt der von den Boeing-Werken initiierte Protokollstandard Technical and Office Protocole (TOP). Durch Protokolle lassen sich z.B. völlig heterogene Strukturen wie ein ETHERNET-LAN und ein Host über sog. Gateways koppeln. Mit Gateways, ein Gerät mit entsprechender Software zur Protokollübersetzung zwischen unterschiedlichen Rechnern bzw. unterschiedlichen Netzen, können Rechner im Netzwerk auf einen Großrechner zugreifen (vgl. Abb. 12-26/27). Dabei erfolgt eine Kopplung von Netzen verschiedener Kommunikationsarchitekturen auf der niedrigsten identischen Hierarchieschicht (vgl. ISO-Modell). Architekturen IBM bietet bereits seit 1974 mit System Network Architecture (SNA) eine hierarchisch orientierte Kommunikationsarchitektur an, auf die 1987 System-Application-Architecture (SAA) folgte, die aber auch SNA beinhaltet. SAA baut auf vier Komponenten auf (vgl. Abb. 12-27): 1. dem Hostrechner, der den gesamten Inhalt des Netzwerks verwaltet; 2. dem Communication Controller, auch Front End Processor (FEP) genannt, der dem Host vorgeschaltet ist, der den Auf- und Abbau der Verbindungen zu anderen Netzen verwaltet und der so den Host von Netzwerkfiinktionen entlastet; 3. dem Cluster Controller, der wiederum dem Front End Controller vorgeschaltet ist und der für die Verwaltung der Peripherie u.a. der Terminals zuständig ist; 4. den Peripheriegeräten wie Drucker, Plotter, Scanner, PCs u.a.m. IBM öffnet mit APPN diese auf ihre Großrechner zentrierte Netzwerkarchitektur (vgl. 1.2.2 .8). Abb. 12-27: Netzanbindung an Mainframes per DFÜ

Homogene Netze mit unterschiedlichen Zugriffsverfahren wie ETHERNET und Token-Ring lassen sich durch sog. Bridges (Brücken), das sind elektronische Schaltungen, über Datex-P nach der CCITT Postnorm X.25 auf der OSI-Schicht 2 zu WANs verknüpfen (vgl. Abb. 12-28). Dabei wird Bridge-Software etwa Net-Ware X.25 Bridge von Novell benötigt, die in einem Arbeitsplatzrechner abläuft und dort einen Teil des Arbeitsspeichers belegt. Dieser Rechner benötigt dann auch eine Steckkarte (X.25 Interfaceboard). Router können ebenfalls homogene Netze, aber auch unterschiedliche Netze miteinander verbinden. Sie sind dabei aber abhängig von Protokollen der LAN-OSI-Schicht 3 (Transport-Layer). Abb. 12-28: WAN-Kommunikation zwischen einzelnen Netzwerken o | o | o

o

o

o o I WAN - D a t e x - P I LAN Hamburg o o |X.25 Bridge X.25 B r i d g e | o o o o

o

o

LAN K ö l n o

o

o I o | o

X.25 wird unterstützt bei IBM-Geräten durch SDLC (Synchronous Data Link Control) und durch die Weiterentwicklung HDLC (High Level Data Control). Netbios (Network BIOS), ein Kommunikationsprotokoll gemäß API, ist ebenfalls eine Entwicklung der IBM und wird von verschiedenen EntwicklungsunternehmenwieNovell unterstützt. Transmission Control Protocol/Internetwork Protocol (TCP/IP), das vom US-Verteidigungsministerium entwickelt wurde, dient der

1 70

1. Hauptteil:

Einführung

Kommunikation großflächiger Netze und gewährleistet eine fehlerfreie Datenübertragung für folgende Leistungen (vgl. LV 11.6 S. 26): • File Transfer (FTP) also Dateiübertragung zwischen dem lokalen und einem entfernt am Netz angeschlossenen Computer; • Remote Login und Remote Command Execution für die Nutzung räumlich entfernter CPULeistung über das Netzwerk; • Mail-Service also Mitteilungsdienst über das Netzwerk. Softwarenetze kommen ohne eigene Hardware etwa in Form von LAN-Adapter-Steckkarten aus, indem die an das Netz angeschlossenen Rechner über serielle bzw. parallele Schnittstellen miteinander kommunizieren. Diese Netze sind relativ leistungsschwach, so daß sie sich vornehmlich zum Datei- und Druckersharing eignen. Die CCITT Postnorm X.400 ermöglicht WANs zu internationalen Datenstationen und Mail-box-Systemen nach eigenen, Datex-P unabhängigen Normen wie EDIFACT. Repeaters verknüpfen nur Netze der gleichen Zugriffsart und dienen zur Verlängerung der maximal zulässigen Entfernung eines Kabelsegments z.B. 500 Meter beim ETHERNET. Angelpunkt der Netzwerke sind Server, eine Art Netzwerkverwalter mit eigenem Massenspeicher, welche für Netzanfragen und sonstige zentrale Aufgaben wie das Speichern und Drucken von Dateien zuständig sind: • File-Server, die ihre Dateien allen Netzteilnehmern zur Verfügung stellen; • dedizierte Server, die sich allein auf die Netzwerksteuerung beschränken; • Non-Dedicated-Server, die sowohl als Arbeitsstation wie als Server dienen, ein Doppelfünktion, die mit einem Leistungsabfall und mit höheren "Absturz"-Risiken verbunden ist. Die Vernetzung im Betrieb kann hierarchisch auf Ebenen erfolgen (vgl. Abb. 12-29): 1. Arbeitsplatzebene. Einzelne Arbeitsplätze der Abteilung werden zu einem kommunikativem Verbund zusammengeschlossen. 2. Abteilungsebene. Die abteilungsübergreifende Vernetzung dient dazu, die Ressourcen anderer Abteilungen dienstbar zu machen, etwa Großformatßjotter (PL) oder Abteilungsrechner (AR). 3. Unternehmensebene. Arbeitsplatz- und Abteilungsrechner werden mit dem Hostrechner im betrieblichen Rechenzentrum (Reze) vernetzt. Abb. 12-29: Betriebliche Netzwerkhierarchie

Unternehmungsebene

J , AR

Abteilungsebene

T •_

Arbeitsplatzebene

. L PC

-o—• 1 , PC

WS

j -

WS

J _ PC

. L PC

Als Vorteile der Betriebsvernetzung sind zu verzeichnen (vgl. auch LV 11.6 S. 28): • dadurch wird der umständliche Datenaustausch mit Hilfe von Disketten und/oder Magnetbändern überflüssig und damit Zeit erspart; • dadurch lassen sich teuere Peripheriegeräte z.B. Laserdrucker, Massenspeicher, Plotter gemeinsam kostensparend nutzen; • dadurch lassen sich auch Tools und Software-Applikationen gemeinsam nutzen; • dadurch ist zentrales Software-Management, Verwaltung und verteilte Rechnerauslastung möglich; • dadurch ist eine beschleunigte Auftragsbearbeitung möglich; • dadurch läßt sich insgesamt die Unternehmenskommunikation verbessern.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

171

Demnach dienen LANs und WANs dem schnellen, sicheren und kostengünstigen Datenaustausch zwischen Computern und deren Peripheriegeräten allerdings mit gewissen Nachteilen: 1. Technische Nachteile: • die Vernetzung selbst erfordert zusätzliche Netzhardware und -Software und kann deshalb aufwendig sein; • die Datenintegrität kann gefährdet sein, wenn die wichtigen Stammdaten des Unternehmens u.a. Kunden- bzw. Lieferantendateien nicht zentral z.B. über einen Host verwaltet werden, wie bei verteilten Datenbanken in Netzen, die nicht mit einander verbunden sind; bei ihnen sind wichtige Unternehmensstammdaten etwa per Diskette von Zeit zu Zeit in den einzelnen Netzen zu aktualisicrcn 2. Humane Nachteile (vgl. PC Woche 24. Feb. 1992 S. 26): • die Mitarbeiter befurchten mit der Einführung der Vernetzung einen Stellenabbau; • dito eine Über- oder eine Unterforderung bei der betrieblichen Tätigkeit; • Außendienstler fühlen sich als reine Datenablieferer; sie vermissen den unmittelbaren Kontakt mit der Zentrale und sie klagen deshalb über die "zunehmende Vereinzelung"; • insbesondere ältere Mitarbeiter verweigern die Einarbeitung in das neue System und geraten deshalb schnell trotz ihrer fachlichen Qualifikation schnell ins berufliche Abseits. Als Abhilfemaßnahmen zur Vermeidung dieser Nachteile bieten sich an - durch regelmäßige Kontaktmeetings der Vereinzelung und der damit verbundenen personalen Des-integration entgegenzuwirken sowie - durch gründliche Schulung - auf freiwilliger Basis und ohne Zwang - etwaige Wissens- und Handhabungsdefizite aufzuarbeiten. Alternativ zum LAN kann der Betrieb das Multi-User-System einsetzen. Während jedoch ein LAN relativ leicht zusätzliche Nutzer aufnimmt, wobei sich die Leistung und Antwortzeit nur geringfügig verschlechtert, ist beim Multi-User-System häufig ein stärkeres Nachlassen der Performance zu beobachten, wenn zusätzliche Nutzer hinzukommen, so daß die die CPU verstärkt werden muß. Außerdem ist das auf Unix basierende Multi-User-System für den Nutzer gewöhnlich schwieriger zu handhaben als das auf DOS bsierende LAN-System. Nach einer Befragung der PC-Woche (48/1992, S. 1 und 8) bei deutschen Mittel- und Großunternehmen setzen diese LAN fiir folgende Zwecke ein: • Printer-sharing 46,0% • Electronic-Mail 38,3% • Fax-sharing 24,8% • Modem-sharing 18,2% •Remote-User-Service 13,1% • Daten-sharing 1,5% • Datex-L 1,5% • Telebox 0,7% • Telex 0,7%. Dabei sieht es mit der Vernetzung in diesen Unternehmen wie folgt aus: PC-LAN-Vernetzung vorhanden = 49,0%; Host-Vernetzung vorhanden = 17,5%; keine Vernetzungvorhanden/geplant=18,4%;PC-LAN-Vernetzunggeplant=15,1%. Das amerikanische IEEE (Institute of Electrical and Electronic Engineers) hat für die Standardisierung der Vernetzung Wesentliches zur geleistet: IEEE 802.3 ist das Protokoll für den CSMA/CD Bus; IEEE 802.4 das Protokoll für den Token Bus; IEEE 802.5 das Protokoll für den Token Ring; IEEE 802.7 das Protokoll für den Lichtwellenleiter (LWL), der unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen und der von großer Bandbreite ist. LWL basieren auf Glasfasernetzen, für die der Standard FDDI (Fiber Distributed Data Interchange) gilt. Glasfasernetze kommen vor allem bei sog. Backbones in Einsatz und dienen der überbetrieblichen Vernetzung im Sinne des Daten-Highways. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-33 in Abschnitt 1.7! 1.2.2.7 Datensicherung und Datenschutz Datensicherung Nach der Zentralstelle für das Chiffrierwesen, Bonn, muß das Unternehmen beim Einsatz von informationsverarbeitenden Systemen mit folgenden Grundbedrohungen rechnen:

1 72

1. Hauptteil:

Einführung

• Verlust der Vertraulichkeit durch Freisetzen von Informationen; • Verlust der Integrität durch Modifikation von Informationen; • Verlust der Verfügbarkeit durch Behinderung des regulären Betriebs von EDV-Einrichtungen (vgl. Computerwoche 28. 4. 1989 S. 41). Verschiedene Störfaktoren wie Feuer, Wasser, Blitzschlag, Netzstörungen, aber auch Computersabotage können das Funktionieren des EDV-Systems als das kardinale betriebliche Informationssystem existentiell in Frage stellen. Nicht nur das EDV-System als Informationssystem kann existenziell in Frage gestellt sein, sondern das Unternehmen selbst, wenn es z.B. bei der Einfuhrung eines neuen EDV-Systems nicht gelingt, das durch Anlaufschwierigkeiten herbeigeführte Informationschaos zu aufzulösen; bei der Komplexität situativer betrieblicher Arbeitsabläufe ist eine ersatzweise Rückkehr zu konventioneller Informationsverarbeitung nicht mehr möglich, so daß die Unternehmen in solchen Fällen in wenigen Monaten vor dem Exitus stehen. Zunächst war es bei der EDV relativ einfach die betrieblichen Daten zu sichern; es genügte, daß die Bänder und Lochkarten eingeschlossen wurden. Seitdem die Computer mit Festplatten ausgerüstet werden, häufen sich die Fälle von Computermißbrauch. Die Computerdelikte dürften in der BR Deutschland gegenwärtig (Stand 1990) schon den größten Anteil an den Wirtschaftsdelikten haben. Als Computerdelikte kommen in Frage: • Datendiebstahl, indem Produktionsverfahren, Kundenlisten, etc. kopiert und weitergegeben werden; • Programmdiebstahl, indem teuere Programme kopiert werden; • Programmanipulationen; • Computersabotage. Es empfehlen sich folgende Sicherungsmaßnahmen: • vor Inbetriebnahme muß sich der Computerbenutzer identifizieren; • dem Benutzer sind nur spezifische Zugriffsrechte auf die Daten einzuräumen; • jeder Benutzer muß seine Aktivitäten protokollieren, die Protokolle wiederum werten befugte Personen aus; • kritische Operationen dürfen jeweils nur von zwei Personen durchgeführt werden; • besonders wichtige Daten sind zu verschlüsseln; • es sind Computer mit entfern- und einschließbaren Festplatten zu verwenden; • externe Einheiten sind zu sperren; • in größeren Betrieben sind die Mitarbeiter gegen die Virusverseuchung zu sensiblisieren; • es sind häufig Sicherheitskopien zu "ziehen". Als sog. Backup-Systeme können einfache Disketten eingesetzt werden wie auch spezifische Sicherungskassetten, Streamer genannt, welche den Dateninhalt des laufenden Programms kopieren. Diese Streamer können innerhalb des Computers untergebracht werden wie die Backup Serie 2000 von Irwin, die Speicherkapazitäten von von 20-, 40- und 80-MByte auf einer Standard-DCMinicartridge besitzen, oder ausserhalb des Computers wie etwa die Backup-Systeme der Firma Emerald, die sich vor allem zur Datensicherung in Computer-Netzen eignen mit Kapazitäten von 150 MByte bis 2,2 Gigabyte. Der Datensicherung kann softwareseitig und/oder hardwareseitig erfolgen. Als Sicherheitssoftware bieten sich Paßwörter oder Codes an. Mit Hilfe von sog. Hetrolaypt-Chiffriermodems lassen sich eingegebene Daten in Bruchteilen von Sekunden unleserlich machen. Die hohe Zahl der Verschlüsselungsvarianten schützt vor fremdem Zugriff. Hardwareseitig gibt es u.a. das Hetrolock-System, ein elektronisches Zahlenschloß, das am Computer installiert wird. Zudem bieten sich Betriebe an, die gespeicherte Daten und Programme in feuerfesten und einbruchssicheren Stahlschränken deponieren. Computerviren Die Datensicherheit ist in Netzwerken besonders stark gefährdet; bei einfacher Netzsoftware und/ oder bei einfachen Paßwörtern hat der Datendieb (Cracker) gewöhnlich ein leichtes Spiel, viele Daten zu kopieren. Von Außen eingeschleuste sog. Computerviren können die Netzwerke durch entsprechende Befehle an die Computer stilllegen, eventuell sogar die Datenbestände zerstören.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

173

Die Historie der Computerviren sieht wie folgt aus (vgl. LV 11.25): • 1975 wurde das Aufkommen von Computerviren von John Brunner in seinem Roman "The Shockwave Rider" visionär vorhergesehen. • erstellten die am XEROX Palo Alto Research Center beschäftigten Wissenschaftler Jon F. Shoch und John A. Hupp die ersten Computerviren, die in der Lage waren, wie Würmer über Netze von Computer zu Computer zu "kriechen" und die deshalb Computerwürmer genannt wurden. • beschrieb Fred Cohen die Computerviren ausfuhrlich in seinem Aufsatz "Computer Viruses Theory and Experiments" in: Proceedings of 7th National Computer Conference, University of Southern California. • befiel der Computervirus "Clausthaler Weihnachtsbaum" von Deutschland ausgehend Computer in Italien, Japan und den USA. • befiel der Internet-Virus etwa 6.000 Computer vor allem in den USA. Der situative empirische Befund des Befalls mit Computerviren ist aufsehenerregend; nach einer Umfrage (zitiert nach PC-Woche 2. 12. 1991 S. 1) in amerikanischen Unternehmen (USA, Kanada) gaben 63% der befragten Unternehmen an, schon einen Virus-Befall erlebt zu haben, bei 9% der Befragten kam es zu einer "Seuche" mit einem Befall von mehr als 25 PCs bzw. Disketten. Die von Viren befallenen Unternehmen gaben als Folgen an: • Betriebsunterbrechung (62%); • Störung oder Botschaft am Monitor (41%); • zerstörte Dateien (38%); • größere Schäden (16%). Die einzelnen Arten von Computerviren unterscheiden sich durch ihren Funktionsumfang (vgl. LV 11.36 und LV 11.22): 1. Virus. Das "Virus" ist ein Computerprogramm, das "legitime" Computerprogramme infiziert, indem es sie verändert unter Übernahme einer Kopie des "Virus", das sich dann kopierend mit Hilfe der operationellen Computerprogramme über die Netzwerke verbreiten kann und schließlich ein zerstörerisches Werk beginnt, indem es Harddisks löscht, Tastaturen blockiert u.a.m. Der Computer-Virus besitzt vier Funktionen: a) Die Erkennungsfünktion prüft, ob das potentielle Wirtsprogramm bereits infiziert ist. b) Die Infektionsfiinktion kopiert das Virus in andere Wirtsprogramme. c) Die Bedingungs-Bedingungsfiinktion sucht bestimmte Bedingungen. d) Die Wirkungsfunktion veranlaßt bei Vorliegen einer bestimmten Bedingung diese "Wirkungen". 2. Worin. Der "Wurm" ist ein Codeabschnitt, der sich im Arbeitsspeicher einen ungenutzten Platz sucht, wo er sich vervielfältigt, bis der Computer nicht mehr funktionieren kann und das Programm "abstürzt". 3. Trojan Horse. Das "Trojanische Pferd" baut auf den Funktionen c und d auf. D.h. es multipliziert sich zwar nicht, dafür löst dieses eingeschleuste Programm von Zeit zu Zeit unerwartete Befehle aus, bestimmte Dateien zu löschen. 4. Logic Bombs. "Logische Bomben" "detonieren" zu bestimmten Terminen wie z.B. Freitag, den 13., indem sie dann die Programme des "Wirtcomputers" zerstören. 5. Trapdoor. Die "Türfalle" ist kein eigentliches Virus, sondern gibt nur die Möglichkeit, an Sicherungsmaßnahmen vorbei in Computersysteme einzudringen, dort "Aufsicht" zu fuhren und dort eventuell "einzugreifen". Folgende Aktivitäten zur Virusdetektion und zur Virusbeseitigung sind durchzuführen (vgl. Computerwoche 50/1992 S. 40): I. Aktivitäten der Virusdetektion: - Größe und Anlagedatum der möglicherweise befallenen Dateien kontrollieren; - Programmdateien byteweise vergleichen und speicherresidente Programme untersuchen; - Prüfsummen generieren, FAT und Inhaltsverzeichnis vergleichen; - Schreibaktivitäten auf Datenträger kontrollieren und Bad-Sector-Logging; - nach Symptomen bekannter Viren suchen. II. Aktivitäten zur Virusbeseitigung: - Backup starten und Virencodes entfernen, Antivirus-Programme ablaufen lassen; - infizierte Programme überschreiben.

174

1.Hauptteil:

Einführung

Gesetzlicher Datenschutz Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), das am 1. 1. 1978 in Kraft trat, ist unter Datenschutz der Schutz personenbezogener Daten vor Mißbrauch bei ihrer Speicherung, Übermittlung, Veränderung und Löschung zu verstehen (vgl. auch 1.2.4.3). In den §§ 22-30 behandelt das BDSG die Datenverarbeitung nichtöffentlicher Stellen für eigene Zwecke und in den §§ 31-40 die geschäftsmäßige Datenverarbeitung nichtöffentlicher Stellen für fremde Zwecke. In den §§ 41 und 42 stehen Straf- und Bußgeldvorschriften. 1.2.2.8 Elektronische Textverarbeitung und Bürokommunikation I. Elektronische Textverarbeitung In den Büros der Verwaltung und in vielen Dienstleistungsbetrieben dominieren Schreibarbeiten; Korrespondenz, Ausschreibungen, Preistabellen, Werbebriefe, Warenlisten u.a.m. sind zu erstellen. Entsprechend muß sich die Bürorationalisierung zuvorderst mit der Verbesserung der Textverarbeitung befassen, wobei unter Textverarbeitung alle Operationen zum Erstellen, Ändern, Ausgeben sowie zum Archivieren von Dokumenten zu verstehen sind. Bei der Textverarbeitung geht es hardware- und softwareseitig vor allem um Erleichterung der Textgestaltung, Vordruckgestaltung und Datenspeicherung durch die EDV: • es bestehen freie Gestaltungsmöglichkeiten nach Schriftart und -große, nach Textform etc.; • es lassen sich Serienbriefe mit gleichem Text an verschiedene Empfänger erstellen; • es lassen sich die Texte beliebig abspeichern; • es ist ein Zugriff auf andere Datenbanken möglich, etwa zum Eingeben von Adressen für die Serienbriefe; • es lassen sich Texte auf Rechtschreibfehler gespeicherte Rechtschreibprogramme überprüfen; • es lassen sich Texte "papierlos" per Electronic Mailbox an andere Nutzer übertragen. Hardware zur Textverarbeitung Die Unternehmen können auf folgende Hardware zur Textverarbeitung zurückgreifen: 1.) Mechanische Schreibmaschinen ermöglichen schnelle manuelle Textverarbeitung ohne spezielles Programm. Da sie keine Datenspeicher besitzen, sind sie weniger geeignet für Textänderungen etc., so daß sie zunehmend von elektronischen Geräten in den Hintergrund gedrängt werden. 2.) Elektronische Büro-Schreibmaschinen bieten gegenüber der mechanischen Schreibmaschine mehr Komfort durch automatische Funktionen und durch die Korrekturtaste.- Eingeschränkt im Komfort, aber auch kleiner in Gewicht und Größe sind elektronische Reiseschreibmaschinen. 3.) Speicher-Schreibmaschinen können als sehr komfortable elektronische Schreibmaschinen weit über 100 Textseiten speichern. 4.) Kompakt-Schreibmaschinen mit Display sind Kombinationen aus einfachen Computern und Reiseschreibmaschinen, die sich an Qualitätsdruckern anschließen lassen. 5.) Bildschirm-Schreibmaschinensind an einen Bildschirm angeschlossene Speicher-Schreibmaschinen zum Videotyping. Zur Konfiguration eines "Einsteiger"-Modells gehören ein 12-Zoll-Bildschirm, eine Schreibmaschineneinheit mit Tastatur und ein Drucker, sowie eine Mikro-FloppyDisk-Einheit bei großem Arbeitsvolumen. 6.) Personal Computer eignen sich zur professionellen Textverarbeitung. Sie benötigen dafür aber leistungsfähige Programme. 7.) Text-Systeme gibt es für ein breites Anwendungsprogramm im Büro. Zur Konfiguration gehören Rechner, Tastatur, Bildschirm, Diskettenmassenspeicher und Schönschreibdrucker. Neben Einplatzsystemen gibt es Mehrplatzsysteme, die an große zentrale Textarchive (Shared-logicsystem) oder die an Hostrechner angeschlossen sind. Sog. Cluster-Systeme entstehen, wenn die Mehrplatz-Systeme neben der Zentraleinheit auch ein Textarchiv gemeinsam benutzen. Mehrplatzsysteme sind den Einplatzsystemen wegen der größeren Speicherkapazität überlegen. 8.) Drucker zur Textausgabe gibt es in verschiedenen Arten. Die mechanischen Drucker wiederum gliedern sich in Matrix- und Typendrucker. Zu den Matrixdruckem zählen die Nadel- und Tintenstrahldrucker. Bei den Typendruckern wird noch unterteilt in Paralleldrucker wie Typenkettenund Typenwalzendrucker und in Seriendrucker wie Kugelkopf- und Typenraddrucker. Zu den nichtmechanischen Druckern zählen der Laser- und der Thermodrucker.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

175

Diese Drucker unterscheiden sich in den Leistungen: a) Der Kugelkopfdrucker besitzt das Druckwerk einer Kugelkopfmaschin. Bei 900 bis 1.200 Anschlägen pro Minute produziert er bis zu acht Durchschläge. b) Der Typenraddrucker ist von der normalen Schreibmaschine abgeleitet. Bei 1.800 bis 3.300 Anschlägen pro min produziert er bis zu sieben Anschläge in Schönschriftqualität. c) Der Tintenstrahldrucker läßt zwar keine Durchschläge zu, aber er produziert bis zu 10.000 Zeichen pro Minute in Schönschriftqualität und ist farbfähig. d) Der Nadeldrucker nähert sich bei 24 Nadeln je Zeichenhöhe der Schönschriftqualität. Er ist grafik- und farbfähig und produziert bis zu 50.000 Zeichen pro Minute. e) Der Laserdrucker erreicht eine hohe Druckgeschwindigkeit, da er nichtmechanisch ist und jeweils eine ganze Seite pro Druckvorgang bedruckt. Bei ihm ist eine gestochen scharfe Druckqualität möglich. Jedoch sind sog. Low-Cost-Laser-Printer gewöhnlich nicht farbfähig. Ähnlich dem Laser-Drucker funktionieren der LED-Drucker und der LCD-Drucker f) Der Thermodrucker ist ebenfalls nichtmechanisch und benutzt ohne Farbband thermisch empfindliches Spezialpapier. Der Thermotransferdrucker verwendet ein nichtverschmutzbares Farbband und kann Standardpapier verwenden. Der Thermodrucker wird häufig bei Registrierkassen benutzt. Da er klein gebaut werden kann, wird er häufig in Verbindung mit tragbaren PCs eingesetzt. Software zur Textverarbeitung Die angebotenen Softwareprogramme zur Textverarbeitung weisen Unterschiede hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit, der Funktionsvielfalt und der Zuverlässigkeit auf: • Microsoft WORD. Es eignet sich zum Erstellen von umfangreichen Dokumenten, etwa Firmenhandbüchern und Ausschreibungen. Da es menügesteuert arbeitet, kann es überall leicht eingesetzt werden. Im Angebot zum Programm ist auch eine Rechtschreibprüfung und eine Serienbrieffiinktion. Ab der Version 5.0 ist die Grafikeinbindung erleichtert worden. Es können in Word mit der Aufforderung .dbf beliebige Daten aus einer dBase-Datei geladen werden. Auch aus den Programmen Excel, Lotus und Multiplan lassen sich Daten in Word einfügen. Winword - etwa Word 6.0 - als weiterentwickelte Form von Word verwendet die sog. Windowtechnik (Fenstertechnik), bei der sich mehrere Befehlsebenen visuell überlagern lassen, außerdem funktioniert es nach dem Prinzip: What you see, is what you get! • WordStar. Es läßt sich über mehrere Hilfsstufen aufbauen. Das Zusatzprogramm Spell Star überprüft eingegebene Texte auf Rechtschreibung, Star Index erstellt automatisch Inhalts- und Stichwortverzeichnisse. • MultiMate. Es besitzt ein weites Anwendungssspektrum. Zahlreiche Arbeitsmappen erleichtern den Einstieg in die professionelle Nutzung. Über Schnittstellen verarbeitet es die Dateiformate u.a. in ASCII, DIF, Lotus 1-2-3, DCA, und zwar im Verbund u.a. über die Netze IBM-Net, 3Com-Ethernet, Novell und Tokenring. • Star-Writer PC. Hier lassen sich Grafik und Text vermischt ausdrucken, benutzer-freundliche Menüführung mit der Maus vereinfacht die Durchführung komplexer Leistungen. • Easy Writer II. Es eignet sich für einfache Büroarbeiten, entsprechend sind die Leistungsmöglichkeiten begrenzt, der Einstieg in die Textverarbeitung aber erleichtert. • Integrierte Pakete. Sie erleichtern die Textverarbeitung, etwa WordStar mit dBase, eine häufig genutzte Dateiverwaltung. Textverarbeitungsprogramme können sich auch an Kalkulationsprogrammen wie Lotus 1-2-3 und Multiplan orientieren. Bei der Tabellenkalkulation geht es um die Erstellung einfacher Rechnungen wie auch um Unterstützung der Angebotserstellung bis zu finanzmathematischen und statistischen Berechnungen, die auch in Form von sog. Präsentationsgraphiken dargestellt werden können wie unterschiedlich gerasterte Torten- und Balkendiagramme, Kreissegmente, Streu- und Kurvendiagramme. Integrierte Softwarepakete wie Open Access, Symphony und Framework bieten nebenbei auch Textverarbeitung an, dazu z.B. Datenbank, TabellenkaJkulation, Grafik und Programmiersprache. Unter Hit (vgl. Abb. 12-30) hat Siemens eine Reihe von Sinix-Standardprogrammen (= Unix-orientierte Programme) zur Bürokommunikation und -rationalisierung zusammengefaßt (vgl. LV 11.66 S. 30).

1 76

1. Hauptteil:

Einführung

Abb. 12-30: Integriertes Paket von Textprogrammen (HIT) Bass: B i l d s c h i r m text

TAURUS: InformationsRetrieval-System

T

SIDRAW:

Zeichen programme

y yI v

TTX-PACK : Teletex/ Telex

HIT: T e x t v e r verarbeitung

SICHART: Businessgraphik

TTTT. MAIL-X: Elektron i s c h e Post

< —

INFORMIX: R e l a t i o n a l e s Datenbanksystem < — >

SIPLAN: Tabellenkalkulation

Schrifterkennungssysteme (SES) SES kennen zwei Aufgabengebiete (vgl. LV 11.65 S. 97fF): 1.) Sie erfassen und sortieren Belege und Formulare. Hochleistungsbelegleser können in einer Stunde 150.000 Belege verarbeiten. Bei einer Zeichenerkennungsrate von 3000 Zeichen pro Sekunde, mit 0,001 Prozent Fehlererkennungen und 0,01 Rückweisungen erreichen sie eine extrem hohe Erkennungssicherheit. 2.) Sie dienen der Texteingabe in Schreibbüros, Verlagen und in der Dokumentation. SES verwenden das bereits Anfang der sechziger Jahre eingeführte OCR-Schriftsystem (Optical Character Recognition). Für die automatische Bearbeitung von Schecks und Belegen wurde mit OCR-A und OCR-B eine spezielle Schrift geschaffen. Auf OCR läßt sich eine wissensbasierte Dokumentenanalyse (vgl. Abb. 12-31) aufbauen mit den drei Komponenten Text-, Grafik- und Bildsegmentierung basierend auf der international standardisierten Dokumentenarchitektur ODA (Office Document Architecture). Zur automatischen Schrifteingabe sind optische Leseeinrichtungen wie Scanner und OCRSoftware erforderlich. CAT Reader z.B., von der Marstek GmbH, Düsseldorf, vertrieben, ist speziell für Handscanner entwickelt worden. Sie ist "lernfähig"; sie erkennt Texte, die um 10 Grad von der Horizontalen abweichen. Mit Hilfe einer Rotationsfimktion lassen sich selbst Dokumente einlesen, deren Text quer angelegt ist wie etwa bei Tabellen. Auch Computerausdrucke lassen sich damit verarbeiten. Im Vergleich zum noch behandelnden Barcode (vgl. unten) besitzen diese Klarschrifttypen eine höhere Informationsdichte. Abb. 12-31: Wissensbasierte Dokumentenanalyse (entn. LV 11.65 S. 101)

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

177

COM-Verfahren Mit der Com-Verfilmung (Computer Output on Microfilm) lassen sich direkt Daten von der EDV auf Mikrofilm übernehmen. Dadurch läßt sich der Engpaß vermeiden, der bei den schnellen CPUs an der Peripherie zu den Ausgabeeinheiten entsteht. Die Datenausgabe per COM ist um das Mehrfache schneller als beim schnellsten Drucker. Aber auch bei der Datenspeicherung ist die Mikroverfilmung unübertroffen schnell; beim sog. Diazofilmverfahren können pro Stunde 2.000 Dokumente dupliziert werden. CAR (Computer-Aided-Retrieval) ermöglicht eine Inhaltsindexierung während der Mikroverfilmung, so daß später in Sekundenschnelle wie bei einer Datenbank ein Informations-Retrieval möglich ist. Es erfolgt auch eine Verringerung der Material- und Lagerkosten. Da die Anschaffungskosten einer CQM-Anlage hoch sind, lohnt sich ihre Anschaffung erst bei Datenausgabe auf Mikrofilm ab etwa 200.000 Seiten monatlich (vgl. LV 1.81 Bd. 2 S. 289). Gesetzliche Grundlagen für die Mikroverfilmung im Betrieb sind die (geänderte) Abgabenordnung vom 16. 3. 1976 wie auch die "Grundsätze für die Aufzeichnung gesetzlich aufbewahrungspflichtiger Unterlagen auf Bildträger". Barcode Der Barcode besteht aus einer Sequenz von schmalen und breiten Streifen sowie von breiten und schmalen Lücken (vgl. Abb. 12-32), die zum Verschlüsseln der Daten dienen. Er ist in Deutschland auch unter der Bezeichnung Strichcode oder Balkencode bekannt und dient zur Symbolisierung von Daten auf der Packung von Lebensmitteln und Konsumgütern, zum Einlesen in Formulare und Listen. Auf schnelle und sichere Weise lassen sich mit Hilfe des Barcodes auf allen Stufen der betrieblichen Logistik beim Handling die betrieblichen Kosten senken. Dabei hat der Barcode in verschiedenen Formen Eingang in die Betriebspraxis gefunden: • 2/5-Code, der als Sortiersystem in Warenhäusern, bei Airline-Ticket, in der Photoindustrie zum Bildentwicklungsservice verwandt wird; • 2/5-Interleaved, der in der Automobilindustrie, in der Schwerindustrie und auch bei Schiflfscontainern verwandt wird; • Code 39, der in der verarbeitenden Industrie, aber auch in Büchereien, Universitäten, Ämtern, Labors verwandt wird; • EAN-Code (vgl. Abb. 12-32), der vor allem im Einzelhandel, in Supermärkten eingesetzt wird. Abb. 12-32: Ean-Barcode linkes R a n d z e i c h e n 1

Trennzeichen 1 I

rechtes R a n d z e i c h e n 1 1

4 J U t t 7 J 1 L. CCHO J i I I Länderkennz. Hersteller-Nr. A r t i k e l - N r .

1 PrüfZiffer

Der EAN leitet sich vom 1972 von der Unternehmensberatungsfirma McKinsey & Co. in den USA entwickelten UPC (Universal Product Code) ab. Um diesen Code überall maschinell lesbar zu machen, wurde eine BAN (Bundeseinheitliche Artikel Nummer) entwickelt, die sich zur EAN (Europäische Artikel Nummer) weiterentwickelte. Beim EAN-Barcode kann das Symbol aus 13 Stellen (Normalnummer) oder aus 8 Stellen (Kurznummer) zusammengesetzt sein. Die Symbole wiederum können in unterschiedlichen Schriftgrößen dargestellt werden: SC 0 bis SC 10. Der UPC und der EAN-Code sind kompatibel zu einander. Der EAN ist inzwischen auch von verschiedenen außereuropäischen Ländern übernommen worden bis Südostasien hin. Stellen beim UPC die ersten Ziffern die Branche - in den USA - dar, so kennzeichnen beim EAN die ersten beiden Ziffern die jeweilige Länder-Flag, die von der 1977 gegründeten "Association Europenne de Numeration des Articles" in Brüssel vergeben wird. Die fünfstellige Herstellernummer wird länderweit vergeben, in Deutschland muß sie bei der Centrale für Coorganisation in Köln beantragt werden. Die fiinfstellige Artikelnummer liegt dann im Dispositionsbereich des jeweiligen Unternehmens, das die Besonderheiten des Artikels wie Menge, Größe, Farbe, Gewicht, Verpackung, etc. codieren kann. Daneben gibt es auch branchentypische Systeme wie ISBN (Internationale Standard-Buchnummer), mit dem nicht nur gedruckte Erzeugnisse an der Kasse gescannt, sondern auch Remittenten automatisch sortiert werden können.

178

I Hauptteil:

Einführung

Die Barcode-Leser lassen sich gruppieren 1. in sog. statische Leser (Fixed Beam) wie a) Lesestifte, b) Durchzugleser, c) Abstandleser und 2. in sog. dynamische Leser (Moving Beam) wie a) Kamera-Systeme, b) Mobile bzw. feste Scanner. Die Fehlerrate beim Ablesen hat sich als sehr gering erwiesen. Die codierten Daten sind im Klartext - OCR-A-Schrift - zu wiederholen, damit sie dem Menschen verständlich werden. Im Vergleich zu den Klarschriftsystemen besitzen die Barcode-Systeme nicht nur einen Einführungsvorsprung, sondern auch eine robustere weniger anspruchsvolle Einlesetechnik, weswegen letztere insgesamt kostengünstiger sind. Der Barcode wird in Bibliotheken zum Lesen von Leserausweisen wie Buchnummern eingesetzt, im Gesundheitswesen zum Lesen von Patienten-Identifikations-Karten, in der öffentlichen Verwaltung zum Lesen von Ausweisen, im Handel und im Vertrieb zur Symbolisierung von Artikeldaten (vgl. 3.5.5.4) und bei der Leistungserstellung (vgl. 3.4.3.4): • zur Lagerzugangs- und -abgangserfassung wie auch zur Identifikation des Lagerplatzes; • zur Versand- und Lagerbestandskontrolle; • zur Fertigungssteuerung, Arbeitsfortschrittskontrolle, Teileverfolgung; • zur Ausleihkontrolle von Werkzeugen, zur Werkzeugverfolgung und -instandhaltung; • zur in die Tiefe gehende Distributionsanalysen und darüber hinaus Wirkungsanalysen über die erfaßten Verkaufsdaten bezüglich des Einsatzes der Marketinginstrumente etwa auf Testmärkten. Damit kann der Einsatz von Scannern die gesamte betriebliche Logistikkette begleiten und durch schnelle und sichere Kommunikation rationalisieren. Desktop-Publishing (DTP) Desktop-Publishing faßt Texterstellung und -gestaltung, Graphik, Layout und häufig auch den Druck in einem System zusammen. DTP soll die Drucksachenherstellung mit Studioqualität im Betrieb ermöglichen und dies bei geringeren Kosten und bei beschleunigter Durchführung von Änderungen in letzter Minute. Während bei der konventionellen Erstellung von Dokumenten Satz und Graphik getrennt erstellt werden, laufen beides beim DTP parallel auf dem PC einschließlich Korrektur und Umbruch bis zur Erstellung der druckreifen Vorlage ab. Dabei kann der Nutzer auf dem Bildschirm gemäß dem WYSIWYG (What You See Is What You Get!) schon im Statu Nascendi sehen, wie die entwickelte Vorlage später auf dem Papier aussehen wird. Durch unmittelbare Verbindung des PCs mit dem Drucker kann beim DTP auf die Erstellung eines Films verzichtet werden. Zum DTP werden dem PC, Laser-Drucker (mindestens aber 24 Nadel-Drucker) und Layout-Software, etwa Pagemaker, Postscript, Ragtime, Ready Set Go benötigt. Da DTP-Anwendungen viel Rechenzeit und Speicherplatz beanspruchen, sind leistungsfähige PCs hierfür erforderlich, an die Ganzseiten-Monitore und Scanner anschließbar sein sollten; Scanner als optische Leseeinrichtungen erleichtern die Integration von Zeichnungen und Fotos in das Layout. Beim sog. Inhouse Publishing besitzt DTP das denkbar breiteste Anwendungsspektrum: Erstellung von Rundschreiben, Ankündigungen, persönliche Anschreiben, Berichte, Statistiken, Kataloge, Produktinformationen, etc. Anstelle des Druckers tritt beim Electronic Publishing ein Fotosatzbelichter. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-34 in Abschnitt 1.7! II. Elektronische Bürokommunikation Die EDV wird vor allem deswegen bei der Büroarbeit eingesetzt, um die Qualität der Informationsverarbeitung zu verbessern. Dies könne am besten geschehen, wenn die drei Ebenen der Qualität im Büro einen finalen Leistungsbezug erhielten (vgl. LV 11.82 S. 17f.): 1. Ebene: materielle Ebene der Unterlagen, Dokumente, Datenzusammenstellungen wie Texte, Statistiken, Graphiken, Dateien, Ablagen, auf der die "Qualität" durch Übersichtlichkeit, Fehlerfreiheit, gute graphische Gestaltung und Aufbereitung von Zahlen zu erzielen ist. 2. Ebene: prozedurale Ebene der Prozesse der Leistungserstellung im Wege der Kommunikation, Information, Kooperation, Abstimmung, Bearbeitung von "Vorgängen", Entscheidungsvorbereitung und -Vollzug, deren "Qualität" sich durch Ausschaltung von Reibungsverlusten und Miß-

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

179

Verständnissen, Vermeidung von Doppelarbeit und durch Reduzierung der Durchlaufzeiten, Erhöhung der Ergebnissicherheit vor Störungen und der Datensicherheit vor unautorisiertem Gebrauch verbessern läßt. 3. Ebene: finale Ebene der geschäftspolitischen Zielsetzungen, die nur an der Erreichung der Zielsetzungen gemessen werden kann: etwa erhöhte Reaktions- und Innovationsfahigkeit, verbesserte Marktpräsenz, Reduzierung von Risiken, Erhaltung bzw. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit, der die vorgelagerten Ebenen "zuarbeiten.". Die Bürosystemfunktionen lassen sich zu 7 Funktionsgruppen zusammenfassen (vgl. LV 11.47 S. 36f), wozu als 8. Funktion die elektronische Konferenz (Telekonferenz) hinzukommt: 1. Textverarbeitung: einfach, komplex, Formularbearbeitung; 2. individuelle Datenverarbeitung: Tabellenkalkulation; Sprachen der "vierten" Generation; 3. Graphikverarbeitung: Geschäftsgraphik, Freihandzeichnung; 4. Datenbanken: Gestaltung; Nutzung; Informationsrecherchen (Information Retrieval), wobei Bildschirmmasken im Frage-Antwort-Dialog von Nutzen sein können; 5. elektronisches Archiv - gewöhnlich in hierarchischer Form - : persönliche Dateien; Abteilungsablage; Unternehmensablage; 6. elektronische Post: Mitteilungssystem; Telex; Teletex; Telefax; 7. Bürodienste: Terminplanung; Ressourcenplanung; Wiedervorlage; 8. elektronische Konferenzen: video-akustische DFU-Kontakte, wobei für die Standardisierung und Komprimierung von Video-Konferenzen CCITT H.261 zuständig ist. Für letztere sind eigene Video-Studios erforderlich, deren Einrichtungskosten allerdings erheblich gefallen sind. Hinzukommen noch Übertragungskosten. Dafür kann der Betrieb Kosten für Geschäftsreisen sparen und die Führungskräfte Zeit. Der Blickkontakt per Video gilt als wesentlich intensiver und wird als angenehmer empfunden als das Telefonieren. Einzelne Systeme verknüpfen eventuell verschiedene Bürofunktionen, so z.B. ECFORMS von IBM, das den Entwurf, die Verteilung, die elektronische Freigabe und Archivierung von Formularen unterstützt und dabei etwa bei Bestellanforderungen das elektronische Formular von der Anforderung bis zur Bestellung beim Lieferanten im Wege eines Freigabeprozesses durch den Betrieb schleust, ohne daß dabei Papier benützt wird. Die Schnittstelle zur "papierlosen" Verbindung zum Lieferanten kann EDI bilden. ODA, der ISO-Standard 8613 zur Dokumentenübertragung, der 1988 verabschiedet wurde, unterscheidet zwischen zwei von einander unabhängigen Strukturen: • die logische Struktur, welche das Dokument als Hierarchie logischer Einheiten wie Kapitel, Abschnitte, Bilder beschreibt; • die Layout-Struktur, welche das Dokument in Layout-Einheiten wie Seiten und rechteckige Bereiche unterteilt. Es wird dabei zwischen Dokumentenklassen unterschieden: • Geschäftsbriefe; • Berichte (Reports); • Formulare. Es gelten für die flexible Nutzung folgende Architekturstufen: • Processable Form Documents, welche als weiterbearbeitbare Dokumente die Weiterbearbeitung beim Empfanger erlauben; • Formatted Form Documents, welche als formatierte Dokumente nur die originalgetreue Wiedergabe beim Empfanger erlauben; • Formatted Processable Form Documents, welche sowohl die Weiterbearbeitung als auch die originalgetreue Wiedergabe des Dokuments erlauben. Das internationale Dokumentenaustauschformat ODIF (Office Document Interchange Format) ermöglicht den Austausch nach jeweils verschiedenen internen Formaten. Der "elektronische Datenaustausch" zwischen Geschäftspartnern über Datex-P via FT AM (File Transfer, Access, and Management) in der 7. Schicht des ISDN läßt sich auf der Basis des Standards EDI (Electronic Data Interchange) bzw. EDIFACT (EDI for Administration, Commerce and Transport) wegen der Einmalerfassung und -eingäbe von Dokumenten sicherer, schneller und vor allem auch kostengünstiger gestalten. Zur Datensicherung hat sich der Absender mit der "elektronischen Unterschrift" DES (Data Encryption Standard) zu authentizieren. EDIFACT wurde 1987 als Standard für den Austausch von Handelsnormen (ISO-Norm 9735) verabschiedet.

1 80

1. Hauptteil:

Einführung

EDI-Normen erfüllen drei Funktionen: 1. Sie legen das Nachrichtenformat fest. 2. Sie legen die Struktur der zu übermittelnden Daten fest. 3. Sie regeln mit Hilfe von Protokollen den Austausch von Nachrichten zwischen Computern. Nach einem Beschluß der EG (EU) und des Europäischen Zollrats, dem sich der US Costums Service angeschlossen hat, sind die EDEFACT-Normen behördlicherseits Standard. Für den Geschäftsdatenaustausch in der EU gilt (für die Automobilindustrie) der Standard ODETTE (Organization for Data Exchange by Tele Transmission in Europe). Die Bürofünktionsgruppen kommen bei den verschiedenen Aufgabenträgern im Büro (vgl. LV 11.47 S. 37f.) mit unterschiedlicher Intensität zur Anwendung (vgl. Tab. 12-9). Während Führungskräfte des Typs 1 nur einfache Unterstützung durch Textverarbeitung benötigen, stützt sich Typ 2 stärker auf komfortable Textverarbeitung, da er selbst Texte erstellt, die eventuell von der Sekretärin (Unterstützungsaufgabe) weiter elektronisch bearbeitet werden. Tab. 12-9: Nutzungsintensität von bürotechnischen Funktionsgruppen A u f g a b e n t r ä g e r Führungs saufgabe FachFunkt i o n s g r u p p e n aufgabe 1 2 Textverarbeitung

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individuelle

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DV

Graphikverarbeit.

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Datenbanken

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elektron.

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Archiv

elektronische

Post

Video-Konferenz

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Bürodienste

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Sachbearb. Unteraufgabe stützung

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Legende: Intensität: stark ***

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mittel **

wenig *

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nicht -

Die frühen Bürokommunikationssysteme, die in den Siebziger Jahren konzipiert wurden wie Disoss (von DEC) und Profs (Professional Office System) von IBM, orientieren sich an den starren hierarchischen EDV-Systemen der damaligen Zeit mit Groß- und Abteilungsrechnern und Terminals (vgl. 1.2.2.6). Die Kommunikation erfolgt in drei Ebenen, die z.B. durch die von DEC entwickelte Kommunikationsplattform Telecom/400G-X integriert werden können (vgl. Computerwoche 19. Juli 1991 S. 16): I. System- und Anwendungsebene: DISOSS; Profs; VAXmail; ALL-IN-1 Mail EL Dienstebene: Telex; Telefax; Teletex. m . Netzebene: ISDN; X.15; analog. Bei diesen Systemen liegt jedoch die periphere Intelligenz der PCs weitgehend brach. Auch ist es schwierig, Daten und Graphiken unternehmensweit zu versenden. Abhilfe schafft hier das Cooperative Processing mit sog. Groupware, auch Workgroup-Computing genannt, bei dem verschiedenartige Software-Pakete mit einander verbunden werden, etwa ein CAD-System zur Konstruktion mit einer Tabellenkalkulation, um ein Angebot zu erstellen. Dazu bieten IBM und Siemens Anwendungssysteme mit unterschiedlichen Konzeptionen an: • Officevision wie schon SNA von IBM zielt vornehmlich darauf ab, sämtliche Rechnerarten aus ihrem Programm mit dem zentralen Host-System top-to-down zu verbinden. Für PCs leistet dieses Konzept zentrale Dienste wie Electronic Mail und Druckerdienste bei freier Software-Auswahl. Dabei bietet OfficeVision

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

181

- eine einheitliche Benutzeroberfläche, - eine arbeitsplatzorientierte Menügestaltung sowie - die Möglichkeit, Informationen aus verschiedenen Anwendungen auf unterschiedlichen Rechnerebenen zu verknüpfen. • ComfoDesk mit Comfoware von Siemens-Nixdorf konzipiert die Bürolandschaft eher bottomup und ist dezentral/modular strukturiert mit Modulen wie ComfoNet/S, ComfoTex für Textverarbeitung, Comfobase einer SQL-fähigen Datenbank, Mail Server, Fax-Server, SQLBase-Server, die in Verbindung stehen mit dem Telefon-Netz, Datex-P, ISDN Direktrufnetz. Offensichtlich um Anschluß an die dezentrale vernetzte Datenverarbeitung und um eine breitere strategische Basis zu gewinnen hat IBM ihre bisher streng proprietäre Netzwerkarchitektur durch Kooperationsverträge u.a. mit Siemens-Nixdorf, Apple Computer geöffnet. Dabei soll zunächst APPN (Advanced Peer-to-Peer Networking) unterstützt werden, ein Protokoll, durch das andere Computer an das SNA-Netzwerk ohne Benutzung des zentralen Großcomputers angeschlossen werden können. H.K. Mayer (LV 11.38) definiert in Anlehnung an Lotus Notes, die er als grundlegende Groupsoftware ansieht, als wichtigste Merkmale derartiger vernetzter Datenverarbeitung : • einfache Bedienung durch die Endanwender mittels graphischer Benutzeroberflächen, bei der die Arbeitsgebiete u.a. Aktenschränke, Postein- und Ausgang durch graphische Symbole dargestellt werden; • komplexe Electronic Mail, die mit Hilfe von lokalen und globalen Adreßbüchern, automatischen Verteilerlisten, intelligente Routingfünktionen über Netzwerke und Domänen sowie durch Anhängen von beliebigen Dateien den Einstieg in das Workgroup-Computing ermöglicht; • gemeinsame Datenbanken z.B. Kunden- oder Projektdatenbanken, die von allen Gruppenmitgliedern gemeinsam genutzt werden; • gemeinsame, modularisierte Software für die verschiedenen Aufgaben. Ein modulares System bietet nach S. Müller-Zantop dem Bürokommunikationsplaner verschiedene Vorteile gegenüber kompakten Systemen (vgl. LV 11.45 S. 26): • Freiheit bei der Wahl der Hardware und bei der PC-Konfiguration; • Freiheit bei der Wahl der Zusammenstellung des Anwendungsmixes; • standardisierte Basis (Windows/Presentation Manager) für zukünftige Bedürfnisse; • rationellere Nutzung des PC-Netzes, da seine Ressourcen allen zur Verfugung stehen; • Reduktion des Lernaufwands wegen der gleichen Benutzeroberflächen; • Orientierung an den Sachbearbeitungsvorgang, der in jedem Unternehmen individueller Natur ist und hochkomplex sein kann. Laptops bzw. "Notebooks" unterstützen die mobile Bürokommunikation: • innerbetrieblich etwa bei Kontrollrundgängen und Inventaraufnahmen vor allem mit Hilfe der besonders kleinen "Vestpockets" oder "Palmtops" oder • außerbetrieblich Reisende und Handelsvertreter bei Kundenbesuchen sowie Führungskräfte bei auswärtigen Konferenzen mit Geschäftsfreunden (vgl. 3.5.2.6). 1.2.2.9 Elektronische Simulation und ProzeOsteuerung I. Elektronische Simulation Definition und Ablauf VDI-Richtlinie 3633 definiert Simulation wie folgt: "Simulation ist die Nachbildung eines dynamischen Prozesses in einem Modell, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die auf die Wirklichkeit übertragbar sind." Bei der Simulation kann der Rechner das Verhalten eines realen Systems nachbilden (vgl. auch 3.6.1.1). Dazu ist zunächst ein mathematisches Modell zu entwickeln und als Programm auf einen geeigneten Rechner zu implementieren. Das Programm sollte benutzerfreundlich sein, damit der Bediener das typische Verhalten des Systems erkennt. Das Ergebnis der Simulation sind Statistiken bzw. die 3D-Animation (vgl. Abb. 12-33).

182

1. Hauptteil:

Einführung

Nach Semmelroggen läßt sich die Simulation in folgenden Schritten durchführen, die in Rückkopplung mit einander verbunden sind (vgl. LV 11.69 S. 7): 1. Schritt: Formulierung der Zielvorstellungen. 2. Schritt: Datenbeschaffung und -aufbereitung. 3. Schritt: Modellbildung, Implementierung, Validierung. 4. Schritt: Durchfuhrung der Simulationsexperimente. 5. Schritt: Ergebnisdarstellung und -analyse. 6. Schritt: Falls notwendig Änderung des Modells oder der Ablaufstrategien. 7. Schritt: Präsentation und Dokumentation. Anwendungsmöglichkeiten der Simulation Die computergestützte Simulation läßt sich vielfältig betrieblich für technisch-wissenschaftliche, aber auch für ökologische Aufgaben nutzen (vgl. u.a. LV 11.40 S. 232f): • Zum Bedienungstraining. Die Bediener von technischen Systemen wie Flugzeuge, Kraftwerke, Reaktoren können am Simulator Reaktionen auf Umweltänderungen einüben und gleichzeitig die erreichte persönliche Reaktionsfähigkeit überprüfen. Dadurch lassen kostspielige Übungen am realen Objekt vermeiden. • Zur Konstruktionsfiberprüfung und -Optimierung. Vor der realen Ausführung kann das Verhalten konstruierter Teile simuliert und anhand der Ergebnisse die Konstruktion auf Richtigkeit überprüft werden. Dadurch lassen sich teuere Testgeräte einsparen. Zudem können Entwicklungsirrwege vermieden werden durch Simulation der Auswirkungen entwickelter Teilstrukturen auf die Gesamtstruktur. Es lassen sich alternative Systemkonzepte schneller und intensiver zur Systemopti-mierung untersuchen. • Zur Fertigungsoptimierung. In der Planungsphase eines Fertigungssystems lassen sich durch Simulation Systemstruktur, Materialfluß und Pufferdimensionierung optimieren, Bewegungszeiten minimieren sowie mögliche Kollisionen erkennen. Dies ist um so wichtiger, als Fehler in der Planung später in der Betriebsphase kaum oder nur unter hohen Kosten korrigiert werden können. Auch bei bereits installierten Fertigungssystemen kann es zur Minimierung der Fertigungsdurchlaufzeiten sinnvoll sein, den Durchlauf bei bestimmten Aufträgen unter Verwendung verschiedener Reihefolgeregeln zu simulieren (vgl. 3.4.1.5). Abb. 12-33: Genereller Simulationsablauf (entn. Demag Fördertechnik Report 3/88 S. 19)

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

183

• Zur besonderen Sichtbarmachung von zeitlichen Vorgängen. So können bestimmte Vorgänge mit Hilfe der Computeranimation zeitlich gerafft oder in Zeitlupe dargestellt werden etwa zur Darstellung der Verbrennungsvorgänge in Motoren und Raketen, zum Fließverhalten von Materialien während der Verformung, zum Verhalten von Flugkörpern beim Wiedereintreten in die Erdatmoshäre, zur Wärmeverteilung bei Klimaanlagen, zur Ausbreitung von Sickerwasser unter Mülldeponien. Implementierung der Simulation Die zunächst mit großen Vorschußlorberen der Industrie vorgestellte Computersimulation hat lange Zeit nicht das gehalten, was sie versprach, so daß sie einen schlechten Ruf bekam. Als Gründe dafür werden angeführt (vgl. Markt & Technik 26/1994 S. 26): • hoher Aufwand; • mangelnde Erfahrung im Umgang mit der Simulation; • schwierige Abschätzung des Einsparungspotentials im Vorfeld; • kaum verwertbare Ergebnisse wegen ungenauer Modellierungen. Um die Effizienz der Computer-Simulation zu erhöhen, sei es erforderlich, - im Wege verstärkter Validierung die Realitätsnähe erstellter Modelle stärker zu überprüfen; - im Zeitablauf die zugrunde gelegten Arbeitsprozesse auf eventuelle wesentliche stattgefundene Änderungen hin zu überprüfen, um eventuell auch das Simulationsmodell an die stattgefundenen Änderungen anzupassen; - differenzierte Simulationsmodellen einzusetzen, welche eventuell die Zeitdynamik im Betrieb stärker berücksichtigen; - komplexe Software-Tools einzusetzen, welche eventuell auch schon die Planung im Vorfeld in die Simulation einbeziehen. Dennoch liegt der Marktdurchdringungsgrad in Deutschland (Stand: 1997) erst bei 3- 5%. Ein vom Frauenhofer-Institut „Demonstrationszentrum Simulation in Produktion und Logistik" durchgeführte Studie ergab, daß die Unternehmen von der Simulation eine Verbesserung der Produktion (65%), eine Verbesserung der Logistik (41%), eine Investitionsabsicherung (24%) sowie eine Maßnahmenabsicherung (22%) erwarten (vgl. VDI-Nachrichten, 1997/19, S. 19). Die Stuttgarter Aesop GmbH hat in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Automatisierung und Produktionstechnik die Simulationssoftware Simple++ entwickelt, welche in C++ geschrieben auf Unix-Workstations und PCs unter SCO Unix in Verbindung mit X/Window/Motif mit großer Bedienungsfreundlichkeit und mit hoher Modellierungsgeschwindigkeit läuft. Der Funktionsumfang beinhaltet (vgl. PC Woche, 16. 12. 1991, S. 18):» Modellbausteine, die vom Anwender aus Basisbausteinen erstellt werden;* mittels Äblaufdiagramm grapisch definierbare Steuerungen; • hierarchischer Modellaufbau mit beliebigen Ablaufstrukturen; • Vererbungstechnik zur Erzeugung von Varianten; • konsequente Objektorientierung. Als Zielgruppe werden genannt Maschinenbauer, Automobil- und Fördermittelhersteller. Die deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat das Simulationssystem ATTAS (Advanced Technologies Testing Aircraft System) installiert, mit dem u.a der auf dem Reißbrett und im Computer-Design bestehende Entwurf für den europäische Supeijumbo A3XX der Airbusindustrie geprüft wird: • dabei können nicht nur die Flugeigenschaften neuer Flugzeuge ausgeprüft, sondern auch die Eigenschaften einer Neukonstruktion aufgrund von physikalischen Gesetzmäßigkeiten und von Erfahrungen optimal gestaltet werden; • dabei kann nach der Konstruktion das angenommene Verhalten des Flugzeugs nach Befehlen des des Piloten umgerechnet und wie tatsächliche Befehle an die Stellklappen der Testmaschine weitergegeben werden, Versuche, die in Bodensimulation kaum durchgeführt werden können. II. Elektronische Prozeßsteuerung Computer, die in Wechselwirkung mit einem zu steuernden System stehen, werden als Prozeßrechner bezeichnet. Sie können zur Automatisierung der Prozeßsteuerung eingesetzt werden bei den "klassischen" Automatisierungsaufgaben: • Steuern; • Messen; • Positionieren, etwa wenn Roboter bestimmte Positionen anzufahren haben; • Überwachen mit den Teilfunktionen der Diagnose und Reaktion kann sich beziehen auf - Geräteüberwachung; - Programmüberwachung;

184

I. Hauptteil:

Einführung

- Prozeßüberwachung; - Bedienerfuhrung. Die Parameter des Produktionsprozesses z.B. Druck, Spannung, Temperatur sind ständigen Änderungen unterworfen, so daß es zu steuern gilt derart • daß der Prozeßrechner hinreichend häufig die Anlage nach den Zuständen z.B. Druckhöhe ab fragt oder • daß er durch Alarmmeldungen (Interrupts) unterrichtet wird. Ein System industrieller Prozeßsteuerung zerfällt in drei Subsysteme (vgl. Abb. 12-34): 1.) Meßsystem Das Meßsystem besitzt als Komponenten • Umformer, auch Meßwandler genannt, welche die von den Sensoren gewonnenen physikalischen Größen z.B. Durchfluß, Druck in elektrische Signale umwandeln; • Signalaufbereitungsschaltungen, die elektrische Größen in meßbare Signale umwandeln; • Multiplexer, die als Schalter festlegen, wie oft an welchen Stellen Meßwerte zu erfassen sind; • A/D Wandler, welche analoge elektrische Signale in digitale Signale umwandeln, die der Rech ner verarbeiten kann. 2.) EDV-System mit Rechner und Peripheriegeräten Der Rechner verarbeitet die Signale über Speichereinheiten, die Programme und Meßdaten speichern. Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) tritt zunehmend an die Stelle festverdrahteter Steuerungen in herkömmlichen Schaltschränken. SPS simulieren Steuerungen, indem sie die Gesamtaufgabe in Teilgaben zerlegen und diese quasi-parallel steuern. Da die SPS selbständig funktionieren, sind sie zu den Automatisierungsgeräten zu zählen. Ihre Programmierung ist nach DIN 19239 und DIN 40719 genormt. Nach G. Wellenreuther - D. Zastrow (LV 11.81 S. 2) haben SPS "die Struktur von Rechnern (Zentralprozessor, Arbeitsspeicher, E/A-Logik, Bus-System), jedoch ist die Peripherie auf der Ein- und Ausgabeseite sowie die bereitgestellte Programmiersprache auf die besonderen Belange der Steuerungstechnik ausgerichtet. SPS sind also anwendungsorientierte, adaptierte Systeme, mit denen sich relativeinfach Verknüpfungs- und Ablaufsteuerungen realisieren lassen." Abb. 12-34: Prozeßsteuerung mit Hilfe der EDV

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

185

Diese SPS lassen sich artenmäßig wie folgt definieren: • Unter Verknüpfüngssteuerungen sind eine Art Schaltnetze zu verstehen, sie dienen u.a. der Ölpumpensteuerung. • Ablaufsteuerungen unterstützen Prozesse mit einem zwangsweisen Ablauf in einzelnen Schritten etwa bei der Chargenfertigung. Fehler lassen sich um so sicherer erkennen, je vollständiger der Katalog für Fehlfünktionen ausgelegt ist. Drucker und Plotter dokumentieren dauerhaft auf Papier die Meßdaten. Der Mensch kann im Dialog eingreifen, indem er die auf dem Bildschirm gezeigten physikalischen Zustände beurteilt und mit Hilfe der Tastatur - etwa menügefuhrt - Steuerungsbefehle eingibt. Es ist auch eine Anbindung an übergeordnete Rechnersysteme möglich. Diese wird sogar erforderlich, wenn die SPS in ein Netz zur Betriebsdatenfassung (vgl. 3.4.1.4/5) integriert ist; da die SPS nicht aussetzen darf, übernimmt der übergeordnete Leitstandrechner quasi im Hintergrund die Prozeßdatendokumentierung. An die Stelle eines Leitrechners kann auch ein spezielles Einschubmodul für die SPS treten wie etwa das CP850 von Siemens mit einem 80386SX-Prozessor von Intel. Nach L. Müller (LV 11.44 S. 45) reicht gegenwärtig die Funktionalität der SPS "...an die Leistung von Prozeßrechnern heran. Sie fuhrt neben der Steuerung auch Regelungs-, Visualisierungs- und Positionierungsaufgaben durch...Vernetzbarkeit untereinander, zum PC, zur CNC und anderen Automatisierungseinrichtungen zum Zwecke des Datentausches, ermöglicht den hierarchischen Aufbau von Vernetzungsstrukturen von der Sensor/Aktor-Ebene über die Feld-, Zellen- und Leitebene. Ankoppelmöglichkeiten an höher gelagerte Netzwerke erlauben die Verkettung von Produktionseinrichtungen und sind die Voraussetzung für die flexible Fertigung in der Fabrik der Zukunft." 3.) Steuersystem Das Steuersystem besitzt die Komponenten • D/A-Wandler, die digitale elektrische Informationen in analoge elektrische Signale umwandeln; • Relais, die Maschinenteile wie Motoren, Ventile, Pumpen ein- und ausschalten; • Pulsgeneratoren, deren Signale Motoren (Aktoren) schrittweise steuern. Eine derartige Prozeßsteuerung bringt nicht nur Einsparung von Arbeitskräften, sondern sie optimiert auch die Arbeitsbedingungen bei kontinuierlichen Prozessen: z.B. bei Rohrleitungsnetzen bedient sie automatisch die Schieber; in der Fertigung sorgt sie flir die gleichmäßige Qualität der Produkte. Dabei übernehmen die Rechner mit Hilfe "intelligenter" Software zunehmend dispositive Aufgaben, die bisher den Menschen überlassen waren. Hierzu bietet u.a. Hewlett-Packard mit "Control/1000" eine Meß-, Überwachungs- und Steuersoftware für die Echtzeit-Prozeßsteuerung und Maschinenautomation an.

1.2.2.10 Neurocomputing Die Entwicklung begriffenen Neuronalen Computer ahmen diespezifischen Fähigkeiten biologischer Systeme, und zwar des Gehirns, nach. Unter der Bezeichnung "Konnektionismus" wird von verschiedenen Forschern das Gehirn als ein neuronales Netz bezeichnet, das im Wege der Selbstorganisation vor dem Hintergrund unzähliger Informationen funktioniert und das dabei in der Lage ist, unvollständige Informationen zu ergänzen (vgl. u.a. LV 1.61, 11.32). Für das Erfassen und Verarbeiten von Sinneseindrücken ist jeweils ein Haufen von Gehirnzellen, Neuronen genannt, zuständig. Der physiologische Aufbau des Gehirns basiert auf folgenden wesentlichen Strukturelementen: • der Zellkörper als Informationsträger, wobei Ionenpumpen Ladungsträger durch die Membrane transportieren und dadurch für eine elektrische Spannung zwischen außen und innen, das sog. Ruhepotential, sorgen; • das Axon zur Weitervermittlung des Erregungszustands eines Zellkörpers, wobei bio-chemische Prozesse an den Synapsen in Gang gesetzt werden; • die Synapsen - etwa 10.000 pro Zelle - sind Kontaktstellen zu anderen Neuronen, welche bestimmen, wie sich die über ein Axon vermittelte Erregung auf eine andere Zelle auswirken soll; • die Rezeptoren, welche die synaptisch gefilterten Eingangserregungen auf den Zellkörper übertragen.

1 86

1. Hauptteil: Einführung

Die Erstellung von funktionsfähigen künstlichen neuronalen Netzen (KNN) ist deshalb so interessant, weil das Gehirn und der konventionelle Computer gemäß der von-Neumannschen-Architektur eine konträre Leistungserfullung aufweisen (vgl. Tab. 12-10) und weil deshalb Neurocomputing eine erhebliche Leistungssteigerung der EDV bewirken würde. Tab. 12-10: Leistungsvergleich von Gehirn versus konventioneller Computer Leistungen

Gehirn

hoch Parallelität Fehlertoleranz hoch Mustererkennung gut Rekonstruktion zerstörter Daten gut Selbstorganisation gut Rechnen schwach

konventioneller Computer niedrig niedrig schwach schwach nicht gut

Seit Beginn dieses Jahrhunderts sind Details bekannt über die Mikroanatomie und Physiologie des Gehirns und es entwickeln sich seitdem Vorstellungen über neuronale Netze: • Um 1920 fand Karl S. Lashley durch operative Entfernung von Gehirnteilen heraus, daß "Gedächtnis" im Gehirn nicht eindeutig lokalisiert ist. • 1943 interpretierten Warren McCulloch und Walter Pitts das Gehirn als "Computer" mit den Neuronen als Schaltelementen (M-P-Neuronen). Sie stellten fest, daß aus dem Zusammenspiel einfachster Verarbeitungselemente komplexe Verhaltensweisen entstehen können. • 1949 erfand Donald O. Hebb (vgl. LV 11.20) das Konzept der "Cell Assemblies", nach der Neuronengruppen die Repräsentanten von gespeicherten Konzepten sind. Hebb formulierte auch den physiologischen Mechanismus für neuronale Lernvorgänge, der experimentell bei dem Synapsen nachgewiesen wurde. Nach den sog. Hebbschen Synapsen nimmt die signalverstärkende Wirkung und damit das Lernen zu, je öfter die zwei beteiligten Neuronen gleichzeitig Impulse aussenden. Die Verbindungen zwischen den Neuronen sind entweder reizverstärkender (exzitatorischer) oder reizmindernder (inhibitorischer) Natur. • 1958 stellte Frank Rosenblatt (vgl. LV 11.56) Perzeptron als geschlossenes Modell zur Realisierung adaptiver klassifizierender Systeme vor. • 1960 stellten B. Widrow und M E. Hoff (vgl. LV 11.83) Adaline (Adaptive Linear Element), einen adaptiven Schaltkreis mit Fehlerrückkopplung vor, der unter Madaline (Multiple Adaline) verbessert wurde. Unter Verwendung märktgängiger Hardware können hiermit funktionierende Anwendungen gestartet werden (vgl. LV 11.32 S. 33ff.). • 1961 entwickelt A. Gamba ein mehrschichtiges Vorwärtsvermittlungsnetz. • 1972 entwickelt James A. Anderson das Brain-State-in-a-Box-Model, das auf dem Basismodell des Linearen Assoziators beruht. • Um 1975 ART-Netzwerke (Adaptive Resonance Theory) von Stephen Grossberg, welche mit Rückkopplungen arbeiten und welche über eine Art Lang- und Kurzzeitgedächtnis verfugen, dabei steuert ein Aufmerksamkeitsmechanismus das Lernen. • Hopfield Netze von John Hopfield zur Mustererkennung und für Optimierungsaufgaben, wobei im Wege der kollektiven Speicherung jede Zelle partiell die Verantwortung für die Aktivierung der anderen Zellen übernimmt und wobei dann Muster aus Teilmuster rekonstruiert werden. • Neocogriitron von Kunihiko Fushima zur Erkennung handgeschriebener Zeichen. • 1977 erscheint die Selforganizing Map von Teuvo Kohonen zur Spracherkennung. • 1985 Boltzman-Maschine von Hinton und Sejnowski auf der Theorie der Kristallzüchtung. • 1986 veröffentlichen Hinton, Rumpelhart und Williams das Back-Propagation-Model. • 1987 bringt Bart Kosko das Modell der Bidirektionalen Assoziation heraus. H. Geiger (vgl. LV 11.13 S. 62f.) nennt drei Formen des Lernens in neuronalen Netzen: I. Hebbsches Lernen als unüberwachtes Lernen (vgl. oben); 2. Lernen nach der Delta-Regel, das kein biologisches Lernen sei, da es sich dabei um ein überwachtes Lernen handle. Ausgehend von einem Anfangszustand wird ein Verarbeitungsschritt durchgeführt, der sich dabei ergebende Istzustand der Neuronen wird mit dem Sollwert verglichen. Bei positiver Differenz werden die Kopplungen verringert, dabei werden Iterationen solange durchgeführt, bis die Soll-Ist-Differenz der Neuronen = 0 ist. 3. Lernen gemäß der Back-propagation, das mit der Delta-Regel verwandt sich auf das Training von "versteckten Schichten (hidden units)" spezialisiert.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

187

Generell arbeiten Künstliche Neuronen, indem sie Wichte (Wl, W2,..., Wn) zu den Input-Informationen (Sl, S2,..., Sn) fugen und den dabei erzielten Zustand beurteilen (vgl. Abb 12-35a, entnommen Chip Plus 7 Juli 1990 S. V). Die vorstehenden Netzwerktypen ähneln sich im prinzipiellen Aufbau, sie unterscheiden sich vornehmlich in der Programmierung. Beim Back-Propagation-Model sind z.B. zwei Netze hintereinander geschaltet. Neuronale Netze dieser Art sind dreischichtig (vgl. Abb. 12-35b); sie haben eine Inputschicht (Input Layer), eine Zwischenschicht (Internal Layer) und eine Outputschicht (Output Layer), wobei zwischen diesen Schichten ein Netz durch willkürliche Verbindungen entsteht. Die Ausgänge werden mit den Eingängen verglichen und die Verbindungen zwischen den einzelnen Neuronen werden in Abhängigkeit von den Fehlerbeträgen verändert. Da die Verbindungen von hinten nach vorne beginnen und mit der Outputschicht verändert werden, breiten sich demnach die Fehler rückwärts im Netz aus. Abb. 12-35: Neuronale Strukturen

a) Arbeitsschema des Neurons

b) dreischichtiges Netz

Die neuronalen Netze eignen sich in der Praxis besonders gut zur "künstlichen Wahrnehmung (Artificial Perception)" etwa zur Muster-, Zeichen- und Spracherkennung, auf englisch als "Pattern Recognition" bezeichnet (vgl. vor allem LV 11.32): • Zeichenerkennung: vor allem bei schlechter Handschrift zeigt sich die Robustheit und Adaptionsfähigkeit neuronaler Netze; • Bildinterpretation: Micro Devices bietet z.B. einen Chip zur schnellen Mustererkennung an, der Fuzzy Logic und neuronales Netz enthält und sich u.a. zur Bilderkennung, Video-Synchronisation und Navigation eignet, wobei die Fuzzy Logic das vorliegende Muster auswertet und wobei das neuronale Netz entscheidet, welches Muster am "ähnlichsten" ist; • Spracherkennung und -generierung etwa mit DECtalk; • Echtzeitanwendungen etwa zur simulierten Steuerung eines Sattelschleppers an der Laderampe (Truck Backer-Upper); • Qualitätssicherung, welche die signalverarbeitenden Fähigkeiten neuronaler Netze einsetzt, • Trendanalysen und -prognosen aufgrund von antrainierter Erfahrung und logisch noch nicht nach vollziehbaren Prinzipien etwa bei Aktienkursen; • Adaptive Steuer- und regelungstechnische Anwendungen für Roboter-Arme. Es gibt verschiedene Programmiersprachen für Neurocomputing: • GNL (Generalized Network Language) von der IBM stellt spezielle Datentypen für die Definition von Neuronen bereit. • AXON von Hecht-Nielsen Neurocomputer eine Mischung aus Pascal, C und Ada erleichtert die Handhabung von Neuronen.

188

I. Hauptteil:

Einführung

• NeuroPascal, ein von Siemens vorgestellter Prototyp, dient als Preprozessor zur Erzeugung von objektorientiertem Pascal. • SINCE (Siemens Neural Network C Extension) läßt sich mit Hilfe mit Hilfe von C-Preprozessoren implementieren. Dazu existiert auch Spezial-Hardware zur Unterstützung neuronaler Netze: • Neuroprozessoren von Hecht-Nielsen Corp. und SAIC Corp.; • MIMD-Multiprozessoren (Multiple Instruction Multiple Data) oder SIMD-Prozessoren; • Synapse-1 von Siemens Nixdorf Informationsverarbeitungssysteme, das mit spezifisch auf neuronale Netze zugeschnittene Hard- und Softwarearchitektur bei der Simulation neuronaler Netze 3,2 Milliarden Multiplikationen pro Sekunde erreicht und damit 8.000mal schneller als Workstations ist (vgl. Markt & Technik 1/2/1995 S. 61). 1.2.2.11 NC-Maschinen - Roboter A. NC-Maschinen Die betriebliche Rationalisierung im Wege der Produktionsautomatisierung treiben spezialisierte Automaten, rechnergestützte Hochregallager, automatische rechnergestützte Prüfeinrichtungen, Roboter und NC-Maschinen (Numerical Controlled Machine Tools) voran. NC-Maschinen traten erstmals um 1950 in den USA und erst 1959 in Europa auf. Bis dahin mußten die mit Sonderausstattungen ausgerüsteten Automaten bei Produktänderungen zeitaufwendig umgerüstet werden. Dabei übernimmt die NC-Maschine mit steuerbaren Antriebsmotoren und mit entsprechenden Wegmaßsystemen selbständig die Verarbeitung der Fertigungsdaten. Zudem schöpfen die NCMaschinen mit Hilfe von hochdynamischen Antrieben die technologischen Möglichkeiten der Maschinen besser aus. Als Datenträger hat sich bei schwierigen Werkstattverhältnissen der Lochstreifen bewährt. Insbesondere bei schwierig zu bearbeitenden Werkstücken empfiehlt sich die computer-unterstützte Programmierung. Es kommt vor allem die in den USA entwickelte Programmiersprache APT (Automatically Programmed Tools) zur Anwendung, die seit Mitte der Fünfziger Jahre am MIT (Massachusetts Institute of Technology) entwickelt wurde und schon seit 1959 im Einsatz ist. Sie wurde ursprünglich für komplizierte dreidimensionale Fräsbearbeitungen etwa im Flugzeugbau konzipiert. Wegen ihrer universellen Anwendbarkeit eignet sich APT für die Programmierung fast aller NC-Maschinen. Dabei müssen technologische Angaben vom Programmierer zugesetzt werden. Vor dem Postprozessorlauf sind die ermittelten Koordinaten der Werkzeugbahn in standardisierter Form als CLDATA (Cutter Location Data) darzustellen. Bereits in 1964 wurde an Technischen Hochschulen Deutschlands von Opitz, Spur, etc. APT zu EXAPT (Extended Subset of APT) weiterentwickelt. EXAPT ist modular aufgebaut mit BASICEXAPT als Grundbaustein und ermöglicht umfangreiche technologische Ermittlungen. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Programmiersprachen für NC-Maschinen für spezifische Leistungen (vgl. LV 3.22 S. 550ff). Als Gründe für die Anwendung der NC-Steuerung werden angeführt (vgl. LV 5.16 S. 52): • Verringerung der Zeiten und Kosten durch geringe Rüst- und Nebenzeiten und durch Einhaltung optimaler technologischer Bedingungen; • Verbesserung der Werkstückqualität und Senkung des Ausschusses; • Einhaltung einer gleichbleibenden Werkstückqualität; • wirtschaftliche Fertigung von komplizierten Werkstücken mit einfachen Werkzeugen; • Anpassungsmöglichkeit an wechselnde Fertigungsaufgaben; • Humanisierung der Arbeit durch Beschränkung der Beanspruchung. In den USA wurden 1969 die DNC-Maschinen (Distributed NC) nur noch mit einer Rumpfsteuerung ausgestattet; die ein zentraler Fertigungsleitrechner übernimmt, der gleichzeitig mehrere NCMaschinen steuert. Ein DNC-System besteht aus drei Komponenten (vgl. Abb. 12-37): 1. Der Hauptarbeitsplatz, von dem aus ein Prozeßrechner als Fertigungsleitrechner (Host-rechner) die DNC-Maschinen steuert. Dies kann schon ein PC mit einem 640-KB-Hauptspeicher, mit einer Festplatte von mindestens 20 MByte und mit einem Diskettenlaufwerk sein, um die Steuerprogramme und -daten zu speichern und zu verwalten. Dazu gehören ein hochauflösender Grafikbildschirme, alphanumerische Tastatur und Drucker. Es sollten Anschlüsse zu PPS- bzw. zu CAD/CAM-Systemen (vgl. 3.4.1.4) und zu einem Programmierarbeitsplatz vorhanden sein.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

189

Abb. 12-37: Darstellung eines DNC-Systems (vgl. LV 11.50 S. 62)

2. Ein Übertragungsnetz mit einer Ringleitung, an die bis zu 32 Maschinenterminals angeschlossen werden können. Hostrechner und Programmierplatz können mit den Standardverbindungen RS 232 angeschlossen werden. 3. Maschinenterminals, die vom Hostrechner aus im Multiuser-Betrieb gesteuert werden; Multitasking-Funktionen lassen den gleichzeitigen Ablauf verschiedener Operationen zu. Mit DNCSystemen läßt sich nicht nur die betriebliche Flexibilität auf unterschiedliche Kundenwünsche hin steigern, sondern auch die Übersicht über den Abarbeitungsstand von Werksaufträgen erhöhen. Seit 1972 sind CNC-Maschinen (Computerized NC) im Einsatz, die zur Steuerung einen eigenen freiprogrammierbaren Computer besitzen (vgl. 3.4.1.3). Seit 1978 werden unbemannte computerisierte flexible Fertigungssysteme eingesetzt. B. Roboter Robotersysteme Das Wort Roboter (von dem slawischen Wort Robota = schwere Arbeit) wurde 1921 von dem tschechischen Journalisten Carel Capek (1890-1938) in seinem Drama R.U.R visionär für Maschinenmenschen, sog. Androiden, benutzt und ist wohl geistig verwandt gewesen mit dem Golem, einem unförmigen Tonklumpen, dem der Rabbi Low 1580 in Prag Leben eingehaucht haben soll, den Low nach dreizehn Jahren jedoch wieder zum Lehmklumpen zurückverwandelte, als er zu großen Widerspruchsgeist entwickelte. Der Roboter trat aus dem Bio-Bereich heraus und kam in die Technik: - um 1750 baute J. de Vaucanson mechanische Puppen, die musizieren konnten; - 1805 konstruierte M. Maillardet eine mechanische Puppe, die zeichnen konnte; -1951 entstand der Teleoperator zur Handhabung radioaktiver Materialien; - 1952 wurde am MIT eine numerische gesteuerte Maschine vorgestellt; - 1959 wurde der erste kommerzielle Roboter von der Firma Planet Corporation vorgestellt; -1961 wurde bei der Ford Motor Company ein Roboter des Typs Unimate installiert; - 1974 stellte Cincinnati Milacron den Roboter T3 vor, der von einem Computer gesteuert wurde; - seitdem ist eine Entwicklung im Gang, bei der Roboter durch Sensoren seine Umgebung erkennen und sein Verhalten ihr anpassen kann mit dem Ergebnis eines intelligenten Roboters. Die Handhabungsgeräte (Manipulatoren), die in der Fertigung eingesetzt sind, werden • manuell gesteuert, sog. Teleoperatoren, oder • programmgesteuert. Die programmgesteuerten Handhabungsgeräte wiederum lassen sich unterteilen - in festprogrammierte Geräte, die sog. Einlegegeräte, und - in freiprogrammierbare Industrieroboter (IR). (Industrie-)Roboter (IR) sind nach der VDI-Richtlinie 2860 sind "universell einsetzbare Bewegungsautomaten mit mehreren Achsen, deren Bewegungen , frei programmierbar und gegebenenfalls sensorgefuhrt sind...IR sind mit Werkzeugen und anderen Fertigungsmittel ausrüstbar und können somit Handhabungs- und Fertigungsaufgaben vollautomatisch ausfuhren". Um den Men-

190

1. Hauptteil:

Einführung

Die Roboter unterscheiden sich nach Aufbau, Antrieb, Steuerungsart und Aufgaben (vgl. Abb. 12-38). Während der - Preßluftroboter zur schnellen und problemlosen Ausfuhrung einfacher Arbeiten dient, - eignet sich hydraulische Roboter fiir allem fiir den Einsatz in gefährlicher Umgebung mit gutem Leistungseffekt und - der elektrische Roboter vor allem fiir mittlere Leistungen mit hoher Genauigkeit der Bewegungen und Qualität. Abb. 12-38: Robotertypen l Konfiguration I kartesisch zynlindrisch Gelenkarm Scara

1 Antriebssytem I elektrisch hydaulisch pneumatisch

Roboter 1 Steuerungsart I punkt-zu-punkt Vielpunkt Bahn

Aufgabe I Schweißroboter Transportrob. Montageroboter Kletterroboter

Robotereinsatz Um den Menschen zu ersetzen, braucht der Roboter aufwendig sechs Achsen fiir die sechs Freiheitsgrade: vorwärts/rückwärts; nach oben/unten; links/rechts zur Seite, so daß • in vielen Fällen der Mensch die leistungsfähigere und auch kostengünstigere „Maschine" bleibt insbesondere bei kleinen Stückzahlen, während • bei großen Stückzahlen starre Automaten kostengünstiger sind, so daß • Roboter von der Kostengünstigkeit her im mittleren Stückzahlenbereich angesiedelt sind LR finden zunehmend Verwendung bei der Fertigungsautomatisierung, weil sie universell einsetzbar, flexibel und anwendungsneutral sind. Zwar sind sie investitionsintensiver und langsamer als Spezialautomaten, dafür reagieren sie schneller auf Änderungen am Produkt oder im Fertigungsablauf. Vor allem bei Änderungen am Produkt müssen Spezialautomaten oft komplett ersetzt werden, beim Roboter ist oft nur die Peripherie betroffen. Der Einsatz der Roboter erfolgt, • um menschliche Fehlerquellen und Schwächen auszuschalten, - um dadurch die Qualität der Arbeit zu verbessern sowie - dadurch zu einem geregelteren Arbeitsfluß zu gelangen, • um zur Humanisierung am Arbeitsplatz beizutragen, wobei der Roboter hierzu - kurzzzyklische Tätigkeiten übernimmt, welche den Menschen einseitig physisch belasten und bei ihm Monotonieerscheinungen hervorrufen, sowie - Tätigkeiten in gesundheitsgefährdender Umgebung, etwa, wenn Sprühnebel auftreten und wenn Unfälle drohen, dazu auch - permanent schwere Arbeiten ausfuhrt. Erste Anwendung fand der Roboter in der Automobilindustrie, und zwar beim Punktschweißen. Dort ist der IR noch immer zum Großteil eingesetzt. Inzwischen dringt er in die Montagehallen vor; da dort 40% der Tätigkeiten des Menschen durch Automaten, insbesondere durch IR erledigt werden können. Daneben handhabt der IR Werkzeugmaschinen, indem er mit Greifern Pressen, Drehmaschinen und Bearbeitungszentren beschickt. Die neuere Tendenz geht vom Einzweckroboter weg zum Mehrfunktionsroboter, der nicht nur das übliche Karosseriepunktschweißen erledigt, sondern der auch die bearbeiten Karosserieteile weiterreicht zum nächsten Roboter. Dadurch entfällt das Zurückfahren des Roboters, um Transportgeräten Platz zu machen. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Transportgeräte einsparen, sondern es verkürzen sich auch die Takt- und Durchlaufzeiten. Der IR wird so zu einem Bindeglied zwischen verschiedenen Fertigungs-, Transport-, Bereitstellungs- und Prüfeinrichtungen, die er integriert zu flexiblen Fertigungszellen. Die Einbettung des IRs in diesen komplexen Fertigungs- und Materialfluß erfordert standardisierte Interfaces zwischen Hardware- und Softwarekomponenten, welche die verschiedenen Systemteile kompatibel d.h. ohne weiteren technischen Aufwand austauschbar bzw. anschließbar machen, etwa durch das standardisierte Übertragungsprotokoll MAP. Da der Roboter nicht so flexibel ist wie der Mensch und deshalb leicht zum Engpaß werden kann, sollte bei der Konzeption der „Fabrik der Zukunft" durchaus die Alternative in Betracht gezogen werden, in ihr weitgehend ohne Roboter auszukommen.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

191

Weiterentwickelte Sensor- und Steuerungstechnik machen die Roboter immer "intelligenter". Für hochflexible Roboter (sog. Advanced Robotics) erschließen sich entsprechend neue Aufgabengebiete. Zentrale Komponente z.B. eines Depalettierroboters (Entlade-IR) (vgl. LV 5.26, S. 52ff, Abb. 12-39) ist eine leistungsfähige IR-Steuerung mit integrierter Sensordatenverarbeitung. Sie steuert die Einzelkomponenten Roboterkinematik (IR-Mechanik) und Bildverarbeitungssystem, letzteres nach einem grauwertverarbeitenden System, hier: GSS. Zur Bilderfassung eignet sich schon eine handelsübliche CCD-Kamera (Charge-Coupled Devices). Die physikalische Kopplung des Bildverarbeitungssystems mit dem IR-System kann über eine konventionelle Schnittstelle wie RS 232 erfolgen, die Steuerung des IR selbst mit Hilfe der Software SIROTEC RCM 3, wobei eine SPS etwa SIMATIC S 5 den Palettenaustausch in untergeordneter Funktion koordiniert. Das ganze IR-System ist in die Peripherie einzubinden, etwa ein fahrerloses Transportsystem. Abb. 12-39: Sensorgefuhrter Roboter mit Graubild-Sensorsystem

Durch entsprechende Kombination von Robotern, Sensorik, Greifer- und Zufuhrungstechnologie lassen sich intelligente Montagesysteme von hoher Flexibilität und Verfügbarkeit (von 95%) realisieren, die eine Leistungsfähigkeit besitzen, die bisher nur starr automatisierten Anlagen zu eigen war (vgl. Fabrik der Zukunft 9/91 S. 16). Derartige Montagesysteme besitzen folgende Merkmale und Vorteile gegenüber starren Systemen: • Flexibilität - Produktion auf Abruf in jeder gewünschten Variante und Losgröße; • Schnelligkeit - Fügeprozeß mit Mehrfachgreifern in kurzen Taktzeiten; • Verfügbarkeit - Auschußteile und fehlerhaft zugeführte Teileautomatisch erkennbar und ausschleusbar; • Toleranzausgleich - unterschiedliche Toleranzlagen der bereitgestellten Teile per Visionssystem ausgleichbar; • Genauigkeit - Teile mit Hilfe taktiler Sensoren exakt einpassbar; • Komplexität - verschiedene Teile in nur einer Roboterstation komplett montierbar; • Qualitätsicherung - Baugruppe per Visionssystem auf Vollständigkeit kontrollierbar und Qualitätsmerkmale dokumentierbar; • Logistik - Einbindung in vor-, nach- und übergeordnete Systeme. Übergeordnete Rechner können das Arbeitsprogramm einzelner Roboter beeinflussen, mehrere Arbeitszellen koordinieren und die Stördaten erfassen. Dadurch entstehen größere betriebliche Komponenten für eine computergesteuerte "menschenleere" Fabrik der Zukunft, die unter der Bezeichnung CIM (vgl. 3,4.1.4) propagiert wird. Allerdings: schon die Einfuhrung einzelner Roboter ist häufig schwierig genug; allerdings haben sich die langen Einführungszeiten der ersten Roboter inzwischen stark reduziert. Hinzu kommt, daß der IR insbesondere bei technischen Störungen ein beträchtliches Sicherheitsrisiko für den Menschen darstellt; durch die außergewöhnlich große Bewegungsgeschwindigkeit mit großer Energie erhöht sich für den Menschen die Stoß- und Quetschgefahr. Deshalb sind IR in gesonderten Räumen aufzustellen. Daneben ist auf die Funktionssicherheit der Steuersoftware zu achten. Selbstüberwachende Trittmattensysteme können verhindern, daß der IR zu arbeiten anfängt, wenn sich noch Menschen im Roboterarbeitsraum befinden. Sodann muß eine NOT-AUS Schaltung vorhanden sein. Roboterprogrammierung Es existieren verschiedene Alternativen, den IR zu programmmieren: 1.) Online-Programmmierung: Sie erfolgt direkt am Roboter. a) Beim sog. Teach-in-Verfahren werden die einzelnen Raumpunkte durch den IR mit Hilfe eines Handprogrammiergeräts (Teach-panel) angefahren und die dabei entstandenen Informationen in den Programmspeicher der Steuerung übernommen. Über das Bedienfeld erhält der IR zusätzliche Informationen wie Geschwindigkeit, Zeitdauer. Dieses Verfahren zeichnet sich durch leichte Erlernbarkeit und einfache Berücksichtigung der Peripherie aus. Es stellt auch geringe An-

192

1. Hauptteil:

Einführung

forderungen an die Leistungsfähigkeit des Rechners. Nachteilig sind hoher Speicherbedarf für mehrere Programme, die schlechte Korrekturmöglichkeit und hohe Stillstandskosten, da der IR während des Programmiervorgangs blockiert ist. b) Beim sog. Play-back-Verfahren (Teaching by Döing) wird der IR-Arm mit Hilfe eines Führungsstückes entlang der zu programmierbaren Bahn gefuhrt und dabei entstehenden Informationen werden gespeichert. Dieses Verfahren ist ähnlich zu beurteilen wie la). 2.) Offline-Programmierung. Sie erfolgt am externen Programmierarbeitsplatz mit Hilfe von Programmiersprachen. Als Vorteile diese Verfahrens sind zu verzeichnen: höhere Verfügbarkeit des IRs; einfache Fehlerkorrektur; vorherige Simulation des Programmablaufs sowie Anbindung an den DNC-Betrieb möglich. Dafür erfordert sie eine höhere Qualifikation des Programmierers sowie eine aufwendigere Hardware. 3.) Sensorunterstützte Programmierung. Es werden offline nur die Stützpunkte einer abzufahrenden Bahn vorgegeben. Ein Sensorsuchlauf fahrt dann ein Modell des zu bearbeitenden Werkstücks ab. Dabei erfolgt eine Informationsaufnahme wie beim Playback-Verfahren. Jedoch sind hierbei die Stillstandszeiten des IRs relativ kurz. 4.) Hybride Verfahren zur Roboter-Programmierung. Bei hybriden Verfahren werden generell zwei Verfahren kombiniert, hier, indem die Handhabungsaufgabe des IR wird off-line programmiert und online durch die Festlegung der Bewegungsabläufe komplettiert wird. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-35 in Abschnitt 1.7! 1.2.3. Grundstücke und Betriebsgebäude - Facility-Management 1.2.3.0 Einleitung: Elemente und Reichweite des Facility-Managements Grundstücke, Betriebsgebäude und ihre Einrichtungen (englisch: facilities) besitzen schon deshalb große betriebswirtschaftliche Bedeutung, weil damit der Unternehmenssitz und die Stätte der Leistungserstellung verknüpft sind. Verbunden damit ist auch die Frage der optimalen Standortwahl sowie indirekt die Frage der Anwerbung des ortstämmigen Betriebspersonals. Nicht zuletzt eine Reihe von gesetzlichen Anordnungen hat dazu geführt, daß die Unternehmen dem Facility-Management (FM) verstärkte Aufmerksamkeit widmen müssen. Zum FM im weiteren Sinne gehören auch Wirtschaftlichkeitsrechnungen bei Erst-, Erweiterungs- und Ersatzinvestitionen (vgl. 4.4). Das FM tangiert eine Vielzahl betriebswirtschaftlicher Aspekte und wird zunehmend Gegenstand von Dienstleistern, die dabei vom Eigentümer die Aufgaben des operativen Geschäft übernehmen: Kommunikation Standortwahl Layout I Investition Facility-Management I Sicherheit Umweltschutz Wartung

Gebäudeschutz/-automation I Versicherung I Instandhaltung

1.2.3.1 Anlässe und Faktoren der betrieblichen Standortwahl - Produktionsverlagerung Anlässe der Standortwahl 1. Betriebsgründung Die Standortwahl zählt zu den wichtigsten unternehmerischen Entscheidungen bei der Betriebsgründung (vgl. 1.4.1.2). Je nach dem Gründer und je nach der Unternehmensaufgabe ist die Standortwahl jedoch mehr oder weniger stark eingeschränkt. Ist der Gründer eine Einzelperson, fragt sie gewöhnlich nicht nach dem optimalen Standort, sondern gründet den Betrieb am Wohnort. Früher entstanden viele Betriebe der Erfinder-Gründer in der Waschküche der Familie, neuerdings ist an ihre Stelle die Garage getreten. Dadurch ist ohne größere Investitionen ein nahtloser Übergang aus dem spielhaften Experimentieren am "Prototypen" (vgl. 1.1.2.3) zu ernsthafter Betriebsfuhrung möglich. Außerdem bedarf der noch unsichere junge Unternehmer der familiären Zuwendungen und Unterstützung. Ist der neue Betrieb, etwa eine Boutique oder eine Bank, auf Publikumsverkehr angewiesen, wird er die Betriebsstätte allerdings an eine belebte Straße legen.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

193

Zunehmend greifen die Unternehmen bei der Standortwahl auf Altflächen und Ältanlagen zurück: • so werden nach der Beendigung der Ost-West-Konfrontation in Europa und durch den damit verbundenen Truppenabbau im größeren Umfang Militäranlagen frei; • die Umstrukturierung von Bundesbahn und -post setzt im größeren Umfang Grundstücke frei; • die branchenmäßige Umstrukturierung in der Wirtschaft gibt Hafenanlagen und Betriebsgrundstücke etwa in der Stahlindustrie frei; • die Betriebe kommen wegen Automation, Leistungssteigerung sowie Outsourcing im Rahmen der Lean Production mit weniger Flächen aus. Dabei handelt es sich um "recycelte" Grundstücke, d.h. um Grundstücke, die schon früher betrieblich genutzt und danach saniert wurden. In solchen Fällen ist auf ein altlastenfreier Zustand zu achten, damit nicht hohe Sanierungskosten etwa zur Entfernung kontaminierter Böden für den übernehmenden Betrieb entstehen. Nicht nur recycelte Grundstücke, sondern auch im Rahmen der Transformationsstrategie bezugsfertiggemachte Betriebsgebäude sind erhältlich (vgl. 1.4.3.4). Steht genügend Betriebskapital zur Verfugung und/oder ist vom Betriebszweck her nur eine Gründung in einem Gewerbegebiet möglich, entsteht schon eher die Frage nach dem optimalen Standort. Eventuell können im Gewerbegebiet Betriebsgebäude von Privaten oder von Kommunen gepachtet werden. 2. Betriebserweiterung Die Frage des optimalen Standorts ist auch aktuell bei Betriebserweiterungen. Diese werden erforderlich, wenn der erfolgreiche Betrieb bei seiner Ausdehnung auf Beschränkungen stößt: Raummangel; Personalknappheit; ungünstige Verkehrsanbindungen. Dann bietet sich die Gründung von Zweigbetrieben an. So gingen die Bayer-Werke die Wupper hinunter, um am Rhein gute Möglichkeiten des Massentransports zu finden. 3. Betriebsverlagerung Zu Betriebsverlagerungen kann es aus verschiedenen Gründen kommen u.a. • wegen Erschöpfung der Bodenschätze, • wegen Überteuerung der Produktionsfaktoren, • wegen Änderungen im sozialen System z.B. Sozialisierung der Betriebe. Üblich geworden ist es, Betriebe in sog. Billiglohnländer zu verlagern oder dort zumindest Joint Ventures einzugehen (vgl. 1.6.3.2). Bei der Produktionslagerung in sog. Billiglohnländer zählen als Vorteile die Einsparung von variablen Lohnkosten (LK e ) und einigen Fixkosten (Fk e ), denen aber hohe "einmalige" Transaktionskosten (vgl. 4.3.1.6) der Umorganisation und Verlagerung ( K t a u y ) gegenüberstehen. (12-8)

Ktauy = K s o z

Dabei sind: K s o z = die K b t u = die K t v b = die K w a b = die Korg = die

+ Kfctu

+

K

tvb

+

K

wab

+

^org-

K o s t e n des Sozialplans für a u s s c h e i d e n d e Mitarbeiter, K o s t e n der B e t r i e b s u n t e r b r e c h u n g , T r a n s p o r t k o s t e n der V e r l a g e r u n g der Betriebsmittel, K o s t e n für die W i e d e r a u f s t e l l u n g der Betriebsmittel, K o s t e n des A u f b a u s e i n e r n e u e n O r g a n i s a t i o n .

Dazu wird das Unternehmen einmalige Kosten für ein Anpassungsprogramm (Kta^p) aufbringen müssen, um den Kunden die gewohnte Qualität zu bieten und um etwaige Imageverluste durch die Produktionsverlagerung ins Ausland wieder wettzumachen: (12-9) K t a A P = K e b b +

K

qvp

+

K

ivp •

Dabei sind: K e b b = die E i n a r b e i t u n g s k o s t e n in der n e u e n B e t r i e b s u m g e b u n g , Kqyp = die K o s t e n eines Q u a l i t ä t s v e r b e s s e r . p r o g r a m m s im Ausland, K i v p = die K o s t e n eines I m a g e v e r b e s s e r u n g s p r o g r a m m s . Daneben werden als DauerefFekte in der Zeit (t) auftreten: K h k k = höhere K o m m u n i k a t i o n s k o s t e n zu der Zentrale im Heimatland, p m q i = P r e i s m i n d e r u n g e n der Produkte w e g e n der n i e d r i g e r e n Qualität u n d w e g e n des Imageverlustes.

1 94

/• Hauptteil:

Einführung

Dann errechnet sich durch Saldierung der Betriebsverlagerungseffekt (BV e ) unter Berücksichtigung jeweiliger Produktions- bzw. Verkaufsmengen (x): (12-10)

BV e =

LKe(x,t)+Kfe(t)-Ktauv-KtaAP-Khkk(t)-Pmqi(x,t).

Diesen Betriebsverlagerungseffekt gilt es zu maximieren unter der Bedingung, daß er positiv ist: (12-11)

BV e — > max!

(BV e > 0 ) .

Insbesondere die letztgenannten Kostenfaktoren können fiir den verlagerungsbereiten Betrieb von höchst unübersichtlicher Natur sein und deshalb der Höhe nach besondere Risiken beinhalten, die der Betrieb besonders zu berücksichtigen hat, wenn er nicht gerade durch die Verlagerung in gefährliche Strudel geraten will (vgl. auch 1.1.3.10).Die Betriebsverlagerung von Rollei von Deutschland nach Singapur soll 150 Mio. DM gekostet haben und hat dieses Unternehmen dennoch nicht vor dem Ruin gerettet, so daß sich sogar die Spekulation anbietet, ob es nicht betriebswirtschaftlich günstiger gewesen wäre, anstelle des Umzugs diesen Betrag zu etwa gleichen Teilen» zur Qualitätsverbesserung der Produkte, • zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Produkte und • zur Kostensenkung zu verwenden; dann bestünde dieses Unternehmen möglicherweise heute noch in der ursprünglichen Form. Wegen der häufig unübersichtlichen, mit entsprechend hohem Risiko behafteten Situation bei Betriebsverlagerungen bietet sich als eventuell betriebswirtschaftlich sinnvollere Alternative das Joint Venture oder das Global Sourcing an (vgl. 3.3.3.1), zumal mit der Produktionsauslagerung häufig die betriebliche Innovationsfähigkeit stark absinkt. Nach einer Studie des Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung (vgl. managermagazin 4/1997 S. 104ff.) verschenkt das Unternehmen durch Produktionsauslagerung ins Ausland wichtiges Verbesserungs- und Ertragspotential. Als Gründe dafür werden angesehen, daß beim Unternehmen durch die Auslagerung Synergieefffekte der Planung, Koordination und Administration wegfallen und inländische Probleme dabei nicht wegfallen, sondern nur in die Ferne verlagert werden, so daß im Inland produzierende Unternehmen eine deutlich höhere Wertschöpfung pro Mitarbeiter als im Ausland produzierende Betriebe. Die Produktionsverlagerung ins Ausland sollte kein modischer „Gag" sein, sondern ihr sollte eine gründliche kritische Prüfung des in- und ausländischen Umfelds vorausgehen: • Sind die inländischen Produktivitätsreserven schon restlos ausgereizt? • Werden die betrieblichen Kommunikationsstrukturen der wachsenden Komplexität gerecht? •Besitzt das Unternehmen im Inland genügend leistungsfähige Manager und Facharbeiter, um einen Personalabfluß in den Auslandbetrieb schadenlos zu überstehen? •Läßt sich im Ausland vor Ort ein Netzwerk leistungsfähigerer Zulieferer aufbauen? • Wird der Betrieb im Ausland die kritische Größe erreichen, um rentabel zu werden? • Ist die betriebliche Finanzdecke stark genug, um auch „Ausreißer" zu finanzieren? Einen Unterfall der Betriebsverlagerung stellt die "Unternehmensspaltung" dar: der Produktionsbetrieb bleibt in der "Provinz", während die Hauptverwaltung ins politische bzw. wirtschaftliche Zentrum des Landes zieht. Ahnliches ist situativ z.B. bei Sony zu beobachten, die bisher all ihre Aktivitäten in Köln konzentriert hatten und die nun nach der Vereinigung Deutschlands die Koordination der Europa-Aktivitäten nach Berlin verlagert. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-36 in Abschnitt 1.7! Faktoren der Standortwahl 1. Personalwirtschaftliche Faktoren (PWF) Will das Unternehmen die Arbeitskosten niedrig halten, empfiehlt es sich, den Standort in Gebieten mit niedrigen Löhnen zu suchen. Dies können einmal die sog. Billiglohnländer sein, aber auch abgelegene Gebiete in Deutschland wie die Eifel oder der Bayrische Wald. Auch Randgebiete in Europa wie Irland, Schottland oder Portugal verlocken zur Niederlassung. Vor allem bei Fertigungen mit einem hohen manuellen Produktionsanteil besteht ein Trend in solche Gebiete; so hat z.B. die IBM, ein Unternehmen bekannt für seine hochtechnologischen Produkte, einen Fertigungsbetrieb in Schottland aufgezogen, der Personal Computer montiert.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

195

len; dann relativieren sich die Personalkosten und außerdem bringen gut ausgebildete Arbeitskräfte Roboter eher in Gang. Sollen Führungskräfte aus dem Hauptwerk die Leitung des Zweigwerks übernehmen, werden sie darauf achten, daß es am Ort weiterführende Schulen gibt zur Ausbildung ihrer Kinder; sonst müssen sie hohe Internatskosten aufbringen. Nach Beobachtungen des Verfassers in der Betriebspraxis wurden deshalb Standorte ohne hinreichendes Bildungsangebot von den beurteilenden betrieblichen Führungskräften ungewöhnlich schlecht qualifiziert. 2. Materialwirtschaftliche Faktoren (MWF) Bei hohen betrieblichen Material- bzw. Energieverbrauchsmengen spielen folgende Faktoren eine „gewichtige" Rolle: • Transportorientierung. Benötigt der Betrieb große Materialmengen, muß er mit hohen Transportkosten, eventuell auch mit Transportengpässen rechnen. Er kann dies vermeiden, indem er zur Rohstoffbasis oder zu einer verkehrsgünstigen Stelle zieht wie schon die erwähnten BayerWerke. • Gewichtsverlustorientierung. Spielen bei der Fertigung mehrere Rohstoffe gleichzeitig eine Rolle, z.B. bei der Eisenerzeugung Eisenerz und Kohle, wird der Betrieb sich dem Rohstoff zuorientieren, dessen Verwendung zum relativ höheren Gewichtsverlustmaterial fuhrt, z.B. bei der Eisenerzeugung Kohle. • Energieorientierung. Betriebe mit hohem Energieverbrauch wie z.B. Aluminiumwerke legen ihren Standort in unmittelbare Nähe des Energieerzeugers, um Energieverluste/Umspannungsverlust durch Überlandleitungen zu vermeiden. 3. Produktionswirtschaftliche Faktoren (PRW) Stark expandierende Betriebe müssen bei ihere Standortwahl auf mögliche spätere Betriebserweiterungen achten. Enge Bebauungsflächen sind dann nicht von Vorteil. Neuerdings kommen verschärfte Umweltauflagen sowie das verstärkte Wirken von Bürgerinitiativen hinzu, die gewissen "sensitiven" Branchen die Niederlassung erschweren, vor allem für den Bau von Atomkraftwerken und sonstigen Verarbeitungsbetrieben von radioaktivem Material. 4. Absatzwirtschaftliche Standortfaktoren (AWF) Gewisse Gebiete und die dort gefertigten Produkte, z.B. Solinger Stahlwaren, Pforzheimer Goldwaren, haben einen so guten Ruf, daß es wegen der Werbewirksamkeit sinnvoll ist, den betrieblichen Standort zur Erzeugung solcher Güter in derartige Gebiete zu legen. Dies hat den erwünschten Nebeneffekt, daß sich dort spezialisierte Fachkräfte finden lassen. Wie soll die betriebliche Distributionslogistik (vgl. 1.2.1.1) strukturiert sein? Zentrale oder dezentrale Auslieferungsläger? Bei einem zentralen Auslieferungslager lassen sich gewöhnlich wegen der Zusammenfassung Lagerkosten sparen, jedoch ist der Betrieb weit weg vom Kunden und kann deshalb nicht so schnell auf dessen Anforderungen reagieren mit der eventuellen Folge von Kundenverlusten. Außerdem sind Einzelauslieferungen über große Distanz relativ teuer. Aus diesen Gründen lohnt sich häufig die Einrichtung von dezentralen Auslieferungslagern in der Nähe der Kunden, die in Sammeltransporten aufzufüllen sind. Für sie gilt es kostengünstige Standorte zu finden (vgl. 4.5.6.1). 5. Finanzwirtschaftliche Kostenfaktoren (FWF) Um neue Betriebe anzulocken, gewähren Kommunen Finanzierungserleichterungen, u.a. Zinssubventionen. Dazu stellen sie preisgünstig Bauland zur Verfügung. Gelegentlich bauen sie sogar Fabrikhallen, welche ansiedelnde Betrieb preisgünstig pachten können, eventuell in Form der Teilpacht. Auch die Steuerbelastung kann bei der Standortwahl eine Rolle spielen; Großstädte erheben wegen ihrer hohen Lasten gewöhnlich hohe Abgaben insbesondere bei der Gewerbesteuer, so daß es kostenmäßig günstiger sein kann, neue Betriebe in Randgemeinden anzusiedeln und trotzdem so die Vorteile der nahen Großstadt zu genießen.

196

1. Hauptteil:

Einführung

6. Gesamtbeurteilung Alle die bei einer Standortplanung zu erkennenden Faktoren sind zu einer Gesamtbewertung (GB) zusammenzufassen, vor allem auch alle standortrelevanten Kostenfaktoren (vgl. auch 4.5.6.2). Dann kann im Wege einer Punktebewertung pn (vgl. 2.2.4.1) der optimale Standort für den Betrieb ermittelt werden: (12-8)

GB = PWF,pn + MWF,pn + PRW,pn + AWF,pn + FWF,pn

> max!

Eigentum oder Pacht? Der Unternehmer tendiert als aktiver Mensch dazu, gemäß dem allgemeinen Eigentumstrieb die für den Betriebszweck benötigten Grundstücke und Betriebsgebäude zu kaufen bzw. auf den erworbenen Grundstück ein dem Betriebszweck angepaßtes Betriebsgebäude zu errichten. Als Alternative steht auch häufig die Pacht zur Verfugung. Beide Alternativen besitzen ihre spezifischen Vorteile, so daß jeweils subjektiv zu erforschen ist, wo die größeren Gewichte liegen: Vorteile des Eigentums: • größtmögliche Verfugungsmacht etwa in bezug auf Umbauten; • hoher Prestigewert; • zusätzliche Beleihungsgrundlage für Kredite. Vorteile der Pacht: • Schonung der liquiden Mittel; • größere Beweglichkeit bei erforderlichem Standortwechsel; • gute Ausdehnungsmöglichkeiten bei Teilpacht durch Übernahme der Flächen anderer Teilpächter. Während Pacht auf einem starken Nutzungswillen hindeutet, ist Eigentumserwerb ein Zeichen von starkem Macht- und Gestaltungswillen. Letzterer hat wegen Mißachtung der Liquiditätserfordernisse schon manches Unternehmen in den Ruin gestürzt. Bei der gegenwärtigen verstärkten Tendenz zu Dienstleistungsbetrieben und zu „virtuellen", meist kurzlebigen Produkten (vgl. 3 .1.1.1), die einen relativ schnellen Ideen- und Betriebsumschlag haben, besitzen anmietbare Betriebsmittel wie Studios, Aufnahmgeräte, aber auch das Vorhandensein kompletter "eingespielter" Betriebsmannschaften einen erhöhten Stellenwert. Demnach wird das bisher dominierende Eigentumsstreben des Menschen zum betriebswirtschaftlichen Anachronismus. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-37 in Abschnitt 1.7! 1.2.3.2 Innerbetrieblicher Standort - betriebliches Plant-Layout Begriffliche Abgrenzungen Unter Plant-Layout ist allgemein der GrundriBplan des Betriebs und die Anordnung der Betriebsmittel in ihm zu verstehen. Dabei sind zu unterscheiden: 1. Werkslageplan (sog. Cornfield Layout) mit dem Maßstab 1 : 2000; 2. Block-Layout für ganze Hallen mit Maschinen, Einrichtungen und Sozialräumen mit dem Maßstab 1 : 400; 3. Einzel-Layout für Fertigungslinien und Wege mit dem Maßstab 1 : 50. Layoutplanung und Raumgestaltung im Verwaltungsbereich Verwaltungsgebäude dienen häufig der Imagepflege. Sie sind entsprechend repräsentativ zu gestalten und publikumsnah zu plazieren. Die Layoutplanung im Verwaltungsbereich kann in zwei grundsätzlichen Formen erfolgen: 1. Konventionelle Büroeinteilung. Hierbei wird jede größere Funktion, die sog. Abteilung, in möglichst einem Raum untergebracht, der dann je nach Größe der Abteilung variiert. Dabei sitzen die Sacharbeiter gewöhnlich hintereinander und ergeben so den vielkritisierten "StraßenbahnEffekt". Der Vorteil einer solchen Raumeinteilung liegt in der Übersichtlichkeit, außerdem vermittelt sie - in nicht zu unterschätzender Weise - eine gewisse Intimität und läßt ein "Wir"- und

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

197

damit ein leistungssteigerndes Gruppengefühl entstehen. Als Nachteile sind zu verzeichnen: Kommunikationsschranken und relativ lange Verkehrswege. 2. Großraumbüro. Für die Großraumbüros sprechen nach W. Oechsler (vgl. L V 7.8 S. 144) Raumeinsparung, verkürzte Kommunikationswege, Statusnivellierung, erhöhte soziale Kontaktmöglichkeiten wie erhöhte soziale Kontrolle für alle. Nachteilig wirken sich aus der konstante Geräuschpegel, klimatische Bedingungen - Großraumbüros weisen gewöhnlich eine Raumtiefe von über 20 Metern auf und sind deshalb zu klimatisieren -, mangelnde Intimität. Der erträgliche Kompromiß liegt in der Bildung von gegliederten Großraum"landschaften ". Die Raumgestaltung in den Büros ist in enger Beziehung zur Büroausstattung zu sehen; die neueren Vorstellungen gehen dahin, • den vor allem in den Cities knappen Büroraum durch kompakte Arbeitsplätze möglichst intensiv zu nutzen - dem kommt der Trend zu multifunktionalen Bürogeräten, etwa ein Kopierer, der sich auch gleichzeitig als Faxgerät benutzen läßt, entgegen, • durch Betonung von emotionalen und ästhetischen Kriterien bei der Raumgestaltung mehr Individualität und menschliche Wärme zu entwickeln. Insgesamt sollen Büroräume einen attraktiven Eindruck machen, • um imponierend nach Außen zu wirken - vor allem gegenüber Kunden (Prestigeeffekt), • um die Mitarbeitern zu motivieren, nicht zuletzt auch, • um geeignete Fachkräfte auf dem konkurrierten Arbeitskräftemarkt zu finden. Innerbetriebliche Standortplanung im Fertigungsbereich Betriebsgebäude werden als reine Zweckgebäude konzipiert. Bei der Layoutplanung ist auf künftige Erweiterungen zu achten; geschieht dies nicht, entwickeln sich die Baulichkeiten häufig konzeptionslos in "Jahresringen" um die Ursprungszelle herum mit langen Kommunikationswegen im Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich bzw. langen Transportwegen im Fertigungsbereich. Eingeschoßbauten sind zwar flächen- und heizungsaufwendiger, bieten dafür aber vollkommene Versorgung mit Tageslicht, bessere Entlüftungsmöglichkeiten, erlauben größere Belastungen und erleichtern gewöhnlich den innerbetrieblichen Transport. Große Räume benötigen auch hier ab einer Raumtiefe von mehr als 20 Meter eine Klimaanlage. Zur zielgerechten Aufgabenplanung sollte sich der Betrieb nach M.K. Welge an bestimmten Anforderungen orientieren (vgl. L V 1.112 S. 289): • Realisation eines ökonomischen Arbeitsablaufs; • Gestaltung von personalgerechten Arbeitssystemen; • Wahrung einer vertretbaren Flexibilität etwa in bezug auf Erweiterungsfahigkeit. Die innerbetriebliche Standortplanung erfolgt in zwei Schritten (vgl. L V 1.1, 1.9, 1.19): 1. Schritt: Idealplanung Zunächst ist der gesamte Flächen- bzw. Raumbedarf einschließlich der einer realistischen Betriebsexpansion zu planen und darauf aufbauend ein optimaler Gebäudegrundriß. Dann erfolgt eine "Rückwärtsplanung" derart, daß alle noch nicht benötigten Räumlichkeiten einschließlich der noch nicht benötigten Betriebsmittel reduziert werden. Durch diese retrograde Planung ist erfahrungsgemäß eine bessere Erweiterungsfähigkeit zu erreichen als durch die Vorwärtsplanung. Bei der Idealplanung sind dann die Betriebsmittel so anzuordnen, daß die Länge der Kommunikationswege bzw. die Höhe der Transportkosten ein Minimum wird. Da die Transportkosten bis zu 40% der eigentlichen Fertigungskosten ausmachen können, kann eine Transportkostenminimierung beim Plant Layout, der Zuordnung von Betriebsmitteln, Verkehrswege, Lager und Sozialräume, einen erheblichen Wettbewerbsvorsprung gegenüber Konkurrenzbetrieben bringen. Nach der Vertauschungsmethode wird zunächst ein Zufallslayout erstellt, das dann durch Probieren über Vertauschen der Betriebsmittel verbessert wird. Ein Layout läßt sich allgemein bewerten durch die Zielfünktion: n (12-9) Kt Y, m-H < s - h — > Minimum! i,j=l

198

1. Hauptteil:

Einführung

Dabei sind K t die Transportkosten = Menge • Entfernung/Zeiteinheit, my die Transportmenge, die während der Zeiteinheit von Betriebsmittel i zu Betriebsmittel j transportiert werden soll, s;; ist die Entfernung der Betriebsmittel i nach Betriebsmittel j und n ist die Zahl der Betriebsmittel. 2. Schritt: Realplanung Neben der Primärbedingung der Minimierung der Entfernungen bzw. der Transportkosten sind im Wege der Realplanung zunehmend Sekundärbedingungen bei der Betriebsmittelanordnung zu berücksichtigen: I. Organisatorische Bedingungen: z.B. bei dem gewünschten Organisationstyp der Fertigung (vgl. 3.4.1) wie die Werkstattfertigung sind gleichartige Maschinen zusammenzufassen oder in der Verwaltung soll die innerbetriebliche Hierarchie erkennbar sein. II. Zentralisierende Bedingungen der Zusammenfassung von Betriebsmitteln mit unterschiedlichen Funktionen aber gleichen Sonderansprüchen wie Klimatisierung, spezieller Brand- und Explosionsschutz, hohe Bodentragfähigkeit, gleiche Ableitung von Emissionen und Schmutzwasser, Isolierung etc. HI. Unverträglichkeitsbedingungen für Betriebsmittel, deren Emissionen z. B. Hitze, Staub, Schwingungen und andere sensible Betriebsmittel stören, dabei sind auch Sicherheitsvorschriften und Bauvorschriften, eventuell Vorschriften des Umweltschutzes zu beachten: • Bundesbaugesetz und Bundesnutzungsverordnung; • Bauaufsichtsgesetz; • Verordnung über Baubeschränkungen; • Immissionsschutzgesetz (vgl. 1.2.1.6); • Richtlinien über Anlage, Einrichtung und Unterhaltung von Lager-, Abstell- und Ausstellungsflächen; • Unfallverhütungsvorschriften, etc. Layoutplanung im Fertigungsbereich Für die logische Standortwahl der Betriebsmittel gibt es zwei Prinzipien: • das Fließprinzip (vgl. Abb. 12-39a) und • das Zuliefererprinzip (vgl. Abb. 12-39b). Abb. 12-39: Prinzipien und Praktiken der Betriebsmittelzuordnung a) F l i e ß p r i n z i p b) Z u l i e f e r e r p r i n z i p EndproTeile Gruppen dukt T1 840n T2 920-Gl: 8 2 0 T3 890EP: 800 T4 790-G2 : 740_J T5 700FT1 FT2 FT4 FT 3

FT5

FT6

c) B l o c k - L a y o u t e i n e r W e r k s p l a n u n g R o h m a t e r i a l l a g e r

LlTeileferti- T1 gung

T2

T3

Reparaturabteilung

FT1 FT2 FT3 i _L L2— F e r t i g t e i l e l a g

T4

FT4 i

T5

Teileferti-

FT5 I

FT 6 I

Legende: LI = L i e f e r u n g v o n R o h m a t e r i a l ; L2 = L. v o n F e r t i g t e i l e n

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

1 99

Sie lassen sich beide in der betrieblichen Praxis kombinieren (vgl. Abb. 12-39c). Beim Fließprinzip gehen die Teile trichterförmig über Teilegruppen (und Komponenten) auf das Endprodukt zu. Dabei zeigt sich bei der Fertigung von Teil T5 mit 700 Tageseinheiten ein Engpaß, der den Leistungsquerschnitt der Fertigung fixiert. Beim Liefererprinzip kann zunächst in speziellen Räumen vormontiert werden. Dies verlängert zwar gewöhnlich den Transportweg gegenüber dem Fließprinzip, gestaltet jedoch die Fertigung flexibler, zumal auch leicht Lieferanten von Fertigteilen (FT1, FT2, FT3, . . .) eingeschaltet werden können. Nach J.B. Dilworth ist dabei die logistische Verbindung der einzelnen Betriebsmittel ( • ) in folgenden Formen möglich (vgl. LV 5.9 S. 178ff, vgl. auch LV 5.25 S. 270): b)

Linie

L-Form — • — • — • — j

c)

U - F o r r a —•

I

d) I I

Schlange I

I

e) I

Kamm I I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

I

Gewöhnlich richtet sich das innere Layout in Fertigungsbetrieben nach dem Grundriß des Gebäudes. Als jedoch z.B. Mitsubishi eine Werkshalle nach dem optimalen Layout baute, konnte eine Verringerung des Materialumlaufs von 80% und eine Leistungssteigerung der Arbeiter von 30% erzielt werden (vgl. LV 1.42 S. 116). Formen des Montage-Layouts Die Montage dient dem Zusammenbau von Produkten aus Einzelteilen und trägt damit wesentlich zur betrieblichen Wertschöpfüng bei. Das Montage-Layout unterstützt die betriebliche Wertschöpfiing, indem es für einen störungsfreien und möglichst kurzen Produktedurchlauf sorgt. Als Formen des Montage-Layouts kommen in Betracht (vgl. LV 5.34): 1.) Lineare Montage-Ordnung. Hierbei bestehen Montage-Linien aus hintereinanderliegenden, fester Reihenfolge angeordneten Arbeitstakten, wobei die Montage von einer Seite her erfolgt oder von beiden Seiten (vgl. Abb. 12-40). Die Vorteile der linearen Montage-Ordnung liegen darin, • daß Montagesteuerung und Materialfluß einfach und übersichtlich sind, • daß Flächenbedarf gering ist und daß die Materialbereitstellung keine Schwierigkeiten bereitet. Als Nachteile sind zu verzeichnen, • daß die starre Verknüpfung höchst störanfällig sein kann, • daß die optimale Austaktung bei heterogenen Arbeitsoperationen schwierig ist, so daß sog. Taktfolgeverlustzeiten entstehen. Abb. 12-40: Lineare Montage-Ordnung ================================

Materialbereitstellung Arbeitsfläche Produkte

in

Arbeit

2.) Montagelinie mit Nebenflußbearbeitung. Hier können besonders arbeitsintensive Werkstükke aus dem Hauptfluß zur Sonderbehandlung herausgeschleust werden (vgl. Abb. 12-41).

200

I. Hauptteil:

Einführung

Abb 12-41: Montagelinie mit Nebenflußbearbeitung =========H=========================

Materialbereitstellung A r b e i t s f l ä c h e im H a u p t f l u ß

I • • • • P r o d u k t e im H a u p t f l u ß I P r o d u k t e im N e b e n f l u ß ================

A r b e i t s f l ä c h e im N e b e n f l u ß Materialbereitstellung

Die Vorteile dieses Logistik- und Montagesystems liegen darin, • daß Produkte mit unterschiedlichem Arbeitsumfang gefertigt werden können, • daß individuelle Leistungsschwankungen besser ausgeglichen werden können. Allerdings dürfen die Nachteile nicht übersehen werden: • die Montagesteuerung wird aufwendiger; • der Platz- und Investitionsbedarf werden größer; • es entstehen eventuell zusätzliche Puffer. 3.) Teilautonome Montagezellen. Die Montagezellen lassen sich frei im Fabrikraum anordnen, da sie keinen gerichteten Arbeitfluß besitzen. Vielmehr fuhren die Arbeitsgruppen eine ganzheitliche Montagearbeit aus (vgl. Abb. 12-42), • bei der sie selbst die Arbeit organisieren (vgl. auch 1.2.4.7) und • bei der sie auch die Qualitätsicherung übernehmen. Abb. 12-42: Teilautonome Montagezellen

= =

= =

Montageteam 1

= = = -

Montageteam 2

= =

= =

= =

- -

Montageteam 3

= = = =

ü

Fläche zur Materialbereitstellung Arbeitsfläche

Folgende Vorteile kennzeichnen die Montagezellen: • Der Produktefluß ist vollständig entkoppelt. • Die Montage kann am stehenden Produkt erfolgen. • Das Arbeitsergebnis liegt gewöhnlich auf einem höheren Qualitätsniveau. Dem stehen folgende Nachteile gegenüber: • Der Platzbedarf für die Materialbereitstellung ist relativ hoch, da jede Montagezelle gleichmäßig groß zu bestücken ist. • Der Steuerungsaufwand ist relativ groß. Optimale Zuordnung von Verwaltungs- und Betriebsräumen Bei Dienstleistungsbetrieben wie auch in der Verwaltung von Industriebetrieben ist es sinnvoll, diejenigen Abteilungen nahe bei einander zu legen, welche die häufigsten Face-to-Face-Kontakte pflegen, um so die Kommunikationswege zu verkürzen. Dazu ist zunächst aufgrund von Beobachtungen ein Kommunikationsdiagramm zu erstellen, welches eine Verteilung der Face-to-FaceGesamtkontate widerspiegelt (vgl. Abb. 12-43). Die 23 Gesamtkontakte z.B. des Schreibbüros verteilen sich auf 8 Kontakte mit dem Assistenten, auf 4 Kontakte mit dem Verkäufer A, auf 2 Kontakte mit dem Verkäufer B, auf 7 Kontakte mit dem Lagerverwalter und auf 2 Kontakte mit dem Leiter Fuhrpark.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

201

Abb. 12-43: Kommunikationsdiagramm für eine Verkaufsniederlassung L e i t e r Niederl.

28

Assistent

35

Schreibbüro

23

Verkäufer A

20

Verkäufer B

9

Lagerverwalter

32

Leiter

26

Fuhrpark

Fahrer A

13

Fahrer B

20

Lösen Sie Nr. 1-38 in Abschnitt 1.7!

1.2.3.3 Innerbetriebliche Standortoptimierung durch die EDV Nach dem Prinzip des Trial and Errors ist zunächst ein Zufallslayout zu erstellen, das dann mit Hilfe von Simulationstechniken (vgl. 1.2.2.9) im Wege des Prototyping ständig zu verbessern ist. Hierbei haben sich die interaktiven graphischen CAD-Techniken (Computer Aided Design) bewährt (vgl. 3.2.1.3). Dazu benötigt der Fabrik-, Lager- oder Bürodesigner neben Grafikhardware (Computer mit Grafikbildschirmen vgl. 3.2.3.4) geeignete CAD-Software. Das Layout einer Fertigungsstätte ist unter verschiedenen Gesichtspunkten zu optimieren: minimale Transportkosten; minimale Auftragsdurchlaufzeiten; maximale Kapazitätsauslastung. Dazu kommt die Beachtung von Beschränkungen, Fluchtwege sind einzuplanen, auf die Lichtverhältnisse, auf Versorgungsleitungen etc. ist zu achten. Aus den graphischen Daten lassen sich Informationen über die Verteilung der einzelnen Flächenarten und über die Flächennutzungsgrade ableiten. Dazu sind Entfernungsund Wegzeiten-Matrizen für die Transportmittel zu generieren. Liegen die Arbeitsablaufpläne und die Transporthäufigkeiten fest, können auch schon die Transportkosten geplant werden. Durch Kopplung an numerische Simulationsprogramme kann eine Gütebeurteilung der Zuordnung von Betriebsmitteln und Transportmitteln erfolgen. Da sich rechnerunterstützt leicht unterschiedliche Layout-Alternativen erstellen lassen, ist eine Optimierung möglich. Die IBM vertreibt weltweit unter der Bezeichnung CODEM, die in den USA von Lockheed unter der Bezeichnung CADAM entwickelte Konstruktionssoftware. Sie läßt sich auch zur Layoutplanung verwenden. Zunächst ist der geplante Grundriß in den Rechner einzugeben, eventuell auch schon vorgegebene Zwischenmauern zum Brandschutz etc. Aus einem Teil der Datenbank, der "Standard Library", kann der Designer dann unter Angabe einer Kennung sukzessive die Einrichtung abrufen: Maschinen; Geräte; Möbel; Versorgungsleitungen etc. Er kann sie als Symbol oder als Detail hinter die "Zeichnung" stellen. Durch Probieren, Verschieben, Drehen entsteht gemäß dem Prinzip des Trial and Error das als optimal angesehene Layout. Spezialprogramme fördern besondere Anwendungen: • mit Hilfe von Chemieanlagenprogrammen läßt sich die Anfertigung verkleinerter kostspielig herzustellender Rohrleitungsmodelle verzichten; • mit Cophos, einem computerunterstützten Beleuchtungsprogramm, läßt sich für Betriebsräume die Leuchtstärkeverteilung beliebig wählen, der Tageslichteinfluß und die Schattienmgsverhältnisse in den Innenräumen berücksichtigen, etc. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-39 in Abschnitt 1.7!

202

1. Hauptteil:

Einführung

1.2.3.4 Gebäudeautomation mit Hilfe der EDV Die Gebäudeautomation (GA), auch als zentrale Leittechnik (ZLT) bezeichnet, wird eingesetzt • zu Sicherheits- und Überwachungsfünktionen, • zur Beleuchtungssteuerung und neuerdings auch • zur Energieeinsparung im Bereich der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Gerade die zentrale Überwachung der haustechnischen Anlagen (HTA) bringt besondere Vorteile auch kostenmäßiger Art: • eine größere Verfügbarkeit der HTA, weil Störungen schneller und zuverlässiger erfaßt und beseitigt werden, • eine Minderung des Personalaufwands für Routinekontrollen und Wächterrundenüberwachung, • eine effektivere Einsatzfiihrung des Wartungs- und Reparaturpersonals durch Betriebsstunden Zählung und Störstatistikprogramme. Abb. 12-44: Systemaufbau eines Gebäudeautomationssystems

Es stehen geeignete GA-Systeme mit Hardware und Software zur Erfassung, Übertragung und zentralen Verarbeitung von Prozeßdaten auf mehreren Ebenen zur Verfügung z.B. V I S O N K 4000 von Landis & Gyr (entn. der Firmenschrift CS95D-X 621 vgl. Abb. 12-44): 1. Bedienungsebene: hier unterstützen die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine Bedienstationen mit Bildschirm, Eingabetastatur, einem Diaprojektor mit Trendschreibern sowie Drucker zur Ausgabe von Meldungen, Protokollen, etc. 2. Verarbeitungsebene: hier erfolgt die zentrale Erfassung, Verarbeitung und Langzeitspeicherung der Daten durch einen Mini-Computer mit peripherem Massenspeicher. 3. Vbertragungsebene: hier sorgt eine besondere Übertragungsprozedur für die Integrität des Datentransfers. 4. Prozessebene: hier erfolgt eine selbständige Erfassung und Ausgabe der Prozeßdaten (Meldungen, Messungen, Schalt-/Stellbefehle) über mit Mikroprozessoren ausgestattete Unterstationen (US). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-40 in Abschnitt 1.7!

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

203

1.2.3.5 Schadstoffarme Betriebsräume, Umwelthaftungsgesetz, Umweltprofilanalyse, ümweltverträglichkeitsprüfung, Altlastensanierung Schadstoffarme Gestaltung der Betriebsräume Angesichts der ubiquitären Schadstoffkonzentrationen in der modernen Arbeitswelt kann es kaum noch um eine "schadstoffreie", sondern nur um eine "schadstoffarme Gestaltung der Betriebsräume" gehen - wobei "arm" hier schon etwas Positives bedeutet -, zumal Schadstoffüntersuchungen (vgl. UmweltMagazin, Nov. 1991, S. 28) zeigen, • daß zwar für einige Schadstoffe der "Outdoor-Level" im Innenraum verringert werden kann etwa bei Ozon, Stickoxide, SO2, • daß aber für andere Schadstoffe in der Regel der "Indoor-Level" bei Vorhandensein von spezifischen Punktquellen wie Feuerstätten Schadstoffkonzentrationen erreicht werden können, die der Höhe nach Außenluftkonzentrationen übersteigen. Indoor-Schadstoffkonzentrationen sind dynamischer Natur; so gibt nach Untersuchungen am Hygiene-Institut der Universität Heidelberg Polystyrol-Schaum bei Einsatzbeginn 4mg/nw an Monostyrol ab, das sich nach mehreren Monaten auf 0,05 mg/m^ vermindert. Die Unternehmen sind gehalten, Grenzwerte für Chemikalien in Innenräumen einzuhalten: • Das Bundesgesundheitsamt hat einige MRK-Werte (Maximal duldbare Raumluftkonzentration in Innenräumen) festgelegt - für Pentachlorphenol (PCP) 60 (ig/m^, - für Lindan, ein Insektizid, 4 (jg/m^, - für Formaldehyd 0,1 ppm, - für polychlorierte Biphenyle (PCB) ist 300 ng/m^ in Diskussion. • Der Verein Deutscher Ingenieure hat gewisse - MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatzkonzentration) und gewisse - MIK-Werte (Maximale Immissionskonzentrationen für die Außenluft) festgelegt, die sich auf Konzentrationen in Milliliter pro Liter Luft beziehen: u.a. Substanz MAK-Wert MIK-•Wert Substanz MAK-Wert MIK-Wert 1,0 0, 15 Methanol Ethanol 0, 2 0, 03 Isobutanol 0, 015 Isopropanol 0, 4 0, 06 0,1 Aceton 0, 015 Xylole 0, 15 0,1 1, 0 Toluol Dichlormethan 0, 04 0, 1 0, 015 0,1 Perchlorethylen 0, 05 0, 015 Thylacetat 0, 4 0, 06 Für das kanzerogene Benzol existieren keine unbedenklichen Grenzwerte. Potentielle Emissionsquellen in den Büroräumen, für welche Biological-Monitoring-Toleranzwerte zu entwickeln sind, stellen verschiedene Einrichtungsgegenstände und sonstige verwandte Materialien, aber auch der Mensch selbst dar: • Möbel aus Span- und Faserplatten mit Pentachlorphenol, • Bürogeräte wie Laserdrucker, Telefax- und Fotokopiergeräte als Ozonemittenten, • Computerbildschirme als Quellen der Strahlenbelastung (vgl. auch 1.2.4.5); • Anstrichstoffe, Lacke, Holzschutzmittel, Folien, Klebstoffe, • Bau- und Dämmstoffe mit Fluorkohlenwasserstoffen und lungengängigen Asbestfasern, • Tabakrauch mit Kohlenmonoxid, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und Phenol. Die Kombination verschiedener Schadstoffe in einem Betriebsraum kann - negativ-synergistisch zu sich potenzierenden Gesundheitsschäden führen; so hat das dänische Institut für Hygiene an der Universität Arhus 1985 festgestellt, daß eine Mischung von flüchtigen organischen Chemikalien bei einer Konzentration von 5mg/m^ zur negativen Veränderung des Wohlbefinden von Testpersonen geführt hat. In besonderen Situationen können besondere Schadstoffe entstehen, z.B. bei Brand aus PVC Dioxin. Insgesamt sind jedoch die biologischen Wirkungen von Chemikalien und Kunststoffen toxikologisch-medizinisch erst wenig erforscht. Nach einer Befragung unter 200 Beschäftigten in westdeutschen Büros durch das Ingenieurbüro Healthy Building International (zitiert nach LV 1.82 S. 22) klagten dreiviertel der Befragten über stickige oder verbrauchte Luft und jeder zweite befragte Person gab an, daß ihre Arbeitsleistung bei sauberer Luft besser wäre. Es wird vom "Sick-Building-Syndrom" gesprochen, für das Au-

204

1. Hauptteil:

Einführung

genreizungen, Kopfschmerz, Übelkeit, Erkältung und Schwindelgefühle typische Symptome sind. Langfristfolgen der Indoor-Air-Pollution in Innenräumen können durch Sensibilisierung allergische Überreaktionen einzelner Personen sein. Als einfache Hilfsmaßnahmen werden vorgeschlagen (vgl. LV 1.82 S. 26): • regelmäßiges und ausreichendes Lüften mit 20-50m 3 Luft/h pro Person; • regelmäßiges Überprüfen und Warten von Klimaanlagen durch Fachpersonal, da diese leicht zu gefahrlichen Brutstätten für Pilz- und Bakterienkeime werden; • "giftfressende" Pflanzen in den Räumen kultivieren; Philodendron und Grünlilie sollen Formaldehyd "vertilgen" und Efeu Benzol; • beim Kauf von Einrichtungsgegenständen auf umweltverträgliche Produkte achten - etwa am Aufkleber "Blauer Engel" zu erkennen, die jedoch häufig etwas teuerer sind, allerdings muß nach einem Urteil des Kölner Oberlandesgerichts (AZ. 6 U 100/91) bei Verwendung dieses Signums in der Werbung erkennbar sein, was die besondere Umweltfreundlichkeit des Produkts ausmache; werbe z.B. ein Hersteller von Schreibmaschinenpapier mit dem "Blauen Engel", müsse ein Hinweis auf die Art der Herstellung erfolgen. Präventiv sollten die Betriebe bei Architekten, Planungsbüros und bei den Handwerksbetrieben darauf einwirken, schadstoffbelastete Materialien nach Möglichkeit zu meiden. Umwelt-Audits Audits dienen der Überprüfung bestehender Regelungen und betrieblicher Anlagen vor, während bzw. nach der Einfuhrung, Installation bzw. Nutzung. Da Betriebsräume und Anlagen u.a. Maschinen gewöhnlich zu Produktionszwecken eine Symbiose eingehen und sich gegenseitig beeinflussen, ist vor der Installation der Anlagen in den Betriebsräumen ein umfassendes Umwelt-Audit (Öko-Audit) zu erstellen (vgl. 1.1.1.3): • Wie sieht es aus mit der Kapselung der Anlage u.a. unter den Gesichtspunkten von Wärmeverlust und Dichtheit? • Wie steht es um Emissionen (Toxizität, Ökotoxität, MAK-, MIK-Werte)? Welchen Umfang werden COo-, Schwefel-Emissionen, etc. annehmen? • Mit welchem Lärm und mit welchen Erschütterungen ist zu rechnen? Welche Gegenmaßnahmen machen sie erforderlich? • Mit welchen Abwassermengen zu welchem Verunreinigungsgrad und mit welchen Reststoffen und Abfällen mit welcher (Öko-)Toxizität ist zu rechnen? • Sind beim Lager Sicherheitsvorkehrungen gegen wassergefährdende Stoffe erforderlich? • In welchem Umfang fallen recyclingsfähige Materialien von welcher (Öko-)Toxizität an? • Sind Kreislaufprozesse eingerichtet, um Material zu sparen? • Wurden baubiologische Stoffe verwendet, um das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu erhöhen? • Wurden Sicherheitsvorkehrungen getroffen gegen Unfälle, Explosionen,Überschwemmungen, Lecks, etc.? • Bestehen bei erheblichen Umweltgefahren umfassende dokumentierte Notfallpläne? Ist bekannt, bei welchem Störniveau sie in Kraft zu setzen sind? Sind auch die Verantwortlichkeiten für Notfall maßnahmen bekannt? • Existieren für die Arbeitnehmer Schutzkleidungen und Schutzgeräte? Derartige Umwelt-Audits schärfen das ökologische Bewußtsein der betrieblichen Mitarbeiter, so daß schon im Vorfeld von Betriebsänderungen durch entsprechende Planung umweltschädliche Entwicklungen ausgeschlossen werden. Erkannte betriebliche Umweltprobleme sind tabellarisch aufzulisten und nach Beseitigungsdringlichkeit hin zu beurteilen: Besei tigungsdri nglichkei t Rostflecken beim Öltank mögliches Leck in der Gasleitung etc.

niedrig

hoch

sofort

X X

Periodisch tagende Umwelt-Zirkel sollten den Beseitigungsfortschritt verfolgen und eventuelle Versäumnisse eruieren. Das Aufkommen neuer Umweltprobleme sowie positive und negative Veränderungen sind in einer Umwelt-Review des Betriebs festzuhalten und der dokumentierte betriebliche Umwelt-Status ist als Umwelt-Report der Unternehmensleitung zu unterbreiten.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

205

Nach W. Hopfenbeck sollten Umwelt-Audits in folgenden Phasen und Schritten vonstatten gehen (vgl. LV 1.38a S. 1098): I. Phase: Tätigkeiten vor der Prüfung. - Auswahl und Einplanung der zu prüfenden Anlagen nach einer Prioritätsvorgabe - Auswahl der Mitglieder des Prüfungsteams, Zuweisung von Prüfungsverantwortlichkeiten - Kontaktaufnahme zur Anlage und Prüfüngsplanung - Einholung von Hintergrundinformationen - Festlegung der anzuwendenden Anforderungen und Bestimmung der Prioritäten II. Phase: Tätigkeiten vor Ort. 1. Schritt: Erfassung und Verständnis der Management-Kontrollsysteme: - Überprüfung der Hintergrundinformationen und Orientierungsrundgang durch die Anlagen - Überprüfung des Prüfungsplans und Bestätigung des Verständnisses der inneren Kontrollen 2. Schritt: Bewertung der Management-Kontrollsysteme: - Bestimmung der Stärken und Schwächen der internen Kontrollen - Anpassung des Prüfüngsplans und Mittelzuweisung, Festlegung der Prüfungsstrategien 3. Schritt: Sammeln von Prüfbeweisen: - Anwendung der Prüflings- und Untersuchungsstrategien, Datensammlung - Sicherstellung der vollständigen Ausfuhrung der Protokollschritte - Überprüfung aller Feststellungen und Beobachtungen - Sicherstellung der sachlichen Richtigkeit aller Feststellungen, eventuell weitere Prüfungen 4. Schritt: Auswertung der Prüfungsergebnisse - Aufstellung einer vollständigen Liste der Feststellungen - Zusammenstellen von Arbeitspapieren und Dokumenten - Zusammenstellung und Zusammenfassung der Feststellungen - Erstellung des Berichts für die Abschlußbesprechung 5. Schritt: Bericht der Feststellung an den Betrieb - Darlegung der Feststellungen beim Abschlußgespräch - Erörterung der Feststellungen mit dem Anlagenpersonal III. Phase: Aktivitäten nach der Prüfung. - Entwurf eines Berichtsentwurfs: korrigierter Bericht; Festlegung des Verteilers; Versand des Berichtsentwurfs; Einplanung einer Zeitspanne für Korrekturen. - Verfassen des Abschlußberichts: korrigierter Berichtsentwurf; Hervorhebung der Notwendigkeit eines Maßnahmenplans; Festlegung der Frist für seine Ausarbeitung. - Ausarbeitung, Durchführung und Weiterverfolgung des Maßnahmenplans. Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG) Entstehungsgrund des Umwelthaftungsgesetzes vom 10. 12. 1990 waren industrielle Störfalle mit beträchtlichen negativen Umweltfolgen (Chemiekatastrophen von Seveso, Bhopal und Basel, Atomkatastrophe von Tchemobyl). Nach §§ 823, 906 BGB bestand bisher schon eine Haftung für Schäden aus Umwelthaftungsfällen. Doch setzte hier ein Schadensersatzanspruch menschliches Fehlverhalten voraus, wenngleich die Rechtsprechung schon eine Beinahegefahrdungshaftung bei Störfällen konstruierte (vgl. LV 1.98 S. 52). Das Umwelthaftungsgesetz zielt in folgende Richtungen: 1. Ein Defizit für einen möglichst effektiven Schutz von Umwelt und Personen durch die generelle Einführung der Gefährdungshaftung für Anlagen einzuführen; eine spezielle Gefährdunghaftung bestand schon gemäß § 22 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). 2. Den potentiellen Schadensverursacher zu einem vorsichtigen, schadensvermeidenden Verhalten zu veranlassen, um das Risiko künftiger Schadensleistungen zu mindern. 3. Umweltgefährdende Produktionsprozesse sollen zurückgedrängt werden und schadensvermeidende Maßnahmen sollen dort getroffen werden, wo sie um kostengünstigsten sind. 4. Insgesamt soll durch all dem Umweltvorsorge betrieben werden. Der Kreis der umweltgefährdenden Anlagen wird in Anhang I des UmweltHGs kasuistisch definiert; er enthält 96 Anlagetypen der industriellen und gewerblichen Wirtschaft, die sich auf folgende Wirtschaftsbereiche konzentrieren (vgl. ebenda S. 54): 1. Wärmeerzeugung, Bergbau, Energie 2. Steine und Erden, Glas, Keramik, Baustoffe 3. Stahl, Eisen und sonstige Metalle einschließlich Verarbeitung

206

1. Hauptteil:

Einführung

4. Chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, Mineralölraffination und Weiterverarbeitung 5. Oberflächenbehandlung mit organischen Stoffen, Herstellung von bahnanförmigen Materialien aus Kunststoffen, sonstige Verarbeitung aus Harzen und Kunststoffen 6. Holz, Zellstoff 7. Nahrungs-, Genuß- und Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse 8. Abfälle und Reststoffe 9. Lagerung, B e - und Entladen von Stoffen 10. Sonstiges In § 3 UmweltHG wird die Schadensentstehung durch Umwelteinwirkungen definiert. Gemäß § 4 UmweltHG besteht jedoch eine Umwelthaftung nicht, wenn der Schaden durch höhere Gewalt herbeigerufen wurde und nach § 5 UmweltHG ist eine Ersatpflicht ausgeschlossen, wenn die B e nutzung einer Sache nicht, nur unwesentlich oder in einem Maße beeinträchtigt wird, die nach den örtlichen Verhältnissen zumutbar ist. Eine Ursachenvermutung ist nach § 6 Abs. 1 UmweltHG schon dann gegeben, wenn eine Anlage nach den Gegebenheiten des Einzelfalles geeignet (ist), den entstandenen Schaden zu verursachen", jedoch Abs. 2: "Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Anlage bestimmungsgemäß betrieben wurde. Ein bestimmungsgemäßer Betrieb liegt vor, wenn die besonderen Betriebspflichten eingehalten worden sind und wenn keine Störung des B e triebs vorliegt." Die Haftung geht von Anlagen in drei Fällen aus: 1. von in Betrieb befindlichen Anlagen (§ 1 UmweltHG); 2. von noch fertiggestellten Anlagen (§ 2 Abs. 1 UmweltHG); 3. von nicht mehr betriebenen Anlagen (§ 2 Abs. 2 UmweltHG). Letzteres kann dem Erwerber von bereits bestehenden Anlagen besondere Sorgfaltspflichten beim Erwerb der Anlagen auferlegen (vgl. unten).

Umweltgrofilanalyse (UPA) Die U P A definiert identifiziert die Problemfelder, für deren Haftung große Kosten entstehen können. Sie beginnt mit einer historischen Recherche der vergangenen Nutzungsverhältnisse. Informationen sind von den zuständigen Behörden und von langjährigen Betriebsangehörigen zu beziehen. Dabei seien folgende Fragen beim K a u f von Liegenschaften zu erheben (vgl. L V 1.98 S. 65): • Bestand Kontaminationsgefahr durch den Umgang mit gefährlichen Stoffen und Abfallen? • Sind der Boden und das Grundwasser der Liegenschaften durch die Nutzung in der Vergangenheit mit giftigen Stoffen verschmutzt worden? • Wurden illegal Abfälle und Abwasser, auch außerhalb der Liegenschaft, abgelagert bzw. versickert? • Sind in der Vergangenheit umweltrelevante Unfälle vorgekommen? • Ist durch die jetzige und vergangene Betriebspraxis eine umweltrelevante Kontamination der Umgebung zu befürchten? • Könnten dabei Betriebsangehörige und Anwohner gesundheitlich geschädigt worden sein? • Gibt es leckende Rohrleitungen und Tanks, in denen umweltgefährliche Stoffe transportiert bzw. gelagert werden? • Wurden Asbest und andere gefährliche Baumaterialien verwendet? • Wie ist die haftungsrechtliche Situation am Standort? • Welche Kosten entstehen durch einen gesetzesgemäßen Betrieb der Anlage? • Welche Kosten entstehen durch eine eventuell notwendige Sanierung der Liegenschaft?

Umweltverträglichkeitsprüfung Die Umwelt wird am nachhaltigsten durch Baulichkeiten wie Häuser, Straßen und Kanäle verändert; wird z.B. eine Straße durch ein Biotop geführt, so wird dieses mit hoher Sicherheit unwiederbringlich vernichtet. Wegen dieser Gefahrdung der Natur entstand schon in den Sechziger Jahren in den U S A die Überlegung, der Umweltzerstörung durch Environmental Impact Assessment (EIA), eingedeutscht Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP), entgegenzuwirken. Die U V P ist als ein Spezialfall des Technology Assessment anzusehen, das die positiven und negativen Primärund Sekundärwirkungen neuer Technologienanwendungen in den betroffenen Teilen der Gesellschaft wie auch der Umwelt zu prognostizieren versucht. Aufgrund der "EG-Richtlinie über die

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

207

Umweltverträglichkeit bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten 85/337/EWG" von 1985 wurde am 1. 8. 1990 in Deutschland das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfiing (UVPG) eingeführt, und zwar verspätet, obwohl schon 1971 die UVP in das Umweltprogramm der damaligen Bundesregierung aufgenommen worden war. Ziel des UVPGs ist (vgl. LV 1.98): • es soll den Einfluß einer Maßnahme auf die Umwelt nicht in isolierten Bereichen, sondern umfassend auf vernetzt vorgestellte Umweltsysteme prognostizieren; • es soll bekannte Gefahren abwehren (Prävention); • es soll auch noch nicht eindeutig geortete Gefahrenpotentiale für die Umwelt erfassen (Prophylaxe). Dieses Gesetz ist bei Erstgenehmigungen von Baulichkeiten, aber auch auf Betriebserweiterungen anzwenden. Allerdings liegen für die Verwirklichung der hohen Ansprüche des UVPGs bisher kaum hinreichende Erfahrungen vor und die Technologieabfolgeschätzung allgemein Schwierigkeiten bereitet (vgl. auch 2.2.4.1, 3.1.1.1). Gemäß § 3 UVPG müssen nur Projekte, die erhebliche Auswirkungen auf Natur und Landschaft haben, einer systematischen Prüfung unterzogen werden. Diese hat der Gesetzgeber kasuistisch aufgeführt (zusammengefaßt nach LV 1.98 S. 70): • Errichtung, Änderung und Betrieb von Anlagen, die nach § 4 BImSchG (vgl. 1.2.1.6) genehmigt werden müssen und im Anhang des UVPG aufgeführt werden wie Anlagen der Energie-, Metall-, Glas-, Papier-, Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfüngsindustrie. • Errichtung, Änderung, Betrieb oder Stillegung von kerntechnischen Anlagen und Anlagen zur Behandlung oder Entsorgung von radioaktiven Abfallen. • Errichtung, Änderung und Betrieb von Abfallentsorgungsanlagen, die der Planfeststellung nach § 7 des Abfallgesetzes bedürfen (vgl. 1.2.1.6). • Bergbauliche Anlagen, die der Planfeststellung nach dem Bundesbergbaugesetz unterliegen. • Errichtung, Änderung und Betrieb von Rohrleitungsanlagen für den Femtransport von Ol, Gas. • Errichtung, Änderung und Betrieb von Feriendörfern, Hotelkomplexen und sonstigen toristischen Einrichtungen. • Errichtung von ausgewählten Verkehrsanlagen, die dem Planfeststellungsverfahren unterliegen. Die UVP soll in Zusammenarbeit von Projektträger, Behörde und Öffentlichkeit erfolgen. Letzteres verlangt der Gesetzgeber u.a in § 9 Abs. 1 UVPG: "Die zuständige Behörde hat die Öffentlichkeit zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens...anzuhören." Eventuell sind neutrale Gutachter hinzuziehen (vgl. Abb. 12-44a). Die UVP zerfällt in eine Umweltverträglichkeitsvorprüfüng und in eine Umweltverträglichkeitshauptpriifüng (vgl. LV 1.98 S. 70ff). Schließlich ergeht ein Bescheid zur UVP, eventuell unter der Äuflage, daß gewisse Verbesserungsvorschläge oder Kompensationsmaßnahmen durchgeführt werden. Abb. 12-44a: Ablaufschema der UVP (nach TÜV Stuttgart zitiert nach LV 1.26a S. 102)

208

1. Hauptteil: Einführung

Nach N. Simmleit (in L V 1.98 S. 77) stärken "problemorientiert durchgeführte Unverträglichkeitsuntersuchungen...das Umweltmanagement eines Unternehmens und ersparen langfristig große Kosten, insbesondere dann, wenn sie ihre präventive und auch ihre prophylaktische Funktion erfüllen! Dies erfordert aber nicht nur eine Konformitätsüberprüfung, ob die bereits bestehenden Umweltsgesetze durch die Anlage oder das neue Vorhaben eingehalten werden, sondern bedingt weitergehende Betrachtungen, die neben der Umweltverträglichkeit auch Umfeld- und Szenarioanalysen zur Prognose des natürlichen und gesellschaftlich-politischen Umfelds miteinbeziehen." Die inhaltlichen Anforderungen an eine Umweltverträglichkeitspriifüng sind in § 6 Abs. 3 UVPG fixiert: • Beschreibung des Projekts mit physikalischen Angaben über den Standort, Art und Größe des Projekts, Flächenbedarf während Bau und Betrieb, Angabe der Standortkriterien wie Infrastruktur, Abwasserinfrastruktur, Abfallinfrastruktur, Verkehrsanschluß und Verkehrsaufkommen. • Beschreibung der wichtigsten Merkmale der Produktionsprozesse wie Art und Menge der verwendeten Materialien, Lagerung und Transport der Ausgangs- und Fertigprodukte, Art und Quantität der erwarteten Rückstände und Emissionen bei Bau und Betrieb der Anlage, Abwasser- und Abfallaufkommen, mögliche Kontamination des Bodens, des Grund- und Oberflächenwassers, Schadstoffemissionen in die Atmosphäre, Licht- und Wäremeemission, sonstige Strahlungsemission, Erschütterungen. • Beschreibung von Vermeidungs-, Verminderungs- und Ersatzmaßnahmen wie alternative Produktionsprozesse, alternative Ausgangsmaterialien und Bauweisen, alternative Abwasser- und Abluftreinigungsanlagen, alternative Abfallbeseitigungs- bzw. Recyclingmöglichkeiten, alternative Lagerungsmöglichkeiten von gefährlichen Stoffen. • Beschreibung der möglicherweise beeinträchtigten Umweltsegmente wie menschliche Bevölkerung, Fauna, Flora, Boden, Wasser, Luft, Klima, wertvolle Bauten, archäologische Schätze, Landschaft, synergistische Effekte zwischen diesen Segmenten. Einflußgrößen und Bewertungsgrößen lassen sich matrixmäßig anordnen (vgl. Tab. 12-11), so daß eine rasterformige Bewertung durchgeführt werden kann (vgl. L V 1.38a S. 1090). Tab. 12-11: Einfluß- und Bewertungsgrößen bei der Umweltverträglichkeitsprüfbng Einflußgrößen Bauten Bewertungsgrößen

A n 1 a g Nutz. ander.

n Verkehrsbauten

E m i s s i O Il e n Licht Abfall etc.

- Landschaft - Fauna/Flora - Luft - Boden etc. Altlastensanierung In der Bundesrepublik Deutschland ist mit etwa 140.000 Verdachtsflächen an Altlasten zu rechnen (vgl. L V 1.7a S. 725f.), die aus • Altablagerungen,» Altstandorten,* Rüstungsaltlasten insbesondere in der ehemaligen DDR und • aus großflächigen Kontaminationen etwa durch Emissionen herrühren. Diese Altlasten stehen jetzigen und künftigen Generationen an Menschen nach einem Jahrhundert euphorischen Wachstumsglaubens und sorglosem Umgang mit der Natur mit einem immensen Finanzierungsbedarf zur Sanierung an. Es ist zudem mit einer vielköpfigen Hydra zu rechnen; M. Bank befürchtet, "daß die ungelösten Sondermüllprobleme von heute sehr wahrscheinlich morgen als Altlastenproblem wieder auftauchen, gleichzeitig sind besonders die extraktiven Sanierungsverfahren selbst sondermüllrelevant" (ebenda S. 723).

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

209

Die Regulierung der Altlastenprobleme wird dadurch erschwert (vgl. ebenda S. 726ff), • daß es keine spezifischen Grenzwerte für Altlasten und zugleich auch keine Kriterien für die Gefährdungsabschätzung gibt, • daß es einen Konflikt zwischen Informationspflicht und Datenschutz beim Erzeuger von Altlasten gibt, • daß die Beteiligung der Eigentümer von Flächen mit Altlasten an den Sanierungskosten auf rechtliche Schwierigkeiten stoßen kann, etwa wenn es eine Vielzahl von Verursachern gibt oder der Erzeuger gar nicht bekannt ist z.B. bei sog. wilden Müllkippen. Es besteht sozialer Konsens darüber, daß solche Verdachtsflächen vorrangig zu sanieren sind, von denen eine unmittelbare Gefahr für die Menschen ausgeht. Zur Gefahrdungsabschätzung sind durch Umwelt-Audit folgende Segmente zu berücksichtigen (vgl. ebenda S. 735ff.): • Stoffcharakteristik, welche die StofFart, die physikalische und chemische Zustandsform u.a. Toxizität, hydrophile Eigenschaften, etc. angibt. • Standortcharakteristik, welche Bodenart, Bewuchs, Grundwasserabstand, etc. angibt. • Nutzungscharakteristik, welche die aktuelle Nutzung des Verdachtsstandorts widergibt, eventuell auch schon künftige Nutzungsziele. • Wirkungspfade, welche die Schadstoffverbreitung bei Grund- und Oberflächenwasser, Erosion und Nahrungskette verfolgen. • Gefährdungspfade, welche die Möglichkeiten der Schadstoffaufnahme und -Wirkungen verfolgen (vgl. M. Schuldt zitiert nach LV 1.7a S. 736): - direkter Kontakt: Berühren von mit schädlichen Schutzmitteln imprägnierten Holzbalken oder Verschlucken von kontaminierten Boden etwa durch Kinder; - Inhalation: Einatmen von giftigen Gasen und Stäuben; - Grundwasser: Versikkern von Schadstofffen und Vergiftung des Grund- und Trinkwassers; - Oberflächenwasser: Versickern von Schadstoffen mit der Gefährdung des aquatischen Ökosytems und Anreicherung der Nahrungskette: Algen, Fisch, Mensch mit Schadstoffen; - Pflanzen: Schädigung der Vegetation bei Pflanzentoxität; - Nahrungs- und Futtermittel: u.a. Rückstandsbildung mit Gefkhr für Mensch und Tier; - Boden: Beeinträchtigung des Filter- und -transformationsvermögens; - Bauwerke: Schäden durch Setzungen und Korrosion (DIN 50 900: "Unter Korrosion versteht man die Zerstörung von Werkstoffen durch chemische oder elektrochemische Reaktion mit ihrer Umgebung"); - Feuer/Explosion: Gefahren insbondere durch Deponiegas. Bevor die Altlastensanierung vonstatten geht, sind im Wege des Umwelt-Audits einige Vorklärungen vorzunehmen und eventuelle Problemlösungen zu erarbeiten (vgl. ebenda S. 739f): • Welche Maßnahmen sind bereits vorausgegangen oder sind zuvor notwendig? • Welche Sanierungsdauer ist in bezug auf die Dringlichkeit des Problems akzeptabel? • Welche Ausdehnung in Fläche und Tiefe hat die Kontamination? • Welche Folgeprobleme kann die Sanierungsmaßnahme mit sich bringen? • Wie gut ist die Wirkung der Maßnahme - bestehen Möglichkeiten der Erfolgskontrolle? • Welche Aspekte des Arbeitsschutzes und der Betriebssicherheit sind zu berücksichtigen? • Welche Maßnahmen zur Oberflächen-, Flanken- und Solabdichtung sind erforderlich, damit bei der Altlastensanierung keine weitere Schädigung der Natur erfolgt? Ziel derartiger Altlasten-Audits sollte es sein, einen Altlasten-Kataster zu erstellen (vgl. ebenda S. 730), der • Umfang und Abgrenzung der Verdachtsfläche, • Geschichte des Standorts (Nutzung, Betreiber, Zeiträume), • Art und Umfang der Abfälle, Rückstände und Verunreinigungen, • Situation des Standorts in bezug auf Infrastruktur, Hydrogeologie, etc. festhält. H.W. Wiehert (zitiert nach LV 1.7a S. 741ff.) listet folgende Möglichkeiten der Altlastbehandlung auf, wobei es sich bei der In-Site-Behandlung um eine Sanierung am Standort ohne Bodenbewegung handelt, während bei On-Site-Verfahren der abgehobene (ausgekofferte) Boden am Standort und bei Off-Site-Verfahren der ausgekofferte Boden abtransportiert und außerhalb des Originalstandorts behandelt wird: • Einkapselung durch -Oberflächenabdeckung, seitliche Abschottung durch Dichtwände und Sohlabdichtung. • Bodenaustausch mit Verlagerung und kontrollierter Deponierung. • Hydraulische Maßnahmen mit Dekontamination des geförderten Wassers.

210

1. Hauptteil: Einführung

• On-Site-Behandlung mit Herausnahme des Bodens: Fixieren durch Zugabe von Bindemittel, Auswaschverfahren mit z.B. Wasser und hohem Druck, Extraktion mit Lösemittel, biologische Behandlung mit schichtweisem Aufbau von Mieten unter Zugabe von Baumrinde, thermische Behandlung, Drehrohrofen mit direkter bzw. indirekter Beheizung. • In-Site-Behandlung: Absaugen von leichtflüchtigen Stoffen durch Unterdruck, Extraktion (Bodenwäsche), Immoblisierung, Reduzierung der Löslichkeit, biologischer Abbau bzw. Oxidation, biologische Elimination von CKWs mittlerer und geringer Konzentration durch bereits vorhandene adaptierte Bakterien mit mineralischer Düngung und Einsatz speziell gezüchteter Bakterien. Als besondere Altlastensanierungstechniken kommen in Frage (vgl. L V 1.7a S. 7 4 3 f f ) : • Bodenluftabsaugung/Dampfstrippen, wobei gasförmige bzw. leichtflüchtige Stoffe unter Schonung des Bodens aus der wasserungesätttigten Zone abgesaugt werden, es ist nur bei bestimmten Kontaminationen möglich, dies macht Gasreinigung und Entsorgung erforderlich. • Extraktionsverfahren, wobei Schadstoffe durch Bodenwäschevom Bodenmaterial getrennt werden, Verbleib von Extraktionsmitteln im Boden ist möglich, Entfernung der Schadstoffe aus dem Extraktionsmittel und Entsorgung ist erforderlich. • Thermische Verfahren, wobei bestimmte organische und anorganische Schadstoffe aus dem Boden durch Destillation, Verbrennung und Pyrolyse (im Drehrohrofen) entfernt werden, Bildung von Furanen und Dioxinen ist bei hohen Temperaturen möglich. • Mischen mit Zuschlagstoffen zur Immobilisierung bestimmter Schadstoffe durch Verringerung ihrer Löslichkeit für begrenzte Zeit bzw. zur Verringerung der Untergrunddurchlässigkeit. • Mikrobiologische Verfahren zum Abbau von organischen Stoffen bei Schonung des Bodens, in der Effizienz abhängig von pH-Wert, Temperatur, Bodenfeuchte, Nähr- und Schadstoffkonzentration, es kann durch starkes Ansteigen der Biomasse versagen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-41 in Abschnitt 1.7!

1.2.3.6 Anlagen- und Betriebsschutz Anlagenschutz 1. Gebäudeversicherung Eine betriebswirtschaftlich angemessene Versicherung ist nur dann möglich, wenn der Versicherer aufgrund statistischer Erfahrungen weiß, wie häufig das zu versichernde Ereignis eintreten wird. Die historischen Wurzeln der Sachversicherung reichen weit zurück; schon eines der Kapitulare Karls des Großen aus dem Jahre 779 verlangt von den Gildebrüdern die eidliche Bekräftigung ihrer Zusammenschlüsse zur gegenseitigen Unterstützung bei Brand, Schiffbruch und anderen Gefahren (vgl. L V 1.21 S. 225f.). Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelten sich in SchleswigHolstein die sog. Brandgilden auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit. Zu den später häufiger entstehenden privaten Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit traten öffentlich-rechtliche Institutionen, als erste die 1676 gegründete Hamburger Feuerkasse. Die Versicherung von Geschäfts- und Industriegebäuden umfaßt - einzeln zu versichern • die Feuerversicherung, welche Schäden durch Brand, Blitzschlag, Explosion sowie Absturz oder Anprall bemannter Flugkörper, ihrer Teile oder Ladung versichert, • die Versicherung von Leitungswasserschäden, die Versicherung von Sturmschäden, die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen(AVB) auf Schäden begrenzt wird, die auf bestimmten, positiv beschriebenen Kausalverläufen beruhen, wodurch Schäden, die auf menschlichem Verhalten als Zwischenursacheberuhen, ausgeschlossen werden, und • die Versicherung gegen Schwamm und Hausbockkäfer, wobei der Gebäudeeinsturz und der Befall von Gebäudeteilen ersatzpflichtig sind. Bei der Versicherung von Industrie- und Gewerbegebäuden gilt als Versicherungswert nur der Zeitwert, der sich nach einem Abzug vom Neuwert des Gebäudes entsprechend dem Zustand des Gebäudes ergibt, bzw. der gemeine Wert bei erheblicher Entwertung des zu versichernden Gebäudes ( = < 4 0 % des Neuwerts). Liegt im Versicherungsfall ein Totalschaden vor, ist als Berechnungsgrundlage der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalls abzüglich

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

211

des Wertes der Reste heranzuziehen. Ein Totalschaden ist anzunehmen, wenn die Reparaturkosten höher sind als der Versicherungswert. Bei Teilschäden sind die notwendigen Reparaturkosten Maßstab für die Höhe der Entschädigung. Bleibt nach der Reparatur eine Wertminderung zurück, ist diese auszugleichen. Wiederherstellungsklauseln dienen dazu, bei einer Neuwertversicherung zu vermeiden, daß die Aussicht auf eine den Schaden übersteigende Entschädigung zum Versicherungsfall animiert. Im Versicherungsfall hat der Versicherungsnehmer (vgl. LV 1.21 S. 218) • dem Versicherer binnen drei Tage nach Kenntnisnahme den Versicherungsfall anzuzeigen, • der Polizei Anzeige zu erstatten, wenn es sich um Feuerschäden handelt, • zur Sachverhaltsldärung beizutragen, • nach Möglichkeit für eine Abwendung oder Minderung des Schadens zu sorgen. Allerdings bleibt der Versicherer leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeiführte. 2. Maschinenversicherung im Industriebetrieb Die Maschinenversicherung (vgl. LV 1.7 S. 170ff.) als reine Sachversicherung begrenzt die Ersatzleistung auf den konkreten Schadensbedarf, d.h., es werden nur die Kosten zur Wiederherstellung des früheren Zustands erstattet. Nach den Allgemeinen Maschinenversicherungs-Bedingungen (AMB) werden nicht komplette Betriebsteile abgedeckt, sondern es muß ein komplettes Maschinenverzeichnis aufgestellt, das die Maschinen versichert, solange sie als betriebsfertig gelten, unabhängig von der Eigentumsfrage. Die Maschinenversicherung schützt gemäß dem Prinzip der Universalität der Gefahr vor einer Vielzahl von Gefahren: • Menschliches Versagen durch Bedienungsfehler, Ungeschicklichkeit auch bei grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schäden durch das Bedienungspersonal auch an außenstehende Dritte; • Versagen der Maschine etwa wegen Konstruktions-, Berechnungs-, Material- oder Ausfuhrungsfehler; • Betriebsschäden durch Überlastung, Zerreissen, Kurzschluß oder Bruch. Zu den von der AMB ausgeschlossenen Schäden zählen ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen Schäden aufgrund "höherer Gewalt" wie bei Überschwemmungen, Erdbeben, Erdsenkungen, Erdrutsch, Felssturz, Hochwasser, Überschwemmungen, Kriegsereignissen, Terroranschlägen, etc., aber auch bei Schäden, die durch Betriebseinflüsse bedingt sind und die voraussehbar sind, etwa durch durch übermäßige Bildung von Rost oder Kesselstein. Liegt die Versicherungssumme (VS) bei Vertragsabschluß unter dem Versicherungswert (VW) kommt es demnach zu einer Unterversicherung. Die Ersatzleistung (EL) beim Schaden (SN) berechnet sich wie folgt: (12-10)

EL = VS/VW • SN.

3. Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung (MBU) Die MBU (vgl. LV 1.7 S. 192ff.) soll verhindern, daß der Betrieb durch den Ausfall leistungsstarker Anlagen, insbesondere von Engpaßanlagen einen Unterbrechungsschaden erleidet. Die MBUVersicherung sollen der entgangene Gewinn, aber auch nicht erwirtschaftete Abschreibungen, Löhne, Gehälter abgedeckt werden. Um das Risiko für den Versicherer kalkulierbar zu gestalten, wird die Haftungsdauer begrenzt. Kleinschäden bei kurzer Unterbrechungsdauer sind durch einen Selbstbehalt abzudecken. Die zu zahlende Prämie richtet sich u.a. nach der Reparaturanfälligkeit des Objekts, nach der Reparaturdauer, nach der Ersatzteilhaltung und nach den Reserven. 4. Diebstahlschutz Die Betriebsleitung muß dem Anlagenschutz erhöhte Aufmerksamkeit widmen, da die Zahl an Einbrüchen, Diebstählen und sonstigen Gewaltdelikten eine steigende Tendenz aufweist, wobei die

212

1. Hauptteil: Einführung

Einbrüche häufig mit den modernsten Werkzeugen vorgenommen werden. Als Alternativen für den Anlagenschutz kommen in Frage: 1.) Verwendung von Sicherheitsglas Da ein Drittel der Einbrüche durch die Verglasung in Fenstern, Eingangs- und -terassentüren erfolgt (vgl. Handelsblatt 20/1992, S. 23), ist an leicht zugänglichen Stellen der Betriebsgebäude zur Außenwelt Sicherheitsglas zu verwenden. DIN 52 290 unterscheidet vier Kategorien durchwurfhemmenden, durchbrach-, bzw. sogar sprengwirkungshemmenden Sicherheitsgläsern: • Das Einscheiben-Sicherheitsglas ist als Floatglas auf 6 0 0 ° Celsius erhitzt worden und schockartig abgekühlt worden. Dabei ist im Glas künstlich eine Spannung aufgebaut worden, die es widerstandsfähig macht gegen Stoß-, Schlag- und Biegebeanspruchung. • Das Verbundglas wird aus zwei Floatglasscheiben mit einer Zwischenlage aus reißfester Polyvenylbutyral-Folie hergestellt. Es genügt schon höheren Sicherheitsanforderungen, da beim Zerschlagen des Glases dieses an der Folie hängen bleibt, so daß es eines erheblichen Kraftaufwands bedarf, um eine Öfnnung zu schlagen. • Panzerglas mit einer beschußhemmenden Wirkung entsteht durch mehrere oder dickere Scheiben bzw. durch zusätzliche oder dickere Folien, wobei es zu einer Grünfarbung kommt. • Sicherheits-Isolierglas ist insbesondere bei Verwaltungsgebäuden zu verwenden. 2.) Einrichtung von Sicherheitsanlagen Beim Abschluß von Einbruchdiebstahlversicherungen für den Betrieb werden gewöhnlich Sicherheitsauflagen gemacht: diese reichen vom Einbau bestimmter Schlösser in Türen bis zur Installation von Alarmanlagen an besonders gefährdeten Stellen wie Türen oder niedrigen Fenstern. Alarmanlagen können auf Magnetkontakten, Glasbruchsensoren und auf Bewegungsmelder (durch sog. Passiv-Infrarot-Raumsicherungsgeräte) reagieren und die verdächtigen Signale entweder über automatischen Telefon-Notruf oder über Funk an Wach- und Sicherungsunternehmen weiterleiten, die wiederum die Polizei verständigen. Zusätzlich können auch Signale von Rauch- bzw. Brandschutzmelder übertragen werden. Tresore oder Panzerschränke werden nur dann akzeptiert, wenn sie den Gütebedingungen der Forschungs- und Prüfgemeinschaft Geldschränke und Tresoranlagen e.V." in Frankfürt entsprechen und eine Prüfplakette. 3.) Einbruchdiebstahlversicherung Nach den Allgemeinen Einbruchdiebstahl-Versicherungsbedingungen ( A E B ) leisten die Versicherer Ersatz für Sachen, die durch einen Einbruchdiebstahl gestohlen, dabei beschädigt oder zerstört werden. Als Einbruchdiebstahl wird definiert (vgl. L V 1.101 S. 82), • wenn der Dieb in ein Gebäude einbricht, einsteigt oder mit Hilfe falscher Schlüssel oder Werkzeuge eindringt oder • wenn er in einem Gebäude Türen oder Tresore aufbricht oder • wenn er sich in ein Gebäude einschleicht oder sich einschließen läßt, um nach Arbeitsschluß einen Diebstahl zu begehen - hierzu zählt auch der Diebstahl unter Verwendung echter Schlüssel, wenn diese unrechtmäßig besorgt wurden, Bargeld, Wertpapiere, Urkunden, etc. werden nur dann von der Versicherung erfaßt, wenn sie ordnungsgemäß verschlossen waren. Die Tarife für Diebstahlschutz sehen Prämiennachlässe vor bei Einsatz von besonderen Bewachungsmaßnahmen und von den Versicherern anerkannten Einbruchmeldeanlagen. Die Versicherung deckt nicht den Schaden ab durch einfachen Diebstahl sowie, wenn er durch Personen herbeigeführt wird, die beim Versicherungsnehmer leben, wohnen oder arbeiten, es sei denn, der Diebstahl erfolgt nachts und erfüllt die Umstände eines Einbruchs. Allgemein läßt sich der Mitarbeiterdiebstahl wohl nur durch Abschluß einer Versicherung gegen die Folgen von Vermögensschaden abdecken. Im Versicherungsfall hat sich der Versicherungsnehmer ähnlich zu verhalten wie bei der Gebäudeversicherung, wenn es sich um einen Feuerschaden handelt. Beträgt der voraussichtliche Schaden mehr als 2.000,-DM, muß der Versicherer telefonisch oder telegraphisch benachrichtigt werden. 5. Brandschutz Baulicher Brandschutz wird seit einigen 100 Jahren praktiziert, indem besonders stabile "Brandmauern" gebaut werden, um das Übergreifen von Bränden auf das ganze Gebäude zu verhindern. Automatische Feuerlöschanlagen sind zumindest prinzipiell seit 250 Jahren bekannt. Verheerende Großbrände in den Fünfziger Jahren zeigten, daß diese Systeme jedoch nicht mehr in den großen Fabrikhallen zufriedenstellend funktionieren, so daß seit etwa 30 Jahren die Brandlüftung diskutiert wird, die in den Sechziger Jahren an der Fire Research Station in Boreham Wood, England, in Zusammenarbeit mit einem internationalen Lüftungsunternehmen theoretisch untermauert wurde

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

213

(vgl. LV 1.18a). Danach sollen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen zwei Schutzziele erreichen: den Rauch- und den Wärmeabzug. Denn ohne Brandlüftung wird die vom Brandherd aufsteigende Wärme von der Dachkonstruktion aufgehalten, die sie erhitzt, so daß sie zerstört werden kann. Dadurch können Sekundärbrände entstehen, so daß Rauch und toxische Gase in kurzer Zeit das gesamte Gebäude ausfüllen können, welche die Evakuierung des Personals erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Betriebsschutz Der Betriebsschutz ist in erster Linie Gefahrenschutz; durch durch den Aufenthalt im Betrieb drohen dem Arbeitnehmer besondere Gefahren für Leben und Gesundheit seitens der Anlagen und seitens der Produktionsprozesse (vgl. Abb. 12-44 und 1.2.4.5). Gegen diese Gefahren ist er nach § 120 GewO zu schützen. Für den Arbeitgeber bedeutet dies, • daß er die Betriebsanlagen durch Schutzeinrichtungen unfallsicher machen muß (vgl. 1.2.4.5), • daß er die Betriebsräume und Arbeitsvorrichtungen so gestaltet, daß Berufskrankheiten nicht eintreten, • daß die Betriebsräume im hygienisch einwandfreien Zustand sind, • daß für den Anstand gesorgt ist, z.B. nach Geschlechtern getrennte Umkleideräume und Toiletten (sog. Schutz der Sittlichkeit). Als Gesetze mit technischen Arbeitsschutzbestimmungen sind neben der Gewerbeordnung die Unfallverhütungsvorschrift, die Arbeitsstättenverordnung und die Arbeitsstoffverordnung zu beachten. Daneben sind Querverbindungen zu den §§ 90 und 91 des Betriebsverfassungsgesetzes zu ziehen (vgl. 2.1.1.6), welche eine den Erfordernissen menschengerechter Gestaltung des Arbeitsplatzes fordern und die dazu beitragen sollen, die relativ hohe Zahl der Arbeitsunfälle in Deutschland zu senken. Abb 12-44: Grundelemente der Sicherheitstechnik (nach Shimizu vgl. LV 1.58 Sp. 1780) Sicherheitstechnik

Ausschaltung v. U n s i c h e r faktoren = Entfernung gefährlicher Teile

Mißgriffsichere Einricht.: S y s t e m stoppt fehlerhafte Handhabung

Ausfallsichere Betriebsweise: Störung e i n e s S y s t e m t e i l s o. F o l g e n für d a s Systemganze

Schutzvorrichtungen = Trennung von Gefahr und Menschen

Redundanz = Ausstattung mit Ü b e r kapazität = Backup

Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-42 in Abschnitt 1.7! 1.2.4 Arbeit - Human Resources 1.2.4.0 Einleitung: Bedeutung und Formen der Arbeit Die Arbeit gilt als das vornehmste Gut der Volkswirtschaft und steht im Range vor Boden und Kapital - zumindest in entwickelten Gesellschaften. Die Arbeit unterliegt wie jede soziale Institution im Laufe der Zeit einem Wertewandel. H. Franke und F. Buttler ziehen aufgrund einer Literaturrecherche folgendes Fazit zur Einstellung der Bevölkerung zur Arbeit (vgl. LV 1.23 S. 39f): • Der Arbeitsgesellschaft eröffneten sich in der Zukunft keine düsteren Perspektiven; trotz großem Interesse an mehr Freizeit behalte Arbeit als Symbol für sinnvolle menschliche Tätigkeit ihren Wert, so daß Freizeit keine entscheidene Alternative zur Berufsarbeit bedeute. • Jedoch stiegen die Ansprüche an die Ausgestaltung der Erwerbsarbeit, die nicht mehr nur unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung gesehen werde, sondern ihren eigenen Wert erhalte. Die wissenschaftlich erhärtete Distanzierung von der Erwerbsarbeit habe eher mit diesem Sinneswandel zu tun als mit einem Verall der Arbeitsmoral. • Durch veränderte Organisationsstrukturen und Führungsstile sei der zunehmende Wunsch nach Individualisierung, Selbstbestimmung und Kommunikation zu berücksichtigen, das erhöhte Freizeitbedürfnis und die geforderte Zeitsouveränität durch Arbeitsflexibilisierung.

214

1. Hauptteil:

Einführung

Diese Feststellungen lassen sich erhärten in Form einer Art Negativbeweises an Erfahrungen bei Arbeitslosen (vgl. ebenda S. 40), die, weil sie nicht mehr gebraucht werden, nichts Nützliches mehr leisten können und nicht mehr in der Gruppe eingebunden sind, zu Resignation, sozialer Isolierung, Verlust an Selbstvertrauen sowie zu psychosomatischen Erkrankungen verschiedenster Art tendieren und die mit familiären Spannungen und Konflikten rechnen müssen. Der Abschluß eines Arbeitsvertrages zur Erlangung einer Beschäftigung hat für den Arbeitnehmer beim einem Vollzeitarbeitsvertrag trotz der Arbeitszeitverkürzung in den letzten Jahrzehnten schwerwiegende Folgen; von nun an verbringt er die Hälfte seines aktiven Lebens im oder zumindest für den Betrieb. Im Zuge des Wertewandels ist jedoch die Vollzeitarbeit an einem festen Arbeitsplatz immer weniger das erstrebte Arbeitsziel: • ein Teil der Beschäftigten strebt Teilzeitarbeit an; • ein anderer Teil Zeitarbeit, die mit einem häufigeren Arbeitsplatzwechsel verbunden ist; • ein anderer Teil wiederum einen ausgelagerten Arbeitsplatz etwa in Form der Telearbeit. 1.2.4.1 Arbeitsrechtliche Aspekte Historie und gesetzliche Niederlegung des Arbeitsrechts Zur geschichtlichen Entwicklung des Arbeitrechts in heutiger Sicht ist zu sagen, daß es mit seiner sozialen Komponente erst nach dem Ersten Weltkrieg entstanden ist. Davor herrschte die völlige Vertragsfreiheit, die der bürgerliche Liberalismus gegen die Normen und Zwänge aus mittelalterlicher Zeit, die für ganze Berufsgruppen galten, durchgesetzt hatte - mit zum Teil großen negativen Folgen für die Lohnabhängigen (vgl. 1.1.1.4). Noch nach § 105 der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bunds von 1865 entstand der Arbeitsvertrag in "freier Übereinkunft" zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Das neuartige Arbeitsrecht wurde durch eine Sondergerichtsbarkeit ergänzt, die im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) von 1926 institutionalisiert wurde und die eine Revisionsinstanz im Reichsarbeitsgericht (RAG) besaß. Die inzwischen erreichte soziale Absicherung des Arbeitnehmers stellt jedoch einen erheblichen betrieblichen Kostenfaktor dar und bedroht die Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen in den sog. entwickelten Gesellschaften. Das Arbeitsrecht, das die Begründung, Durchführung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen regelt, ist nicht einheitlicher Natur, sondern es finden sich entsprechende Vorschriften verstreut über das Grundgesetz (GG) etwa in den Artikeln 3, 6, 9, 11, 12 GG, über das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in den §§ 61 lff., über das Handelsgesetzbuch (HGB), über die Gewerbeordnung (GewO), über das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), über das Arbeitszeitrechtsgesetz (ArbZG) - früher die Arbeitszeitordnung (AZO), über das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) etc. Auf dem Arbeitsvertrag baut sich das Arbeitsverhältnis auf, das die Gesamtheit aller Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien beinhaltet, z.B. auch die tarifvertragsrechtlichen Beziehungen. Inhalt und Umfang des Arbeitsvertrags Der Arbeitsvertrag ist im Kern ein gegenseitiger Dienstvertrag. Nach § 611 BGB Abs. 1 "wird derjenige, welcher Dienst zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet" und zwar hat nach § 613 BGB "der zur Dienstleistung Verpflichtete ... die Dienste im Zweifel in Person zu leisten". Für den Dienstpflichtigen gelten folgende (Neben-)Pflichten (vgl. LV 1.6 S. 117f.): • Gehorsamspflicht gegenüber den Weisungen des Dienstherrn; dieser besitzt nach § 121 GewO ein Anweisungsrecht, das sog. Direktionsrecht, das den Arbeitnehmer verpflichtet, den Anordnungen des Arbeitgebers zur Erfüllung der im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses übertragenen Aufgaben Folge zu leisten. Die Gehorsamspflicht wird komplementär zum Weisungsrecht des Arbeitgebers angesehen. W. Zöllner (LV 1.116 S. 119f.) ist dabei der Auffassung: "Mißachtet der Arbeitnehmer eine wirksame Weisung des Arbeitgebers, so verletzt er keine Gehorsamspflicht, sondern er erfüllt seine Arbeitspflicht schlecht oder gar nicht. Damit, daß der Arbeitnehmer sich dem Bestimmungsrecht des Arbeitgebers unterwirft, verpflichtet er sich nicht zum Gehorsam an sich." • Treuepflicht derart, - daß er das ihm anvertraute Arbeitsgerät pfleglich behandelt, - daß er drohenden Schaden für den Betrieb meldet bzw. abwendet, - daß er Betriebsgeheimnisse wahrt, - daß er nach Treu und Glauben einen Wettbewerb zum Dienstherrn unterläßt.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

215

• Meldepflicht von Erfindungen an den Dienstherrn im Falle von Diensterfindungen, die er im Dienst oder mit Hilfe von Betriebserfahrungen macht. • Haftung auf Schadensersatz bei Verschulden in der Diensterfüllung. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (DB 1995, 1179) ist jedoch die Arbeitnehmerhaftung begrenzt: „Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, bei leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht, während bei normaler Fahrlässigkeit der Schaden in aller Regel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer quotal zu teilen ist. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Arbeitnehmer an den Schadensfolgen zu beteiligen ist, richtet sich im Rahmen einer Abwägung der Gesamtumstände, insbesondere von Schadensanlaß und Schadensfolgen, nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtpunkten." Wenn eine Flugbegleiterin bei einer Reise ins Ausland ihren Reisepaß vergesse und die Fluggesellschaft eine Strafe wegen illegaler Einreise zahlen müsse, dann sei dies leichtere Fahrlässigkeit, weil dieser Vorgang zur Routine werde, und der Schaden sei zu quotieren, zumal der Fluggesellschaft mangels Kontrollsystems Mitschulden treffe. • Steuerpflicht, d.h. er hat eine Lohnsteuerkarte beizubringen. • Daneben gibt es Rücksichtspflichten am Arbeitsplatz u.a. kann der Arbeitgeber kraft seines Direktionsrechts ein allgemeines Rauchverbot am Arbeitsplatz erlassen; nach dem Beschluß des EG-Rats vom 18. 7. 1989 ist dadurch der Nichtraucher zu schützen. Die gesetzliche Verpflichtung des Dienstherrn besteht • in der Entrichtung einer -Vergütung postnumerando, also nach der Dienstverrichtung und zwar normalerweise in Inlandwährung gemäiß § 115 Abs. 1 GewO, gelegentlich in Deputaten wie Stellung einer Wohnung, etc., • in einer Fürsorgepflicht gemäß §§ 617-619 BGB, d.h. - er ist zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet, - er hat für hygienische Verhältnisse am Arbeitsplatz zu sorgen, - er hat Park- und Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge bereitzustellen, - er hat dem Arbeitnehmer einen angemessenen Urlaub bei Weiterzahlung des Lohnes zu gewähren, eventuell einen Bildungsurlaub z.B. in Nordrhein-Westfalen nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz oder nach §§ 7, 37 Abs. 6 BetrVG bei Betriebsratsmitgliedern, etc. Immer weniger Bedeutung hat die Unterscheidung zwischen Angestellten und Arbeitern, die erst im 19. Jahrhundert entstanden ist. Jahrzehntelang wurden allerdings in konjunkturellen Tiefs die Arbeiter zuerst freigesetzt. Die Angestellten besitzen nach dem "Angestelltenkündigungsgesetz" von 1926 längere Kündigungsfristen und sie können auch nicht nach dem betrieblichen Direktionsrecht mit Arbeitertätigkeiten betraut werden. Nach §§ 1226ff. Reichsversicherungsordnung (RVO) besitzen Arbeiter und Angestellte unterschiedliche Versicherungsträger. Eine Zwitterposition mit einerseits Arbeitnehmereigenschaft und andererseits Arbeitgeberfünktion nehmen die sog. leitenden Angestellten ein. Sie haben sich in eigenen Berufverbänden organisiert, die wiederum zum Spitzenverband der "Union der leitenden Angestellten (ULA)" zusammengefaßt sind. Nach § 5 Abs. 3 des BetrVG sind sie von der Anwendung dieses Gesetzes ausgenommen, so daß ihre Einstellung, Versetzung und Entlassung nicht der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegt (vgl. auch 2.1.1.6). Ebenso unterliegen leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des BetrVG gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nicht der gesetzlichen Arbeitszeitordnung (früher gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 AZO). Die "Leitenden" nehmen auch eine besondere Position im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung ein (vgl. auch 2.1.1.7). Kündigungsmöglichkeiten und Kündigungsschutz Der Dienstvertrag begründet gewöhnlich ein Dauerschuldverhältnis, das allerdings unter bestimmten Umständen fiir beide Seiten kündbar ist: • Ein auf unbestimmte Zeit eingegangenes Arbeitsverhältnis kann durch ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers beendet werden, für die er keinen sachlichen Grund angeben muß. Er hat sich lediglich an die in § 622 BGB angegebenen Kündigungsfristen zu halten. Erwartet der bisherige Arbeitgeber, daß sein früherer Mitarbeiter seine Kenntnisse nicht für einige Zeit bei einem anderen Unternehmen verwertet, muß er ihn für die Dauer der "Arbeitslosigkeit" finanziell entschädigen. • Eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB ist sowohl bei befristeten wie bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen für beide Seiten möglich, allerdings nur dann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, etwa eine mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängende strafbare Handlung; andernfalls ist sie mangels Rechtsgrund unwirksam.

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1- Hauptteil:

Einführung

Der Gesetzgeber hat in § 1 KSchG einen allgemeinen Kündigungschutz eingeführt, der die ordentliche Kündigung des Arbeitgebers auf bestimmte Fälle einschränkt, um den Arbeitnehmer vor "sozial ungerechtfertigten" Kündigungen schützen, der nach § 23 Abs. 1 KSchG nur für Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten. Das Gesetz kennt drei Arten von positiven Kündigungsgründen an - darüber hinaus gehende Kündigungsgründe, wie gelegentlich in Arbeitsverträgen neben dem absoluten Nebentätigkeitsverbot aufgeführt, sind rechtlich unzulässig: 1.) Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen z.B. zu geringe Anpassungsfähigkeit des Arbeitnehmers; 2.) Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers z.B. verschuldete wie unverschuldete Pflichtverletzungen, wobei der Kündigung eine vorherige Abmahnung des pflichtwidrigen Verhaltens unter Androhung der rechtlichen Folgen im Wiederholungsfall vorauszugehen hat, außer, es legt ein schwerwiegendes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers vor, welches eine unmittelbare Kündigung rechtfertigen kann; 3.) betriebliche Gründe, nämlich "dringende betriebliche Erfordernisse" z.B. Freisetzung aufgrund von Automation, die eine Weiterbeschäftigung verhindern, darunter fallen jedoch nicht willkürliche Rationalisierungen, die gegen jede Vernunft sind. Da der Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen wegen Schlechtleistungen oder sonstigen Pflichtverletzungen dem Arbeitnehmer sofort kündigen kann, hat er ihm durch Abmahnung zu „warnen", d.h. ihn aufzufordern, ein genau definiertes vertragswidriges Verhalten zu ändern; sonst müsse er mit Rechtsfolgen u.a. einer Kündigung rechnen. Die Abmahnung, der eine Warnfunktion zukommt, ist mit folgenden Punkten zu den Personalakten zu nehmen ist (vgl. 3.7.1.5): - eine genaue Kennzeichnung mit Folgen d.h. Schaden des Fehlverhaltens; - eine deutliche Mißbilligung dieses Fehlverhaltens; - eine Ankündigung, daß im Wiederholungsfall das Arbeitsverhältnis gefährdet ist. Als Abmahnungsgründe kommen in Betracht (vgl. LV 7.9 S. 402): - Alkohohlgenuß während der Arbeitszeit trotz Alkoholverbot; - Arbeitsverweigerung bzw. eine erhebliche Zahl von Arbeitsfehlern; - extrem langsame Arbeitserledigung bzw. Nichteinhaltung zugewiesener Arbeitsaufgaben; - Störung des Betriebsfriedens bzw. Unfreundlichkeit gegenüber Kunden; - ungenügende Leistungen bzw. wiederholte Unpünktlichkeit; - unzulässige politische Betätigung im Unternehmen. Basiert die Kündigung auf früheren Abmahnungen, müssen diese jüngeren Datums sein, etwa aus den letzten vier Jahren; ältere Abmahnungen werden gewöhnlich arbeitsgerichtlich nicht anerkannt. Der Arbeitnehmer hat einen Rechtsanspruch darauf, daß fehlerhafte Abmahnungen aus seiner Personalakte entfernt werden, in Sonderfallen auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Will der Arbeitgeber Kündigungen aus betriebswirtschaftlichen Gründen durchführen, den Personalbestand den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen, ist er gemäß § 1 Abs. 3 KSchG in Verbindung mit der Rechtsprechung des BAG zu einer Sozialauswahl verpflichtet: • er muß zunächst prüfen, ob überhaupt dringende Gründe zur Kündigung vorliegen; • sollten Kündigungen unumgänglich sein, ist der Teilnehmerkreis der zu kündigenden Personen zu benennen, - jedoch ist zunächst die Möglichkeit der Beschäftigung auf anderen betrieblichen Arbeitsplätzen unter geänderten Bedingungen zu prüfen, und zwar unter Beachtung der "Zumutbarkeitsanordnung" des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit, - erst dann ist eine Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer nach sozialen Gesichtspunkten vorzunehmen wie Alter, Dienstzeit, Vorhandensein von Kindern etc., dabei kann der Arbeitgeber auch eine Aussonderung verlangen, wenn übergeordnete betriebliche Gesichtspunkte es verlangen. Einen besonderen Kündigungsschutz nach § 15 KSchG genießen besondere betriebliche Funktionsträger wie • Betriebsratsmitglieder, • Jugendvertretungsmitglieder und • Personalratsmitglieder, aber auch • Schwerbehinderte nach §§ 12fF. SchwbG sowie • werdende Müttern nach § 9 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Massenentlassungen bedürfen gemäß § 17 KSchG einer besonderen Anzeigepflicht beim Arbeitsamt und beim Betriebsrat, wobei gemäß § 18 KSchG die Möglichkeit der Einführung einer zeitweiligen Entlassungssperre besteht mit der Einräumung von Kurzarbeit nach § 19 KSchG. Bei der Kündigung von sog. leitenden Angestellten genügt eine rechtzeitige Unterrichtung des Betriebsrats, auch darüber hinaus besitzt der Betriebsrat kein echtes Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen bei normalen Arbeitnehmern, sondern gemäß § 105 BetrVG nur ein Anhörungsrecht, bei dessen Verletzung die Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam ist:

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

217

• Gemäß der Rechtsprechung des BAG hat der Arbeitgeber vor dem Betriebsrat die Gründe der sozialen Auswahl unaufgefordert und ausfuhrlich auszubreiten. • Gemäß § 102 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat fristgerecht zu handeln und begründete Bedenken bei ordentlicher Kündigung innerhalb einer Woche und bei außerordentlichen Kündigungen innerhalb von drei Tagen schriftlich dem Arbeitgeber zukommen lassen. • Erhebt der Betriebsrat Widerspruch gemäß § 102 Abs. 3 BetrVG wird dadurch die Kündigung nicht unwirksam, jedoch besitzt der Mitarbeiter ein Weiterbeschäftigungsrecht, solange der ein eventueller vom Arbeitgeber angestrengter Prozeß beim Arbeitsgericht läuft. • Ein ausgesprochenes Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen kann dem Betriebsrat nach § 102 Abs. 4 BetrVG nur vertraglich eingeräumt werden. Bei Kündigungen können nach § 102 Abs. 3 BetrVG fünf Widerspruchsgründe bestehen: 1. bei der Kündigung wurden soziale Gründe nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt; 2. die Kündigung verstößt gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG (Auswahlrichtlinien); 3. der Gekündigte kann an einem anderen Platz im Unternehmen weiterbeschäftigt werden; 4. die Weiterbeschäftigung ist nach zumutbarer Umschulungs oder Fortbildung möglich; 5. eine Weiterbeschäftigung ist unter geänderten Vertragsbedingungen möglich, zu denen der Arbeitnehmer sein Einverständnis erklärt. Nach Kündigungen seitens des Arbeitnehmers wie seitens des Arbeitgebers hat der Ausscheidende gemäß § 630 BGB ein Anrecht auf ein Arbeitszeugnis. In einem sog. qualifiziertem Arbeitszeugnis, das auf ein ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers auszustellen ist, sind neben Art und Dauer der Beschäftigung Kurzfassungen der Inhalte der Beschäftigungen, Beurteilungen des Fachwissens, der Leistungen, Initiative und Einsatzbereitschaft sowie Angaben über Weiterbildungen abzugeben (vgl. u.a. LV 7.8 S. 122ff.). Anstelle einer Kündigung bzw. parallel zur Kündigungsschutzklage kann auch ein Auflösungsantrag gegen Abfindung treten. Bei der Bemessung der Abfindung sind Lebensalter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensstand des Arbeitnehmers, aber auch die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Der Arbeitnehmer kann dann mit 12 - 1 8 Monatsverdiensten als Abfindung rechnen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-43 in Abschnitt 1.7!

1.2.4.2 Tarifvertrag und Tarifkonflikt Historie des Koalitionsrechts Seit dem sich der wirtschaftliche Liberalismus im westlichen und mittleren Europa durchgesetzt hatte, herrschte grundsätzlich Vertragsfreiheit auch bezüglich der Arbeitsverträge. Zu welchem Nutzen jedoch der abgeschlossene Arbeitsvertrag war, hing weitgehend von den Bedingungen ab, zu denen er abgeschlossen wurde. Und diese Bedingungen wurden von der Seite mit der größeren wirtschaftlichen Macht diktiert - gewöhnlich von der kapitalbesitzenden Seite. Die ihre Arbeitskraft anbietenden Individuen versuchten durch Zusammenschlüsse, Koalitionen genannt, schon von je her ihre eigene Machtposition zu verbessern. Doch eben so alt sind die Koalitionsverbote des Staats; schon das Preußische Landrecht von 1794 enthielt den Passus: "Die Gesellen machen unter sich keine Kommune oder privilegierte Gesellschaft aus". In der Preussischen Gewerbeordnung von 1845 wurde dieses Koalitionsverbot von den Handwerkern auf die Industriearbeiter ausgedehnt und die Durchführung eines Streiks mit Gefängnis bis zu einem Jahr bedroht. Die kurzlebige deutsche Bürgerliche Revolution von 1848 gewährte in den "Grundrechten des deutschen Volkes", die von der Frankfurter Nationalversammlung beschlossen wurden, das Koalitionsrecht. Es bildeten sich spontan "Verbrüderungen", die jedoch schon bald wieder unterdrückt und aufgelöst wurden. Die Arbeitnehmer profitierten jedoch von der schnell voranschreitenden Industrialisierung und von gewissen politischen Divergenzen bei den herrschenden Schichten, so daß schon in § 152 der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bunds von 1865 das Koalitionsverbot aufgehoben wurde: "Alle Verbote und Strafbestimmungen gegen Gewerbetreibende, Gewerbegehülfen, Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Verabredungen und Vereinbarungen zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittelst Einstellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter, werden aufgehoben." Dies galt auch für die spätere Reichsgewerbeordnung, wenn auch im Gefolge des Sozialistengesetzes von 1878 noch einige Vereinigungen aufgehoben wurden. Der

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1. Hauptteil:

Einführung

Durchbruch zum staatlich anerkannten koalitionsmäßig ausgehandelten Tarifvertrag, wobei unter Tarif generell ein verbindliches Verzeichnis von Gebühren für bestimmte Leistungen zu verstehen ist, erfolgte erst mit der Tarifvertragsordnung vom 23. 12. 1918. Zuvor, am 15. 11. 1918, hatten die Spitzenverbände der Arbeitgeber zur Abwehr revolutionärer Tendenzen mit den Gewerkschaften das sog. Zentralarbeitsgemeinschaftsabkommen beschlossen, das neben dem Koalitionsrecht, dem Abschluß von Tarifverträgen in allen Wirtschaftszweigen auch schon den Acht-Stunden-Tag postulierte. In der nationalsozialistischen Zeit trat an die Stelle der Tarifvertragsordnung das Arbeitsordnungsgesetz, nach dem Reichstreuhänder der Arbeit Tarifordnungen erlassen konnten. Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft wurde am 9. 4. 1949 ein neues Tarifvertragsgesetz (TVG) geschaffen, das durch Bundesgesetz vom 23. 4. 1953 für das gesamte Bundesgebiet Geltung erlangte. Es wird gestützt durch Art. 9 Abs. 3 GG: „Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die diese Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig." Grundlagen des Tarifvertrags Nach gültigem Recht ist der Tarifvertrag ein in schriftlicher Form abzuschließender Vertrag zwischen den Tarifpartnern. Er dient zur Festsetzung arbeitsrechtlicher Normen und zur Regelung der Rechte und Pflichten der Tarifparteien zueinander. TarifFähig sind auf der Auftraggeberseite die Arbeitgeberverbände, durch Einzelpersonen geführte Unternehmen wie auch einzelne Personenoder Kapitalgesellschaften. Auf der Arbeitnehmerseite besitzen die Gewerkschaften ein Tarifmonopol, wobei die Gewerkschaften in Westeuropa nach dem Industrieverbandsprinzip organisiert sind d.h. ein Betrieb - eine Gewerkschaft, während in den angelsächsischen Ländern Berufsverbandsprinzip gilt, so daß für einen Betrieb mehrere Gewrkschaften in Frage kommen, die unabhängig von einander Kampfmaßnahmen beschließen können. Die Arbeitgeberverbände schließen die sog. Verbandstarife ab, einzelne Arbeitgeber den sog. Haustarif, auch Werks- oder Firmentarif genannt. Diese Tarifverträge sind in das Tarifregister einzutragen, das beim Bundesarbeitsminister geführt wird, und gewinnen dadurch Gesetzeskraft.Tarifverträge unterscheiden sich nach dem Inhalt: •der Lohn- und Gehaltstarifvertrag regelt als Entgelttarifvertrag die Vergütungen der Arbeitnehmer, •der Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag regelt die Gestaltung der Vergütung: Lohnarten/gruppen; •der Manteltarifvertrag regelt die Arbeitsbedingungen wie Arbeitszeit, Urlaub, etc.; • sonstige Tarifverträge regeln vermögensbildende Leistungen, Rationalisierungsschutz, etc. Zu den den normativen Bestimmungen des Tarifrechts zählen u.a. • das Günstigkeitsprinzip, nach dem die tariflichen Bedingungen Mindestbedingungen sind, so daß alle betrieblichen Vereinbarungen, welche den Arbeitnehmer ungünstiger stellen, verboten sind, • das Bindungsprinzip für den ganzen Wirtschaftszweig, bei gemischten Betrieben entscheidet der überwiegende Betriebszweck, • der Grundsatz der Tarifeinheit, danach gilt der Tarifvertrag auch für berufsfremde Mitarbeiter im Betrieb, durch die Allgemeinverbindlichkeitserklärung auf Antrag einer Tarifpartei kann der Geltungsbereich des Tarifrertrags durch eine Verfügung der Verwaltungsbehörde auch auf Außenseiter wie bisher nichtgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausgedehnt werden. Im schuldrechtlichen Teil des Tarifvertrags verpflichten sich die Tarifvertragsparteien gegenseitig zur Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen im Sinne des BGBs, vor allem • zur Friedenspflicht, nach der die Tarifparteien den Arbeitsfrieden zu wahren haben, wodurch sich alle Maßnahmen ausschließen, die sich gegen den Bestand des Tarifvertrags richten, • zur Einwirkungspflicht, wonach sich beide Tarifvertragsparteien verpflichten, die Verbandsmitglieder zur Einhaltung der tariflichen Vereinbarungen anzuhalten. Tarifrunde und Arbeitskampf Tarifrunde bezeichnet den Vorgang, der vom Ende des alten Tarifvertrags durch Kündigung der Tarifparteien bis zum neuen Tarifvertrag fuhrt, wobei die die Kündigung gewöhnlich mit Forderungen verbunden ist. Von der Gegenpartei wird darauf bezugnehmend e in Gegenangebot erwar-

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

219

tet. Für die Verhandlungsfuhrer besteht eine konfliktäre Position, da sie einerseits unter dem Erwartungsdruck ihrer Mitglieder stehen, andererseits mit der Gegenpartei zu einem Ergebnis kommen müssen. Die Konfliktlösung läßt sich durch ritualisiertes Verhalten herbeiführen mit oder ohne Einsatz von Arbeitskampfmitteln. Als Arbeitskampfmittel besitzen die Arbeitnehmer Streik und Boycott, wobei beim Streik mehrere Arbeitnehmer gemeinsam und gleichzeitig die Arbeit niederlegen. Die Arbeitgeber können mit der Aussperrung kontern, welche die gleichzeitige Entlassung mehrerer Arbeitnehmer bedeutet in der Absicht, sie nach Beendigung des Arbeitskampfes wiedereinzustellen. Nach höchstrichterlicher Entscheidung ist die Angriffsaussperrung ohne vorliegenden Streik nicht erlaubt. Das Streikrecht zur Durchsetzung günstigerer Lohnund Arbeitsbedingungen ist durch Art. 9 GG zwar nicht ausdrücklich gewährleistet, aber auch nicht ausdrücklich verboten. Der Streik beendet ein Arbeitsverhältnis nicht, sondern er suspendiert es nur. Der Streik ist nur rechtmäßig, wenn er von tariffähigen Partnern durchgeführt wird. Zur Erleichterung der Konfliktbereinigung ist 1954 in Deutschland im sog. Margarethenhof-Abkommen zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden ein umfassendes Schlichtungsabkommen vereinbart worden, das zur Anwendung kommt, wenn zumindest eine der Tarifparteien die Tarifverhandlungen für gescheitert erklärt, und das vor Beendigung des Schlichtungsverfahrens ausgesprochene Kampfmaßnahmen unzulässig macht. Die Schlichtungsstelle besteht gewöhnlich aus einem Vorsitzenden und mehreren Beisitzern, die von den Parteien benannt werden. Bei den Schlichtungsverhandlungen wird zunächst versucht, eine Annäherung der Standpunkte beider Parteien herbeizuführen und den Konflikt so auf direktem Weg zu lösen. Gelingt dies nicht, erarbeitet die Schlichtungsstelle unter Anhörung beider Parteien einen Schlichtungsvorschlag, der erst wirksam wird, wenn beide Seiten ihn akzeptieren; denn es gibt in Deutschland keine Zwangsschlichtung von Staats wegen, eher wird sich in einem schweren Arbeitskampf ein angesehener Politiker um Vermittlung bemühen. Der Arbeitskampf (Streik, Aussperrung, Boycott, etc.) ist als letztes Mittel gedacht, wenn auch der Schlichtungsversuch für gescheitert erklärt orden ist. Er darf sich auch nur auf tarifvertragliche Ziele richten und die Tarifparteien sind verpflichtet, alle Verhandlungsmöglichkeiten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mitteln auszuschöpfen. Ein "wilder" Streik, der nicht von der Gewerkschaft gebilligt ist, ist rechtswidrig. Der Arbeitgeber erhält dadurch die Berechtigung, die Beteiligten nach wiederholter Mahnung fristlos zu entlassen. Der legale Streik ist ohne Gewaltanwendung durchzufuhren. Während der Streikzeit besteht kein Lohnanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Eine Urabstimmung mit mindestens 75% Zustimmung der abstimmungsberechtigten Mitglieder muß dem Streikbeschluß vorausgehen. Der Hauptvorstand einer Gewerkschaft bestimmt über den Streikbeginn, jedoch ist er nicht an das Ergebnis der Urabstimmung gebunden. Kurze "Warnstreiks", die gewöhnlich stattfinden, wenn die Verhandlungen zwischen Tarifvertragsparteien noch nicht gescheitert sind, gelten laut Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von 1976 nicht als "wilde Streiks". Neben dem Streik gibt es noch leistungsmindernde Arbeitskampfmaßnahmen wie"Dienst nach Vorschrift", "Sick-out" d.h. häufiges Krankmelden. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-44 in Abschnitt 1.7! 1.2.4.3 Arbeitsschutz - Arbeitszeitordnung Historie des Arbeitsschutzes Seit Beginn des Neunzehnten Jahrhunderts und der Industriellen Revolution sucht eine sich ständig weiter verstärkende Arbeitsschutz- und Sozialgesetzgebung Raubbau an der menschlichen Arbeitskraft zu verhindern und die Arbeit wie die Arbeitsumgebung zu humanisieren, d.h. sie höher sich entwickelnden menschlichen Ansprüchen anzupassen (vgl. auch LV 1.57a S. 370): • England machte 1802 mit der "Moral and Health Act" die 12-stündige Arbeitszeit zur (Höchst-) Norm; im Frühkapitalismus waren 12-16-stündige Arbeitstage bei einer sechstägigen Arbeitswoche die Regel. 1847 folgte der "Ten-Hours-Act". • Die Historie der Arbeitsschutzgesetzgebung im deutschen Raum beginnt mit dem preußischen "Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Bergwerken und Fabriken" von 1839, mit dem die Beschäftigung von Kindern unter neun Jahren überhaupt und die von Jugendlichen bis sechzehn Jahren über zehn Stunden am Tag verboten wurde. Der profane Grund für dieses Re-

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1. Hauptteil:

Einführung

gulativ lag in der Tatsache, daß es in den westlichen Provinzen Preußens nicht mehr genügend gesunde Rekruten gab. • Im Regulativ von 1853 wurde Arbeit von Jugendlichen unter 12 Jahren verboten. • Die Preussische Gewerbeordnung von 1845 untersagte die Nachtarbeit für Frauen, legte ihre Höchstarbeitszeit auf 10 Stunden sowie auf 8 Stunden an Tagen vor Sonn- und Feiertagen fest. • Mit Gesetz vom 1878 wurde die Fabrikinspektion eingeführt, dem Beginn der heutigen Gewerbeaufsicht. • Die Regelungen von 1900 dienten dem Gesundheits- und Sittlichkeitsschutz des "Dienstver-pflicteten". • Reichsversicherungsordnung von 1911 zur Unfallverhütung, erste Hilfe/medizinische Betreuung. • 1934 entstanden das Heimarbeitsgesetz, das Jugendschutzgesetz. • 1938 die Arbeitszeitordnung mit Begrenzungen der täglichen Arbeitszeit, mit Pausenregelungen. • 1942 das Mutterschutzgesetz mit Beschäftigungsverboten und Beschränkungen bei besonderen Arbeitsformen und Umgebungsbedingungen. • Neuere Arbeitsschutzgesetze: Tarifvertragsgesetz und Betriebsverfassungsgesetz mit Mitbestimmungsregelungen zum Arbeitsschutz und zur Arbeitsgestaltung; Schwerbeschädigtengesetz; Jugendarbeitsschutzgesetz; Mutterschutzgesetz; Gesetz über technische Arbeitsmitte! mit Regelungen zum "Nutzerschutz" nach dem Stand der Technik; Verordnung über gefährliche Arbeitsstoffe, geändert 1975; Schwerbehinderten- und Heimarbeitsänderungsgesetz; Gesetz über Arbeitsstätten mit Regelungen zur Zielvorgabe günstiger Arbeitsbedingungen; Chemikaliengesetz und Neufassung der Arbeitsstoffverordnung; Arbeitszeitrechtsgesetz mit Tendenzen zur Deregulierung der Arbeitszeiten. Während es bei den ersten Gesetzgebungsakten zum Arbeitsschutz um die Mißbrauchsbeschränkung bei der menschlichen Arbeitskraft ging, strebten spätere Gesetzgebungen vor allem danach, stärkere gesetzliche Rahmenbedingungen zur organisatorischen Durchsetzung des Arbeitsschutzes im Betrieb zu schaffen. Die EU-Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie sollte bis zum 31. 12. 1992 in nationales Recht umgesetzt sein unter der Berücksichtigung von fünf Kernanforderungen 1. Gleiches Arbeitsschutzrecht für alle Arbeitenden, weil weite Teile des Öffentlichen Diensts bisher vom Arbeitsschutz ausgeschlossen waren. 2. Ganzheitliches Gesundheitsverständnis als Schutzziel, um nicht nur physikalische, sondern - etwa im Rahmen der Humanisierung der Arbeit - auch psychosoziale Belastungen zu erfassen. 3. Einheitliche Arbeitgeberpflichten, um eine generelle Einbindung des Arbeitsschutzes in alle Betriebsbereiche, eine Vermeidung von Gesundheitsrisiken und eine durchgängige Bindung der Qualität der Maßnahmen an den Stand der Technik zu erreichen. 4. Systematisierung des betrieblichen Arbeitsschutzes, um auf der Grundlage von schriflichen Gefährdungsbeurteilungen und der Bewertung von deren Wirksamkeit eine flächendeckende Systematik für die gesamte betriebliche Arbeitsschutztätigkeit zu erzielen anstelle punktueller Vorschriften. 5. Durchgängige Beratung durch Präventivdienste, um die Arbeitgeber zu einer fachlichen Beratung durch sog. Präventivdienste zu verpflichten, bei denen sie über den neuesten Stand von Wissenschaft und Technik auf dem Gebiet der Arbeitsplatzgestaltung informiert, wobei die Erkenntnisse an den Betriebsrat weiterzuleiten sind, um auch den Absentismus zu mindern (vgl. 1.2.4.5). TOP-Modell zur Realisierung des Arbeitschutzes Die Bezeichnung TOP-Modell des Arbeitsschutzes resultiert aus den drei Grundvoraussetzungen des Arbeitsschutzes, welche zueinander im engen Zusammenhang stehen (vgl. LV 1.57a S. 383ff): T = technische Voraussetzungen: konstruktivisch-technische Mittel zur Unfallverhütung sollen eine sicherheitsgerechte Gestaltung der materiellen Umwelt bewirken, wobei zwischen - Gefährdungen durch mangelnde Funktionssicherheit der Maschine, die eventuell durch Redundanz d.h. Mehrfachauslegung oder durch größere räumliche Entfernung zwischen Arbeitsojekten und Mensch wie auch durch Abdeckung der Gefährdungselemente behoben werden kann, und - Gefährdungen durch das zur Anwendung kommende Verfahren etwa Quetschgefahr durch mechanische Energie, gefährliche Chemikalien, gefährliche Oberflächeneigenschaften wie Scharfkantigkeit, elektrische oder akustische Energie zu unterscheiden ist. O = organisatorische Voraussetzungen: ein organisatorisch-funktionell sicheres Systemgefüge tendiert zur Unfallfreiheit durch stömncsfreie Umstände und Abläufe mit erzwuneen gefahrlosen

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

221

optimalen Wirkungszusammenhang, wozu vor allem eine klare Abgrenzung von Aufgaben und Kompetenzen im Betrieb erforderlich ist. P = persönliche Voraussetzungen: der Mensch trägt als Einzelner kollektiv durch sein Verhalten zur Sicherheit bei; bei 70% aller Fehlhandlungen wird ein Risiko trotz Kenntnis der Gefahr eingegangen, bei 20% aller Fehlhandlungen handelt es sich um Berufsanfänger, bei 10% aller Fehlhandlungen war Ablenkung, Überforderung, mangelnde Eignung oder Ermüdung der Grund. Ziele und und gesetzliche Struktur des Arbeitsschutzrechts Arbeitsschutz soll Gefahren im Betrieb abhalten und so menschliche Arbeitskraft erhalten. Das Arbeitsschutzrecht, in erster Linie Arbeitnehmerschutzrecht, basiert auf einem rechtlichen Dualismus: • einmal besitzt es öffentlich-rechtlichen Charakter, sofern es um Regelungen geht, deren Einhaltung behördlicher Überwachung unterliegt, und • zum anderen sind Teile privatrechtlicher Natur z.B. die Regelungen des Kündigungsschutzes, die das Individuum selbst verfolgen muß, wenn das Kündigungsverhalten des Arbeitgebers in Zweifel zu ziehen ist. Generell stellen Arbeitsschutzgesetze rechtliche Normen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar, deren Verletzung dem Arbeitnehmer Schadensersatzanspruch gibt, der allerdings bei einem Arbeitsunfall gemäß § 636 Reichsversicherungsordnung meistens ausgeschlossen ist. Daneben besteht ein struktureller Dualismus: A. Gesetze mit technischen Arbeitsschutzbestimmungen zum Betriebsschutz (vgl. 1.2.3.6): I. Gewerbeordnung mit der Verpflichtung des Arbeitgebers, Arbeitsräume, Betriebsvorrichtungen, Maschinen und Geräte so einzurichten, daß ein gefahrloser Betrieb möglich ist; II. Unfallverhütungsvorschrift mit der Verpflichtung des Arbeitgebers, ab einer bestimmten Arbeitnehmerzahl Sicherheitsingenieure oder andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit zur Umsetzung und Einhaltung der betreffenden Vorschriften einzustellen; HI. Arbeitsstättenverordnung mit der Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeitsstätten so bereitzustellen, daß sie den anerkannten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen und hygienischen Forderungen entsprechen; IV. Arbeitsstoffverordnung zum Schutze der Arbeitenden vor den Gefahren, die durch den Umgang und die Verarbeitung von gesundheitsgefährdenden Stoffen entstehen. B. Gesetze mit personalen und sozialen Arbeitsschutzbestimmungen I. Frauenschutz Ein besonderer Arbeitsschutz wird den Frauen aufgrund ihrer schwächeren Konstitution gewährt und wegen besonderer biologischer Aufgaben: 1. Es bestehen Beschäftigungsverbote für Frauen u.a. im Bergbau, in Hochofen- und Stahlwerken, in Bleihütten, in Ziegeleien. 2. Der Schutz der werdenden und stillenden Mutter ist im Mutterschutzgesetz geregelt. Er betrifft die Gestaltung des Arbeitsplatz, die Art der Betätigung und Schutzfristen vor und nach der Entbindung. 3. Das bisherige Nachtarbeitsverbot für Frauen ist aufgehoben worden vom Bundesverfassungsgericht (AZ 1 BVR 1025/82 vom 28. 1. 1992) mit der Begründung, es verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG), wonach Männer und Frauen gleichberechtigt sind, zumal die Durchsetzung des Nachtarbeitsverbots durch Bußgelder und Gerichtsurteile die Betroffenen in ihrem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 GG verletze, und zwar in Anlehnung an ein Urteil des Europäischen Gerichtshof von 1991, wonach das gesetzliche Verbot gegen Nachtarbeit gegen die Richtlinie der EU zur Verwirklichung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen verstoße: • die arbeitsmedizinische Forschung ergebe keine gesicherten Anhaltspunkte für die Annahme, daß Arbeiterinnen wegen ihrer Konstitution stärker durch Nachtarbeit leiden müssen als Männer; • auf keinen Fall seien traditionale Rollenverteilungen durch staatliche Maßnahmen zu verfestigen; • eine allgemeine Schutzbedürftigkeit der Frauen u.a vor Gefahren, denen Frauen nachts auf den Straßen ausgesetzt sein könnten, sei zu verneinen;

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1. Hauptteil:

Einführung

• ein Verbot der Nachtarbeit halt, Familie und mangelnden • Frauen dürften nicht durch lensuche, bei der Ausbildung, über die Arbeitszeit.

könne auch nicht sozialspezifisch auf zusätzliche Belastung HausSchlaf gestützt werden; das Verbot der Nachtarbeit nicht benachteiligt werden bei der Steldurch Verzicht auf Nachtzuschläge und durch die freie Disposition

II. Jugendschutz Die Eingliederung von Jugendlichen in den Arbeitsprozeß birgt gesundheitliche und seelische Gefahren für diese noch in Entwicklung begriffenen Menschen. Deshalb greifen die Schutzregelungen des JArbSchG vom 12. 4. 1976 vor allem auf folgenden Gebieten: 1. Verbot der Kinderarbeit unter 15 Jahre (§ 7 JArbSchG). 2. Verbot von Beschäftigungen, welche die Leistungsfähigkeit von Jugendlichen überschreiten z.B. Untertagearbeit, Akkordarbeit, Fließbandarbeit. 3. Ärztliche Untersuchung vor Arbeitsbeginn. 4. Gewährung von Zeit zur Erfüllung der Berufschulpflicht (§ 13 JSchG). OH. Schwerbehindertenschutz Im Rahmen seiner sozialen Aufgabe unterstützt der Staat die körperlich-geistigen Schwerbehinderten bei ihrer Eingliederung in das Arbeitsleben. Das Schwerbeschädigtengesetz (SchwbG) legt den öffentlichen und privaten Auftraggebern bestimmte Beschäftigungsquoten auf, gibt gewissen Arbeitsschutz und gewährt Kündigungsschutz. IV. Datenschutz Nach § 1 des Bundesdatenschutzgesetzes von 1977 muß der Betrieb dem Mißbrauch personenbezogener Daten bei der Speicherung, Übermittlung, Veränderung und Löschung entgegenwirken. Die Novelle vom 20. 12. 1990, die ab dem 1. 6. 1991 in den alten Bundesländern gilt, hatte zur Zielsetzung, die Forderungen des "Volkszählungsurteils" des BVGs vom 15. 12. 1983 hinsichtlich des höchstrichterlich festgestellten auf informationelle Selbstbestimmung, zu verwirklichen. Das BVG hatte dieses Recht aus dem grundgesetzlichen Schutz der Menschenwürde abgeleitet (Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG) und dabei gefolgert: "Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden." Von dieser informationellen Selbstbestimmung ist jedoch im neuen Datenschutzgesetz wenig zu spüren; in § 28 Abs. 1 BDSG heißt es lediglich in Anlehnung an Art. 5 der Europaratskonvention zum Datenschutz von 1981: "Die Daten müssen nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Art und Weise erworben werden." V. Arbeitszeitschutz Das Arbeitszeitrechtsgesetz gibt dem Arbeitnehmer einen öffentlich-rechtlichen Schutz vor gesundheitlichen Gefahren und vor der Einengung der für seine Persönlichkeitsentfaltung erforderlichen Freizeit. Das Arbeitszeitrechtsgesetz von 1994 ersetzt die Arbeitszeitordnung aus dem Jahre 1938 sowie die bisher in der Gewerbeordnung enthaltenen Vorschriften zur Sonn- und Feiertagsruhe unter der politischen Zielsetzung der Deregulierung des Arbeitsrechts, welche den geänderten Wettbewerbsbedingungen infolge der Globalisierung der Weltwirtschaft stärker Rechnung tragen und den Unternehmen von Fall zu Fall längere Maschinenlaufzeiten sicherstellen soll, als bisher möglich war (vgl. 1.4.2.3, 1.2.4.7, 4.3.1.4b). Dies wird angekündigt in § 1 ArbZGNr. 1, wonach "die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern"sind. Entsprechend hebelt § 3 ArbZG den schon seit der Demobilisierungsverordnung von 1918 grundsätzlich geltenden 8Stunden-Tag aus: "Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden." Hierdurch ist maximal eine 60-Stunden-Woche möglich. Darüber hinaus eröffnet § 7 Abs. 1 ArbZG weitergehende Regelungen etwa, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig "regelmäßig und im erheblichen Umfang Arbeitsbereitschaft fällt". Diese Flexibilisierungen dienen • zum Beschäftigungsausgleich vor allem bei gewissen Branchen mit stark saisonalen Schwankungen wie dem Einzelhandel, der Gastronomie und dem Baugewerbe - allerdings müssen dazu noch die Tarifverträge angepaßt werden - und

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

223

• zur Kostensenkung praktisch allen Unternehmen, da gleichzeitig der gesetzliche Mehrarbeitszuschlag weggefallen ist. Ob starke flexible Nutzung der Arbeitszeit sich für die Unternehmen - langfristig - im Einzelfall auszahlt, kann sich als fraglich erweisen: • eine 60-Stunden-Woche bedeutet extreme Arbeitsbelastung, übersteigt medizinischen und arbeitswissenschaftlichen Mindeststandards und führt deshalb leicht zum Raubbau an der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer; • es muß eine genaue Zeiterfassung erfolgen, da bei einem Ausgleichsverstoß Bußgeld gemäß § 22 ArbZG zu zahlen ist bzw. gemäß § 23 ArbZG eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bei vorsätzlicher oder wiederholter Arbeitszeitverletzung etwa des 48-Stunden-Durchschnitts droht. Nach herrschender Meinung (Bundesarbeitsgericht vom 18. 8. 1987) steht den Betriebsparteien jedoch keine originäre Regelungskompetenz über die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit zu, so daß tarifvertraglich soweit alles zu regeln ist, daß den Betriebsparteien nur noch ein enger Handlungsspielraum bleibt. Nach § 4 ArbZG stehen den Arbeitnehmern bei einer Arbeitszeit von 6 - 9 Stunden 30 Minuten und bei einer Arbeitszeit von über 9 Stunden 45 Minuten Arbeitspause zur Verfügung. Dabei dürfen die Arbeitnehmer nicht über sechs Stunden hintereinander beschäftigt werden, andererseits können die Pausen in 15-Minuten-Zeitabschnitte aufgeteilt werden, da kürzere, aber häufigere Pausen erkanntermaßen einen höheren ErholungsefFekt besitzen. Zudem müssen die Pausen im voraus feststehen. Wie schon bei der AZO müssen gemäß § 5 Abs. 1 ArbZG "nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben". Bei der Krankenhauspflege kann diese Zeitspanne um eine Stunde verkürzt werden, wobei Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft wie Arbeit anzusehen sind und nicht mit der Ruhezeit zusammengelegt werden dürfen (Abs. 2 und 3). Abs. 4 stellt sicher, daß für Kraftfahrer und Beifahrer nach den Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft geringere Mindestruhevorschriften zulässig sind. Mit den Schutzvorschriften für Nachtarbeit in § 6 ArbZG kommt der Gesetzgebervor allem der Forderung von Art. 2 Abs. 2 GG nach körperlicher Unversehrtheit des Arbeitnehmers, aber auch anderen ethischen Grundsätzen wie der familiären Fürsorgepflicht nach: • § 6 Abs. 1 ArbZG verlangt, daß "die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer...nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen" ist, anderenfalls steht dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht zu. • Nach Abs. 2 darf "die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer...acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden." • Abs. 3 gibt den Nachtarbeitnehmern das Recht, sich in dreijährigen Zeitabständen arbeitsmedizinisch untersuchen zu lassen, ab dem vollendeten fünfzigsten Lebensjahr sogar jährlich, normalerweise von Betriebsärzten. Etwaige anfallende Kosten wie Anfahrtkosten zu fremden Ärzten, Verpflegungskosten, etc. trägt der Arbeitgeber. • Nach Abs. 4 muß der Arbeitgeber den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen geeigneten Tagesarbeitsplatz umsetzen, - wenn nach arbeitsmedizinischer Feststellung weitere Nachtarbeit für ihn gesundheitsgefährdend ist, - wenn in seinem Haushalt ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, - wenn in seinem Haushalt ein schwerpflegebedürftiger Angehöriger zu versorgen ist. Bei Einwendungen des Arbeitgebers bei "dringenden betrieblichen Erfordernissen" ist der Betriebsbzw. Personalrat anzuhören, der Vorschläge zur Umsetzung unterbreiten kann. • Abs. 5 sichert dem Nachtarbeitnehmer für die Nachtarbeit eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das Bruttoarbeitsentgelt zu, sofern tarifvertragliche Regelungen fehlen und • Abs. 6 "den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiterbildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen...wie die übrigen Arbeitnehmer". • § 9 ArbZG Abs. 1 legt fest, daß "Arbeitnehmer , an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nicht beschäftigt werden (dürfen) ." Dazu bringt § 10 ArbZG eine kasuistische Regelung von Ausnahmen von Not- und Rettungsdiensten bis zu Tätigkeiten zur Vermeidung einer Zerstörung oder erheblichen Beschädigung von Produktionseinrichtungen. Dabei müssen jedoch gemäß § 11 Abs. 1 ArbZG mindestens 15 Sonntage im Jahr beschäftigungsfrei bleiben. Doch sind Abweichungen auch von dieser Regelung möglich (§§12 und 14 ArbZG), wobei die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnungen regulierend eingreifen kann (§ 13 ArbZG).

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1.Hauptteil:

Einführung

• Nach § 13 Abs. 5 ArbZG ist die Aufsichtsbehörde ermächtigt und sogar verpflichtet, Sonntagsarbeit aus wirtschaftlichen gründen zuzulassen, wenn andernfalls die Konkurrenzfähigkeit gegenüber dem Ausland unzumutbar beeinträchtigt wird. Durchführung und Grenzen des Arbeitsschutzes Die Durchführung der betrieblichen Arbeitsschutzpflichten ist bestimmten Organen zugeordnet: 1. Betriebsexterne Organe. Hierzu zählen die Gewerbeaufsichtsämter, Bergämter, Aufsichtsbeamte der Berufsgenossenschaften und staatliche Gewerbeärzte. 2. Betriebsinterne Organe. Durch Gesetz oder Verordnung sind im Betrieb eine Reihe teilzeitlicher oder vollzeitlicher Stellen einzurichten neben Betriebsärzten nach §§ 2ff. Arbeitssicherheitsgesetz (ArbSichG) eine Reihe von Beauftragten: den Datenschutzbeauftragten (§§ 28ff. BDSG); den Beauftragten für Arbeitssicherheit (§§ 5ff. ArbSichG und § 719 RVO); den Schwerbehindertenbeauftragten (§ 25 SchwbG); den Strahlenschutzbeauftragten (§§ 29 ff. StrahlenschutzVO). Gewisse Grenzen des gesetzlichen Arbeitsschutzes sind darin zu sehen, • daß er in Kleinbetrieben nicht leicht durchsetzbar ist, • daß er sich nicht immer maßgeschneidert an spezifischen Belangen der Betriebe orientiert und • daß er wegen des technischen Fortschritts stets hinter der betrieblichen Realität herhinkt. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-45 in Abschnitt 1.7! 1.2.4.4 Sozialrechtliche Aspekte der Arbeit Historie der Sozialversicherung und Sozialgesetzgebung Als der englische Astronom Edmond Halley erstmals nach dem Zahlenmaterial der Breslauer Kirchenbücher eine brauchbare Sterbetafel aufstellte, konnte sich ab Mitte des 18. Jahrhunderts die moderne Lebensversicherung auf mathematisch-statistischer Grundlage entwickeln. Mathematischbasiert Versicherungsbetriebe lösten nach 1800 die vorhandenen ohne exakte Kalkulation arbeitenden Witwen-, Waisen-, Heirats- und Sterbekassen ab. Die von Bismarck konzipierte deutsche Sozialgesetzgebung nahm ihren Anfang mit der kaiserlichen Botschaft vom 17. 11. 1881. Primär war sie dazu gedacht, der Sozialdemokratie auf sozialpolitischem Feld das Wasser abzugraben, nichtsdestoweniger übte sie weltweit eine Pilotfunktion aus. Das erste realisierte Sozialgesetz war das Krankenversicherungsgesetz vom 15. 6. 1883. Es folgte das Unfallversicherungsgesetz für die Industrie vom 6. 7. 1884 und schließlich das Gesetz zur Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22. 6. 1889. Diese Gesetze wurden später durch die Reichsversicherungsordnung von 1911/1924 zusammengefaßt und durch eine Hinterbliebenenversorgung ergänzt. Die Sicherung im Krankheitsfall wurde durch das Lohnfortzahlungsgesetz (LFG) vom 27. 7. 1969 verbessert und 1972 kam das Rentenreformgesetz. Die Angestelltenrentenversicherung (AVG) wurde 1924 von der Arbeiterversicherung abgekoppelt. Das AVG wurde 1957 novelliert. Eine Verordnung von 1918 regelte die finanzielle Sicherung bei Arbeitslosigkeit, sie wurde schon 1927 durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) abgelöst. Die AVAVG wiederum wurde durch das am 1. 7. 1969 in Kraft getretene Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ersetzt. Die staatliche Versicherung basiert nicht vollständig auf mathematisch-statistischen Berechnungen; es gibt dazu Zuschüsse aus staatlichen Kassen. Träger und Formen der Sozialversicherung Die Sozialversicherungsträger in der Deutschland sind Selbstverwaltungseinrichtungen unter staatlichem Schutz in Form von Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts. Die Pflichtversicherten sind per Gesetz dem Versicherungszwang unterworfen bei folgenden Voraussetzungen: • die tatsächliche Aufnahme einer geregelten Tätigkeit, • eine entgeltliche Tätigkeit, bei der Unfallversicherung genügt eine unentgeltliche Tätigkeit; • eine Tätigkeit im Inland, dazu zählt auch die Tätigkeit von Ausländem.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

225

Von der Versicherungspflicht ausgenommen sind bestimmte Personengruppen: •Beamte und beamtenähnliche Gruppen; • selbständige Berufe; durch ihre Ehegatten Beschäftigte; •vorübergehend gegen geringe Bezahlung Beschäftigte. Krankenversicherung: Der Arbeitnehmer erhält von ihr Krankenhilfe, sie gewährt Unterstützung im Falle einer Schwangerschaft und zahlt ein Sterbegeld beim Tod des Versicherten sowie Familienhilfe. Die Versicherungsbeiträge tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte. Die Krankenversicherungspflicht erfaßt auch Selbständige bis zu einem gewissen Jahreseinkommen, Angestellt nur bis zu einer gewissen Versicherungspflichtgrenze. Diese Grenzen werden ständig angepaßt. Unfallversicherung: Beim Unfall bestehen die Versicherungsleistungen in der Krankenbehandlung, in der Berufsfürsorge zur Wiedererlangung der Erwerbsfahigkeit, in der Versichertenrente bei völliger bzw. teilweiser Erwerbsunfähigkeit, in Sterbegeld und Hinterbliebenenrente bei einem Unfalltod, Schwerstverletztenzulage und Überbrückungshilfe für Witwen. Die Beiträge zur Unfallversicherung trägt der Arbeitgeber allein. Rentenversicherung: Die Angestelltenrentenversicherung ist der Arbeiterrentenversicherung weitgehend angeglichen. Die Regelleistungen bestehen in Renten, in Maßnahmen zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit, in Witwen- und Witwerabfindungen sowie in Beiträgen zur Rentner-Krankenversicherung. Die Beiträge zur Rentenversicherung tragen hälftig Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit einem Zuschuß aus der Bundeskasse. Arbeitslosenversicherung: Das AFG soll Arbeitslose vor finanzieller Not bewahren, gleichzeitig aber auch Arbeitsplätze erhalten und schaffen. In Zeiten struktureller Dauerarbeitslosigkeit hat es sich als ein haltbares soziales Netz erwiesen. Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung bestehen aus Arbeitslosengeld, Kranken- und Unfallversicherung, Arbeitslosenhilfe, Lohnausfallvergütung wie Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Stillegungsvergütung, Kindergeld und aus Leistungen zur Verhütung und Beendigung von Arbeitslosigkeit wie Umzugskostenerstattung, Überbrükkungsgeld bis zur ersten Lohnzahlung, Reisekostenerstattung für die Fahrt zur neuen Arbeitsstelle. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-46 in Abschnitt 1.7! 1.2.4.5 Arbeitsgestaltung - Ergonomie Wesen und Historie der Arbeit Unter Arbeit im betriebswirtschaftlichen Sinne ist jegliche Tätigkeit des Menschen zur Erzeugung von Gütern, materieller Art und Dienstleistungen, zu verstehen, die vornehmlich zur Befriedigung von Fremdbedarf dienen. Dabei kann es sich handeln • um geistige Arbeit, die mehr planerisch gestaltender Natur ist, und • um körperliche Arbeit, die mehr ausführender Natur ist. Der Mensch ist zur körperlichen Arbeit fähig wegen seiner Skelettmuskulatur, mit deren Hilfe er bestimmte physische Leistungen erbringen kann. Deshalb kann der Mensch als eine "Kraftmaschine" (vgl. LV 1.39 S. 481f.) betrachtet werden, bei der Energie in den Muskeln entsteht aufgrund elektrochemischer Prozesse. Dazu sind die Muskel mit Kohlehydrate und freie Fettsäure zu versorgen. Diese verbrennen bei der Energieerzeugung unter Hinzufügung von Sauerstoff. Dabei entstehen als "Abfallprodukte" Wärme, Milchsäure, Brenztraubensäure, Kohlendioxid und Wasser. Ver- und Entsorgung der Muskel geschieht vornehmlich über das Blut, die Verlustwärme wird hauptsächlich über die Atmung (Wasserdampf) und über die Körperoberfläche (Schweiß) abgeführt. Der Mensch erreicht bei der Arbeit einen Wirkungsgrad von 30%. Durch Arbeitsstudium bemüht sich der Mensch darum, den Wirkungsgrad seiner Arbeit zu verbessern. Schon im Altertum, etwa ab 3000 v. Ch., suchte der Mensch beim Bau der Turmtempel in Mesopotamien, Zikkurat genannt, und der Pyramiden in Ägypten durch den Einsatz von Techniken etwa Walzen, Seilen, Hebeln die Arbeit zu erleichtern und die Leistung zu erhöhen. Jedoch erst in Europa, bei den

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I. Hauptteil:

Einführung

Griechen, als diese in Europa, bei den Griechen, als diese ab 7 0 0 v. Ch. ihre ersten Steintempel bauten, entstand wissenschaftliches Denken, zunächst in Form der Geometrie und Statik. Seit dem Ende des Mittelalters tritt der Mensch aus der Anonymität der arbeitswissenschaftlichen Forschung heraus (vgl. L V 5.16 S. 7): • Leonardo da Vinci ( 1 4 5 2 - 1 5 1 9 ) wurde der Wegbereiter des systematischen Arbeitsstudiums: - durch Studium der Hand- und Fingerbewegungen nahm er das Mikrobewegungsstudium vorweg; - durch Untersuchung dynamischer Körperkräfte suchte er das günstigste Zusammenwirken der Muskelgruppen zu ermitteln; - durch Zeitstudien bei zyklischer Arbeit (Schaufeln) legte er den Zeitbedarfsgrenzwert unter der Bezeichnung "harmonische Zeiteinheit" fest. •Sebastién de Vauban ( 1 6 3 3 - 1 7 0 7 ) , Ingenieur, Festungsbauer und französischer Marschall, stellte angeregt von Descartes' ( 1 5 9 6 - 1 6 5 0 ) Aufforderung zum richtigen Vernunftgebrauch insbesondere bei der wissenschaftlichen Forschung in seiner Schrift "Discours de la méthode" erste Regeln zur Organisation der Arbeit, Lohngestaltung, Bezahlung und Ernährung der Arbeiter auf. • Adam Smith ( 1 7 2 3 - 1 7 9 0 ) , Professor der Logik, beschäftigte sich in seinem Hauptwerk "An inquiry into the nature and causes o f the wealth o f nations" eingehend mit der Arbeitsteilung als der Ursache höherer Produktivität, wobei er auf das Nadelbeispiel von Jean Rodolphe Perronet ( 1 7 0 8 - 1 7 9 4 ) verwies. • Karl Marx deckte in seiner Schrift "Arbeit und Rhythmus" die leistungserhöhende Bedeutung des Rhythmus auf. •Jules Marey ( 1 8 3 0 - 1 9 0 4 ) untersuchte mit Hilfe der "geometrischen Chronophotographie" die Eigenbewegungen des Körpers. Dadurch wurde der Verlauf der Bewegung sichtbar und die Erfassung der Abiaufzeiten möglich. • Emil Kraepelin ( 1 8 5 6 - 1 9 2 6 ) untersuchte die Einflüsse auf das Leistungsvermögen bei geistiger Arbeit und erstellte Arbeitskurven (vgl. 4 . 3 . 1 . 5 ) in Abhängigkeit von der Art der Arbeit. • F.W. Taylor, F . B . Gilbreth etc. in den U S A (vgl. 1.1.2.1, 1 .1.3.2) beeinflußten mit ihren Arbeiten maßgeblich das heutige Arbeitsstudium. Arbeitsplatz und Arbeitsverfahren im Betrieb Der Arbeitnehmer erhält seine Beschäftigung im Betrieb an einen Arbeitsplatz, der nach Refa folgende Eigenschaften haben kann:* Einzelarbeitsplatz, wenn dieser Arbeitsplatz mit einer Stelle identisch ist, der kleinsten Organisationseinheit im Betrieb; • Einzelplatzgruppenarbeit, wenn sich mehrere Personen etwa halbtägig im Wege des sog. "Job-Sharing" diese Arbeitsstelle teilen; • einstellige Mehrplatzarbeit, wenn der Arbeitnehmer mehrere Maschinen bedient;« einstellige Mehrplatzgruppenarbeit, wenn z.B. eine Baukolonne mit der Erfüllung einer einzigen Aufgabe beschäftigt ist. Unter Arbeitsverfahren sind in sinnvoller Weise aneinandergereihte Arbeitsverrichtungen zu verstehen. Arbeitsart und Geschicklichkeit beeinflussen den Wirkungsgrad der Arbeit, der sich am Energieverbrauch messen läßt. Mit Hilfe rationaler Arbeitsverfahren, um deren Entwicklung sich insbondere der Refa-Verband bemüht, läßt sich der Wirkungsgrad der Arbeit erhöhen und komplementär der Energieverbrauch senken. Wurde die E r m ü d u n g in der Zeit, wo die körperlich schwere Arbeit einen großen Anteil hatte, vornehmlich als ein physiologisch-chemischer Prozeß u.a. durch Ansammlung von Stoffwechselprodukten im Körper interpretiert, so verlagert die neuere Forschung nach Hackstein den Ermüdungsvorgang ( L V 1.29 S. 2 7 5 ) "...stärker in den Bereich des vegetativen Nervensystems, der emotionalen und der geistigen Steuerung. .. (und) versucht, die Wechselwirkung zwischen Ermüdungsvorgang und Persönlichkeitsaufbau zu erkennen. " Arbeitsgeschwindigkeit und Arbeitsqualität werden sowohl von der Einübung in die Arbeitsverrichtungen, die sich über eine längere Zeit erstrecken kann (vgl. 1.1.3.5, 3.4.3.3, 4.3.1.5), beeinflußt wie auch durch die Ermüdung, fur die folgende Einflußfaktoren erkennbar sind: • Stärke der physischen und mentalen Belastung; • Art der Belastung u.a. Verantwortung, Aufmerksamkeit; • zeitliche Dauer der Beanspruchung; • Wechsel in den Beanspruchungsarten; • Einfluß der Umgebung.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

III

Absentismus Unter Absentismus ist "gewohnheitsmäßiges Fernbleiben vom Arbeitsplatz" zu verstehen. Absentismus besitzt eine kulturelle Dimension; in Japan fehlen weniger als 5% der Beschäftigten am Arbeitsplatz, in den "westlichen" Ländern sind es mehr als 10%. Der Absentismus bei Krankheit muß von allen Unternehmen bis zu sechs Wochen bezahlt werden. Als unterschiedlich beeinflußbare Gründe fiir Absentismus lassen sich anfuhren: • kaum beeinflußbar: die einmalige unerwartete Krankheit etwa bei einer Erkältung; • stark beeinflußbar: Unfälle, Berufskrankheiten;» unterschiedlich stark beeinflußbar: mangelnde Motivation, schlechtes Betriebsklima. Besondere betriebliche Bedeutung besitzen der Dienstwege- und Verkehrsunfall sowie die Berufserkrankung, die versicherungsmäßig gleichgestellt sind. Schutz vor Unfällen ist Aufgabe der Sicherheitsergonomie (vgl. unten). Gemäß § 551 UVNG (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz) wird die Berufskrankheit als eine solche Krankheit definiert, welche durch betriebliche Arbeitsweise, Arbeitsverfahren, Werkzeuge, gesundheitsschädliche Stoffe etc. hervorgerufen werden. Während der Unfall durch ein plötzlich Ereignis hervorgerufen wird, entstehen Berufskrankheiten gewöhnlich durch längerfristige Einwirkungen etwa durch Strahlen, Kohlestaub, Lärm. Als praktische Maßnahmen zur Fehlzeitenreduzierung gelten (vgl. LV 7.1a S. 70): • Gespräche mit häufig fehlenden Mitarbeitern (29%); • Vorladung bei Vertrauensärzten (16%); • Fehlzeitenentschuldigung der Vorgesetzten (11%); • regelmäßige Gesundheitsprüfung beim Betriebsarzt (10%); • Zahlung von Anwesenheitsprämien (6%) und • Krankenbesuche (4%); • Überprüfling und Verbesserung des Arbeitsumfeldes (7%): • Einfuhrung abwechslungsreicher Gruppenarbeit anstelle von isolierter und spezialisierter Einzelarbeit ein: dadurch senkte z.B. Ford im Motorenwerk Köln den Absentismus von 9% auf 2,5%; • Kopplung der vollen Auszahlung des Weihnachtsgelds an eine niedrige Krankheitsquote; • Forschung nach den Ursachen und Abstellung etwa ergonomisch ungünstiger Betriebsmittel. Ergonomie 1. Grundansprüche der Ergonomie Die Ergonomie, die Lehre von der wechselseitigen Anpassung zwischen den Mitarbeitern und den Arbeitsbedingungen, sucht im Betrieb die Bedingungen • für Wohlbefinden am Arbeitsplatz, • für Arbeit unter geringstnotwendigen Anstrengungen sowie • für größtmögliche Sicherheit am Arbeitsplatz zu schaffen. Dazu heißt es in Kapitel ISO 9241-2 der ISO-Richtlinie (International Organization for Standardization): Die Aufgaben sind so zu gestalten, - daß sie die Ausführung der Aufgabe erleichtern, - daß sie Sicherheit und Gesundheit des Nutzers schützen, - daß sie das Wohlbefinden fördern, - daß sie Entwicklungsmöglichkeiten vorsehen, - daß sie Uber- und Unterbeanspruchung, unangemessene Wiederholung und unangemessenen Zeitdruck vermeiden. Derartige ergonomische Forderungen tangieren auch human-ökologische Anforderungen (vgl. 1.2.3.5). 2. Ergonomische Arbeitszeit Arbeitsphysiologische Untersuchungen haben zu der Erkenntnis geführt, das es fiir den Menschen eine normale Ermüdungs- bzw. Leistungskurve gibt, den sog. Biorhythmus, von dessen Stand die Leistungsfähigkeit des Inviduums abhängt (vgl. Abb. 12-45). An diese "normale" Leistungskurve ist gewöhnlich die betriebliche Arbeitszeitgestaltung ausgerichtet. Diese Leistungskurve ist allerdingsmehr eine Durchschnittskurve, von der das Individuum abweichen kann z.B. der "Frühaufsteher" oder der "Langschläfer", denen die gleitende Arbeitszeit deshalb entgegenkommt. Des weiteren kann eine geeignete Pausenregelung die Arbeitsleistung positiv beeinflussen. Die Pause soll etwa 5-10% der Arbeitszeit betragen. Eine Aufteilung der Gesamtpause ist günstiger, um stärkere Ermüdungserscheinungen zu verhindern und um stärker von den Erholungswirkungen am Anfang der Pause zu partizipieren.

228

I• Hauptteil:

Einführung

Abb. 12-45: Leistungsdisposition des Menschen im Tagesablauf (nach Graf) Uhrzeit Leistung

hoch

niedrig Eine Reihe von Betrieben hat die gleitende Arbeitszeit (GLAZ) eingeführt. Gleitende Arbeitszeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer Beginn und Ende der Arbeitszeit individuell bestimmen kann. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Gleitarbeitszeit völlig variabler Natur und Gleitarbeitszeit mit fester Kernarbeitszeit etwa von 10-12 Uhr und 13-15 Uhr. In einigen Betrieben müssen die Arbeitnehmer die normale Tagesstundenzahl auch am Arbeitstag absolvieren, andere Betriebe sind großzügiger und verlangen nur, daß die Gesamtstundenzahl während des Lohnabrechnungszeitraums eingehalten wird. Die bei Gleitzeit im Betrieb zu vereinbarende Rahmenarbeitszeit setzt sich zusammen aus Kernarbeitszeit, Gleitzeitspanne und Pausen. Insbesondere wegen der gesetzlichen Pausen- und Ruhezeitenregelung kann es bei der gleitenden Arbeitszeit zu Konflikten mit arbeitszeitrechtlichen Vorschriften kommen. Insgesamt wird die gleitende Arbeitszeit als ein Mittel zur Humanisierung wie auch zur Flexibilisierung der Arbeit angesehen: • der Arbeitnehmer kann so die betriebliche Tätigkeit besser seinem Biorhythmus und seinem Privatleben anpassen; • er braucht sich nicht für Zuspätkommen beim Vorgesetzten zu entschuldigen; • er kann sich besser den Verkehrsverhältnissen anpassen. Auch der Betrieb bezieht Vorteile aus der gleitenden Arbeitszeit: • die Arbeitszeit läßt sich besser dem Arbeitsanfall anpassen; • die Arbeitszufriedenheit der Arbeitnehmer steigt; • daraus resultieren gewöhnlich ein geringerer Krankenstand, geringere Fehlzeiten, geringere Arbeitsenthaltung und geringere Fluktuation; • die Arbeitszeitverkürzung läßt sich leichter steuern. Bei der Einführung der gleitenden Arbeitszeit besitzen die Mitarbeiter umfangreiche Mitbestimmungsrechte (vgl. LV 1.15 S. 133ff.) u.a. in bezug auf Ob und Umfang der Einfuhrung von Gleitzeitarbeit, in bezug auf Lage und Dauer der Kernarbeitszeit, in bezug auf die Übertragbarkeit der Arbeitszeit etwa von Tag/Woche/Monat zu Tag/Woche/Monat. 3. Ergonomischer Arbeitsplatz Die Arbeitsumwelt des Individuums umfaßt neben dem Arbeitsplatz den Arbeitsraum (Werkraum) und die weitere betriebliche Umwelt: • In Fertigungsräumen dient eine übersichtliche und griffbereite Anordnung von Werkstoffen oder Werkstücken und von Arbeitsgerät unter Berücksichtigung eines ausreichenden Bewegungsspielraums der Optimalgestaltung der Arbeitsumwelt und damit der Steigerung der Arbeitsleistung, desgleichen ein leistungsfähiger Anschluß des Arbeitsplatzes an das innerbetriebliche Transportund Kommunikationssystem. • In Büros besitzen die Mitarbeiter je nach Büroraumgestaltung und -ausstattung einen unterschiedlich großen Flächenbedarf (vgl. LV 1.82 S. 7): - in Ein- und Mehrpersonenbüros sollten mindestens 8 - 10 qm pro Person; - in Groß- und Gruppenräumen wegen des größeren Verkehrsflächenbedarfs und wegen der stärkeren Störeinwirkungen 12 - 1 5 qm pro Person;

229

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

• Da Büromitarbeiter ca. 7 5 % ihrer Zeit im Sitzen verbringen, müssen die Büromöbel ergonomisch gestaltet sein: - für Frauen gilt eine empfohlene Sitzhöhe von 40 cm und für Männer von 42-43 cm, der Bürostuhl sollte nur nicht in der Höhev erstellbar sein, sondern auch den Wechsel zwischen verschiedenen Sitzlagen und so ein dynamisches Sitzen ermöglichen, denn anderfalls treten Verkrampfungen der Muskulatur, Kopf-, Nacken- und Rückenschmerzen auf; - die normale Tischhöhe beträgt 72 cm, die Tischhöhe sollte verstellbar sein, da besonders große oder kleine Mitarbeiter andere Höhen benötigen; - Tastaturen sollten sich getrennt vom Bildschirm aufstellen lassen und die Bauhöhe der mittleren Buchstabentastenreihe 30 mm sowie die Neigung des Tataturfeldes 15 Grad nicht übersteigen, die Sehabstände zum Bildschirm sollten zwischen 50 und 90 cm liegen, die tägliche Arbeitszeit am Bildschirm sollte nicht fünf Stunden überschreiten bei zehnminütigen Kurzpausen pro Arbeitsstunde, damit sich nicht RSI (Repetitive Strain Injury) mit Handgelenk- und Unterarmbeschwerden bei Symptomen wie Kribbeln, Stechen, Spannungsgefühl, Taubheit und Lähmungserscheinungen einstellt, das in den USA schon zu einer Reihe von Klagen im Rahmen des - dort schärferen - Produkthaftungsgsetzes gefuhrt hat (vgl. PC-Woche, 27. Juli 1992 S. 21). Trotz aller Bemühungen um den ergonomischen Arbeitsplatz kann es sinnvoll sein, während der Arbeitszeit Entspannung«- und Bewegungspausen einzuführen, etwa um Verspannungen im Hals-Nacken-Schulter-Berereich zu begegnen. In den USA ist stellenweise in den Unternehmen der „personal-trainer" eingeführt worden (vgl. VDI-Nachrichten, 1997/19 S. 27), der vor Ort mit dem(den) Klienten unter fachlicher Leitung ausgleichenden Sport betreibt, und sowohl - mit Führungspersonen, die er etwa während der Mittagspause Aktenordner stapeln läßt, wie - mit der Belegschaft, für die er Bewegungs- bzw. Trainingspläne ausarbeitet. Ein solcher Personal-Trainer gilt sogar schon als betriebliches Statussymbol in den USA. 4. Ergonomische Lichtverhältnisse In Büros und Werkräumen sind geeignete Lichtverhältnisse zu schaffen. Allgemeinbeleuchtung vermeidet vor allem in Großraumbüros und Fabrikhallen Blendung, hat aber Schattenbildung zur Folge. Es gibt Dienstleistungsbetriebe, die sich darauf spezialisiert haben, in anderen Betrieben Lichtmessungen vorzunehmen und darauf aufbauend Vorschläge für optimale Beleuchtungsverhältnisse im Betrieb zu entwickeln (vgl. auch 1.2.3.3). Empirische Untersuchungen haben gezeigt (vgl. L V 1.81 S. 255), daß sich die Häufigkeit von Tippfehlern in Verwaltungs- und Dienstleistungsabteilungen - in abnehmendem Maße - durch Erhöhung der Beleuchtungsstärke senken läßt (vgl. Abb. 12-46a). Ältere Menschen z.B. von 60 Jahren haben einen höheren Lichtbedarf als jüngere im Alter von z.B. 20 Jahren (vgl. LV 1.81 S. 257), der allerdings prozentual bezogen auf den Lux-Bedarf junger Arbeitnehmer rapide sinkt (vgl. Abb. 12-46b): Lichtbedarf junger Arbeitnehmer Lichtbedarf älterer Arbeitnehmer Differenz in %

in Lux in Lux

120 250 108%

200 400 100%

300 550 83%

500 800 60%

900 1100 22%

Abb. 12-46: Betriebliche Bedeutung von Beleuchtungsstärke und Lichtbedarf a)

Tippfehlerhäufigkeit

% Fehler pro

Seite

b) H ö h e r e r L i c h t b e d a r f ä l t e r e r Menschen Erhöhungsdifferenz älterer Menschen in % 108% 100% 833 >0% 20%

100 200

T 500 1000 2000 Beleuchtungsstärke Lux

1 1 1 120 200 300 500 Lichtbedarf junger

r T 700 900 Arbeitn.

230

1. Hauptteil:

Einführung

5. Ergonomischer Schallpegel Die Lärmbelästigung, die sich in Phon und Dezibel - ausgedrückt in dB(A) - messen läßt, kann zur Leistungsminderung fuhren, wenn eine gewisse Lärmgrenze überschritten wird. Dann sind schalldämpfende Maßnahmen erforderlich. Eventuell ist eine Musikberieselung angezeigt; denn plötzlich auftretender und/oder aussetzender Lärm wird als störend und schmerzhaft empfunden. Dabei erzeugt normale Unterhaltung 40 dB(A), lautes Sprechen 60 dB(A), ein Mottorrad ohne Dämpfer 100 tffl(A). Das menschliche Ohr empfindet subjektiv eine Zunahme von 10 dB(A) als eine Verdopplung der Lautstärke. Objektiv liegt die Schmerzgrenze bei 130 dB(A). Uberschreitet der Lärmpegel auf Dauer 85 dB(A), fuhrt dies zur Nervosität, Gehörschäden oder sogar zu organischen Erkrankungen. Die VDI-Richtlinie 2569 "Schallschutz und akustische Gestaltung im Büro" staffelt den optimalen Schallpegel nach Tätigkeiten: • für schöpferisches Denken ein Schallpegel von 30-35 dB(A); • für Gruppenbüros 45 dB(A). 6. Ergonomische Farbgestaltung Farben unterscheiden sich physikalisch durch unterschiedliche Wellenlängen, die wiederum zu unterschiedlichen physiologischen Auswirkungen auf den menschlichen Organismus fuhren: • rot, gelb, orange, braun haben eine große Wellenlänge: sie erhöhen den Blutdruck und die Pulsfrequenz und wirken anregend auf den Organismus; • grün, blau, blaugrün haben eine kurze Wellenlänge: sie wirken beruhigend auf den Organismus und erzeugen eine gleichbleibende Arbeitsbereitschaft in einer emotionsfreien Atmosphäre. Die Farbgestaltung am Arbeitsplatz ist in DIN 4880 geregelt. Sie hat im Betrieb eine Doppelfunktion: • sie wird kontrastierend zu den Arbeitsverhältnisse eingesetzt, so sollen bei monotoner Arbeit anregende Farbmuster das Leistungsvermögen steigern; •sie soll gewisse Gefahren am Arbeitsplatz signalisieren z.B. durch die Farbenorange, gelb, rot, rot-weiß. 7. Ergonomisches Raumklima Das körperliche und seelische Wohlbefinden reagiert auf die umgebende Temperatur und Luftfeuchtigkeit: • 21-22° Grad wird als optimale Raumtemperatur angesehen, die wegen der Anpassung des Menschen bei hohen Außentemperaturen auf 26° Grad ansteigen kann, dabei ist eine geschlechtliche Differenzierung zu beachten: Frauen wünschen gewöhnlich eine Raumtemperatur, die 2 Grad höher liegt als bei Männern; • relative Luftfeuchtigkeit wird als optimal angesehen - niedrigere Luftfeuchtigkeit fuhrt zur Reizung der Schleimhäute, höhere zur raschen Ermüdung des Organismus; • cbm frische Atemluft pro Stunde sind mindestens für leichte körperliche Arbeit erforderlich, deren Zuführ möglichst frei von Gasen, Staub und Dämpfen erfolgen soll sowie möglichst zugfrei (max. 0,15 m/sec.), da sonst Erkältungsgefahr besteht. 8. Sicherheitsergonomie Wegen der recht häufigen Betriebsunfälle ist der Sicherheit am Arbeitsplatz besondere Aufmerksamkeit zu widmen - nicht zuletzt auch aus rechtlichen Gründen (vgl. 1.2.4.3). Zum Arbeitsschutz dienen gerätemäßige Vorrichtungen wie Schutzgitter, aber mehr noch Erziehung des Menschen zu sicherheitsbewußtem Handeln; es nutzen die Sicherheitsvorrichtungen wenig, wenn der Mensch sie gezielt negiert und sie zu seinem Schaden außer Kraft setzt. Der Arbeitsschutz ist in einer Reihe von Vorschriften geregelt (vgl. auch 1.2.3.5): • ZH 1/106: Bildschinntext im Büro; • ZH 1/535: Sicherheitsregeln für Büroarbeitsplätze; • ZH 1/618: Sicherheitsregeln für Bildschirmarbeitsplätze im Bürobereich;

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

231

• VDE 0806: Sicherheit elektrisch versorgter Büromaschinen; • Röntgenverordnung (RÖV): Bauartzulassung für Farbmonitore; • Schwedische MPR-Empfehlungen für Höchstwerte elektromagnetischer Abstrahlung von 1988, die 1990 weiter verschärft wurden und die als sehr streng gelten; • Bildschirmrichtlinie des EG-Rats vom 29. 5. 1990, die bis Ende 1992 in nationales Recht umgesetzt werden mußte, Artikel 3 dieser Richtlinie verpflichtet den Arbeitgeber, "eine Analyse der Arbeitsplätze durchzuführen, um die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen zu beurteilen, die dort für die beschäftigten Arbeitnehmer vorliegen; dies gilt insbesondere für die mögliche Gefahrdung des Sehvermögens sowie für körperliche und psychische Belastungen." Technische Arbeitsmittel, darunter auch Büromöbel, müssen vom Gesetz her sicherheitstechnischen Anforderungen genügen, am GS-Zeichen erkennbar. Aufgabe des Sicherheitsbeauftragten im Betrieb sollte es deshalb sein, den Arbeitnehmern ein Grundwissen des Arbeitsschutzes zu vermitteln. Bei den Vorgesetzten ist nicht nur das soziale Bewußtsein zu stärken, sondern auch das Kostenbewußtsein; Betriebsunfälle können zu hohen betrieblichen Ausfallkosten führen. Es hat sich gezeigt, daß integrative d.h. schon bei der Konstruktion und bei der Herstellung des Betriebsmittels "eingebaute" Sicherheit effizienter ist als additive Sicherheit z.B. das nachträgliche Anbringen von Schutzeinrichtungen (vgl. 1.2.3.6). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-47 in Abschnitt 1.7! 1.2.4.6 Arbeitsarten und Arbeitszeiten Bestimmung der Vorgabezeit in der industriellen Fertigung nach Refa Nach Refa (vgl. LV 1.49 S. 42fF.) stellt die Auftragszeit T die Vorgabezeit für das Ausführen eines Auftrags durch einen Menschen dar. T kann aus der Rüstzeit und aus der Ausführungszeit bestehen (vgl. Abb. 12-47): (12-11)

T

=

t r + ta

=

tr + m •

te

Unter Rüstzeit tr ist die Vorgabezeit zur Vorbereitung der Auftragsarbeit, insbesondere der Betriebsmittel, und deren Rückversetzung in den ursprünglichen Zustand zu verstehen. Die Rüstzeit selbst zerfällt in Rüstgrundzeit trg, in Rüsterholungszeit trer und in Rüstverteilzeit trv. Abb. 12-47: Auftragszeit nach Refa

Die Ausführungsgesamtzeit ta ergibt sich durch Multiplikation der Ausführungszeit je Einheit te mit der Ausführungsmenge m. te zerfallt in die Grundzeit tg, in die Erholungszeit ter und in die Verteilzeit tv, wobei die Grundzeit wiederum in die Tätigkeitszeit tt und in die Wartezeit tw zer-

232

I. Hauptteil:

Einführung

fallen kann. Der Prozentsatz der Verteilzeit errechnet sich: (12-12)

zv = £ V e r t e i l z e i t e n / E G r u n d z e i t e n

• 100

z.B. 7%.

Bei der Refa-Zeitaufnahme wird beobachtet, ob die Arbeit mit einem hohen oder niedrigen Leistungsgrad (LG) ausgeführt wird: (12-13) L G = b e o b a c h t e t e I s t l e i s t . / v o r g e s t e l l t e

Bezugsleist.•100.

Der Leistungsgrad ist bei der Vorgabe der Normalzeit zu berücksichtigen: (12-14) N o r m a l z e i t = Istzeit

• LG/100.

Es können bei der Zeitaufnahme für eine bestimmte Tätigkeit bei verschiedenen Mitarbeitern unterschiedliche Istzeiten bei unterschiedlichen Leistungsgraden, aber gleicher Normalzeit ergeben: Mitarbeiter A B C

Istzeit in m i n 4,7 4,08 5,22

LG 100 115 90

Normalzeit = 4,7 • 100/100 = 4,7 m i n = 4)08 • 115/100 = 4,7 m i n = 5,22 • 90/100 = 4,7 min.

Die Grundzeit selbst zerfällt in die Tätigkeitszeit tt und in die Wartezeit tw. Die Rüstgrundzeit und die Ausfuhrungsgrundzeit umfassen Zeiten, die regelmäßig anfallen und die jeweils durch Zeitaufnahme oder durch Berechnung ermittelt werden können. Die Rüsterholzeit sowie die Ausführungserholzeit dienen der Überwindung der Arbeitsermüdung. Die Rüstverteilzeit wie auch die Ausfuhrungsverteilzeit umfassen Zeiten, welche wegen unregelmäßigen Auftretens nicht bei jeder Zeitaufnahme oder Zeitberechnung ordnungsgemäß erfaßt werden können und die deshalb mittels eines vorher ermittelten Prozentsatzes der Grundzeit zugeschlagen werden müssen. Beispiel (vereinfacht entnommen LV 1.80 S. 57f.): A u f t r a g s m e n g e m = 300 Stück; E r h o l u n g s z e i t = 0,015 m i n / S t ü c k Sollzeit für folgende O p e r a t i o n e n in m i n Zeitart Rüstgrundzeit Platine g r e i f e n u n d zur Presse t r a n s p o r t i e r e n Platine in M a t r i z e legen Presse b e i d h ä n d i g einrücken, p r e s s e n S c h u t z k a p p e aus M a t r i z e n e h m e n Schutzkappe ablegen v o m T r a n s p o r t k a s t e n zur Palette g e h e n

14,3 0,10 0,05 0,15 0,08 0,06 0,06

tMN tMN tMH tMN tMN tMN

(12-15) Errechn. der G r u n d z e i t tg = tt + tw = t M H + t M N + tMA = 0,15 + 0,35 + 0 = 0,50 m i n (12-16) Errechn. der V e r t e i l z e i t tv = zv/100 • tg = 7/100 • 0,50 = 0,035 m i n (12-17) Zeit je Einheit te = tg + ter + tv 0,50 + 0,015 + 0,035 = 0,55 m i n Dann beträgt die Auftragszeit einschließlich Rüstzeit: (12-11) T = tr + m • te = 14,3 • 1,07 + 300

• 0,55

=

15,3 + 165

~ 180 min.

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

233

Bestimmung der Vorgabezeit in der industriellen Fertigung nach den Methoden "vorbestimmter Zeiten" Neben der Refa gibt es für die industrielle Zeitvorgabe die Systeme "vorbestimmter Zeiten", die auf den Bewegungsstudien des Amerikaners Gilbreth (1868 - 1924) aufbauen. Anhand dieser Studien wurde u.a. erkannt, daß die Zeit für das Ausführen von Bewegungselementen immer gleich lang ist: »Das MTM (Method Time Measurement) wurde in den Vierziger Jahren von einer amerikanischen Unternehmensberatungsgesellschaft entwickelt und basiert auf in langen Versuchsreihen empirisch ermittelten Elementarzeiten eines bestimmten Leistungsniveaus. Eine TMU (Time Measurement Unit) ist danach: 1 TMU = 0,36 sec = 0,0006 m i n = 0,00001 h. MTM geht von 8 Grundbewegungen aus: Hinlangen; Bringen; Greifen; Fügen; Trennen; Drehen; Drücken; Loslassen, sowie von 9 Körper-, Bein- und Fußbewegungen und kennt zwei Blickfünktionen. Die Beanspruchung wird beeinflußt durch die Länge des zurückzulegenden Weges, von der Größe des zu bewegenden Gewichts und von dem Schwierigkeitsgrad der Handhabung. Mit Hilfe von Tabellen (MTM-Normalzeitwertkarte) kann bei der Arbeitsstudie am Schreibtisch eine zweckmäßige Arbeitsmethode für eine bestimmte Tätigkeit entwickelt und zugleich dafür der Grundzeitbedarf ermittelt werden. •Wie das MTM funktioniert das Work Factor (WF), das etwa zur gleichen Zeit von einer anderen amerikanischen Unternehmensberatungsfirma entwickelt wurde. •Daneben gibt es das Basic-Motion-Timestudy (BMS), die Motion-Time-Analysis (MTA) und Dimensional-Motion-Time. In Deutschland geläufiger sind nur MTM und WF, die allerdings wegen des relativ großen Planungsauf-wands nur Eingang in der Serien- und Massenfertigung gewinnen. Dem MTM wie auch generell den Methoden vorbestimmter Zeiten werden folgende Vorteile zuerkannt (vgl. LV 5.16 S. 207): • Sie zwingen den Analytiker dazu, sich auf die Methode zu konzentrieren. • Sie ermöglichen das Festlegen der Fertigungszeit vor Beginn der Fertigung. • Die in Frage kommenden Arbeitsmethoden können vorher genau festgelegt werden. • Die Beurteilung des Leistungsgrads ist nicht erforderlich. • Es lassen sich Richtlinien für die Erzeugnis- und Betriebsmittelkonstruktion erstellen. • Durch den Rückgriff auf Zeitwert-Tabellen lassen sich Standarddaten ermitteln, ohne auf den Fertigungsbeginn warten zu müssen, um dann langwierige Zeitstudien durchzufuhren. • Das Anlernen von Arbeitskräften läßt sich beschleunigen, da sofort mit der richtigen Methode begonnen werden kann, so daß kein Trial and Error (vgl. 1.1.3.5) erforderlich ist. Arbeitsabläufe im Verwaltungs- und Dienstleistungsbereich Nach Refa (vgl. LV 1.81 S. 14fF.) sind in der betrieblichen Praxis bei Arbeitsverrichtungen folgende Ablaufstrukturen erkennbar: 1. Aufeinanderfolge: Hierbei sind bestimmte Tätigkeiten logisch hintereinander geschaltet (ähnlich dem obigen Beispiel aus der Industrie). 2. Und-Teilung: Hierbei werden an zwei oder mehrere Arbeitssysteme die Informationen und/oder die Arbeitsgegenstände weitergegeben, die eine Parallelverarbeitung auslösen können (Arbeitsverzweigung). 3. Oder-Teilung: Hierbei wird nach Erfüllung einer Aufgabe entschieden, welche von mindestens zwei Arbeitsalternativen zur weiteren Bearbeitung gewählt werden soll. 4. Und-Zusammenführung: In diesem Fall benötigt das Arbeitssystem Informationen von zwei oder mehreren Arbeitssystemen, bevor es selbst aktiv werden kann. 5. Oder-Zusammenführung: Hierbei werden zwei oder mehrere Tätigkeiten zu einem Ablauf zusammengefaßt. 6. Und-Rückkopplung: Hierbei werden Arbeitsinformationen nach vorheriger Grobplanung einer vor-gelagerte Stelle zur Verfeinerung der Planung an sie rückübermittelt. 7. Oder-Rückkopplung: Dieser Vorgang besteht aus einer Oder-Teilung und einer Oder Zusammenführung. Ist z.B. ein Schriftstück fehlerfrei erstellt worden, wird es von der Prüfstelle, z.B. ein Gruppenleiter, an dessen Vorgesetzten weitergeleitet, während bei Fehlern eine Rückverweisung an die Schreibkraft erfolgt.

234

l. Hauptteil:

Einführung

Betriebliches Vorschlagswesen (BVW) Mit Hilfe des BVW suchen die Unternehmen das kreative Potential der Arbeitenden zur betrieblichen Leistungsverbesserung zu nutzen. Akzeptiert und prämiiert werden nur solche Vorschläge, die zur Verbesserung des Istzustands im Betrieb fuhren und gleichzeitig auch wirtschaftlich sind. Die Verbesserungen können sowohl die Arbeitsabläufe, die verwandten Betriebsmittel wie auch die vom Betrieb hergestellten Produkte betreffen, dazu die Beseitigung von Unfallgefahren wie auch die Beseitigung von gesundheitsgefährdenden Umwelteinflüssen. Die Japan Human Relations Association (zitiert nach LV 1.42 S. 146) nennt folgende Hauptthemenbereiche für Vorschläge: • Verbesserung der eigenen Arbeit und Verbesserung des Arbeitsumfelds; • Einsparung von Energie, Material und anderen Ressourcen; • Verbesserung von Maschinen und Prozessen; • Verbesserung von Werkzeug und Geräten; • Verbesserung von administrativer Arbeit; • Verbesserung der Produktqualität bzw. Ideen für neue Produkte; • Verbesserung von Kundendienst und Kundenbeziehungen, etc. Nach § 3 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen vom 25. 7. 1957 (ArbNErfG) wird zwischen patent- bzw. gebrauchsmusterschutzfähigen Erfindungen und technischen Verbesserungsvorschlägen unterschieden. Akzeptiert einArbeitgeber einen Verbesserungsvorschlag unbeschränkt, gehen die Rechte nach § 7 ArbNErfG an den Arbeitgeber über, wofür der Arbeitnehmer nach § 9 ArbNErfG ein Anspruch auf Vergütung hat. Weitere Regelungen finden sich im BetrVG, in den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder, in den Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst vom 20.7. 1959, in den Tarifverträgen und in Betriebsvereinbarungen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-48 in Abschnitt 1.7! 1.2.4.7 Humanisierung der Arbeit - Teilautonome Gruppen - Arbeitsflexibilisierung- Erhaltung der Human Resources - Post-Taylorismus Arbeit als Infragestellung und Belastung des Individuums In der gegenwärtigen Arbeitswelt wird die Persönlichkeit des Individuums in vielfacher Weise in Frage gestellt (vgl. LV 1.15): • zwar nimmt die Belastung durch Kraftleistungen spürbar ab, dafür steigt die Belastung des Menschen durch Tätigkeiten mit hohen Anforderungen an die Aufmerksamkeit, an die Wahrnehmung und an die Geschicklichkeit; • bestimmte Aufgaben erfordern eine hohe geistige Beanspruchung durch die Verarbeitung von Wahrnehmungen mit hohem Informationsgehalt etwa an Radarschirmen, an Anzeigeninstrumenten oder an computergesteuerten Bildschirmen mit hohen Stresseffekten; • Überwachungsaufgaben an den Schalttafeln z.B. großer Chemieanlagen mit hoher Verantwortung führen mit ihrer Reizarmut leicht zu Monotoniererscheinungen; • das Individuum kann auch durch repetitive und eintönige Arbeiten bei der Massenfabrikation z.B. bei Verpackungsarbeiten oder bei Fließbandarbeiten unterbelastet oder einseitig körperlich belastet sein. Feldexperimente zur Humanisierung der Arbeit I. Experiment im Volvowerk von Kalmar (vgl. LV 1.110) Volvo gab das in der Automobilindustrie üblich gewordene Fließbandsystem bei Massenfertigung als erstes Unternehmen wieder auf; stattdessen wird auf Paletten montiert, die kippbar sind, so daß der Arbeitnehmer den Körper nicht so oft beugen muß, was am Fließband als besonders entwürdigend empfünden wird. Die zu Gruppen zusammengefaßten Arbeitenden montieren in langen Arbeitszyklen anstelle der bisher üblichen kurzen repetitiven Handgriffe fast komplett ganze Fahr-

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

235

zeuge. Dabei können diese Gruppen das Arbeitstempo selbst steuern, wodurch das Individuum der "Diktatur des Sekundenzeigers" entrinnt. Allerdings wird dabei auf pauschale Arbeitszeitvorgaben nicht verzichtet. Anstelle der bisher üblichen rechteckig angelegten Hallen für die Fließmontage mit linearen Fluchtperspektiven sind kleinere sechseckige Räumlichkeiten mit jeweils eigenem Eingang für jedes Team getreten. Dadurch entsteht die "Atmosphäre der kleinen Werkstatt", die dem Einzelnen das Gefühl von Intimität und Geborgenheit gibt. Obwohl die Investitionsausgaben um 10% höher lagen als bei konventionellen Arbeitssystemen, konnten schon in der Anfangsphase ähnlich überwiegend positive Effekte festgestellt wie beim Philips-Experiment. II. Experiment in der Philips-Fernseherfabrik von Eindhoven (vgl. LV 1.18) In der Ausgangssituation standen etwa 120 Arbeiter und Arbeiterinnen am Fließband. Dieses lange Fließband wirkte sich negativ auf die Menschen und auf die Betriebsleistung aus, • weil der Einzelne wegen des konstantem Arbeitstempos unter unablässigem Druck stand, • weil sich das Montageband als äußerst störanfällig bei Personal- und Materialausfall erwies, • weil "Abstimmverluste" wegen Unterschiede im Arbeitstempo der Individuen auftraten. Daraufhin wurden umfangreiche Änderungen eingeführt: • es wurden Puffervorräte angelegt; • die Arbeitenden erhielten ein breiteres Aufgabengebiet und sie konnten häufiger den Arbeitsplatz wechseln; • durch erhöhte Verwendung vormontierter und integrierter Bauteile wurde das Band verkürzt; • bei den unteren Führungskräften wurde eine Mentalitätsänderung herbeigeführt, so daß sie sich nicht mehr als "Antreiber" aufführten, sondern als "Betreuer"; • es wurden verschiedenartige Gruppen gebildet: - es gab "normale" größere Gruppen von etwa zwanzig Arbeitenden; - daneben auch "teilautonome Gruppen" von maximal sieben Personen. Die teilautonomen Gruppen kennzeichneten folgende Besonderheiten: • es gab bei ihnen eine Taktverlängerung von vier auf zwanzig Minuten; • die Position des Vorarbeiters wurde eliminiert, so daß sich der Instanzenzug verkürzte; • im Abstand von 2-3 Wochen gab es eine Beratung der ganzen Gruppe einschließlich des Gruppenleiters, • gemäß dem Prinzip des Management by Request schaltete sich der Gruppenleiter nur auf Ersuchen der Gruppe ein. Durch diese organisatorischen Änderungen gab es folgende positive Effekte: • es trat eine starke Gruppenbildung ein; • bei den Arbeitenden entstand eine größere Arbeitszufriedenheit; • es entstand ein kritisches Bewußtsein gegenüber Fehlern der Stab- und Linienstellen, so daß sich die Gruppen zu einer Kontrollinstanz gegenüber dem Management entwickelten; • der Absentismus (Fehlen am Arbeitsplatz) ging zurück; • es konnte indirektes Personal für Planung und Überwachung abgebaut werden. Als negativ wurde angesehen, • daß es einen größeren Bedarf an Arbeitsfläche gab, • daß höhere Löhne gezahlt werden mußten, • daß neue Maschinen gekauft und größere Beratungszeit eingeräumt werden mußte. HL Experiment bei der Allianz-Versicherungsgesellschaft (vgl. LV 1.53) Dieses Dienstleistungsunternehmen besaß in der Ausgangssituation Zentralregistraturen, in denen über 100.000 Akten verwaltet wurden. Dadurch ergaben sich überlange Zugriffs- und Wartezeiten durch Suchaktionen und Transportwege. Die Mitarbeiter in den Abteilungen waren in spezialisierten Gruppen für Vertragsausfertigung, Korrespondenz, Mahnverfahren, Änderungen etc. zusammengefaßt. Die Mitarbeiter arbeiteten sich zwar schnell ein, jedoch gab es eine starke Fluktuation.

236

1. Hauptteil:

Einführung

Es wurde ein Organisations-Prototyping in folgenden Phasen durchgeführt (vgl. Abb. 12-48): I. PHASE: Zunächst sollte die Zentralregistratur auf einzelne Arbeitsplätze verteilt werden. Stattdessen wurden dann Arbeitsgruppen gebildet, die jeweils ganze Vorgänge bearbeiteten. Jede Arbeitsgruppe erhielt einen eigenen Raum. Diese Neuorganisation erfolgte zu Testzwecken zunächst nur in einer Niederlassung mit Pilotfunktion. Sie hatte zur Folge, daß die Arbeitsfreude stieg, weil die Arbeit jetzt überschaubar war. Die Mitarbeiter bemühten sich darum, die Akten zusammenzuhalten und etwaige Rückstände schnell aufzuarbeiten. Das Vertretungsproblem ließ sich leichter lösen, da die meisten Mitarbeiter jetzt alle Vorgänge beherrschten. Die Arbeitsproduktivität stieg um 20 - 25%, wenngleich die Einarbeitungszeiten jetzt relativ lang waren. Die Folge war, daß sich Mitarbeiter anderer Abteilungen in die neuen Gruppen versetzen ließen. IL PHASE: Dann wurde dieses neue Arbeitssystem auf alle anderen Abteilungen übertragen. Doch hatte dies negative Folgen: es gab unerwartete Schwierigkeiten; anstatt zu steigen, sank die Arbeitsproduktivität. Als Gründe wurden diagnostiziert, • daß die Gruppen in der zweiten Phase nicht freiwillig gebildet wurden, • daß es an geeigneten Gruppenleitern fehlte, • daß nicht genügend ausgebildete Sachbearbeiter zur Verfügung standen, sondern daß vielmehr im starken Maße auf Aushilfskräfte zurückgegriffen wurde. m . PHASE: Nun wurde - im Wege einer zweiten Iteration - eine Anpassung mit derart vorgenommen, daß gemischte Gruppen gebildet wurden, in denen ein Teil der Mitarbeiter allround einsetzbar war, der andere Teil nur bis zu einer gewissen Qualitätsstufe. Das erlaubte auch eine differenzierte leistungsgemäße Lohnfindung und hatte einen überwiegend positiven Effekt. Es wurde jedem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben, sich weiterzubilden. Abb. 12-48: Organisations-Prototyping im Dienstleistungsbereich

Humanisierungsstrategien L Job Enlargement Dies läßt sich mit Arbeitserweiterung übersetzen. Es bedeutet Aneinanderreihung strukturell gleichartiger oder ähnlicher Arbeitsoperationen: in Fertigungsbetrieben durch Mitgehen am Fließband mit dem Arbeitsobjekt von Arbeitstation zu Arbeitsstation - praktisch durch Taktverlängerung - oder in Dienstleistungsbetrieben wie bei der Allianz-Versicherung durch eine längere Reihe von Verwaltungsoperationen. Kritiker des Job Enlargements wie Herzberg sehen darin keinen Humanisierungseffekt. Dem kann nicht unbedingt gefolgt werden; wenn durch Job Enlargement die Arbeit abwechslungsreicher wird, kann sich durchaus ein Job Enlargement-Effekt einstellen: • Befreiung von einseitiger körperlicher bzw. mentaler Arbeitsbelastung; • Anregung durch unterschiedliche, wenn auch gleichartige Tätigkeiten. Im Großen und Ganzen dürfte der Nutzungsgrad der Betriebsmittel beim Job Enlargement gegenüber stärkerer Spezialisierung gleich groß bleiben. n . Job Enrichment Job Enrichment läßt sich mit Arbeitsbereicherung übersetzen. Praktisch bedeutet es Zusammenfugung strukturell verschiedener Arbeitsoperationen zu einer größeren abgerundeten Aufgabe. In

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

237

einem Fertigungsbetrieb übernimmt z.B. ein Mitarbeiter zusätzlich zur Maschinenbedienung auch die Umrüstung der Maschine, Einstellen der Werkzeuge, Kontrolle der Qualität seiner Produkte, Reparatur der Maschine mit einem Doppeleffekt: • Entspezialisierung, da der Mitarbeiter Aufgaben übernimmt, die seiner Hauptaufgabe vor- bzw. nachgeordnet sind, und • Vertikalisierung, da er Aufgaben übernimmt, die sonst seinem Vorgesetzten oder einem anderen höhergeschulten Mitarbeiter vorbehalten blieben. Die Arbeitsbereicherung kann stufenweise den Bedürfnissen, Erfahrungen und Fähigkeiten des Mitarbeiters angepaßt werden und weist folgende positive Effekte auf: • Sie mindert den Aufwand für die Arbeitsplanung sowie die Zeit für Reparaturen. • Sie fuhrt deshalb zu Einsparungen bei dem indirekten Personal. • Sie fuhrt zu erhöhter Qualität, da der der Mitarbeiter die Betriebsmittel besser kennen lernt und sie deshalb besser in der Produktion einsetzen kann. Andererseits sinkt durch Job Enrichment teilweise der Nutzungsgrad der Geräte, bei schnell durchgeführten Selbstreparaturen (durch den Maschinenbediener) erhöht er sich allerdings. m . Job Rotation Job Rotation läßt sich mit Arbeitsplatz(ring)tausch übersetzen. Der programmierte Arbeitsplatzwechsel regt den Mitarbeiter an, sich ständig mit neuen Kollegen, Arbeitsverfahren und Organisationsstrukturen auseinander zu setzen. Dadurch gewinnt er eine breite Erfahrungsbasis und. er wird anpassungsfähig. Insgesamt qualifiziert er sich dadurch für eine gehobene Position. Job Rotation ist auch die Basis sog. Trainee-Positionen, die sich deshalb gut als Eingangspositionen für junge Hochschulabsolventen eignen, welche vornehmlich bis dahin nur eine theoretische Ausbildung absolviert haben. Job Rotation läuft praktisch auf eine längere Einarbeitszeit hinaus, die jedoch für den Betrieb relativ produktiv ist, da der Mitarbeiter jeweils von Lernstation zu Lernstation einen Arbeitsplatz ausfüllt. Nach W. Oechsler bildet sich durch Job Rotation eine "qualitative" Arbeitsreserve für Personalausfälle, da der Mitarbeiter an verschiedenen Arbeitsplätzen flexibel einsatzfähig ist (vgl. LV 7.8 S. 153). IV. Bildung teilautonomer Arbeitsgruppen 1. Teilautonome Gruppen in historischer Sicht Die Bildung von teilautonomen Gruppen hat in Deutschland längere Tradition (vgl. LV 1.32): • so schlug schon Anfang der Zwanziger Jahre W. Hellpach (1877 - 1955) ein Konzept der Gruppenarbeit vor, das R. Lang bei Daimler-Benz in Untertürkheim realisierte; • etwa zur gleichen Zeit führte der tschechische Schuhfabrikant Bata teilautonome Gruppen ein; • General Foods führte 1971 die Gruppenarbeit für alle Tätigkeiten in einem neuen Hundefütter produzierenden Betrieb in Topeka, Kansas, ein; • folgte Volvo in Kalmar (vgl. oben). J. Engel (vgl. LV 1.20 S. 76ff.) weist auf drei sich steigernde Stufen der Gruppenbildung: 1.) Die von R. Lang realisierte Form der Gruppenbildung, bei der die Arbeiter als Gruppe ihre Aufträge bekommen. Dabei setze "schon der Prozeß der Umkehr in der Arbeitsteilung ein, der einseitig nach technischen Gesichtspunkten zu weit vorwärts getrieben worden war. Im Fließbandprozeß oder beim Arbeiten an dem gleichen Werkstück, dem er nur mit einem kleinen Handgriff dient, findet der Arbeiter kein inneres Verhältnis zu seiner Arbeit. Wenn er aber einer Fabrikationsgruppe angehört, kann er die Gewißheit haben, daß er über die Gruppe an deren Gesamtwerk mitbeteiligt ist. Es kann ein Mitverantwortungsgefühl entstehen. Der Produktionsprozeß verliert die Anonymität... Die Gruppe arbeitet zusammen, kennt sich. Es wird ein erhöhter menschlicher Kontakt geschaffen. Das Werkstück ist das Materialobjekt, an dem die innermenschlichen Beziehungen zum Ausdruck kommen" (ebenda S. 76f). 2.) Das System der "Arbeitskommandisten" bei der Druckerei Dubuisson in Paris aus dem Jahre 1853, bei der das Unternehmen von der Gruppe das "fertige" Produkt, also die Gesamtleistung abkauft, wobei dann die Gruppe die Erlöse auf die Mitglieder aufteilt. 3 .) Das von Eugen Rosenstock 1922 propagierte System der Werkstattaussiedlung, bei die Arbeiter die Arbeitsstätte in Pacht nehmen. Hier besassen die Arbeiter die Möglichkeit der freien Gestaltung des Arbeitsprozeses. Zugleich lag bei ihnen auch die Verantwortung für ihren Herrschaftsbe-

238

1. Hauptteil:

Einführung

reich. Dabei behielt sich die Geschäftsleitung vor, den Leiter der Gruppe zu bestätigen und die Kalkulation sowie die Rechnungsführung zu bestimmen. Durch empirische Untersuchungen untermauert und theoretisiert wurde das Konzept der teilautonomen Gnippen am Tavistock Institute in England Anfang der Fünfziger Jahre, als empirische Studien zur Beobachtung von psychologischen und sozialen Folgen wegen technologischer Änderungen im englischen Kohlebergbau angefertigt wurden. Hieraufbauten unmittelbar die skandinavischen Gruppenmodelle u.a. von Volvo in Kalmar, aber auch die japanischen Gruppenmodelle auf, deren Erfolg die europäischen und amerikanischen in den Zugzwang brachte. 2. Aufstellung und Auswirkung von teilautonomen Gruppen Eine teilautonome Arbeitsgruppen besteht, • wenn sie über die Ziele ihres Einsatzes mitbestimmt, • wenn sie über Arbeitsmethode und Arbeitszeit entscheiden kann, • wenn sie über ihre Mitgliederzusammensetzung entscheiden kann, • wenn sie über die interne Arbeitsverteilung entscheiden kann, • wenn sie ihre Führer selbst wählen kann, • wenn der Einzelne in ihr die Arbeitsausführung selbst gestaltet. Eine teilautonome Gruppe ist demnach eine selbstgesteuerte Gruppe, der Basisdemokratie nahe; der Gruppenleiter nimmt - verglichen mit einem Vorgesetzten in hierarchischen Organisationssystemen - nur noch Rumpffünktionen wahr: • er ist Sprecher der Gnippe und koordiniert die laufende Arbeit; • er kontrolliert den Produktionsplan und er lernt die neuen Gruppenmitglieder an. Die Arbeit teilautonomer Gruppen hat sich in den Betrieben als effizient erwiesen: • es lassen sich wegen der Selbstorganisation Vorgesetztenstellen einsparen; • es steigt die Leistungsfähigkeit, - da die Gruppenmitglieder in einem ständigen Erfahrungsaustausch miteinander stehen - da die Gruppenmitglieder bei der Arbeitsverteilung im besonderen Maße auf die Leistungsfähigkeit des Individuums Rücksicht nehmen, - da die Gruppenmitglieder zum Schutz gegen einseitige Belastung und gegen Ermüdung informell und entsprechend schnell einen Arbeitsplatztausch vornehmen können; • es steigt parallel dazu die Arbeitsqualität, - da die Gruppenmitglieder sich gegenseitig "überwachen" und helfen, - da alle Gruppenmitglieder ein Interesse reibungslosen Arbeitsablauf besitzen, der Nachbesserungen bei Qualitätsmängel gestört würde; • es steigt die Arbeitszufriedenheit und komplementär sinkt die Absentismusrate (vgl. 1.2.4.5). Zur Wahl des Gruppenführers lassen sich zwei Grundthesen aufstellen: Grundthese A: Die Gruppe wählt sich ihren Führer selbst! Dies wird mindestens zwei Folgen haben: • dadurch verstärkt sich die Identifikation der Gruppe mit ihrem Führer; • dadurch verstärkt sich das Selbstwertgefühl der Gruppe und dadurch die Kohärenz der Gruppe. Grundthese B: Die Unternehmensleitung bestimmt den Führer der Gruppe! Dies wird u.a. folgende Resultate haben: Die Unternehmensleitung kann sicher sein, • daß ihre Ziele beachtet werden und • daß sich die Gruppe deshalb nicht verselbständigt. Die Interessen beider Seiten lassen sich zusammenfuhren, wenn eine Seite - Mitarbeiter oder Geschäftsleitung - eine Vorselektion betreibt und der anderen Seite zwei oder drei Kandidaten zur Auswahl vorschlägt; dies verklammert beide Seiten in gegenseitiger Verantwortung, ein Grunderfordernis, um die Gruppenarbeit voll ins Betriebsgeschehen zu integrieren und zu einem erfolgreichen Instrument der betrieblichen Arbeitsorganisation auf Dauer und nicht zu einer vorübergehenden Modeerscheinung zu machen.

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

239

Daß Gruppenarbeit nicht schon früher auf breiter Basis realisiert wurde, fuhrt Engel darauf zurück, daß "die erforderlichen Voraussetzungen psychologischer Art...weder auf Seiten der Arbeiter und der Unternehmer noch auf Seiten des Staates gegeben (waren), der eine neue Rechtsordnung hätte gestalten müssen" (LV 1.20 S. 78). Längere Zeit wurde die Gruppenarbeit von linken Ideologen als Transmissionsriemen zur demokratisierenden Veränderung der Herrschaftsverhältnisse im Betrieb und damit auch in der Gesellschaft angesehen, entsprechend suspekt war sie Unternehmern wie Managern und entsprechend stark deren Zurückhaltung. Unter den geänderten Verhältnissen, nachdem die japanischen Unternehmen die Gruppenarbeit profittreibend auf breiter Basis in ihren Betrieben eingesetzt haben, ziehen linke Ideologen wie Unternehmer und Manager in bezug auf Gruppenarbeit am gleichen Strang - allerdings bei unterschiedlichen Zielsetzungen, die jedoch in ihren Effekten konvergieren; durch Gruppenarbeit lassen sich • direkt (Qualitäts-)Kosten und Arbeitsausfälle senken, • indirekt die Hierarchien im Unternehmen abflachen und so als Transaktionskosteneffekt auf Dauer (vgl. 4.3.1.6) die Organisationskosten senken und so im Wege des Lean Management das Unternehmen reagibler wie auch demokratischer gestalten. Insgesamt werden also die Unternehmen durch Gruppenarbeit konkurrenzfähiger mit parallelen Effekten allerseits; es gewinnen - längerfristig • die Unternehmer größere Sicherheit der Kapitalerhaltung und • die Arbeitnehmer größere Sicherheit der Arbeitsplatzerhaltung sowie beiderseits - als willkommener Nebeneffelrt - die Einkommenssicherung. 3. Situativer Einsatz der Gruppenarbeit in Deutschland Gegenwärtig gehen deshalb mehr und mehr Betriebe dazu über, die straffe zentrale Arbeitssteuerung zugunsten der Selbststeuerung durch teilautonome Gruppen aufzugeben (vgl. auch 3.4.1.2): • So ist am 15. Nov. 1991 bei den Ford Werken, Köln, die zwischen dem Vorstand und dem Gesamtbetriebsrat beschlossene Rahmenvereinbarung über die Grundsätze der Gruppenarbeit in Kraft getreten, nach der - die Gruppenarbeit anhand noch zu erarbeitenden Pilotprojekten schrittweise einzuführen ist, - eine Verdienstabsicherung in dem Sinne gilt, daß die neue Tätigkeit bei Gruppenarbeit die gleiche Wertigkeit haben soll wie die aufgegebene Tätigkeit. • Bei den Opel-Werken, die wegen ihrer indirekten Beziehungen zum japanischen Unternehmen Toyota über die Muttergesellschaft General Motors einen Einfiihrungsvorsprung besitzen, wurden zu anfangs Zeit- und Akkordlohn durch einen Prämienlohn ersetzt sowie eine allgemeine Lohnerhöhung von 3% als Umstellungsanreiz eingeführt. Die Arbeitsgruppe ist weitgehend eigenverantwortlich: - sie regelt die An- und Abwesenheit der Mitarbeiter und schult neue Mitarbeiter selbst; - sie sorgt - per Kanban - selbst für den Nachschub an Material; - sie ist für die kontinuierliche Verbesserung von Produktion und Arbeitsabläufe verantwortlich, - sie ist für die Verbessrung der Qualität der Arbeit verantwortlich, wobei pro Gruppenmitglied 1,5 Verbesserungsvorschläge pro Jahr erwartet werden. Ein erheblicher Leistungsdruck entsteht dadurch, daß Fehler in einer Taktzeit von 135 Sekunden zu beheben sind und daß es keine Puffer gibt, die einen Stillstand der Montagebänder ausgleichen. V. Arbeitsflexibilisierung 1. Thesen und Bezugspunkte zur Flexibilisierung der Arbeit Zur Bedeutung der Arbeitsflexibilisierung werden kontroverse Thesen aufgestellt: These A: Positiv: Der Arbeitnehmer gewinne seine "Zeitsouveränität" zurück und vergrößere sein Potential der Selbstverwirklung am und außerhalb des Arbeitsplatzes (so insbesondere W. Hopfenbeck LV 1.38a S. 264f.)! These B: Negativ: Die arbeitsrechtlichen Deregulationen der Achtziger Jahre vor allem in Richtung einer Arbeitsflexibilisierung in Deutschland seien durch eine für die Arbeitnehmer nachteilige "...Stabilisierung und Restauration uneingeschränkter Machtbefugnisse des Kapitals (also der Arbeitgeberseite) gekennzeichnet" (R.Buschmann - J. Ulber LV 1.15 S. 28).

240

I. Hauptteil:

Einführung

2. Gründe für Arbeitsflexibilisierung Arbeitsflexibilisierung bedeutet Aufbrechen starrer Formen der Arbeitsorganisation, die sowohl von Arbeitgeber- wie von Arbeitnehmerseite aus Gründen angestrebt werden kann, die sich zum Teil überlagern (vgl. vor allem LV 1.13b S. 22ff): • Anpassung an unterschiedliche Nachfrageentwicklung etwa bei stärkeren saisonalen oder konjunkturellen Schwankungen als "just-in-time work"; • Ausweitung der Betriebszeit, um längere Maschinenlaufzeiten zu errzielen; • dadurch Reduktion der Fixkosten insbesondere in kapitalintensiven Betrieben; • Senkung der Lohnkosten durch Vermeidung von Überstundenzuschläge; • Überbrückung von Differenzen zwischen längeren Betriebszeiten wie etwa Ladenöffnungszeiten im Handel; • Aufrechterhaltung einer bestimmten Betriebszeit trotz Arbeitszeitverkürzung; • Vermeidung von Arbeitsunterbrechungen etwa an Hochöfen; • Verbesserung der Erreichbarkeit für Kunden und Lieferanten. 3. Formen der Flexibilisierung der Arbeit Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ist neben der schon immer praktizierten Überstundenarbeit u.a. in folgenden Formen möglich (vgl. auch LV 1.15, LV 1.38a S. 264ff): 1.) Gleitende Arbeitszeit. Dadurch gewinnt der Mitarbeiter - gewöhnlich um eine gewisse Kernarbeitszeit herum - eine bestimmte Zeitsouveränität (vgl. auch 1.2.4.5). Ein weitergehender Sonderfall ist die variable Arbeitszeit ohne Kernarbeitszeit mit relativ großer Zeitsouveränität des Mitarbeiters. 2.) Bandbreiten-Modell. Dabei ist die wöchentliche Arbeitszeit von z.B. 38 Stunden viertel-, halb- oder ganzjährig in einer gewissen Bandbreite von z.B. 36 bis 40 Stunden wöchentlich wählbar. 3.) Arbeitszeit nach dem Baukastensystem. Hierbei können einzelne Mitarbeiter, aber auch ganze Gruppen individuell tägliche, wöchentliche, monatliche oder jährliche Zeitmodule zusammenstellen. Ein Unterfall wäre das System der rollierenden Arbeit, wo z.B. fünf Mitarbeiter vier Arbeitsstellen in einer Sechs-Tage-Woche besetzen, wodurch sich für jeden Mitarbeiter eine Fünf-TageWoche ergeben kann. 4.) Jahresarbeitsverträge.Bei ihr verteilt sich die Solljahresarbeitszeit je nach Arbeitsanfall gleichmäßig oder ungleichmäßig über die einzelnen Wochen und Monate, die Vergütung jedoch erfolgt Monat für Monat gleichmäßig ohne besondere Überzeitvergütung. 5.) Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit (Kapovaz). Auch hier liegt die Solljahresarbeitszeit fest, jedoch der Arbeitgeber disponiert einseitig die Arbeitszeit des Beschäftigten. 6.) Lebensarbeitszeit. Die vom Unternehmen festgelegte Gesamtlebensarbeitszeit ist flexibel aufzuarbeiten, wodurch ein gleitender Eintritt ins Arbeitsleben mit Unterbrechungen für Weiterbildung bis zur gleitendenden Pensionierung möglich ist. Durch Verzicht auf Urlaub wäre z.B. eine frühzeitige Pensionierung möglich. 7.) Gleitende und flexible Pensionierung. Gleitende Pensionierung ermöglicht das sukzessive Ausscheiden aus dem Arbeitsleben etwa bei rollierender Arbeit und flexible Pensionierung bedeutet Wahlfreiheit des Ausscheidens etwa in der Spanne vom 60. bis zum 70. Lebensjahr. 8.) Beurlaubungs- und Arbeitszeitreduzierungsmodelle (Langzeiturlaub = Sabbatical etwa Bildungsurlaub). So können seit dem 1.1. 1992 Mitarbeiter der IBM mit einer Dienstzeit von mindestens fünf Jahren zur Pflege von Familienmitgliedern • eine unbezahlte Pflegepause bis zu drei Jahren bei Wahrung eines Arbeitsplatzes im Rahmen der zuletzt bekleideten Position oder • eine Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden in Anspruch nehmen. 9.) Tele-Arbeit (vgl. auch 1.2.2.4). Hier erbringt der Angestellte seine Arbeitsleistung außerhalb des eigentlichen Unternehmens etwa in seiner Privatwohnung oder in einem Privatbüro; dadurch wird der soziale Konnex kaum unterbrochen. Ein "Büro zu Hause" hat folgende Auswirkungen: • es erspart dem Mitarbeiter den Streß auf den überfüllten Straßen; • der Mitarbeiter gewinnt durch die räumliche und zeitliche Flexibilisierung per Teleärbeit einen höheren Grad an individueller Autonomie und damit eine Verbesserung seiner Lebensqualität; • die Unternehmen können ihre Organisationsstrukturen ausdünnen und qualitativ höhere Leistungen von außen beziehen (vgl. auch3.3.3.1, 3.4.3.1).

1.2 Die betrieblichen Produktionsfaktoren

241

10.) Minimalarbeitszeiten. Geringbeschäftigungen liegen vor, wenn das Entgelt nicht mehr als ein Siebtel des Normalzeitlohns beträgt. Diese Minimalarbeitszeiten sind in der Reinigungsbranche und im Handel häufig anzutreffen. Sie werden zum überwiegenden Teil von (Haus-)Frauen genutzt. Diese Minimalbeschäftigungen als "Pauschalverhältnisse" sind gewöhnlich da durch gekennzeichnet (vgl. LV 1.15 S. 175), • daß keine Arbeitszeit festgelegt wird, • daß keine Bestimmungsmerkmale des Arbeitsverhältnisses wie Arbeitseingruppierung bei der Einstellung vorgenommen werden, so daß dadurch gegen die Mitbestimmung verstoßen werde. 11.) Job Sharing (JS). R. Buschmann - J. Ulber geben eine formale Definition von JS: "Job Sharing beinhaltet die Aufteilung einer oder mehrerer Arbeitsplätze auf eine Zahl von Arbeitnehmer, die die Zahl der aufgeteilten Arbeitsplätze übersteigt" (Ebenda S. 186). Job Sharing könne es in folgenden Formen geben: • Ein Ganztags- bzw. Vollzeitarbeitsverhältnis wird in zwei nebeneinander stehende additive Halbtagsarbeitsverhältnisse ohne Vertretungs- bzw. Eintrittspflicht des Job Sharers aufgeteilt. • Es wird eine einseitiges Vertretungsrecht zweier oder mehrerer Arbeitnehmer untereinander ohne entsprechende Vertretungspflicht vereinbart mit der Maßgabe, daß die im Vertretungsfall ausgeübten Tätigkeiten seitens des Vertreters im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses geleistet werden und deshalb vollen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Schutz genießen. Da die Halbtags-Teilzeitarbeit den Bedürfnissen vieler weiblicher Beschäftigter nicht mehr voll entspricht, proben die Betriebe neue Job Sharing-Strategien: • so kann in der Näherei von Daimler-Benz, Sindelfingen, im wöchentlichen Wechsel an zwei oder drei Tagen zu acht Stunden gearbeitet werden; • so können im Nutzfahrzeugwerk von Daimler-Benz, Wörth, bei gegenseitiger Absprache zwei Mitarbeiterinnen jeweils zehn volle Tage im Monat arbeiten. 4. Gesetzliche Erleichterung von Arbeitsflexibilisierung Eine verstärkte Flexibilisierung der Arbeit wird mit Hilfe des Beschäftigungsförderungsgesetzes von 1985 (BeschFG) angestrebt, nach dem "eine Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall" möglich ist. Nach § 4 BeschFG ist im Vertrag eine gewisse Mindestdauer festzulegen, gilt eine tägliche Mindestarbeitszeit von drei Stunden sowie eine Mindestankündigungsfrist von vier Tagen im voraus (§§ 186ff. BGB). Dagegen sind Verträge, die auf sofortigen Abruf geschlossen werden, nichtig. Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug (§§ 293fF. BGB), wenn er nicht die geschuldete tägliche Mindestarbeitszeit abnimmt; sie gilt dann als geleistet. Der Arbeitnehmer kann nicht zu einem mehrmaligen täglichen Arbeitseinsatz verpflichtet werden. Neue gesetzliche Maßstäbe der Arbeitsflexibilisierung setzt das Arbeitszeitrechtsgesetz (ArbZG) von 1994 (vgl. 1.2.4.3). 5. Praktische Modelle von flexiblen/längeren Maschinenlaufzeiten Polemisch wird von Politikern wie Bundeskanzler Helmut Kohl von einem "Freizeitpark Deutschland" gesprochen; Deutschland hat bekanntlich die kürzesten Jahresarbeitszeiten bei den längsten Urlaubszeiten der Welt (vgl. auch 1.1.1.2). Allerdings läßt sich Letzteres noch positiv als Leistungsregeneration des betrieblichen Humankapitals beurteilen. Betriebswirtschaftlich bedenklicher sind die Aspekte kurzer Maschinenlaufzeiten; wie an einem Rechenmodell nachgewiesen werden kann (vgl. 4.3.1.4), lassen sich zwar durch längere Maschinenlaufzeiten - bei Vernachlässigung der Zinskosten - die (Stück-)Kosten nicht senken, jedoch erhöht sich die Rentabilität wegen des potentiell sich senkenden Kapitaleinsatzes. Bei verstärkter internationaler Konkurrenz ist letzterer Effekt anzustreben, um in der Rentabilitätszone und um damit - langfristig - konkurrenzfähig zu bleiben. Betriebswirtschaftlich hinreichend lange Maschinenlaufzeiten sind bedroht, • durch relativ kurze Arbeitszeiten, aber auch • durch restriktive staatliche wie tarifliche Arbeitszeitordnungen. Die restriktive aus den Dreißiger Jahren stammende Arbeitszeitordnung (vgl. 1.2.4.3) ist 1994 novelliert worden und gibt größere Flexibilität auch in der Hinsicht, daß Sonntagsarbeit und damit längere Maschinenlaufzeiten möglich sind, wenn der inländische Betrieb sonst nicht gegenüber Unternehmen im Ausland konkurrenzfähig ist. Damit lassen sich generell durch entsprechende Arbeitszeitgestaltung auch bei relativ kurzen Jahresarbeitszeiten lange Maschinenlaufzeiten erzielen.

242

/ . Hauptteil:

Einführung

Allerdings wurden auch früher schon von deutschen Unternehmen - teilweise unter Dehnung der Bestimmungen der Arbeitszeitordnung - längere und flexiblere Maschinenlaufzeiten gefahren: • Zweigwerk der Ford Werke in Genk (Belgien): Drei Schichten während der normalen Arbeitstage; zwei mal zwölf Stunden am Wochenende bei voller Wochenbezahlung; • Motorenwerk der Ford Werke in Köln: Acht-Stunden-Tag; nach sieben Wochen Arbeit eine Woche lang Freischichten als Freizeitausgleich, wodurch im Jahr 30 zusätzliche und bezahlte freie Tage anfallen mit dem Ziel, die Maschinen besser auszulasten und die Investitionen für eine höhere Produktion zu senken. • BMW-Werk in Regensburg: Alle drei Woche wird auch samstags gearbeitet, so daß bei kompliziertem Schichtwechsel ständig sechs Tage in der Woche die Maschinen laufen bei einer 35,5 Stundenwoche, wobei 37 Stunden bezahlt werden ermöglicht durch die (Machinen-)Einsparungen. • Pharmahersteller Boehringer in Ingelheim: Tägliche Arbeitszeit maximal 10 Stunden, die Differenz zur tariflichen Arbeitszeit - bis zu 7,5 Stunden - ist durch Freizeit auszugleichen, wodurch Überstundenzuschläge entfallen. • VW-Modell in Deutschland: Verteilung der konjunkturell bedingten Verkürzung der Arbeitszeit auf 28,8 Stunden pro Woche, um Entlassungen zu vermeiden, auf vier Arbeitstage in der Woche bei Lohnkürzung. Aus den verschiedenen Arbeitszeitangeboten können die Unternehmen einen flexiblen Arbeitszeitenset kombinieren: • die Kernbelegschaft - etwa 70% der Beschäftigten - sind Vollzeitbeschäftigte, von denen zumindest die Mitarbeiter in den Verwaltungsabteilungen und in den "unproduktiven" Herstellungsabteilungen wie Wartung in Gleitzeit arbeiten, während Mitarbeiter bei taktgebundenen Fertigungen an feste Arbeitszeiten gebunden sind; • Arbeitsspitzen, größere Projekte, Krankheits- und Urlaubsausfalle werden durch Zeitarbeitskräfte bzw. durch Arbeitskräfte mit befristeten Arbeitsverträgen bewältigt - bei Bewährung können sich derartige Einsätze zu Dauereinstellungen mutieren; • Arbeitskräfte, deren Wissen durch technologischen Wandel obsolet wurde, können einen Bildungsurlaub oder gar ein Sabbatical nehmen; • Arbeitskräfte mit neugeborenen Kindern können eine Kinderpause machen; • ältere Arbeitskräfte senken sukzessive ihre Arbeitszeit bis zur Sozialversicherungsgrenze. 6. Gesellschaftspolitische Dimension der Arbeitsflexibilisierung Die Arbeitsflexibilisierung besitzt eine gesellschaftspolitische Dimension; bei ihr stehen sich zum Teil die Interessen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite antithetisch gegenüber (vgl. vor allem LV 1.15 insb. S. 25ff): These der Arbeitgeber: möglichst individuelle Arbeitsverträge; Antithese der Arbeitnehmer/Gewerkschaften: möglichst kollektive Arbeitsverträge. Gegen die These/Forderung der Arbeitgeber nach individuellen, flexiblen Verträgen machen insbesondere die Gewerkschaften geltend, dies führe • zu einer Ausdehnung der Betriebszeiten zum Zwecke einer besseren Anlagennutzung und zur Senkung des Investitionsaufwands durch eine Ausdehnung der Maschinenlaufzeiten in Form von verstärlrter Nacht- und Wochenendarbeit (vgl. auch 4.3.1.4), • zu einer Intensivierung der Arbeit durch Verlagerung des Fehlzeitenrisikos über Gleitzeit sowie des Beschäftigungsrisikos u.a. durch Fremdfirmenarbeit, befristeten Arbeitsverträgen, • zu erhöhter Leistungsabforderung durch unbezahlte Arbeitszeitverkürzung wie Teilzeitarbeit. Die gegen die Arbeitsflexibilisierung vorgetragenen Argumente sind häufig ideologisch eingefarbt, besitzen jedoch einen betriebswirtschaftlichen Kern derart, daß betriebliche MaßnaJunen wie große Überstundenzahlen und verstärkte Verwendung von Wochenendschichten zu einem Raubbau an der Arbeitskraft vor allem der Kernbelegschaft und damit des betrieblichen Humanpotentials fuhren, die wiederum hohen Absentismus und vorzeitige Invalidität mit entsprechend hohen Sozialkosten zur Folge haben, die letztlich auf den Betrieb zurückfallen. Im Zweifels Falle schaffen sich die Unternehmen die hohen Sozialkosten für den Wirtschaftstandort Deutschland - zumindest zum Teil - selbst: deutlich wurde dies z.B. bei den Ford Werken; als diese um die Jahreswende 1992/3 nach zahlreichen Wochenendschichten Kurzarbeit einlegten, sank der Absentismus von 12 auf

1.2 Die betrieblichen

Produktionsfaktoren

243

etwa 6%, wobei allerdings die Angst vor einem Arbeitsplatzverlust ebenfalls eine erhebliche Rolle spielte. Dies gilt situativ um so mehr für deutsche Unternehmen in der Zukunft, als die Zahl der verfugbaren deutschen Arbeitskräfte zurückgeht und die verstärkte Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte auf ständig sinkende soziale Akzeptanz stößt, nicht zuletzt wegen der hohen sozialen Eingliederungskosten u.a. Stellung von Wohnraum. Entsprechend sind die deutschen Unternehmen gehalten, in Zukunft schonender mit ihrem Humankapital umzugehen und es nicht durch zu hohe Belastungen vorzeitig zu "verschleißen". 7. Strategien der Arbeitsflexibilisierung Die Personalkosten für die hochqualifizierten Spezialisten der Gemeinkostenbereiche werden immer mehr zur besonderen Belastung der Unternehmen. Dies gilt vor allem dann, wenn es zu starken betrieblichen Beschäftigungsschwankungen kommt mit der Folge von hohen Kosten der Unterbeschäftigung bzw. von Überbeschäftigung, letztere in Form von Überstundenzuschlägen. Die Unternehmen können zur Kostensenkung bzw. zur Kostenstabilisierung verschiedene Arbeitsflexibilisierungstrategien entwickeln: • flexible Arbeitszeiten mit Zeitgutschriften, um vor allem Überstundenzuschläge zu vermeiden; • Teilzeitarbeit, um Beschäftigungsspitzen abzudecken und um so ebenfalls Überstundenzuschläge zu vermeiden, wobei bei Tele-Arbeit (vgl. 1.2.2.4 VIII.) auch zusätzliche Raumkapazitäten vermieden werden; • Outsourcing (vgl. 3.3.1.6), um vor allem Kosten der Unterbeschäftigung zu vermeiden; • Personal-Pooling, etwa, wenn zur besseren Auslastung der Schreibkräfte diese in einem Schreibpool zusammengefaßt werden, wobei Voraussetzung für Personal-Pooling auf breiterer Basis im Unternehmen ist, daß verwandte Organisationseinheiten gegenläufige Beschäftigungszyklen aufweisen, etwa die Kontierung und die Rechnungsschreibung und daß rechtzeitig der PersonalSwitch vorgenommen wird, so daß es zu keiner ungeplanten Unterbeschäftigung kommt. Erhalt der Human Resources durch Humanisierung der Arbeit Die bei der Arbeitszeitflexibilisierung verfolgten betrieblichen und individuellen Zielsetzungen gehen teilweise über die Humanisierung im eigentlichen Sinne hinaus (vgl. auch Abb. 12-49): a) Verbesserung der betrieblichen Rentabilität durch Mehrschichtbetrieb (vgl. 4.3.1.4); b) verbesserte Nutzung der betrieblichen Personalressourcen vor allem durch Job Sharing; c) Humanisierung der Arbeit am Arbeitsplatz etwa durch gleitende Arbeitszeit; d) Verfolgung ethischer Ziele komplementär mit Betriebszielen wie • der Verbesserung der Chancengleichheit der Geschlechter durch Angebot der Teilzeitarbeit - für den Betrieb = Vergrößerung der Human Resources, • der Verbesserung des individuellen Bildungsstandes durch Einräumung einer "Bildungspause" - für den Betrieb = höhere Qualifikation der Human Resources, • der Pflege kranker Angehöriger durch Einräumung einer "Pflegepause" oder durch Einräumung einer "Familienpause" zur Kindererziehung, wobei gleichzeitig jeweils ein adäquater Arbeitsplatz bei Rückkehr ins Berufsleben und eine Rentenanrechnung zu Bruchteilen gesichert sind - für den Betrieb = Erhaltung der Human Resources. Abb. 12-49: Verbindung von Individual- und Betriebszielen durch Humanisierungsstrategien INDIVIDUALZIELE: Eigenständigkeit


G r u p p e n a r b e i t < Job Enlargement -> Job E n r i c h m e n t < Job R o t a t i o n -> Arbeits(zeit-) < flexibilisierung I Rückkopplungseffekte

BETRIEBSZIELE: > Qualitätsverbesserung > g e r i n g e r e Fluktuation > V e r g r ö ß e r u n g , Höherqualifikation, Erhaltung der HR

244

1. Hauptteil: Einführung

Gewisse Grenzen der Humanisierung der Arbeit sind jedoch nicht zu verkennen: • es gibt gewisse technische Zwänge; viele betriebliche Tätigkeiten sind noch taktgebunden, wodurch die freie Entfaltung des Individuums eingeschränkt ist; • viele Mitarbeiter wollen ihren angestammten Arbeitsplatz, an dem sie sich offensichtlich eingerichtet haben, zum Job Rotation nicht wechseln; • bestimmte Individuen bevorzugen monotone Fließbandarbeiten, und zwar unterdurchschnittlich intelligente - wenig gebildete - Individuen und gelegentlich überdurchschnittlich intelligente Individuen, die von der Arbeit "abschalten" wollen; • in teilautonomen Gruppen können sich neue informelle Hierarchien bilden, ohne daß bremsende übergeordnete Instanzen vorhanden sind; • die Gruppendisziplin kann weniger leistungsfähige Mitarbeiter unter einen stärkeren zermürbenden Leistungsdruck setzen als in konventionellen Arbeitssystemen; deshalb sollte die Auswahl der Gruppenmitglieder mit großer Sorgfalt vorgenommen werden. Post-Taylorismus Der bis in die jüngste Zeit vorherrschende Taylorismus schuf das Menschenbild des spezialisierten "Einzelkämpfers", der die "bestmöglichen" Arbeitsgeräte einsetzt, und strebte die Leistungssteigerung durch Arbeitsperfektionierung über individuelle Strategien an: • Arbeitsspezialisierung des Individuums in Verbindung mit • Motivation durch individuelle monetäre Leistungsbelohnung (sog. extrinsische Motivation). So verkürzte Henry Ford z.B. 1913 kurz vor Einfuhrung des Fließbands durch Arbeitsteilung und Spezialisierung den Arbeitszyklus des Monteurs von 514 auf 2,3 Minuten und mit der Einführung des Fließbands die Taktzeit weiter auf 1,19 Minuten (vgl. LV 1.114 S. 32). Bei so kurzen Arbeitszyklen entsteht beim Individuum keine Identifikation mit seiner Leistung. Dies löst folgende, für das Unternehmen negative Kettenreaktion mit signifikanten Defiziten aus: geringe Unternehmensidentifikation; geringe Eigenverantwortung; geringes Qualitätsbewußtsein. Der gegenwärtig sich entwickelnde P o s t - T a y l o r i s m u s verfolgt die Zielsetzung der Leistungssteigerung durch Arbeitsperfektionierung mit sozialen Strategien: • durch Gruppenarbeit und die damit verbundene Gruppendisziplin und -integration; • durch intrinsische Motivation im Wege der Verbesserung der Arbeitsinhalte; • durch Arbeitszeitflexibilisierung u.a. durch Job-Sharing. Dadurch entsteht eher das Menschenbild eines sozialintegrativen und sozialdienlichen Individuums, wobei die Maschinen- bzw. Computerperfektionierung zwar weiterhin verfolgt, aber nicht um jeden Preis angestrebt wird; so soll es im neuen Mercedes Benz-Werk in Rastatt nur einen einzigen Industrie-Roboter geben, weil "früher an einigen Stellen überautomatisiert" worden sei (vgl. Süddeutsche Zeitung, 183/1992, S. 21). Anstelle einer einseitigen Dominanz der Entwicklung der technischen Seite der betrieblichen Arbeits- und Produktionsverhältnisse in der Vergangenheit ist neuerdings eine gewisse Parallelität und Synchronisation von technischen und sozialen Innovationen festzustellen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-49 in Abschnitt 1.7!

1.3 Unternehmer und betriebliche Innovation

245

1.3. Unternehmer und betriebliche Innovation 1.3.1. Funktion des Unternehmerischen 1.3.1.1 Betriebliche Innovationsfelder Der Unternehmer in der Sicht der Volkswirtschaftler Die Funktion des Unternehmerischen ist schon seit Jahrhunderten von Volkswirtschaftlern interpretiert worden: • Nach Richard Cantillon (-1734) erzielt der Unternehmer einen ungewissen Lohn im Vergleich zum Lohnempfänger, er produziert also in Ungewißheit; • J.B. Say (1767-1832) weist dem Unternehmer die Funktion zu, Produktionsfaktoren zu kombinieren; • Sombart (1863-1941), als Nationalökonom in Breslau und Berlin lehrend, stellt beim Unternehmer die Erfindung, Entdeckung und schöpferische Verwendung neuer wirtschaftlicher Möglichkeiten, die sog. Innovation, in den Vordergrund; • Joseph A. Schumpeter (1883-1950) sieht in der Initiativkraft und in der Fähigkeit des Unternehmers, wirtschaftliche Entwicklungsvorgänge voranzutreiben, einen dritten Produktionsfaktor neben ausführender Arbeit (Lohnarbeit) und Boden (vgl. LV 1.94). In der (deutschen) Betriebswirtschaftslehre fristet der Unternehmer dagegen konventionellerweise ein Schattendasein, wenn er nicht gar zum „dispositiven Faktor" (E. Gutenberg) degeneriert ist. In der angelsächsischen Literatur werden zumindest die Unternehmer-Unternehmensbeziehungen unter dem Principal-Agent-Theorem (vgl. vor allem 2.1.4.8, 3.7.0) thematisiert. Unternehmerische Freiheit und Innovation Unternehmerische Kombination von Produktionsmitteln setzt jedoch als soziale Rahmenbedingung die Gewerbefreiheit voraus. Selbst wenn diese gewährleistet ist, wird die "unternehmerische Freiheit" und damit die unternehmerische Innovation häufig durch eigene schon früher getroffene Entscheidungen eingeengt (vgl. auch W. von Czege in LV 1.92 S. 241f ): • der betriebliche Output ist technologisch fixiert auf bestimmte Produkte, da die Investitionen in bestimmte Betriebsmittel nicht konvertierbar sind; • das Unternehmen ist feste Kooperationsverpflichtungen z.B. im Rahmen eines Joint Ventures eingegangen; • das Unternehmen hat sich vertraglich auf die Lieferung bestimmter Produkte festgelegt; • das Unternehmen hat das Image für bestimmte Produktleistungen etwa Porsche für Sportautos, von dem nicht ohne erhebliche Schadenseinbußen etwa bei der Produktionsaufnahme von konventionellen Familienautos abzugehen ist. Innovationsfelder Nach Schumpeter (vgl. LV 1.94 S. lOOf.) zeigt die leitende Arbeit des Unternehmers schöpferische Funktionen auf folgenden fünf Innovationsfeldern: 1. Erzeugung und Durchsetzung neuer Produkte oder neuer Qualitäten von Produkten. Hierzu zählen z.B. die erstmalige Produktionsaufnahme des nahtlosen Eisenrads durch Krupp, die Erfindung und Produktionsaufnahme des nahtlosen Eisenrohrs durch Mannesmann, die erstmalige Produktionsaufanahme des Pkws durch Daimler. Der Plattenspieler ist schon seit längerem bekannt, die Weiterentwicklung zum CD-Plattenspieler unter Verwendung der Lasertechnik wäre nach Schumpeter als eine eigene unternehmerische Leistung zu bewerten. 2. Einführung neuer Produktionsmethoden. Markantestes Beispiel hierfür dürfte die Einfuhrung des Fließbands in die industrielle Massenproduktion durch Henry Ford sein (vgl. 3.4.0). Das Fließprinzip wurde schon früher in den Schlachthöfen Chicagos genutzt. Ford kehrte das dortige Ausschlachtprinzip din das Aufbauprinzip der industriellen Massenproduktion von komplexen Produkten um, wodurch eine Arbeitstechnik der Bio-Sphäre in die Techno-Sphäre transferiert wurde. 3. Schaffung neuer Organisationen. Angesichts der verschärften internationalen Konkurrenzsituation sehen die Unternehmensleitungen in organisatorischen Innovationen, insbesondere in der Einführung der Gruppenarbeit, die größten Rationalisierungsreserven (vgl. 1.2.4.7).

246

1. Hauptteil:

Einführung

4. Erschließung neuer Absatzmärkte. Der Mikrocomputer in Form der PCs dringt mit vorgefertigten Programmen aus dem kommerziellen Bereich in weite soziale Bereiche vor; in Haushalte; in politische und kulutrelle Organisationen. 5. Erschließung neuer Bezugsquellen. Ein Engländer schmuggelte den Gummibaum, den es nur im Amazonasgebiet gab, trotz der angedrohten Todesstrafe außer Landes. Mit dem dadurch möglichen Aufbau von Gummibaumplantagen vor allem in Malaysia wurde das de-facto-Monopol Brasiliens auf Naturkautschuk gebrochen. Mit der Herstellung des synthetischen Gummis wurde das Gummimonopol des Naturkautschuks durch Substitution überhaupt gebrochen. Im Rahmen des sog. Global Sourcing hat die Erschließung neuer weltweiter Bezugsquellen aktuelle Bedeutung gewonnen. Innovationsfolgen Das unternehmerischen Wirken auf diesen fünf Innovationsfeldern hat schwerwiegende sozioökonomische Folgen (vgl. 1.1.1.2): so verdrängten die Pkws die Pferdegespanne; Kaufhäuser verdrängen die unabhängigen Fachgeschäfte; die Camcorder (Camera Recorder) habenschon weitgehend die Filmkameras verdrängt. Demnach hat die innovative unternehmerische Tätigkeit in historischer Retrospektive stets zwei Ergebnisse, die zur sog. "schöpferischen Zerstörung" fuhren: 1.) Zerstörung überkommener ökonomischer Strukturen und darauf aufbauend 2.) Errichtung neuer fortgeschrittener ökonomischer Strukturen. Die betriebliche Innovation ist als ein historischer Prozeß anzusehen: 1. Phase. In der Gründungsphase ist gewöhnlich der Unternehmer, der zugleich Unternehmensgründer ist, Träger der betrieblichen Innovation. 2. Phase. In derEntwicklungs- und Wachstumsphase können vor allem nach Ausscheiden des Gründer-Unternehmers einzelne Mitarbeiter bzw. Kollektive von Mitarbeitern an die Stelle treten. Innovationsschwerpunkte in den Betrieben Für die Unternehmen zeichnen sich situativ drei Innovationsschwerpunkte ab: 1. Produktinnovation: es sind ständig neue Produkte bzw. Produktverbesserungen im solchen Maße zu entwickeln, daß sie UPP ein (Unique Product Profile, vgl. 3.0, 3.1.0) besitzen und sich dadurch hinreichend von Konkurrenzprodukten abheben; 2. Verfahrensinnovation: sie fuhrt z.B. durch Übergang von der Teilemontage zur Spritzgußfertigung oder z.B. bei Banken durch Übergang der Geldausgabe am Schalter zur automatisierten Geldausgabe zur Stückkostensenkung bzw. zur Qualitätserhöhung; 3. Organisationsinnovation: sie stellt das notwendige soziale Pendant zu den vorgenannten mehr technischen Innovation dar, indem sie diese z.B. durch Übergang von der spezialisierten Werkstatt- oder Fließbandfertigung zur integrativen Gruppenfertigung dadurch unterstützt, daß sie das Betriebsklima verbessert und die Leistung erhöht. Innovation versus Kaizen Nach M. Imai verfolgen japanische und "westliche" Unternehmen interkulturell unterschiedliche Innovationsstrategien (LV 1.42 S. 47): "Das westliche Management huldigt der Innovation. Unter Innovation sind große Veränderungen in Richtung auf einen technologischen Durchbruch oder die Einfuhrung neuester Managementkonzepte und Produktionstechniken zu verstehen. Die Innovation verläuft dramatisch... Im Gegensatz ist dazu Kaizen wenig spektakulär... Während es sich bei Kaizen um einen kontinuierlichen Prozeß handelt, ist die Innovation meist ein einmaliges, abgeschlossenes Phänomen." Imai untermauert seine Vorstellung, indem der "Innovation" und dem Kaizen interkulturell unterschiedliche Attribute zuordnet (vgl. Tab. 13-1, vgl. auch 3.8.0). Die Dichotomy (Spaltung) von "Innovation" und "Kaizen" erscheint jedoch als künstlich konstruiert; auch westliche Unternehmen kennen die inkrementale Entwicklung in kleinen Schritten, vom Verfasser als "Prototyping" bezeichnet (vgl. 1.1.2.3); bestes Beispiel dafür ist die Entwicklung des Computers. Offensichtlich haben die japanischen Unternehmen aus der Not eine Tugend gemacht; die Innovationen, mit denen sie im großen Umfang ihre Geschäfte betreiben wie Autos, Spiegelreflexwie Autofocuskameras, Laserdrucker sind ausnahmslos nicht in Japan, sondern im "Westen" ge-

¡.3 Unternehmer

und betriebliche

Innovation

247

Tab. 13-1 : Attribute von Innovation und Kaizen Innovation

Kaizen

Kreativität Individualität spezialistenorientiert Streben nach großen Fortschritten in kurzer Zeit technologieorientiert Information: geheim und intern rein funktionelle Orientier, ständige Suche nach neuen Technologien Geschäftsleitung und unmittelbarer Mitarbeiterstab eingeschränktes Feedback

Anpassungsfähigkeit Teamwork generalistenorientiert Streben nach inkrementaler Verbesserung der Produktion mitarbeiter-/verbraucherorientiert Information: öffentlich u n d gemeinsam interfunktionelle Orientierung auf bestehenden Technologien aufbauend interfunktionelle Organisation umfassendes, intensives Feedback

macht worden. Auffallend ist auch die Zähigkeit, mit der japanische Unternehmen vom Westen bereits aufgegebene Entwicklungen wie z.B. die LED-Anzeige und den Roboter weitergeführt und zum Erfolg geführt haben. Außerdem haben Teamwork und offene Information einen höheren Stellenwert bei den team-orientierten japanischen Unternehmen aus taoistisch-konfuzianischer Tradition heraus (vgl. LV 1.63 insb. S. 127) als bei den individualistischen „westlichen" Unternehmen. Nicht nur Produkte, sondern auch die fortgeschrittenen Produktionstechnologien wurden weitgehend importiert und dann weiter verbessert: "In essence, the Japanese imported the best available production technology and then improved on it. The marginal improvements accumulated into a fundamental manufacturing innovation" (LV 1.43 S. 85). Möglicherweise stehen die japanischen Markterfolge auch in Interdependenz zwischen Kaizen und starkem Streben nach großen Marktanteilen: "In contrast to the United States, where production innovation tends to occur in discontinuous jumps from one prototype to another, in Japan production innovation tends to be more continuous and more iterative. . . The process of absorbing foreign technologies while aggressively pursuing market share produced substantial production innovation" (LV 1.43 S. 87). Die japanischen Forscher Y. Murakami und K. Yamamura verweisen darauf, daß die japanischen Unternehmen beim Kaizen auf einer relativ kontinuierlich sich senkenden langfristigen Stückkostenkurve operieren (vgl. LV 1.43 S. 82ff.). Dies macht die Unternehmensexpansion nicht so risikoreich wie bei Innovationssprüngen, die gewöhnlich mit relativ hohen Transaktionskosten für Entwicklung, Betriebsmittelinvestitionen und Anlaufkosten verbunden sind (vgl. 4.3.1.7). Inkrementale Änderungen des Produktionsprozesses können gewöhnlich mit dem vorhandenen Betriebsmittelbestand durchgeführt werden, während Innovationen neuartige Betriebsmittel erfordern. Langfristig gesehen dürfte deshalb das Transaktionskostenniveau beim Kaizen niedriger liegen als bei Innovationen, so daß sich beim Kaizen die langfristigen Stückkosten senken lassen. Allerdings wurden nicht alle japanischen Markteroberungen mit lauteren marktwirtschaftlichen Methoden gemacht (vgl. 2.1.1.8). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-50 in Abschnitt 1.7! 1.3.1.2 Unternehmertypen und Unternehmereigenschaften Unternehmertypen und Rechtstypologie des Unternehmers H.H. Bader (vgl. LV 1.6 S. 405f.) unterscheidet in historisch-leistungsmäßiger Sicht folgende Funktions-Unternehmertypen: I. Der Unternehmer-Händler, der mit Hilfe fürstlicher Privilegien den sog. Frühkapitalismus entwickelte, etwa die Fugger und Welser in Deutschland.

248

1. Hauptteil:

Einführung

2. Der Unternehmer-Erfinder, der auf der Erfindung von Maschinen und Produkten das Unternehmen aufbaut, zunächst in England, dann in Deutschland mit Namen wie Krupp und Siemens. 3. Der Unternehmer-Kaufmann, der große vertikal strukturierte Unternehmen von der RohstofFerzeugung bis zum Vertrieb von Fertigprodukten reichend aufbaut etwa in der Erdölbranche von der Erdölförderung über Raffinerien bis zu den Tankstellen wie etwa Rockefeller. 4. Der Unternehmer-Finanzier, der vor allem nach dem Ersten Weltkrieg vornehmlich durch Finanzoperationen große Unternehmensimperien begründete wie etwa Flick. 5. Der Unternehmer-Manager, der unter der Bezeichnung Top Manager, neuerdings: CEO, die maßgebliche Unternehmensleitung übernimmt, in Deutschland etwa Beitz bei Krupp, Abs bei der Deutschen Bank, und der neuerdings über sog. Management Buyouts (vgl. 1.4.3.4) die ursprünglichen Eigentümer völlig verdrängt. Zwischen den Unternehmertypen zeigen sich interkulturelle Unterschiede, etwa zwischen englischen und deutschen Unternehmern: "Wo der deutsche Unternehmer wissenschaftlichen Rat zu nutzen weiß, bleibt der Engländer empirisch eingestellt - mit eine Ursache für das Veralten seiner Fabriken und das seit dem endenden 19. Jh. im internationalen Vergleich deutlich werdende und im 20. Jh. verstärkt fortsetzende Zurückbleiben der wirtschaftlichen Entwicklung in England - während die englische Finanzwelt ("city"), vor allem im Überseegeschäft, viel länger dominiert" (LV 1.71 S. 230). Gewöhnlich wird unter dem Unternehmer der Gründer bzw. Weiterfuhrer eines Unternehmens verstanden, wobei sich Kapital und Geschäftsführung und damit das ungeteilte Risiko in einer Hand befinden. Wie noch eingehender zu untersuchen ist (vgl. unten, 2.0, 2.1.4.8), geben viele Unternehmer die unmittelbare Geschäftsführung an (Top-)Manager ab und begründen so ein sog. Principal-Agent-Verhältnis, in dem die operative Unternehmensfuhrung in Händen von Top-Managern liegt. An letztere hält sich der Gesetzgeber, indem er von Gesetzes wegen Unternehmereigenschaften bei bestimmten Gesellschaftsorganen fingiert (vgl. Tab. 13-2), wenngleich dies realiter funktionsmäßig häufig nicht der Fall ist. Das Ziel des Gesetzgebers ist es offensichtlich, eindeutige, zentrale Ansprechspartner für den Rechtsverkehr in Bezug auf die Unternehmen etwa zum Betriebsrat hin zu schaffen und um so Rechtssicherheit zu erzeugen. Dadurch entstehen bei den "Geschäftsführern" und "Vorständen" rechtstypologisch artifizielle Unternehmer von Amts wegen. Tab. 13-2: Rechtstypologie der Unternehmer (vgl. LV 2.78 S. 25) Rechtsform

Unternehmer

Einzelunternehmung offene H a n d e l s g e s e l l s c h . (OHG) K o m m a n d i t g e s e l l s c h a f t (KG) BGB-Gesellschaft G. mit beschr. H a f t u n g (GmbH) G m b H Sc Co K G A k t i e n g e s e l l s c h a f t (AG) Genossenschaft, V e r e i n

Eigentümer (alle) G e s e l l s c h a f t e r nur K o m p l e m e n t ä r e (Vollhafter) Gesellschafter Geschäftsführer Geschäftsführer Vorstand Vorstand

Unternehmereigenschaften Bei einer Cluster-Analyse, mit der sich aus einer Vielzahl von Objekten abgegrenzte Mengen mit bestimmten homogenen Eigenschaften herausfinden lassen, würde sich aus der Masse der menschlichen Individuen der "dynamische" Unternehmer-Cluster sich mit folgenden Persönlichkeitsattributen abheben: • unzufrieden mit dem Bestehenden; • phantasievoll, an Neuem interessiert; • beweglich bei Erfolgen wie bei Mißerfolgen; • erwerbsbegierig und gleichzeitig risikobereit nicht nur in bezug auf seine Position, sondern auch in Bezug auf sein Vermögen; • eigenständig motiviert, Motivationsverstärkung durch die Erfolge anderer - eine Art sublimier-

1.3 Unternehmer und betriebliche Innovation

249

ter Sozialneid; • energetisch (tatkräftig), die Untätigkeit anderer verachtend; • allgemeines soziales Interesse, aber Desinteresse an Innovationsopfern. Manager-Unternehmer-Separation und Manager-Unternehmer-Migration Die menschliche Gesellschaft der letzten Jahrzehnte ist durch das Vordringen von Organisationen vom wirtschaftlichen bis zum gesellschaftlich-politischen Bereich gekennzeichnet, • die von Managern geleitet werden und • die - so hatte es für einige Zeit den Anschein - die Unternehmer ersetzen bzw. verdrängen. Allerdings erfolgt gegenwärtig dem Druck der fernöstlichen Konkurrenz eine Rückbesinnung auf die alte Unternehmerqualifikation des "Westens", die sich vom reinen Management abhebt. Worin bestehtdie Manager-Unternehmer-Separation? Zur Beantwortung dieser Frage muß 1. die grundlegende Entstehungseigenschaft beider Personenkreise geklärt werden: • der Unternehmer ist daran erkenntlich, daß er mit eigenen Konzeptionen und auf eigenes (Finanz-)Risiko den mehr oder weniger selbständigen Markteintritt versucht, • der Manager gründet im allgemeinen keine Organisation, sondern tritt in eine bestehende Organisation ein, entsprechend ist der Manager ein Produkt der Organisation, in der sich gewöhnlich um Aufstieg bemüht (vgl. 2.1.3.2) und die ihn gewöhnlich prägt, 2. die rechtliche Stellung beider Personenkreise zu einander geklärt werden: • formal-rechtliche Separation: der Manager ist Angestellter des Unternehmens, der Unternehmer ist Gesellschafter, nur in Kapitalgesellschaften kann er zusätzlich als Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglied auch Angestellter sein, • materiell-rechtliche Separation: der Unternehmer trägt das Kapitalrisiko der Unternehmung, zudem - vor allem in Personengesellschaften - die Geschäftsführung, der Manager höchstens nur die Geschäftsführung - im Principal-Client-Verhältnis (vgl. 2.1.4.8). Im letzteren Fall gibt es interkulturelle Unterschiede: während in Deutschland die Managern fast ausnahmslos nur geldlich entlohnt werden, erhalten vor allem in den USA die Top-Manager häufig im nennenswerten Umfang Firmenaktien zu dem geldlichen Entgelt, so daß eine materielles Interesse am Unternehmen über den "Job" hinaus entstehen kann. Unternehmer und Manager bewegen sich vorwiegend in den Koordinaten "Marktorientierung" und "Organisationsorientierung" (vgl. Abb. 13-1). Trotz der eindeutigen Trennung gibt es Übergangszonen und Migrationen (Wanderungen) zwischen diesen beiden "Welten": • das eine Extrem stellt der "Gründer"-Unternehmer dar, in der früheren volkswirtschaftlichen Literatur auch "dynamischer" Unternehmer genannt, im Gegensatz zum "statischen Wirt", der zwar sein Kapital einsetzt, aber keine Neuerungen hervorbringt; • das andere Extrem stellt der "angepaßte" Manager dar, ein Organisationsmensch, dem der Aufstieg maximal in mittlere Führungsränge genügt; • eine "Zwischenlage" nimmt der Nachwuchs des Gründer-Unternehmers ein, der gewöhnlich in einer Organisationseinheit beim Gründer-Unternehmer eine "Lehre" durchmacht und der später kraft Erbrechts das Unternehmen weiterführen soll (vgl. 2.1.1.2); Abb. 13-1: Manager-Unternehmer-Separation und -Migration Organisationsorientierung hoch

niedrig

M a n a g e r IMigration aufstrebende Manager— Aufstieg "Mitarbeiter" "Junior-Chef" niedrig

-> "Intrapreneur" -> "Buyout -Unt e rn." "Gründer-" Unternehmer

Unternehmer

hoch Marktorientierung

250

¡.Hauptteil:

Einführung

• eine "Wanderung und Konversion zum Unternehmer" machen diejenigen "leitenden Angestellten" durch, die im Wege des sog. Management-Buyouts (MBO) das Unternehmen erwerben und es auf eigenes Risiko weiterfuhren - in Form des - relativ seltenen - externen MBOs wie etwa bei Henschel, Kassel, durch A. Goergen, dem ehemaligen Top-Manager eines anderen Großunternehmens (vgl. 1.4.3.4), oder - in Form des - häufigeren - internen MBOs durch Angestellte desselben Unternehmens; • eine "Wanderung zum Unternehmer bei gleichzeitiger Wahrung des Angestelltenstatus" sollen jene Manager durchmachen, welche im Zuge neuerer tiefgreifender Dezentralisierungsprozesse eine weitgehend unabhängige Position im Unternehmen als "Intrapreneur" - eine Abwandlung der französischen Bezeichnung "Entrepreneur" = Unternehmer - von selbständigen Geschäftseinheiten erhalten sollen (vgl. 1.4.4.2, 2.1.1.5), der die Rolle eines Unternehmers im (Teil-) Unternehmen spielen soll. Demnach gibt es für den "aufstrebenden" Manager drei Zielrichtungen mit steigendem Unternehmer"content": • Aufstieg ins Top-Management, von dem insbesondere in große Kapitalunternehmen schon erhebliche unternehmerische Qualitäten erawartet werden; • Wanderung zum Intrapreneur mit - bezogen auf das Gesamtunternehmen - begrenzten unternehmerischen Qualitäten; • Wanderung zum Buyout-Unternehmer mit unbegrenzten unternehmerischen Qualitäten. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-51 in Abschnitt 1.7! 1.3.1.3 Unternehmer im Spannungsfeld von Eigentum und Sozialethik - Unternehmensethik Funktionen des Privateigentums Die Frage, was den Unternehmer zur Aufnahme seiner Funktion und zu Leistungen motiviert, läßt sich zu einem wesentlichen Teil durch den menschlichen Drang nach - mehr - Eigentum beantworten. Die Institution des Eigentums regelt die Beziehung des Menschen zu den materiellen und immateriellen Gütern. Eigentum ermöglicht private Nutzung von Gütern und bedeutet dabei soziale Ausgrenzung von anderen Personen, ein Trieb, der auch aus der Tierwelt bekannt ist. Nach J. Engel (vgl. LV 1.20 S. 12f.) leistet das Privateigentum der menschlichen Gesellschaft große Dienste: • Es grenze die Individualrechte bei Produktion und Konsumtion gegeneinander ab und kläre so die Verfugungsberechtigung. • Die Auswertung des Eigentums erfolge bei persönlicher Verfugung intensiver, weil das persönliche Interesse strenger an den Wirkungen gebunden sei. • Die persönlichen Beziehungen aufgrund des Austausches von Eigentum würden von Mensch zu Mensch intensiver und persönlicher, als es bei Gemeineigentum möglich wäre. • Die Gliederung des gesamten Gesellschaftskörpers in klare Verantwortungsbereiche würde gefördert. • Die soziale Freiheit des Individuums sei durch das Privateigentum stärker gesichert als durch Sozialeigentum, bei dem totalitäre Ansprüche des Staates leichter durchzusetzen seien. • Die Herrschaftsbereiche entsprächen mehr der sozialen Gliederung. Da praktisch alle Menschen nach mehr Eigentum streben zum Zwecke des Konsums, als Versicherungsrücklage gegen persönlich-berufliche Kalamitäten, zur gesellschaftlichen Herausstellung, etc., ist das Streben des Unternehmers nach mehr Eigentum keine spezifische Unternehmereigenschaft. Allerdings kann die Beherrschung großer Areale durch Fabriken, Lager, etc. eine gesellschaftliche bzw. machtmäßige Hervorhebung der Unternehmerperson zur Folge haben. Funktionsweise und Bedeutung der Sozialethik Das Unternehmenseigentum entspringe zwar meistens dem Privateigentum - zumindest in bezug auf die Anschubfinanzierung bei der Unternehmensgründung aus privaten Mitteln - , erhielte aber

1.3 Unternehmer und betriebliche

Innovation

251

durch den Einsatz im Unternehmen eine neue Qualität und werde als einseitiges Eigentumsrecht individualistischer Prägung nicht der geänderten Situation gerecht (vgl. ebenda S. 14). Hier greift die Sozialethik Platz. Unter Ethik ist laut Duden die Philosophie und Wissenschaft von der Sittenlehre (Morallehre) zu verstehen. Dabei stellt Sozialethik soziale Normen auf, um den sozial Stärkeren, insbesondere den Unternehmer mit seinen Eigentumsrechten, an einen sozialen Bezugsrahmen zu binden und dabei den sozial Schwächeren zu schützen. Die natürlichen Grenzen der Schutzfunktion der Sozialethik liegen da, wo durch eine Überregulierung die Nutzenfiinktion des Eigentums und parallel dazu die Leistungsfähigkeit der Unternehmen in nichtvertretbarer Weise behindert und gemindert wird. Das bedeutet für den Unternehmer, • daß von ihm die Einhaltung allgemeingültiger Normen erwartet werden kann, • daß gleichzeitig eine Negation ökonomischer Zwänge nicht von ihm verlangt werden kann. Den Kern der Sozialethik macht das Subsidiaritätsprinzip aus. Dieses Prinzip wurde von norddeutschen Protestanten in Antithese zu dem von Rom ausgehenden katholischen Zentralismus entwickelt; so beschloß die Synode von Emden im Jahre 1571, daß "Fragen, die auf der Ebene von Kirchengemeinden entschieden worden sind, nicht mehr der Synode der Provinz oder des Landes unterbreitet werden sollen." Das Subsidiaritätsprinzip wurde paradoxerweise in der Folgezeit von der zentralistischen katholischen Kirche adaptiert, so daß es nunmehr als ein Hauptbestandteil der katholischen Morallehre gilt. Das Subsidiaritätsprinzip verbreitete sich im Wege der Generalisierung aus dem religiösen Bereich heraus: • es erhielt Einzug im rein staatlichen Bereich, wonach in einem Bundesstaat ein Gleichgewicht zwischen Zentralstaat und Einzelstaaten herrschen solle; • es hielt Einzug im Zwischenbereich von Staat und Gesellschaft, wo das Subsidiaritätsprinzip den unteren Instanzen Bewegungsfreiheit verschafft mit dem Argument, der Staat solle nur das Nötigste verrichten und alles Übrige den gesellschaftlichen Strukturen überlassen, • es hielt Einzug im rein sozialen Bereich, dabei zunächst in der christlichen Soziallehre. Das Subsidiaritätsprinzip im Sozialbereich, insbesondere beiUnternehmen besagt, daß Institutionen höherer Ordnung z.B. der Unternehmer keine Funktionen an sich reißen sollen, die Institutionen niederer Ordnung wie das Individuum oder auch kleine Gruppen selbst - obendrein möglicherweise besser - erfüllen können. Dadurch sollen die sozial Schwächeren vor den Totalitätsansprüchen der sozial Stärkeren geschützt werden. Andererseits hat der sozial Stärkere als höhere Institution den niederen Institutionen zu Hilfe zu kommen, wenn die Größe der Aufgabe deren Kräfte übersteigt. Praktisch bedeutet dies die Begrenzung der Machtausübung des Unternehmers, aber auch der im Rahmen des Principal-Agent-Verhältnisses (vgl. 2.1.4.8) beauftragten Top-Manager, solange die Unternehmensgeschäfte normal laufen und die Unternehmensziele erreicht werden. Jedoch dürfen nach R. Lay höhere "Institutionen auch gegen den Willen von Personen und niederrangigen Institutionen für diese subsidiär tätig werden" (LV 2.36 S. 182), wenn die Unternehmensziele dauernd verfehlt werden. Aus dem Subsidiaritätsprinzip lassen sich im Sozialbereich unmittelbar noch das Solidaritäts- und das Gerechtigkeitsprinzip (vgl. ebenda S. 180 ff.) ableiten. R. Lay formuliert dabei das Solidaritätsprinzip folgendermaßen: "Jedes Mitglied einer Institution hat Anspruch darauf, von den anderen materiell und ideell unterstützt zu werden, wenn es dieser Unterstützung bedarf und die anderen dazu in der Lage sind" (ebenda S. 184). Durch diesen Mechanismus komme es zu Ausgleichsprozessen innerhalb einer Institution. Auf dem Solidaritätsprinzip beruht auch das "soziale Netz", das der Unternehmer im erheblichen Umfang durch Versicherungsleistungen unterhält, welches gleichzeitig seine Solidaritätsverpflichtungen abdeckt (vgl. 3.7.1.8). Die deutschen Unternehmer kommen ihrer Solidar- und Fürsorgepflicht auch dadurch nach, indem sie in absatzschwachen Zeiten nicht gleich zur Kündigung greifen (vgl. 1.1.1.3). Weniger Rücksicht nehmen dagegen japanische Unternehmen; der Aufstieg Japans zur fuhrenden Industriemacht beruhte nicht zuletzt auf dem rücksichtlosen Einsatz der japanischen Angestellten, der zum Erschöpfüngstod (japanisch Karoshi) von Hunderten japanischer Angestellter führte. Die japanischen Behörden gehen deshalb aus Gründen der Moral dazu über, die jeweiligen Unternehmen für diese Todesfallen verantwortlich zu machen.

252

1. Hauptteil:

Einführung

Das Gerechtigkeitsprinzip sei "ein Prinzip, dessen Geltung für die Funktion sozialer Systeme . ..im Umgang mit deren innererer oder äußerer Umwelt grundlegend ist. Andauernde Verletzungen des Prinzips fuhren zu einem letztlich auch das System selbst zerstörenden Verhältnis zu beiden Umwelten" (LV 2.36 S. 189). Hier gebe es zwei Unterfälle zu beachten: • Vertragsgerechtigkeit (ius commutativa). Danach dürfen nicht allein die Marktkräfte zum Zuge kommen, müßten bei Verträgen Leistung und Gegenleistung wertmäßig übereinstimmen (vgl. ebenda S. 190). Diese Forderung scheint überzogen zu sein; ohne zumindest subjektiv vermutete Wertdifferenzen dürfte es kaum zu Tauschakten kommen; jeder, der ein Gut hingibt, ist auf seinen Vorteil aus, der Beweggrund für menschliches Handeln ist. • Verteilungsgerechtigkeit (ius distributiva). R. Layer (vgl. ebenda S. 195f.) zählt u.a. folgende Darstellungsformen strukturellen Unrechts in einem Unternehmen auf: - ungleiche Bezahlung für gleiche Arbeit; - unnötige Begrenzung persönlicher Freiheiten; - keine Mitbestimmung über die zu leistende Arbeit und über die Arbeitsbedingungen; - Ausübung von Herrschaft, welche die Würde des Individuums verletzt; - Ausübung von Herrschaft, die nicht auch dem ökonomisch Schwächsten nützt. Die Verteilungsgerechtigkeit ist wesentlicher Grund zum Erhalt von Gruppen (vgl. 1.1.3.9); sie beeinflußt unmittelbar den individuellen Leistungswillen (vgl. 2.1.3.1). Nach der Anreiz-BeitragsTheorie ist die Verteilungsgerechtigkeit Anreiz zum Eintritt in eine Organisation (vgl. 2.1.4.3). Unternehmensethik im Allgemeinen Die generelle Unternehmensethik abstrahiert vom Unternehmer und sieht im Unternehmen als Organisation ein Untersuchungsobjekt sui generis. Hier sind nach P. Ulrich vier Orientierungsrichtlinien für die Erforschung der Unternehmensethik zu erkennen (vgl. P. Ulrich: Unternehmensethik - Führungsinstrument oder Grundlagenreflexion? in: LV 1.99b S. 180ff.): 1. Wissenschaftstheoretischer Aspekt. Diese solle als "Vernunftethik" auf einer praktisch-philosophischen Konzeption aufbauen und sich kritisch mit der Betriebswirtschaftslehre mit dem Anspruch einer "wertfreien" Wissenschaft auseinandersetzen. 2. Betriebswirtschaftstheoretischer Aspekt. Die ethische Dimension des betrieblichen Wirtschaftens sei als lebenspraktische Herausforderung zu begreifen, so daß die Unternehmensethik nicht als Spezialdisziplin zu begreifen und zu behandeln, sondern in die Betriebswirtschaftslehre zu inkorporieren sei, ein Standpunkt, der auch hier vertreten wird. 3. Managementpraktischer Aspekt. Die Unternehmensethik solle dem Management mit seiner Repräsentationsfunktion für das Unternehmen als gesellschaftlicher Institution gedankliche Hilfe im Umgang mit der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft geben. 4. Ordnungspolitischer Aspekt. Es komme für eine realistische Unternehmensethik auf die Klärung der unverzichtbaren institutionellen Voraussetzungen vernunftethisch legitimer, fairer unternehmenspolitischer Konfliktlösungsprozesse an, die durch die Unternehmensverfassung und ihre Einbettung in die gesamte ordnungspolitische Konzeption konstituiert werden. Ethische Normen unterliegen dynamischen Entwicklungen in doppelter Hinsicht: • im Laufe der Zeit findet ein sog. Wertewandel statt; • im Laufe der Zeit ändert sich der qualitative Gehalt der Normen. Für Letzteres hat L. Kohlberg aufgrund vergleichender Forschungen bei Jugendlichen und Erwachsenen in verschiedenen Kulturen ein universelles Stufenschema der individuellen Moralentwicklung auf drei Ebenen mit jeweils zwei Unterstufen insgesamt also sechs Stufen festgestellt (vgl. LV 1.46b S. 60f. zitiert nach M. Osterloh: Unternehmensethik und Unternehmenskultur, in: LV 1.99b): I. Vorkonventionelle Ebene der egozentrischen Perspektive: Stufe 1: Orientierung an Bestrafung und Gehorsam, d.h. das menschliche Individuum gehorcht nur aus Furcht vor Strafe bzw. aufgrund seiner Unterlegenheit geegenüber Autoritäten. Stufe 2: Naiv egoistische Orientierung an Gegenseitigkeit, d.h. das menschliche Individuum orientiert sich an Tauschbeziehungen, wobei die Elemente Fairneß und Gegenseitigkeit instrumenten zur Befriedigung eigener Bedürfnisse eingesetzt werden. II. Konventionelle Ebene des Handels der Gruppe, Familie, Nation: Stufe 3: Orientierung am Idealtypus des "guten" Gruppenmitglieds, d.h. das menschliche Individuum strebt Konformität mit dem Verheitsverhalten in der Gruppe an.

1.3 Unternehmer und betriebliche

Innovation

253

Stufe 4: Orientierung an Aufrechterhaltung von Autorität und sozialer Ordnung, d.h. das menschliche Individuum strebt rechtes Verhalten an, indem es seine Pflicht tut und die gegebene soziale Ordnung um ihrer selbst willen aufrecht erhält, was eine Ausrichtung an Autorität und fixierten Regeln erfordert. III. Nachkonventionelle Ebene des Handels nach allgemeinen Prinzipien: Stufe 5: Legalistische Vertragsorientierung, d.h. eine legalistische Vertragsorientierung an Regeln entstanden nach vernünftigen Verfahren der Konsensbildung wird als verbindlich angesehen. Stufe 6: Orientierung am Gewissen oder an Prinzipien, d.h. Regeln werden hinsichtlich der Übereinstimmung mit universellen Prinzipien der Gerechtigkeit, der Gegenseitigkeit und der Gleichheit menschlicher Rechte bewertet. Nach Auffassung von M. Osterloh erreicht die Unternehmenskulturforschung allenfalls die Stufen 3 und 4 der Moralentwicklung (vgl. ebenda S. 149), was sich als Schnittmenge der Flächen Unternehmenskultur und Allgemeine Ethik darstellen läßt (vgl. Abb. 13-2a). Bei dieser Schnittmenge besteht die Möglichkeit der gegenseitigen Beeinflussung, die zur Änderung von als "unethisch" erkannten Unternehmensprozessen fuhren kann: 1. Ethik —> Unternehmenskultur: Ausschluß von lebensgefährlichen bzw. gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten im Betrieb durch Anschaffung von Robotern. 2. Unternehmenskultur —> Ethik: Ausschluß der Verwendung von Robotern im Betrieb, weil dies der Unternehmungskultur im Sinne der Herstellung individueller handwerklicher Produkte widerspricht. Eine gegenseitige Anpassung von Ethik und Unternehmenskultur kann dann darin bestehen, daß lebens- bzw. gesundheitsgefährdenden Tätigkeiten im Betrieb etwa durch Einsatz anderer Fertigungstechniken vermieden und daß so keine Roboter angeschafft werden. Abb. 13-2: Unternehmenskultur und Ethik a) Verhältnis von Unternehmenskultur und Ethik (statisches M.)

b) Kulturwandel (dynamisches Modell) Marktänderung/Wertewandel

Unternehmens kultur

Ethik

Ausgangskonzept der Unternehmens kultur

angepaßtes Konzept der Unternehmens kultur

Der innerbetriebliche Wertewandel kann von einem kulturellen Wertewandel überlagert werden: a l t e Wertvorstellungen neue Wertvorstellungen Effizienz der Arbeit Arbeitszufriedenheit starke Arbeitsteilung Job Enlargement/Enrichment Individualismus soziale Bindung Gewinnbetonung öko-soziale Verträglichkeit Lösen Sie Aufgabe 1-52 in Abschnitt 1.7! 1.3.2 Organisation der betrieblichen Innovation 1.3.2.1 Time-to-Market Historie der Time-to-Market Bekannte Produkte benötigten folgende Innovationszeiten: • Telefon 56 Jahre (1820 - 1876); • Fernsehen 12 Jahre (1922 - 1934); • integrierte Schaltkreisen 3 Jahre (1959 - 1961, vgl. auch 1.2.2.1).

254

I. Hauptteil:

Einführung

Die Innovationszeit, auch Time-to-Market genannt, also die Zeitspanne von der technischen Idee bis zur Marktreife eines daraus abgeleiteten Produkts, ist demnach ständig geschrumpft, obwohl die Innovationen selbst komplexer und dadurch aufwendiger wurden; gewisse Computer-Chips brauchen heute nur noch sechs Monate bis zur Marktreife, der anschließende Spitzenausstoß läuft etwa 90 Tage und die Gesamt-Produktlebensdauer beträgt nur 12 Monate (vgl. LV 1.93). Siemens verkündet, die Time-to-Market für ein Kleinst-SPS auf 12 Monate verkürzt zu haben (vgl. m+w, 12/1991, S. 28), und BMW will die Time-to-Market von 48 auf 36 Monate verkürzt haben. Eine Umfrage unter 400 deutschen Investitionsgüterherstellern forderte zutage (vgl. Produktion, 43/1992, S. 23), daß in den letzten 20 Jahren der durchschnittliche Produktlebenszyklus von 12 auf 6 Jahre gefallen ist, sich also halbiert hat. Treibende Kräfte zur Verkürzug der Time-to-market R. Perillieux gibt folgende „Triebfedern" der Time-to-Market-Verkürzung an (vgl. LV 3.17a S. 279): • verkürzte Produktlebenszyklen führten zu geringeren Marktauschöpfungszeiten: • durch die Globalisierung von Unternehmen und Märkten erfolge eine Zunahme des Wettbewerbs; • wegen fragmentierter Märkte sei auf schnell sich ändernde Kundenwünsche zu reagieren; • wegen des technischen Fortschritts gäbe es eine wachsende Breite technischer Lösungsmöglichkeiten. Instrumente der Time-to-Market-Verkürzung Derartige Time-to-Market-Verkürzungen sind verschiedenen Ursachen zuzuschreiben: •Es werden verbesserte Managementtechniken wie auch verbesserte Innovationsorganisation durch Projekt Management (vgl. 3.6) eingesetzt. • Es werden besser geeignete Entwicklungswerkzeuge (Entwicklungssoftware) wie CDE (vgl. 3.2.3.4) verwendet; dadurch wird eine erhöhte Produktqualität bei reduzierten Kosten und bei verkürztem Entwurfszyklus ermöglicht. Bei der "Hughes Radar System Group" reduzierte sich so die Time-to-Market um 25%, bei Honda um 40% und bei Warner Electric gar um 62%. • Es werden Strategischen Geschäftseinheiten (vgl. 1.4.2.4) eingerichtet, auch Geschäftsfelder genannt, mit gewöhnlich flacheren Organisationsstrukturen als bei der Spartenorganisation mit überaus großen Produktfeldern und entsprechend unelastischen Organisationsstrukturen. • Es wird Lean Production/Management im Betrieb eingeführt (vgl. 3 .0, 3 .1.0, 3 .2.0, 3.4.0) - mit der Verlagerung von Entwicklungstätigkeiten auf "System-"Lieferanten, die gewöhnlich schon auf neuen Entwicklungen "sitzen", und - mit Simultaneous Engineering d.h. parallelisierende Entwicklungsarbeit im Gegensatz zur bisher vorherrschenden Sukzessiventwicklung. •Es entstehen virtuelle Unternehmen und Produkte (vgl. 3.1.1.1), wobei bereits vorhandene Unternehmensstrukturen und Produktkonzepte „quick and dirty" kombiniert werden. • Es werden Produkt Manager im Betrieb eingeführt (vgl. 3.1.2), weil sich in ihm verschiedene produktbezogene unternehmerische Funktionen rezentralisieren lassen, die im arbeitsteiligen hierarchischgegliederten modernen Betrieb auf zu viele Stellen verteilt sind, wie an den vielen Stufen der "technologischen Kette" erkennbar ist (vgl. 3.1.1.1), da dadurch die eindeutige Produktverantwortung im Betrieb verloren geht. Erstmalig wurde 1927 das rezentralisierende Produkt Management von Procter & Gamble zur Einführung der neuen Seife Camey eingesetzt, als sie wenig Umsatz zeitigte und erst durch den eingeteilten Einsatz einer Person zu einem Erfolgsträger für das Unternehmen wurde, so daß sie sich noch heute im Unternehmensprogramm befindet. In einer innovationsfreudigen Umwelt darf die Entwicklung neuer Produkte nicht konventionellen ProduktManagern überlassen bleiben; diese sind zu sehr mit der Betreuung ihrer etablierten Produktlinien beschäftigt, vielmehr sind (vgl. LV 1.48 S. 325) • spezielle Stellen für Neuproduktmanager einzurichten und/oder • Neuproduktkomitees aufzustellen und/oder • besondere Neuproduktabteilungen zu etablieren. Während die Produkt Manager eine hohe Produktorientierung besitzen, legen die Key Account Manager (vgl. 3 .6.1.13) den Akzent auf hohe Marktorientierung (vgl. Abb. 13-3).

1.3 Unternehmer

und betriebliche

Innovation

255

Abb. 13-3: Aufgabenverteilung zwischen Produkt und Key Account Managern

hoch

Produkt Manager für etablierte Produkte

Produkt -

Neuprodukt Manager

Orientierung

Fachabteilungen

niedrig

niedrig

Key Account Manager

Marktorientierung

hoch

R. Perillieux nennt als Bausteine zur organisatorischen Umsetzung eines zeiteffizienten Innovationsmanagements zur Stärkung der betrieblichen Innovationskraft (vgl. LV 3.17a S. 281): • wirksames Projektmanagement mit integrierten Teams zur Realisierung von Gesamtverantwortung für Innovationen und Innovationsprogramme anstelle von Komponentenverantwortung; • frühzeitiges Entwickeln und „Einfrieren" von Spezifikationen, da ständige Änderungen bei Innovationsprozessen eine Hauptquelle für Überschreitungen und Kostenzielen darstellten, wie wiederum Ketten von weiteren Änderungen auslösten (vgl. auch 3.2.0); • fertigungsorientierte Produktentwicklung mit Hilfe von modularen Konzepten, um einen nahtlosen Übergang von der Entwicklung in die Produktion zu gewährleisten; • um den unterschiedlichen zeitlichen Anforderungen zu berücksichtigen, sind Forschung, Plattformentwicklung und anwendungsorientierte Entwicklung zu entkoppeln und unterschiedlich zu fuhren; • Innovationsprozesse sind zur Zeitverkürzung einem Re-Design durch Konzentration auf die wertschöpfenden Teilprozesse zu unterziehen, wobei parallele anstelle der historische gewachsenen sequentiellen Abläufe treten sollten; • wettbewerbsorientierte Benchmarks (Leistungsmaßstäbe) sind zur Orientierung an fuhrende Wettbewerber einzusetzen. Unternehmensinterne Untersuchungen in der europäischen Automobilindustrie ergaben folgende Leistungsrückstände bei der Time-to-Market gegenüber japanischen Unternehmen: • sequentielle Entwicklung, bei der erst vollständige "Pakete" weitergegeben werden gegenüber der Simultaneous Engineering bei japanischen Unternehmen (vgl. 3 .2.1.5); • ungenügende Vorbereitungsarbeit bis zur Produktgenehmigung, so daß es zeit- und kostenaufwendige Produkt-/Prozeßänderungen im späteren Ablauf gibt; • Auftreten konfliktärer Programmziele; • kritische Elemente werden nicht frühzeitig erkannt und rechtzeitig korrigiert; • großzügiger Zeitplan erlaubt den langsamen Aktivitätenaufbau. 1.3.2.2 Innovationssubstitution Die Innovation ist zwar in den großen Betrieben durch die "Bürokratie" stark behindert, aber nicht völlig ausgeschlossen, zumal auch die großen Unternehmen wegen des großen Konkurrenzdrucks ihre Produktpalette ständig innovativ verändern müssen. Die Großunternehmen benötigen allerdings Innovationen, die sich im größeren Maßstab verwerten lassen. Reicht das eigene Innovationspotential nicht, besitzen die Unternehmen aus neben der eigenen Entwicklung folgende Substitutionstrategien geordnet nach zunehmender finanzieller Involvierung: 1. Lizenzstrategie. Hierbei beschafft das Unternehmen sein Know-how - Produkt- und/oder Verfahrens-Know-how von außen. Der Vorteil ist darin zu sehen, daß der Erwerb schnell erfolgen kann und eine langwierige Entwicklungszeit nicht mehr erforderlich ist. Da die zu erwerbende Leistung bereits bekannt ist, ist der Lizenzerwerb auch sicher und die Kosten sind überschaubar. Das gilt nicht so bei der Eigenentwicklung, bei der bei grösseren Schwierigkeiten die Kosten in die Höhe schnellen können.

256

1- Hauptteil:

Einführung

2. Kooperationsstrategie. Kooperation mit anderen Unternehmen zum Innovationstransfer bietet sich an • wenn sich das Unternehmen in der Anfangsphase befindet, • wenn das Unternehmen in einen neuen Leistungsbereich vorstoßen will; • wenn das Unternehmen aus irgendeinem Grund den Anschluß an neuere Entwicklungen verpaßt hat; so war es deutschen Unternehmungen zeitweilig nach dem Zweiten Weltkrieg verboten, sich auf bestimmten hochtechnologischen Sektoren wie der Informations- und Atomtechnik zu betätigen. So verschaffte sich Siemens nach Aufhebung der Verbote in Kooperation mit Westinghouse und RCA das grundlegende Know-how der Atom- bzw. Computertechnik. Durch Kooperation/Lizenz mit dem japanischen Unternehmen Toshiba gewann Siemens das Know-how für die Produktion des 1-Mega-Bit Chips (DRAM) und konnte dann aus eigener Kraft an die Entwicklung und Produktion des 4-Mega-Bit Chips gehen. Daraufhin bot IBM Siemens eine Strategische Allianz bei der Entwicklung des 64-Mega-Bit und des 256-Mega-Bit Chips an (vgl. 3.2.0). 3. Vertragsforschungsstrategie. Fehlt dem Betrieb eine leistungsstarke Entwicklungskapazität oder will er für einen bestimmten Zweck keine aufbauen, bietet sich die Einschaltung eines Forschungsinstituts an wie etwa seit längerer Zeit das Batelle-Institut, das sich auf Vertragsforschung spezialisiert hat. Seit einiger Zeit etablieren sich auf breiter Basis in der Pharmaindustrie zunehmend CROs (Contract Research Organizations). Um 1982 waren es in Westeuropa etwa 100 CROs, gegenwärtig (Stand: 1992) sind es 300 CROs (vgl. LV 3.14), wobei ihr durchschnittlicher Personalbestand von 10 auf 30 Personen gestiegen und der Durchschnittsumsatz 4 Mio. DM pro Jahr erreicht hat. 4. Unternehmensakquisitionsstrategie. Größere Unternehmen, vor allem, wenn sie erhebliche finanzielle Liquiditätsreserven besitzen, kaufen immer öfter kleinere innovative Unternehmen auf und verwerten deren Innovationen auf breiter Basis. Ein Beispiel hierfür gab der VW-Konzern, dessen Innovationspotential durch die jahrzehntelangen Verkaufserfolge mit dem "Käfer" verdorrt war und der die NSU-Werke kaufte und mangels eigener leistungsfähiger Entwicklungen die dort entwickelten Bautypen mit einigen Modifikationen als Nachfolgeprodukte für den "Käfer" übernahm. Es ist schon eine "Mode" geworden, daß ertragreiche Elelrtrokonzerne - im Wege der Internationalisierung - innovative kleinere Elektronikbetriebe aufkaufen, um so schnell an neues Know-how zugelangen. Finanzpotential kann also eigenes innovatorisches Potential substituieren. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-53 in Abschnitt 1.7! 1.3.2.3 Psychologische Hindernisse für Innovationen Innovationen sind gewöhnlich keine „Selbstläufer", sondern stoßen gewöhnlich auf Hindemisse: •Innovationsfeindliches Betriebsklima. Innovation bedeutet Änderung im Betrieb. Jede Änderung stößt jedoch auf Widerstand bei den beharrenden Kräften, so daß dieser zu brechen ist, um der Innovation freie Bahn zu verschaffen. Günstiger wäre es jedoch, im Betrieb durch Information für Aufgeschlossenheit gegenüber Innovationen zu sorgen, indem allen Mitarbeitern die Bedeutung der Innovation für die betriebliche Wertschöpfüng, Wettbewerbsfähigkeit und für den Erhalt des Unternehmens einschließlich des eigenen Arbeitsplatzes erklärt wird, um so ein innovationsfreundliches Betriebsklima zu schaffen. • Expertendünkel. Langjährige Mitarbeiter, häufig in Führungspositionen, werfen sich leicht als „Experten" auf und suchen mit ihrem angeblich überlegenen Wissen, das möglicherweise nur technisch fundiert ist und an den wirtschaftlichen Gegebenheiten vorbeigeht, die Entscheidungen zu beeinflussen. Ein Beispiel für überzogenes, weltfremdes Expertendenken geben die von japanischen Unternehmen zu Millionen Stück verkauften Autofokus-Kameras, die eine automatische Scharf-einstellung mit hoher Präzision ermöglichen; das zugrundeliegende Prinzip wurde zwar als automatisches Entfernungsmessungsprinzip für den Kampfpanzer Leopard durch Leitz entwikkelt und auch schon als Prototyp auch für den Gebrauch in Kameras unter der Bezeichnung Corefort zu Beginn der Achtziger Jahre auf einer Photokina in Köln vorgestellt, ging aber nicht bei diesem Unternehmen nicht in Produktion, weil aus professioneller Überheblichkeit der Markt dafür als zu klein eingeschätzt wurde. "Experten" sind deshalb nach Möglichkeit bei definitiven Produktbeurteilungen auszuschließen; es ist statt dessen auf die "Stimme des Kunden" zu hören (vgl. 3 .2.1.4).

1.4 Unternehmensdynamik

257

1.4 Unternehmensdynamik Hauptsächliche Aufgaben des betriebswirtschaftlichen Gebiets "Unternehmensdynamik" sind, • Hinweise zu geben, in welchen Unternehmensphasen welche Unternehmensinstrumente in betriebswirtschaftlich sinnvoller Weise zur Anwendung kommen können, und um so •die wissenschaftliche Einordnung dieser Unternehmensinstrumente zu erleichtern, insgesamt wird so die Beurteilung des Stellenwerts dieser Unternehmensinstrumente ermöglicht. 1.4.1 Gründungsphase des Unternehmens 1.4.1.1 Marktzugangsbarrieren, Transaktionskosten, Suchstrategien für unternehmerische Leistungen Marktzugangsbarrieren Selbst, wenn von der Wirtschaftsordnung her Gewerbefreiheit besteht, muß ein neues Unternehmen bzw. der Unternehmer in spe mit verschiedenen sog. Marktzugangsbarrieren rechnen, welche den Markteintritt und damit den Unternehmensstart erschweren: • Höhe des Kapitalbedarfs; je höher der Kapitalbedarf, um so schwieriger die Finanzierung des neuen Unternehmens. • Produktdifferenzierung am Markt; je stärker die Differenzierung, um so schwieriger ist es, ergiebige Nischen ausfindig zu machen. • Zugang zu den Lieferanten; sind sie fest verbunden - etwa durch Kapitalverflechtung - mit den bisherigen Produzenten am Markt, dürfte es schwierig sein, das benötigte Material in ausreichender Menge und zu günstigen Bedingungen zu beziehen. • Zugang zu den Vertriebskanälen; gibt es keine unabhängigen Vertriebskanäle in Form des Handels, ist mit entsprechend hohen Aufwendungen ein eigenes Vertriebsnetz aufzubauen. • Umfang des technischen und administrativen Know-hows; je komplexer und umfangreicher das erforderliche Know-how ist, um so größer sind die Anfangsschwierigkeiten. Personaler Markteintritt Als Gründe für den personalen Markteintritt, der Gründung einer "eigenen Existenz", lassen sich anfuhren: • unternehmerischer Tatendrang zur Verwirklichung einer eigenen Idee; • Streben nach Unabhängigkeit; • Frustration - wegen schlechter Behandlung bzw. schlechten Fortkommens im - unselbständigen - Beruf, - wegen Arbeitslosigkeit etc.; • Streben nach höherem Einkommen bzw. sozialem Aufstieg. Der neue Unternehmer sollte seinen personalen Markteintritt erst dann wagen, wenn folgende Voraussetzungen für den Unternehmensbeginn allesamt vorliegen: • das Unternehmenskonzept ist im vollen Umfang abgeklärt; • das Risiko des Markteintritts erscheint einigermaßen überschaubar; • die persönliche Verschuldung für die Beschaffung der Betriebsmittel und für den Aufbau der Unternehmensorganisation, etc., hält sich in Grenzen; • der zukünftige Unternehmer ist körperlich und mental gesund; • bei ihm besteht eine starke geistig-emotionale Leistungsbereitschaft; • der Markt zeigt für seine Produkte hinreichende Aufnahmebereitschaft, das bedeutet, daß seine Produkte gute Konjunktur haben müssen, nicht unbedingt die ganze Volkswirtschaft. Für den künftigen Unternehmer ist die Neugründung eines Unternehmens nur eine der möglichen Alternativen, die er gegen andere Alternativen des "Selbständigwerdens" abwägen wird: 1. Neugründung eines Unternehmens. Positiv: Gestaltungsmöglichkeiten nach eigenen Vorstellungen. Negativ: Ungewißheit der Marktaufnahme. 2. Übernahme eines bereits bestehenden Unternehmens. Positiv: leichtere Abschätzbarkeit der zukünftigen Entwicklung. Negativ: eventuell Täuschungsmanöver bzw. hoher Preis des Veräußerers. 3. Beteiligung an fremden Unternehmen. Positiv: geteiltes Risiko; negativ: eingeschränkte Handlungsfähigkeit.

258

1. Hauptreil:

Transaktionskosten: bau

Einführung

Coase' Ansatz zur Unternehmensgründung und zum Hierarchieauf-

Der Frage, warum Unternehmen gegründet werden, ist Ronald H. Coase schon 1937 in einer Aufsatzveröffentlichung (vgl. LV 1.16, vgl. auch LV 2.23 S. 121ff, S. 128ff.) nachgegangen. Er geht davon aus, daß außerhalb des Unternehmens Tauschtransaktionen die Produktion steuern. Wird die Produktion in das Unternehmen integriert, übernimmt der Unternehmer, die Produktion zu koordinieren. Dadurch werden Transaktionen aus dem Markt genommen und dabei Transaktionskosten gespart, so daß sich eine Unternehmensgründung und ein hierarchischer Aufbau des Unternehmens lohnen kann, wobei letzterer die Komplexität marktlicher Transaktionen synergistisch absorbiert. Ein sog. Synergie-Effekt (Syg) stellt sich fur ein Unternehmen nur dann ein, wenn die eingesparten äußeren Transaktionskosten (Kta*) durch Internalisierung größer sind als die zusätzlichen dafür erforderlichen Integrationskosten (Kj = Verschmelzungskosten) und Kosten der Organisation (K 0 ) des Unternehmens (Ktaj = Kj + K 0 = innere Transaktionskosten): (14-1)

SyE

= Ktae

> Kta^.

Eine Unternehmensgründung lohnt sich demnach für den Unternehmer immer dann, wenn er glaubt, durch eine geschickte Koordination der Produktionsfaktoren und damit durch eine leitungsfähigere Organisationsform im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern im besonderen Maße Transaktionskosten zu sparen und dabei einen Synergie-Effekt (= Vereinigungs- bzw. Verschmelzungsgewinn) zu erzeugen (vgl. Abb. 14-1). Wenn im Folgenden von Transaktionskosten gesprochen wird, sind jedoch vornehmlich die einmaligen (diskontinuierlichen) Transaktionskosten der Organisationsänderung gemeint (vgl. 4.3.1.6). Abb. 14-1 : Transaktionskosten und Economies of Scale bei Unternehmensgründung und Unternehmenswachstum

Mit zunehmender Funktionsübernahme können die internen Transaktionskosten progressiv steigen und die eingesparten externen Transaktionskosten übersteigen, so daß ein negativer SynergieEffekt der Verschmelzung insbsondere in Großbetrieben entsteht. Dieser Negativ-Synergie-EfFekt zunehmender Unternehmensgröße kann aufgehoben werden, • durch weiterhin sinkende Economies of Scale (vgl. 1.4.2.5) etwa beiden Entwicklungskosten, • durch den Lean Production-Herunterstufiings-Effekt (LPHg) wegen hierarchiesparender Ersetzung vieler Teilelieferanten durch wenige "System-"Lieferanten bzw. wegen Gruppenarbeit, wobei das Lean Production einfuhrende Unternehmen in die flachere Organisationsstruktur im früheren kleineren Zustand zurückversetzt (vgl. auch 2.1.1.5) wird mit entsprechender Einsparung an internen Transaktionskosten beim Lean Management.

1.4 Unternehmensdynamik

259

Exkurs: Mathematische Ermittlung der optimalen Unternehmensgröße Die optimale Unternehmensgröße und die optimale Zahl der Hierarchiestufen soll da liegen, wo die relativen Kosten des Betriebs ein Minimum sind. Zur mathematischen Errechnung dieses Punkts sind zunächst die Kostenkurven zu definieren (vgl. Abb. 14. la): • die Kostenentwicklung der einmaligen Kosten der Produktentwicklung unter Annahme der Produktion eines homogenen Produkts als Hyperbel = C/x; • die Kostenentwicklung der eingesparten externen Transaktionskosten als Wurzelgleichung = A • Vx; • die Kostenentwicklung der internen Transaktionskosten als quadratische Gleichung, weil diese mit zunehmender Organisationsationsgröße nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Kommunikationserschwerung und der damit verbundenen zunehmenden Unelastizität des Unternehmens überproportional zunehmen = B • x 2 . Bei gegebenen Preisen liegt der maximale Gewinn (G) da, wo die Kosten ein Minimum sind. Hierzu läßt sich die folgende "Gewinn"gleichung aufstellen, die zu maximieren ist: (14-2)

G = A • Vx - B • x 2

- C/x —>

max!.

Da A, B und C nicht näher bekannt sind, kann x nicht explizite ermittelt werden, so daß zur Ermittlung des Gewinnmaximums das Newtonsche Näherungsverfahren X2 = x j - f(x)/f(x) einzusetzen ist: (14-3)

Maximum = >

[ 3 / 4 • A - V A / C + 3 • A 2 / C ] / [ 1 / 4 - A - V ( A / C ) 3 + 2B+2A3/C2] .

Um den Ausdruck zu vereinfachen, wird A/C = k definiert: (14-4)

Maximum = >

(3/4-A-Vk + 3 • A - k ) / ( 1 / 4 • A - V k 3

+ 2B + 2 - A - k 2 ) .

Abb. 14. la: Mathematischer Nachweis der kostenmäßig optimalen Unternehmensgröße

Die Durchrechnung ergibt einen Gewinnbereich mit Maximalpunkt, wobei der "Gewinn"bereich nicht beim Schnittpunkt von Hyperbel- und Wurzelgleichung beginnt, sondern rechts von ihm, und links vom Schnittpunkt der quadratischen Gleichung und der Wurzelgleichung endet. Der kostenmäßige Optimalpunkt der Organisation ist dann da zu suchen, wo der so ermittelte "Gewinn" sein Maximum erreicht.

260

1. Hauptteil:

Einführung

Gründungsphasen Die Unternehmensgriindung selbst kann über folgende Phasen ablaufen (vgl. Abb. 14-2): 1.) Konzeptionsphase. Anregungen für eine Unternehmensidee kann der Unternehmer in spe • aus der Konkurrenzbeobachtung, • aus der Beobachtung sozialer Bedürfnisse wie auch • aus der Antizipation künftiger, völlig neuer Bedürfhisse gewinnen. Daraus entwickelt er unter Ansehung seiner Ressourcen das Leistungsprogramm des Unternehmens. 2.) Planungsphase. Der Unternehmer leitet aus seinen Vorstellungen die konkreten Ziele für das zu gründende Unternehmen ab und plant darauf aufbauend die künftige Ablauforganisation und die Führungsstruktur (Aufbauorganisation) des Betriebs. 3.) Beschlußphase. Bei mehreren Gesellschaftern muß zur Unternehmensgründung ein Konsens herbeigeführt werden; erst dann kann z.B. bei der GmbH oder bei der Aktiengesellschaft eine Vorgründungsgesellschaft und mit Feststellung der Gesellschafts-Satzung eine Vorgesellschaft als besonderes PräUnternehmen entstehen. Bei anhaltendem Dissens der Gründungsmitglieder hört das Prä-Unternehmen - eventuell ohne formellen Beschluß - wieder auf zu existieren. 4.) Operationsphase. Mit der Erfüllung administrativer Erfordernisse, etwa der Anmeldung beim Handelsregister, aber auch schon wenn einzelne Gesellschafter im Namen des neuen Unternehmens tätig werden, fangt das neue Unternehmen an zu existieren und geht in die Operationsphase. Abb. 14-2: Dynamik der Unternehmensgründung

Prä-Unternehmen

(Vorgründungsgesellschaft)

Unternehmen

Der Point-of-no-Return stellt sich für den neuen Unternehmer, • wenn er seine bisherigen beruflichen Bindungen endgültig zugunsten seiner Firma kappt und • wenn er sein zur Verfügung stehendes Kapital für die Betriebsmittelschafiüng verausgabt, ohne eine Chance zu besitzen, nennenswerte Beträge aus einer eventuellen Liquidation wiedergewinnen zu können. Um das persönliche Risiko zu mindern, wird der neue Unternehmer eine geeignete Strategie entwickeln, um den Point-of-no-Return möglichst lange hinauszuzögern. Suchstrategien für unternehmerische Leistungen Am Anfang einer jeden Unternehmung steht die unternehmerische Idee. Untemehmensideen haben eine große Reichweite: sie können innovativ sein, z.B. die Fertigung und der Vertrieb neuartiger Bauelemente, oder mehr imitativ, z.B. die Wiedereröffnung des verwaisten Lebensmittelladens in der Straße. Im letzteren Fall ist der Standort schon vorgegeben; denn normalerweise muß der Unternehmer ihn erst suchen (vgl. 1.2.3.1). Nach H P. Stihl (UNI Sept.-Okt. 1991, S. 56), Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages und selbst Unternehmer, steht und fällt "jede Existenzgründung., mit einem kundengerechten Leistungsangebot. Das Angebot muß in den Augen des

1.4 Unternehmensdynamik

261

des Kunden Problemlösungscharakter haben. Im Markt müssen Gründer sich profilieren, vom Bedarf des Kunden her denken und planen, sich von ihren Konkurrenten abgrenzen, indem sie für den Kunden...zuverlässiger, schneller, preisgünstiger anbieten." Die Unternehmer in spe können dabei bestimmte Suchstrategien zur Auffindung von geeigneten Unternehmenskonzeptionen verfolgen, die sich auch als allgemeine Produktsuchstrategien auffassen lassen (vgl. 3.1): 1. Bedürfnisweckungsstrategie Wie kann eine neue technische Idee wirtschaftlich genutzt werden? Die technische Idee muß - um erfolgreich zu sein - in einen breiteren ökonomischen Zusammenhang gestellt werden. So konnte sich der VHS-Video-Recorder gegenüber dem Beta-System von Sony und dem System 2000 von Grundig-Philips durchsetzen, weil für dieses System neben der Hardware auch reichlich "Software" in Form bespielter Kassetten angeboten wurde, eine Strategie, welche die Umsätze von Videorecordern wie auch von Videokassetten unerwartet stark anheizte. 2. Nischenausfüllungsstrategie Wie kann ein spezielles Produkt bestimmte Anforderungen besser erfüllen als universale Produkte? Als überaus erfolgreicher Nischenfüller gilt BMW, das vor einigen Jahren mit einem neuen Produktprogramm von sportlichem Anstrich in eine lukrative Marktlücke gutverdienender Kundschaft stieß. 3. Leistungsverbesserungsstrategie Wie können alte Produkte leistungsfähiger angeboten werden? Das Produktprototyping zielt auf die ständige Produktverbesserung. Nach H.P. Stihl (ebenda) geben den neuen Unternehmern "die Reklamationen von Kunden ihrer wichtigsten Konkurrenten...erste Anhaltspunkte zur Entwicklung von Stärken in ihrem eigenen Leistungsangebot." 4. Produkt-Kreuzungsstrategie Wie läßt sich aus zwei vorhandenen Produkten ein drittes Produkt herstellen? Mit Hilfe der Kreuzungsstrategie werden die positiven Eigenschaften verschiedener vorhandener Produkte leistungsverbessernd bzw. zur Schaffung neuer Eigenschaften gekoppelt wie z.B. bei der "Photo-CD", die von Kodak und Philips gemeinsam entwickelt eine Brücke schlägt zwischen konventioneller Fotographie und elektronischer Bildbearbeitung. Iacocca kombinierte bei Ford die Familienlimousine mit einem Sportwagen zum Mustang, aus dem in Europa der Capri wurde. Die Imitation von Opel, der Manta, kam sogar zu Filmehren. 5. Leistungsanpassungsstrategie Wie lassen sich alte Produkte geänderten künftigen Gesetzesnormen anpassen? Henkel bot frühzeitig phosphatfreie und damit umweltfreundliche Produkte an und erzielte dadurch gute Verkaufserfolge bei umweltbewußten Verwendern. 6. De-Integrationsstrategie Durch welches Angebot einer spezialisierten und entsprechend "professionellen" Leistung können andere Unternehmen und/oder private Haushalte zum Outsourcing d.h. zur Aufgabe bestimmter Funktionen veranlaßt werden (vgl. 4.4.5.1)? Auf dieser Strategie basiert die Entwicklung der vielgestaltigen Palette der Dienstleistungsbetriebe in der modernen Wirtschaft wie Beratungs-, Reparatur-, Reinigungsunternehmen, Mietwagenbetriebe, etc. 7. Versorgungsstrategie Wo finden sich Areale mit größeren menschlichen Populationen, die mit bestimmten Gütern und Dienstleistungen unterversorgt sind? Dies dient der Auffindung von Standorten für Handelsgeschäfte, Geschäftsfilialen und Dienstleistungsbetriebe. Unternehmensgründungen durch Spin-ofT Etliche Unternehmen entstehen im Wege des "Spin-offs" aus existierenden Unternehmen heraus, 1. wenn Mitarbeiter mit der Betriebsführung, insbesondere mit ihren individuellen Entwicklungschancen im Betrieb unzufrieden sind und ihn deshalb verlassen, 2. wenn eine neue Idee - zumindest zunächst - nicht in das Konzept des alten Betriebs paßt, aber für sich genommen tragfahig erscheint, 3 . wenn der Betrieb bestimmte Funktionen ausgliedert und die Leistungen von draußen im Wege des sog. Outsourcing von erst zu gründenden Unternehmen beziehen will. In den beiden letztgenannten Fällen wird der Ursprungsbetrieb mit dem ausgegliederten Betrieb möglicherweise gewisse Kapitalverflechtungen eingehen und die Nutzungsklauseln so stellen, daß er eventuell später selbst wieder "einsteigen" kann.

262

I.Hauptteil:

Einführung

Frauen als Unternehmerinnen Daß "Unternehmer sein" keine Männerdomäne sein muß, beweisen inzwischen 700.000 Unternehmerinnen in Deutschland allein. Ihre Zahl ist in den zehn Jahren sprunghaft um 23 Prozent gestiegen, während die Zahl der männlichen Unternehmer in diesem Zeitraum nur um 3 Prozent stieg. Situativ (Stand 1994) wird jedes dritte Unternehmen von Frauen in Deutschland gegründet (vgl. LV 1.110a). Dies dokumentiert zugleich einen gewissen "Nachholbedarf1 der Frauen auf diesem Gebiet der Selbständigkeit. Bezüglich der Zunahme der Unternehmensgründungen durch Frauen lassen folgende Thesen aufstellen, die wirkungsmäßig in einander greifen können: • These A: Qualifizierungsthese: Frauen fühlen sich nunmehr durch bessere Ausbildung qualifiziert, Unternehmen nach ihren Vorstellungen zu gründen und zu leiten! • These B: Fluchtthese: Frauen fühlen sich durch geringe Fortkommensmöglichkeiten in der Betriebspraxis sowie durch das Macho-Gehabe vieler Männer frustriert und treten so durch Unternehmensgründungen eine Flucht in bessere erwartete Entwicklungsmöglichkeiten an! Gewisse geschlechtsspezifische Unterschiede fallen auf; Frauen bevorzugen Dienstleistungen bei ihren Unternehmensgründungen wie • Handel - 30% ihrer Gründungen, • Gesundheits- und Körperpflege - 1 8 % ihrer Gründungen, • Gastronomie - 15% ihrer Gründungen, • Baugewerbe/Gartenbau 6% ihrer Gründungen). Damit meiden Frauen offensichtlich als Jungunternehmerinnen die Industrie und damit die Technik. Bezüglich der Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen als Unternehmerinnen lassen sich konträre Thesen aufstellen: • These A: Selbstmitleidsthese: Die Frauen haben es schwerer, als Unternehmer durchzuhalten, da in der Wirtschaft Männer mit Macho-Manieren vorherrschen! • These B: Schmeichelthese: Die Frauen haben es leichter, da sie sich mit Charm und Besonnenheit in der Wirtschaft besser durchsetzen können! Beide Thesen konvergieren, wenn davon ausgegangen werden kann, - daß sich Frauen weniger für Technik interessieren und entsprechend signifikant weniger technische Fächer studieren als Männer, wie leicht bei einen Rundgang an technischen Hochschulen nachgewiesen werden kann, und deshalb selten Industrieunternehmengründen, - daß sich Frauen eher für soziale Dinge interessieren und entsprechend bevorzugt Dienstleistungsunternehmen gründen und sich mit ihnen auch durchsetzen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-54 in Abschnitt 1.7! 1.4.1.2 Gestaltung des unternehmerischen Konzepts Ausgangspunkt zur Gestaltung des unternehmerischen Konzepts ist das geplante Leistungsangebot. Das ins Auge gefaßte Leistungsprogramm gibt Aufschluß darüber, welche Leistungen in welchen Leistungs-(Produkt-)Klassen das Unternehmen in welchen Varianten zu welcher Zeit und zu welchen Preisen anbieten will. Davon abhängig ist der Einsatz der elementaren Produktionsfaktoren Arbeitskräfte, Betriebsmittel und Material zur Mengenplanung (vgl. Abb. 43-10). Voraussetzung für die Gründung eines neuen Unternehmen ist vor allem das Vorhandensein von Kapital, das nach Schumpeter für den Unternehmer eine "Hebelfünktion" besitzt; erst bei Vorhandensein eines Finanzfonds kann er eine Unternehmensgründung initialisieren, kann er in den Markt eindringen. Es hat eine Abstimmung der vorhandenen Finanzmitteln reihum mit den Investitionserfordernissen zum Aufbau der betrieblichen Leistungskapazität, zur Markterschließung, etc. zu erfolgen (vgl. Abb. 14-3). Reichen die vorhandenen Finanzmittel nicht aus, können eventuell die Teile des geplanten Leistungsprogramms nur phasenverschoben nacheinander angeboten werden. Beim Fehlen ausreichender eigener Ressourcen muß eine erfolgversprechende Unternehmensidee nicht fallen gelassen werden, sondern es sollte eventuell eine kollektive Unternehmensstruktur gewählt werden in Form einer Personen- oder Kapitalgesellschaft.

1.4 Unternehmensdynamik

263

Das Unternehmungskonzept ist demnach das systematisierte betriebliche Leistungsangebot, das auf einer Unternehmungsidee aufbaut und bei dem alle externen und internen Einflußfaktoren, die in einem zirkulären Zusammenhang stehen, aufeinander abgestimmt sind. Abb. 14-3: Bestandteile und Abstimmung des Unternehmenskonzepts Finanzfonds

Markt faktoren: Lieferanten Abnehmer

unternehmerisches Konzept

zirkuläre Beziehung elementare Produktionsfaktoren

Leistungsprogramm Konkret wird der neue Betriebsinhaber zur Ausgestaltung seines unternehmerischen Konzepts z.B. zur Eröffnung eines Lebensmittelladens folgende unternehmerische Teilentscheidungen treffen: I. Bezüglich des Leistungsprogramms: a) Normaler Laden oder Hochpreisfeinkostgeschäft? b) Großes oder kleines Frischgemüseangebot? c) Zusatzangebote: Backwaren? Süßwaren? Süßwasserfische? II. Bezüglich des Einsatzes der Produktionsfaktoren: a) Stammbelegschaft oder vorwiegend Aushilfskräfte? b) Gebrauchte oder neue Ladeneinrichtung? c) Großes oder kleines Lager? i n . Bezüglich der Betriebsorganisation: a) Mittags geschlossen oder mittags geöffnet? b) Selbständiger Einkauf oder Anschluß an eine Handelskette? IV. Abstimmungsentscheidungen: a) Reicht das Personal für das gesamte geplante Leistungsprogramm? b) Sind aus finanziellen Gründen Abstriche am Leistungsprogramm zu machen? Nach W. Schertier kennzeichnen den Betrieb in der Gründungsphase, von ihm Pionierphase genannt, folgende Merkmale (vgl. LV 2.71 S. 157): • autoritäre Führung; • direkte Kommunikation; • personenbezogene Stellenbildung und -besetzung; • fehlendes globales Denken; • improvisierender Arbeitsstil; • Unternehmer und Mitarbeiter als große "Familie" angesehen, die der Unternehmer wie ein Patriarch betreut (vgl. 2.1.3 .5); • Erfolgskontrolle durch Intuition und nicht durch Kostenrechnung. Allerdings: • bei mehreren Gesellschaftern in der Gründungsphase wird das Unternehmen schon frühzeitig zumindest in der obersten Führungsebene kollektiv gefuhrt; • außerdem muß das Unternehmen ein Rechnungswesen aufziehen (vgl. 4.1), um den handelsund steuerrechtlichen Anforderungen nachzukommen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-55 in Abschnitt 1.7!

1.4.1.3 Administrative Einschränkungen und Erfordernisse Im allgemeinen besteht Wahlfreiheit bei der Bestimmung der Unternehmensform. Jedoch in einigen Fällen ist für bestimmte Geschäfte eine gewisse Rechtsform vorgeschrieben, außerdem hat die Rechtsform eine gewisse konstitutive Bedeutung vor allem für die betriebliche Vertretungsmacht, für die Unternehmungsorganisation, für die Finanzierung, für die Haftung (vgl. 1.5.1). Beider

264

1. Hauptteil: Einführung

Betriebseinrichtung bestehen jedoch erhebliche administrative Einschränkungen durch Verordnungen und Gesetze, die sich sowohl auf die Art des Betriebes wie auch auf ganze Wirtschaftszweige erstrecken können u.a. Vorschriften der Gewerbeordnung, der Bauleitplan, der Flächennutzungsplan, der Bebauungsplan, das Bundesimmissionsgesetz. Der Mieter einer Wohnung, der diese ganz oder teilweise gewerblich nutzen will, muß dazu die Genehmigung des Vermieters wie auch der zuständigen Stadt- oder Gemeindebehörde erwirken. Sogar bei der Namensgebung der Firma gibt es administrative Einschränkungen: • bei Einzelunternehmen muß der vollständige Familienname angegeben werden; • bei Personengesellschaften genügt die Erwähnung des Familiennamens eines der persönlich haftenden Gesellschafter; • erst Kapitalgesellschaften ist die freie Namensgestaltung gestattet, wobei der Name Rückschluß auf die Unternehmenstätigkeit erlauben soll - allerdings herausragende Zusätze wie International-, Europäische-, Deutsche-, Kölner-, etc. werden vom jeweiligen Amtsgericht nur gestattet, wenn sie den Tatsachen entsprechen. Nach W. Olins (vgl. LV 1.70 S. 178) gibt es sechs Namenskategorien für den Betrieb: Name des Gründers z.B. Krupp, Siemens, Nixdorf; beschreibende Namen z.B. Volkswagen; abgekürzte Namen z.B. PanAm; Initialen z.B. VW, AEG (Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft);, erfundene Namen wie 4711; analoge Namen wie Jaguar. Nach § 14 der Gewerbeordnung (GewO) ist die Eröffnung eines Gewerbebetriebs dem Gewerbeoder dem Ordnungsamt unverzüglich anzuzeigen. Alle Kapitalgesellschaften sind ins Handelsregister (Abteilung B) beim Amtsgericht einzutragen und in die Abteilung A die Personengesellschaften, eventuell auch Einzelunternehmen und BGB-Gesellschaften, wenn sie gewisse Voraussetzungen erfüllen. Dabei sind Angaben über persönlich haftende Gesellschafter, Prokura, Rechtsverhältnisse und bei Kapitalgesellschaften auch über das Stamm- bzw. Grundkapital zu machen, die jederzeit von der Öffentlichkeit eingesehen werden können. Grundsätzlich besteht zwar Berufsfreiheit (Art. 12 GG), jedoch im öffentlichen Interesse gelten für die Ausübung gewisser Berufe etwa für Gaststätteninhaber, Makler, etc., gewisse Beschränkungen (vgl. LV 1.113 S. 61ff.). Für sie ist die Einholung einer Gewerbeerlaubnis bzw. die Ausstellung einer Reisegewerbekarte erforderlich. Wer ein Handwerk selbständig ausüben will, muß nach § 1 Abs. 1 Handwerksordnung (HandwO) in der Handwerksrolle eingetragen sein. Jeder Gewerbetreibende wird automatisch Mitglied in der betreffenden Industrie-, Handels- oder Handwerkskammer und wird kraft Gesetzes Mitglied einer Berufsgenossenschaft, die jeden Arbeitnehmer gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sichert.

1.4.1.4 Steuerliche, finanzielle und versicherungsmäDige Aspekte der Unternehmensgrfindung Die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und Fachverbände bieten unentgeltliche Beratung und vorbereitende Gründungsseminare an, Banken neben Beratung vor allem günstige Beteiligungen und staatlich subventionierte Gründerkredite (vgl. 4.6.2.4). Auch die Mitglieder der Fachgruppe Unternehmensgründung des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater bieten Gründungsberatung an, dazu freie Unternehmensberater, die im Auftrag des Rationalisierungskuratoriums der Deutschen Wirtschaft (RKW) e.V. tätig sind. Will der Unternehmensgründer die Kollision mit bereits bestehenden Patenten vermeiden oder will er bereits bestehende Produkte absichern, sollte er einen Patentanwalt zu Rate ziehen. Bei freien Beratern liegen freilich die Tagessätze bei 1.400 - 2.400,-DM. Steuerliche Aspekte der Firmengriindung Eine Firmengründung belastet den Kapitaleigner steuernmäßig grundsätzlich stärker, als wenn er das Geld in eine Finanzanlage leitet etwa durch Kauf von Schuldverschreibungen; im letzteren Fall wird er nicht wie bei einer Untemehmensgründung gewerbesteuerpflichtig. Zwar werden kleinere Unternehmen durch Freibeträge weitgehend entlastet (vgl. 4.1.7.4), jedoch bei größeren Vorhaben muß der Unternehmer mit einer zusätzlichen Belastung von etwa 20% seines Gewinns rechnen. Entsprechend muß er mit höheren Gewinnerwartungen an eine Realinvestition in Form einer Fir-

1.4 Unternehmensdynamik

265

mengründung bzw. -beteiligung gehen; kann er z.B. bei einer Finanzanlage mit 7% Zinsen rechnen, müßte er aus einem Unternehmen ca. 8,5% Verzinsung auf sein eingesetztes Kapital beziehen - gleiches Risiko in beiden Anlagen vorausgesetzt. Hat sich der Kapitaleigner definitiv für eine Firmengriindung entschieden, steht er vor der steuerlichen Alternative: Einzelunternehmung/Personengesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits. Bei Kapitalgesellschaften sind etwaige AnlaufVerluste der ersten Jahre eingekapselt, bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften können diese Verluste mit anderen Einkommensarten steuermindernd verrechnet bzw. für Verlustrücktrag/Verlustvortrag verwendet werden. Letzteres wird bei Kommanditisten durch § 15a EStG (Einkommensteuergesetz) auf den Betrag der Hafteinlage eingeschränkt. Allerdings sollte die Verlustphase nicht 5 Jahre überschreiten; sonst wird der Fiskus sich auf die AO (Abgabenordnung) stützend die Geschäftsgründung zum Liebhaberbetrieb erklären und die Steuerersparnisse nachträglich wieder heraus verlangen. Außerdem ist zu beachten, daß bei Kapitalgesellschaften die Vermögensteuerbelastung etwa 3 - 4 mal so groß ist wie bei Personengesellschaften (vgl. auch 1.5.5, 4.1.7.4). Finanzielle Aspekte der Firmengriindung (vgl. auch 3.7.2.4) Damit der Betrieb nicht schon frühzeitig durch Kapitalmangel zugrundegeht, wird der Jungunternehmer bzw. die Gründungsgesellschaft vor dem Start des neuen Unternehmens einen Finanzplan etwa für die ersten sechs Monate erstellen, wobei sich sein aus Einlagen und Krediten zu deckender Finanzbedarf aus der Differenz zwischen betrieblichen Einnahmen und Ausgaben ergibt. 1. Planung der Geschäftseinnahmen Zunächst ist die Zahl der erwarteten Verkäufe mit den jeweiligen Preisen zu schätzen: im ersten Monat wird der Jungunternehmer z.B. einen niedrigen "Einfuhrungs-"Preis anbieten; im fünften und sechsten Monat muß er wegen des Saisontiefs mit sinkenden Verkäufen rechnen, vorsorglich wird er auch einen Saisonrabatt einplanen. Da die Kunden gewöhnlich eine Zahlungsfrist erwarten - hier: ein Monat-, fallen die Einnahmen phasenverschoben an (vgl. Tab. 14-1). Tab. 14-1: Planung der Erlöse und Einnahmen (in DM) Monat Absatzmenge Preis Erlöse Einnahmen

1 500 80 40.000 ' >

2 3 800 1.200 100 100 80., 000 120.000 40 .000 80.000

4 1.500 100 150.000 120.000

5 1.300 95 123.500 150.000

6 1.100 95 104.500 123.500

2. Planung der Geschäftsausgaben Bei der Planung der laufenden Geschäftsausgaben (vgl. Tab. 14-2) muß beachtet werden, daß die Materialeinkäufe zur Vorratsbildung dem Verkaufsgeschäft vorweglaufen werden. Mit zunehmender Erfahrung werden sich die Materialkosten pro Einheiten senken (Matk/E). Zur Bildung eines Vorrats von Fertigprodukten wird zunächst mehr produziert als verkauft. Die Personalkosten richten sich nach den vereinbarten Gehältern: Gehalt des Geschäftsführers + Gehalt des Fertigungsleiters + Gehalt des Verkäufers + Löhne für vier Arbeiter = Total Löhne u. Gehälter

6.000,-DM 5.000,-DM 4.000,-DM 12 . 0 0.0 , -DM 27.000,-DM.

Der Fertigungsleiter wird zur Geschäftseinrichtung schon ein Monat früher die Tätigkeit beginnen. Im Einarbeitungsmonat wie auch in den Hochsaisonmonaten sind jeweils 20% der Personalkosten für Überzeitverdienste zu planen. Die Lohnnebenkosten sowie die Lohnsteuern (LNKSt = 40%) sind erst im Folgemonat zu überweisen (vgl. 4.2.2.3). Hinzukommen die Ausgaben für Miete und Pacht.

266

1. Hauptteil: Einführung

Tab. 14-2: Planung von Kosten und lfd. Betriebsausgaben (in DM) 1 2 3 4 Monat 0 900 1.200 1.450 Fertigung 550 27. Matk/E 30. 28. 26. _ 16.500 25.200 32 .400 37.700 y. Matk 16..500 25.200 32 .400 37.700 33.800 Matausg. 16.200 16 .200 16.200 Löhne/Geh. 3 .000 . 16.200 3 .240 Überst. 3 .240 LNKSt 2.000 12.960 10.800 10.800 Mieten 8..000 8.000 8 . 000 8 . 000 8.000 Sonstige 5 .000 . 5 .000 5.000 5 . 000 5.000 £_Ausg. 32.. 500 59.640 74.560 77.700 77.040

5 6 1.300 1.150 26. 26. 33 . 800 29 . 900 29 .900 27.500 16 .200 16.200 3 .240 12 .960 12.960 8 . 000 8 . 000 5 . 000 5 . 000 75 .300 69.660

3. Abstimmung der zu erwartenden Finanzströme Zunächst sind die Einnahmen und Ausgaben aus dem regulären Geschäft abzugleichen. Dabei wird sich gewöhnlich in den ersten Perioden ein vorzufinanzierender Ausgabenüberschuß ergeben. Dieser wird vergrößert um eventuell zu tätigende einmalige Ausgaben für die Betriebsgründung, z.B. Notariatskosten, vor allem aber um Sachinvestitionen, hier für zwei Maschinen von je 60.000,-DM. Dieses gesamte sich kumulierende Ausgabendefizit (vgl. Tab. 14-3) ist aus dem Finanzfonds der Gründungsfinanzierung abzudecken; andernfalls gerät der neue Betrieb schon bald in einen Liquiditätsengpaß. Nach Stihl (ebenda) sollte der Finanzfonds bei der Unternehmensgründung "das Eigenkapital ein Drittel der Bilanzsumme beziehungsweise zwei Drittel des Anlagevermögen erreichen." Dem Betriebsgründer stehen hier folgende Beträge zur Verfugung: Eigene Mittel aus Sparkapital bzw. aus Erbschaft + Bankkredit mittels einer Bürgschaft = Finanzfonds

120.000,-DM 80 . 000 . -DM 200.000,-DM

Tab. 14-3: Finanzabstimmung der Gründungsfinanzierung (in DM) Monat 1 Geschäftseinnahmen Geschäftsausgaben Differenz K. der Betriebsgr. Investitionen y. Kapitalbedarf kum. Kapitalbedarf Kassenbestand 200.000

0

1

2

3 4 40.000 80.000 120.000 32•500 59.640 74.560 77.700 77.040 -32,.500 -59 . , 640 -34 .560 . 2 .300 , 42 . 960 2 .300 , 120,. 000 154 , . 800 59.. 64Q 34.. 560 -2 .300 -42 . , 960 154 , .800 214 , .440 249 , .000 246 . .700 203 . .740 45.200 -14.440 -49.000 -49.700 -3.740

Wenn dem Unternehmen in diesem Fall nur 200.000,-DM im Finanzfonds zur Verfügung stehen, ist die Unternehmensgründung in der geplanten Form finanziell nicht zu realisieren, da ein negativer Kassenbestand nicht tragbar ist: (14-5) Kassenbestand ^ 0. Es ist deshalb nach Ausweichlösungen für Kassenüberziehungen zu suchen: • es könnte ein Gesellschafter mit einer Mindesteinlage von etwa 50.000,-DM angeworben werden; • es ist nach einem (weiteren) Bankkredit in dieser Höhe zu suchen; • es kann eine eigenkapitalergänzende Finanzierung angestrebt werden; • anstelle des Kaufs der Anlagen kann das Leasing treten; • anstelle des Einschichtbetriebs kann der maschinensparende Mehrschichtbetrieb treten.

1.4 Unternehmensdynamik

267

Hier im Beispiel: anstatt zwei Maschinen im Einschichtbetrieb kann eine Maschine im Zweischichtbetrieb eingesetzt werden, wobei einer der Arbeiter Vorarbeiterfunktionen gegen eine Höherdotierung von 1.000,-DM pro Monat zu übernehmen hat: Monat 0 1 2 3 4 -42 , . 960 34..560 -2,.300 59 .640 alter Kapitalbedarf 154 ,.800 -1..000 -1..000 -1,.000 -600 60..000 Änderuna -41..960 35..560 -1,.300 94 , .800 60 .240 neuer Kapitalbedarf 94 . kumulierter " .800 155 .040 190..600 189 ,.300 147..340 10 , .700 52..660 105 , .200 44 . 960 9..400 revid. Kassenbest. Oftmals werden die Kreditwünsche von Existenzgründern von den Banken abgeschlagen. Dabei geben die Banken nach einer Befragung der Deutschen Ausgleichsbank unter Mehrfachbenennung folgende Gründe für ihr Verhalten an (zitiert nach Die Welt 15. November 1994 S. 13): 84%: zu geringes Eigenkapital; 75%: keine ausreichenden Sicherheiten; 75%: Zweifel an der Rentabilität des Unternehmens; 60%: unzureichende Qualifikation des Gründers; 58%: kein schlüssiges Unternehmenskonzept; 49%: Gründung in einer Problembranche; 48%: Zweifel an der persönlichen Eignung des Gründers. Versicherungsmäßige Aspekte der Firmengründung Durch eine selbstständige Existenzgründung werden gewöhnlich die privaten finanziellen Reserven aufs Äußerste beansprucht, so daß z.B. bei einem Unfall oder bei schwerer Krankheit des Unternehmensgründers oder eines seiner Familienangehörigen ein privater finanzieller Notstand eintreten kann. Hier sollte rechtzeitig Vorsorge durch Abschluß einer Risiko-Lebensversicherung (gegen den Todesfall) in Kombination mit einer Berufs- bzw. Erwerbsunfahigkeitzusatzversicherung getroffen werden. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-56 in Abschnitt 1.7!

1.4.2 Entwicklung«- und Wachstumsphase des Unternehmens 1.4.2.1 Entwicklung der betrieblichen Potentiale Richtungen und organisatorische Änderungen bei der Unternehmensentwicklung Die Unternehmensentwicklung kann grundsätzlich in zwei Richtungen gehen, die sich zu einer dritten Richtung kombinieren lassen: 1. Unternehmensexpansion, wobei das Unternehmen über seine ursprünglichen Dimensionen hinauswächst, wobei aus einem ursprünglichen Unternehmenskern von wenigen Leuten Unternehmenszusammenballungen von mehreren 100.000 Mitarbeitern entstehen können. 2. Unternehmensreduktion, wobei das Unternehmen seinen erreichten Umfang verkleinert, etwa weil die Ressourcen nicht ausreichen oder die Nachfrage nicht stark genug ist. 3. Selektive Unternehmensentwicklung, wobei das Unternehmen zwar expandiert, gleichzeitig aber auch reduziert, indem es Unternehmensteile abstößt, die nicht mehr ins neue Unternehmenskonzept passen. Das junge Unternehmen ist erst lebensfähig, wenn es sich gegen die Abwehrreaktionen der bereits etablierten Konkurrenzunternehmen durchsetzt. Erreicht der neue Betrieb einen größeren Umfang, sind Anpassungsmaßnahmen erforderlich: • ein Instanzenzug und professionelles Management sind zu installieren; • die Unternehmensform ist durch Umgründung auf breitere Basis zu stellen: aus einer Einzelunternehmung wird eine Personengesellschaft; aus einer Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft; • eventuell ist der Firmenname zu revidieren: so legte die auf den Patenten des Deutsch-Amerikaners Hollerith in den USA entstandene Tabelliermaschinenfabrik CTR sich den für sie zukunftsweisenden Namen IBM (International Business Machines) zu, als sie ein erstes Auslandswerk errichtete.

268

1. Hauptteil:

Einführung

Mit entscheidend für das Überleben des Unternehmens ist der Aufbau eines Know-how-Potentials (vgl. Abb. 14-4), das sich der Schrift "Konsequenzen der Lean Production für den LogistikBereich" der Autoren A. Kuhn, J. Harland und H. Beckmann aus dem Fraunhofer-Institut für Materialfluß und Logistik, Dortmund o.J., S. 13 nach technical Skills, Conceptual Skills und Human Skills gliedern läßt und dessen darauf aufgebauten strategischen Erfolgsfaktoren eine unterschiedlich hohen "Imitationsschutz" gewähren. Abb. 14-4: Strategische Erfolgsfaktoren des Unternehmens Art des Know-hows Human Skills

H u m a n Potential Werte, Kultur MarketingKonzeption

Conceptual Skills

Technical Skills

Ablauf-/AufbauOrganisation Fertigungsverfahren Produkteigenschaften H

1

h

H

1 1 h 4 5 G "Imitationsschutz" in J a h r e n

Die Unternehmen können sich verschiedener Gesetze bedienen, um den Schöpfern bzw. Erfindern von gewerblich verwertbaren Kreationen mit technischem bzw. ästhetischem Charakter eine Monopolstellung am Markt zu vermitteln und den freien Wettbewerb in die Schranken der "guten Sitten" zu halten und so einen gewissen "Imitationsschutz" gewähren: • Patentrecht geregelt im Patentgesetz vom 25. Mai 1877. Es schützt neue - technische - Erfindungen, welche einen Fortschritt bringen und eine gewerbliche Nutzung gestatten sowie eine gewisse "Erfindungshöhe" aufweisen. Der Patentschutz dauert maximal 20 Jahre. Die Patentgebühren steigen mit der Patentdauer, sie ermäßigen sich jedoch, wenn der Patentinhaber sich zu einer unwiderruflichen Lizenzgewährung an jedermann gegen eine angemessene Gebühr bereit erklärt. Es sind zwei Entstehungsformen von Patenten zu unterscheiden: - Diensterfindungen, die im Rahmen der betrieblichen Tätigkeiten entstanden, stehen dem Unternehmen uneingeschränkt gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung an dem Erfinder zur Nutzung zu; - freie Erfindungen, die von Arbeitnehmern nicht im Rahmen ihrer spezifischen betrieblichen Tätigkeit entstanden, sind wie die Diensterfindungen anzuzeigen, bei ihnen muß der Arbeitgeber binnen drei Monaten schriftlich erklären, ob er sie als freie Erfindung anerkennt oder nicht. • Gebrauchsmusterrecht geregelt im Gesetz vom 1. Juni 1891 und neugefaßt im Gesetz vom 1. Februar 1968. Es schützt durch Eintragung in die Gebrauchsmusterrolle beim Patentamt Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenstände, soweit sie dem Arbeits- oder Gebrauchszweck durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder Verrichtung dienen, die sogar im Ausland schon öffentlich genutzt werden kann. Der Schutz bezieht sich auf einem erfinderischen Schritt, beschränkt sich aber als sog. kleines Patent nur auf den Schutzzeitraum von zehn Jahren. Gemäß dem Prinzip der "Neuheitsschonung" kann der Erfinder das Gebrauchsmuster bis zu sechs Monaten nach einer Veröffentlichung noch anmelden. • Geschmacksmusterrecht geregelt im Gesetz vom 11. Januar 1876. Es schützt durch Eintragung in das Musterregister des für den Antragsteller zuständigen Amtsgericht - je nach Wahl maximal 20 Jahre lang - gewerbliche Muster und Modelle, sofern es sich um neue und eigentümliche Erzeugnisse mit überdurchschnittlichen Gestaltungsleistungen handelt. Bei der Anmeldung können

1.4 Unternehmensdynamik

269

bis zu 50 Muster in Form von Fotos oder Zeichnungen zur Veröffentlichung im Geschmacksmusterblatt hinterlegt werden. Dabei sind folgende Arten des Design-Patents zu unterscheiden: - Flächenmuster wie Gardinen, Teppiche, Tapeten, etc.; - Raummodelle wie bestimmte Flaschenformen. • Warenzeichenrecht geregelt im Reichsgesetz über den Markenschutz vom 30. November 1874 und neugefaßt im Warenzeichengesetz vom 2. Januar 1968. Es schützt durch die Eintragung in die Zeichenrolle beim Deutschen Patentamt in München für zehn Jahre - Verlängerung ist beliebig gegen Zahlung einer Gebühr möglich - Wertvorstellungen, welche der Verbraucher mit einem bestimmten Zeichen oder Symbol verbindet, indem es Verwechslungen oder Nachahmung durch einen anderen ausschließt. Dabei werden folgende Unterscheidungen getroffen: - Markenzeichen für bestimmte Waren in Form von Handels- oder Fabrikmarken; - Gütezeichen für bestimmte Güteanforderungen oder Gütevorschriften; - Verbandzeichen für Mitglieder eines bestimmten Verbands in der Form eines Gütezeichens. Um durch Patentierung einen hinreichenden Imitationsschutz zu erzielen, genügt häufig nicht ein einzelnes Schutzrecht, vielmehr ist die "ganze Umgebung" durch Schutzrechte zu "verminen"; sonst kommt es leicht zu Umgehungsentwicklungen, die "besser und billiger" sein können: • "besser", weil bei sog. Me-too-Produkten gewöhnlich bereits erkannte Schwächen des Pionierprodukts vermieden werden bzw. für zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten Raum geschaffen wird; • "billiger", weil gewöhnlich die Kosten der "Prinzip-"Entwicklung durch sog. "Abkupfern" wegfallen, eventuell auch die Kosten der Lieferantenentwicklung, so daß das Pionierunternehmen beim Lieferanten sensitiver Produktteile eine Exklusivbelieferung vereinbaren sollte. Im Vergleich zu den USA und Japan machen die europäischen Unternehmen relativ wenig von der Anmeldung von Schutzrechten Gebrauch. Dafür müssen sie allerdings in Kauf nehmen, daß bei ihnen die Wertschöpfungskurve neuer Produkte und Verfahren durch Imitation schneller abflacht (vgl. Abb. 14-4a) als in den USA und Japan, wozu z.B. in der Automobilindustrie Unternehmen mit mit relativ wenigen Patenten. Die europäischen Unternehmen scheuen die Patentanmeldungskosten vielen Patenten eine deutlich höhere WertschöpfUng pro Mitarbeiter aufweisen als Unternehmen und den Verwaltungsaufwand und hoffen durch das eigene Know-how und durch gute Abb. 14-4a: Wertschöpfüngsentwicklung bei rechtlich geschützten wie ungeschützten Innovationen

Legende: =

W e r t s c h ö p f u n g bei r e c h t l i c h g e s c h ü t z t e n Innovationen W e r t s c h ö p f u n g bei r e c h t l i c h nicht g e s c h ü t z t e n Innov.

Kunden kontakte die Erfindungen zu sichern. Allerdings sind in letzter für kleinere Unternehmen deutlich herabgesetzt worden. Die Patentansprüche sollten von einem Patentanwalt, der dafür 3.000,handelnde Gebühren berechnet, derart formuliert werden, • daß sie einerseits einen möglichst weiten Schutz gewähren, da die spätestens nach 18 Monaten veröffentlicht wird, und • daß sie andererseits nicht mit dem Stand der Technik kollidieren, dung beim Patentamt durchfällt.

Zeit die Anmeldegebühren - 4.000,- DM an an auszudetaillierte Patentdefinition da sonst die Patentanmel-

Die Patenanmeldung selbst kostet nur 100,- DM, dazu kommen allerdings noch 400,- DM Prüfgebühren. Die laufenden - jährlichen - Patentgebühren steigen von 100,- DM für das dritte Jahr nach

270

1. Hauptteil:

Einführung

Patentanmeldung bis 3.300,- DM im zwanzigsten und letzten Jahr, nachdem das Patent erlischt. Hört der Patentinhaber schon früher auf mit der Zahlung, erlischt das Patent schon früher. Die unzureichende Nutzung von Patentdatenbänken in Europa führt dazu, • daß Erfindungen häufig doppelt gemacht werden mit entsprechend hohen Kosten und • daß die Erfindungen relativ selten zur Umsetzung in marktreife Produkte verwandt werden. Strategische Entwicklungsalternativen der Unternehmung Das Schlagwort "Get big, get niche, or get out" zeigt die potentiellen strategischen Zielrichtungen auf und läßt sich sowohl auf ganze Unternehmen wie auch auf einzelne Produkte bzw. Produktgruppen beziehen. Zu messen sind diese Vorgaben an den elementaren Unternehmenszielen (vgl. 2.2.3) wie Rentabilität und Marktanteile: • "Get big" besagt, daß der Unternehmer nur in solchen Fällen die hohen Aufwendungen für Forschung & Entwicklung sowie für die Produktionskapazitäten in preisumkämpften Massenmärkten wiedergewinnen und eine akzeptable positive Gewinnspanne erzielen kann - es sind hier große, min-destens jedoch mittelgroße Marktanteile anzustreben; • "Get Niche" besagt, daß der Unternehmer alternativ zur Massenproduktion sich eine konkurrenzgeschützte Nische mit geringem Marktantel, aber auch mit relativ geringem Kapitaleinsatz suchen soll, in der er für seine Spezialleistungen relativ hohe und zugleich kostendeckende Preise verlangen kann; • "Get out" besagt, daß der Unternehmer sich rechtzeitig wieder aus dem Markt zurückziehen soll, wenn er nur eine geringe, als nicht hinreichend anzusehende Kapitalverzinsung erreichen kann damit sein investiertes Kapital hinreichend "bedient" wird und es nicht eventuell wegen schmaler Gewinnmargen, die leicht ins Negative abgleiten können, verloren geht. Abb. 14-5: Situativer Positionswechsel Situation Strategie Get N i c h e

Big dt.

Niche

Werkzeugmasc:hinenhersteller >

Get B i g


t

Die Einrichtung zusätzlicher Fertigungsschichten hat folgende Vorteile: • höhere Ausschöpfüng vorhandener physischer Potentiale; • Schonung des Kapitaleinsatzes (vgl. 4.3.1.4) mit finanzierungsgünstigen Konsequenzen. Auch die physische Kapazitätserhöhung bietet Vorteile besonderer Art: • Vergrößerung der Basis für die kurzfristige zeitliche Anpassung; • Möglichkeit der geographisch kundennahen Streuung der betrieblichen Kapazität im In- und Ausland (—>Internationalisierung).

274

1.Hauptteil:

Einführung

Kurzfristig lassen sich (Nachfrage-)Bedarfs- und Kapazitätsdiskrepanzen ausgleichen • extern durch Zukäufe von verbundenen oder fremden Unternehmen bzw. • intern mit Hilfe der Kapazitätseinrüttelungstechnik (Abb. 14-7a), wobei - im Wege der Produktionsvorverlegung durch Vorräteaufbau bzw. - im Wege der Produktionsnachverlegung, wobei sich bei Verkäufen die Lieferfristen verlängern. Abb. 14-7a: Kapazitätseinrüttlungstechnik Kapazität BedarfsBedarf unterdeckung(Nachfrage) V o r r ä t e b i l d u n g V e r s c h i e b u n g des Liefertermins

Nachfrage(Bedarf)

Legende :

= Nachfrage(Bedarf);

->t Kapazität

Abstimmungsprozesse Wachsende Unternehmen verlieren ihre ursprünglich monolithische im Unternehmer zentrierte Struktur und dezentralisieren in Teilbereiche wie Einkauf, Fertigung, Vertrieb, Verwaltung. Diese Teilbereiche können eine unterschiedliche Entwicklung und unterschiedlich große Kapazitäten aufweisen. Die Lösung solcher Disparitäten ist in kurz- und langfristiger Sicht zu sehen: 1. Kurzfristige Sicht. Nach dem von E. Gutenberg formulierten "Ausgleichsgesetz der Planung" (LV 1.28 S. 165) hat sich der Betrieb in der Gesamtheit auf den Engpaß einzustellen: "Kurzfristig reguliert der Engpaß die Gesamtplanung auf sich ein. Würde nicht so verfahren, dann würde ein Planungsfehler vorliegen..." 2. Langfristige Sicht. In langfristiger Sicht wird nach Gutenberg (ebenda) "...die Tendenz aus-gelöst, diesen Engpaßbereich nun seinerseits auf das Niveau der anderen Teilbereiche einzuregulieren." Dies erscheint aber als eine technokratisch beschränkte Sicht; es fehlt die Anbindung an die betrieblichen Zielsetzungen wie Rentabilitäts-, Marktanteils- und Öko-soziale Ziele (vgl. 2.2.3.3), die - wenn überhaupt - sich meistens erst in mittelfristiger Sicht bzw. in langfristiger Sicht durchsetzen lassen. Wenn sich aber die Marktanteilsziele nicht durchsetzen lassen, sollte - als sinnvolles Surrogatziel - langfristig der Engpaß rentabilitätsgünstig (vgl. 1.1.1.6) den betrieblichen Absatzmöglichkeiten angepaßt werden. Lassen sich die Emissionen gewisser betrieblicher Kapazitäten nicht auf ein ökologisch erträgliches Maß senken, sind sie abzubauen oder durch andere, ökologisch unbedenkliche Anlagen zu ersetzen. Aufgrund der ständigen Änderungen der externen wie internen betrieblichen Bedingungen wird es jedoch im betrieblichen Fließgleichgewicht nicht zuletzt wegen der technischen Unteilbarkeit der Kapazitäten nur selten eine völlige Harmonisierung der Betriebsstruktur ergeben. Je größer die Zahl der betrieblichen Kapazitätsstufen (vgl. 4.4.5.4), um so größer werden die Abstimmungsdefizite sein sowie die Abstimmungsdauer. Eine völlige Abstimmung der Betriebsstruktur wird daher im "dynamischen" Fließgleichgewicht eher ein "Zufall" sein. Optimale Kapazitätstiefe Bei der Entwicklung der Unternehmenspotentiale spielt neben der vorstehend behandeltn Kapazitätsbreite, welche den möglichen Produktionsausstoß bestimmt, auch die Kapazitätstiefe, auch Produktionstiefe genannt, welche die Zahl der vom Unternehmen übernommenen Produktionsstufen wider spiegelt, eine Rolle. Eine Reihe von Unternehmen tendiert dahin, möglichst viele Wertschöpfungsstufen unter dem eigenen Dach zu vereinen. Dies kann durch den Aufbau eigener Kapazitäten oder durch den Erwerb fremder Unternehmen im Wege des sog. Up- oder Downstreamings erfolgen (vgl. 1.4.2.2).

1.4 Unternehmensdynamik

275

Mit welchen Transaktionskosten (Kta) ist bei einer Kapazitätsvertiefung zu rechnen? Es entstehen ständig steigende Organisationskosten (Kgrg), weil die Produktionsplanung zunehmend komplexer wird, von einer gewissen Größe an muß die Organisationspyramide und damit die Unternehmenshierarchie verlängert werden mit zusätzlichen Personalkosten, dadurch wiederum wird das Unternehmen zunehmend unelastischer, so daß zusätzliche Kosten der Unelastizität (Kxjnel) durch Verluste aus verspäteten Reaktionen entstehen: (14-6)

Kta = K 0 r g + K U n e l .

Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-57 in Abschnitt 1.7! 1.4.2.2 Entwicklungs- und Wachstumsstrategien Betriebliche Gründe für Beharrungsstrategien Die meisten Unternehmen wie Handwerks-, Dienstleistungs- und Handelsbetriebe verfallen schon bald nach der Gründung der Beharrungsstrategie und frieren ihre Betriebsstättengröße ein (vgl. Feld I in Abb. 14-5). Allenfalls betreiben sie noch eine Ausschöpfungsstrategie vor Ort. Als Grunde für dieses Verhalten lassen sich anfuhren: • mangelnde Ressourcen; • begrenztes Management-Know-how; • Selbstbescheidung bzw. Selbstzufriedenheit; • begrenztes Nachfragepotential. Liegen diese Begrenzungen nicht vor, sprengen die Unternehmen gewöhnlich den ursprünglichen Rahmen. Sie verfugen über eine Reihe von Wachstumsstrategien, die sie alternativ bzw. kumulativ einsetzen können. Eine Stufenlösung kann darin bestehen, daß der Unternehmer eine Unternehmenskonzeption pilot-mäßig erprobt, sie dann veräußert und der Erwerber sie expansiv einsetzt. Dies geschah z.B. mit Schnellrestaurantkette McDonald: 1. Stufe. Pilotphase. Die Gebrüder McDonald schufen pioniermäßig in den Fünfziger Jahren ein neuartiges Schnellrestaurant in San Bernadino, USA, indem sie sich auf wenige Produkte konzentrierten: Hamburger; Pommes Frites; Milchshakes und Cola. Dies hatte den Vorteil, • daß billige angelernte Kräfte in kurzer Zeit die Arbeit übernehmen konnten; • daß sich der Umschlag pro Artikel stark erhöhte, • daß wegen relativ großer Verbrauchsmengen günstige Einkaufkonditionen erzielbar waren. 2. Stufe. Expansionsphase. Da die Gebrüder McDonald expansionsunwillig waren, willigten sie schon bald in den Verkauf ihres zukunftträchtigen Unternehmenskonzepts einschließlich des Namens an den Milchshakemaschinenvertreter Ray Kroc ein, der dann eine erfolgreiche weltweite Vermarktung betrieb und dabei weitflächig die menschliche Eßkultur änderte. Diversifikationsstrategien 1. Z-Weg der Risikominimierung bei der Diversifikation Diversifikation ist ein neudeutsches Wort und bedeutet soviel wie "verschiedenartige Gestaltung". Durch Kombination der Paare "alte - neue Produkte" und "alte - neue Märkte" stellte Ansoff 1957 eine Produkt-Markt-Matrix auf (vgl. Abb. 14-8) und brachte dabei die Unternehmens-Diversifikation in die wissenschaftliche Diskussion. Die Produkt-Markt-Felder weisen mit steigender Ziffer ein steigendes Risiko auf, so daß das Unternehmen den Z-Weg des steigenden Risikos durch die Produktmatrix wählen sollte, wenn es das Risiko des internen Unternehmenswachstums minimieren will: I. Marktausschöpfung: Hier gilt es die Marktanteile durch Verbesserung der Produktqualtität und durch Intensivierung des Einsatzes der Marketing-Instrumente zu erhöhen. II. Markterweiterung: Ausgehend von der vorhandenen technologischen Basis sucht das Unternehmen zusätzliche Abnehmerschichten im Ausland im Rahmen der sog. Intemationalisierung und/

276

1. Hauptteil:

Einfiihrung

Abb. 14-8: Alternativen der Produktpolitik Märkte Produkte

alte

neue

alte

I.: Marktausschöpfung

II.: M a r k t erweiterung

neue

III.: Marktdurchdringung

IV.: Diversifikation

>

oder daß es z.B. zusätzlich zu den professionellen Verwendern auch Hobby-Nutzer anspricht, wobei einige zusätzliche Entwicklungskosten und bei der Internationalisierung auch Organisationsaufbaukosten anfallen können. III. Marktdurchdringung: Das Unternehmen erweitert seinen Marktanteil, indem es sein Leistungsprogramm im Rahmen der vorhandenen technologischen Basis verbreitert, wobei erhebliche zusätzliche Entwicklungskosten anfallen können. IV. Diversifikation i.e.S. (auch bei II. und III. wird an den Entwicklungskosten erkenntlich Diversifikation betrieben): Das Unternehmen erweitert seine Marktstellung, indem es mit völlig neu entwickelten Produkten die bisherige technologische Basis verläßt und in neue Produkt- und Marktbereiche vorstößt. Dabei ist das Unternehmensrisiko um so größer, je größer die Markteintrittskosten für Entwicklung der Produkte und für die Erweiterung der Unternehmensorganisation sind. Als Alternativen zur Minimierung von Markteintrittskosten kommen in Betracht • der Erwerb von Lizenzen, wodurch das Entwicklungsrisiko minimiert werden kann, • die Beteiligung an Unternehmen bzw. der Erwerb ganzer Unternehmen im Wege der Akquisitionsstrategie (vgl. unten), wodurch das Entwicklungs- und das Organisationserweiterungsrisiko minimiert werden kann. 2. Diversifikationsstrategien im Einzelnen Die Unternehmen weiten ihr Leistungsprogramm aus, a) indem sie in neue Leistungsklassen einsteigen, z.B. Ford mit dem Fiesta in die Unterklasse der Automobile, b) indem sie zusätzliche Produktvarianten anbieten, z.B. in der Automobilindustrieneben den zwei- und viertürigen Fahrzeugen auch Coupes und Vans, c) indem sie zusätzliche Leistungsvarianten anbieten, z.B. Motoren mit unterschiedlichen Leistungen, Luxuspakete, d) indem sie in nahegelegene neue Bereiche vorstoßen, z.B. zusätzlich zu Personenkraftwagen auch Nutzfahrzeuge produzieren, e) indem sie in völlig neue Leistungsbereiche vorstoßen - gewöhnlich in Form der akquisitorischen Diversifikation (vgl. Abb. 14-6), Daimler-Benz z.B. mit dem Erwerb des Software-Haus Debis von der Hardware-Produktion (Automobile) in den Dienstleistungsbereich. Akquisitionsstrategien 1. Formen und Ziele der Akquisition Beim externen Unternehmenswachstum mit Hilfe der Akquisitionsstrategie erwerben die Unternehmen bisher selbständige Betriebe, wodurch sie unmittelbar Kapazitäten agglomerieren (anhäufen), • ohne die Projektierungs-, Bau- und Einrichtungsphase neuer Betriebsstätten abwarten (vgl. Felder C und D in Abb. 14-9) und • ohne das Risiko der Installation neuer Betriebsanlagen tragen zu müssen.

1.4 Unternehmensdynamik

111

Abb. 14-9: Grundlegende Diversifikations- und Akquisitionsstrategien der Unternehmen Produkte Akquisition neue

alte

F e l d B: eigene Diversifikation

F e l d D: akquisitorische Diversifikation

F e l d A: Beharrungs-/ Ausschöpfungsstrategie

F e l d Ca: Kapazitätserweit. F e l d Cb: Kapaz.Vertiefung

eigene

fremde

Betriebsstätten

Dabei sind rechtlich-kapitalmäßig drei Erscheinungsformen zu unterscheiden: 1. partielle Akquisition, bei der nur Anteile am frenden Unternehmen erworben werden in den Unterformen der Minderheits- und Mehrheitsbeteiligung; 2. totale Akquisition, bei der das fremde Unternehmen als Ganzes erworben und unterordnend im Unternehmensverbund eingegliedert wird; 3. füsionsmäßige Akquisition (Merger & Acquisitions), bei der die Unternehmen verschmelzen in den Unterformen der gleichgewichtigen (50:50) oder der ungleichgewichtigen Verschmelzung. Unter dem Logistikaspekt und zugleich unter dem Aspekt der akquisitorischen Kapazitätsvertiefungsaspekt sind zwei Formen zu unterscheiden (vgl. Feld Cb in Abb. 14-9): 1. im sog. Upstreaming werden rückwärtsschreitend auf der betrieblichen Logistikachse (vgl. 1.1.1.3) Zulieferbetriebe von Rohmaterial bzw. allgemein von Leistungen niederer Ordnung angegliedert, wenn sich z.B. ein Stahlwerk Bergwerke angliedert, und 2. im sog. Downstreaming werden vorwärtsschreitend auf der betrieblichen Logistikachse Abnehmerbetriebe z.B. Verarbeiter von Halbfabrikaten und/oder einzelne Handelsbetriebe oder ganze Handelsketten angegliedert. Ein Beispiel für Downstreaming ist der Erwerb der farbenerzeugenden Herbolwerke, Köln, durch einen großen Chemiekonzern, der dadurch einen sicheren Abnehmer von Chemierohstoffen gewann. Unternehmenskomplexe, bei denen wahllos diverse Leistungsprogramme zusammengekauft sind, tragen die Bezeichnung "Conglomerates". Hier erfolgt die Unternehmensexpansion eventuell nur mit der Zielsetzung, freie Geldmittel anzulegen, eventuell sogar im Wege der Selbstorganisation (vgl. 1.1.3.11) d.h. ohne übergeordnete Zielsetzung einfach aus institutionalisierter Akquisitionsmanier. Unter dem Produkt-Marktfeld-Aspekt (vgl. Abb. 14-9) erfüllt die Akquisitionsstrategie a) einen additiven Effekt zu den eigenen Bemühungen in den Produkt-Markt-Feldern oder b) einen substitutiven Effekt anstelle von eigenen Bemühungen auf den Produkt-Markt-Feldern. In geographischer Sicht ist zwischen nationaler und internationaler Akquisition zu unterscheiden. Dabei kann sich das Unternehmen im Rahmen des Stammgeschäfts (= alte Produkte) bewegen bzw. darüber hinaus eine Diversifikation (= neue Produkte) anstreben (vgl. M. Kutschker in LV 1.58). Insgesamt ergibt sich ein betrieblicher Strategienquader (vgl. Abb. 14-10) mit den Koordinaten: • alte - neue Produkte = inneres Wachstum im eigenen Betrieb durch Diversifikation; • eigene - fremde Betriebe = externes Wachstum durch Akquisition von fremden Betrieben; • national - international = geographische Ausdehnung durch Internationalisierung. Dann wäre z.B. der Bau einer neuen Fabrik in Frankreich für ein neues Produkt, dem „Swatchmobil", durch Mercedes-Benz Ausfluß einer kombinierten b/d/e-Strategie. Bei der gegenwärtig häufig zu beobachtenden Verlagerungen von Betriebtätigkeiten in die sog. Billiglohnländem handelt es sich in Wirklichkeit häufig nur um den rechtzeitig angestrebten Eintritt in die sog. Emerging Markets wie China, Rußland, Polen, Tschechien, Ungarn, etc. sowie teilweise um Umverlagerungen in näher gelegene Billiglohnländer z.B. bei deutschen Unternehmen von Portugal nach Polen, Ungarn etc. nach dem Zusammenbruch der Planwirtschaft in den Ostblockländern und dem Übergang zur Marktwirtschaft dort.

278

1- Hauptteil:

Einführung

Abb. 14-10: Dreidimensionales Unternehmenswachstum durch Diversifikation, Akquisition und Internationalisierung

•> Diversifikation 2. Synergieeffekte bei der Akquisition Die Vereinigung derartig heterogener Unternehmen zu einem größeren leistungsfähigen Ganzen verursacht zunächst größere Integrationskosten, kann aber auf längere Sicht bei effizienter Steuerung des Verschmelzungprozesses zu einem Ergebnisüberschuß der neuen Gesamtheit fuhren, zu SynergieefTekten (vgl. auch 1.1.3.9), die hervorgerufen werden • Managementsynergie durch den Spillover (= Verbreitung im Wege der Übertragung) von besseren Managementtechniken • Finanz- oder Personalsynergie durch eine bessere Verteilung der betrieblichen Ressourcen; so können bei internationalen Akquisitionen die Unternehmen durch optimal Financial Sourcing anstreben, sich die benötigten Finanzmittel jeweils in den Ländern mit den niedrigsten Kapitalkosten zu besorgen bzw. durch "Leading" Überweisungen zu beschleunigen oder durch "Lagging" verlangsamen, um so Kursgewinne zu erzielen bzw. um so Kursverluste zu vermeiden, • Entwicklungs- bzw. Fertigungssynergie durch Zusammenlegen von gleichartigen Operationen in Forschung und Entwicklung bzw. in der Fertigung im Vertrieb durch Zusammenlegen von Verkaufsstellen und/oder • Absatzsynergie durch Anbieten einer breiteren Produktpalette So wird bei der Fusion von Krupp und Hoesch (vgl. 2.1.1.5) mit folgenden SynergieefTekten vor allem durch Materialeinsparungen (40%), aber auch durch horizontale Integration und Konzentration in sog. Kernbereichen - Kernbereiche sind solche Bereiche, in denen sich betriebsindividuell vor allem wegen des erzielbar großen Marktanteils und den damit verbundenen Skalenvorteilen besonders gute Leistungen erreichen lassen - gerechnet etwa bei Stahl und Metallurgie, Stahlweiterverarbeitung, Automobilzulieferung, Spezialmaschinen- und Anlagenbau, aber auch bei Handel, Dienstleistungen und Recycling. Denen stehen jedoch besondere Strukturierungskosten (Verschmelzungskosten = interne Transaktionskosten) gegenüberstehen: 1992 1993 1994 1995 1996 Synergieeffekte in Mio. DM 79 269 431 506 510 - Strukturierunqskosten in Mio. DM 88 35 51 49 48 = Netto-Synergieeffekte in Mio. DM -9 234 380 457 462. Durch Darstellung der alternativen Rentabilität (vgl. 4.4.3.3) konnte der Krupp-Konzern vorab überprüfen, ob sich die Fusion mit Hoesch lohnen würde (hier unter Verwendung fiktiver Zahlen). Dabei sind langfristige Erwartungswerte möglichst auf Durchschnittsbasis anzusetzen und die ÄnderungsefFelrte gegen den Status quo zu saldieren. Der sich dabei ergebende „neue Status" spiegelt die zu erwartende Zukunft der neuen Entität (Gesamtheit) wider: Status quo zusätzliches Synergie- Struktur.neuer Status in Mio.DM Geschäft effekte kosten Gewinn 250 450 510 -48 1.162 Kapitaleinsatz 5.000 6.000 -1.500 9.500 Rentabilität 5% 9% 12,2%

1.4 Unternehmensdynamik

279

Bei der im Sommer 1995 erfolgten Verschmelzung der Medienkonzerne Time Warner und Turner Broadcasting, letzterer basiert vornehmlich auf der weltweiten Fernsehkette CNN, zum größten Medienkonzern der Welt, werden folgende Synergiefelder erwartet: • Time Warner Animation Studio + Turners Comics Network; • Time Warners Bibliothek von Post-1948-Filme und Comics + Turners Bibliothek von Prä1948-Filme und Comics; • Time Warner Nachrichtenbüros + Turners Nachrichtenbüros; • Time Warner Fernsehshows + Turners TBS Kabelnetzwerk. Hierbei wird die Synergieerzeugung der Fusion entweder - auf der kostensparenden bzw. leistungssteigernden Ergänzung von Funktionen bzw. Leistungen oder - aus Einsparungen durch Zusammenlegungen, vor allem bei den Nachrichtenbüros beruhen. Expansive Unternehmen kaufen mit Vorliebe sog. "Schläfer"-Unternehmen mit niedriger Rentabilität und schwachem Management-Profil auf. Sie erzielen dann leicht "Management-Synergie", - indem sie in die erworbenen Unternehmen tatkräftige Task-Leader (vgl. 2.1.4.7) einschleusen, welche die Unternehmen mit phlegmatischer Belegschaft mit neuem Leben erfüllen, - indem sie sie durch Going Private aus dem Öffentlichkeitsdruck nehmen (vgl. 4.6.2.5). 3. Folgen der Akquisitionsstrategie Die Akquisitionsstrategie kann folgende Folgen haben: 1.) Der angestrebte Erwerb mißlingt, a) weil die Kartellbehörde damit nicht einverstanden ist oder b) weil es einen anderen erfolgreicheren Bewerber gibt oder c) weil der Erwerb zu teuer wird oder d) weil sich das anvisierte Kaufobjekt erfolgreich wehrt. 2.) Der Erwerb gelingt zwar, aber die Vereinigung mißlingt; es stellen sich erhebliche Verluste ein, so daß das erworbene Ojekt eventuell wieder verkauft wird. 3.) Erwerb und Vereinigung gelingen; es stellen sich positive synergistische Effekte ein: a) diese kommen eventuell schnell zum Durchbruch, etwa weil das erwerbende Unternehmen die Finanzierung weitgehend aus eigenen Mitteln bewerkstelligt; b) das erwerbende Unternehmen muß zwischenzeitlich Kredite in beträchtlicher Höhe aufnehmen, deren Zinsen den Synergieeffekt für einige Zeit aufzehren. Bei Erfolg der lateralen Strategien kann sich wegen der Vielzahl der Produkte und Betriebsstätten das Erscheinungsbild des Unternehmens verwischen. Das wirkt sich jedoch negativ auf die Absatzchancen aus, so daß die Unternehmen ein "Corporate Identity Program" entwickeln müssen, - um dem diffusen Unternehmensbild wieder scharfe Konturen zu geben und - um so eine eindeutige Unternehmensbotschaft zu erzeugen (vgl. 1.1.1.3). Erhöht sich durch die Akquisitionsstrategie der Marktanteil in signifikanter Weise, ist mit Abwehrreaktionen des Bundeskartellamts in Berlin und - zunehmend - der Antikartellbehörde der EU-Kommission zu rechnen, die eine Einschränkung des Wettbewerbs durch Monopolisierung zu verhindern suchen. So mußte z.B. Daimler-Benz bei MBB einige Sparten abstoßen, bevor mit Ministergenehmigung dieses Unternehmen erworben werden konnte. 4. Alternative: eigener Markteintritt - Akquisition Ob der Markteintritt durch Unternehmenserwerb oder durch Eigenentwicklung günstiger ist, sollte im einzelnen Fall durchgerechnet werden. Zu den Markteintrittskosten (MEK), die auch als Transaktionskosten angesehen werden können, zählen die Ausgaben für die Entwicklung eines neuen Produkts (EP) z.B 12 Mio. DM, die Betriebsmittelinvestitionen (BI) z.B. 21 Mio. DM, die Kosten des reinen Organisationsaufbaus (KOA) z.B 5 Mio DM Dann errechnen sich die gesamten Investitionen fiir den eigenen Markteintritt wie folgt: (14-7)

MEK = EP + BI + KOA = z . B .

12 + 2 1 + 5 = 38 M i o .

DM.

Da bei einer Bestcase-AVorstcase-Betrachtung mit einer Abweichung von ± 10% zu rechnen ist, muß im schlechtesten Fall mit 38 • 1,1 = 41,8 Mio. DM an Investitionen beim eigenen Marktein-

280

1. Hauptteil:

Einführung

tritt gerechnet werden, so daß bei einem Kaufpreis einschließlich zu übernehmender Verbindlichkeiten und Schulden darunter für ein Unternehmen mit gleicher Leistung der Kauf günstiger ist, zumal sich dadurch auch nicht die Konkurrenzverhältnisse verschärfen. 5. Beurteilung von Akquisitionsprojekten Bei der Beurteilung von Unternehmensanteilen von an der Börse unnotierten Akquisitionsprojekten spielen sowohl die Gewinne aus dem Basisprogramm des zu erwerbenden Unternehmens (Gg) wie auch eventuelle langfristige Synergieffekte (QSy) a u s der Unternehmensverbindung die entscheidende Rolle. Letztere sind um eventuelle langfristige Verschmelzungskosten (VK) zu kürzen. Dann errechnet sich zusätzliche Gewinn aus dem Akquisitionsprojekt ( ö G ^ ) wie folgt: (14-8) Ö G A = G b + G S y - VK. Der Ertragswert (vgl. auch 3.7.4.3) für das Akquisitionsprojekt (EWA) richtet sich nach dem Kapitalisierungsfaktor (KF), der sich wiederum von der Zielrendite (rz) ableitet: (14-9) KF = 100/rz. Dann errechnet sich generell der Ertragswert: (14-10) EWA = ÖG a • 100/rz = ÖGA • KF. Vom maximal betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Akquisitonsgreises ( A P m a x ) in Höhe des Ertragswerts sind eventuell zu übernehmende Verbindlichkeiten und Schulden (üVS) abzuziehen: (14-11) A P m a x = [(Gb + G S y - VK)

• KF] - ÜVS = E W A - ÜVS.

Normalerweise sind zu übernehmende Schulden nur eine "Beigabe", im Falle der in Bankrott gegangenen Rollei-Werke, ein einst renommierter Hersteller von Foto-Geräten, standen sie allerdings im Vordergrund: der Kaufpreis betrug symbolisch 1,- DM; dafür mußten mit dem Betrieb 30 Mill. DM Schulden übernommen werden. 6. Beispiel für die Beurteilung einer Akquisition Folgende Faktoren spielen bei der Bewertung eines zu erwerbenden Unternehmenes eine Rolle: • langfristig erwarteter jährlicher Gewinn aus dem Basisprogramm des zu erwerbenden Unternehmens, hier 5,5 Mio. DM; • langfristige jährliche Synergieeffekte 1,2 Mio. DM; • langfristige jährliche Verschmelzungskosten 0,3 Mio. DM; • zu übernehmende Schulden und Verbindlichkeiten 7,5 Mio. DM; • Zielrendite des bewertenden Unternehmens (rz) normalerweise 15 % (vgl. 2.2.3.2, 4.4.3.3), hier bei einem schon existierenden Unternehmen ohne "Investitionsrisiko" nur 12%. Dann beläuft sich der Kapitalisierungsfaktor auf (14-9) KF = 100/12 = 8,33. Dafür beträgt der maximal zu zahlende (Netto-)Akquisitionspreis: (14-11) A P m a x = [(5,5 + 1,2 - 0,3) • 8,33] - 7,5 = 45,8 Mio. DM. Verlangt der Eigentümer des Unternehmens z.B. einen (Netto-)Kaufpreis von 43 Mio. DM, erscheint der Preis gegenüber eigenen Markteintrittskosten von 41,8 Mio. DM überhöht. Es ist jedoch zu beachten, daß die Risiken des Markteintritts mit 10% recht schematisch angesetzt wurden. Ist zum neuen Markteintritt ein erheblicher Marktanteil erforderlich, kann es sinnvoll sein, den oben genannten Kaufpreis zu akzeptieren, um Konkurrenzkämpfe und dementsprechend ein zu erwartendes generelles Absinken des Gewinniveaus in der Branche zu vermeiden.

/,4 Unternehmensdynamik

281

7. Acquisition & Merger Die Akquisition kann auch zu einer Verschmelzung von Unternehmen unter der Bezeichnung Fusion fuhren. Dann muß vorab eine Vereinbarung u.a. über die Kapitalverhältnisse und über den neuen Name des daraus entstehenden Unternehmens getroffen werden, wobei zur Festlegung der Kapitalverhältnisse gewöhnlich eine Unternehmensbewertung erforderlich ist. Gewöhnlich setzt sich der Name des stärkeren Teils durch. Bei übernationalen Fusionen muß jedoch auf nationale Empfindungen Rücksicht genommen werden; so scheiterte die geplante Fusion von British Airlines (BA) und KLM vor allem daran, - daß keine Einigung über die künftigen Kapitalverhältnisse erzielt wurde: BA ging von einem Verhältnis 80:20 zu ihrem Gunsten aus; KLM erwartete einen Kapitalanteil von mindestens 40%, - daß die holländische Seite nicht tolerierte, ihren traditionsreichen Namen "Koninklijke Luchtvaart-Maatschappij" untergehen zu lassen, - daß die holländische Seite ein Vetorecht bei der Aktienplazierung, bei der Zusammenarbeit mit anderen Partnern und bei großen Investitionen anstrebte. Rechtlich kann die Fusion in verschiedenen Formen durchgeführt werden (vgl. 1.6.1.2). Die Fusion erfordert eine Bewertung der Anteile der betroffenen Unternehmen, wobei auch die inneren Werte wie Stille Reserven aus Unterbewertung der Vermögensgegenstände bzw. Überbewertung der Schulden eine Rolle spielen können. Einen relativ objektiven Maßstab bildet der Börsenkurs; beträgt er z.B. bei den fusionierenden Unternehmen A 300% und bei B 450%, kann das Umtauschverhältnis der Unternehmensanteile 2:3 betragen. Die Kapitalhöhe des neuen Unternehmens orientiert sich an den addierten Börsenkurswerten der fusionierenden Unternehmen; existieren von A 0,1 Mio. und von B 0,2 Mio. Anteile, beträgt der Gesamtkurswert der Unternehmen: 100.000-300 +200.000-450

= 30.000.000 +90.000.000

= 120 M i o . DM.

Übersteigt dieser Betrag das addierte Grundkapital beider Unternehmen, sind Rücklagen oder Stille Reserven zum Ausgleich heranzuziehen und/oder der Betrag ist zu kürzen. Stehen bei den Unternehmen nur im unterschiedlichen Maße Rücklagen bzw. Stille Reserven zur Verfugung, ist das Umtauschverhältnis zu korrigieren. 8. Akquisitionsabgeltung Das erwerbende Unternehmen kann den Eigentümer bzw. die Gesellschafter des verkauften Unternehmens abfinden für die Eigentumsaufgabe a) mit der Hingabe von Geld bzw. geldähnlicher Papiere oder b) mit der Abtretung von Eigentumsrechten am eigenen Unternehmen, wodurch praktisch ein kumulierter Rechtstiteltausch entsteht, oder c) durch eine Kombination von Geld und Rechtstitel. Beispiele der Akquisitionsabgeltung: • Beim Verkauf der AEG Hausgeräte AG in 1994 nach einer Kooperationsphase (vgl. unten) an die schwedische Electrolux AB, die dann mit diesem Unternehmen fusionierte, wurde ein Kaufpreis von 730 Mio. DM vereinbart, der zum größten Teil in drei Raten in 18 Monaten zu zahlen war. Dazu übernahm Electrolux AB 400 Mio. DM Schulden der bisherigen AEG-Tochter. • Bei der Fusion Krupp-Hoesch wurde eine Kombination zur Abfindung der Aktionärsrechte gewählt: die Unternehmensbewertung ergab unter Berücksichtigung von Optionsrechten aus früheren Anleihen für Hoesch einen Wert von 657,72 DM je Aktie und für Krupp ein Wert von 502,01 DM je Aktie. Entsprechend wurde ein Tauschverhältnis von 10 Hoesch-Aktien gegen 13 KruppAktien einschließlich einer Zuzahlung von 6,-DM vereinbart. An dem Tauschverhältnis zeigt sich, daß nicht immer bei einer Fusion der Stärkere den Schwächeren "schluckt"; hier hat offensichtlich der managementmäßig agilere Krupp-Konzern unter der Ägide von Berthold Beitz und seines Adlatus Gerhard Cromme den finanzmäßig stärkeren und strukturell entwickelteren HoeschKonzern einverleibt (vgl. auch 1.4.2.4, 2.1.1.5). Dies geschah offensichtlich zu günstigen Preisen für Krupp; dieser Konzern soll durch verdeckte Käufe 60% der Aktien des Hoesch-Konzerns zu einem relativ niedrigen Kurs von etwa 300 erworben haben (Hoesch hätte demnach durch eine

282

1. Hauptteil:

Einführung

bessere Kurspflege seiner Aktien leicht eine Übernahme durch Krupp vermeiden können!). Die hohen Schulden bei Krupp zum Erwerb der Hoesch-Aktien wurden abgetragen - durch einen verbesserten Cash-Flow durch koordinierte Investitionspolitik nach der Verschmelzung, - durch Veräußerung nichtentwicklungsfahiger Betriebsteile und Beteiligungen, - durch Veräußerung nichtbetriebsnotwendiger Grundstücke - bei Hoesch für 750 Mio. DM und bei Krupp gar für 1.500 Mio. DM vorhanden. Zur Fusionsfinanzierung durch Überlassung eigener Aktien benötigt das übernehmende Unternehmen eventuell eine "bedingte Kapitalerhöhung" (vgl. 4.6.2.3). 9. An- bzw. Eingliederung des erworbenen Unternehmens Nach erfolgter Fusion versucht das zunächst nur finanziell beherrschende Unternehmen, direkten Einfluß auf das erworbene Unternehmen zu gewinnen, • um so eine innere Angleichung der Betriebsoperationen, gewöhnlich bei Personalfreisetzungen, • um so eine stärkere Abstimmung der Unternehmenspolitik herbeizufuhren, eventuell • um sodas erworbene Unternehmen zu beherrschen und es, vor allem wenn es leistungsschwach ist, nach eigenem Erfolgsrezept umzugestalten und es wieder leistungsfähig zu machen. Dies kann dadurch geschehen, - daß vor allem Mitglieder des Top Managements beidseitig ausgetauscht werden, wenn beide Unternehmensteile etwa gleich stark sind, oder - daß der finanziell beherrschende Unternehmensteil Top Manager im angegliederten schwächeren Unternehmen zur "Machtübernahme" implantiert. Letzteres geschah 1994 bei der Eingliederung von Hertie in die Karstadt AG; vier Mitglieder des bisherigen Hertievorstands gingen im Alter von 56 bis 60 Jahren vorzeitig in Pension, zwei bisherige Hertiedirektoren - für Personalwesen sowie für Finanzen und Rechnungswesen - rückten in den neuen Hertievorstand auf, der von drei Vorstandsmitglieder dominiert wird, die zur "Machtübernahme" von Karstadt kamen. Kooperationsstrategien Betriebliche Kooperation ist die Umkehrung des Wettbewerbs der Unternehmen untereinander in einer Branche; bei der Kooperation gehen die Unternehmen aufeinander zu und gewähren sich gegenseitig Unterstützung jeweils auf den Gebieten, auf denen einer der Kooperanten einen relativen Vorteil besitzt (If you cannot beat them, join them!). Das Ausmaß der Kooperation richtet sich nach dem relativen Mitteleinsatz der Kooperanten (vgl. Abb. 14-11) und kann von der gelegentlichen Kooperation (Feld Ac) bis zum 100%igen Ankauf (Feld Ca) reichen. Im Zentrum des betrieblichen Kooperationsfeldes liegt das sog. Joint Venture. Die betriebliche Kooperation kann sich auf verschiedene betriebliche Gebiete beziehen und kann in den verschiedensten rechtlichen Formen erfolgen (vgl. 1.6). Viele realisierte betriebliche Kooperationen sind internationaler Natur. Abb. 14-11: Strategienmatrix betrieblicher Expansion und Kooperation e i A: g e r i n g f r e

a: hoch

g

Kollekt ivnut zung Produktionsanl. strateg. A l l i a n z

Franchising/Kold b: e m i t t e l lektivnutzung v o n Vertriebsorganen

e

n e B a s B: mittel

i

s C: g r o ß

M i n d e r h e i t s b e t e i l . 10 0%iger Ankauf z.B. Ford mit 25% z.B. Kauf v o n an M a z d a Opel d u r c h GM Joint 51:49 50:50 49:51 Venture

L i z e n z v e r g a b e zur A u f b a u e i g e n e r c: g e r i n g Know - how -Übe rt ra- V e r t r i e b s o r g a n e gung

Mehrheitsbeteil. z.B. Fiat mit 90% an Ferrari Aufbau von Zweigwerken z.B. F o r d W e r k e

1.4 Unternehmensdynamik

283

Fehlen zur Unternehmensexpansion die Ressourcen bzw. steigt das Risiko überproportional an, bietet sich die Kooperation mit anderen Unternehmen bei situativ unterschiedlich hohem finanziellen Engagement an (vgl. 4.4.3.3): • Relativ stark finanziell engagieren muß sich das Unternehmen bei der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen, den Joint Ventures (vgl. 1.6.3.2). Ein Joint Venture ging z.B. das Chemieunternehmen Beiersdorfer mit Kao ein, um Zugang zu den stark gegenüber dem Ausland abgeschotteten japanischen Distributionssystem zu erlangen. • Finanziell günstiger ist es, wenn das Unternehmen als Franchisor auftritt (vgl. 1.6.3.1); mit fremdem Geld und mit fremdem personellen Einsatz konnten so große Firmenketten aufgebaut werden wie die Coca Cola-Kette, die Hyatt-Luxus-Hotelkette, etc. • Eine Beteiligung kann den Weg zur Kooperation öffnen; so ist der Automobilzulieferer Freudenberg, Weinheim, seit mehr als 30 Jahren an der japanischen NOK beteiligt und hat mit diesem Beteiligungspartner gemeinsame Niederlassungen in verschiedenen Ländern aufgebaut. • Ein Kooperationsvertrag zwischen AEG und Elektrolux aus Schweden sah vor, daß beide Unternehmen Produkte tauschten, um durch größere Stückzahlen zu kostengünstigeren Fertigungen zu kommen; so gab AEG die Fertigung von Wäschetrocknern auf und erhielt im Gegenzug von Elektrolux ein größeres Kontingent von Waschmaschinen. Durch gegenseitige finanzielle Beteiligungen sollte diese Kooperation auf eine solide Basis gestellt werden: Elektrolux erhielt in zwei gleichen Tranchen eine Beteiligung von 20 % an AEG; im Gegenzug erhielt AEG über eine Wandelanleihe eine Minderheitsbeteiligung an Elektrolux. Später "schluckte" - wie häufig bei Kooperationen - der stärkere Teil - hier Elektrolux - den schwächeren Teil, hier AEG, vollständig durch Fusion. • Eine Kooperation kann auch auf der Lizenzvergabe mit gegenseitigem Erfahrungsaustausch aufgebaut werden (vgl. 1.1.3.5). Fallbeispiel einer kombinierten Wachstumsstrategie: Mannesmann-DEMAG-Sack Verbund Die seit 1890 existierende Mannesmann AG wurde bekannt durch ihr Verfahren, nahtlose Rohre aus einem Block zu walzen. Sie entwickelt ständig weiter diese Produkte der "ersten Serie" und diversifiziert deren Nutzanwendung. Um sich den Risiken einer derartigen "Monokultur" zu entziehen, baute Mannesmann diversifizierend seine Produktpalette aus durch Fertigung von Investitionsgütern, und zwar verstärkt im Wege der Akquisitionsstrategie (vgl. Abb. 14-12): Abb. 14-12: Akquisitionsstrategie der Mannesmann AG (entn. Firmenunterlagen)

struktur

Massenproduktion

höhere Technologie

>

284

1. Hauptteil:

Einführung

• Im Jahre 1972 erfolgte der Erwerb der seit 1819 existierenden DEMAG. DEMAG, bekannt durch ihren innovativen Maschinen- und Anlagenbau, konnte Mannesmann mit Lizenzen und umfangreichen Kenntnissen auf dem Gebiet der Metallumformung, der Walzwerkstechnik für Flachund Profilprodukte wie auf dem Gebiete der Rohrherstellung dienen. Durch diesen Zusammenschluß entstand ein großer internationaler Konzern mit 17 Werken im Inland und 14 Werken. • I m Jahre 1982 erfolgte die Angliederung der Sack GmbH, ein ehemaliges Familienunternehmen, das in den bisherigen Mannesmann-DEMAG-Verbund nahtlos paßte, da es spezialisierter Hersteller von Walzwerksausrüstungen und nachgeschalteter Bandveredlungsanlagen war sowie zudem mit Lizenzen die Produktpalette erweitern konnte. Die Sack GmbH ihrerseits hatte sich zuvor eine Reihe von Unternehmen eingegliedert. Insbesondere durch diese Akquisitionsstrategien entstand ein gefestigter Mischkonzern der Massenproduktion und des Anlagenbaus mit höherer Technologie, der auch mit fremden Erzeugnissen handelt und der mit ca. 120.000 Mitarbeitern einen inländischen Jahresumsatz von 6 Mrd. DM und einen Auslandsumsatz von 12 Mrd. DM im Jahr erwirtschaftet (Stand: 1990). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-58 in Anschnitt 1.7! 1.4.2.3 Internationalisierung von Unternehmen und Märkten Situativ-interkulturelle Unterschiede bei der Internationalisierung Die Expansion der Unternehmen verbindet sich zunehmend mit dem Phänomen der Internationalisierung der Unternehmen und Märkte, ein Vorgang, der auch als Globalisierung bezeichnet wird. Von einem internationalisierten Unternehmen im eigentlichen Sinne ist jedoch erst dann zu sprechen, wenn das Unternehmen grenzüberschreitende Investitionen getätigt hat. Im Vergleich zum Nachbarn Frankreich begannen in Deutschland die Unternehmen schon früh in massiver Weise mit der Internationalisierung; die französischen Autoren Poidevin und Bariéty weisen darauf hin, daß die Unternehmen ihres Heimatlandes in den Jahren 1890 - 1905 "einen außerordentlichen Mangel an Mut gegenüber Deutschland" bewiesen, da sie in dieser Zeit kein einziges Unternehmen in Deutschland gründeten, im Gegensatz zu deutschen Unternehmen (vgl. LV 1.77 S. 210f.): • Bayer gründete 1893 eine Fabrik in Flers-en-Breuc bei nahe bei Lille; • die Chemische Fabrik Elektron gründete die "Société Industrielle des produits chimiques" in La Motte-Breuil bei Compiègne; • die Reifenfabrik Continental aus Hannover errichtete ab 1904 nach und nach ein Filialnetz über ganz Frankreich; • AEG gründete eine Filiale in Frankreich und schloß ein Abkommen mit dem französischen Un ternehmen Thomson-Houston und erwarb an diesem Unternehmen eine Beteiligung; • Schuckert übernahm die Kontrolle über die "Compagnie générale d'électricité de Creil"; • ähnlich expansiv verhielten sich verschiedene bedeutende deutsche Maschinenfabriken, Fabriken des Uhrenbaus, des Goldschmiedehandwerks, dazu Seeversicherungsgesellschaften, welche offen oder verdeckt schon damals Niederlassungen in Frankreich gründeten. Im internationalen Handel wären die französischen Unternehmen schlecht gerüstet gewesen; - die französischen Unternehmen seien zu sehr von der Überlegenheit ihrer Produkte und ihrer Geschmacksrichtung überzeugt gewesen, - sie hätten zudem zu lange auf extrem kurze Kredite von drei Monaten bestanden. Im Gegensatz dazu hätten die deutschen Unternehmen wirklich reale Vorteile besessen: - starke Initiativkraft und Anpassung an den Geschmack der Kunden (Kundenorieintierung); - niedrigere Preise und längerfristige Kredite; - ein dichtes Netz von Handelsvertretungen. Erst in den letzten Jahren versuchen die französischen Unternehmen verstärkt - zum Teil auf Drängen ihrer Regierung - in der Internationalisierung mit den deutschen Unternehmen aufzuschließen. Bayer gilt als ältestes internationales Unternehmen wegen des Erwerbs einer Beteiligung in 1865 an einer Anilin-Fabrik in Albany (Staat New York, USA) und wegen der Errichtung eines Zweigwerks 1876 in Moskau (vgl. LV 1.71 S. 230). Schon früher - im Jahre 1867 - gründete die amerikanische Nähmaschinenfabrik Singer ein Zweigwerk in Glasgow.

1.4 Unternehmensdynamik

285

Ziele der Internationalisierung von Unternehmen Nach Beobachtungen des Verfassers verfolgen die Unternehmen bei der Internationalisierung vor allem folgende Ziele: 1. Die Unternehmen wollen vor allem ihre Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten verbessern, die im Inland bzw. in der EU beschränkt sein können, a) weil die Konkurenten den Markt unter sich aufgeteilt haben und keine weiteren Änderungen der Marktanteile ohne ruinöse Kampfreaktionen zulassen, b) weil die Kartellbehörden aus Furcht vor Wettbewerbsbeschränkungen keine weiteren Marktanteilserhöhungen etwa durch Ankauf kleinerer Unternehmen mehr zulassen. 2. Die Unternehmen wollen vom technologischen und managementmäßigen Know-how anderer Länder profitieren, eventuell auch von deren materiellen und finanziellen Ressourcen; so bauten Bosch und Siemens eigene Fabriken auf der "Silicon"-Insel Penang in Malaysia in unmittelbarer Nähe japanischer und amerikanischer Spitzenbetriebe auf dem Elektroniksektor sozusagen als "Horchposten" auf; die USA und Japan besitzen auf dem elektronischen Bauelementeselrtor die "Lead-Markets", an welche sich die sog. ROW-Länder (Rest of the World) orientieren müssen, um mit-halten zu können. 3. Die Unternehmen wollen global von den Large Scale Economies (Größendegression vgl. 1.4.2.5) sowie vom Export erfolgreicher produkt-, Verfahrens- bzw. organisationsmäßiger "Domestic Concepts" profitieren und über niedrige Stückkosten im Wege der Leistungsverteilung sowie über zusätzliche Verkäufe hohe Gewinne erzielen bzw. in Branchen mit starkem Wettbewerb konkurrenzfähig bleiben. 4. Die Unternehmen wollen durch "Mischkalkulationen" konkurrenzfähig bleiben. D.h. sie verlagern zwar ihr Kemkompetenz nicht ins kostengünstigere Ausland - nicht zuletzt weil in den kostengünstigen Schwellenländern im Allgemeinen früher oder später Löhne und Gehälter doch anziehen - , doch beziehen sie wesentliche Produktteile preisgünstig aus Zweigwerken oder aus Strategischen Allianzen in Niedriglohnländern. 5. Die Unternehmen wollen das allgemeine Unternehmensrisiko streuen bzw. hedgen: a) so können z.B. zurückgehende Inlandsverkäufe bzw. -gewinne durch größere Auslandserfolge kompensiert werden (vgl. 1.4.4.2), und umgekehrt, b) das Risiko der vollständigen Existenzvernichtung durch Verstaatlichung ist geringer. Meffert - Althans (vgl. LV 6.23) nennen zusätzlich folgende Motive für eine Internationalisierung aufgrund von Befragungen: • Absatzsteigerung durch größere Marktnähe durch ausländische Niederlassungen oder Tochtergesellschaften; • Veränderungen von Wechselkursrelationen; • Sicherung und Vertiefung der Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern, die sich schon internationalisiert haben oder im Begriff dazu sind; • Geschäftserfolge konkurrierender Unternehmen im Ausland; • Möglichkeiten für den Abschluß attraktiver Gegengeschäfte; • Marktzugangssicherung bei erwarteten wirtschaftspolitischen Maßnahmen des Abnehmerlandes. Letzteres ist ein entscheidendes Motiv neben der konjunkturellen Absatzstabilisierung zur Globalisierung für japanische Unternehmen mit ihrem wegen der Insellage relativ kleinen Inlandsmarkt, in ihren wichtigsten Absatzmärkten - USA und EG - eigene Fabriken zu errichten und dort sog. Transplants zu produzieren. Dies zeigt sich deutlich bei der Automobilproduktion (in Mio. Einheiten): 1991 1992 1993 1994 1995* 1996* 1997* 0 Produktion im Inland 13,4 12,5 11,3 10,6 10,3 10,3 10,4 11,3 Abweichungen von 1991 -7% -16% -21% -23% -23% -22% -16% Produktion im Ausland 3,2 3,5 3,8 4,3 5,8 6,4 6,8 4,8 Abweichungen von 1991 +9% +16% +26% +81% +100% +113% +50% Total Produktion 16,6 16,0 15,1 14,9 16,1 16,7 17,2 16,1 Abweichungen von 1991 -4% -9% -10% -3% +1% -4% -3% Exporte aus Japan 5,8 5,7 5,1 4,6 3,8 3,6 3,5 4,1 Abweichungen von 1991 -2% -12% -21% -34% -38% -57% -29% Zahlenangaben aus Tabellen abgelesen in Business Week 19/2/1996 S. 44; * geschätzt von Lehmann Brother

286

I. Hauptteil: Einführung

Allgemein setzt sich mehr und mehr setzt sich bei den Unternehmen die Erkenntnis durch, daß sie in den Ländern, in denen sie verkaufen wollen, auch produzieren müssen. Dafür gibt es zwei grundsätzliche Markteindringungsstrategien: • Akquisitionsstrategie, die schon nach dem Ersten Weltkrieg General Motors verfolgte, indem dieser Konzern durch Ankauf von Vauxhall in Großbritannien und von Opel in Deutschland in Europa Fuß faßte; • Selbstgründungsstrategie, die zur selben Zeit der Ford-Konzern verfolgte, als er in denselben Ländern eigen Fabriken aufzog. Beim Impetus zur Internationalisierung vereinigen sich offensichtlich materielle Motive mit psychologischen Motiven: stolz vermelden die Geschäftsberichte großer Unternehmen (vgl. 1.4.4.3), in welchem Umfang andere Länder und Kontinente zum Unternehmensgesamterfolg beitragen; auf Weltkarten wird vermerkt, in welchen Ländern das Unternehmen mit eigenen Forschungs-, Fertigungs- und Vertriebsniederlassungen vertreten ist, wobei "weiße Flecken" einen Horror vacui auslösen. Hieraus spricht die Kreuzzugs- und Kolonisatorenmentalität einer Reihe von Unternehmens-"Führern", welche weltweit die Überlegenheit ihrer Domestic Concepts und damit auch ihrer eigenen Leistungsfähigkeit demonstrieren wollen. Aus der Ankündigung von BMW, in Spartanburg, Georgia in den USA, eine erste ausländische Fabrik zu bauen, sprach die Genugtuung, daß nach all den Jahren der Zurückhaltung dieses Unternehmen gemäß dem Trend der Zeit nun ebenfalls zur Globalisierung ansetzt und daß dieses Unternehmen der Welt dabei zeigen wird, erfolgreicher zu sein als VW, das 1988 einen als schmachvoll angesehenen Rückzug aus den USA antreten mußte. Thesen zur Internationalisierung und zur Entstehung multinationaler Unternehmen in der Theorie Zur Erklärung der Entstehung der multinationalen Unternehmung durch Direktinvestitionen existieren verschiedene Ansätze aus der Industrial-Organization-Theorie, die das Marktergebnis (market performance) aus dem Marktverhalten (market conduct) ableitet und dieses wiederum aus der Marktstruktur (market structure) erklärt (vgl. I. Stein in LV 1.92 S. 52ff.): • Die Theorie der Kapitalbewegung diente zunächst als Paradigma zur Erklärung der Direktinvestitionen von Unternehmen im Ausland. Danach leiten die Unternehmen aus Niedrigzinsländern ihr Kapital in Hochzinsländer: - nach der einfachen Zinstheorie führe dies zu einer Zinsangleichung; - nach der erweiterten Zinstheorie müsse der Investor Wechselkurs- und Risikoeinflüsse zusätzlich beachten. Einwenden läßt sich gegen diesen Ansatz, - daß statistische Untersuchungen ergeben haben, daß die Unternehmen vornehmlich ihre Direktinvestitionen in die "übersättigten" Industrieländer lenken, - daß es bei den Industrieländern häufig zu Crossinvestitionen kommt. • Das Konzept von St.H. Hymer (vgl. LV 1.41a) nennt zwei Hauptmotive: - Kontrollmotiv, um den sonst zu erwartenden Wettbewerb von im Ausland entstehenden Unternehmen durch Eigengründung in verschiedenen Ländern auszuschalten; - Motiv des monopolistischen Vorteils durch gemeinsame Kontrolle verschiedener Unternehmen. • Das Konzept von Ch.P. Kindleberger (vgl. LV 1.46a) bezieht sich auf drei Motive: - die multinationale Unternehmung sei ein Ergebnis von Marktunvollkommenheiten, welche die Unternehmen schüfen durch Marketingmaßnahmen und durch Produktdifferenzierung; - interne Economies of Scale etwa im Entwicklungs-, Einkaufs- und Produktionsbereich, die sich durch horizontale Integration zu externen Economies of Scale erweiterten; - begrenzter Markteintritt seitens der Regierung in Form von Quoten, Tarifen oder Zöllen zur Abwehr fremder Unternehmen, der jedoch Direktinvestitionen anrege, wogegen sich einwenden läßt, - daß die Unternehmen auch auf nationalen Märkten Marktunvollkommenheiten zu schaffen trachten, so daß dies keine Spezialität zur Internationalisierung an sich ist, - d a ß die externen Economies of Scale sich nicht automatisch einstellen, wie sich u.a. am Rückzug von VW aus der Fertigung in den USA zeigt.

1.4 Unternehmensdynamik

287

• Theorie des oligopolistischen Parallelverhaltens, - wonach die Unternehmen dem Konkurrenten ins Ausland folgen, damit dessen Wettbewerbsvorteile nicht zu groß werden (Follow-the-Leader-Investments) bzw. - wonach auf das Eindringen eines Konkurrenten in den Inlandsmarkts Unternehmen mit einer Gegeninvestition in dessen Inlandsmarkt kontern (Cross Investments). • Heckscher-Ohlin-Modell, - wonach Außenhandel und Direktinvestitionen alternative Methoden der Auslandsmarktbearbeitung sind und - wonach Unternehmen aus kapitalreichen Ländern den Produktionsfaktor Kapital primär in Länder mit reichlichem und kostengünstigem Faktor Arbeit übertragen. Dagegen läßt sich einwenden, daß es in Industrieländern häufig zu Cross Investments kommt. • Technological Gap Trade erklärt nicht nur den Handel in der Anfangphase, in der das neue Produkt noch nicht von Imitatoren kopiert wurde, sondern auch Direktinvestitionen. • Internalisierungs- bzw. Transaktionskostenansatz, der auf die Arbeiten von Ronald H. Coase (vgl. 1.4.1.1) zurückgeht, wobei die Internationalisierung nur eine Form des Unternehmenswachstums durch Allokation von Marktfiinktionen über eine "technische" Grenze hinaus darstellt und wobei O.E. Williamson (vgl. LV 1.107a) die frühe Multinationalisierung amerikanischer Unternehmen mit der Erleichterung durch deren multidivisionalen Unternehmensstruktur (= Spartenorganisation, vgl. 2.1.2.6) und wobei R. Caves (vgl. LV 1.15b) die vertikale Integration von ausländischen Lieferantenstufen mit höherer Versorgungssicherheit erklärt. Anforderungen für eine erfolgreiche Internationalisierung Mit der Expansion betrieblicher Aktivitäten erfolgt eine stufenmäßige Steigerung der Anforderungen an die Unternehmensfuhrung: 1. Stufe: Diversifikation (im nationalen Bereich): Hier muß sich das Unternehmen mit zusätzlichen Kundenwünschen eventuell auch schon mit anderen Technologien aus einandersetzen. 2. Stufe: Akquisition (im nationalen Bereich): Hier muß das Management gewachsene fremde Ziel- und Wertvorstellungen integrieren und assimilieren, eventuell eigene Vorstellungen oktroyieren, um ein notleidendes fremdes Unternehmen wieder lebensfähig zu machen. 3. Stufe: Kooperation (im nationalen Bereich): Hier muß das Unternehmen fremde Ziel- und Wertvorstellungen akzeptieren, eventuell sogar sich diese Vorstellungen zumindest partiell zu Eigen machen, um zu einer harmonischen Partnerschaft und Unternehmenskultur zu gelangen. 4. Stufe: Internationalisierung: Dies erfordert interkulturelles Management; nun hat sich das Management mit den Traditionen und der Geisteshaltung unterschiedlicher Kulturen und Zivilisationen auseinanderzusetzen, so daß die Internationalisierung bei der Unternehmensexpansion die höchsten organisatorischen Ansprüche stellt. Dabei variieren die Ansprüche je nach der gewählten Form der Internationalisierung. Es ist dabei im besonderen Maße mit Identifikationsproblemen zu rechnen (vgl. LV 1.92 S. 404ff). Internationaler Management-Transfer Der Management-Transfer im Rahmen der Internationalisierung findet auf drei Ebenen statt: 1. Ebene der Managementtechniken. Hier findet ein Austausch statt, der unabhängig von den einzelnen Unternehmen ist. So werden gegenwärtig weltweit die Managementtechniken der erfolgreichen japanischen Unternehmen rezipiert u.a. Lean Production, Total Quality Control (TQC), Just-in-Time (JIT) (vgl. 2.1.1.8, 3.4.1.5). 2. Ebene der Managementkultur. Hier werden im Rahmen des Comparative Management Ansatzes unterschiedliche Thesen vertreten (vgl. W.A. Oechsler in LV 1.58 Sp. 1.357ff.): These A: Managementkultur sei als Bestandteil der Unternehmenskultur länderspezifisch und könne deshalb nicht internationalisiert werden. These B: Managementkultur sei übertragbar, es komme sogar zu einer weltweiten Konvergenz der Managementkultur. So schlössen japanische Unternehmen mit westlichen Unternehmen eine Reihe von Kooperationsabkommen ab, um durch „interpretatives Lernen" zu einem kulturellen Wandel zu kommen (vgl. Zahn/Richter in LV 3.25 S. 317f): • so kooperierte NEC (Japan) mit Bell-Laboratories (USA), um organisatorische Verhaltenskonzepte für radikale Produktinnovationen zu erlernen und um so die eigene Grundlagenforschung zu stärken - japanische Unternehmen bevorzugen das eher vorsichtig tastende Kaizen (vgl. 1.3.1.1);

288

1. Hauptteil:

Einführung

• so erlernte Toyota durch Kooperation mit General Motors im Projekt „Nummi" das westliche Modell der relativen Zuliefererautonomie und übertrug es nach Japan. 3. Ebene des Managementpersonals. Die beherrschenden Unternehmen pflegen in ihren internationalen Tochtergesellschaften leitende Angestellte ihrer Nationalität zu implantieren. Dies dient einem dreifachem Zweck: • Durchsetzung von Machtanspriichen der Zentrale. So besetzen nach Beobachtungen des Verfassers bei den Ford Werken regelmäßig Amerikaner die Posten des Vorstandsvorsitzenden und des Finanzdirektors und sichern so einen maßgeblichen Einfluß der amerikanischen Zentrale auf die nationale Geschäftsleitung von „Töchtern", während die IBM-Deutschland voll nationalisiert ist; •Vereinheitlichung der Managementprozesse. Dies wird zusätzlich durch Ausgabe von einheitlichen Untemehmensplanungshandbücher für alle Unternehmensteile mit Richtliniencharakter unterstützt (vgl. 2.1.2.4). • Transnationale Vereinheitlichung der Managementkultur. Dies wird zusätzlich unterstützt durch Vorgabe gemeinsamer Unternehmensziele und Ausarbeitung einer gemeinsamen Unternehmensstrategie (vgl. 1.4.4.3). In den letzten beiden Punkten spielen die implantierten Manager die Rolle eines Change Agents (vgl. 2.1.4.9). Zur leichteren Versetzung der Manager in fremdnationale Unternehmensteile bildet z.B. der VW-Konzern den "One-World-Manager" aus (vgl. UNI 9, Juni 1992 S. 34ff.). Die (Management-)Konvergenzthese läßt sich mit folgenden Argumenten untermauern: • Nichts ist so erfolgreich wie der Erfolg, deshalb werden in "Modewellen" international Erfolge und damit auch Managementtechniken adaptiert (vgl. auch 1.4.4.3); • Der Personalaustausch und -Schulung in den internationalen Unternehmen - japanische Unternehmen schulen z.B. sogar englische Facharbeiter in Japan - führt früher oder später zu einer kulturellen Angleichung, die nicht einseitiger Natur sein muß; TQC z.B. baut im Wesentlichen auf der Prozeßregelungskarte auf, die wie der Begriff westlichen Ursprungs ist. Formen, Felder und Stufen zur Internationalisierung von Unternehmen Das "Going Global" kann in vielfältigen Formen erfolgen: 1. Die Unternehmen beliefern in Form von sog. Exporten direkt Kunden vom Inland aus. 2. Die Unternehmen gründen Tochtergesellschaften verschiedenster Art in fremden Ländern, eventuell im Wege der Produktionsverlagerung in sog. Billiglohnländer. 3. Die Unternehmen erwerben ganz oder teilweise fremde Unternehmen in anderen Ländern. 4. Die Unternehmen gehen mit Unternehmen anderer Länder sog. Strategische Allianzen ein und gründen u. a. Joint Ventures, wobei für Kooperationen alle Stufen der betrieblichen Wertschöpfüngskette zur Disposition stehen (vgl. 1.6.1.1, 1.6.3.2). Die Internationalisierung bewegt sich auf verschiedenen Feldern (vgl. 1.4.2.2): • Vertrieb alter Produkte in anderen Ländern, die entweder im Inland oder im Ausland entwikkelt bzw. produziert werden, entweder in selbst errichteten oder in angekauften Betrieben; • Vertrieb neuer Produkte in anderen Ländern, die ebenfalls entweder im Inland oder im Ausland entwickelt bzw. produziert werden, und zwar entweder in selbst errichteten oder in angekauften Betrieben. Die Internationalisierung kann bei den Unternehmen in Stufen vonstatten gehen, wobei sich die Auslandsaktivitäten der Unternehmen eventuell in "Jahresringen" verbreitern, allerdings eventuell im "Gegenverkehr" mit denen ausländischer Unternehmen. Sinnvollerweise werden die Unternehmen bei der Internationalisierung nach dem Prinzip vorgehen: vom Leichten zum Schweren! D.h. z.B. zuerst nur zu exportieren, um die Aufnahmefähigkeit fremder Märkte für die Unternehmensleistungen zu erkunden, bevor ein größeres eigenes finanzielles Engagement erfolgt etwa in Form des Aufbaus einer eigenen Niederlassung im Ausland. Das Internationalisierungstempo hängt dann vor allem ab • von der Höhe der Markteintrittsbarrieren in fremden Ländern, • von der Stärke der Konkurrenzreaktionen in den Eintrittsländern, • vom Geschick, sich fremden Sitten und Gebräuchen anzupassen, • von der Attraktivität der betrieblichen Leistungen, • von der Zielstrebigkeit und Leistungsfähigkeit der eigenen Unternehmensorganisation.

1.4 Unternehmensdynamik

289

Die Unternehmensentwicklung kann in zwei grundlegenden Phasen ablaufen (vgl. abb. 12-13): Phase A: Gründung und nationaler Ausbau, der abgeschlossen ist, wenn die Diversifikation (D) nach der Unternehmensgründung (UG) eine gewisse Breite erreicht hat. Phase B: Internationalisierung. Diese Entwicklung kann nach dem nationalen Ausbau über folgende Stufen verlaufen: 1. Stufe: Aufnahme von regelmäßigen Exporten ins nahe gelegene Ausland über fremde Vermittler, wenn sich anhand von pilotmäßigen Exporterfolgen die internationale Leistungsfähigkeit des Unternehmens erwiesen hat; 2. Stufe: Aufbau eigener Vertriebsgesellschaften (VG) in Exportländern, in denen bereits ein beträchtlicher Marktanteil errungen wurde; 3. Stufe: Ausweitung des indirekten Vertriebs in fremde Erdteile; 4. Stufe: Akquisition (A) eines Unternehmens im Inland (AI]), 5. Stufe: Aufkauf eines Unternehmens (AU) im nahen Ausland (AU]); 6. Stufe: Aufbau von Vertriebsgesellschaften in anderen Erdteilen; 7. Stufe: Bau eines Werks (B) im nahen Ausland (BAj); 8. Stufe: Joint Venture bei der Errichtung eines neuen Werks in einem anderen Erdteil (JV); 9. Stufe: Programmbereinigung in allen Werken (PB) mit Schließung eines unrentablen Werks im Inland (W e x ); etc. Abb. 14-13: Unternehmensdynamik Aktivitätenspektrum

Inland nationaler Ausbau

Internationalisierung

Zeit

Das Going Global kann im Laufe der Zeit von regionalen Auslagerungen begleitet werden, bei der bei weltweiter Präsenz möglichst viele Aktivitäten lokal abgewickelt werden mit der Folge einer kompakten Regionalisierung: Think global - act local! Ein Beispiel hierfür gibt die Verlagerung der Fernsehproduktion von Sony ab: 1. Stufe: Aufbau einer durchrationalisierten nationalen Produktion; 2. Stufe: Aufbau eines Exportsystems; 3. Stufe: Verbreitung des Domestic Concepts: - 1972 Aufbau einer Fernseherfabrik in San Diego, USA (vgl. auch 2.1.1.8), - 1974 Aufbau einer Fernseherfabrik in Bridgend, Wales/Großbritannien; 4. Stufe: Regionalisierung: - 1975 Aufkauf der WEGA-Fernseherfabrik in Deutschland, Überlassung der weltweiten Systemleitung der Fernseherproduktion von Sony an das erworbene Unternehmen, um durch „symbiotisches Lernen" eine enge dauernde Lern-und Lebensgemeinschaft einzugehen (vgl. 1.1.3.5), wobei diese Koevolution im Japanischen auch als Kyosei bezeichnet wird. Strategien bei internationalen Aktivitäten In der Automobilindustrie (vgl. Abb. 14-14, vgl. auch LV 3.2 S. 326), in chemischen Industrie, auf dem Banken- und Versicherungssektor etc. umspannen strategische Allianzen netzartig die ganze Erde. In der Chipsentwicklung kooperieren in Strategischen Allianzen IBM - Siemens (-Toshiba); Motorola - Toshiba; Texas Instruments - Hitachi. Die internationale Unternehmensszene ist durch zahllose Joint Ventures mit ihren eigenen logistischen Ketten gekennzeichnet (vgl. 1.6.3.2). Durch eine derartige Verpflechtung kann eine national oder regional ausgerichtete Forschungs- und Wirtschaftsförderung leicht unterlaufen werden.

290

l. Hauptteil: Einführung

M E. Porter (LV 1.79 S. 118) ist ein scharfer Kritiker internationaler strategischer Allianzen; nach seiner Ansicht "zementieren solche Allianzen eher die Mittelmäßigkeit eines Unternehmens, nicht aber seine internationale Führungsposition. Kein Unternehmen kann von einem unabhängigen Partner Fertigkeiten und Werte erwarten, die von zentraler Bedeutung für dessen Wettbewerbsvorteil sind." Dies erscheint jedoch als eine höchst undifferenzierte Behauptung; es gilt vielmehr zwischen Unternehmen mit Produkten einfacher bzw. komplexer Technologie zu unterscheiden. Bei Produkten mit relativ komplexer Technologie ziehen die Unternehmen offensichtlich Vorteile aus strategischen Allianzen wie etwa bei den schon genannten Entwicklungsallianzen für elektronische Chips; dabei geht es den Unternehmen um eine Erweiterung ihrer strategischen Basis - Reinchemikalien- und Produktionsgeräteherstellung - im Wege eben jener Clusterbildung, die M E. Porter als entscheidend erachtet für die Bildung wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstrukturen (vgl. 1.1.1.2, 2.1.1.8). Jedoch sprengt die Clusterbildung gegenwärtig die nationalen Grenzen und internationalisiert sich. Abb. 14-14: Netz strategischer Allianzen der Automobilindustrie (entn. Dawn Chuck Kar Yan & Percy Chung Wai Hang Chart vgl. LV 1.8 S. 20 mit Aktualisierungen) Renault Peugeot Fiat 90% >Ferrar i =¡1 =Mazda-10-20%25% I Suzuki= =Daewoo Motor Volvo= =Subaru ¡=Fordn I

Lamborghini

IL

SaabIsuzu 10% 1 II 100% 1 15,6! I 1I1 Maserati< 11% I— >Lotus il.i ->Mitsubishi Toyota Kia Motors Nissan Honda• Hyundai« 145 100% (20%ex) Daimler-Benz Jaguar Rover Group(100% an BMW) Porsche= =Volkswagen 50%

3,7%

1

L - i

Legende : Eigenkapitalverbindung Fertigung und/oder im Marketingbereich

Joint Venture bei der geplante Verbindungen

Der Festplattenhersteller Seagate ist allerdings ein Beispiel für M E. Porters These; dieses Unternehmen verzichtet auf kollektive Strategien wie Joint Ventures bzw. Strategische Allianzen und verfolgt die Internationalisierung erfolgreich mit einer solitären Strategie, indem es parallel zu dem kulturellen Gefälle der Länder im Unternehmen eine Arbeitsteilung mit einem kaskadenförmigen Leistungsgefälle in Stufen herbeiführt: 1. obere Stufe: Seagate entwickelt und konstruiert die Produkte in dem Lead Market USA; 2. mittlere Stufe: die entwickelten Produkte läßt Seagate in Singapur, einer Stadt mit einem hochleistungsfähigen Facharbeiterstamm, testen; 3. untere Stufe: die Massenproduktion wiederum erfolgt in Thailand, das über billige Arbeitskräf te verfügt und wo es keine Gewerkschaften und zeitlichen Arbeitsbeschränkungen gibt, so daß sich die dort eingesetzten Maschinen rentabilitätsmaximal nutzen lassen (vgl. auch 4.3.1.4). Führung von Auslandsunternehmen Gemäß einer 1984 vorgenommenen international vergleichenden Untersuchung waren von 120 befragten Tochtergesellschaften 107 (= 89%) im 100%igen Besitz der Muttergesellschaften. Gegenüber früheren Untersuchungen sei eine Zunahme der lOOigen Beteiligungen zu verzeichnen, die M.K. Welge auf folgende Ursachen zurückführt (vgl. LV 1.58 Sp. 1542): • Möglichkeit der Durchsetzung einer einheitlichen Unternehmenspolitik; • gute Voraussetzung für zentrales Controlling (vgl. auch 4.6.7.1); • Wahrung der Corporate Identity;

1.4 Unternehmensdynamik

291

• Schutz vor Abfluß von technologischem Know-how; • schlechte Erfahrungen mit Joint-Ventures. Je nach Entwicklungsstufe der nationalen Kernzelle gegenüber ihren dependenten ausländischen verbundenen Unternehmen spielen letztere eine unterschiedliche Rolle im gesamten Unternehmensverbund, wobei mit steigendem Geschäftsvolumen die Satellitenkerne eine gewisse Emanzipation vom Mutterunternehmen durchsetzen können, die in gewisser Weise die Voraussetzung für ihr weiteres Wachstum ist (vgl. auch 1.4.4.2). Die dabei erreichte Kompetenz strahlt zurück auf ihre Stellung im Gesamtverbund, wie Bartlett-Ghoshal (vgl. LV 1.8) anhand einer Rollenmatrix in den Koordinaten hohe/geringe strategische Bedeutung des Auslandsmarkts und hohe/geringe Kompetenz des Tochterunternehmens nachweisen (vgl. Abb. 14-15): • Strategische Führung. Erlangt z. B. ein Tochterunternehmen eine hohe Kompetenz in einem Auslandsmarkt mit hoher strategischer Bedeutung, kann es damit als Belohnung für die Anstrengungen "Lead-Country" zumindest auf einem wesentlichen wirtschaftlichen Sektor gegenüber anderen Tochterunternehmen zu werden. • Strategische Unterstützung. Besitzt eine Tochtergesellschaft in einem strategisch nicht so wichtigen Land erhebliche Produktionskapazitäten, so beliefert sie die Tochtergesellschaft in einem strategisch wichtigen Land; so soll z.B. die VW-Gesellschaft in Mexico die Tochtergesellschaft in den USA mit Fahrzeugen beliefern (vgl. 1.4.4.3). • Strategische Umsetzung. Im strategisch unwichtigen Land besitzt die Tochtergesellschaft gerade soviel Kompetenz, um sich selbständig behaupten zu können, etwa als Vertriebsgesellschaft, sie leistet daher keinen Beitrag zur strategischen Planung und Entwicklung der Muttergesellschaft. • "Schwarzes Loch". Gelingt es der Tochtergesellschaft nicht, in dem strategisch wichtigen Land eine nennenswerte Position etwa in Form größerer Marktanteile zu erringen, empfiehlt sich das Eingehen von strategischen Allianzen. Abb. 14-15: Rollenmatrix ausländischer Tochtergesellschaften (entn. LV 1.58 Sp. 1543) Kompetenz der Tochtergesellschaften

hoch

niedrig

strategische Führung

strategische Unterstützung

"Schwarzes Loch"

strategische Umsetzung

hoch niedrig strategische Bedeutung des Auslandsmarkts Normenbildung bei der Internationalisierung Beim Transfer gefährlicher Technologien bzw. gefährlicher Geräte kann es zu einer besonderen Gefährdung der Menschen kommen, • wenn die Benutzer noch nicht hinreichend vertraut sind mit deren Umgang bzw. • wenn die Benutzer - möglicherweise kulturell bedingt - die notwendige Sorgfalt bei der Nutzung vermissen lassen. Es kann zu größeren Katastrophen kommen, wie die zahlreichen Flugzeugabstürze und das Chemieunglück von Bhopal in Indien beweisen. Zur Unfallvermeidung bzw. zur Schadensregelung sind auf internationaler Basis allseits akzeptierte Normen zu entwickeln. Als hierzu geeignet haben sich folgende Institutionen erwiesen (vgl. B.N. Kumar: Unternehmensethik im Kontext internationaler Unternehmensfuhrung, in: LV 1.99a S. 223f.): • supranationale Organisationen wie die Internationale Handelskammer, Paris, welche einen Katalog von "Social and Economic Guidelines for International Investment" erarbeitet hat, und wie die Internationale Konföderation der Freien Gewerkschaften, die eine "Multinationale Charta" zu den sozialen Verpflichtungen der multinationalen Unternehmen entwickelt hat; • unabhängige Vermittler (international arbitrato»), welche insbesondere bei internationalen Konflikten über Umweltfragen oder über Arbeitsproblemen herangezogen werden, wobei diese Vermittler dafür sorgen, daß die Konfliktparteien an neutraler Stelle zusammenkommen und eine individuelle Lösung erarbeiten;

292

1. Hauptteil:

Einführung

• unabhängige Kommissionen, in welche Vertreter der Kontrahenten wie auch angesehene neutrale Persönlichkeiten berufen werden und welche eine vertrauensvollen Dialog in die Wege leiten sollen, der zu einem freien Konsens fuhrt, wobei dieser Konsens auch künftige unternehmensethische Maßstäbe setzen kann und soll. Thesen zur Begründung der Internationalisierung von Märkten Die Internationalisierung von Unternehmen wird erleichtert durch die Internationalisierung von Märkten. Zur Erklärung dieses Phänomens sind verschiedene Thesen aufgestellt worden, die allerdings wegen ihrer Einseitigkeit auf Widerspruch stoßen (vgl. LV 1.58 Sp. 1418ff): 1. Konvergenzthese. Danach erfolge eine interkulturelle Angleichung der Lebensstile, betrieben etwa durch sog. "Cross Cultural Groups", und dadurch eine Angleichung der Nachfrage. Die Antithese dazu lautet, es sei eher eine Regionalisierung der Nachfrage mit einer Differenzierung der Werte zu beobachten, so daß nach J. Naisbitt die "Multiple Option Society" vorherrsche. 2. Standardisierungsthese. Die Auslandsmarktbearbeitung tendiere zu einer Vereinheitlichung vor allem der Marketing-Methoden, wodurch sich vor allem eine Erleichterung von Planung und Kontrolle ergebe. Daraus können sich aber auch Nachteile für den Unternehmensverbund ergeben: - lukrative nationale Marktsegmente werden nicht angesprochen, wodurch sich - Konflikte zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften ergeben können. 3. Zentralisierungsthese. Sie wird erhoben wegen der von der A.D. Chandler behaupteten Abhängigkeit der Strategie von der Organisationsstruktur, so daß sich bei zentralen Produktentscheidungen auch ein zentralorientiertes Marketing ergebe. Tatsächlich tendieren die Unternehmen auf internationaler Ebene mehr zu regionalen multipolaren Verbundsystemen (vgl. 1.4.4.3), bei denen auch das Produktmanagement weitgehend regional dezentralisiert ist. 4. Kosten- und Preisvorteilsthese. Durch Internationalisierung können die Economies of Scale kostenmäßig besser genutzt und in Preisvorteile umgemünzt werden. Diese Kostenvorteile können jedoch durch lange Transportwege zumindest teilweise egalisiert werden. Als Ausweichlösung bieten sich die sog. Transplants an, vor allem dann, wenn sich in den Abnehmerländern politischer Widerspruch wegen des Verlusts von Arbeitsplätzen regt. Beurteilung von Internationalisierungsprojekten Will das Unternehmen sich internationalisieren, wird es die in Frage kommenden Alternativen auf Ergiebigkeit und Risiko überprüfen. Basis einer derartigen Beurteilung kann ein gestaffeltes Länder-Produkt-Portfolio (vgl. Abb. 14-16) abgeben in den Koordinaten: geringe - hohe Marktattraktivität und geringer - hoher Wettbewerbsvorteil. Den beiden Faktoren ordnet H.H. Hinterhuber folgende Kriterien-Cluster zu (vgl. LV 1.35a): A. Marktattraktivität (vgl. ebenda S. 102): • Marktwachstum und Marktgröße • Marktqualität - Rentabilität der Branche gemessen an Deckungsbeitrag, Umsatzrendite, Kapitalumschlag - Stellung im Markt-Lebenszyklus, Spielraum für die Preispolitik - technologisches Niveau und Innovationspotential (vgl. 3.1.1.1) - Schutzfahigkeit des technischen Know-hows, Investitionsintensität - Wettbewerbsverhalten der etablierten Unternehmungen - Anzahl und Struktur potentieller Abnehmer - Verhandlungsstärke und Kaufverhalten der Abnehmer - Eintrittsbarrieren für neue Anbieter bzw. Bedrohung durch neue Konkurrenten - Anforderungen an Distribution und Service, Variabilität der Wettbewerbsbedingungen, - Bedrohung durch Substitutionsprodukte, Wettbewerbsklima, etc. • Energie- und Rohstoffversorgung - Störanfälligkeit in der Versorgung von Energie und Rohstoffen - Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit der Produktionsprozesse durch Erhöhung der Energieund Rohstoñpreise - Existenz von alternaven Rohstoffen und Energieträgern - Verhandlungsstärke und Verhalten der Lieferanten, etc. • Umweltsituation - Konjunkturabhängigkeit, Inflationsauswirkungen - Verhandlungsstärke und Verhalten der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen

1.4 Unternehmensdynamik

293

- Abhängigkeit von der Gesetzgebung, Abhängigkeit von der öffentlichen Einstellung - Risiko staatlicher Eingriffe, Umweltbelastung, etc. B. Relative Wettbewerbsvorteile der Unternehmung (vgl. ebenda S. 105) • Relative Marktposition im Vergleich zum stärksten Konkurrenten - Unternehmensmarktanteil und seine Entwicklung - Größe und Finanzkraft der Unternehmung, Wachstumsrate der Unternehmung - Rentabilität des Unternehmens gemessen an Deckungsbeitrag, Umsatzrendite, Kapitalumschlag - Risiko gemessen am Grad der Etabliertheit des Unternehmens im Markt - Marktpotential gemessen an Unternehmensimage, Preisvorteilen aufgrund von Qualität, Lieferzeiten, Service, Technik, Sortimentsbreite - Ausmaß der Differenzierung oder Kostenfuhrerschaft - Abschirmungsfähigkeit der Unternehmung gegenüber dem Wirken der Wettbewerbskräfte, etc. • Relatives Produktionspotential bezogen auf die erreichte bzw. geplante Marktposition - Prozeßwirtschaftlichkeit hinsichtlich der Kostenvorteile aufgrund der Produktionsprozesse, der Kapazitätsausnutzung, Produktionsbedingungen, Größe der Produktionseinheiten, Innovationsfähigkeit und technisches Know-how der Unternehmung, Lizenzbeziehungen, Patente, Schutzrechte, Anpassungsfähigkeit der Anlagen an wechselnde Marktbedingungen, etc. - Hardware in bezug auf Erhaltung der Marktanteile mit den gegenwärtigen oder in Bau befindlichen Kapazitäten, Standortvorteile, Steigerungsfähigpotential der Produktivität, Umweltfreundlichkeit der Produktionsprozesse, Lieferbedingungen, Kundendienst, etc. - Energie- und Rohstoffversorgung in bezug auf Erhaltung der gegenwärtigen Marktanteile, Kostensituation der Energie- und Rohstoffversorgung, etc. • Relatives Forschungs- und Entwicklungspotential - Stand der orientierten Grundlagenforschung, angewandten Forschung, experimentellen Entwicklung im Vergleich zur Marktposition der Unternehmung - Innovationspotential und Innovationskontinuität, etc. • Relative Qualifikation der Führungskräfte und Mitarbeiter - Professionalität, Urteilsfähigkeit, Einsatz und Kultur der Kader - Innovationsklima, Qualität der Führungssysteme - Gewinnkapazität der Unternehmung, Synergieeffekte, etc. Das Länder-Produkt-Portfolio baut sich bottom-up in zwei Stufen auf (vgl. Abb. 14-16): 1. Stufe: Für die Produkte PI, P2, P3,... der verschiedenen Unternehmen sind Konkurrenz-Portfolios zu ermitteln, welche die Stärken und Schwächen der Unternehmen widerspiegeln. 2. Stufe: Darauf auftauend sind die Konkurrenz-Portfolios der Unternehmen BU1, BU2, BU3, . . . zu ermitteln, welche die relative Konkurrenzlage der Unternehmen widerspiegeln. Abb. 14-16: Internationalisierungs-Portfolios a) Länder-Portfolio

b)

Marktattrakt.

Marktattrakt. Produkte von BU4

Unternehmen in..

niedrig mittel hoch Wettbewerbsvorteil

Unternehmens-Portfolio

niedrig mittel hoch Wettbewerbsvorteil

Will das Unternehmen im Wege der Akquisitionsstrategie die Internationalisierung ereichen, wird es die Preise der anvisierten Unternehmen Prl, Pr2, Pr3,...Prn erfragen einschließlich der übernehmenden Verbindlichkeiten und Schulden üVSl, üVS2, üVS3,...üVSn, um dann die jeweiligen Transaktionskosten der Adjustierung K t a ^ j j , Kta^j2> KtaAj3, ...KtaAj n zu schätzen, die erfor-

294

1. Hauptteil:

Einführung

derlich sind, um die angestrebte Marktposition MP a zu erringen. Dann sind die Gesamtkosten der Akquisitionsstrategie (Kg^) zu minimieren: (14-12) K g A = Pr + ÜVS + K t a A J

> min!

Beispiel: Der Preis für Unternehmen BU1 soll 5 Mio. DM und für BU5 soll 4 Mio. DM betragen bei zu übernehmenden Schulden von VS1 = 3 Mio. DM und von VS5 = 7 Mio. DM. Die Adjustierungskosten KTAaji werden auf 4 Mio DM und die Adjustierungskosten KTAaj4 werden auf 2 Mio. DM geschätzt. Dann errechnen sich die Investitionen der internationalen Alcquisitionsprojekte wie folgt: Unternehmen BU1 BU5 Kaufpreis 5 4 + übernommene Verbindlichkeiten und Schulden 2 7 + Transaktionskosten der Adjustierung 4 2 = Gesamtinvestitionen der Internationalisierung 11 13 In diesem Beispiel wäre der trotz relativ hohen Adjustierungsrisiken und entsprechend hohen Adjustierungskosten BU1 gegenüber BU5 vorzuziehen. Als Alternativen zur internationalen Akquisitionsstrategie bieten sich an • der Aufbau eines eigenen Tochterunternehmens im Ausland, der aber als Greenfield Investment in einem möglicherweise fremden Kulturkreis besonders hohe Risiken besitzt, da völlig neuer Lieferbeziehungen aufgebaut, völlig neue Kundenschichten erschlossen, völlig fremde Arbeitskräfte gesucht und mit fremden Behörden verhandelt werden muß, • die Vergabe von Lizenzen, wobei gewöhnlich eine Aufteilung der Absatzmärkte erfolgt, um sich nicht eigene Konkurrenz zu schaffen und wobei die besonders hohen Greenfield-Risiken nicht auftreten, wobei aber erheblich an Kontrolle verloren gehen: Einhaltung der Absatzgrenzen und hinreichender Produktqualität, was auf das eigene Unternehmensimage zurückschlagen kann. Reduktions-Management Aus den verschiedensten Gründen geben gelegentlich Unternehmen ihre internationalen Außenstationen ganz oder teilweise wieder auf (vgl. M.K. Welge in LV 1.58 Sp. 276fF): • die erhofften Kostenvorteile sind nicht eingetreten oder wieder verloren gegangen; • aufgrund von Überkapazitäten ist der Konkurrenzdruck zu stark geworden; • die Nachfrage hat sich erheblich verschlechtert; • Veralterung der Produktionsanlagen; • Ende des Produktzyklus bzw. Auftreten von Substitutionsprodukten; • Verluste bei den Außenstationen bzw. hoher Kapitalbedarf beim Mutterunternehmen. In solchen Fällen ist ein einfühlsames Reduktions-Management erforderlich: - das Unternehmen soll nicht durch einen derartigen Zickzack-Kurs der Akquisition und Desinvestition in ein imageschädigendes Gerede kommen; - durch einen übereilten Rückzug sollen keine unnötigen Finanz- und Potentialverluste entstehen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-59 in Abschnitt 1.7! 1.4.2.4 Profit Impact of Market Strategies (PIMS) Entstehung und Funktionsweise von PIMS PIMS als quantitativer Ansatz zur strategischen Unternehmensplanung basiert auf empirischen korrelationsstatistischen Untersuchungen zu Erfolgsfaktoren der Unternehmung. Dabei wurde die herausragende Bedeutung des Faktors Marktanteil nachgewiesen, als der amerikanische Konzern General Electric Co. in den Sechziger Jahren Sidney Schoeffler im Rahmen von PROM (Profit Optimisation Model) beauftragte, die Unternehmensdaten auf Einflußfaktoren im Bezug auf die betriebliche Rentabilität (ROI vgl. 1.1.1.6) zu untersuchen.

1.4 Unternehmensdynamik

295

Im Jahre 1975 schlössen sich verschiedene Unternehmen, darunter auch europäische, zum StrategicJPlanning Institute (SPI) zusammen, eine Non-Profit-Organisation, um auf einer repräsentativen Auswahl von SGEs (Strategische Geschäftseinheiten = SBUs = Strategie Business Units) Korrelationen von Gesetzescharakter für strategische Erfolgsfaktoren (Laws of Market Place) nachzuweisen. Das SPI hat seinen Sitz in Cambridge, Mass., USA. Daneben gibt es Büros in verschiedenen Ländern: für Deutschland existiert eines in Köln; das Büro in London ist für die Koordination in ganz Europa zuständig. Die Bildung von SGEs geschieht im Rahmen der Dezentralisierung der Unternehmen, welche zunehmend unterAußendruck wie Umweltschutzgesetze geraten oder unter Konkurrenzdruck wie Qualitätsdruck, Innovationsdruck und versuchen, die Komplexität der betriebswirtschaftlichen Verhältnisse in einem überschaubaren und verantwortbaren Kontext zu halten. Deshalb spielen bei der Unternehmensstrukturierung gleichzeitig Strategie- und Controlling-Aspekte eine beherrschende Rolle: • der Strategie-Aspekt ist außen gerichtet und zielt über ein spezifisches Leistungsangebot auf die Beherrschung von (Teil-)Märkten, während • der Controlling-Aspekt mehr nach innen auf die Steuerung der betrieblichen Leistungs-Effizienz gerichtet ist. Dem Strategie-Aspekt kamen die Unternehmen schon seit Beginn dieses Jahrhunderts mit der Einführung der Spartenorganisation (Divisions) nach, die häufig als Profit Center organisiert wurden d.h. sie erhielten ein begrenztes Gewinn- bz. Rentabilitäts-Controlling (vgl. 2.1.2.6). Die unterhalb der Sparten angesiedelten kleineren SGEs können stärker auf die individuellen Besonderheiten bestimmter Märkte eingehen und so stärker geschäftsmäßige Strategie-Aspekte verfolgen (vgl. Abb. 14-17). Damit die dezentralen SGEs sich nicht führungsmäßig verselbständigen, sind sie als Profit Center zu führen, welche wiederum zentralem Controlling unterliegen. Abb. 14-17: Strategische Geschäftseinheiten im Spanungsfeld von Strategie und Controlling ControllingAspekt

hoch

niedrig

Profit Center Spartenorganisation niedrig

— ->

Profit-Centerbasierte SGE 1 Strategische Geschäftseinheit hoch Strategie-Aspekt

Nach F.F. Neubauer gelten folgende Kriterien für die Abgrenzung von SGEs (vgl. LV 1.66 S. 293, vgl. die empirischen Beispiele in 1.4.4.2, 2.1.2.6): • Sie muß eine eigenständige Marktaufgabe haben (Unique Business Mission). • Ihr Produkt bzw. ihre Produktgruppe muß unabhängig vor allem in bezug auf Substituierbarkeit von den anderen Produktgruppen des Unternehmens sein. • Sie muß ein vollwertiger Konkurrent am Markt sein und nicht in erster Linie ein konzerninterner Lieferant (wie etwa die Gießerei in 2.1.2.6). • Sie muß unabhängig von den übrigen SGEs des Unternehmens operieren können. Von den Strategischen Geschäftseinheiten als sozusagen (Mini-)Unternehmen im Unternehmen wird u.a. erwartet, • daß sie die innerbetrieblichen Verhältnisse transparenter gestalten, • daß sie entsprechend das Verantwortungsgefühl verstärken, • daß sie sich stärker an den Kundenwünschen orientieren, • daß flexibler und schneller auf Marktänderungen reagieren, Mittlerweile ist die Zahl der SGEs im PIMS-Sample auf 3000 Einheiten gestiegen und es bildet damit den weltweit größten betriebswirtschaftlich-empirischen Forschungsansatz. Das SPI fand 38 Einflußfaktoren heraus, die zu Haupteinflußgrößen verdichtet wurden (vgl. LV 1.38a S. 564):

296

I. Hauptteil:

Einführung

(1) Attraktivität des Marktes - Marktwachstum (kurz- und langfristig), - Exportanteil, - Konzentrationsgrad auf der Anbieter- und Nachfragerseite; (2) Stärke der Wettbewerbsposition - absoluter Marktanteil, - relativer Marktanteil zu den drei größten Konkurrenten, - relatives Gehaltsniveau, - relative Produktqualität; (3) Investitionsattraktivität - Investitionsintensität, - Wertschöpfüng/Umsatz als Maßstab für die vertikale Integration, - Umsatz/Beschäftigte als Maßstab der Produktivität, - Kapazitätsauslastung; (4) Kostenattraktivität - Marketingaufwand/Umsatz, - Forschungs- und Entwicklungsaufwand/Umsatz, - Rate von Produktneueinführungen; (5) allgemeine Untersuchungsmerkmale - Unternehmensgröße, - Diversifikationsgrad; (6) Veränderungen von EinfluDgröBen 1-5 - Marktanteilsänderungen, - vertikale Integrationsänderung, - relative Preisänderung, - Produktionsqualitätsänderung, - Kapazitätsänderung. Kernstück von PIMS ist das PAR-ROI-Modell, das angibt, welches Rentabilitätsniveau eine SGE im Mittel (als normal) erreichen könnte. Durch Vergleich mit der Ist-Rentabilität des Status quo mit PAR-Roi des SGE, kann deren Leistungssteigerungspotential abgelesen werden. Dabei wird eine Linearität zwischen Rentabilitäts- und Marktanteilsentwicklung unterstellt, ohne daß dafür eine Erklärung geliefert wird. Die Mitgliedsunternehmen von SPI erhalten gegen Lieferung von vertraulichen Daten - etwa 200 Kennzahlen pro SGE - und gegen Zahlung einer Mitgliedsgebühr in regelmäßigen Abständen Berichte zugesandt. Die Daten werden nach einer Plausibilitätskontrolle in der PIMS-Datenbank zum dauernden Feedback ausgewertet (vgl. Abb. 14-17a). Abb. 14-17a: Dynamik des PIMS-Konzepts

Die Berichte selbst zerfallen in zwei Gruppen, • PEMS-Letter, welche sich mit den allgemeinen Prinzipien der Laws of the Market Place befassen, und • Special Reports, die sich unterschiedliche strategische Situationen beziehen: - PAR-ROI/Cash Flow Report, der für bestimmte Arten von SGEs den PAR-ROI angibt; - Strategy Analysis Report, der die Konsequnzen für bestimmte, durch den Computer simulierte Strategien auf die Rentabilität der SGE angibt; - Optimum Strategy Report, der angibt, welche Kombination von strategischen Maßnahmen optimal hinsichtlich eines bestimmten ROI-Ziels ist; - Report on Look-Alikes (ROLA), der angibt, welche Strategien vergleichbare SGEs verfolgen. Jedoch kann durch Adaption der Look-Alike-Strategien von mehreren Unternehmen gleichzeitig der angestrebte ROI-Erfolg wie bei der Waschmittelwerbung neutralisiert werden.

1.4 Unternehmensdynamik

297

Ergebnisse von PI MS Nach den Forschungsergebnissen von PIMS läßt sich der Erfolg des Unternehmens wie folgt aufschlüsseln (vgl. L V 1.3a S. 565): • des Erfolgs lasse sich von der Strategie des Unternehmens erklären; • ca. 15% des Erfolgs werde durch die operative Management-Effizienz erreicht; • zum Erfolg trügen die sog. Strategie Moves, d.h. die Prozeßkosten zur Änderung der strategischen Position bei; • etwa 10% des Erfolgs sei auf das dispositive Geschick des Managements zurückzufuhren, geschickt aufZufallsereignisse zu reagieren. Von den über 30 Einflußgrößen auf ROI erklären bereits die drei wichtigsten 3 7 % der ROIVarianz: • die Investmentintensität - 1 5 % ; • der relative Marktanteil - 1 2 % ; • die relative Produkt-/Servicequalität - 1 0 % . Dabei ist unter relativer Marktanteil (MAr) das Verhältnis des eigenen Marktanteils des Unternehmens bzw. einer Geschäftseinheit (MAg) im Verhältnis zur der jeweiligen Summe der Marktanteile der drei stärksten Konkurrenten ZU verstehen: (14-13) M A r = M A e / M A 2 3 K • 100. Seit Beginn der Aktivititäten von PIMS hat sich die stark positive Marktanteil/ROI-Korrelation als konsistent erwiesen. So führe ein hoher Marktanteil zu höheren Gewinnspannen und ROIs als bei kleineren Marktanteil. Als "adequate Return" werden 2 5 % vor Steuern angesetzt. Dabei ergibt sich, daß bei einem relativ kleinen Marktanteil die Chance nicht auszuschließen ist, einen hohen ROI zu erzielen. Jedoch sind die Chancen unterschiedlich hoch; bei einem Marktanteil von kleiner 9 % besitzt das Unternehmen nur eine Chance von 2 3 % den "adequate Return" von 2 5 % zu erreichen, bei einem Marktanteil von 3 7 % liegt die Chance ungleich höher bei 6 4 % (vgl. Abb. 14-17b). Abb. 14-17b: Relativer Marktanteil und die Chancen zur Erreichung des "adequate Return" (entn. L V 1.66, S. 289) 64% Chancen zur Erreichung des 6 0 +% "adequate return" (25%) 37! 45 + 29% 30 -•

27% 23%

15 -•

16 10

20

24

37 30

absoluter Marktanteil

Als Gründe für die stark positive Korrelation von Marktanteil und ROI werden von S. Schoeffler selbst angegeben (vgl. L V 1.66 S. 2 9 1 f ) : • Skalenvorteile (Economies of Scale), wonach ein Wettbewerber mit höherem Marktanteil wegen starker Ausbringung mit sinkenden fixen Stückkosten rechnen kann (vgl. 4.3.1.2); • die Wirkung der Erfahrungskurve (Lernkurve), wonach ein Wettbewerber mit höherem Marktanteil auch bei den sog. variablen Kostenarten mit sinkenden (variablen) Stückkosten rechnen kann (vgl. auch 4.3.1.5-8); • die Marktmacht z.B. bei Einkaufsvorteilen.

298

1. Hauptteil:

Einführung

Beurteilung von PIMS Das PIMS-Konzept ist vielfach kritisiert worden (vgl. LV 2.73 S. 602f., LV 1.35 S. 127f.): • PIMS sei konservativ wegen der Orientierung an bestehenden Unternehmensprogrammen und leiste deshalb wenig Hilfestellung bei der Aufdeckung neuer erfolgversprechender betrieblicher Aktivitäten. • PIMS besitze einen begrenzten Anwendungshorizont bei wenig diversifizierten bzw. bei stark vertikal integrierten Unternehmen. Wenn die Unternehmen zwar ein reichhaltiges Produktprogramm besitzen, aber wenig diversifiziert sind, hat das Top-Management in Verbindung mit dem Principal entsprechende entflechtende Maßnahmen zu treffen und den monolithischen Betriebsblock in übersichtliche und leistungsfähige Geschäftsfelder aufzuteilen (vgl. auch 1.4.4.2). Nach Hildebrandt-Strasser (vgl. LV 1.35 S. 130ff.) hat PIMS beispielsweise im erheblichen Maße zur Umwandlung des nationalen Hoesch-Konzerns in einen international operierenden Konzern beigetragen. Dabei bot sich PIMS als ein umfassendes Controllingsystem an, • das durch die PIMS-Datenbank komplexe Marktzusammenhänge verdichtet, • das das strategische Profil der Geschäftseinheiten beschreibt und ihr strukturelles Renditepotential als Erwartungswert berechnet, • das Stärken bzw. Schwächen gegenüber Kunden, Lieferanten und Wettbewerbern analysiert, • das ständige PIMS-Berichte von allen SGEs obligatorisch macht, deren Inhalt je nach strategischer Bedeutung der Geschäftseinheit unterschiedlich tief gestaffelt ist. Hoesch richtete geschäftsfeldbezogene Qualitätsseminare (Quality Workshops) ein, auf denen Führungskräfte aller Funktionsbereiche durch Multifaktorenanalyse die Qualität der eigenen Produkte aus Kundensicht und im Vergleich zu Wettbewerbsangeboten beurteilen: • Abgrenzung und Segmentierung des Geschäftsfelds nach Kundengruppen, technischen Problemlösungen, etc.; • Ermittlung der wesentlichen Kaufkriterien aus Kundensicht; • Auswahl der relevanten Wettbewerber; • Benotung der Zielerfullung der Kundenkriterien bei den einzelnen Wettbewerbern; • Ermittlung der relativen Preise nach Wettbewerbern (vgl. auch 4.2.5.6); • Einschätzung der Bedeutung von Preis und Qualität bei den Verkaufsverhandlungen. Die von Hoesch eingerichteten Geschäftsfelder wie auch die eingerichteten Qualitätsseminare wurden als beispielhaft nach der Fusion von Krupp übernommen (vgl. 2.1.1.5). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-60 in Abschnitt 1.7! 1.4.2.5 Portfolio Selection Strategien (Produkt-)Portfolio Matrix Markowitz hatte mit seiner 1959 veröffentlichten Portfolio Selection Theory (vgl. LV 1.59) Vorstellungen über eine optimale Zusammensetzung von Wertpapierportfeuilles für private Investoren, aber auch für Investmentgesellschaften entwickelt (vgl. auch 4.6.8.1). Seine Prinzipien wurden dann zur Optimierung des Unternehmenswachstums auf die Mehrprodukten-Unternehmung übertragen, wobei die Produkte nach Renditen- und Risikoerwartungen optimal zu mischen sind (vgl. auch 4.6.8.1). Die Produkte sind dabei gemäß ihren Phasen im Lebenszyklus (vgl. Abb. 35-3) - in Anlehnung an PIMS - in eine Marktanteils-/Marktwachstums-Matrix zu bringen (vgl. Abb. 14-18). Anschließend sind dann die Produkte zu klassifizieren, für sie Normstrategien zur optimalen Potentialausschöpfüng zu konzipieren und diese im Wege des sog. operativen Controllings zielgerecht zu steuern: 1. Bei den Produkten in der Wachstumsphase (Phase II), den "Stars", sind Erweiterungsinvestitionen vorzunehmen, da sie zur Erhöhung des Marktanteils tendieren. 2. Bei den Produkten in der Reifephase (Phase III), den sog. "Cash-Kühen", ist eine (Gewinn-) Abschöpfungsstrategie zu betreiben. Bei ihnen sind keine Erweiterungsinvestitionen vorzunehmen, allenfalls Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen.

1.4 Unternehmensdynamik

299

3. Bei den Produkten in der Einfuhrungsphase (Phase I), dem "Nachwuchs", ist eine Selektionsaufbaustrategie zu betreiben, d.h., einige "wachstumsverdächtige" Produkte sind mit entsprechend hohen Investitionen "hochzuzüchten", andere als "Flops" fallen zu lassen. 4. Bei den Produkten in der Degenerationsphase (Phase IV), den "Problem"-Produkten, ist eine Desinvestitionsstrategie zu betreiben: die Produkte sind zu eliminieren und das bei ihnen gebundene Kapital ist wieder freizusetzen (vgl. 4.4.5.3). Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß sich viele Produkte in neuen Modellen regenerieren lassen, wodurch die hohen Kosten der Erstentwicklung eingespart werden können. Eventuell kann ein einsatzfreudiger Task-Leader eine Wende herbeifuhren (vgl. 2.1.4.7). Abb. 14-18: Dynamisierte Portfolio-Matrix der Produkte Marktwachstum Marktanteil hoch

niedrig

Legende: =

niedrig

hoch

Produkt in Phase III: Produkt in Phase II: "Stars" "Cash-Kühe" ....Seiteneinstieg H =Einstieg Produkt in Phase IV: Produkt in Phase I : "Probleme" "Nachwuchs" Ausstieg = n o r m a l e r W a n d e r w e g des Produkts

Mit Hilfe eines Wanderungspfads der Produkte, der mit dem Einstieg beginnt und der mit dem Ausstieg endet, läßt sich das Produktportfolio dynamisieren. Der Einstieg erfolgt über Innovationen, denen sich häufig - bei Erfolg - Imitationen anschließen, die dann als "Seiteneinsteiger" Anschluß an das neue Produkt in der Wachstumsphase mit hohen Produktmarktanteil suchen. Die Produktimitation kann auf zwei Ebenen erfolgen: • Imitation durch das eigene Unternehmen, etwa wenn andere Unternehmensteile das neue Produkt ebenfalls vermarkten; • Imitation durch fremde Unternehmen: - durch Lizensierung, - durch Umgehungsentwicklung oder - durch mehr oder weniger unautorisierte Kopie (Clone). Die Vielfältigkeit der Imitationsstrategie läßt sich demonstrieren am Mustang, ein von der Ford Motor Corporation (FMC) in den USA entwickelter Autoverschnitt aus Familienlimousine und Sportwagen, der zu den wenigen Autoinnovationen der letzten Jahrzehnte zählt: Mustang FMC, U S A (Originalentwicklung) > C a p r i — F o r d Werke, D e u t s c h l a n d >Manta

Opel, D e u t s c h l a n d

(Anpassungsentwicklung)

(Übernahmeentwicklung)

Die Wertschöpfüngskraft steht in Abhängigkeit von den Produktentwicklungsphasen: Phase 0: Entwicklungsphase - negativ wegen der Entwicklungskosten; Phase I: Einführungsphase - zunächst negativ wegen der Anlaufkosten, dann positiv bei Absatzaufschwung; Phase II: Wachstumsphase - positiv, leicht gedrückt wegen der Anläufe von Produktvarianten zur Ausschöpfüng des Wachstumspotentials des neuen Produkts; Phase III: Reifephase - überaus positiv, es sei denn, "Clones" als Imitationen sind schon früh in den neuen Unternehmensmarkt eingedrungen und haben den Marktanteil stark eingeengt; Phase IV: Degenerationsphase - negativ wegen des Preisverfalls und wegen des starken Rückgangs beim Marktanteil.

300

1.Hauptteil:

Einführung

Das betriebliche Produktportfolio läßt sich durch phasenverschobene Produktzyklen optimieren: • der Absatz läßt sich so glätten (vgl. auch LV 8.31 S. 135); • Schwankungen bei der betrieblichen Wertschöpfung können ausgeglichen werden. Ein Konkurrenz-Portfolio läßt mit Hilfe der Determinanten "Marktattraktivität" und "relative Wettbewerbsvorteile" oder mit Hilfe der Determinanten "Geschäftswachstum (Business Growth Rate)" oder relative Wettbewerbsvorteile (Relative Competitive Position)" aufziehen, und zwar • mit der einfachen hoch-niedrig-Unterteilung der Koordinaten oder • mit der "Multifaktoren-Unterteilung" der Koordinaten: niedrig, mittel, hoch bzw. schlecht, mit tel, gut (vgl. 3.1.1.1). Portfolio-Selektion bei den SGEs Das Prinzip der Portfolio-Selektion läßt sich von den Produkten auf die "strategischen Geschäftseinheiten" des Unternehmens übertragen und zu einer Führungsmaxime entwickeln derart, daß die Unternehmen zur Erzielung einer langfristig stabilisierten Unternehmensrentabilität auf angemessener Höhe bzw. zur langfristig stabilisierten Shareholder s Value der Aktien (vgl. auch 2.2.3.2) ein optimales SGE-Portfolio anstreben und zu wahren suchen. Das kann derart erfolgen, • daß bei den "Nachwuchs"-SGEs investiert wird, um eine "Industrie- bzw. System-Führerschaft" mit einem selbsttragenden Marktanteil zu erreichen, - indem im eigenen Unternehmen die Forschungs- und Entwicklung vorangetrieben wird bzw. - indem fremde Unternehmen mit zukunftsträchtigen Technologien als Ergänzung in diesem Bereich angekauft oder entsprechende Lizenzen erworben werden, bzw. - indem mit fremden Unternehmen zur Entwicklung zukunftsträchtiger Technologien kooperiert wird wie z.B. bei der gemeinsamen Entwicklung der CD (Compact Disc) durch Philips und Sony, • daß bei den "Star"-SGEs, den als künftig erwarteten Gewinnträgern Erweiterungsinvestitionen getätigt werden, da sie zur Erhöhung des Marktanteils und damit zur Erzielung der gewinnträchtigen Skalenvorteile tendieren, • daß bei den "Cash"-SGEs keine Erweiterungsinvestitionen mehr getätigt werden, sondern nur noch Ersatz- und Rationalisierungsinvestitionen, so daß dadurch maximale Gewinnüberschüsse für Ausschüttungen an die Kapitaleigner anfallen, • daß bei "Problem"-SGEs, vor allem bei solchen, die auf keinen hinreichenden, die Skalenvorteile nutzenden Marktanteil kommen, eine Selektion derart vorgenommen, - indem das Unternehmen sie an andere Unternehmen verkauft, eventuell mit dem Argument, daß sie angeblich nicht zur "Kernkompetenz" des Unternehmens gehören, - indem das Unternehmen sie liquidiert, - indem das Unternehmen sie ausgliedert und sie unter Aufgabe der "Industriefiihrerschaft" an die leistungskräftige SGE eines anderen Unternehmens unter Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens koppelt, wie dies Daimler-Benz mit der Herauslösung der verlustträchtigen Bahnaktivitäten der AEG-Tochter durch Kopplung mit der leistungsstärkeren Bahnsparte von ABB unter Aufgabe der zuvor angestrebten "Industrie- bzw. System-Führerschaft" in dieser Sparte und unter Zuzahlung eines erheblichen Finanzbeitrags in Höhe von fast einer Milliarde DM durchführte. Bfichersches Massenproduktionsgesetz Der Effekt der Kostendegression und damit der sog. Skalenvorteile läßt sich auch an dem Bücherschen "Gesetz der Massenproduktion" demonstrieren, wobei kg = gesamte Stückkosten, c = die konstanten Kosten = Fixkosten und "einmalige" Kosten z.B. die Anlaufkosten (= Transaktionskosten), kv = variable Stückkosten und m = Menge sind (Zahlenangaben entnommen aus Tab. 14-5): (14-14) kg = c/m + kv Beispiel A: kg = 40.000/1000 + 50 = 90,- DM Beispiel B: kg = 73.000/2000 + 45 = 81,50 DM. ModellmäDige Korrelation von Marktanteils- und Rentabilitätsentwicklung Das Streben nach hohem Marktanteil rührt daher, daß sich bei empirischen Untersuchungen ein signifikanter Zusammenhang zwischen Marktanteils- und Rentabilitätsentwicklung ergeben hat, und zwar wegen der "Large Scale Economies" (vgl. Tab. 14-5); bei hohem Marktanteil und bei

1.4 Unternehmensdynamik

301

entsprechend hohen Verkaufszahlen kommt das Unternehmen in den stärkeren Genuß der Kostendegression • durch eine bessere Verteilung der Fixkosten (vgl. 4.3.1.2), • durch extensiveres Lernen (vgl. 4.3.1.5), so können z.B. die kv von 50,- auf 45,-DM sinken, • durch eine bessere Verteilung der Transaktionskosten: - "einmalige" Entwicklungskosten sowie - "einmalige" Rüst- und Anlaufkosten. Tab. 14-5: Rentabilitätseffekt von optimaler Portfolio Selection

(1) (2) (3)

Preis v a r i a b l e S t ü c k k o s t e n kv Menge (Marktanteil)

Status quo 100, 50, 1000 (10%)

(4) (5) (6) (7) (8) (9) (10)

E r l ö s e = (1) • (3) - var. K o s t e n = (2) • (3) = Deckungsbeitrag - Abschreibungen - sonstige fixe K o s t e n - Transaktionskosten = Gewinn

100.000 50.000 50.000 20.000 10.000 10.000 10.000

200.000 90.000 110.000 40.000 18.000 15.000 37.000

+100,0% + 80,0% +120,0% +100.0% + 80,0% + 50,0% +270,0%

60.000 40.000 100.000

116 .000 70.000 186.000

+ 93,3% + 75,0% + 86,0%

10%

20%

+100,0%

(11) W o r k . Capital 40% v o n [(4)+(5)] (12) + A n l a g e v e r m ö g e n (13) = G e s a m t k a p i t a l (14) Rentabil. =

(10)•(13)/100

neuer Änderung Status 100, in % 45, -10,0% 2000 (20%) +100,0%

So können bei der Entwicklung verwandter Produkte einzelne Komponenten vorhandener Produkte kostensenkend übernommen werden. Als BMW den Sportwagen 850i entwickelte, konnten die "einmaligen" Entwicklungskosten mit einer Milliarde DM wegen der Übernahme des Motors aus einer anderen Baureihe relativ niedrig gehalten werden. Unter der Voraussetzung, daß wegen gezielter Produktselektion auch der Preis bei steigenden Stückzahlen konstant gehalten werden kann, daß die nichtvariablen (einmaligen) Kosten und daß die zusätzlichen Fixkosten und das zusätzliche Kapital für die benötigte größere Kapazität nur unterdurchschnittlich steigen, läßt sich dann durchaus eine Rentabilitätsverdoppelung "rechnen" und damit eine lineare Beziehung zwischen Rentabilitäts- und Marktanteilsentwicklung zumindest modellmäßig nachweisen. Beurteilung der Portfolio-Selektion Insbesondere in den Siebziger Jahren wurde auf der formalen Basis des Marktportfolios und des Ressourcenverteilungs-Portfolios (vgl. 3.1.1.1) eine Vielzahl von Portfolios konstruiert, so daß sich die Frage nach der betriebswirtschaftlichen Relevanz dieser Modelle erhebt (vgl. im Einzelnen LV 1.38a S. 632ff, vgl. auch 1.1.3.1). Die Vorteile der Portfolio-Selektion resultieren vornehmlich aus der Schematik dieses formal-betriebswirtschaftlichen Ansatzes: • es regt entsprechend das strategische Vorstellungsvermögen an, so daß es eine gewisse Triggerfünktion (= Initiativfunktion) erfüllt; • es gibt erfahrungserprobte Normstrategien an die Hand, ein Vorteil vor allem dann, wenn bei einem jungen Unternehmen noch eigene Erfahrungen fehlen; • es verschärft das strategische Problembewußtsein in bezug auf Kundenprobleme, Konkurrenzverhalten, Marktanteilsgröße, Technologieprobleme (vgl. auch 3.1.1.1), etc.. Dem stehen im erheblichen Umfange auch Bedenken gegenüber, die vornehmlich aus der Starre dieses Schemas resultieren: • es reduziert die Markterscheinungen auf Marktwachstum und Marktanteil;

302

/. Hauptteil:

Einführung

• es überbewertet hohe Marktanteile, die entsprechend induzierten Investitionen können dann die Finanzbasis des Unternehmen überstrapazieren und das Unternehmen in eine lebensgefährliche Liquiditätskrise führen; • es verhindert dadurch die Suche nach rentabilitätsgünstigen Nischen; • es bewegt sich im vorgegebenen Rahmen und sucht nicht von sich aus nach neuen Produktbzw. Marktchancen; • es induziert Standardentscheidungen, weniger dagegen kreative Entscheidungen. Bedenklicher noch erscheint es, daß mit Hilfe der Normstrategien strategische Entscheidungen getroffen werden ohne gründliche rentabilitätsmäßige Überprüfung ihrer Auswirkungen (vgl. auch 4.4.5.3-5), allenfalls noch unter Verwendung von Scoring-Modellen (vgl. 4.4.4.1). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-61 in Abschnitt 1.7! 1.4.3 Krisenphase des Unternehmens 1.4.3.1 Konkurrenzkämpfe, Krisenursachen und Ausstiegsbarrieren Konkurrenzkämpfe 1. Gründe und Folgen von Konkurrenzkämpfen Die Dynamik der Marktwirtschaft fuhrt wegen des Fehlens einer zentralen ausgleichenden Planung aus den verschiedensten personalen, technologischen und zufallsbedingten Gründen zu Friktionen im Wirtschaftsgeschehen, die Konkurrenzkämpfe zwischen den Unternehmen auslösen können. Gewöhnlich fuhren Konkurrenzkämpfe zu Preisunterbietungen und damit zur rapiden Gewinn- und Rentabilitätssenkung in der von Konkurrenzkämpfen befallenen Branche. Gelingt es, die Konkurrenten weitgehend in der Branche zu verdrängen, kann das überlebende Unternehmen aus einer Position des Monopolisten anschließend Preise und Leistungen diktieren und so die vorausgegangenen Verluste mehr als nur wettmachen wie etwa die japanischen Halbleiterhersteller, welche zunächst durch Preisunterbietungen die wichtigsten amerikanischen europäischen Hersteller aus dem Markt drängten, um anschliessend als die praktisch alleinigen Anbieter von Halbleitern die Preise weit über das ursprüngliche Preisniveau anzuheben (vgl. 2.1.1.8). Als teils überlappende Gründe für Konkurrenzkämpfe lassen sich anfuhren: • Stabilisierung der Absatzzahlen bei konjunkturellen Rückgängen; • Streben nach größerem Marktanteil; • Streben nach Beherrschung des Markts; • Ausnutzung der Skalenvorteile; • bessere Ausnutzung der Kapazität. 2. Anlässe von Konkurrenzkämpfen Konkurrenzkämpfe brechen leicht aus, wenn am Markt ein Überangebot besteht. Überangebote entstehen gewöhnlich, • wenn Unternehmen ihre Kapazitäten erhöhen, • wenn aufgrund eines Nachfragerückgangs der Kapazitätsmantel der Branche zu groß wird, wobei der Nachfragerückgang resultieren kann - aus einem konjunkturellen Rückschlag, - aus vorübergehender Marktsättigung, - aus einem Nachfragewandel. 3. Maßnahmen zur Vermeidung von Konkurrenzkämpfen Die Überangebote bilden die Grundlage für die Entstehung von Störzonen, in denen Konkurrenzkämpfe entstehen und sich zum deterministischen Chaos aufschaukeln können (vgl. 1.1.3.11) mit der Folge des Ausscheidens von einem oder mehreren Anbietern. Wenn also schädigende Konkurrenzkämpfe vermieden werden sollen, sind Überangebote zu vermeiden. Dazu lassen sich folgende - vorbeugende - Maßnahmen treffen:

1.4 Unternehmensdynamik

303

• größere Erweiterungsinvestitionen sind in mehreren Ausbaustufen zu tätigen, damit sich die Kapazitätserweiterung synchron zur Absatzerweiterung entwickelt, so daß keine nennenswerte Überkapazität entsteht; • bei konjunkturellen Rückgängen und bei vorübergehender Marktsättigung ist die Produktion zurückzufahren, eventuell unter Einsatz von Kurzarbeit, um die Betriebsmannschaften nicht zu zerstreuen; • bei einem Nachfragewandel ist entweder - mit Me-too-Produkten zu folgen bzw. auf völlig andere Produkte auszuweichen oder - die Kapazität ist abzubauen mit der eventuellen Folge von sog. Shake-outs. Krisenursachen Zahlungsunfähigkeit, Insolvenz genannt, ist ein wichtiger Indikator dafür, ob sich ein Unternehmen in der Krise befindet. Nach H P. Stihl (vgl. UNI Sept.-Okt. 1991 S. 56) kommt die Liquiditätsklemme bei neuen Unternehmen vor allem im dritten Jahr; • dann seien die Kreditlinien der Banken voll ausgeschöpft, • der Kapitaldienst müsse dann voll bedient werden, • das Finanzamt verlange hohe Steuer(voraus)zahlungen. Nach empirischen Untersuchungen fällt die Hälfte aller Insolvenzen in die ersten vier Jahre nach Unternehmensgründung. Als Gründe für ein Scheitern wurden aufgedeckt: • zu geringe kaufmännische Kenntnisse und zu geringes Eigenkapital; • fehlerhafte Buchführung und mangelnde geschäftliche Übersicht; • ungenaue Kalkulation und ungenaue Planung; • zu reichliche Privatentnahmen; • ungeeignete Mitarbeiter und zu hohe Verwaltungskosten; • Fehleinschätzung der Marktentwicklung. Bei Einzel- bzw. Familienunternehmen kann eine fehlende rechtzeitige und ausgewogene Nachfolgeregelung die Ursache der Unternehmenskrise sein: • bei der "Ablösung" wird zu sehr auf die gute Altersversorgung des ausscheidenden Seniors Rücksicht genommen; • entsprechend stehen personelle Belange und weniger betriebswirtschaftliche Aspekte bei der Abfassung der Verträge im Vordergrund; • der Nachwuchs ist unvorbereitet bzw. desinteressiert - die Identifikation mit dem Unternehmen nimmt mit den Generationen ab; • die Familie ist zerstritten; • hohe Erbschaftsteuerschulden belasten das Erbe. Dies hätte sich u.a. vermeiden lassen • durch eine rechtzeitige Managerschulung des Nachwuchses, • durch Abfindung der anderen Erben durch Pflichtteilsverzicht, Regelung der Auseinandersetzungsguthaben und Testamentsvollstreckung sowie durch vorgezogene Steuerauseinandersetzung, • durch Trennung von Eigentum und Management etwa durch Überführung des Unternehmens in eine Kapitalgesellschaft, wobei die neuerdings eingeführte "kleine Aktiengesellschaft" den vorwiegend kleinen, zur Vererbung anstehenden Unternehmen gute Dienste leisten kann (vgl. 1.5.4.3). Neben "hausgemachten" Fehlern können auch externe Faktoren eine Unternehmenskrise bewirken: • starke Geldmengenbeschränkungen seitens der Bundesbank; • Entfernung des Zollschutzes; • Auftreten völlig neuer Technologien; • eine Rezession in der Wirtschaft; • unerwartetes Auftreten völlig neuer Konkurrenten.

304

/. Hauptteil:

Einführung

Ausstiegsbarrieren In Anlehnung an K.R. Harrigan und M E. Porter formuliert M.K. Welge folgende Marktausstiegsbarrieren (vgl. LV 1.112 S. 252), welche in einer Krise die zügige Liquidation des Unternehmens erschweren können: • Vorhandensein hochspezialisierter Vermögenswerte, welche zu geringen Liquidationserlösen bzw. hohen Transformations- und Umrüstungskosten; • hohe Stillegungskosten etwa für Sozialpläne; • strategische Interdependenzen mit anderen Unternehmenssegmenten etwa Unternehmensimage, Konkurrenzfähigkeit, Zugang zu Finanzmarkten, etc.; • emotionale Faktoren etwa Loyalität mit den Beschäftigten oder mit dem zur Disposition zu stehenden Geschäftsteil; • staatliche und soziale Restriktionen, um Arbeitskräftefreisetzung und entsprechende regionale Arbeitslosigkeit zu verhindern. Komplementär zu den vornehmlich unternehmensexternen Markteintrittsbarrieren (vgl. 1.4.1.1) gibt es also die mehr unternehmensinternen Marktausstiegsbarrieren. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-62 in Abschnitt 1.7!

1.4.3.2 Friihwarnsystem Schon 1973 wies der Verfasser daraufhin, daß sich die Unternehmen ein qualifiziertes Frühwarnsystem (FWS) aufbauen, aufbauen müssen, wenn sie Krisen vermeiden und überleben wollen (vgl. LV 8.31 S. 269). Dazu existieren verschiedene Alternativen, welche in unterschiedlicher Intensität diese Aufgabe erfüllen. Ansätze ftir betriebliche Frühwarnsysteme Den Unternehmen stehen zum Selbstschutz eine Reihe von Frühwarnsystemen bereit: 1. Beobachtung der Absatz- bzw. Marktanteilsentwicklung. Nach empirischen Untersuchungen zählt der Marktanteil in bestimmter Höhe zu den Hauptunternehmenszielen (vgl. 2.2.3 .1). Der Marktanteil (MA) läßt sich wie folgt ermitteln, wobei UA bzw. UU den Unternehmensabsatz bzw. -Umsatz und BB die entsprechende Branchenbasis darstellt und wobei der erzielte Marktanteil dem Unternehmen seine relative Stärke im Markt angibt: (14-15)

MA = UA b z w .

UU • 1 0 0 / B B .

2. Beobachtung der Gewinnentwicklung. a) Auf Jahresbasis. Dies geschieht vor allem im Rahmen der Dividendenankündigungen, bei denen die Unternehmen gewöhnlich gewisse Strategien verfolgen (vgl. 3.7.3.4) und die an der Entwicklung der Eigenkapitalrendite orientiert ist. b) Auf Quartalsbasis. Vor allem amerikanische Unternehmen geben dabei die im letzten Quartal pro Aktie erzielten Gewinne sowie die entsprechenden Quartalsdividenden bekannt. c) Gewinn-Umsatz-Reagibilitätsfaktor (GURF). Die Gewinnentwicklung (6G) des Unternehmens reagiert gewöhnlich überproportional zur Umsatzenwicklung (öU); so fiel bei Bayer Leverkusen im III. Quartal 1992 der Umsatz um 7%, der Gewinn aber um 30%. Das ergibt (14-16)

GURF = ÖU/ÖG = - 3 2 / - 7

=

-4,57.

Dieser hohe Gewinnverfallsfaktor von GURF > -4,57 bei einem Umsatzrückgang ist zurückzufuhren, • auf einen Rückgang der verkauften Mengen, • auf den Preisverfall auf den Unternehmensmärkten und • auf den Fixkostenregressionseffekt bei sinkenden Stückzahlen.

1.4 Unternehmensdynamik

305

3. Beobachtung der Book-to-Bill-Ratio. Sie wird in der US-Halbleiterindustrie zur Beobachtung der Absatzentwicklung verwandt. Darunter ist das Verhältnis der Auslieferungen (A) z.B. 10 Mill. DM zu den Neubestellungen (N) z.B. 9,5 Mill. DM pro Monat zu verstehen. Die Neubestellungs-/Auslieferungs-Relation (NAR) lautet: (14-17)

NAR = N / A = z . B .

9,5/10

=

0,95.

Da diese NAR kleiner als 1 ist, ist sie zunächst als ungünstig zu bezeichnen. Betrug im Vormonat die NAR nur 0,9, so ist jedoch ein positiver Trend erkennbar. 4. Konzept der "schwachen Signale". Im Jahre 1975 begründete Igor Ansoff (vgl. LV 1.5) das "Konzept der schwachen Signale (Weak Signals)", das davon ausgeht, daß kein diskontinuierliches Ereignis plötzlich auftritt, sondern daß Vorboten darauf hinweisen. Wegen ihrer Erstmaligkeit treffen sie jedoch auf ein hohes Stadium der Ignoranz. Deshalb ist eine Strategische Frühaufklärung erforderlich, die nach Krystek und Müller-Stewens (LV 1.51 S. 349) nicht eine Stabsaufgabe, sondern eine zentrale Führungsaufgabe sein sollte: "Interpretationen beinhalten schon im hohen Maße Erwartungshaltungen und ein mögliches Anschlußverhalten der Handelnden, so daß letztendlich nur die Interpretation des Handelnden gilt." Die Strategische Frühaufklärung soll wie folgt ablaufen: • Scanning. „Schwache Signale" im Unternehmensumfeld sind aufzuspüren und herauszufiltern. • Monitoring. Durch vertiefte Untersuchung ist das Vorverständnis des Phänomens zu verbessern. Für die weitere Zukunftsforschung seien dann Trendextrapolationen, die Szenario-Technik (vgl. 2.2.1.4), etc., anzuwenden, mit denen das Unternehmen wichtige "Feedforward-Informationen" gewinnen kann. Beurteilung der Ansätze für betriebliche Frühwarnsysteme Die Book-to-Bill-Ratio eignet sich zur sensiblen - trendmäßigen - Beobachtung kurzfristiger Verkaufsentwicklungen in bestimmten Branchen. Damit ist die NAR relativ eingeengt in ihrer Wirkungsweise. Der NAR zeitlich vorgelagert sind die Bestelleingänge, deren prozentualen Änderungen zum Vormonat noch zeitiger die Entwicklung der betrieblichen Konkurrenzlage widerspiegeln. Allerdings sind dabei saisonale Einflüsse zu beachten. Die vierteljährigen Gewinnberichte können ebenfalls seismographisch fein die Unternehmensentwicklung widerspiegeln. Häufig sind sie jedoch durch atypische Bewegungen verzerrt und sie haben ständige Liquiditätsabflüsse wegen der damit verbundenen Gewinnausschüttungen zur Folge. Dabei zwingen sie die Unternehmen dazu, die betrieblichen Operationen im starken Maße unter dem kurzfristigen Gewinnaspekt zu beurteilen, wobei die langfristig-strategischen Faktoren, die besonders wichtig für das Überleben der Unternehmen sind, leicht ins Hintertreffen geraten. Höhere Gewinne lösen gewöhnlich Kurssteigerungen aus, und umgekert. Gewinnungünstige Quartalsberichte werden auch dazu benutzt, um parallel "harte Personalmaßnahmen" anzukündigen; so nahm die Geschäftsleitung der IBM den Gewinneinbruch im ersten Quartal 1991 zum Anlaß, um einen Personalabbau von 14.000 Stellen von 400.000 Stellen zu verkünden und um dadurch 800 Mill. Dollar zu sparen. Das von Ansoff entwickelte Konzept der "schwachen Signale" generalisiert die Problemerkennung im Unternehmen, entsprechend schwach spezifiziert und eher akzidentiell ist dieses System. Die Unternehmensleitungen benötigen jedoch ständig konkrete Anhaltspunkte, um das Unternehmen zielgerecht zu steuern. Dazu ist die Beobachtung der Entwicklung des Marktanteils besser geeignet. Die Verfolgung der Marktanteilsentwicklung besitzt einen hohen diagnostischen Wert, da sie sich als Relation auf das Branchenvolumen bezieht und da sie dabei folgende Einflüsse ausschließt: • saisonale Einflüsse, • konjunkturelle Einflüsse und • langfristige Nachfrageänderung nach Branchenprodukten etwa hervorgerufen durch neue Sub-

306

1. Hauptteil:

Einführung

stitutionsprodukte z.B. Getränkedosen aus Stahl anstelle von Aluminium (vgl. 3.4.1.5). Deshalb sind Änderungen des Marktanteils vornehmlich auf Änderungen der Leistungskraft des betroffenen Unternehmen zu beziehen. Bei einer Marktanteilssenkung läßt sich die Problemursache mit folgenden diagnostischen Fragen einkreisen, für die bei diagnostischer Relevanz geeignete Therapien zu entwickeln sind: • Wurden die Lieferzeiten zu lang im Vergleich zur Konkurrenz? - Bei diagnostischer Relevanz sind eventuell die betrieblichen (Engpaß-)Kapazitäten zu vergrößern. • Ist das Preisniveau des Unternehmens im Vergleich zur Konkurrenz zu hoch? - Bei diagnostischer Relevanz sind eventuelle Preiskorrekturen vorzunehmen. • Hat sich das Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zur Konkurrenz ungünstig entwickelt? Bei diagnostischer Relevanz ist der "Mehrwert" des UPPs zu erhöhen. • Sind neue Konkurrenten am Markt aufgetaucht? - Bei diagnostischer Relevanz sind die Konkurrenzleistungen zu analysieren, um dann angemessen zu reagieren. • Ist der Produktbekanntheitsgrad gesunken? - Bei diagnostischer Relevanz wäre die Werbung zu verstärken. • Ist die relative Zahl der Kundendienstreklamationen gestiegen? - Bei diagnostischer Relevanz wäre die Produktqualität zu verbessern, wobei zur Präzisierung des Ansatzpunkts die Kundenreklamationen im Einzelnen nach Gründen zu analysieren sind, um die Schwachstellen der betrieblichen Produktqualität zu lokalisieren. An der Marktanteilsentwicklung läßt sich seismographisch fein die Konkurrenzlage der Produkte am Markt verfolgen, vor allem, wenn nach verschiedenen Produktklassen segmentiert wird (vgl. 3.5.2.2). Die Marktanteilsverfolgung läßt sich nicht nur zur kurzfristigen Beobachtung fortschreiben, sondern es lassen sich daraus auch mittel- bzw. langfristige Annahmen ableiten, deren Evaluation in die Vorschaurechnung eingeht (vgl. 4.3.5.7). Wie der Verfasser während seiner Tätigkeit bei den Ford Werken beobachten konnte, nahm der Vorstand und damit das höchste Unternehmensorgan die Beurteilung der Marktanteilsentwicklung, sobald der neue Marktanteilsbericht erschienen war, selbst in die Hand, so daß keine "Erwartungshaltungen" Dritter den Eindruck verfalschen konnten. Dabei reagierte dieses Top-Management sehr sensibel und sehr schnell insbesondere bei signifikanten Marktanteilsverschlechterungen; wenn der Marktanteil kontinuierlich z.B. innerhalb von drei Monaten von 14% auf 11% abfällt, braucht die Unternehmensleitung nicht nach"schwachen Signalen" Ausschau zu halten, da ein derartiges "Signal" überdeutlich wie ein Menetekel an der Wand steht. Das Top-Management beteiligt sich aber nicht nur am Monitoring, sondern gibt auch die Autorisation, in welchem Umfang die erkannten Signale Eingang finden sollen im Financial Forecast in Form von "Abweichungen" vom "Plan", als Branchenvolumen-, Marktanteilsabweichungen, etc., so daß sich in der Vorschaurechnung Frühwarnung und Unternehmens-Controlling vereinigen. Bevor das Top-Management "therapeutische Aufholungsmaßnahmen" etwa bei Marktanteilsenkungen beschließt, sollten diese durch tiefgreifende Stabstudien in ihren Folgen durchleuchtet werden, so daß sich ein "Screening" an das "Scanning" und "Monitoring" anschließt. Analyse von Konkurrenzprodukten Den wohl höchsten Frühwarn-EfFekt hat die ständige Beobachtung der Konkurrenzprodukte; wegen der hohen Vorlaufzeiten für Nachentwicklungen wird es häufig zu spät, zu warten, bis der Marktanteil sich negativ entwickelt. Dabei sind zwei verschiedene Faktoren zu beachten: 1.) LeistungsmäDige Änderungen. Diese werden gewöhnlich bei neuen Produkten von den Unternehmen in ihrer USP (Unique Selling Proposition) den Kunden zu Werbezwecken offen dargelegt (vgl. auch 3.5.1.4). Sie können deshalb leicht von den Konkurrenzunternehmen erkannt und entsprechend pariert werden. 2.) Kostenmäßige Änderungen. Vereinfachte Konstruktion und kostensparende Verfahren werden seltener laut zum Markt getragen. Automobilfirmen kaufen sich deshalb stets die neuesten Konkurrenzprodukte, nehmen sie in der "Produktanalyse" (vgl. 3.2.2.2) in alle Einzelteile auseinander und vergleichen diese Einzelteile mit denen ihrer Vorgänger. Bei Abweichungen wird die diagnostische Frage gestellt: Bringt die erkannte Änderung einen technisch-betriebswirtschaftlichen Vorteil? Bei positiver Beantwortung dieser Frage bietet sich die mehr oder weniger imitative Übernahme an.

1.4 Unternehmensdynamik

307

Die Frühwarnindikatoren zur Konkurrenzlage des Unternehmens lassen sich dann mit nachlassender Aktualität wie folgt aufreihen: 1. Konkurrenzprodukt-Analyse; 2. Verfolgung des Bestelleingangs; 3. Book-to-Bill-Ratio; 4. Marktanteilsentwicklung; 5. Quartalsgewinnentwicklung; 6. Dividendenentwicklung; 7. Entwicklung der Relationen veröffentlichter Bilanzen (vgl. 4.6.8.1). Investitions-Indikatoren Innerbetrieblich benötigen die Betriebe geeignete Indikatoren, um z.B. rechtzeitig Investitionsprobleme zu erkennen und ohne Zeitdruck lösen zu können (vgl. LV 8.32 S. 118). Dabei sollte es sich weniger um absolute als vielmehr um relative Werte handeln: • sich verlängernde Lieferzeiten —> Erweiterungsinvestitionen bei den betrieblichen Engpässen; • relativ zur Produktion steigender Ausschuß —> Ersatzinvestitionen für veralterte Anlagen; • relativ zum Absatz steigende Kundenreklamationen —> Ersatzinvestitionen; • sich häufende Betriebsunterbrechungen wegen Maschinenausfall —> Ersatzinvestitionen; • sich relativ zur Maschinenzahl häufende Betriebsunfälle —> Arbeitsschutz- bzw. Ersatzinvestitionen. EDV-unterstiitztes Frühwarnsystem Das netzwerkfähige Software-Paket "Sur/PC" von der Münchner "Controlling Beratungs-GmbH" sucht eine aktuelle Übersicht über Chancen und Risiken des Unternehmens zu geben. Es weist in Graphiken auf gefahrlich hohe Verluste an Kundenattraktivität hin. In Simulationen können Worstcase-Szenarien oder optimistische Modelle durchgespielt werden. Als Indikatoren gelten u.a. Konkurrenzanalyse, Innovationen, Beschaffüngsmarkt, Lieferantenverhalten. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-63 in Abschnitt 1.7!

1.4.3.3 Ex-ante- und Ex-post-Krisenmanagement Krisenmanagement funktioniert grundsätzlich in zwei Formen: • Ex-ante-Krisenmanagement in Form des präventiven Krisenmanagements. Durch Exante-Krisen-Management kann die Krise, wenn nicht immer verhindert, so doch im starken Maße in ihren Auswirkungen gemildert werden, so daß sie im Endeffekt nicht zur Lebensbedrohung für das Unternehmen bzw. für ein Projekt auswächst. • Ex-post-Krisenmanagement in Form des reparierenden Krisenmanagements. Hierzu werden bestimmte Rechtsinstitute zu dem Zeitpunkt eingesetzt, wo die Krise bereits unwiderruflich eingetreten ist. A. Ex-ante-Krisenmanagement Krisenmanagement-Planung Zur Krisenmanagement-Planung des Unternehmens bzw. eines Projekts sind folgende Operationen erforderlich, die zu einer listenmäßigen Darstellung fuhren können (vgl. LV 10.7 S. 236): 1. Beschreibung potentieller aufkommender Probleme a) nach der Wahrscheinlichkeit des Eintretens, b) nach ihrer potentiellen Tragweite. 2. Angabe aller denkbaren Ursachen für Fehlentwicklungen a) nach Angabe der Gründe, b) nach der Wahrscheinlichkeit des Eintretens. 3. Konzipierung von Maßnahmen a) vorbeugende Maßnahmen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden, wie die Krisenverhinde-

308

I. Hauptteil:

Einführung

rungsstrategien (vgl. 1.4.3.4), aber auch Backup-Lösungen (vgl. 3.8.1.2), hier kann auch ein funktionstüchtiges Frühwarnsystem wichtige diagnostizierende Inputs geben, b) Eventual-Maßnahmen, um das Eintreten von Fehlentwicklungen zu mildern, die weitgehend mit den reparierenden Ex-post-Maßnahmen konvergieren (vgl. unten). Um die Krisenmanagement-Planung zu institutionalisieren, sollte auf jeder Tagung des höchsten Unternehmensgremiums bzw. des höchsten Projektgremiums dieses Sujet zu einem festen Besprechungspunkt werden; dadurch erfolgt ein ständiges Updating möglicher krisenhafter Gefahrenherde. Die erkannten potentiellen Krisenherde des Unternehmens bzw. des Projekts sind a) nach übergeordneten Gesichtspunkten zu gruppieren etwa Einkauf, Vertrieb und b) nach gemeinsamen Entstehungsgründen bzw. c) nach gemeinsamen Berührungspunkten bzw. d) nach gemeinsamen Therapien hin zu analysieren. Internationale Frühwarn-Indikatoren Dem Ex-ante-Krisenmanagement dient auch der Aufbau von internationalen Frühwarn-Indikatoren, insbesondere dann, wenn sie prognostische Werte beinhalten (vgl. LV 1.90 S. 32ff.): • Bi-Country-Rating, das seit 1976 vom New Yorker Marktforschungs- und Consulting Unternehmen Business International durchgeführt wird und als Instrument der Ermittlung von Investitionschancen und -risiken in Ländermärkten dient. • Institutional Investor-Index (Ii-Index), der seit 1979 zweimal jährlich vom amerikanischen Wirtschaftsmagazin Institutional Investor erstellt wird und der der Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Länder dient. • EUROMONEY-Index, der seit 1979 von EUROMONEY erstellt wird und der der Beurteilung des Länderrrisikos anhand der Zugangsmöglichkeiten eines Landes zu internationalen Kapitalmärkten und des Ansehens auf diesen Märkten dient. •BERI-Index (Business Environment Risk Index), der seit Anfang der Siebziger Jahre vom BERI-Institut in Genf erstellt wird und entgeltlich direkt vom Institut bezogen werden kann. Er beurteilt dreimal jährlich das Investitionsklima in etwa 45 Staaten und beruht dabei auf Aussagen von Experten zu bestimmten Kriterien. Er enthält jeweils Ein- und Fünflahresprognosen. Dabei beziehen sich die Prognosen des BERI-Index auf drei Subíndices: 1.) Den Operation Risk Index (ORI) = Geschäftsklima-Index, bei dem 1 0 - 1 5 Experten ein Land anhand von 15 Kriterien bewerten: Politische Stabilität; Einstellung gegenüber ausländischen Investoren und Gewinnen; Expropriation; Inflation; Zahlungsbilanz; Bürokratische Hemmnisse; Wirtschaftswachstum;Währungskonvertibilität; Durchsetzbarkeit von Verträgen; Lohnkosten/Produktivität; Verfügbarkeit örtlicher Fachleute und Lieferanten; Nachrichten/Transport; Ortsansässiges Management und Partner; Verfügbarkeit kurzfristiger Kredite; Verfügbarkeit langfristiger Kredite und Eigenkapital. 2.) Den Political Risk Index (PRI) = politischer Risiko-Index, bei dem 10 Kriterien bewertet werden: Politische Parteien/Zersplitterung der Macht; Sprache, Religion/Zersplitterung der Macht; Unterdrückungsmaßnahmen; Mentalität; soziale Lage; Radikale Linke; Abhängigkeit von Großmächten; Einfluß regionaler politischer Kräfte; Soziale Konflikte; Politische Instabilität. Die Bewertung beim ORI wie beim PRI erfolgt mit Hilfe von Scoring-Modellen (vgl. 2.2.4.1), wobei fur jedes Kriterium das arithmetische Mittel und die Standardabweichung ermittelt werden. Dabei wird versucht, extreme Abweichungen über Rückkopplung im Sinne der Delphi-Methode (vgl. 2.2.1.4) konvergieren zu lassen. Der Gesamtpunktwert bestimmt dann die Zugehörigkeit zu einer der vier Risikoklassen: - stabiles Klima: typisches Industrieland; - mäßiges Risiko: Geschäfte ohne ernste Komplikationen; - hohes Risiko: Geschäfte nur in Ausnahmefällen sinnvoll; - nichtakzeptable Verhältnisse für ausländische Unternehmen. 3.) Den R-Faktor, der Aufschluß gibt über das Rückzahlungsrisiko eines Landes hinsichtlich seiner Schuldzinsen, Tilgungen und Migen Lizenzgebühren gegenüber ausländischen Kapitalgebern in harter Währung ebenfals mit Hilfe eines Scoring-Modells. Aus diesen drei Faktoren ergibt sich der Profit Opportunity Recommendation-Index (POR): (14-18) POR = ORI + PRI + R-Faktor.

1.4 Unternehmensdynamik

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Anhand der erreichten Gesamtpunktezahl erfolgt die Einstufung in vier Klassen von Handlungsempfehlungen: • für Investitionen geeignet; • langfristige Aktivität mit wenig eigenem Kapitaleinsatz möglich (vgl. 4.4.3.3, 4.4.4.1); • nur Handel; • keine geschäftlichen Transaktionen. Anhand derartiger Indikatoren kann das Unternehmen im Wege des Ex-ante-Krisenmanagements international situationsadäquate Transaktionen mit erträglichem Risiko durchfuhren. Andere Indikatoren wie kontinuierlich absinkender Marktanteil und dauernde Gewinnlosigkeit können Anlaß dazu, durch geeignete Strategien im Wege des Ex-ante-Krisen-Management etwa durch rechtzeitig eingeleitete Transformationsstrategien bzw. durch Krisenverhinderungsstrategien wieder in eine zufriedenstellende Gewinnzone zu gelangen (vgl. 1.4.3.4). Lösen Sie Aufgabe Nr. I-63a in Abschnitt 1.7! B. Ex-post-Krisenmanagement Einem Ex-post-Krisenmanagement dienen die Reorganisationsstrategien (vgl. 1.4.3.4), zudem stehen zur Schadenseindämmung bzw. zur Schadensreparatur verschiedene Rechtsinstitute zur Verfügung. Sanierung Sanierung impliziert in dualer Weise • kapitalmäßige Operationen zur Anpassung der nominalen, in der Bilanz ausgewiesenen Kapitalhöhe an den durch Verluste abgesunkenen realen Kapitalstock, wodurch sich eventuell der Börsenkurs wieder verbessern läßt; betrug der Börsenkurs z.B. vorher nur noch 60% und erfolgt die Zusammenlegung im Verhältnis von 2:1, wird er voraussichtlich auf(60-2)/l = 120% steigen, und • Operationen zur Beseitigung von Mängeln etwa die Einstellung der Herstellung von Produkten, welche keinen adäquaten Deckungsbeitrag erzielen (vgl. aber 4.4.5.3), Produktionsaufnahme von gewinnträchtigen Produkten, "Abspecken" von überflüssigen Personal. Nach der Abwendung der unmittelbaren Insolvenz bzw. parallel dazu ist der Betrieb zu reorganisieren: - Abteilungen sind zusammenzulegen; - Kompetenzen neu zu verteilen; - neues Personal mit zeitgemäßen Qualifikationen ist einzustellen (vgl. auch 2.1.4.7). Im Wege eines sog. Kapitalschnitts zu Lasten des Eigenkapitalkontos wird die durch betriebliche Verluste entstandene "Unterbilanz", ein auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesener Verlustposten, beseitigt. Bei Aktiengesellschaften kann die Unterbilanz beseitigt werden • durch Auflösung von Rücklagen (§ 130 Abs. 3 AktG) oder • durch (Unterpari-)Aufkauf und Vernichtung von eigenen Aktien (§§ 65, 192 AktG) oder • durch Herabstempelung (Denomination) oder durch Zusammenlegung von Aktien (§ 175 AktG) oder • durch - freiwillige - Zuzahlung der Aktionäre (§ 54 AktG). Eine zweistufige Sanierung entsteht, • wenn zunächst eine bilanzmäßige Kapitalherabsetzung erfolgt und • wenn anschließend neue Geldmittel von den Kapitalgebern etwa in Form neuer Aktien dem Unternehmen zugeführt werden, welche eine Kapitalerhöhung möglich machen. Die Sanierung kann in folgenden Formen stattfinden: • es ist eine Sanierungsgesellschaft zu bilden, bei der neue Gesellschafter neues Kapital zuführen und so das Unternehmen in der alten Form technisch wie rechtlich erhalten oder •es ist eine Betriebsübernahmegesellschaft zu bilden, welche den notleidenden Betrieb Stück für Stück etwa durch Kauf oder durch Abtretung übernimmt, um ihn so fortzusetzen oder

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1. Hauptteil:

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• es ist eine Auffanggesellschaft zu bilden, die pachtweise oder treuhänderisch als neuer Rechtsträger auftritt und entweder als sog. Sanierungs-Auffanggesellschaft den notleidenden Betrieb solange weiterfuhrt, bis er sich wieder gefangen hat, oder als sog. Übernahme-Auffanggesellschaft den notleidenden Betrieb früher oder später en bloc erwirbt. Die Sanierung kann auch direkt durch Verschmelzung mit einem anderen Unternehmen durchgeführt werden, wobei dann anschließend gewöhnlich zur Rentabilitätsverbesserung eine Programmbereinigung durchgeführt wird. Vergleich Als Vergleichsgrund gilt (wie beim Konkurs) die Zahlungsunfähigkeit wie auch die Überschuldung (§ 2 Abs. 1 Satz 3 VerglO). Geht die Sanierung zu Lasten der Unternehmenseigner, so geht der Vergleich zu Lasten der Gläubiger des Betriebs: • Beim Moratorium stunden die Gläubiger ihre Forderungen. • Beim Quotenvergleich verzichten die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen. • Beim Liquidationsvergleich stellt der Schuldner den Gläubigern das Betriebsvermögen zur Verwertung zur Verfugung, darüber hinaus gehende Schulden werden erlassen. Der Vergleich kann in zwei Formen zustande kommen • außergerichtlich, wenn sich der schuldnerische Betrieb vor allem an seine Großgläubiger wendet und mit ihnen einen sog. Akkord anstrebt oder • gerichtlich nach der Konkursordnung, wenn sich der Schuldner an das zuständige Amtsgericht wendet und dort einen Vergleichsantrag stellt. Im letzteren Fall kann gemäß § 173 Konkursordnung (KO) "auf den Vorschlag des Gemeinschuldners zwischen diesem und den nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern ein Zwangsvergleich geschlossen werden." Dieser Zwangsvergleich kann auch im Interesse der Gläubiger liegen, • da die Vermögensverwertung im Konkurs gewöhnlich auf niedrigem Niveau erfolgt, • da die Gläubiger möglicherweise einen bisher leistungsfähigen Abnehmer verlieren, • da sich das Schuldner-Unternehmen möglicherweise wieder erholen kann. Die Rechtsnatur des Zwangsvergleichs ist umstritten (vgl. LV 1.34a S. 340f.): • die ältere Theorie stellt den Schuldcharakter des Zwangsvergleich heraus; • die neuere Theorie, die sich durchgesetzt hat, spricht vom seinem Vertragscharakter. Das Amtsgericht stellt gemäß § 38 VerglO (Vergleichsordnung) vom 26. 2. 1935 zur Überwachung des Schuldners einen vorläufigen Vergleichsverwalter, der selbst unter der Aufsicht des Gerichts steht, bis zur Prüfung der Vergleichswürdigkeit des Schuldnerbetriebs. Die Eröffnung des Vergleichssverfahrens ist öffentlich bekannt zu geben und wird ins Handelsregister eingetragen. Lehnt das Gericht das Vergleichsverfahren ab, ist gemäß § 19 VerglO von Amts wegen über die Eröffnung des Konkursverfahrens zu entscheiden. Bei einer Ablehnung der Vergleichswürdigkeit erfolgt gleichzeitig die Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens (§ 19 VerglO). Ein Vergleichsverfahren ist nach § 18 VerglO in bestimmten Fällen abzulehnen, • wenn der Schuldner seinen Vermögensverfall durch Unredlichkeit, Preisschleuderei oder Leichtsinn herbeigeführt hat, •wenn der Schuldner den Antrag nach der Auffassung des ordentlichen Geschäftsverkehrs schuldhaft verzögert hat, • wenn im Vergleichsvorschlag ein zu geringer oder nicht einhaltbarer Satz angeboten wird, • wenn nicht zu erwarten ist, daß der Betrieb nach dem Vergleich fortgeführt werden kann. Das Gericht teilt den Gläubigern den Vergleichstermin und den Vergleichsvorschlag mit. Zwangsvollstreckungen können dann bis zur Beendigung des Verfahrens nicht mehr vorgenommen und laufende Zwangsvollstreckungen werden vorübergehend eingestellt. Dafür ist auch die Verjährung der Ansprüche der Gläubiger ausgesetzt. Zu den Gläubigern des Vergleichs zählen alle Personen, die zur Zeit der Verfahrenseröffnung einen Vermögensanspruch gegen den Vergleichsschuldner haben. Dabei sind jedoch ausgenommen solche Personen,

1.4 Unternehmensdynamik

311

• die als Gläubiger im Konkurs ein Aussonderungsrecht, ein Ersatzaussonderungsrecht, ein Verfolgungsrecht haben oder deren Forderungen ein Vorrecht genießen bzw. deren Anspruch durch eine Vormerkung gesichert ist, • die Ansprüche des Gerichts sowie des vorläufigen Verwalters, soweit sie vor der Eröffnung entstanden sind, • die Gläubiger mit Absonderungsrecht im Konkurs, sofern ihnen der Schuldner nicht auch persönlich haftet, • die Gläubiger mit gegenseitigem Vertrag, sofern zur Zeit der Eröffnung desVerfahrens noch keine Partei den vertrag erfüllt hat, wobei der Schuldner jedoch eine Erfüllung solcher Verträge nach § 50 VerglO ablehnen kann. Bei Beantragung des Vergleichsfahrens hat der Schuldner einen Vergleichsvorschlag einzurechnen, für den gewisse Mindestsätze gelten (§ 7 VerglO), wem das Gericht das Vergleichsverfahren eröffnen soll: • der generelle Mindestsatz beläuft sich auf 35% der Schulden; • der Mindestsatz erhöht sich auf 40% der Schulden, wenn die Zahlungsfrist 12 Monate übersteigt; • eine Zahlungsfrist von über 18 Monaten darf nur für Beträge beansprucht werden, die über 40% hinausgehen. Ein Vergleichsvorschlag ist anzunehmen, • wenn die Mehrheit der anwesenden stimmberechtigten Gläubiger unter Einrechnung der schriftlich zustimmenden Gläubiger ihm zustimmt und • wenn die zustimmenden Gläubiger mindestens Dreiviertel des stimmberechtigten Forderungsbetrags erreichen, wobei dieser Satz auf vier Fünftel steigt, wenn der gebotene Mindestsatz 50% unterschreitet. Ein Vergleich, der vom Gericht bestätigt und ins Handelsregister eingetragen wird, ist für alle vom Vergleich betroffenen Gläubiger verbindlich, selbst für diejenigen, die nicht zustimmen. Dabei wird der Schuldner befreit von allen Rückgriffsrechten, die über den Vergleichssatz hinausgehen, nicht von Rechten aus Pfandrechten, Hypotheken, Grundschulden, etc. Der Schuldner kann auch nach dem Prüfüngstermin für die Festellung der bestehenden Forderungen und vor Genehmigung der Schlußverteilung den bereits oben angeführten Antrag auf einen Zwangsvergleich stellen (§§ 173 - 201 KO), um das Fortbestehen des Betriebs zu ermöglichen und die Liquidation zu vemeiden. Diesem Ersuchen ist stattzugeben, • wenn kein Unzulässigkeitsgrund nach 3 175 KO vorliegt, • wenn eine zustimmende Erklärung des Gläubigerausschusses vorliegt, • wenn im Vergleichstermin ein entsprechender Beschluß gefaßt worden ist - mit der Mehrzahl der im Termin anwesenden Gläubiger, - mit mindestens drei Viertel der Gesamtsumme der stimmberechtigten Forderungen. Wichtig ist, daß beim Zwangsvergleich keine Mindestsätze vorgeschrieben sind. Die Vergleichsgläubiger werden dann zustimmen, - wenn die aus dem Zwangsvergleich resultierende Quote größer sein wird als die aus dem Konkurs, - wenn sie von einem sanierten Unternehmen weiterhin ertragreiche Geschäfte erwarten. Konkurs Wird bei der Sanierung noch versucht, die Stay-or-Exit-Abwägung zugunsten des betrieblichen Überlebens zu beeinflussen, so neigt sich beim Konkurs die Waage einseitig dem Ende (Exitus) des Unternehmens zu. Als Konkursgründe kommen in Betracht: 1.) Zahlungsunfähigkeit Zahlungsunfähigkeit ist Konkursgrund nach § 102 Konkursordnung (KO) bei natürlichen Personen und nach § 209 Abs. 1 KO bei OHG und KG, wenn wenigstens eine natürliche Person haftet. 2.) Uberschuldung Übersteigen die betrieblichen Schulden (S) die Werte der Vermögensmasse (VM), liegt Überschuldung (ÜS) vor (vgl. Abb. 14-21): (14-19)

ÜS = S > VM z . B .

VM:

650.000

-

S:

800.000

= -

150.000

DM.

312

1. Hauptteil:

Einführung

Abb. 14-21: Überschuldungsbilanz Aktiva Bilanz des Unternehmens XZ in DM Anlagevermögen Umlaufvermögen Verlust Bilanzsumme

400 250 700 1.350

000, 000, 000. 000,

-

gez. Grundkapita1 Rücklagen Schulden Bilanzsumme

Passiva 400 150 800 1.350

000, 000, 000. 000,

-

Bei Überschuldung ist die Eröffnung eines Konkursverfahren erforderlich nach §§ 207 Abs. 1 und 209 Abs. 1 KO bei der Aktiengesellschaft und bei der KGaA, nach § 63 GmbHG bei der GmbH, nach § 206 Abs. 1 Satz 3 KO bei der OHG und KG, wenn kein Gesellschafter natürliche Person ist, und nach § 213 KO bei allen sonstigen juristischen Personen und Vereinigungen, die als solche verklagt werden können. Gemäß § 92 Abs. 2 AktG ist der Vorstand im Falle einer Überschuldung verpflichtet, den Konkurs zu beantragen. Allerdings ist strittig, ob zur Feststellung der Überschuldung gemäß dem Going-Concern-Prinzip (vgl. 4.1.6.2) die fortgeschriebenen Bilanzwerte oder fiktiv in Antizipation des Konkurses die summierten Liquidationserlöse der einzel zu veräußernden Vermögensteile als Vermögenswert anzusetzen sind. Zur Konkursabwicklung prüft das Konkursgericht, • ob die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Konkursverfahrens gegeben sind, • ob das vorhandene Vermögen zur Deckung der Kosten dieses Verfahren ausreicht, falls ja, ernennt es einen vorläufigen Konkursverwalter, falls nein, weist es den Antrag, der auch von Gläubigern gestellt werden kann, mangels Masse ab. Die Konkurseröffnung hat folgende unmittelbare Folgen: 1.) Der Unternehmer (Gemeinschuldner) verliert alle Verfiigungsrechte im und am Betrieb an dem vom Gericht bestellten Konkursverwalter. 2.) Die Schuldner des im Konkurs befindlichen Unternehmens haben den Besitz von Massesachen dem Konkursverwalter zu melden. Sie dürfen nicht mehr an den Gemeinschuldner leisten. 3 .) Die Gläubiger verlieren das Recht auf Zwangsvollstreckung; sie haben lediglich ihre Forderungen beim Gericht anzumelden. Auf der Gläubigerversammlung, die vom Gericht einberufen, eröffnet und geleitet wird, nehmen die Gläubiger ihre Interessen wahr. Der Konkurs ist ein gerichtliches Verfahren zur zwangsweisen gleichmäßigen Aufteilung der betrieblichen Vermögensmasse an die Gläubiger, die davon abgehalten werden sollen, einen einseitigen Vorteil durch schnellen Zugriff auf schuldnerische Vermögensteile zu erlangen. Zwar sollen bei der Konkursdurchfuhrung alle Gläubiger gleichmäßig behandelt werden, jedoch können einzelne Gläubiger sog. Absonderungs- bzw. Aussonderungsansprüche beim Vermögen besitzen, die vorrangig zu behandeln sind. Der Konkursverwalter hat entsprechend einen sog. Konkursstatus, auch Konkursbilanz genannt, zu erstellen (vgl. Abb 14-22). Abb. 14-22: Konkursbilanz (vgl. LV 8.15 S. 763ff.) Aktiva

Konkursbilanz

Vermögen Aussonderungsberechtigtes Verm. gemäß §§ 43-46 KO z.B. unter Eigentumsvorbehalt § 455 BGB gel. Absonderungsberechtigtes Vermögen g. §§ 47-52 KO durch Pfandrechte geschützt z.B. Grundschulden Aufrechnungsberechtigtes Vermögen gemäß §§ 53-56 KO keine Forderung geltend machen, sondern Aufrechn. Verfügbares Vermögen Gesamtverlust Bilanzsumme

Passiva

Schulden Aussonderungsberechtigte Gläub. Absonderungsberechtigte Gläub. Aufrechnungsberechtigte Gläub. Bevorrechtigte Gläubiger gemäß § 61 Nr. 1-5 KO z.B. Fiskus gewöhnliche Gläubiger § 61 Nr. 6 KO Massekosten § 58 KO Gerichtskosten, Konkursverwaltung Masseschulden § 59 KO z.B. Geschäfte des Konkursverwalters Bilanzsumme

1.4 Unternehmensdynamik

313

Vom Konkurs zu unterscheiden ist der Bankrott durch Verschulden des Gemeinschuldners: • einfacher Bankrott liegt bei Fahrlässigkeit im Handeln des Gemeinschuldners vor, wenn er z.B. Güter verschleudert hat, um mit den Geldern den Bankrott abzuwenden; • betrügerischer Bankrott, wenn der Gemeinschuldner seine Gläubiger vorsätzlich schädigt, indem er z.B. Vermögensgegenstände beiseite schafft. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-64 in Abschnitt 1.7! 1.4.3.4 Reorganisations- und Krisenverhinderungsstrategien Reorganisationsstrategien Die Reorganisation bzw. Revitalisierung notleidender Unternehmen dient zur langiiistigen Erhaltung dieser Betriebe. Im Wege des sog. Business Reengineering kommt es dabei zu mehr oder weniger tiefgreifenden Betriebsumstrukturierungen (vgl. 2.2.5). Dabei können sich die Unternehmen Reorganisationsstrategien stützen: 1. Gesundschrumpfungsstrategie. Dabei sollen die "kranken" Betriebsteile abgestoßen oder aufgelöst und nur die lebensfähigen Betriebsteile erhalten bleiben, für gewöhnlich die sog. Kernbereiche. Die Unternehmen werden dabei eine grundlegende Untemehmensstrukturanalyse vornehmen, die zu "Radikalkuren" fuhren kann; so sollte z.B. der einst notleidende Henschel Konzern in Kassel von 6.000 Mitarbeitern durch "Gesundschrumpfen" auf etwa 600 Mitarbeitern zu einem mittelständischen Betrieb reduziert werden. 2. Regenerationstrategie. Das notleidende Unternehmen soll durch ein neues Unternehmenskonzept und vor allem durch eine neue Betriebsfuhrung revitalisiert werden und neuen Elan erhalten. Deshalb kam statt der Gesundschrumpfüngsstrategie bei Henschel eine Regenerationsstrategie zum Zuge; Aurel Goergen, ein erfolgreicher Unternehmensfuhrer aus der Stahlindustrie, übernahm unter Einsatz seines privaten Kapitals, also mit vollem Risiko im Wege des sog. Management-Buy-In, den Betrieb und führte ihn binnen kurzem wieder aus der Talsohle heraus. Eine ähnliche Persönlichkeit mit charismatischem "Task-Leader"-Charakter (vgl. 2.1.4.7), Lee Iacocca von der Ford Motor Company, trat in den darniederliegenden Chrysler Konzern ein und regenerierte ihn in kurzer Zeit. Diese Task-Leader greifen in der Anfangsphase gelegentlich zu Entlassungen, nicht nur, um Kosten zu sparen und um das Unternehmen liquiditätsmäßig zu entlasten, sondern auch, um mit einem Schockeffekt die phlegmatische Unternehmensbelegschaft aufzurütteln. Bestes Beispiel für die revitalisierende Wirkung einer innovativen Regenerationsstrategie gibt jedoch BMW ab; dieses Unternehmen stand in den Fünfziger Jahren zur Liquidation an, konnte aber mit einer neuen Produktpalette, der "neuen Klasse" wieder Fuß fassen und strebt nun sogar in die Position eines Global Players. Dazu zog BMW absatzmäßig am großen Konkurrenten MercedesBenz vorbei, sanierte mit dem Kauf von Rover dieses notleidende englische Unternehmen und stach dabei das japanische Unternehmen Honda aus. 3. Konzentrationsstrategie. Im Jahre 1932, dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, vereinigten sich vier alteingesessene Firmen: Wanderer (1885); Horch (1899); Audi (1910) und DKW unter dem Namen Audi (eine Latinisierung von Horch) und legten sich das Firmen-Logo von 4 ineinander greifenden Ringen zu, welche die Vereinigung symbolisieren, um zusammen die Krise zu meistern. Nach einer derartigen Fusion bieten sich Zusammenlegungen von bestimmten Funktionen mit entsprechenden Kostenersparnissen an. Fusionen sind an gesetzliche Formen gebunden, jedoch macht die gesetzliche Entwicklung insbesondere in den letzten Jahren durch die Anpassung an die EU-Gepflogenheiten für deutsche Unternehmen praktisch die Fusion in allen Rechtsformen möglich (vgl. 1.6.1.2). 4. Transformationsstrategie. Das Unternehmen ändert von Grund auf seine Geschäftstätigkeit, - wenn der ursprüngliche Erwerbszweck z.B. der Bergbau durch Erschöpfung der Bodenschätze weggefallen bzw. durch billige Importe unrentabel geworden ist,

314

1. Hauptteil:

Einführung

- wenn sich die Branchenkonjunktur dem Ende zuneigt wie bei der Steinkohlenproduktion in Deutschland und neue Produkte bzw. Leistungen eine höhere Kapitalverzinsung sowie eine stärkere Unternehmensexpansion versprechen. Dabei kann die Transformationsstrategie mit unterschiedlicher Intensität zur Ausprägung kommen: • Semi-Transformation, indem eine neue, eventuell verwandte Branche angesteuert wird: - so wandelte sich das Ursprungsunternehmen der IBM von einem Unternehmen, das Metzgerwaagen, Kuckucksuhren, Steckuhren und auch Tabelliermaschinen für Lochkarten, die Vorläufer der Computer, verkaufte, im Laufe von Jahrzehnten zu einem reinen EDV-Unternehmen und damit zu einem Technologieunternehmen, - vor allem Unternehmen der Schwerindustrie wie Krupp, die Gute-Hoffhungshütte, etc. folgten in Deutschland dieser Strategie; • Total-Transformation, indem das alte Gewerbe völlig aufgegeben wird und dann die Grundstücke - meistens nach einer aufwendigen Sanierung - an andere Unternehmen verpachtet werden und das Unternehmen als Ganzes so zu einem Immobilien-Unternehmen umgewandelt wird: - so wandelte sich das 130 Jahre alte bayrische gewerbliche Unternehmen Agrob in Ismaning in ein Unternehmen zur "Nutzung, Verwaltung und Verwertung von Vermögen, insbesondere von Grundstücken"; - Im Jahre 1986 wandelte sich die Oberhausener Concordia AG von einer Bergwerksgesellschaft zu einer reinen Immobilien-AG um. 5. Management-Buyout-Strategie. Insbesondere "Conglomerates" geraten leicht in Krisen. Um "Wildwuchs" zu beschneiden, streben sie häufig danach, ganze Unternehmen wieder abzustoßen (vgl. Abb. 14-9). Dies haben leitende Angestellte zum Anlaß genommen, im Rahmen des sog. "Management-Buyouts (MBO)" diese Betriebe aufzukaufen, um auf eigenes Risiko "Herr im eigenen Hause" zu werden (zur Finanzierung von Management-Buyouts vgl. 3.7.2.4). Krisenverhinderungsstrategien Liegt der Grund fur die Unternehmenskrise darin, daß der Betrieb sich in einer schrumpfenden Branche befindet, kann das Unternehmen nach M E. Porter auf folgende (Krisenverhinderungs-) Strategien zurückgreifen (vgl. LV 1.78 S. 334ff): 1. Marktbeherrschungsstrategie. Befindet sich das Unternehmen in einer relativ starken Marktposition, soll sie diese noch weiter ausbauen, um den Markt - zu auskömmlichen Bedingungen - zu beherrschen; 2. Nischenstrategie. Reichen die Unternehmenskräfte dazu nicht aus, soll sich der Betrieb auf ein bestimmtes Marktsegment konzentrieren und hier eine dominierende Position erringen bzw. verteidigen; 3. Abschöpfungsstrategie. Bei langfristig ungünstigen Perspektiven für die Branche ist das Geschäft in geordneten Bahnen zu liquidieren und die durch Desinvestition freiwerden Finanzmittel sind in erfolgversprechende Branchen umzuschichten; 4. Liquidationsstrategie. In der Frühphase des Niedergangs ist das Geschäft zu liquidieren. Alternativ zur Liqidationsstrategie kann auch der Geschäftsanteil abgestoßen werden, bevor der Unternehmenswert gesunken ist. Diese Zielsetzung verfolgte offensichtlich der Flickerbe, als er als Principal (vgl. 2.1.4.8) seine Beteiligung bei Daimler-Benz angesichts der Erdölkrise abstieß in der Erwartung, daß die Aufwärtsentwicklung in der Automobilindustrie beendet sei. Das Top-Management, die Agents bei Daimler-Benz, nahm diesen Vorgang als Herausforderung auf, um das Unternehmen im Wege einer Vorwärtsstrategie im Wege des Ex-Ante-Krisenmanagements auf eine breitere Basis zu stellen: durch Erwerb branchenfremder Unternehmen. Auf diese Weise füllte das Top-Management bei Daimler-Benz den Ausfall des neben der Deutschen Bank wichtigsten Principals selbst unternehmerisch aus.

1.4 Unternehmensdynamik

315

Rechtliche Regelung der Unternehmensliquidation Die Liquidation ist gesetzlich geregelt in den §§ 131, 145-158 HGB (für OHGs und KGs), in den §§ 262-274 AktG, in den §§ 65-74 GmbHG und in den §§ 78, 80-93 GenG. Unter Liquidation ist die freiwillige Auflösung des Unternehmens durch den Unternehmer bzw. durch die Gesellschafter zu verstehen, wobei die Vermögensteile durch Veräußerung in Geld umgewandelt werden. Zu einer Teilliquidation kann es kommen, wenn einem Gläubiger (vom Gericht) ein Vermögensgegenstand des Unternehmens zugesprochen wird. Ein etwaiger Auflösungsbeschluß muß veröffentlicht und im Handelsregister eingetragen werden. In allen Geschäftsbriefen des Unternehmens ist der Zusatz i.L. (in Liquidation) zuzufügen. Die Gesellschafter von Personengesellschaften haften noch fünf Jahre nach Eintragung des Auflösungsbeschlusses ins Handelsregister, sofern ein Anspruch nicht vorher schon veijährt ist. Kapitalgesellschaften und Genossenschaften dürfen erst nach einem Sperijahr Kapitalrückzahlungen an die Anteilseigner vornehmen (§§ 73 Abs. 1 GmbHG, § 272 Abs. 1 AktG, § 90 Abs. 1 GenG). Ein eventueller Veräußerungsgewinn ist gesonderter Besteuerung zu unter. Fallbeispiel einer Reorganisations- und Krisenverhinderungsstrategie: Lufthansa Die Lufthansa ist durch hohe Lohnkosten, vor allem aber durch ein übertriebenes Expansionsprogramm, bei dem die Flugzeugkapazität wegen zu optimistischer Erwartungen in zwei Jahren - 1990/91 - von 197 Flugzeugen um 40% auf 275 Flugzeuge stieg, die Kapazitätsauslastung jedoch von 69 auf 64% absank und der Gewinn stark negativ wurde (vgl. Tab. 14-6). Zur Reorganisation und Krisenverhinderung sowie zur Verbesserung der Bilanzoptik wurde folgendes Programm aufgestellt (vgl. Der Spiegel, 37/1992, S. 136ff.): • Abbau der Belegschaft um 8.000 Personen, davon die Hälfte im administrativen Bereich, wobei auch 110 der 800 Führungspositionen abgebaut werden sollen; • Verlängerung der Arbeitszeit z.B. der Stewardessen von 58 auf 65 Monatsstunden; • Verzicht einer Tariferhöhung in 1993; • Stillegung von unrentablen Flugstrecken und Verkauf von überflüssigen Flugzeugen; • teilweise Umstellung auf kleinere Flugzeuge, um die Kapazität besser auszulasten; • Abbau von Überbezahlungen bei einzelnen Positionen; • Kooperation mit anderen Unternehmen zur besseren Auslastung einzelner Betriebsteile; • Suche nach einem Kooperationspartner in den USA, um das wichtige Nordatlantikgeschäft besser auszuschöpfen; • Änderung der Abschreibungsmethodik zum Ausweis eines höheren Gewinns, werfen. Tab. 14-6: Lufthansa-Daten (entn. Financial Times 1. 9. 1992 S. 15) Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 Umsätze in Mio. DM 10.961 11.845 13.055 14.447 16.100 Zahl der Flugzeuge 151 155 197 220 275 Sitznutzungs-Faktor 70% 69% 69% 67% 64% Vorsteuer-Gewinn in Mio. DM 207 241 260 142 -301 0 Beschäftigtenzahl 47.150 49.056 51.942 57.567 61.791 Sitzkilometer-Angebot (Mio.) 57.038 61.691 65.059 75.505 81.662 Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-65 in Abschnitt 1.7! 1.4.4 Konzeptionelle Betrachtung der Unternehmensphasen 1.4.4.1 Unternehmertypen in den Unternehmensphasen Verhaltens-Struktur-Beziehungen bei Unternehmerleistungen Die Autoren Miles und Snow (vgl. LV 2.55) kommen vornehmlich aufgrund von Literaturstudien zu der Annahme eines Anpassungskreislaufs des unternehmerischen Verhaltens, wobei sie folgende Unternehmertypen mit unterschiedlichen psychischen Grundhaltungen unterscheiden, die zu einer entsprechend angepaßten Unternehmensstruktur führten:

316

1. Hauptteil:

Einführung

1.) Der "Verteidiger (Defensor)" beschränke sich auf einen bestimmten Marktbereich, den er dadurch behaupte, daß er durch Verfahrensinnovation die Unternehmensleistung ständig verbessere. 2.) Der Prospektor verfolge eine First-to-Market-Strategie, wodurch die Verfahrensinnovation vernachlässigt würde. 3.) Der Analysierer differenziere nach stabilen und dynamischen Märkten und führe für stabile Märkte eine streng formale und für dynamische Märkte eine gelockerte Organisationsstruktur ein (vgl. auch 2.1.4.1), letztere, um schnell auf Änderungen im Markt mit Me-too-Produkten reagieren zu können. 4.) Der Reagierer besitze keine prägnante Organisationsstruktur, vielmehr passe er sich nur starkem externen Druck an. Eine Phasenbezogenheit ist bei dem Miles-Snow-Untemehmer-Muster in etwa nur bei dem "Analysierer" zu erkennen. Phasenbezogene Unternehmerleistungen Die einzelnen Phasen der betrieblichen Entwicklung stellen unterschiedliche Anforderungen an die Eigenschaften des Unternehmers bzw. an das ihn ersetzende kollektive Management. Entsprechend können in den einzelnen Unternehmensphasen unterschiedliche Unternehmertypen auftreten (vgl. Abb. 14-23): • der "Innovator", der in der Entstehungsphase die Leistungspalette des neuen Unternehmens konzipiert sowie die geeignete Struktur der Unternehmensorganisation; • der "Dynamiker", der die zum Wachstum benötigten Impulse gibt, indem er neue Märkte erschließt und/oder fremde Unternehmen dazukauft und/oder neue Betriebsstätten errichtet; • der "Stabilisator", der zur Konsolidierung des Erreichten die geeigneten Organisationsmaßnahmen trifft, um die sich der "Dynamiker" nicht gekümmert hat; • der "Sanierer", der in Turbulenzen eventuellen Wildwuchs beschneidet und dabei eventuell Unternehmensteile verkauft, um Verlustträger abzustoßen und um gleichzeitig mit den Erlösen die Unternehmensliquidität zu verbessern. Diese "Unternehmertypen" können sich im Zeitablauf nacheinander mehrfach ablösen: Innovator Dynamiker - Stabilisator - Dynamiker - Sanierer.. Abb. 14-23: Dynamik des betrieblichen Wachstumspotentials Stärke d e r b e t r i e b liehen W a c h s t u m s Potentiale

Stabilisator /

Sanierer -——L-

>

Zeit Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-66 in Abschnitt 1.7!

1.4.4.2 Organisatorischer Wandel in den Unternehmsphasen Stufen des organisatorischen Wandels Parallel zum durch Diversifikation, Akquisition und Internationalisierung institutionalisierten Unternehmenswachstum kann ein Wandel der Unternehmensorganisation über Stufen ablaufend stattfinden gemäß dem Auspruch von A.D. Chandler: "Structure follows strategy":

1.4 Unternehmensdynamik

317

1. Stufe: Divisionalisierung, d.h. die einzelnen betrieblichen Sparten erhalten gewisse Zuständigkeiten für eigenständiges operationelles Handeln auf Produktebene (vgl. 2.1.2.6), wodurch die Unternehmensspitze für weitere strategische Planungen und Operationen entlastet wird. 2. Stufe: Sateilitesierung, d.h. die einzelnen globalen Betriebsteile erhalten mehr Zuständigkeiten, um sich optimal den Landesgegebenheiten anpassen zu können, wenngleich gewisse kardinale Operationen, etwa die Produktentwicklung, weiterhin zentral durchgeführt werden. 3. Stufe: Multipolarisierung, d.h. die Operationen verschiedener Betriebe in einzelnen Ländern werden regional zusammengefaßt, etwa auf Erdteilebene, wobei relativ eigenständige SGEs geschaffen werden, die längerlebige Produkt-Marktfeld-Segmente zum Teil mit eigenen Produktentwicklungskompetenzen darstellen, wobei ein polyzentrischer Unternehmensverbund mit selbststeuerungsfähigen Einheiten entsteht: • Die VW-Gruppe basiert ihre Multipolarisierung auf den "Marken" VW, AUDI, SEAT und SKODA, die allesamt global operieren sollen (vgl. 1.4.4.3). • Die Ford Motor Company führte ab 1995 im Rahmen einer Matrixorganisation eine Multipolarisierung derart durch, - daß Ford of Europe die weltweite Produktverantwortung für kleinere Fahrzeuge und - daß Ford of USA die weltweite Produktverantwortung für die größeren Fahrzeuge erhält (vgl. auch 2.1.2.4). • IBM wies ihren Niederlassungen in den einzelnen Ländern bestimmte Produktgruppen regional als besondere Zuständigkeiten zu, bei denen sie national besonders große Erfolge erzielt hatten, z.B. der IBM-Deutschland als Lead-Country die Mainframes und der IBM-Italien als LeadCountry die PCs jeweils in der Region Europa. Der IBM-Manager Hug begründete diesen Vorgang: "Wir wollen die Verantwortung für Gesamtumsatz, Kundenzufriedenheit, Marketshare und Profit auf dezentrale Einheiten übertragen. Wer Verantwortung trägt, muß verantwortlich handeln können. Dazu gibt es neue, deutlich erweiterte Kompetenzen" (Handelsblatt, 15./16.5.1992, S. K2). Nach dem Personalwechsel an der Führungsspitze der IBM kam allerdings über es eine starke Rezentralisierung wieder zu einem organisatorischen Richtuingswechsel (vgl. unten). • Das Automobil Honda Accord wurde zur besseren Auschöpfüng der großen Teilmärkte Japan; Nordamerika; Europa - in japanisch-amerikanischer Kooperation entwickelt, wobei ein japanisches Team für die Entwicklung des Basismodells zuständig war. Dazu kamen zwei Unterteams: ein amerikanisches Team zur Entwicklung des Coupés und des Kombis einschließlich der Entwicklung der Spezialwerkzeuge - ein wichtiger Teil der technologischen Basis eines Produkts - und ein japanisches Unterteam zur Entwicklung des viertürigen Hardtops. Die in Amerika entwickelten Varianten sollten auschließlich auch dort produziert und weltweit vertrieben werden, die Limousine und der Hardtop auschließlich in Japan. Der große Erfolg, insbesondere in Nordamerika, wo der Honda Accord zum meistgekauften Modell wurde, rechtfertigte diese multipolare Kooperation (vgl. LV 1.114 S. 114f.). Ziel von Honda ist es jedoch, daß "die größeren regionalen Unternehmen...von Anfang bis Ende Entwurf, Konstruktion und Herstellung der Produkte durchführen. Diese sollen in erster Linie in der Region ihrer Herstellung verkauft, aber begrenzte Mengen sollen auch in andere Regionen exportiert werden, um Marktnischen zu bedienen..." (ebenda S. 229). Die Multipolarisierung, häufig in der Betriebspraxis auch als Regionalisierung bezeichnet (vgl. auch 1.4.2.3), wird offensichtlich von den großen Unternehmen als Erfolgsrezept dafür angesehen, die durch die Internationalisierung überbordende Komplexität der Unternehmensrealität durch übersichtlich vernetzte Untemehmensstrukturen auf ein steuerbares Maß herabzusetzen. Dabei wird sich die Multipolarisierung hauptsächlich in den Koordinaten Regionen und Marken entwikkeln, und zwar zunächst kurzfristig situativbedingt mit unterschiedlicher Intensität, wobei auf die Dauer die Unternehmen eine möglichst gleichmäßige Marktdurchdringung der Regionen mit ihren Marken anstreben werden. Die Regionalstruktur der großen Unternehmen findet ihren Niederschlag in ihren Geschäftsberichten; so macht z.B. der Bayer Geschäftsbericht für 1991 folgende Ausweisungen: Deutschi. übr. Europa Nordam. Lateinam. AAA* Umsatz in Mio. DM 16.908 10.754 8.764 1.910 4.065 Veränderung zum VJ. -3,0% +1,0% +8,8% +1,0% +12,4% Gewinn in Mio. DM 1.530 689 416 122 421 Veränderung zum VJ. -8,7% -16,2% -30,3% +25,8% +16,9% Mitarbeiterzahlen 114.500 25.900 12.100 11.700 • = Asien, Afrika, Australien

318

1. Hauptteil:

Einführung

Die um 1992 zu beobachtende Regionalisierungswelle bei den multinationalen Konzernen mit zwangsläufiger Dezentralisierung war 1994 schon wieder verebbt und mußte einer Renzentralisierungswelle weichen: • bei der IBM wurden die regionalen Führungszentren aufgelöst und durch eine vornehmlich zentralorientierte branchenbasierte Organisation ersetzt (vgl. COMPUTERWOCHE 41/1994 S. 2); • bei der Ford Motor Company erfolgte eine matrixbasierte Rezentralisierung (vgl. 2.1.2.4), wobei gleichzeitig gewisse regionale Elemente beibehalten wurden, da die Entwicklung von Pkws der unteren Klassen auf Europa und die der höheren Klassen auf die USA konzentriert wurde. Betriebswirtschaftlich begründen läßt sich diese Rezentralisierung damit, • daß sich so eine Konzentration der Ressourcen herbeifuhren läßt, • daß sich so das zentrale Controlling verstärken läßt, • daß sich so die zentrale Verantwortung gegenüber den Kapitalhaltern besser tragen läßt, • daß sich so zentrales Leadership besser durchsetzen läßt. Gleichgewichtsstreben in der Organisation Der organisatorische Wandel kann demnach weg von der zentralisierten Struktur zur Dezentralisierung bis zur fast vollständigen Verselbständigung ähnlich einer Zellteilung fuhren. Tendenziell ist also bei den Unternehmen ein Wandel von der monolithischen nationalen Struktur zu internationalen Verbundsystemen festzustellen. Soll durch letzteres der Unternehmenszusammenhalt nicht verloren gehen, müssen rezentralisierende Controlling-Elemente eingesetzt werden; so führte die IBM ergänzend zur vorübergehenden Multipolarisierung einen Generaldirektor mit Controlling-Funktionen für alle strategischen Geschäftseinheiten in Europa ein. Auch die VWGruppe hat zentrale Controlling-Strukturen für den Gesamtkonzern eingeführt (vgl. 4.6.7.1). Im Rahmen des "Global Localisation" ist ein Gleichgewicht zwischen Globalisierung und Lokalisierung analog dem allgemeinen Prinzip der dezentralen Zentralisation herbeizuführen, mit der Maßgabe, daß die lokalen Unternehmensteile genügend Autonomie zur individuellen Modellierung der Unternehmenspolitik unter Berücksichtigung der lokalen Besonderheiten besitzen, ohne daß die Corporate Identity verloren geht. Dabei sollten Marketing-Konzeptionen lokal d.h. national, die Logistik jedoch zentral entwickelt werden. Dazu sind angemessene Führungs- und Management-Informations-Systeme erforderlich, welche die dezentralen Betriebsstrukturen über leistungsfähige Plattformen integrieren. "Wellen" der Organisationsentwicklung Dezentralisierung und Rezentralisierung scheinen sich bei den Unternehmen wellenförmig abzulösen. Schrittmacher waren in der Vergangenheit amerikanische multinationale Unternehmen, welche diese "Wellen" über ihre zahlreichen ausländischen Tochtergesellschaften weiterleiteten und so globalisierten. Als Motive für dieses kollektiv-imitatorische Verhalten lassen sich anfuhren: • "modisches" Nachahmen eines (Branchen-)Führers; • Furcht um den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit, wenn "der Anschluß verpaßt" ist; • einfach etwas Neues zu versuchen und die Betriebsorganisation durch ständige Änderungen elastisch zu halten; • "Anraten" der Unternehmensberater. Insbesondere durch den quasi-kollektiven Rat der Unternehmensberater haben diese "Organisationswellen" in Abwandlung des bekannten, oben bereits zitierten Chandlerschen Ausspruchs die Bezeichnung "Structure follows fashion" erhalten. Als dialektisch in Form von These —> Antithese-> Synthese wäre dieser Organisationswandel zu bezeichnen, wenn die Synthese in Form der Rezentralisierung auf einem höheren Leistungsniveau stattfindet. Dazu bedarf es aber entsprechender Leistungsuntersuchungen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-67 in Abschnitt 1.7!

1.4 Unternehmensdynamik

319

1.4.4.3 Strategiebildung in den Unternehmensphasen Begriff der Strategie Das Wort Strategie leitet sich von dem griechischen Wort Strategos = Heerführer ab. Unter Strategie wird hier eine längerfristig angelegte erfolgversprechende spezifische Ziel-Mittel-Kombination unter Ausrichtung an einen "leitenden Gedanken" (Moltke) verstanden, für die es situationsbedingt taktische Abweichungen geben kann. Letztere sind nach Möglichkeit zu kaschieren, damit die Strategie als Ganzes nicht "einstürzt". Dies geschieht z.B. bei der von verschiedenen Unternehmen verfolgten Strategie der "unverbindlichen Preisempfehlungen" für den Verkauf an den Endverbraucher, die dem Unternehmen auf längere Sicht auskömmliche Verkaufspreise sichern soll; taktisch durchbrochen wird diese Strategie kurzfristig in Saisontiefs u.a. durch das Angebot von verbilligten "Sonderserien" (vgl. 3.5.5.2). Erfolgreiche Taktiken können jedoch im Wege des strategischen Wandels die Strategie in alter Form verdrängen und Grundlage einer neuformulierten Strategie werden. Bei dauerhaften Umweltänderungen ist ebenfalls die Strategie erfolgversprechend zu ändern • im Wege der Neuformulierung, wenn sich das Unternehmen in einer dominanten Marktposition befindet, und • im Wege der Anpassung, wenn sich das Unternehmen in einer abhängigen Marktposition befindet. Strategieentwicklung im Unternehmen Um das unternehmerische Konzept zum Erfolg zu verhelfen, muß das Unternehmen eine geeignete Unternehmensstrategie (Corporate Strategy) entwickeln (vgl. Abb. 14-25). Auf die Strategieentwicklung wirken ein sowohl externe Faktoren wie die konkrete Umweltsituation und Vorbilder - erfolgreiche Unternehmer und/oder Unternehmen - als auch interne Faktoren wie betriebliche Ressourcen, Unternehmensziele, Wertvorstellungen des Unternehmers und der einflußreichsten Führungskräfte. Abb. 14-25: Unternehmensstrategieentwicklung (Strategie-Prototyping)

Zur optimalen Unternehmensstrategie führt der Lernprozess des Prototypings unter Beachtung von Selektionsregeln (vgl. 1.1.3.5). Die gefundene optimale Strategie ist im Unternehmen zu implementieren. Erfolge mit einer Unternehmensstrategie können zur Änderung der Unternehmensziele fuhren, etwa zu einer Erhöhung des Anspruchniveaus. Beispiele für Unternehmensstrategien Erfolgreiche deutsche Unternehmensstrategien, die als Vorbilder gedient haben, sind u.a. • die Discounter-stationäre Geschäftskette-Strategie von Aldi (vgl. auch 3.5.1.4), • die Discounter-Versandstrategien von Neckermann und Quelle mit eigenen Marken, • die Hochpreis-Nischen-Strategie von BMW. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-68 in Abschnitt 1.7!

320

1. Hauptteil: Einführung

1.5 Unternehmensformen 1.5.1 Relative Häufigkeit der Unternehmensformen und konstituierende Bedeutung der Rechtsform Wie sich anhand der steuerbaren Umsätze für die Umsatzsteuer laut Statistisches Bundesamt für 1988 ersehen läßt, kommt den Unternehmensformen in Deutschland situativ eine höchst unterschiedliche Bedeutung zu (vgl. Tab. 15-1). Dabei fällt auf, daß die Einzelunternehmen fast Dreivierteil aller Unternehmen darstellen, daß sie aber umsatzmäßig weit hinter den Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften und gar den GmbHs zurückfallen. Tab. 15-1: Häufigkeit der Unternehmensformen und ihre Umsatzsteuerkraft Unternehmensformen Steuerbare Umsätze Zahl der U n t e r n e h m e n davon: Einzelunternehmen GmbH OHG KG Sonstige Aktiengesellschaften

2.021.824 74,55% 11,25% 8,14% 4,29% 1,70% 0,07%

4.255,3 Mrd. D M 15,26% 27,47% 2,40% 24,35% 9,80% 20,72%

Von Gesetzes wegen stehen verschiedene Rechtsformen zur juristischen Einkleidung der Unternehmung zur Verfügung. Jedoch kann nicht für jede Unternehmenstätigkeit jede beliebige Rechtsform gewählt werden: • Betriebe der Lebens-, Unfall-, Haftpflicht- sowie Hagelversicherung sind als Aktiengesellschaften oder als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit zu führen (§ 7 Abs. 2 und 3 des Versicherungsgesetzes vom 6. 6. 1931). • Hypothekenbanken und SchifFspfandbriefbanken sind als Aktiengesellschaften oder als Kommanditgesellschaften auf Aktien zu führen (§ 2 Abs. 1 des Hypothekenbankgesetzes vom 5. 2. 1963 und § 2 Abs. 1 des Gesetzes über SchifFspfandbriefbanken vom 8. 5. 1963). Die Wahl der Rechtsform hat konstitutive Bedeutung: • Sie fixiert weitgehend die Firma, d.h. den Namen des Unternehmens: bei Einzeiuntemehmen und Personengesellschaften sind es Personennamen und bei Kapitalgesellschaften meistens Sachnamen. • Sie fixiert Form und z.T. den Umfang der Kapitalaufbringung und legt dadurch auch die Machtverhältnisse im Unternehmen fest (vgl. Abb. 15-1). • Sie fixiert den innerorganisatorischen Aufbau der Geschäftsleitung. • Sie regelt die Vertretung nach außen, z.T. den Umfang der Geschäftsfuhrungsbefugnis. • Sie fixiert die Steuerlast. Abb. 15-1: Kapital- und Machtportfolio der Unternehmung Macht a: wenig

A: k l e i n Kleinaktionär

Geschäftsführer b: mittel Vorstandsmitglied c: viel

"Gründer" "Sanierer"

Kapitalanteil B: m i t t e l Kommanditist

C: g r o ß G r o ß a k t i o n ä r ohne Stimmrecht

G e s e l l s c h a f t e r mit B e i r a t s m i t g l i e d Sperrminorität Aufsichtsratm. OHG-Gesellschafter Einzelunternehmer Komplementär

1.5 Unternehmensformen

321

Kapital- und Machtverteilung sind im Unternehmen weitgehend identisch, wenngleich es gewisse Ausnahmen gibt: • so ist z.B. der Schwede Per Arwidsson mit 70.000 Anteilsscheinen der drittgrößte Anteilseigner bei der Porsche AG (Stand: Anfang 1990), da jedoch seine Anteilscheine stimmrechtslos sind, ist sein Einfluß auf die Geschäftsführung gering, so daß er sich nur in der a:C:-Position befindet; • dagegen konnte der "Sanierer" Aurel Goergen mit kleinem Kapitaleinsatz großen Einfluß auf die Geschäftsführung nehmen (vgl. 1.4.3.4) und dadurch in die c.A:-Position gelangen; auch die Familie des Firmen"gründers" Watson konnte trotz eines geringen Kapitalanteils von unter 0,5% jahrzehntelang bestimmenden Einfluß auf die Geschäftsführung der IBM nehmen und so ebenfalls in die c:A:-Position gelangen - allerdings waren bei der IBM die Kapitalanteile zersplittert auf über 2 Millionen Aktionäre verteilt. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-69 in Abschnitt 1.7!

1.5.2 Einzelunternehmen Einzelunternehmen gibt es in Form • der Einzelfirma, • der Einmann-GmbH und • der Einmann-Aktiengesellschaft. Merkmale der Einzelflrma Die Einzelunternehmung wird vorwiegend in der Form der Einzelfirma betrieben. Diese Einzelfirmen sind vorwiegend im Handel und im Handwerk angesiedelt, aber auch Freiberufler und Dienstleister bevorzugen diese Rechtsform. Zur Gründung ist keine besondere Rechtsform vorgeschrieben. Betreibt der Einzelunternehmer ein Handelsgewerbe im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) gelten für ihn ergänzend zu den rechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Bestimmungen des HGB. Die Einzelfirma kennzeichnet, • daß das Eigenkapital von einer Person aufgebracht wird, • daß diese Person den Betrieb alleinverantwortlich fuhrt, • daß diese Person allein das Risiko trägt, indem sie sowohl mit dem Betriebsvermögen wie auch mit dem Privatvermögen haftet. Struktur der Geschäftsleitung Die Struktur der Geschäftsleitung ist auf die Person des Firmeninhabers zugeschnitten. Damit ist die Macht im Unternehmen auf eine Einzelperson zentriert, die damit die extreme c:C:-Position im Kapital- und Machtraster der Unternehmen einnimmt (vgl. Abb. 13-7). Bei sog. Familienbetrieben können auch Familienangehörige, etwa der Ehepartner, bei der Betriebsfuhrung eine erhebliche Rolle spielen. Eine Einzelunternehmung steht und fällt gewöhnlich mit der Arbeitsfähigkeit des Unternehmers. Auf längere Sicht muß deshalb die Nachfolgeschaft des Unternehmers geregelt werden (vgl. 2.1.1.2). Die Einzelperson setzt auch der Kapitalaufbringung relativ enge Grenzen und damit den betrieblichen Aktivitäten, garantiert andererseits aber die Unabhängigkeit des Unternehmers. Allerdings kann der Unternehmer in Krisen häufig auf Zuschüsse und Darlehen aus dem Familienkreis zählen, so daß sich Einzelunternehmen häufig als sehr resistent in Krisenfallen erweisen. Bei der Einzelfirma sind keine Gründungsformalitäten erforderlich; noch nicht einmal eine Handelsregistereintragung ist erforderlich. Entsprechend fallen auch keine Gründungskosten an, so daß sich ein solcher Betrieb aus kleinsten Anfängen entwickeln kann. Eine notariell beglaubigte Gütertrennung sollte den Ehegatten, falls er erhebliches eigenes Vermögen besitzt, vor dem Haftungsdurchgriff schützen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-70 in Abschnitt 1.7!

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1. Hauptteil: Einführung

1.5.3 Personengesellschaften 1.5.3.1 Merkmale der Personengesellschaften Zu den Personengesellschaften zählen die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG) und die Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft), sowie bedingt die Stille Gesellschaft. Gemeinsames Merkmal dieser Personengesellschaften (vgl. §§ 105 Abs. 1 , 1 6 1 HGB, § 705 BGB) ist, • daß sich zwei oder mehrere Personen zu einem gemeinsamen Zweck vereinigt haben und • daß mindestens eine Person nicht nur mit der Einlage, sondern auch mit dem Privatvermögen haftet. Die O H G und die K G sind auf Dauer zum Betreiben eines Gewerbes ausgerichtet - z.B. wird sich in ihnen ein Techniker mit Produktideen mit einem Betriebswirt mit geschäftlichen Kenntnissen zusammentun - , die BGB-Gesellschaft ist dagegen meistens auf einen zeitlich begrenzten Zweck ausgerichtet, z.B. auf den Bau einer Fabrik, auf die Emission von jungen Aktien einer bestimmten Unternehmung, und bezeichnet sich dann als Konsortium, Interessengemeinschaft oder als Kartell. Bei der OHG, die sich im Mittelalter aus der Erbengemeinschaft der Söhne verstorbener Kaufleute entwickelt hat und als kaufmännisches Pendant zur BGB-Gesellschaft anzusehen ist, und bei der BGB-Gesellschaft haften alle Gesellschafter (vgl. § 128 HGB, §§ 28, 130, 159 HGB): • gesamtschuldnerisch, d.h. der Gläubiger kann einen beliebigen Gesellschafter, gewöhnlich den zahlungskräftigsten, zur Schuldenbegleichung heranziehen, • unmittelbar, d.h. ohne daß die Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen verweisen können, • persönlich, d.h. sie haften mit dem gesamten Privatvermögen, und • unbeschränkt, d.h. sie können nicht jeweils die Schuld auf die Beteiligungsquote reduzieren. Bei der K G haften nur die Komplementäre sowohl mit der Einlage wie auch mit dem Privatvermögen für die eingegangenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die Kommanditisten nur mit ihren Einlagen. Einerseits kann der OHG-Gesellschafter wie der Komplementär - was nicht selten geschieht wichtige Teile seines Vermögens einem Familienangehörigen überschreiben und sich so der Haftung weitgehend entziehen, andererseits muß der Komplementär darauf achten, daß die im Gründungsstadium entstandene BGB-Gesellschaft nicht dazu mißbraucht wird, per entstandenem Rechtschein so hohe Schulden zu machen, daß er auch mit seinem Privatvermögen zur Haftung herangezogen wird, außer dem Gläubiger ist bekannt, daß einer der Gesellschafter Kommanditist ist. Die gesetzlichen Vorschriften der BGB-Gesellschaft sind ergänzend zu denen der O H G und K G heranzuziehen. O H G und K G grenzen sich von der BGB-Gesellschaft dadurch ab, • daß sie eine Firma (Namensbezeichnung) besitzen, unter der sie Rechte und Eigentum an Betriebsmitteln, sogar Grundstücke erwerben sowie Verbindlichkeiten eingehen können, • daß sie im Außenverhältnis gegenüber Dritten als juristische Person zu behandeln sind. Ein eventueller Stiller Gesellschafter tritt nach außen nicht in Erscheinung. Gewöhnlich wird der Stille Gesellschafter nicht an der Geschäftsführung teilhaben, vielmehr ist er bei der sog. typischen Stillen Gesellschaft nur an Gewinn oder Verlust beteiligt - wobei die Verlustbeteiligung ausgeschlossen werden kann - und bei der sog. atypischen Stillen Gesellschaft auch am Wertzuwachs. Der Stille Gesellschafter wird rechtlich wie ein Kreditgeber behandelt u.a. im Konkurs. Als Stille Gesellschafter kommen vor allem die Geschäftspartner in Frage, die z.B. mit ihrer Stillen Einlage einen Abnehmer finanziell stützen wollen.

1.5.3.2 Gründung und Auflösung von Personengesellschaften Wenngleich der Gesellschaftsvertrag formfrei ist, empfiehlt sich jedoch zur Verhinderung von Streitigkeiten die Beachtung der Schriftform. Gerichtliche oder notarielle Beurkundung wird erforderlich, wenn in die Gesellschaft Grundstücke eingebracht werden. Im Innenverhältnis, d.h. in

1.5 Unternehmensformen

323

den Beziehungen der Gesellschafter zu einander, beginnt die Gesellschaft mit Vertragsabschluß, im Außenverhältnis, d.h. im Verhältnis der Gesellschaft zur Umwelt, wenn ein Gesellschafter im Namen der Gesellschaft Geschäfte abschließt und/oder wenn die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen worden ist. Der Eintrag haben alle Gesellschaftern zu vollziehen. Sofern nicht vertraglich anderes vereinbart ist, löst sich nach § 131 HGB die OHG auf • mit Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer, • durch Beschluß der Gesellschafter, • mit der Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft, • bei Kündigung mit halbjähriger Frist auf Geschäftsjahresschluß, • bei Konkurs eines Gesellschafters, beim sog. Privatkonkurs, • beim Tod eines Gesellschafters, • nach gerichtlicher Entscheidung auf Klage eines Gesellschafters, wenn z. B. grobfahrlässige Pflichtverletzung vorlag. Dieselben Gründe gelten für die Auflösung der KG (§ 177 HGB), mit einer Ausnahme: beim Tod eines Kommanditisten löst sich die KG nicht auf, vielmehr geht der Anteil auf den Erben über. Ähnliches gilt für die BGB-Gesellschaft (§§ 726-728 BGB), mit dem Unterschied, daß zwar eine Kündigung aus wichtigem Grund jederzeit möglich ist, wenn die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen ist, daß aber den Gesellschaftern der daraus entstehende Schaden zu ersetzen ist, wenn jemand zur Unzeit ohne wichtigen Grund kündigt (§ 723 BGB).

1.5.3.3 Geschäftsleitungsstruktur bei Personengesellschaften Den Gesellschaftern obliegen folgende Pflichten: • Beitragspflicht, d.h. sie haben die im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Leistungen in Form von - Geldleistungen, - Sachleistungen z.B. Betriebsmittel oder - Dienstleistungen z.B. in Form von Kundenwerbung zu erbringen. • Wettbewerbsverbot d.h. die Gesellschafter - ausgenommen ist der Kommanditist - dürfen ohne Einwilligung der anderen Gesellschafter im Handelszweig der Gesellschaft keine Geschäfte machen noch an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafter teilnehmen. Bei Verstößen kann die Gesellschaft - selbst in die Geschäfte eintreten oder - Schadenersatz verlangen oder die übrigen Gesellschafter können - die Auflösung der Gesellschaft oder - den Ausstoß des ungetreuen Gesellschafters verlangen. Die Personengesellschaft ist darauf angelegt, daß alle Gesellschafter mit Ausnahme der Kommanditisten mitarbeiten. Entsprechend steht das Recht der Geschäftsführung allen Gesellschaftern zu. Bei der OHG und bei der KG kann jeder vollhaftende Gesellschafter die Gesellschaft allein vertreten (§§ 114, 115, 161 HGB). Widerspricht ein Gesellschafter der Vornahme einer Handlung, muß diese unterbleiben ( § 1 1 6 HGB). Bei der BGB-Gesellschaft herrscht gemeinschaftliche Geschäftsführung (§ 709 BGB), d.h., für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Partner erforderlich. Durch Gesellschaftsvertrag können vollhaftende Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden (§ 116 HGB), jedoch bleiben außergewöhnliche Geschäfte, z.B. Kauf und Verkauf von Grundstücken, immer zustimmungsbedürftig (§ 116 Abs. 2 HGB), auch seitens des Kommanditisten (§ 164 HGB). Die von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Gesellschafter besitzen jedoch das Recht der laufenden Kontrolle, d.h. sie können sich jederzeit über den Geschäftsgang persönlich durch Einsichtnahme in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere unterrichten ( § 1 1 8 HGB, §§ 710, 716 BGB). Die Kommanditisten besitzen als Kontrollrecht nur den gesetzlichen Anspruch auf Mitteilung der Jahresbilanz, die sie durch Einsichtnahme in die Geschäftsbücher und Geschäftspapiere nachprüfen können (§ 166 HGB), und dadurch im Vergleich mit dem Komplementär gesetzlich gesehen wenig Macht im Unternehmen. Allerdings bedürfen die Komplementäre der Zustimmung des Kommanditisten bei außergewöhnlichen Geschäften wie Gründung von Filialen, Aufnahme von hohen Kreditbeträgen, An- und Verkauf von Grundstücken. Gegebenenfalls kann dies der Kommanditist gerichtlich erzwingen.

324

1. Hauptteil:

Einführung

Die Gewinnverteilung soll Mitarbeit in der Geschäftsleitung entsprechen. Bei der OHG hat jeder Gesellschafter Anrecht auf eine 4%ige Verzinsung seines bei Beginn des Geschäftsjahrs vorhandenen Kapitalanteils, der Rest des Gewinns ist nach Köpfen zu verteilen (§ 121 HGB). Bei Liquidation ist der Erlös nach Abzug der Schulden im Verhältnis der Kapitalanteile zu verteilen (§155 Abs. 1 HGB). Bei der KG gilt ähnliches, lediglich ist der Restgewinn nicht nach Köpfen, sondern angemessen in Hinblick auf Mitarbeit im Betrieb zu verteilen (§ 168 Abs. 2 HGB). Der Kommanditist kann eine Gewinnauszahlung solange nicht verlangen, wie sein Kapitalanteil durch Verlust gemindert ist (§ 169 HGB). Gesetzlich ist jeder Gesellschafter der OHG und KG zur Einzelvertretung nach außen befugt (§ 125 HGB). Eine Abweichung davon ist im Handelsregister einzutragen. Folgende Abweichungen von der Einzelvertretungsbefiignis sind möglich: a) die Gesellschafter vertreten zusammen die Gesellschaft; b) einer oder mehrere Gesellschafter, jedoch nicht alle, vertreten die Gesellschaft; c) ein Gesellschafter mit Einzelvertretungsbefiignis vertritt zusammen mit einem Prokuristen die Gesellschaft. Die Vertretungsmacht in der OHG und in der KG erstreckt sich auf alle Geschäfte und ist unbeschränkbar (§ 126 HGB), während die Geschäftsführungsbefugnis beschränkbar ist. Bei der BGB-Gesellschaft ist eine Vertretung nur mit Vollmacht der Gesellschafter möglich (§ 714 BGB). Ist einem einzelnen Gesellschafter die Geschäftsführung übertragen, ist er im Zweifel auch allein vertretungsbefugt. Das Vermögen der Personengesellschaften unterliegt der Vermögenssteuer. Da sie keine juristischen Personen sind, unterliegen nicht sie, sondern ihre Gesellschafter einer Einkommenssteuer. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-71 in Abschnitt 1.7! 1.S.4 Kapitalgesellschaften 1.5.4.1 Historie der Kapitalgesellschaften Als erste Aktiengesellschaft gilt die 1407 in Genua errichtete Bank des heiligen Georg (vgl. LV 1.89 S. 101). Größeren Umfang gewinnen die Kolonialgesellschaften wie vor allem die Niederländisch-Ostindische Kompagnie, deren Anteile als Actie bezeichnet werden, ohne daß ein festes Grundkapital vorhanden war. Die Aktiengesellschaften gingen aus den Handelsgesellschaften hervor (vgl. LV 2.52, LV 1.71 S. 229fF), wobei gemäß dem sog. Octroi-System zunächst eine starke Abhängigkeit vom Staat bestand, • der die Aktiengesellschaften konzessionierte, • sie beaufsichtigte und • sie mit staatlichen Hoheitsrechten ausstattete. Nach der Französischen Revolution ging mit der allgemeinen Demokratisierung der Einfluß des Staats zurück und es kam das Konzessionssystem auf: • 1807 erfolgte im "Code de Commerce" in Frankreich die erste gesetzliche Regelung; • 1862 folgte im "Companies Act" in England mit dem Zwang zur Inkorporation eine umfassende Regelung des Gesellschaftsrechts; • 1838 kam das Preussische Gesetz über die Eisenbahnaktiengesellschaften heraus; • 1843 folgte das Preussische Gesetz über Aktiengesellschaften, das dem Staat allerdings noch weitgehende Aufsichtsrechte über die Aktiengesellschaften beließ; • die Aktiennovelle vom 11. 6. 1870 beseitigte in einer Zeit der Gewerbefreiheit diese als übertrieben empfundenen Aufsichtsrechte, die Aktiengesellschaft erhielt erstmals eine gesellschaftsrechtliche Struktur mit der Hauptversammlung als oberstem Organ: • 1884 erschweren Bestimmungen unsolide Gründungen; • nach § 70 des Aktiengesetzes von 1937, das von den Nationalsozialisten erlassen wurde, war der Vorstand auf den gemeinen Nutzen von Volk und Reich verpflichtet; • ein ähnliche Bestimmung gibt es im Aktiengesetz von 1965 nicht mehr, allerdings hat sich mit der "Eigenverantwortung" des Vorstands gemäß § 76 AktG dieser seine "Führerstellung" weitgehend erhalten; • mit dem „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts" vom 2. 8. 1994 soll die Aktiengesellschaft auch für mittelständische Unternehmen attraktiv und der Wechsel zu ihr wie auch der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert werden, indem das im Zeitablauf allzu perfektionistisch gewordene deutsche Aktienrecht wieder vereinfacht und der Verwal-

1.5 Unternehmensformen

325

tungsaufwand entsprechend gemindert wird, flankierend wurde das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts zum 28. 10. 1994 erlassen. Aus den Anteilsgesellschaften reicher Kaufleute haben sich im Laufe der Zeit die Aktiengesellschaften zu "Kapitalsammelbecken der Wirtschaft" mit Tausenden bis Millionen von Aktionären entwickelt. Im 19. Jahrhundert wurde die Aktiengesellschaft international als individuelle, rechtsfähige Organisationsform in einer Kettenraktion anerkannt: England: 1844/62; USA 1860/75; Frankreich: 1863/67; Deutschland: 1870. Während sich das Erscheinungsbild der Aktiengesellschaft in Jahrhunderten geprägt hat, stellt sich die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als eine "schnelle" gesetzgeberische Konstruktion dar. Nach dem GmbHG vom 20. 4. 1882 sollte einerseits eine Haftungsbeschränkung ähnlich der Aktiengesellschaft möglich sein, andererseits sollte der Mindestkapitalbedarf niedriger und die Gründung unkomplizierter sein. Die große heutige Bedeutung der GmbH rechtfertigt die damaligen gesetzgeberischen Intentionen.

1.5.4.2 Merkmale der Kapitalgesellschaften Zu den Kapitalgesellschaften zählen die Aktiengesellschaft (AG), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA, KAG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Bergrechtliche Gesellschaft, die Reederei, die Bohrgesellschaft und die inzwischen erloschene Kolonialgesellschaft. Im Folgenden interessieren nur die AG und GmbH, von denen in Deutschland ca. 3 .000 bzw. 600.000 Gesellschaften existieren. Die Kapitalgesellschaften tragen folgende gemeinsame Merkmale 1.) sie sind Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, sog. juristische Personen; 2.) die Kapitalgesellschaften müssen ein gewisses Mindestkapital aufbringen; 3.) die Gesellschafter sind an der Geschäftsführung nur beschränkt beteiligt; 4.) die Gesellschafter haften grundsätzlich nicht persönlich für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft, allerdings können bei der GmbH beschränkte oder unbeschränkte Nachschüsse vereinbart werden (§ 26 GmbHG), sodann kann es eine sog. DurchgrifTshaftung geben bei Mißbrauch der Rechtsform zum Schaden der Gläubiger, eine Besonderheit stellen auch die kapitalersetzenden Darlehen im Insolvenzfall dar.

1.5.4.3 Gründung und Auflösung von Kapitalgesellschaften Die Kapitalgesellschaften entstehen erst mit der Eintragung in das Handelsregister, die damit eine rechtserzeugende Wirkung besitzt. Waren bisher zur Gründung der Aktiengesellschaft mindestens fünf Gründer erforderlich, so genügt seit 1994 in Erfüllung der 12. EG-Richtlinie von 1989 nur noch eine Person. Damit zieht die AG gleich mit der GmbH, bei der seit der am 1. 1. 1981 in Kraft getretenen GmbH-Novelle auch nur noch ein Gründer erforderlich ist, der aber in Höhe des nichteingebrachten Teils des Stammkapitals Sicherheit leisten muß. Gründer können sowohl natürliche wie juristische Personen abgeben. Mit der Feststellung der Satzung der Gesellschaft entstehen sowohl bei der AG wie bei der GmbH besondere Vorgesellschaften in Form einer BGBGesellschaft: VorAG und VorGmbH, die den Gesellschaftsvertrag und die Satzung aufstellen - hierfür ist die gerichtliche oder notarielle Beurkundung erforderlich (§ 23 AktG) - und die mit der Eintragung ins Handelsregister liquidationslos enden und wobei durch Gesamtrechtsnachfolge sämtliche Rechte und Pflichten der Vorgesellschaften auf die eigentliche Gesellschaft übergehen. Nach § 36 Abs. 2 AktG darf „die Anmeldung. . .erst erfolgen, wenn auf jede Aktie, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingzahlt worden ist..." Bei der GmbH beträgt das Stammkapital mindestens 50.000,-DM, bei der AG das Grundkapital mindestens 100.000,-DM. Bei der Bargründung sind jeweils 25% des Nennbetrags einzuzahlen zuzüglich 100% des Agios (Aufgeld), bei der GmbH mindestens 25.000,-DM, zuzüglich eines eventuellen Aufgeldes. Die Stammeinlage bei der GmbH beträgt mindestens 500,-DM, es müssen jedoch mindestens 250,-DM pro Stammeinlage eingezahlt werden. Bei der Aktiengesellschaft ist eine sog. qualifizierte Gründung möglich, indem anstelle von Geld Sachen oder Rechte eingebracht werden (§§ 26, 27 AktG). Bei der GmbH wird die Einbringung von Sacheinlagen einer verschärften Prüfung unterzogen. Die Eintragung selbst ist von allen Gründern, sowie von allen Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats vorzunehmen.

326

1. Hauptteil:

Einführung

Die Aktienrechtsreform von 1994 zur „kleinen Aktiengesellschaft" brachte vor allem folgende Veränderungen (vgl. LV 1.3a): • Der Mindestnennbetrag je Aktie lag lange bei 50,-DM, wurde dann zur Anpassung an internationale Gepflogenheiten herabgesetzt und liegt nun bei 5,-DM je Aktie (§ 8 Abs. 1 AktG neue Fassung). Die Einzelverbriefüng kann per Satzung ausgeschlossen werden (§ 10 Abs. AktG n. F.). • Die Zahl der Gründungsmitglieder wurde auf eine Person herabgesetzt, wobei allerdings für den nichteingezahlten Restbetrag Sicherheiten erbracht werden müssen (§ 36 Abs. 2 AktG n. F.). • Der Bericht des Gründungsprüfers muß nicht mehr bei der Industrie- und Handelskammer hinterlegt werden (§ 34 Abs. 3 AktG n. F.). • Bei der nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft wird ftir die Beurkundung der Hauptversammlungsbeschlüsse kein Notar mehr benötigt (§ 130 AktG n. F.). • Zur Einberufung zur Hauptversammlung der Aktionäre keine Veröffentlichung im Bundesanzeiger mehr erforderlich, sondern nur ein eingeschriebener Brief, wenn alle Aktionäre bekannt sind (§ 121 Abs. 4 AktG, neu eingefugt). • Die Hauptversammlung von nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften besitzt nun gegenüber der normalen Gesellschaft eine weitergehende Beschlußkraft gegenüber Vorstand und Aufsichtsrat bei der Gewinnverwendung und Rücklagendotierung; so kann der gesamte Gewinn ausgeschüttet werden, wenn dies in der Satzung festgelegt ist (§ 58 Abs. 2 S. 1 AktG n. F.). • Die Mitbestimmung der Mitarbeiter an Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern wurde durch die Neufassung von § 76 Abs. 6 BetrVG wie bei der GmbH eingeschränkt. Das Aktiengesetz kennt folgende Auflösungsgründe (§§ 262-274): a) Ablauf der satzungsgemäßen Zeit; b) Beschluß der Hauptversammlung; c) Eröffnung oder Ablehnung des Konkursverfahrens. Die Anmeldung der Auflösung erfolgt bei den Gründen a) und b) durch den Vorstand und bei c) von Amts wegen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-72 in Abschnitt 1.7! 1.5.4.4 Geschäftsleitungsstruktur bei Kapitalgesellschaften Geschäftsleitungsstruktur bei der GmbH 1. Gesellschafterversammlung Die GmbH-Gesellschafter üben ihre Mitspracherechte vornehmlich auf der Gesellschafterversammlung aus (§ 48 GmbHG), auf der je nach Größe der Geschäftsanteile abgestimmt wird. Die Gesellschafterversammlung bestellt die Geschäftsführer, die sie auch wieder abberufen kann. Jeder Gesellschafter hat das Recht, vom Geschäftsführer unverzüglich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft zu verlangen und in die Geschäftsunterlagen einzusehen, es sei denn, der Gesellschafter führt ein Konkurrenzunternehmen. Eine Gesellschafterversammlung ist in folgenden Fällen einzuberufen (vgl. LV 1 13a S 47): • bei der Einforderung von Nachschüssen (§ 26 GmbHG); • zur Feststellung des Jahresabschlusses (§ 46 Nr. 1 GmbHG); • zur Einforderung von Einzahlungen auf die Stammeinlagen (§ 46 Nr. 2 GmbHG); • bei der geplanten Rückzahlung von Nachschüssen (§ 46 Nr. 3 GmbHG); • bei der Teilung und Einziehung von Geschäftsanteilen (§ 46 Nr. 4 GmbHG); • bei der Bestellung und Abberufung von Gesellschaftsführern und deren Entlastung (§ 46 Nr. 5 GmbHG); • zur Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten (§ 46 Nr. 7 GmbHG); • zur Geltendmachung bestimmter Ersatzansprüche (§ 46 Nr. 8 GmbHG); • bei Verlust des halben Stammkapitals (§ 49 Abs. 3 GmbHG); • auf Aufforderung von Gesellschaftern mit Gesellschaftsanteilen von mindestens 10% (§ 50 Abs. 1 GmbHG); • bei einer Satzungsänderung (§ 53 GmbHG); • bei Auflösung und Liquidation (§§ 60, 66 GmbHG);

1.5 Unternehmensformen

327

• zur eventuellen Wahl eines Abschlußpüfers (§318 Abs. 1 HGB), - falls dies bei einer größeren GmbH erforderlich ist und - falls im Geselschaftsvertrag nicht schon eine bestimmter Prüfer vorgeshen ist. In der Gesellschafterversammlung wird nach Geschäftsanteilen abgestimmt, wobei 100,-DM eine Stimme darstellen (§ 47 Abs. 2 GmbHG). Allerdings kann die Satzung auch regeln, daß nach Köpfen abgestimmt wird. Nach § 46 Nr. 6 GmbHG ist es Aufgabe der Gesellschafter, Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung zu treffen. Nach Brandmüller "kann sich die Gesellschafterversammlung die Kontrolle über bestimmte Akte der Geschäftsführung selbst vorbehalten. Die Überwachung erstreckt sich nur auf die Geschäftsführer, nicht auf die den Geschäftsführern unterstellten Mitarbeitern. Solche Überwachungen, z.B. Stichprobenkontrollen, muß der Geschäftsführer hinnehmen, auch wenn sein Anstellungsvertrag hierüber keine Bestimmungen enthält" (ebenda S. 49). 2. Geschäftsführer Den Geschäftsführern der GmbH obliegt es generell (vgl. auch 2.1.1.3), • die Geschäftsführung auszuüben und • die Gesellschaft im Rechtsverkehr zu vertreten. Die Geschäftsführer besitzen zwar eine umfassende Geschäftsfiihrungsbefugnis, damit ist jedoch nach herrschender Meinung keine allumfassende Geschäftfiihrungskompetenz verbunden; - wie schon dargelegt sind vor allem nach § 46 GmbHG besonders wichtige Angelegenheiten der Entscheidung der Gesellschafterversammlung vorbehalten; - nach § 37 Abs. 1 GmbHG haben die Geschäftsführer "die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang ihrer Befugnisse, die Gesellschaft zu vertreten, durch den Gesellschaftsvertrag oder, soweit dieser nichts anderes bestimmt, durch die Beschlüsse der Gesellschafter festgesetzt sind." Da der Gesetzgeber die Gesellschafter der GmbH als ihre Unternehmer betrachtet, sind sie und nicht etwa die Geschäftsführer das oberste Geschäftsführungsorgan des Unternehmens. Durch diese Weisungsbefügnis der Gesellschafter sind der Emanzipation des Managements in der GmbH enge Grenzen gesetzt. Die Gesellschafter können bei Dissens relativ leicht ihre eigenen unternehmerischen Vorstellungen gegenüber dem Management durchsetzen, da sie nach Gutdünken die Geschäftsführer absetzen können und deshalb ein starkes Druckmittel gegenüber dem Management besitzen. Allerdings sollte ein Gesellschafter mit beträchtlichen Geschäftsanteilen seine Macht nicht exzessiv gebrauchen; nach Aufassung der Rechtsprechung (Bundesgerichtshof in Zivilsachen 9, 163) besteht eine Treuepflicht gegenüber den anderen Gesellschaftern, aus der sich auch ein gewisser, wenn auch nicht vollständiger Minderheitenschutz ableiten läßt. Die Geschäftsfiihrungsbefugnis erstreckt sich - gesetzlich - auf folgende Aufgabenfelder (vgl. LV 1.13a S. 40ff): • Abgabe der monatlichen Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen; da die GmbH als Steuerrechtssubjekt selbst nicht handlungsfähig ist, müssen gemäß § 34 Abgabenordnung (AO) ihre Geschäftsführer subsidiär einspringen. • Rechtzeitige Vorbereitung und Erstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts, wobei der Jahresabschluß von allen Geschäftsführern zu unterzeichnen ist. • Rechtzeitige Bereitstellung eines Abschlußprüfers, ausgenommen sind kleine GmbHs. • Unverzügliche Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts an die Gesellschafter zur Feststellung (§ 42a Abs. 1 S. und 2 GmbH). • Einreichung des Jahresabschlusses innerhalb von neun Monaten beim Handelsregister zur sog. Offenlegung (§ 325 Abs. 1 S. 1 HGB). • Einreichung der Gesellschafterliste beim Handelsregister (§ 40 GmbH). • Prüfung und Durchführung der Gesellschafterbeschlüsse. Sollte sich aufgrund ein Prüfung ergeben, daß ein Beschluß nichtig, anfechtbar oder rechtswidrig ist, so hat sich im Zweifel noch einmal die Gesellschafterversammlung damit zu befassen. • Abgabe der Jahressteuererklärungen (§ 34 AO). Nach § 43 Abs. 2 GmbHG hat der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Dies bedeutet u.a. (vgl. ebenda S. 91): • die Geschäfte der GmbH muß er auf Dauer gewinnbringend führen;

328

1.Hauptteil:

Einfiihrung

• der Name und der Ruf der GmbH darf nicht geschädigt werden, sondern muß verbessert werden; • der Geschäftsführer soll zwar unternehmerisch handeln, darf jedoch nicht jedes Geschäftsrisiko eingehen (vgl. unten); • bei Interessenkollisionen zwischen Eigen- und GmbH-Interessen hat das Eigeninteressehintanzustehen, selbst wenn dadurch persönliche Nachteile entstehen. Grundsätzlich besteht bei einer Mehrzahl von Geschäftsführern gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG Gesamtvertretung nach außen. Dagegen genügt es von außen, daß eine Erklärung gegenüber der GmbH an einen Geschäftsführer abgegeben wird (§ 35 Abs. 2 S. 3). Allerdings ist höchstrichterlich abgesichert, daß gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer sich gegenseitig bevollmächtigen können, daß jeder für bestimmte Geschäfte allein tätig werden kann (vgl. 2.1.1.3). Danach kann es zu einer Geschäftsverteilung kommen (vgl. 1.13a S. 93), • wenn der Entscheidungsbereich z.B. die Geschäftspolitik nicht zwingend in der Verantwortlichkeit des Gesamtgremiums bleiben muß, • wenn der zuständige Geschäftsführer die erforderliche persönliche und fachliche Qualifikation besitzt, • wenn eine eindeutige schriftliche Klarstellung der Geschäftsbereiche erfolgt. 3. Verwaltungsrat oder Beirat Gelegentlich bilden die GmbHs ein im Gesetz nicht institutionalisiertes Aufsichtsorgan, das Verwaltungsrat oder Beirat genannt wird, in den auch Nichtgesellschafter wie Unternehmens- und Steuerberater, aber auch Juristen und Bankenvertreter eintreten können. Gerard - Voß nennen folgende Aufgaben für diese Institution (vgl. LV 2.59 Nr. 3 S. 861): • strategische Beratung der Geschäftsführung in Bezug auf Technik, Steuern, etc. • kritische Diskussion in Bezug auf Markt, Produkte, Konkurrenz, Führung, etc.; • Schaffung eines Kontrollorgans außerhalb der Gesellschafterversammlung; • Koordinationsfunktion zwischen Geschäftsführung und Anteilseigner; • Vorsorge bei Ausfall der Geschäftsführer und Sicherung der Unternehmenskontinuität. Der Beirat kann die Geschäftsführer, die gewöhnlich Angestellte, sog. Manager, sind, unternehmerisch dirigieren; zumal er sich - oder der Gesellschafterversammlung - gewöhnlich durch Satzung erhebliche Zustimmungsfügnisse vorbehält: • Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken; • Eingehen von Interessengemeinschaften, Arbeitsgemeinschaften, Stillen Gesellschaften u.ä.m.; • Wechselaufnahme über einen bestimmten Betrag hinaus proWechsel und für die gesamten Wechselverpflichtungen; • dasselbe für die Aufnahme von Bankkrediten; • Übernahme von Bürgschaften und Garantieverpflichtungen; • Bestellung und Abberufung von Prokuristen; • Eingehen von Dienstverträgen mit einem Jahresaufwand von über ... ,-DM; • Vornahme von Investitionen mit einem Objektwert von über ...,-DM; • Abschluß von Miet- und Pachtverträgen über einen Jahresbetrag von über ...,-DM hinaus. Insgesamt nimmt also der Beirat der Kapitaleigner eine relativ starke Machtposition im Unternehmen ein (vgl. Abb. 13-7). Gesellschafter mit geringen Kapitalanteilen können ihre Machtposition im Unternehmen verstärken, indem sie in ihm Geschäftsführer werden. 4. Aufsichtsrat Nach § 77 BetrVG haben GmbHs mit mehr als 500 Arbeitnehmern einen Aufsichtsrat zu bilden, der zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer besteht. Nach dem Mitbestimmungsgesetz ist für GmbHs mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern ein paritätischer Aufsichtsrat zwingend vorgeschrieben. Der Aufsichtsrat ( § 5 2 GmbHG) kann zum Wohle der Gesellschaft die Gesellschafterversammlung einberufen und er überwacht die Geschäftsführer (§§ 35ff. GmbHG), hat aber nur geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten. Im Zweifelsfalle liegt Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer allein bei der Gesellschafterversammlung, da eine gesetzliche Regelung nicht vorgesehen ist und eine Verweisung auf die Regelung des § 84 AktG nicht vorliegt.

1.5 Unternehmensformen

329

Geschäftsleitungsstruktur bei der Aktiengesellschaft 1. Vorstand Bei der Aktiengesellschaft besitzt der Vorstand (§§ 76-96 AktG) gesetzlich die Geschäftsflihrungs- und Vertretungsbefugnis als Gesamtbefugnis (§§ 77, 78 AktG). Die Satzung kann auch Einzelvertretungsbefugnis festlegen bzw. die Vertretung durch ein Vorstandsmitglied zusammen mit einem Prokuristen. Beide Formen sind ins Handelsregister einzutragen. Der Vorstand wird in der Regel vom Aufsichtsrat und nur in Ausnahmefällen vom Gericht berufen (§§ 84, 85 AktG), und zwar auf die Dauer von höchstens fünf Jahren. Eine wiederholte Bestellung ist möglich, aber ein Widerruf nur aus wichtigem Grund und nicht nach Gutdünken wie der GmbH. Der Vorstand besteht aus einer oder aus mehreren Personen. Bei Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital von über 3 Mili. DM hat er mindestens aus zwei Personen zu bestehen und in der Montanindustrie gehört nach dem Gesetz über die Mitbestimmung in der Montanindustrie ein von den Arbeitnehmern gewählter Arbeitsdirek-tor dem Vorstand als gleichberechtigtes Mitglied an. Der Vorstand leitet in "eigener Verantwortung" die Gesellschaft (§ 76 AktG). Dadurch besteht die Möglichkeit, daß der Vorstand und damit das Management in der Aktiengesellschaft ein eigenes unternehmerisches Konzept entwickelt. Vor allem bei Publikumsgesellschaften mit breiter Aktienstreuung, wo deutliche unternehmerische Impulse fehlen bzw. in der Masse untergehen, ist dies sogar erforderlich. Der Vorstand hat jedoch über seine Tätigkeit Rechenschaft abzulegen: • er hat regelmäßig dem Aufsichtsrat (AR) Bericht zu erstatten, mindestens einmal vierteljährlich; • er hat binnen drei Monate nach Geschäftsabschluß den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht zu erstellen und den Abschlußprüfern vorzulegen (§ 148 AktG); • er hat die Hauptversammlung der Aktionäre (HV) einzuberufen ( § 1 2 1 AktG); • er hat das Konkurs- bzw. Vergleichsverfahren bei Zahlungsunfähigkeit der AG zu beantragen. 2. Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat (§§ 95-116 AktG) wird auf vier Jahre von der HV gewählt, dabei ist ein Teil der Sitze im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung reserviert (vgl. 2.1.1.7). Die Zahl der AR-Mitglieder richtet sich nach dem Gesetz (§ 95 AktG). Als AR-Mitglied kommt nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person in Frage, die nicht Vorstand desselben Unternehmens oder eines abhängigen Unternehmens oder eines anderen Unternehmens sein darf, in dessen AR das Unternehmen bereits einenVertreter entsandt hat (Verbot der sog. Überkreuzverpflechtung nach § 100 AktG). Dem AR kommen folgende Aufgaben zu: • er bestellt den Vorstand; • er überwacht seine Tätigkeit; • er fuhrt beim entsprechenden Beschluß der HV den Rechtsstreit gegen die HV; • er prüft den Jahresabschluß, den Gewinnverteilungsvorschlag und den Geschäftsbericht des Vorstands und er erstattet Bericht an die HV der Aktionäre; • er beruft die HV ein, wenn es das Wohl der AG erfordert (§111 AktG). Dem Aufsichtsrat könnnen weder durch die Satzung noch durch die HV Geschäftsfuhrungsbefügnisse übertragen werden (§111 Abs. 4 AktG). Die Satzung oder der AR können bestimmen, daß bestimmte Arten von Geschäften ähnlich bei der GmbH (vgl. oben) nur mit Zustimmung des AR vorzunehmen sind. 3. Hauptversammlung der Aktionäre In der Hauptversammlung der Aktionäre (§§ 118-147 AktG) können die Kapitaleigner von dem Vorstand Auskunft über Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen, soweit sie zur sachgemäßen Beurteilung der Tagesordnung erforderlich sind ( § 1 3 1 AktG). Der Vorstand darf die Auskunft nur verweigern, • wenn dadurch die Gesellschaft oder einem verbundenem Unternehmen erhebliche Nachteile zugefugt würden und • wenn es das Öffentliche Interesse es erfordert. Die HV kann zwar nicht in die Geschäftsführung der AG eingreifen, aber sie übt Einfluß aus, • indem sie die AR-Mitglieder beruft und abberuft (§§ 101, 103 AktG); • indem sie die Abschlußprüfer wählt, sowie die Prüfer für Sonderprüfüngen;

330

1. Hauptteil:

Einführung

• indem sie über die Restgewinnverteilung beschließt; • indem sie den Vorstand und den AR entlastet oder nicht; • indem sie in vom Gesetz oder der Satzung bestimmten Fällen Entscheidungen trifft ( § 1 1 9 AktG), die gewöhnlich zu einer Satzungsänderung fuhren: - Kapitalherauf- oder -Herabsetzung; - Verschmelzung mit anderen Gesellschaften; - Auflösung der AG; - volle Gewinnverwendung, wenn sich Vorstand und Aufsichtsrat darüber nicht einigen können. Das Stimmrecht in der HV erfolgt nach Aktiennennbeträgen. Gewöhnlich genügt die einfache Stimmenmehrheit, jedoch bei Beschlüssen über eine Satzungsänderung ist eine Dreiviertelmehrheit erforderlich. Kleinaktionäre sind deshalb praktisch machtlos (vgl. Abb. 13-7). Erst im Besitze einer sog. Sperrminorität mit einer Beteiligung von über 25% können Aktionäre einen gewissen Einfluß auf die Geschäftsführung nehmen und so Macht gewinnen. Ähnlich der Aktiengesellschaft hat auch die Genossenschaft die Organe Vorstand, Aufsichtsrat und Generalversammlung, die auch ähnliche Funktionen wie bei der AG haben. Lösen Sie Aufgabe Nr. I-72a in Abschnitt 1.7! 1.5.5 Aspekte der Umwandlung der Rechtsform Formen der Umwandlung Die Unternehmensform ist den aktuellen Geschäftsanforderungen optimal anzupaßen. Eine angestrebte Änderung der Rechtsform kann zeitraubend und aufwendig sein, je nachdem, welche Form der Umwandlung gewählt wird, wobei die Bestimmungen des neuen Umwandlungsgesetzes von 1994 zu beachten sind. Grundsätzlich stehen zu Umwandlungen zwei Alternativen zur Verfugung: • Umwandlung (i.e.S.). Hier erfolgt die Rechtsformänderung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in zwei Unterformen: die formwechselnde Umwandlung bei der Umwandlung von Personengesellschaften untereinander nach den Bestimmungen des HGBs ohne steuerrechtliche Konsequenzen, die fibertragende Umwandlung mit steuerlichen Konsequenzen des Vermögens-übergangs entweder durch verschmelzende Umwandlung durch Übertragung der Vermögensgegenstände und Schulden auf ein bereits bestehendes Unternehmen oder durch errichtende Umwandlung, wobei der neugegründete Rechtsträger an die Stelle des untergehenden Rechtsträgers tritt; • Umwandlung im Wege der Liquidation, wobei die Neugründung eine kostspielige und umständliche Einzelrechtsnachfolge erforderlich macht. Kriterien der Umwandlung Die Unternehmenseigner bzw. die Unternehmensleitungen sollten in regelmäßigen Abständen von 5 - 1 0 Jahren die Optimalität der Rechtsform überprüfen, da sich die Unternehmenslage durch Wachtumsschübe oder durch Schrumpfungsprozesse, aber auch durch Umweltänderungen einschneidend ändern kann. Die Alternativen in Krisensituationen, welche häufig Schrumpfungsprozesse begleiten, wurden schon erörtert (vgl. 1.4.3.4). Für vergrößerte Unternehmen bietet sich die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft an, zu exemplifizieren an der relativ häufigen Umwandlung einer KG in eine GmbH. Dabei sind folgende Kriterien zu untersuchen: 1. Finanzierung Prohibitiv auf eine Rechtsformänderung kann die Aufnahme von zusätzlichen Gesellschaftern zur Finanzierung der gesetzlichen Mindestkapitalerfordernisse sein, weil sich dadurch die Beteiligungsverhältnisse zuungunsten der bisherigen Eigentümer ändern würde. Beim Übergang von einer KG in eine GmbH sinkt die Bonität des Unternehmens bei den Kreditgebern, da nun die Haftung des Komplementärs mit dem Privatvermögen entfällt. Dies kann allerdings durch Stellung von Bürgschaften seitens der Gesellschafter wettgemacht werden. Die Bildung von Rückstellungen in Form von Pensionszusagen mit Finanzierungseffekt an die Gesellschafter ist wegen des Selbstkontrahie-

1.5 Unternehmensformen

331

rungsverbots gemäß § 181 BGB bei Personengesellschaften nicht möglich, anders bei den geschäftsführenden Gesellschaftern der GmbH. 2. Haftung Die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft bringt den OHG-Gesellschaftem und den Komplementären der KG wegen der Beschränkung der Haftung auf das Betriebsvermögen eine Haftungserleichterung, wenngleich bei der GmbH eine Nachschußpflicht gesetzlich möglich, jedoch nicht zwingend notwendig ist. 3. Geschäftsführungsstruktur Bei einer Umwandlung der KG in eine GmbH nivellieren sich die Machtverhältnisse zugunsten der Kommanditisten, da die Komplementäre wegen ihres größeren Haftungsumfangs in der KG mehr Rechte und Befugnisse fordern konnten. Bei den Kapitalgesellschaften sind zwingend gewisse kostenverursachende Gesellschaftsorgane vorgeschrieben (vgl. auch 2.1.1.6/7): • bei der GmbH die Geschäftsführer, die Gesellschafterversammlung und in bestimmten Fällen ein Aufsichtsrat; • bei der AG der Vorstand, der Aufsichtsrat und die Hauptversammlung der Aktionäre. Bei der GmbH besitzen die Gesellschäftsfuhrer nach § 35 GmbHG die alleinige Vertretungsmacht, bei der OHG alle Gesellschafter, bei der KG nur die Komplementäre, während die Kommanditisten nach § 170 HGB davon ausgeschlossen sind und nur durch Übertragung einer Prokura oder oder einer Handlungsvollmacht an der Vertretung beteiligt werden können. Da jedoch das Gesellschaftsrecht weitgehend dispositiv ist, braucht sich durch eine entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag durch die Änderung der Rechtsform keine wesentliche Änderung der Vertretungsmacht ergeben. 4. Flexibilität und Steuern Im allgemeinen unterliegen Kapitalgesellschaften strengeren Formvorschriften als Personengesellschaften, so daß sie diesbezüglich einen Flexiblitätsnachteil aufweisen. Auch ist der Weg aus der Kapitalgesellschaft heraus schwerer als aus der Personengesellschaft heraus. Nach dem Umwandlungssteuergesetzvon 1977 weisen Kapitalgesellschaften flexibilitätsmindernd verschiedene steuerliche Nachteile gegenüber Personengesellschaften auf durch den Zwang zur Aufdeckung der Stillen Reserven, durch Fehlen einer grunderwerbssteuerlichen Befreiungsvorschrift und durch Untersagen der Buchwertfortführung. Der früher vorhandene große körperschaftsteuerliche Nachteil der Kapitalgesellschaften ist durch das 1977 eingeführte Anrechnungsverfahren aufgehoben worden. Irgendwelche andere steuerrechtliche Nachteile einzelner Rechtsformen können ebenfalls durch Änderungen der Unternehmensbesteuerung leicht geändert werden und sollten deshalb nicht ausschlaggebend für die Beurteilung einer langfristig vorhaltenden Rechtsformänderung sein. Will jedoch der Unternehmer situativ die jeweilige Gesamtsteuerlast der in Frage kommenden Rechtsformen erfahren, muß er die Unterschiede herausfinden • bezüglich der Erhebung verschiedener Steuerarten, • bezüglich der Verwendung unterschiedlicher Steuersätze, • bezüglich der verschiedenen Grundsätze zur Anwendung von Steuerbemessungsgrundlagen. Ein nennenswerter Steuernachteil ergibt sich derzeit (noch) für Kapitalgesellschaften durch die Doppelbelastung bei der Vermögenssteuer als sog. Schatteneffekt, der sich aber im Wege der Betriebsaufspaltung weitgehend eliminieren läßt: Grundstücke und andere Anlagevermögensteile werden in eine Personengesellschaft, der Besitzgesellschaft, eingebracht und an die Kapitalgesellschaft verpachtet. Letztere füngiert als sog. Produktions-GmbH in Personal-Union mit der Personengesellschaft, so daß in der GmbH die Gesellschafter-Geschäftsführer für sich wie auch für im Unternehmen tätige Angehörigen in voller Höhe gewinnmindernd Pensionsrückstellungen für Alters- und Invalidenvesicherung vornehmen können, um so die Gewerbe- wie Körperschaftssteuer zu mindern. 5. Rechtsformaufwand Insbesondere bei der Wandlung in Kapitalgesellschaften erhöht sich der Rechtsformaufwand erheblich:

332

l. Hauptteil:

Einführung

5.1 Aufwand für die Rechnungslegung Hier fällt das Vielfache an bei mittleren und großen Kapitalgesellschaften gegenüber Einzelunternehmen, da Buchführung, Jahresabschluß und Lagebericht einer Prüfung zu unterziehen sind. Hinzukommen die Kosten der Handelsregisterpublizität. 5.2 Steuerberatungsaufwand Dieser steigert sich von Einzelunternehmen zu Personengesellschaften, weil bei letzteren gewöhnlich schuldrechtliche Beziehungen zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft vorliegen, und ist am höchsten bei Kapitalgesellschaften wegen deren Kompliziertheit. 5.3 Direktionskosten Während bei Einzelunternehmen keine besonderen Direktionskosten anfallen, weil die Leitung in einer Hand liegt, können die Direktionskosten insbesondere bei großen Aktiengesellschaften enorm hoch sein: Aufwendungen für die Aktionärsversammlungen, die zum Teil in Messehallen stattfinden, mit besonderen Kosten für die notarielle Beurkundung von Beschlüssen, und Kosten für Aufsichtsratstagungen und für die Aufsichtsräte. 5.4 Umwandlungskosten Während bei der Gründung einer Einzelunternehmung keine besonderen Gründungskosten anfallen, verursacht die Gründung von Personengesellschaften Kosten für die Anmeldung zum Handelsregister. Dazu können Kosten zur Abfassung des Gesellschaftsvertrags kommen, der möglichst in Schriftform abzufassen ist. Bei einer Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft fallen Kosten für die Abfassung der Satzung sowie für den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag an, dazu Kosten für die notarielle Beurkundung der Satzung sowie für die Anmeldung und Eintragung ins Handelsregister. Noch höher liegen die Kosten bei der Aktiengesellschaft; bei ihr muß die Aktienübernahme notariell beurkundet werden. Ebenfalls sind Satzungsänderungen immer notariell zu beurkunden. Hinzukommen Kosten für die Gründungsprüfüng durch Aufsichtsrat und Vorstand, möglicherweise auch Kosten für die Vermarktung der Aktien. Bei einer Betriebsaufspaltung entstehen die Gründungskosten für das Besitzunternehmen und für die Abfassung des Pacht- und Überlassungsvertrags. 5.5 Externe Kosten Die Jahresbeiträge für die Industrie- und Handelskammer liegen beträchtlich höher bei Personenund Kapitalgesellschaften gegenüber Einzelunternehmen. 6. Gewinnentnahmemöglichkeiten Für die Personengesellschafter besteht eine flexible Geldentnahmemöglichkeit, es sei denn, die Entnahme führt offensichtlich zu einem Schaden des Betriebs. Bei den Kapitalgesellschaften, insbesondere bei der Aktiengesellschaft ist die Gewinn- bzw. Geldentnahme begrenzt; dazu muß grundsätzlich ein Gesellschafterbeschluß oder eine Möglichkeit nach dem Gesellschaftsvertrag vorliegen, etwa die Gewährung einer Zwischen- oder Vorausdividende. Möglich ist auch die Gewährung eines Darlehens zu einem normalen Zinssatz. 7. Namensänderung Der Wechsel von der Personengesellschaft zur Kapitalgesellschaft gibt dem Unternehmen erweiterte Möglichkeiten zur Namensgebung (vgl. auch 1.4.1.3): • es kann einen Sachnamen annehmen und so leichter seine Aktivitäten kommunizieren; • es kann eine Ortsnamen annehmen und damit vom Image der Örtlichkeit profitieren etwa bei Solinger Stahlwaren oder bei Pforzheimer Goldwaren. Gesamtbeurteilung Um zu einer Gesamtbeurteilung zu gelangen, kann ein Punktevergleich (vgl. 2.2.4.2) nach den angeführten Kriterien bei den alternativen Unternehmensformen durchgeführt werden (vgl. LV 1.19a S. 4522fF), dabei wären bei der Erstellung eines Eignungsprofils für die in Frage kommenden Unternehmensformen folgende Rechtsformkriterien zu berücksichtigen: •Gründungsmodalitäten; •Firmierungmöglichkeiten; «Haftung und Risiko; • Finanzierungsmöglichkeiten; • Leitungsmacht; • Gewinnentnahmemöglichkeiten; »Rechnungslegung; • Gründungskosten; «Laufender Rechtsform- und -Steueraufwand; • Unternehmensnachfolge.

1.6 Unternehmenskooperation

- Strategische

Allianzen

333

1.6 Unternehmenskooperation - Strategische Allianzen 1.6.1 Spektrum der betrieblichen Kooperation 1.6.1.1 Ziele betrieblicher Kooperation Das Wirtschaftsleben wird beherrscht von den verschiedensten Formen der Kooperation. Unternehmer und Unternehmen haben sich in Wirtschaftsfachverbänden zusammengetan: die Industrie im "Bundesverband der Deutschen Industrie"; der Einzelhandel in der "Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels", das Handwerk im "Bundesinnungsverband". Als sog. "Countervailing Power" (Gegenmacht) existieren die Gewerkschaften. Diese Verbände agieren einmal als sog. Tarifparteien zum anderen streben sie in den politischen Raum, in das parlamentarische Vorfeld, die sog. Lobby, um dort Einfluß zu nehmen. Dies gilt als akzeptabel, sofern gewisse Spielregeln beachtet werden. Neben diesen Verbänden, die ganze Wirtschaftsbereiche erfassen, gibt es auch partielle Unternehmenszusammenschlüsse. Die Unternehmen werden dabei von verschiedenen Zielsetzungen geleitet: • die Betriebe wollen im Wege der Aufgabenteilung Kosten sparen; • gleichzeitg wollen sie das Risiko neuer Projekte poolen; • sie wollen die Basis betrieblich verfugbarer Ressourcen vergrössern, etwa das Finanzierungspotential, das Personalpotential, das Managementpotential, das Marktpotential; • sie wollen Marktmacht erringen, etwa am Beschaffüngsmarkt durch große Bestellmengen oder am Absatzmarkt durch Manipulationen verschiedenster Art insbesondere durch Kartellbildung; • sie wollen synergistische Effekte (VerschmelzungsefFekte) erzielen. 1.6.1.2 Formen betrieblicher Kooperation Rechtliche Formen betrieblicher Kooperation Die Kooperationen können mündlich vereinbart werden, etwa bei verbotenen Kartellabsprachen, damit es keine Beweismittel fur illegales Handeln gibt. Legale Absprachen erfolgen zu Beweiszwecken schriftlich. Unternehmenszusammenschlüsse auf gleicher Leistungsebene z.B. Produktion oder Vertrieb lassen sich als horizontale Kooperation bezeichnen. Bei vertikaler Kooperation sind ungleiche Stufen etwa Fertigung und Vertrieb mit einander verbunden. Zur juristischen Einkleidung von Kooperationsvorhaben besitzen die Betriebe eine Palette rechtlicher Formen: 1. Die Unternehmen gründen rechtlich selbständige Gemeinschaftsunternehmen, etwa in Form der GmbH, für Kooperationsvorhaben, die auf Dauer ausgelegt sind, bei denen die Kooperanten (die kooperierenden Unternehmen) rechtlich und wirtschaftlich völlig selbständig bleiben. Das Gemeinschaftsunternehmen wird gemeinschaftlich finanziert und geleitet. Im übernationalen Bereich werden derartige Gemeinschaftsunternehmen als "Joint Venture" bezeichnet (vgl. 1.6.3.2). 2. Die Unternehmen bilden Kartelle fur horizontale Kooperationsvorhaben, bei denen die Unternehmen zwar rechtlich frei bleiben, jedoch ihre wirtschaftliche Selbständigkeit mehr oder weniger stark einschränken. Dabei sichern sie die Einhaltung der Kartellbestimmungen durch Vertragsstrafen ab. 3. Interessengemeinschaften (IG) kommen in Frage für vertikale und/oder horizontale Zusammenschlüsse, bei denen die Unternehmen zwar rechtlich frei bleiben, jedoch wirtschaftlich gewöhnlich stärker ihre Selbständigkeit verlieren als bei Kartellen. 4. Konzerne kommen in Frage für horizontale bzw. vertikale Zusammenschlüsse, bei denen die Unternehmen zwar rechtlich selbständig bleiben, wirtschaftlich aber völlig ihre Selbständigkeit verlieren. 5. Trusts entstehen durch Zusammenschlüsse von Unternehmen im Wege der Fusion, wobei die einzelnen Unternehmen ihre rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit vollständig verlieren, und zwar entweder durch Aufnahme oder durch Neubildung. Bei der Aufnahme erfolgt eine Übernahme des Vermögens des fusionierenden Unternehmens durch eine andere bereits bestehende Unternehmung und bei der Neugründung wird das Vermögen der fusionierenden Unternehmen als Ganzes auf ein neugegründetes Unternehmen übertragen je nach Unternehmensform:

334

I. Hauptteil:

Einführung

a) Aktienrechtliche Verschmelzung. Die Verschmelzung erfolgt durch einen liquidationslosen Zusammenschluß im Wege der sog. Universalsukzession a l ) durch Aufnahme gemäß § 339 Abs. 1 Nr. 1 AktG oder a2) durch Neubildung gemäß § 339 Abs. 1 Nr. 2 AktG. b) Verschmelzung der GmbH. Sie erfolgt im Wege der Verschmelzun b l ) durch Aufnahme gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 KapErhG (Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln) oder b2) durch Neubildung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 KapErhG, jedoch dürfen §§ 33 Abs. 1, 34 Abs. 1 und 35 Abs. 1 KapErhG Verschmelzungen mit Aktiengesellschaften, mit Kommanditgesellschaften auf Aktien und mit bergrechtlichen Gesellschaften nur mit einer bestehenden GmbH erfolgen. c) Genossenschaftsrechtliche Verschmelzung. Gemäß § 93a GenG kann sie durch Aufnahme einer Genossenschaft gleicher Haftart erfolgen. d) Gemischte Verschmelzung. d l ) Seit dem 1 . 1 . 1983 ist gemäß § 358a AktG, eine Transformation der 3. EG-Richtlinie, eine Verschmelzung von Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien möglich, wenn gleichzeitig mehrere Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, GmbH s und bergrechtliche Gesellschaften aufgenommen werden. d2) Gemäß §§ 3-15, 23-29 UmwG (Umwandlungsgesetz) ist eine verschmelzende Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Nichtkapitalgesellschaft möglich. Kooperation in den betrieblichen Leistungsbereichen Kooperationen kommen praktisch bei allen Gliedern der elementaren betrieblichen Wertschöpfungskette (vgl. 3. Hauptteil) in Frage. Kooperation auf dem Forschungs- und Entwicklungssektor Bei der Lizenzvergabe wird häufig gleichzeitig Forschungskooperation vereinbart. Wegen der hohen Entwicklungskosten können in den relativ kleinen Volkswirtschaften im westlichen Europa größere sog. High-Tech-Produkte wie Großraumflugzeuge und Großcomputer kaum noch im nationalen Rahmen entwickelt werden (vgl. 1.1.1.2 Eureka-Programm). Auf multinationaler Basis wurde z.B. erfolgreich die Airbus-Familie entwickelt. Mit ihrer weitreichenden vom Staat unterstützten Entwicklungskooperation im „vorwettbewer-lichen Bereich" haben insbesondere die japanischen Unternehmen profitiert (vgl. 2.1.1.8) und dabei gezielte De-Industrialisierungsschläge gefuhrt. Auch bei dem FAIS (Factory Automation Interconnection System), das eine besondere Form des MAP-Norm darstellt (vgl. 1.2.2.6) und das der Vernetzung zeitkritischer in der Fertigung dient, haben offensichtlich japanische Unternehmen durch kooperative Entwicklung einen erheblichen Wettbewerbsvorteil errungen. Daher beklagt H. Walze, Fachkoordinator der an deutschen Hochschulen eingerichteten CIM-Technologie-Trans-ferZentren: "Das japanische Erfolgskonzept besteht auch im Fall FAIS in einer engen, von konfuzianischem Denken geprägten, vorbehaltlosen und kooperativen Zusammenarbeit im vorwettbewerblichen Bereich. Während sich bei uns konkurrierende Firmen bei der Umsetzung von Normen in prototypische Produkte meist argwöhnisch bis feindlich beobachten und gegeneinander abschotten, setzen sich japanische Unternehmen in solchen Situationen im Interesse einer ganzen Branche an einen Tisch und vergessen vorübergehend, von welchem Arbeitgeber sie bezahlt werden" (LV 5.38 S. 114). Kooperation auf dem BeschafTungssektor Kleinere Betriebe, insbesondere Handwerks- und Bauernbetriebe, gründen Genossenschaften, um sich u.a. die Vorteile des Großeinkaufs zu sichern. Beim Submissionskartell verständigen sich die die Anbieter im voraus, welche Angebote sie bei öffentlichen Ausschreibungen machen wollen. Dadurch schalten sie die Konkurrenz untereinander aus und beschaffen sich so günstige Aufträge. Kooperation auf dem Produktionssektor Unternehmen vereinigen sich zu Produktionskartellen, häufig "Rationalisierungskartelle" genannt, oder zu Interessengemeinschaften, • um Produktionsüberschneidungen zu vermeiden, • um die Produktion durch Normung und Typung zu rationalisieren, • um bei hochkomplexen Produkten wie bei den DRAMs Kosten und Investitionen zu teilen,

1.6 Unternehmenskooperation

- Strategische

Allianzen

335

• um die Produktionsmenge zu kontingentieren. Im letzteren Fall handelt es sich um in die Produktionssphäre "vorverlegte" Absatzkartelle, die allerdings auch unter öffentlichem Druck entstehen können, etwa um Einführquoten zu verteilen. Kooperation auf dem Absatzsektor Die Kooperation auf dem Absatzsektor wickelt sich in verschiedenen Formen ab: • Konditionenkartelle vereinbaren die einheitliche Anwendung allgemeiner Geschäfts-, Lieferungsund Zahlungsbedingungen. •Rabattkartelle vereinbaren einheitliche Verkaufsrabatte. • Preiskartelle setzen in der engen Form einheitliche Preise, in der weiten Form auch noch einheitliche Lieferungs- und Zahlungsbedingungen fest. Da in diesen Fällen die Preise weit über den Kosten liegen, weiten die Betriebe zur Gewinnvergrößerung die Produktion gern aus, so daß zur Flankendeckung des Preiskartells häufig zudem eine Produktionsbeschränkung erforderlich ist. • Gebietskartelle teilen den Betrieben bestimmte Absatzgebiete zu. • Exportkartelle dienen der Förderung der Ausfuhr. • Vertriebskartelle in Form der Syndikate richten gemeinsame Verkaufsstellen ein. • Konferenzen regeln die Schiffahrt auf internationaler Ebene. Kooperation auf dem EDV-Sektor Unternehmen gehen zunehmend dazu über, ihre teueren Inhouse-EDV-Anlagen aufzugeben und sich vor allem die Standard-EDV-Leistungen im Wege des Outsourcing zu besorgen (vgl. 3.3.1.6). Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-73 in Abschnitt 1.7! 1.6.1.3 Strategische Allianzen Zielsetzungen von Strategischen Allianzen Gewisse Unternehmenskooperationen werden neuerdings "Strategische Allianzen" genannt (vgl. auch 1.4.2.3), • wenn es sich um langfristigere und um gewichtigere Vorhaben handelt, vor allem • wenn es sich um gewichtigere internationale Unternehmungen handelt. Mit der Bildung Strategischer Allianzen verfolgen die Unternehmen alternativ zwei Zielrichtungen: 1. bei Verteidigungsallianzen geht es um die Behauptung bisher gewonnener Marktpositionen, hierzu dürfte z.B. die Chips-Allianz zwischen Siemens und IBM zu zählen sein, die gegen das im Entstehen begriffene Monopol der japanischen Halbleiterhersteller gerichtet ist; 2. bei Expansionsallianzen geht es um die Verbesserung bestehender Marktpositionen, etwa • um die schnelle Vermarktung eines neuen Produkts auf breiter Basis oder • um das Eindringen in fremde Märkte. Nach S. Albert geht die weltweitoperierende IBM strategische Allianzen mit anderen Unternehmen ein, wenn mindestens einer der folgenden Punkte zutreffe (vgl. LV 1.2): • wenn die Entwicklung einer neuen Technik vorangetrieben würde; • wenn die Reichweite der weltweiten Absatzkanäle ausgedehnt würde; • wenn die Kosten für die Einführung neuer Produkte reduziert würde; • wenn sich die Unternehmensumsätze erhöhten. Dadurch entstehe ein Keiretsu-ähnliches horizontal und vertikal gestaffeltes Geflecht über fast alle Wertschöpfüngsstufen, wobei u.a. die IBM Credit Corp., eine 100%ige IBM-Tochter, weltweit 200 finanzschwache Unternehmen mit interessanten Techniken finanziert. Entwicklungsbedingungen von Strategischen Allianzen Nach einer Untersuchung des McKinsey International Management Centers, Washington, durch J. Bleekeund D. Ernst (vgl. LV 1.13), in die 49 Allianzen einbezogen wurden, waren 51% für

336

I. Hauptteil:

Einführung

beide Partner ein Erfolg und 33% schlugen für beide Partner fehl. Daraus werden folgende Konsequenzen gezogen (vgl. ebenda S. 118f.): • Unternehmensakquisitionen eigneten sich besser für das Kerngeschäft des Unternehmens und bei bereits existenten räumlichen Märkten - strategische Allianzen seien einzusetzen, um verwandte Geschäfte oder neue Absatzgebiete stärker zu bearbeiten. • Strategische Allianzen zwischen zwei ungleichen Partnern funktionierten selten; sie brächten nicht für das Wachstum notwendigen Kenntnisse ein, deshalb sei auf gleichgewichtige Allianzen zu achten. • Autonomie der neugegründeten Organisationseinheit sowie Flexibilität der Allianzeltern sei erforderlich, damit sich strategische Allianzen erfolgreich und auf Dauer entwickelten. • Es komme aufklare unternehmerische Führung an und nicht so sehr auf die Besitzverhältnisse, deshalb seien Allianzen mit paritätischen Eigentumsanteilen erfolgreicher als solche mit Mehrheitsverhältnissen (vgl. ebenda S. 125): Eigentumsverhältnisse 50:50 Mehrheitsverh. Fehlschlag für beide Partner U n e i n h e i t l i c h e Ergebnisse E r f o l g für beide Partner Zahl der u n t e r s u c h t e n Fälle

3 0% 10% 60%

61% 8% 31%

20

13

• 78% aller Allianzen wurden durch Ankauf d( anderen Partners beendet, 17% aufgelöst und 5% von Dritten erworben (vgl. ebenda S. 126, hi> auszugsweise): Partner Beginn ü b e r n o m m e n durch: im Jahr: Asahi - Dow Merck - Banyu Toshiba - Rank D u p o n t - Philips Fiat - Rockwell VW - SEAT S o n y - CBS

1952 1954 1978 1981 1981 1982 1983

Asahi Merck Toshiba Philips Rockwell VW Sony

1982 1983 1980 1988 1987 1990 1985

Praktische Beispiele für Strategische Allianzen Die Unternehmen verwenden bei den Strategischen Allianzen die verschiedensten globalen kollektiven Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebsstrategien u.a. in Form von Joint Venture (vgl. 1.6.3.2), um in den Genuß der Large-Scale-Economies vor allem in Bezug auf eine breite Verteilung der Forschungs- und Entwicklungskosten neuer Produkte wie auch der Anlauf- und Fixkosten neuer Fabriken zu kommen, wobei die verschiedensten Formen der Unternehmenslogistik entstehen: • Kollektivnutzung von Betrieben. So stellen Blaupunkt und Grundig gemeinsam in Portugal Auto-Hifi-Geräte für ihren Vertrieb her: Hersteller

Unternehmensgrenze

Abnehmer

Grundig & Blaupunkt • Kollektiventwicklung von Produkten und Kollektivnutzung von Betrieben zugleich. So produzieren Ford und VW gemeinsam einen Großraum-Pkw in einer eigens gebauten Fabrik in Plamela, Portugal. Zu den Investitionen in Höhe von 4,8 Mrd. DM für diese Fabrik steuerten Portugal und die EU aus Arbeitsbeschaffüngsgründen eine Milliarde Dollar bei. Produkt- und Fabrikplanung erfolgten dabei arbeitsteilig:

1.6 Unternehmenskooperation

- Strategische

Allianzen

337

Abnehmer

• Kollektivnutzung von Produkten. So werden z.B. 3M-Scotch-Filme auch an andere Firmen unter Bezeichnungen wie Proficolor, Expresscolor und Labacolor verkauft: Abnehmer •

Vertrieb

Entwickl. & Herst.

3M-Scotch Proficolor —

Labacolor





Expresscolor



• Kollektivnutzung von Betrieben. So stellen Matsushita und Grundig in Vorproduktion gemeinsam Videolaufwerke für Grundig, Panasonic, Sony, Blaupunkt, etc. her: Vorprodukte

Endprodukte

Abnehmer

Matsushita &

Grundig

Grundig

Panasonic

-a

Sony

-a

Blaupunkt

-D

• Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebskooperation. So läßt BMW nach eigenem Konzept ein "Einsteiger-Motorrad" mit 650 Kubikzentimeter und einem Zylinder bei Aprilia in Noale, Italien, bauen, wozu Rotax, Österreich, den Motor liefert, und vertreibt es über das eigene Netz: Entwicklung

Produktion

Vertrieb

Abnehmer

BMW: Vertrieb



BMW: Entwicklung Aprilia: Gesamtprodukt Rotax: Motorbau

1.6.2 Wettbewerbsrechtliche Aspekte der Kooperation Bis 1945 galt in Deutschland prinzipiell die Kartellfreiheit. Die Besatzungsmächte erhoben damals ein Kartellverbot und lösten damit die während der nationalsozialistischen Zeit entstandenen Zwangskartelle auf. Erst 1957 entstand ein deutsches Kartellgesetz unter der Bezeichnung "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)". Die GWB-Novellierung von 1973 brachte u.a. Kooperationserleichterungen für Klein- und Mittelbetriebe (§§ 5, 28 GWB), die Verschärfung der Mißbrauchsaufsicht für marktbeherrschende Unternehmen (§ 22 GWB), die vorbeugende Fusionskontrolle für Umsatzmilliardäre (§ 23 GWB).

338

1. Hauptteil:

Einführung

Da Kartelle tendenziell zur Minderung des Wettbewerbs fuhren, sind sie ein strukturelles Hindernis jeder Wettbewerbswirtschaft. Vor allem in den USA wurde deshalb schon früh gegen sie in verschiedenen Gesetzen vorgegangen: 1890 Sherman Act; 1914 Clayton Act; 1950 Celler Merger Act. In den Industriestaaten haben sich zwei verschiedene Antikartellstrategien herausgebildet: 1.) die Verbotsstrategie; 2.) die Mißbrauchsstrategie. Während in den USA tendenziell die Verbotsstrategie verfolgt wird, bildet das deutsche Kartellrecht einen Kompromiß zwischen Verbots- und Mißbrauchsstrategie. Nach § 1 GWB sind alle "Verträge...und Beschlüsse von Vereinigungen von Unternehmen unwirksam, soweit sie geeignet sind, die Erzeugung oder die Marktverhältnisse...durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen". Danach sind alle Kartelle verboten, auch sog. Konjunkturkrisenkartelle, allerdings mit Ausnahmen; es gibt einen Katalog von genehmigungsfähigen Kartellen, die durch Anmeldung wirksam werden, wenn die Kartellbehörde nicht binnen drei Monaten nach Anmeldung widerspricht: Konditionenkartelle (§ 2 GWB); Rabattkartelle (§ 3 GWB); Normenkartelle (§ 5 Abs. 1 GWB); Kalkulationsverfahrenskartelle (§ 5 Abs. 4 GWB). Die Spezialisierungskartelle (§ 5a GWB) sind nur noch anmeldungspflichtig, solange ein "wesentlicher Wettbewerb" auf dem Markt bestehen bleibt. Daneben gibt es einen Katalog von besonderen Kartellen, die der ausdrücklichen Genehmigung der Kartellbehörde bedürfen: Strukturkrisenkartelle (§ 4 GWB); Exportkartelle (§ 6 GWB); Importkartelle (§ 7 GWB); Syndikate (§ 5 Abs. 3 GWB). Nach §§ 15ff. GWB ist die vertikale Preisbindung, die sog. Preisbindung der zweiten Hand, verboten, so daß kein Unternehmer dem Abnehmer vorschreiben kann, zu welchem Preis er die von ihm bezogene Ware zu verkaufen hat. Ausnahmen bilden die Preise bei Verlagserzeugnissen (§ 16 GWB). Ersatzweise für die Preisbindung haben sich die "unverbindlichen Preisempfehlungen" durchgesetzt, die aber seit der GWB-Novellierung von 1973 einer verschärften Mißbrauchsaufsicht des Kartellamts unterliegen. Durch den Zusammenschluß von Unternehmen in Konzernen kann derselbe wettbewerbsbeschränkende Effekt erzielt werden wie durch Kartellbildung. Das AktG unterscheidet folgende Formen von "verbundenen Unternehmen": • in Mehrheitsbesitz stehende bzw. mit Mehrheit beteiligte Unternehmen (§ 16 AktG); • abhängige und herrschende Unternehmen (§17 AktG); • Konzern und Konzernunternehmen (§ 18 AktG); • wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG); • eingegliederte Unternehmen (§319 AktG). Mit den Bestimmungen des Bilanzrichtliniengesetzes vom 19. 12. 1985 sollen die Konzernverpflechtungen transparenter gemacht werden (vgl. 2.1.1.5, 4.1.4.7). Weniger "vertikal" entlang der Logistikachse strukturierten Konzerne als die sog. horizontalen Konzerne bilden durch Marktbeherrschung eine Gefahr für den Wettbewerb. Zwar ist die Konzernbildung grundsätzlich in der BR Deutschland nicht verboten, jedoch unterliegen die marktbeherrschenden Konzerne der Mißbrauchsaufsicht des Bundeskartellamts. Nach § 22 Abs. 1 GWB gilt ein Unternehmen als marktbeherrschend, wenn es keinem (wesentlichen) Wettbewerb ausgesetzt ist oder wenn es gegenüber seinen Wettbewerbern eine überragende Marktstellung einnimmt. Diese wird fingiert beim einem Marktanteil von mindestens einem Drittel, es sei denn, die Umsatzerlöse des letzten Geschäftsjahrs liegen unter 250 Mio. DM (vgl. auch § 22 Abs. 2 GWB). Liegt ein offensichtlicher Mißbrauch der Marktbeherrschung etwa bei der Preissetzung vor, kann die Kartellbehörde einschreiten. Im Allgemeinen hat bisher die Einleitung von Maßnahmen genügt, um Mißbräuche abzustellen. Mit der Ausweitung der Befugnisse der Europäischen Union (EU) gewinnen zunehmend die Bestimmungen europäischen Wettbewerbsrechts Geltung. Wegen der De-Industrialisierungsstrategien Japans und Taiwans (vgl. 1.1.1.2, 2.1.1.8), die sich immer auf bestimmte ausgewählte Branchen bzw. auf bestimmte Produkte beziehen, erscheinen in den betroffenen Branchen strenge wettbewerbsrechtliche Kartell- bzw. Konzernbildungsbeschränkungen als weitgehend deplaziert, wenn es um die Erhaltung nationaler bzw. europäischer Betriebe geht. Die Kartellrechtspraxis hat bisher gezeigt, daß die Brüsseler Behörde Kooperationen und Fusion großzügiger beurteilt als die nationale Berliner Behörde. Demnach kann es im Einzelfall geraten erscheinen, den Fusionsvertrag so zu definieren, daß er eine EU-Angelegenheit wird. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-74 in Abschnitt 1.7!

1.6 Unternehmenskooperation

- Strategische

Allianzen

339

1.6.3 Spezielle Kooperationsformen 1.6.3.1 Franchising In dem Begriff Franchising steckt der alte deutsche Wortstamm "frank" = frei, wenngleich er als solcher aus dem Französischem stammt und ursprünglich die Befreiung von Steuern, Zöllen und Abgaben bezeichnete. Im 17 /18. Jahrhundert erfuhr dieser Begriff in Frankreich, in Großbritannien und in den USA eine Wandlung; nun bezeichnete Franchising die Vergabe von Privilegien an Private zu deren monopolartige Nutzung gegen eine Gebühr durch den Staat, etwa zur Messeveranstaltung oder zum Eisenbahnbau. Das sog. Product Distribution Franchising entstand erst Ende des vorigen Jahrhundert in den USA; der erste Franchise-Vertrag dieser Art soll 1892 zwischen Pemberton, dem Coca-Cola-Erfinder, und einem Bostoner Unternehmer über die langjährige Coca-Cola-Sirup Lieferung geschlossen worden sein. Aber erst in den letzten Jahrzehnten hat mit dem gestiegenen Bedarf an Dienstleistungen diese Art von Franchising - von Privaten an Private -, auch unter der Bezeichnung "Product and Tradename Franchising", große Bedeutung vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe gefunden, neuerdings auch in der Computerbranche. Ob das Franchising in Deutschland jemals die große Verbreitung wie in den USA erlangen wird, ist jedoch zweifelhaft; hier ist das potentielle Verbreitungsfeld seit je her von anderen vertikalen vertriebsausgerichteten kollektiven Strukturen "belegt", wie von Bezugs- und Verkaufsgenossenschaften, Handelsketten, etc. Situativ große Bedeutung könnte jedoch das Franchising im Mittelstandsbereich in den neuen Bundesländern erlangen, in denen ein großer Nachholbedarf für unternehmerische Konzeptionen und für Management-Know-how vorhanden ist, die Franchising kombiniert bietet. Unter Franchising ist eine weite, vertikal und langfristig angelegte Form der Betriebskooperation zwischen zwei rechtlich selbständigen Unternehmen zu verstehen. Dabei gewährt durch Vertragsabschluß der Franchise-Geber (Franchisor) dem Franchise-Nehmer (Franchisee) gegen Bezahlung einer einmaligen Abfindung und gegen Umsatzbeteiligung (Lizenzen) in "Paket-"Form ein vielfältiges Angebot an Produkten, Rechten und Know-how (vgl. Abb. 15-2): • der Franchisee kann Produkte des Franchisors unter dessen oder unter seinem eigenen Namen verkaufen, Coca Cola liefert z.B. Sirup an Getränkehersteller; • der Franchisor garantiert ein bestimmtes Verkaufsgebiet; • der Franchisor schult regelmäßig das Personal des Franchisee; • der Franchisor gewährt Unterstützung bei der Einrichtung des Ladenlokals bzw. des Hotels, wobei gewöhnlich ein einheitlicher Stil zur Identifikationserleichterung beibehalten wird; • der Franchisor gewährt Unterstützung bei Marketing- und Buchhaltungsproblemen; • der Franchisor führt eine zentrale Medienwerbung durch und produziert zentral Verkaufsförderungsmittel, er baut dabei ein bestimmtes Image auf, etc. Der Franchisee bringt gewöhnlich lokale Kenntnisse und - auf internationaler Basis - kulturelle Kenntnisse sowie seine Arbeitskraft zur Führung der Franchising-"Filiale" ein. Er bleibt in seiner "Filiale" sein eigener Unternehmer. Eine dritte Partei kann z.B. die Finanzierung des Hotelgebäudes übernehmen, etwa eine Versicherungsgesellschaft, ein Bankenkonsortium oder eine betriebliche Pensionskasse. Der Franchisee agiert dann nur als Pächter. Abb. 15-2: Franchise-System

Durch dieses vielfältige Leistungsgepflecht betrieblicher Kooperation - vorwiegend allerdings vom Franchisor in Richtung Franchisee - unterscheidet sich das Franchising von der reinen Lizenznahme oder vom Generalvertretersystem. Ein derartiges Bündel von erprobten Dienstleistungen bietet eine umfassende Erfolgsgarantie und kann insbesondere dem Jungunternehmer den Start in eine selbständige Existenz erleichtern. Der Franchisor geht davon aus, daß ein halbselbständiger

340

1. Hauptteil:

Einführung

Unternehmer leistungsfähiger ist als ein unselbständiger Filialleiter. Das Franchising stellt sich demnach als ein kooperatives zentrales/dezentrales betriebliches Mischsystem dar, bei dem eine Vielzahl von Subunternehmern ein zentral entwickeltes unternehmerisches Konzept dezentral vermarktet. Es ist zu den Strategischen Allianzen zu zählen, falls es einen beträchtlichen Umfang annimmt. Interessenkonflikte zwischen den beiden Partnern beim Franchising können sich ergeben: • bei der Preissetzung: - der Franchise-Nehmer ist an relativ hohen Preisen interessiert, um seine Verdienstspanne zu verbessern, - der Franchise-Geber eher an niedrigen Preisen bei größeren Umsätzen, da seine Lizenzen gewöhnlich in bestimmten Prozentsätzen vom Umsatz fixiert sind. • bei der Kontrolle: - der Franchise-Nehmer ist eher an großer Handlungsfreiheit interessiert, um eventuell von besonderen örtlichen Gegebenheiten zu profitieren, - der Franchise-Geber an enger Kontrolle, damit sein Unternehmenskonzept nicht verwässert wird. Beim Franchising sind drei Grundarten zu unterscheiden, die sich im Einzelfall zu komplexen "Dienst"leistungspaketen kombinieren und bündeln lassen: 1. das Produkt-Franchising, bei dem der Franchise-Nehmer nach dem Know-how des Franchise-Gebers ein Produkt herstellt und vertreibt z.B. bei Coca-Cola, wobei in diesem Fall der Franchise-Geber die - bisher geheimgehaltene - Grundsubstanz liefert; 2. das Vertriebs-Franchising, bei dem Franchise-Nehmer bestimmte Produkte des Franchie-Gebers absetzen z.B. bei Foto Porst, wobei der Franchise-Geber gewöhnlich seine Produktpalette monopolisiert, eventuel aber auch fremde Ergänzungen zulassen kann; 3. das Dienstleistungs-Franchising, bei dem Franchise-Nehmer vom konturierten und komplexen Know-how des Franchise-Gebers profitieren, z.B. bei McDonalds, Pizza Hut, welche Produkt-, Produktions-, Ausstattungs- und Werbe-Know-how kombinieren. Im Rahmen des Franchising sind gewisse negative Effekte zu beachten: • Das Franchising-Konzept in seiner starren Fixierung paßt nicht immer in die kulturellen Gegebenheiten; so mußte ComputerLand das Original-USA-Konzept, nur Hardware anzubieten, in Deutschland abändern und auch zusätzlich Software anbieten. • Bei einer Vielzahl von Franchise-Nehmem leidet die individuelle Betreuung. • Die Anwerbung von Franchise-Partnern erfolgt gelegentlich mit Hilfe von Hardselling-Praktiken unter psychologischem Druck. Da jedoch der Franchising-Vertrag zu den Abzahlungsgeschäften zählt, kann dieser Vertrag vom enttäuschten Franchise-Nehmer noch nach sieben Tagen nach Vertragsabschluß widerrufen werden. Das Franchising, das ja über eine normales Lizenzabkommen oder über eine normale Konzession hinausgeht, ist bisher noch nicht als Vertragsverhältnis im BGB geregelt. Bei Vertragsstreitigkeiten wird deshalb ersatzweise vor Gericht der "Europäische Verhaltenskodex für Franchising" herangezogen, der auch als Ehrenkodex füngiert und der von der European Franchise Föderation (EFF) herausgegeben wird. In den Leitsätzen dieses Ehrenkodex werden die Pflichten FranchiseGeber und -Nehmer geregelt. Danach muß der Franchise-Geber • "vor der Gründung seines Franchise-Netzes ein Geschäftskonzept schon in einem angemessenen Zeitraum und mit wenigstens einem Pilotobjekt erfolgreich betrieben haben, • der Eigentümer oder rechtmäßige Nutzungsberechtigte des Firmennamens, Warenzeichens oder einer anderen besonderen Kennzeichnung seines Netzes sein, • eine Anfangsschulung des einzelnen Franchisenehmers durchführen und ihm während der gesamten Laufzeit des Vertrags laufende kommerzielle und/oder technische Unterstützung gewähren." Der Franchise-Nehmer "muß • sich nachhaltig um das Wachstum seines Franchisebetriebes und die Wahrung der gemeinsamen Identität und des guten Rufs des Franchisenetzes bemühen, • dem Franchisegeber nachprüfbare wirtschaftliche Daten zukommen lassen, um ihm die für ein effektives Management notwendige Beurteilung der Leistung und der wirtschaftlichen Ergebnisse zu erleichtern ... und zu angemessenen Zeiten Zugang zu den Räumlichkeiten und Unterlagen... gewähren..."

1.6 Unternehmenskooperation - Strategische Allianzen

341

Beispiele für das Franchising: • OBI bezeichnet sich als ein Dienstleistungs-Franchiseunternehmen. Es hat mit mehr als 180 Bauund Heimwerkermärkten einen Gesamtumsatz von 1,6 Milliarden DM in der BR Deutschland (Stand: Nov. 1989). Der Franchisee hat eine einmalige Franchisegebühr bei Eintritt in Höhe von 40.000,-DM zu zahlen und später 2,5% vom Umsatz als Lizengebühr. Dafür ist OBI behilflich bei den Verhandlungen mit den Banken und bei der Einrichtung des Ladens, bei der Warenbewirtschaftung, bei der Werbung, beim Controlling, bei der Datenverarbeitung, etc. • Die ComputerLand-Gruppe wurde 1976 in Kalifornien gegründet und betreut heute 800 Geschäfte in 32 Ländern. In der BR Deutschland ist sie mit 19 Franchise-Partnern mit der Zentrale in Köln vertreten, die 22 sog. Service-Center bewirtschaften (Stand Nov. 1989). Der künftige Franchise-Partner soll 0,6 Mill. DM an eigenem Geld einbringen, die Anfangsgebühr beträgt 30.000,- - 60.000,-DM, die "Lizenz" 3,5% vom Umsatz. Die Leistungen des Franchisors ähneln denen von OBI. • McDonald s verlangt eine Eintrittsgebühr von 45.000,-DM und 130.000,- - 550.000,-DM als als Eigenkapital. Dazu kommt eine Franchise-Gebühr in Höhe von 5% vom Umsatz, als Werbegebühr sind zusätzlich 5% vom Umsatz zu zahlen. Über die Verwendung der Werbegelder können die Lizenznehmer, in einer regionalen und nationalen Werbegemeinschaft zusammengefaßt, mitbestimmen. Der Franchise-Nehmer kann einen Durchschnittsumsatz von 3,6 Mio. DM erwarten. Dabei gewährt McDonald' s Unterstützung bei Ausbildung, Standortanalyse, Investitionsplanung, Restaurant-Einrichtung, Werbung, Weiterentwicklung der Arbeitsverfahren, etc. Der Einkauf der Zutaten erfolgt gemeinsam zu gleichen Einkaufspreisen für die Lizenznehmer wie für McDonald's eigene Restaurants. • Der Wienerwald-Konzern bewirtschaftet etwa 130 Niederlassungen in eigener Regie und etwa 70 Niederlassungen unter dem Franchise-System. Hier dient die Hereinnahme von Franchise-Nehmern insbesondere zur Verdichtung des Service-Netzes. Insgesamt hat sich Franchising als das geeignete Vehikel erwiesen, ein erfolgreiches DomesticKonzept (vgl. 1.4.2.3) international ohne großen Investitionsaufwand zu verbreiten. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-75 in Abschnitt 1.7!

1.6.3.2 Joint Venture Dominiert das Franchising als Transmissionsriemen der Know-how-Vermittlung im Dienstleistungsgewerbe, vor allem im Hotelgewerbe, so liegt der Schwerpunkt der Joint Venture auf dem industriellen Sektor. Joint Venture gewinnen auch an Bedeutung in den Beziehungen zwischen den industrialisierten Staaten und den sog. Entwicklungsländern einschließlich der ehemaligen Staaten des "realexistierenden Sozialismus", da diesen Ländern immer weniger daran gelegen ist, nur die Hardware, also Maschinen und Einrichtungen, geliefert zu bekommen, als vielmehr an funktionierenden Systemen mit allem dazugehörigen Know-how. Merkmale und Abgrenzung des Joint Venture Joint Venture (übersetzt: gemeinsames Wagnis) sind Gemeinschaftsunternehmen, • die auf nationaler Basis gegründet werden oder • die im Rahmen binationaler, multinationaler bzw. internationaler Unternehmenskooperation gegründet werden, etwa, um hohe staatliche Local content-Forderungen zu unterlaufen. Joint Venture sind eine prononcierte Form vornehmlich horizontal strukturierter strategischer Kompetenz-Allianzen von Partnern mit komplementären Kompetenzen. Es kann sich dabei • um permanente Unternehmen handeln bzw. • um temporäre Unternehmen wie z.B. das Solar-Energie-Joint-Venture von Siemens und Bayernwerk AG, das an der Westküste Afrikas gebaut werden soll und von der EG finanziert wird. Joint Venture werden gewöhnlich auf grenzüberschreitende Vorhaben bezogen und weisen folgende Merkmale auf (Abb. 15-3): • das Joint Venture soll Güter und/oder Dienstleistungen erstellen und vertreiben; • die am Joint Venture beteiligten Unternehmen aus mehreren Ländern verlieren durch die Ko-

342

l. Hauptteil:

Einführung

Abb. 15-3: Struktur des Joint Ventures nationale¡Grenze

operation nicht ihre Unabhängigkeit; • das Joint Venture bleibt rechtlich von den Kooperanten getrennt; • die Joint Venture Partner teilen sich Finanzierung, Gewinn oder Verlust; • Leitung und Kontrolle des Gemeinschaftsunternehmens erfolgen nach unter ihnen vereinbarten Regeln. Alternativen zu Joint Ventures Wenn das Joint Venture nicht zur internationalen Unternehmenskooperation geeignet erscheint, weil es zu breit konziziert ist, bieten sich folgende Alternativen an: • langfristige Liefer- und Abnahmeverträge; • Lizenz-, Patentlizenz-, Montagelizenz-, Warenzeichen- oder Know-how-Verträge; • langfristige Management- oder technische Assistenzverträge; • Production Sharing Arrangements; • Franchise-Verträge; • Gründung einer 100%igen Tochtergesellschaft. Vor- und Nachteile des Joint Venture Das Joint Venture bietet den inländischen Kooperanten also den Unternehmen der BR Deutschland folgende besonderen Vorteile (vgl. auch 1.6.1.3): • durch die Bindungswirkung der Kapitalbeteiligung lassen sich die ausländischen Beschaffiings- und Absatzmärkte langfristig besser sichern als durch die obigen Alternativen; • durch die intensiveren Kontakte in dem Gemeinschaftsunternehmen wird der Technologiegeber zwar stärker eingebunden, er gewinnt aber auch gleichzeitig größeren Einfluß und entsprechend bessere Kontrolle über die Nutzung seines technologischen Know-hows; • durch das Joint Venture lassen sich die Projektrisiken nicht nur teilen, sondern auch mindern, denn der ausländischen Partner bringt nicht nur lokale Arbeitskräfte und kulturelle Kenntnisse der lokalen Mentalität ein, sondern er wird auch die Hemmnisse lokaler Bürokratien leichter beseitigen; • das Joint Venture kann an staatlichen Investitionsanreizen und steuerlichen Erleichterungen speziell für inländische Unternehmen partizipieren; • es sind für ein Projekt erforderliche Konzessionen erreichbar, die sich bereits in den Händen lokaler Unternehmen befinden; • entsprechend läßt sich das Joint Venture leichter als z.B. eine 100%ige Tochtergesellschaft in die fremde Unternehmungskultur integrieren; • durch das Joint Venture werden insbesondere in kapitalarmen Entwicklungsländern erst bestimmte Beschafftingsquellen zugänglich z.B. die Ausbeutung von Minerallagern tief im Inland; • einfache Know-how-Verträge mit strukturschwachen Ländern bringen keinen Erfolg, eher der breitere Ansatz des Joint Venture. Die Kooperanten dürfen aber auch nicht spezifische Nachteile des Joint Venture übersehen: • es können persönliche Differenzen auftreten, die sich im Joint Venture schwieriger beseitigen lassen als etwa in einer 100%igen Tochtergesellschaft; • der Know-how-Geber muß oft mehrere Jahre lang teuere technische und kaufmännische Füh rungskräfte abstellen, um die Anlaufzeit zu überwinden; • bei Verlusten kann es zu erheblichen Kapitalabflüssen kommen; • es entsteht eine technisch-wirtschaftliche Abhängigkeit von ausländischen Partnern; • die erwünschte Kontrolle des technologischen Know-hows läßt sich nicht durchsetzen.

1.6 Unternehmenskooperation

- Strategische

Allianzen

343

Zielsetzung von Joint Ventures Bei der Partnersuche für Joint Venture verfolgen die Unternehmen unterschiedliche Zielsetzungen: 1.) einige Unternehmen suchen einen aktiven und gleich starken Partner, um sich auf ihn zu stützen und um mit ihm gemeinsam im Sinne einer Strategischen Allianz zu wachsen; 2.) andere Unternehmen suchen einen "schläfrigen" Partner, den sie nur als Steigbügel benutzen, um an gewisse staatliche Lizenzen zu gelangen, der sich deshalb weder um das Management noch um die Technik kümmern und sich stattdessen mit einer finanziellen Entschädigung begnügen soll - wegen der Dominanz einer Seite kommt es hier kaum zu einer Strategischen Allianz. Gründung und Auflösung von Joint Ventures Wie bei einem normalen Projekt wird der Gründung eines Joint Ventures eine Feasibility-Studie vorausgehen (vgl. 3.6.1.2), welche die Voraussetzungen und Risiken des Joint Ventures untersucht: Reicht das Marktpotential für die Joint-Venture-Erzeugnisse aus? Muß ein zu großer Teil exportiert werden? Bestehen andere Problemzonen technischer, managementmäßiger, ressourcenmäßiger oder personeller Art?. Das Vorliegen einer Feasibility-Studie mit positivem Ergebnis ist erforderlich • zur Vorlage bei Banken zur Kreditgewährung und • zur Vorlage bei den Genehmigungsbehörden in manchen Ländern. Im Vorfeld des eigentlichen Joint Venture werden häufig "Letter of Intent" (vgl. auch 3.6.1.7) abgegeben und vorbereitende Vereinbarungen (Memorandum of Understanding, Preliminary Agreement, Protocole d" Acord) geschlossen (vgl. LV 1.53a S. 8f.) u.a. • zur Regelung der im Vorfeld entstandenen Kosten, • zur Geheimhaltung der für die Studien zur Verfugung gestellten Informationen, • zur gemeinsamen Erstellung der Anträge zur Projektgenehmigung, • zur Festlegung der nächsten Schritte im Projekt, • zum Treffen von Auschließlichkeitsvereinbarungen, die den Partnern untersagen, mit Dritten in Verhandlungen über ein Joint Venture zu treten. Der Aufbau des Vertragswerk beim Joint Venture, ein Bündel von Verträgen, das den verschiedenen Interessen der Gesellschafter gerecht werden soll, erfolgt in drei Phasen (vgl LV 1.53a S. 24fT.): 1. Phase: Abschluß des Joint-Venture-Vertrags, der ein umfassender Vertrag ist, dessen Vorrang deshalb im später abgeschlossenen Gesellschaftervertrag anerkannt werden sollte, da er alle wichtigen Aspekte des geplanten Joint Ventures als Übereinkünfte der zukünftigen Partner derart regelt, • daß eine Kapitalgesellschaft in bestimmter Form zu gründen ist, • daß die Gesellschaft ein bestimmtes Investitionsvorhaben in einer bestimmten Form und unter Aufnahme einer bestimmten Geschäftstätigkeit ausführen soll, • daß die Gesellschaft so zu leiten und daß die Stimmrechte in den Gremien der Gesellschaft so auszuüben sind wie es im Joint-Venture-Vertrag vereinbart ist, • daß die Art und Weise, wie die Geschäftspartner das Joint Venture fördern und und Unterstützen, geklärt ist. 2. Phase: Formelle Gründung des Joint Ventures in mehreren Schritten: • formgerechter Abschluß des Gesellschaftervertrags - oft ist notarielle Beurkundung erforderlich - , der oft in der Struktur und in seinem Inhalt stark durch das Recht des Staates am Sitz der Trägergesellschaft vorgprägt ist und der u.a. die Rechtsform, den Namen, den Sitz, den Gesellschaftszweck, das Kapital, die Organe der Gesellschaft nebst ihren Befugnissen und Abstimmungsprozeduren, Konkurrenzschutzbestimmungen, Beschränkungen der Übertragbarkeit von Gesellschafteranteilen, Abfindungen an und Ausschluß von Gesellschaftern festlegt; • Einzahlung des Gesellschafterkapitals oder zumindest eines Teils des vereinbarten Kapitals; • Eintragung im Handeslregister. 3. Phase: Abschluß sonstiger Verträge durch die gegründete Gesellschaft mit den Partnern bzw. Dritten: • Grundstücks- und Bauverträge; • Engineering-, Know-how-, Anlagenlieferverträge, etc.:

344

I. Hauptteil:

Einführung

• Lizenz-, Patentlizenz-, Warenzeichenverträge, etc.; • Technische Assistenz-, Management-, Marketingverträge, etc.; • Anstellungsverträge für das Personal. Die rechtliche Ausgestaltung, insbesondere die Wahl der Rechtsform kann entscheidend für den Erfolg des Joint Venture sein. Beim Airbus, dem bekanntesten und als sehr erfolgreich geltenden Joint Venture, wurde die lockere französische Interessengemeinschaft (groupement d'intérêt) gewählt, welche den Start des Joint Venture zwar erleichterte, den Flug in die Gewinnzone offensichtlich aber erschwert. Zur Haftungsbegrenzung kommen beim Joint Venture vor allem die Kapitalgesellschaften in Frage, die allerdings in der einzelnen Ländern den Kapitalgebern und damit den Kooperanten unterschiedliche Rechte gewähren. Einige Länder lassen gesetzlich nicht die Kapitalmehrheit ausländischer Unternehmen zu, in anderen Ländern müssen Geschäftsführer und Aufsichtsräte im dem betreffenden Land wohnen bzw. sie müssen Bürger des Landes sein. Gewöhnlich wird wie in anderen internationalen Vertragswerken beim Joint Venture bei Rechtsstreitigkeiten auf Schiedgerichte wie die Internationale Handelskammer in Paris verwiesen. Allerdings sind nicht alle Staaten der New Yorker Konvention zur Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Schiedssprüchen vom 10.6.1958 beigetreten. Einige Staaten haben zudem nationale Sonderheiten ausbedungen; so muß z.B. für Saudi-Arabien einer der Schiedsrichter Muslim sein. Einige Staaten wie die Bundesrepublik Deutschland fördern finanziell die Niederlassungen deutscher Unternehmen in Entwicklungsländern, zudem übernehmen sie Garantien für Kapitalanlagen im Ausland (vgl. u.a. LV 1.53a S. 40ff ). Für Deutschland kommt dafür in Betracht (vgl. ebenda S. 18): • Deutsche Finanzierungsgesellschaft für Beteiligungen in Entwicklungsländern GmbH, das Mitfinanzierung betriebt; • Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH; • Programm der Bundesregierung zur Förderung von Niederlassungen deutscher Unternehmen in Entwicklungsländern, das bis zu 50% Joint Ventures wie auch vorbereitende Studien hierzu finanziert, • Technologie-Transfer-Programm der Bundesregierung, das über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) abgewickelt wird. Im Gegenzug fördern verschiedene Staaten die Industrieansiedlung durch • Subventionen, Steuerbefreiungen auf bestimmte Zeit und Gewährung von Zollpräferenzen, • Bereitstellung von erschlossenem Land (sog. Industriezonen), • Marktschutz und bevorzugte Behandlungen bei Ausschreibungen, etc. Das Ende eines Joint Ventures kann aus verschiedenen Gründen kommen: • es war von vorn herein eine feste Laufzeit vereinbart oder die staatliche Genehmigung läßt sich nicht verlängern; • das Joint Venture erweist sich nicht als gewinnträchtig, • einer der Partner stirbt oder gerät in Konkurs; • einer der Partner verstößt nachhaltig gegen die Vereinbarungen, so daß die Kooperation zur Illusion wird. Ein Joint Venture kann beendet werden • durch Liquidation oder • durch Ausscheiden eines Partners, wobei der andere das Geschäft allein weiterführt (vgl. auch 1.6.1.3) und der andere eventuell abgefunden wird. Lösen Sie Aufgabe Nr. 1-76 in Abschnitt 1.7!

1.7 Aufgabenprogramm I

345

1.7 Aufgabenprogramm I Aufgabe Nr. 1-1: a) Welches Produkt ist vorzuziehen? Produkt A kostet 350,-DM, Lebensdauer 600 Std., laufende Betriebskosten pro Std. 1,40 DM. Produkt B Preis 400,-DM, Lebensdauer 650 Std., laufende Betriebskosten pro Std. 1,35 DM. Produkt A hat einen erheblich höheren Prestigewert als Produkt B. b) Gebrauchswert hoch mittel niedrig niedrig

mittel

hoch

Geltungswert

Ordnen Sie folgende Produkte ein: Pkw eines Reisenden; Geschäftsfiihrer-Pkw; Weinbrand; Cognac; Ferienreise nach Rimini bzw nach Ägypten mit Nilkreuzfahrt; Piano; Video-Camera; Pelzmantel; Regenmantel; Äpfel; Bananen. c) Arbeiten Sie Unterscheidungskriterien zwischen Haushalten und Betrieben heraus! d) Welches Gewicht kommen den Produktionsfaktoren typischerweise beim Industrie-, Dienstleistungs- und Handelsbetrieb zu? *** sehr stark; ** stark; * wenig. Aufgabe Nr. 1-2: a) Welchen Stellenwert haben der Industriebetrieb und die Industrie-BWL in der sog. post-industriellen Gesellschaft? b) Ist eine "Industriepolitik" für Deutschland aktuell? c) Beurteilen Sie den Wirtschaftsstandort Deutschland! Aufgabe Nr. I-2a: I. Ist Corporate Identity in den Unternehmen mehr Schlagwort oder Realität? II. Entwickeln Sie ein Programm zur Verbesserung der CI der Bundespost! Aufgabe Nr. I-2b: Ist die deutsche Unternehmenskultur vor allem unter dem Gesichtspunkt der geringen Mobilität der Mitarbeiter und der hohen Lohnnnebenkosten noch up-to-date oder sollte sie stärkere Änderungen erfahren? Aufgabe Nr. I-2c: Sie sollen ein Unternehmensleitbild in Anlehnung an das LTU-Leitbild für einen Chemiekonzern entwickeln. Wo würden Sie größere Änderungen vornehmen? Sind Ergänzungen erforderlich? Aufgabe Nr. I-2d: Stellen Sie die typischen Unternehmensmerkmale von Chemie- und einem Automobilunternehmen gegenüber! Aufgabe Nr. I-2e: Wird es in Deutschland "amerikanische Verhältnisse" in bezug auf Strafsummen in astronomischer Höhe geben? Aufgabe Nr. I-2f: Wird die DIN 9000 die Qualität der betrieblichen Leistung in signifikanter Weise erhöhen? Aufgabe Nr. 1-3: Entwickeln Sie ein Aktionsprogramm für ein Fotolabor, das mitten in einem Wohngebiet liegt, um sich der ökologischen Herausforderung zu stellen! Aufgabe Nr. 1-4: a) Wie sieht es real mit dem Kostendeckungsprinzip der kommunalen Betriebe aus?b) Würden Sie die Genossenschaft eher der "Unternehmung" oder dem "Betrieb" zuordnen?

346

1• Hauptteil:

Einführung

Aufgabe Nr. 1-5: a) Hat der Betrieb seine Produktivität bzw. seine Wirtschaftlichkeit verbessert? Vor~i ahr dieses Jahr Produktion in Einheiten: 1.500 E 2.000 E Kosten: 45.000,-DM 62.000,-DM Personaleinsatz 300 Leute 380 Leute Erklären sie die Entstehung der StückkostendifFerenzen! b) Qualität und Produktivität. Aufgabe Nr. 1-6: Das Unternehmen will ein neues Produkt drei Jahre lang produzieren und es geht dabei von folgenden Annahmen aus: Zeit/Jahr tl t2 t3 x = Fertigungs- und Verkaufsvolumen in E 1.000 2.000 1.500 pr = Preis/E in DM 100,100,90,variable Stückkosten kv 50,40,35,jährliche Fixkosten = 50.000,-DM, Anlaufkosten = 30.000,-DM, WC = 40% der Erlöse und variablen Kosten, Investitionen = 130.000,-DM bei erwarteten Verkaufserlösen von 10.000,-DM für die Anlage am Ende der Nutzungsdauer. a) Ermitteln Sie den Gewinn, Kapitaleinsatz und Rentabilität! b) Ermitteln Sie die Formel zur Errechnung des Anlagevermögens! c) Prüfen Sie, ob die Projektrentabilität die betriebliche Zielrendite rz (vgl. 4.4.3.3) übersteigt! d) Tragen Sie die errechneten Durchschnittswerte in Abb. 11-12 ein und fuhren Sie dort die Informationsverdichtung durch! Ergebnis (E): aG = 24.167,-DM; aKE = 152.333,-DM; er = 15,9%. Lösung vgl. unten. Aufgabe Nr. 1-7: 1. Welcher Stellenwert kommt dem Scientific Management in der BWL zu? 2. Welche Möglichkeiten bestehen für Deutschland/Europa, mit Hilfe der Betriebswirtschaftslehre wieder Anschluß an Schlüüsseltechnologien der Zukunft wie Informations- und Gentechnik zu gewinnen? Aufgabe Nr. 1-8: a) Ergänzen Sie den Fächerkatalog der BWL um aktuelle Entwicklungen! b) Wägen Sie die beiden Hochschultypen gegeneinander ab! c) Welche soziologischen Erkenntnisse könnten für die BWL relevant werden? Aufgabe Nr. 1-9: a) Nennen Sie typische Prototyping-Beispiele! b) Sollte der Schwerpunkt der BWL beim induktiven oder beim deduktiven Vorgehen liegen? Aufgabe Nr. 1-10: 1. Beurteilen Sie das genetische Modell in betriebswirtschaftlicher Sicht! Wo liegen seine Möglichkeiten und wo seine Grenzen? 2. Beurteilen Sie Harmonie- und Disparat-Modelle auf Realitätsbezug! Aufgabe Nr. 1-11: Dient die rationalistische Betrachtungsweise dem Menschen? Aufgabe Nr. 1-12: 1.) Wie soll sich die Betriebsleitung verhalten, wenn ein informaler Cliquenführer einem Meister im Betrieb Schwierigkeiten bereitet a) unter der Annahme der Cliquenführer ist kompetent, b) er ist nicht kompetent? 2.) Die auf der Human-Relations-Bewegung basierende "soziale Betriebsführung" hat nicht zu einem voll befriedigenden Ergebnis gefuhrt. Führen Sie Gründe hierfür an!

1.7Aufgabenprogramm I

347

Aufgabe Nr. 1-13: a) Wann ist die "cognitive Map" entscheidungsrelevant? b) Halten Sie die Abgrenzung der Begriffe Emotion, Motivation und Einstellung von Kroeber-Riel für schlüssig? c) Welcher Stellenwert kommt der Verhaltensforschung in der BWL zu? Aufgabe Nr. 1-14: Geben Sie Möglichkeiten an, wie im Betrieb der Wissenstransfer und damit das kollektive Lernen verbessert werden kann. Aufgabe Nr. 1-15: Entwickeln Sie ein gesamtheitliches funktionenorientiertes Konzept der BWL wahlsweise für Banken, für den Handel, für Speditionen, für Restaurationsbetriebe. Aufgabe Nr. 1-16: Welche Bedeutung hat das Regelkreismodel a) für das Lernen, b) für die Unternehmenshierarchie? Aufgabe Nr. 1-17: a) Welche Bedeutung hat die "große Theorie" von Parsons für die BWL? b) Wie lassen sich Störstellen im Betrieb vermeiden? Aufgabe Nr. 1-18: a) Kristallisationskerne von Primärgruppen im Betrieb! b) Was fördert bzw. bedroht die Kohäsion der Gruppe? c) Auf welche Weise können Abteilungsleiter das Verhältnis zwischen den Abteilungen des Betriebs verbessern? d) Wie sähe die Intragruppendynamik bei einer teilautonomen Gruppe aus (vgl. 1.2.4.7)? Aufgabe Nr. 1-19: Welche Maßnahmen sollte ein Unternehmen treffen, damit Mitfit-Erscheinungen rechtzeitig erkannt werden? Aufgabe Nr. 1-20: a) Geben Sie weitere Beispiele für gezielte und ungezielte Schmetterlings-Effekte im Betrieb! b) Entwickeln Sie das Szenario für das Hochschaukeln eines kleinen Konstruktionsfehlers zu einer großen Rückrufaktion unter Angabe von möglichen Umschlagspunkten! Aufgabe Nr. 1-21: 1. Untersuchen Sie den "Kompaktansatz" auf wissenschaftliche Defizite und Schwachstellen! 2. Wiederholungsfragen zu Kapitel 1.1: was ist zu verstehen unter a) Feedback j) M i s f i t k) CIM b) R e n t a b i l i t ä t c) P r o d u k t i o n s f a k t o r 1) p r i m ä r e r S e k t o r d) Law o f E f f e c t m) Company C u l t u r e e) U m s a t z p r o z e ß n) C o r p o r a t e I d e n t i t y f ) Paradigma o) e x - a n t e - V o r s c h a u g) P r o t o t y p i n g p) d e t e r m i n i s t i s c h e s Chaos h) s i t u a t i v e r A n s a t z q) G e m e i n w i r t s c h a f t l i c h e s P r i n z i p Aufgabe Nr. 1-22: Ein Spediteur führt nationale und internationale Sammeltransporte durch. International beschränken sich seine Kontakte auf ein Land, in dem ihm ein Auslieferungsspediteur zur Verfugung steht. Stellen sie die Logistikabläufe des Spediteurs graphisch dar!

348

1. Hauptteil:

Einführung

Aufgabe Nr. 1-23: a) Wie ändert sich der Teilebedarf in Tab. 12-3, wenn die Nachfrageinenge nun 500 Einheiten beträgt? Lösung siehe unten! b) Der Auschußfaktor trägt für T1 12% und für T2 15%. Die periodische Kapazität beträgt bei T1 2.800 Einheiten und bei T2 2.400 Einheiten. Korrigieren Sie Planung in Tab. 12-3 eventuell durch Vorverschiebung! Aufgabe Nr. 1-24: Welche Bauarten der Läger sind für welche Branchen typisch? Aufgabe Nr. 1-25: Stellen Sie jeweils für die Fälle I und II in 4.5.2.2 Lagerzugang und -abgang, Meldebestand und Sicherheitsbestand graphisch dar! Aufgabe Nr. 1-26: Stellen Sie fest, a) bei welchen Materialien am frühesten mit dem Recycling begonnen wurde, b) wo die die höchsten Recyclingquoten erreicht werden. Aufgabe Nr. 1-27: a) Ergänzen Sie die Sammlung der Umweltgesetze und bringen Sie sie auf den neuesten Stand. b) Welche Absicht verknüpft wohl der Gesetzgeber mit der Verfolgung der Umweltkriminalität im Strafgesetzbuch? Aufgabe Nr. 1-28: Welche "menschlichen" Eigenschaften soll der Computer der Zukunft haben? Aufgabe Nr. 1-29: a) Bei welcher Applikation dürfte sich der RISC-Prozessor am ehesten durchsetzen und bei welcher sich der CISC-Prozessor am längsten halten? b) Ist der RISC-Prozessor bei steigender CPU-Leistung noch sinnvoll? Aufgabe Nr. 1-30: a) Welche Erwartungen werden mit der Einführung des Multitasking verknüpft? b) Stellen Sie eine graphische Übersicht über die Software-Typen aufl c) Künftige betriebswirtschaftliche Bedeutung der Client-Server-Systeme! Aufgabe Nr. 1-31: Welche betriebswirtschaftliche Bedeutung könnten a) Telearbeit, b) VANs in der Zukunft gewinnen? Aufgabe Nr. 1-32: Welche Bedeutung könnte das KI in den Betrieben gewinnen und wo dürften die Einfuhrungsschwierigkeiten liegen? Aufgabe Nr. 1-33: Ist das Netzwerkverhältnis des Henschel-Konzerns typisch für die betriebliche Praxis? Wohin dürfte die Tendenz gehen? Aufgabe Nr. 1-34: a) Stellen Sie eine graphische Übersicht über die Druckertypen auf! b) Welche Ansprüche stellt das DTP? Aufgabe Nr. 1-35: a) Wird die massenweise Verwendung von Industrierobotern den Wirtschaftstandort Deutschland per Saldo eher verbessern oder verschlechtern?

1.7 A ufgabenprogramm

b) Was ist zu verstehen COM Interface DTP VLSI CPU LISP RISC Menü AI Cobol

Postprozessor Modem Neuronen DRAM Inferenzkomponente ASCII MOS WORM BIOS SPOOLER

I

349

Hardware MS-Dos MultiMate Expertensystem Asie CISC RAM E/A-Bus APL Shell?

Aufgabe Nr. 1-36: Lohnt sich die Produktionsverlagerang in ein Billiglohnland? Bisherige Verkäufe pro Jahr 50.000 Einheiten (E) bei einem Preis von 300,-DM/E, bei variablen Stückkosten von 180,-DM und 6,5 Mill. DM Fixkosten. Die Umzugskosten (Transport und Wiederaufbau) würden 2,3 Mill. DM, der Sozialplan 2 Mill. DM und Einarbeitungskosten 1,8 Mill. DM und Organisationskosten 3,8 Mill. DM betragen bei angenommener neuer Betriebsdauer von 20 Jahren. Dazu würden pro Jahr 0,3 Mill. DM höhere Kommunikationskosten anfallen. Dem ständen 25% Einsparungen bei den variablen Kosten gegenüber und 10% Einsparungen bei den fixen Kosten. Im Umzugsjahr ist mit 20% Absatzverlusten, in den Folgejahren wegen Image- und Qualitätsverschlechterung Bestcase mit 5% und Worstcase mit 10% Verkaufsverlusten zu rechnen trotz eines Qualitätsverbesserungsprogramms von 1,5 Mio. DM und eines Imagever-besserungsprogramms von 1,6 Mio. DM. Die Preise müßten um 8% gesenkt werden. Aufgabe Nr. 1-37: Bei der Standortbeurteilung sind pro Segment maximal 6 Punkte zu vergeben. Für die einzelnen Segmente wiederum kommen je nach Branche unterschiedliche Gewichtungsfaktoren (GF) zur Anwendung. Führen Sie für die einzelnen Alternativen A, B und C die Standort-beurteilung unter dem Gesichtspunkt eines Handels- bzw. eines Industriebetriebs durch: Alternativen\Segmente PWF MWF PRF AWF FWF A 3 5 5 5 2 B 6 2 3 4 3 C 2 4 4 5 4 20% 20% GF-Handel 60% GF-Industrie 10% 20% 40% 20% 10% Aufgabe Nr. 1-38: a) Durch welche betrieblichen Maßnahmen ließe sich der Leistungsquerschnitt in Abb. 12-26a) vergrößern? Wo liegen die Grenzen? b) Roh-Layout einer Verkaufsniederlassung Strase

B

ü

r

o

Hof

Büro

L a g e r

1. Ordnen Sie die Stellen in Abb. 12-27c nach der Häufigkeit der Kommunikation einander zu! 2. Nach der hierarchischen Ordnung! c) Erstellen Sie aufgrund von Beobachtungen ein Kommunikationsdiagramm für den Betrieb bzw. für die Schule! Erstellen Sie eventuell anhand dieses Diagramms einen Verbesserungsvorschlag! Aufgabe Nr. 1-39: Sind CAD-Programme Operations Research-Techniken bei der innerbetrieblichen Standortoptimierung überlegen? Aufgabe Nr. 1-40: Mit welchen Investitionen ist bei der Gebäudeautomation zu rechnen? Ab welcher Gebäudegröße dürften sich diese Investitionen rentieren?

350

1. Hauptteil:

Einführung

Aufgabe Nr. 1-41: Welchen Mindestinhalt sollte eine betriebliche Umwelt-Review haben? Aufgabe Nr. 1-42: In welchen Betrieben könnte sich die Einfuhrung einer Maschinen-Betriebsunterbrechungs-versicherung lohnen? Aufgabe Nr. 1-43 : Führt die Herauslösung der "leitenden Angestellten" zur Schwächung der Position der Belegschaft gegenüber den Kapitalgebern? Aufgabe Nr. 1-44: Bedeutet die Vereinbarung von Schlichtungen eine Verlängerung der Friedenspflicht? Aufgabe Nr. 1-45: a) Ist es betriebswirtschaftlich sinnvoll, daß die neue Arbeitszeitordnung geschlechtsneutral gestaltet wurde? b) Nach welchen Beurteilungskriterien ließe sich ermessen, daß Sonntagsarbeit aus Konkurrenzgründen erforderlich ist? Aufgabe Nr. 1-46: Die betrieblichen Zusatzkosten sind in Deutschland relativ hoch, wie aus 1.1.1.2 und 3.6.1.7 hervorgeht. Halten Sie das Ausmaß für angemessen? Wo könnte gespart werden? Wägen Sie den Nutzen ab! Aufgabe Nr. 1-47: a) Inwiefern kann es bei der gleitenden Arbeitszeit Konflikte mit dem Arbeitsschutzrecht geben? b) Sollen in einem Betrieb mit vorwiegend taktgebundener Fertigung die Angestellten in den Genuß der gleitenden Arbeitszeit kommen? c) Die Arbeitspause soll im Betrieb insgesamt während einer Schicht 1 Vi Std. betragen. Wie ließe sie sich optimal aufteilen 1.) im Büro, 2.) bei der Teilefertigung, 3 .) am Fließband. Aufgabe Nr. 1-48: a) m = 650 Einheiten, Rüstgrundzeit 17,7 min. Wie groß ist T? b) Sollten anstelle des Betrieblichen Vorschlagwesens Qualitätszirkel treten? Aufgabe Nr. 1-49: a) Welche Vorarbeiten sind in Verwaltung und/oder Fertigung zu leisten, um autonome Arbeitsgruppen zu bilden? b) Wie beurteilen sie autonome Arbeitsgruppen? Möchten Sie in einer autonomen Arbeitsgruppe arbeiten? c) Möchten viele Mitarbeiter nur aus Bequemlichkeit ihren angestammten Arbeitsplatz beibehalten? Aufgabe Nr. 1-50: a) Können Sie sich über Schumpeters fünf Innovationsfelder hinaus noch andere betriebliche Innovationsfelder vorstellen? b) Stellen Sie die Innovationsschwerpunkte für einen Versicherungs-, einen Einzelhandels-, einen Bank-, einen Restaurations-, einen Speditionsbetrieb auf! c) Wie erklärt es sich, daß Nobelpreisträger für wissenschaftliche Leistungen eher aus großen Unternehmen stammen? Aufgabe Nr. 1-51: 1. Soll ein Unternehmer immer auf die soziale Einbindung seiner Vorhaben achten? 2. Kann ein Intrapreneur einen Entrepreneur ersetzen?

1.7 Aufgabenprogramm I

351

Aufgabe Nr. 1-52: Halten Sie die 1956 von J. Engel postulierten Vorteile des Privateigentums heute noch für zeitgemäß? Aufgabe Nr. 1-53: a) Woher rührt die Innovationsfeindlichkeit der Bürokratien und was läßt sich gegen sie unternehmen? b) Sollten Substitutionsstrategien die Ausnahme sein? Aufgabe Nr. 1-54: 1.) Welche Strategien stehen dem neuen Unternehmer zur Verfugung, um sein Markteintrittsrisiko zu minimieren? 2.) Sie wollen a) eine Bäckerei, b) einen Computerfachhandel, c) einen Dienstleistungsbetrieb auf dem kaufmännischen bzw. technischen Sektor, d) einen Gußteile herstellenden Industriebetrieb gründen. Welche unternehmerische Suchstrategie würden Sie verwenden? Aufgabe Nr. 1-55: Welche unternehmerischen Teilentscheidungen hätten Sie jeweils zu den Alternativen in Aufgabe 1-54 2.) zu treffen? Aufgabe Nr. 1-56: a) Wie entwickelt sich beim Finanzierungsbeispiel im Text der Kapitalbedarf, wenn die nachlaufenden Einnahmen nur 30% der periodischen Erlöse und die vorlaufenden Materialausgaben nur 40% der periodischen Materialkosten betragen? b) Welche Alternative wirkt sich liquiditätsgünstiger aus: ein Bankkredit von 65.000,-DM in tl oder das Leasing der Anlagen, wobei eine Zahlung von 10.000,-DM in to zu leisten ist und ab tl monatliche Mietzahlungen von 3.000,-DM pro Monat? c) Es bietet sich jemand als Gesellschafter an, der 120.000,-DM in den neu zu gründenden Betrieb einbringen und dafür eine Beteiligung von 50% erhalten will. Pro und kontra! Aufgabe Nr. 1-57: a) Halten Sie die zeitliche Staffelung des "Imitationsschutzes" für realistisch? b) Führen Sie die Kapazitätseinrüttlung durch, wobei die Lieferdauer nicht mehr als zwei Monate betragen soll bei Leistungen pro Arbeitstag von 25 Einheiten (Lösung s. unten!): Zeit (Monat) tl t2 t3 t4 t5 t6 t7 N a c h f r a g e in E 430 440 460 680 480 375 320 Arbeitstage 22 21 20 18 20 19 22. c) Bestimmen Sie graphisch den idealtypischen Optimalpunkt der Produktionstiefe! Aufgabe Nr. 1-58: a) Welche Alternativen der Produktpolitik bestehen für ein kleineres Automobilunternehmen wie Porsche zur Existenzsicherung? b) Sie sind als Schlichter im Einigungsstreit zwischen KLM und BA berufen. Machen Sie einen Schlichtungsvorschlag im Bezug auf die strittigen Punkte, erarbeiten Sie dazu gegebenenfalls allgemeine betriebswirtschaftliche Richtlinien! c) Welche Fusionsalternativen kommen für KLM in Frage unter maximaler Erhaltung der nationalen Selbständigkeit? d) Aus welchen Gründen dürfte Daimler-Benz auf die Wachstumsstrategie der lateralen Akquisition verfallen sein? e) Entwickeln Sie das Szenario für das Projekt einer kombinierten Produkt- und Kapazitätsprogrammerweiterung unter Verwendung der Informationen in Kapitel 4.4.5.4. Aufgabe Nr. 1-59: a) Auf welchen volkswirtschaftlichen Sektoren lohnt sich für deutsche Unternehmen die Internationalisierung? b) Aktualisieren Sie das Netz Strategischer Allianzen der Automobilindustrie!

352

1. Hauptteil: Einführung

354

1. Hauptteil: Einfiihrung

Lösungen bzw. Lösungsvorschläge Lösung von Aufgabe Nr. 1-6: Zeit tl t2 t3 1 Erlöse = pr • x 100.000 200 .000 135.000 50.000 80 .000 52.500 2 - KV = kv • x 82.500 3 = Deckungsbeitrag 50.000 120. 000 4 - Fixkosten Kf 50.000 50 .000 50.000 5 - Anlaufkosten AnlK 30.000 6 = Gewinn 70 .000 -30.000 37.500 7 WC = 40% von (1 + 2) 60.000 112 .000 75.000 8 + Anlageverm. (AV) 110.000 70. 000 30.000 9 = Kapitaleinsatz 170.000 182 .000 105.000 10 KU = 1/9 0,59 1,29 1,1 11 Ur = 6/1 • 100 -30% 35% 27, 8% 12 Rentabil. = 10 • 11 -17,7% 38 ,5% 30,9% Abschreibung = (130.000 - 10.000)/3 = 40.000,-DM 0AVtl = (130.000 + 90.000)/2 = 110.000,-DM 0AVt2 = (90.000 + 50.000)/2 = 70.000,-DM 0AVt3 = (50.000 + 10.000J/2 = 30.000,-DM 0AV = (130.000 + 10.000)/2 = 70.000,-DM

E 435. 000 182. 500 237. 500 150 .000 30. 000 57. 500 247 .000

0tl-3 145 .000 60.833 84.167 50.000 10.000 24.167 82.333 70.000 152.333 0, 95 16,7% 15, 9%

Lösung von Aufgabe Nr. I-23a: Bedarf 500 - 50 = 450 Fertigprodukte (2) (3) (4) (7) (5) (6) (1) Stückliste Teilebed. Lagerbe- Mindest- Kapazi- EigenFremdfertig . bezug 450 • (1) stand bestand tät Teil AI = 3 Teil A2 = 1 Teil a3 = 5

1.350 450 2.250

Lösung von Aufgabe Nr. I-57b: Zeit (Monat) tl Arbeitstage 22 Leistungskapazität 550 Nachfrage in E 430 Produktionsplan 430

300 200 200

t2 21 525 440 510

200 100 300

t3 20 500 460 500

1.100 -

-

1.000

t4 18 450 680 450

1.100

t5 20 500 480 500

1.000

t6 19 475 375 475

150 350 1.350

t7 22 550 320 320

Lösungshinweis zu Aufgabe 1-66: Sollte eine klare Zuordnung nicht möglich sein, ist zu diskutieren, ob die Konstrukte von Miles und Snow generell als betriebswirtschaftlich nichtoperationell abzulehnen und ihre "Theorie" als falsifiziert im Sinne von Karl Popper anzusehen ist (vgl. 1.1.2.2)!

1.7 Aufgabenprogramm

I

353

Aufgabe Nr. 1-67: a) Analysieren Sie die Regionen von Bayer auf Gewinnstärke und Leistungsstärke der Mitarbeiter. b) Haben organisatorische Modewellen einen positiven betriebswirtschaftlichen Effekt? Aufgabe Nr. 1-68: a) Führen Sie weitere Beispiele für erfolgreiche und weniger erfolgreiche Unternehmensstrategien an. b) Weist das VW-Konzept erkennbare Defizite auf? Aufgabe Nr. 1-69: Ist die Ausgabe von stimmrechtslosen Anteilscheinen als "undemokratisch" zu bezeichnen? Aufgabe Nr. 1-70: Welches dürften die Motive für die Gründung von Einzelunternehmen sein? Aufgabe Nr. 1-71: a) Gehen Sie davon aus, daß Sie einen Teil ihres erheblichen Privatvermögens in eine Personengesellschaft einbringen wollen. Welche Alternativen stehen Ihnen zur Verfügung und auf welche Vertragsbestimmungen sollten Sie Wert legen? b) Der zu verteilende Jahresgewinn einer OHG beträgt 115.500,-DM bzw. 9.000,-DM. Laut Gesellschaftsvertrag sind die Kapitalanteile mit 5% zu verzinsen, der Rest ist nach Köpfen zu verteilen. Gesellschafter A hat einen Kapitalanteil von 60.000,-DM, B von 70.000,-DM, C von Aufgabe Nr. 1-72: 100.000,-. C hat sich schon vorab 4.000,-DM auszahlen lassen. Wie sieht die Gewinnverteilung aus? die "kleine Aktiengesellschaft" die GmbH verdrängen? Wird Aufgabe Nr. I-72a: Wann empfiehlt sich die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Aktiengesellschaft? Aufgabe Nr. 1-73: Welche Kooperationsformen eignen sich am Besten, um der Konkurrenz aus sog. Billiglohnländern standzuhalten? Aufgabe Nr. 1-74: Sollte die Preisbindung der Zweiten Hand wiedereingeführt werden? Aufgabe Nr. 1-75: Sind die im Text angeführten zu zahlenden Franchising-Gebühren der Höhe nach als angemessen zu beurteilen? Aufgabe Nr. 1-76:

a) Eine mittlere Computerfinna in Deutschland möchte die Festplattenherstellung für die PCs in eigene Regie nehmen. Soll sie in Malaysia eine 100%ige Tochtergesellschaft gründen oder dort ein Joint Venture eingehen? b) Wiederholungsfragen: Was ist zu verstehen unter? Franchisor Innovationsfeider KooperationsstraBetriebsverlagerung Kreuzungsstrategie tegie Logistik Leist ungsprogramm Joint Venture Realplanung Leistungspotential Unternehmertyp Plant Layout Diversifikationstrategie Gewinnverte ilung Arbeitsschutzrecht Portfolio Selection der OHG Nettobedarf Krisenmanagement Materialrecycling Strategieprototyping Auffanggesellschaft Gozintograph?

354

1. Hauptteil: Einführung

Lösungen bzw. Lösungsvorschläge Lösung von Aufgabe Nr. 1-6: Zeit t2 tl t3 1 Erlöse = pr • x 100 .000 200 .000 135.000 2 - KV = kv • x 50 .000 80 . 000 52.500 3 = Deckungsbeitrag 50 .000 120 .000 82.500 4 - Fixkosten Kf 50 . 000 50 . 000 50.000 5 - Anlaufkosten AnlK 30 . 000 6 = Gewinn -30 .000 70 . 000 37.500 7 WC = 40% von (1 + 2) 60 . 000 112 .000 75.000 8 + Anlageverm. (AV) 110 .000 70 .000 30.000 9 = Kapitaleinsatz 170 . 000 182 . 000 105.000 10 KU = 1/9 0,59 1,29 1,1 11 Ur = 6/1 • 100 -30% 35% 27, 8% 12 Rentabil. = 10 • 11 -17,7% 38, 5% 30,9% Abschreibung = (130.000 - 10.000)/3 = 40.000,-DM aAVtl = (130.000 + 90.000)/2 = 110.000,-DM 0AVt2 = (90.000 + 50. 000)/2 = 70.000,-DM 0ÄVt3 = (50.000 + 10.000)/2 = 30.000,-DM 0AV = (130.000 + 10.000) /2 = 70.000,-DM

I

435. 000 182. 500 237. 500 150. 000 30 .000 57. 500 247 .000 -

0tl--3 14 5 .000 . 60.. 833 84..167 50 . , 000 10 . , 000 24 .167 , 82 . 333 70 .000 , 152 .333 , 0,, 95 16,, 7% 15,. 9%

Lösung von Aufgabe Nr. I-23a: Bedarf 500 - 50 = 450 Fertigprodukte (2) (3) (4) (5) (6) (7) (1) Stückliste Teilebed. Lagerbe- Mindest- Kapazi- Eigen- Fremd450 • (1) stand fertig. bezug bestand tät Teil AI = 3 Teil A2 = 1 Teil a3 = 5

1.350 450 2.250

Lösung von Aufgabe Nr. I-57b: Zeit (Monat) tl 22 Arbeitstage Leistungskapazität 550 430 Nachfrage in E Produktionsplan 430

300 200 200

t2 21 525 440 510

200 100 300

t3 20 500 460 500

1.100 -

-

1.000

t4 18 450 680 450

1.100

t5 20 500 480 500

1.000

te

19 475 375 475

150 350 1.350

t7 22 550 320 320

Lösungshinweis zu Aufgabe 1-66: Sollte eine klare Zuordnung nicht möglich sein, ist zu diskutieren, ob die Konstrukte von Miles und Snow generell als betriebswirtschaftlich nichtoperationell abzulehnen und ihre "Theorie" als falsifiziert im Sinne von Karl Popper anzusehen ist (vgl. 1.1.2.2)!

2. Hauptteil: Managementlehre

355

2. Hauptteil: Allgemeine betriebswirtschaftliche Organisations- und Entscheidungslehre - Managementlehre 2.0 Einleitung:

Definition und Funktionsweise der Organisation; Alternativen zum Aufbau einer Organisationslehre; Selbstorganisation.

Definition und Funktionsweise der Organisation Der Begriff Organisation leitet sich aus dem Griechischen ab, wo Organ Körperteil bedeutet. Organisation stellt sich demnach allgemein als eine Anordnung von Elementen zu einer Gesamtheit dar, so daß Koordination (= Aufeinanderabstimmung) ein wesentlicher Bestandteil von Organisation ist. Unternehmen bauen sich eine eigene Organisation auf, wobei unter Unternehmensorganisation allgemein ein abgrenzbares soziales Gebilde zu verstehen ist mit einem zentralen Kern, dem Unternehmer - eventuell aus einer Mehrzahl bestehend • der die betrieblichen Organisationsziele konzipiert, • der dazu die betrieblichen Produktionsfaktoren kombiniert und • der die operationeilen Ausfiihrungsimpulse zur Zielerreichung aussendet. Soziale Beziehungen entstehen in der Unternehmensorganisation • im Innenverhältnis zwischen Unternehmer, Vorgesetzten und Mitarbeiter und • im Außenverhältnis zu Lieferanten, Kunden, Behörden, etc. Eine Unternehmensorganisation ist demnach auch dann vorhanden, wenn der Betrieb nur aus einer Person besteht, dem Unternehmer, der zur Verwirklichung seiner Unternehmensziele Botschaften zu Geschäftsbeziehungen an potentielle Lieferanten, Kunden, etc. aussendet, wobei sich dann allerdings die sozialen Beziehungen im Innenverhältnis auf Null reduzieren. Moderne Unternehmensorganisationen sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet, • daß sie sich zur effizienten Erfüllung ihrer aus den Zielen abgeleiteten Aufgaben eine maschinelle Apparatur zulegen, wodurch sie sich in ein sozio-technisches System umwandeln, • daß sie aus einer Mehrzahl von Individuen bestehen, die sich in einer bestimmten Zahl und in einer ausgeprägten Ordnung, die Betriebshierarchie, um den Unternehmenskern gruppieren, • daß sie zur Dezentralisation tendieren, wobei neben dem ursprünglichen Unternehmer bzw. Geschäftsleitungskern relativ unabhängige Satellitenkerne entstehen (vgl. 1.4.4.2), • daß weitgehend Manager anstelle der Unternehmenseigner die Unternehmensfiihrung übernehmen, wobei nach der Principal-Agent-Theorie der Unternehmer/Principal Manager beauftragt, als Agents die Unternehmensgeschäfte in seinem Sinn zu fuhren (vgl. 2.1.4.8), • daß es dadurch zu einer Spaltung des monolithischen Unternehmenskerns zu einem dualen System von Unternehmer und Top-Manager kommt, - wobei auf jeder Seite eine Person oder eine Mehrzahl von Personen stehen kann, - wobei der Unternehmer gewöhnlich den dirigierenden Part und - wobei das Management ergänzend den operativen d.h. durchführenden Part übernimmt. Ausgangspunkt der Unternehmensziele sind unterschiedliche Wirtschaftsprinzipien (vgl. 1.1.1.4), aus denen sich die konkreten Wirtschaftsziele der Unternehmen entwickeln (vgl. 2.2.3). Den zur rationellen Umsetzung ihrer Wirtschaftsziele zugelegten sachlichen Apparat suchen die Unternehmen mit Hilfe ihrer Organisation optimal zu steuern. Dabei beeinflussen sich technische Erfordernisse und Organisationsziele gegenseitig bei der Herausbildung der Organisationsstruktur. Alternativen zum Aufbau einer Organisationslehre Die betriebswirtschaftliche Organisationslehre kann unter zwei grundsätzlichen Aspekten abgehandelt werden: 1. als Institutionenlehre, im Angelsächsischen in etwa als Managerial Roles Approach und im Deutschen auch als Aufbauorganisation zur Gliederung eines Gebildes bezeichnet, entwickelt

356

2. Hauptteil:

Managementlehre

- bottom-up: vom Individuum zur Gruppe, der kleinsten formalorganisatorischen betrieblichen Einheit, die betriebliche Hierarchie hinauf bis zur Führungsspitze, oder - top-to-down: von der Führungsspitze die Hierarchiestufen hinab bis zum Individuum - in den folgenden Ausführungen (vgl. 2.1) wird vorwiegend der Top-to-down-Aspekt verfolgt. 2. als Funktionenlehre (Managerial Functions Approach); der Stamm des Wortes Manager bzw. Management geht offensichtlich auf das lateinische Wort agere = Handeln zurück, entwickelt - als reine Managementprozeßlehre, welche den betrieblichen Entscheidungs- und Handlungsprozeß zeitraummäßig untersucht und darstellt (vgl. 2.2) bzw. - als spezifische Funktionenlehre der einzelnen organisatorischen Teilbereiche des Betriebs (vgl. die Kapitel "Operationelle Abläufe in..." im dritten und vierten Hauptteil). Selbstorganisation Nach G. Probst ist "Selbstorganisation., eine wesentliche Voraussetzung für das Überleben eines Systems in einer komplexen, dynamischen, widersprüchlichen Umwelt sowie für die Entwicklung des Systems..." (LV 2.63a S. 481), wobei unter "System" auch die Unternehmung zu verstehen ist. Er gibt folgende Gründe für Selbstorganisation im Betrieb an (vgl. ebenda S. 481ff ): • ein soziales System wie die Unternehmung lasse sich nicht wirklich kontrollieren - hierzu gehört auch das Principal-Agent-Problem (vgl. 2.1.4.8, 3.7.0) - ; es steuere sich selbst; • es bestehe ein ständiger wechselseitiger Austausch zwischen Unternehmen und Umwelt; • Mitarbeiter und Manager seien wichtige Bestandteile des Systems Unternehmung, bestimmten jedoch nicht allein Verhalten und Entwicklung des System Unternehmung; das Ganze werde auch vom systemeigenen Ordnungsmuster und vom institutionellen Bezugsrahmen beeinflußt; • innerhalb von sozialen Systemen bildeten sich Widersprüche und unterschiedliche Rollen heraus; • Änderungen im System lösten interne Spannungen auf und wahrten so die Identität des Systems. Zu den zu fördernden Charakteristika der Selbstorganisation gehörten: - Komplexität. Das Unternehmen sei eine Verpflechtung mehr oder weniger unabhängiger Systeme, von denen trotz unterschiedlicher Motivationen und trotz ständiger Änderungen der Elemente zueinander eine solidarische Zusammenarbeit erwartet werde zur Erhaltung eines dynamischen Fließgleichgewichts. - Selbstreferenz. In einem auf sich selbst bezogenen System würden sowohl das Wertesystem wie die Handlungsmuster kreislaufmäßig aus sich selbst entstehen. - Redundanz (Organizational Slack). Ein gewisser vorübergehender Potentialüberschuß sei erforderlich, damit vor allem bei Störereignissen z.B. Krankheitsfall eines Mitglieds jeder jeden vertreten könne. Dieser Organizational Slack setze auch die Kreativitätspotentiale frei, um das System nicht nur lebensfähig zu halten, sondern um in ihm auch einen evolutionären Prozeß in Gang zu setzen und in Gang zu halten. - Autonomie. Ein System sei dann autonom, wenn es in einem von Umwelteinflüssen geprägten Kontext grundsätzlich frei sei, Ziele und Handeln zur Erreichung dieser Ziele selbst zu bestimmen. Da den Arbeitsgruppen im Unternehmen die Ziele vom Management vorgegeben werden, kann es sich bei ihnen nur um teilautonome Gruppen handeln (vgl. 1.2.4.7) Lösen Sie Aufgabe Nr. II-l in Abschnitt 2.3

2.1 Aufbauorganisation des Betriebs 2.1.1 Funktionen und Strukturen der Geschäftsleitung 2.1.1.1 Funktionen der Geschäftsleitung und strategische Unternehmensoptimierung Funktionen und visionäre Konzepte der Geschäftsleitung Die Aufgaben der Geschäftsleitung resultieren • aus den formalen Principal-Agent(Untemehmer-Top Management)-Beziehungen, • aus dem institutionellen Rahmen der Rechtsform (vgl. 1.5), » aus ihrer faktischen Funktion als oberstes betriebliches Leitungsorgan.

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

357

Als materielle Aufgaben der Geschäftsleitung sind im Einzelnen zu verzeichnen (vgl. LV 2.1a S. 259f. und ähnlich LV 1.27 S. 61ff): • Aufstellung langfristiger Ziele des Unternehmens; • Gestaltung der Stellenorganisation des Unternehmens in seinen wesentlichen Teilen mit der entsprechenden Aufgabenzuordnung; • Grobplanung und -gestaltung der Unternehmensprozesse; • Impulsgebung durch Leistungsanreize; • Kontrolle und Beurteilung der Unternehmensleistung; • Einstellung der wichtigsten Führungskräfte; • Grobstrukturierung des Finanzierungsprogramms, vor allem in Hinblick auf Eigenkapital und langfristige Verbindlichkeiten; • Strukturierung des Produktprogramms; • Strukturiening des Kapazitätsprogramms in Abstimmung mit dem Produktprogramm; • Vereinbarung von Kooperationsvorhaben; • Aufstellung eines attraktiven Sozialprogramms; • Berichterstattung und Vertretung der Unternehmung gegenüber Gesellschaftsorganen und bei öffentlichen Institutionen. Nicht jedoch schematische Aufgabenerfüllung, sondern die kreative Entwicklung visionärer Unternehmenskonzepte zur Zukunftsbewältigung wird in verstärktem Maße in einer sich schnell wandelnden Umwelt von der Geschäftsleitung erwartet. Nach A.C. Hax - N.S. Majluf ist die vom Top-Management aufgestellte die Vision "eine längerfristig gültige Aussage", welche die folgenden Aspekte anspreche (vgl. LV 1.34 S. 63): • Vermittlung des Grundcharakters der Organisation in bezug auf Unternehmenszweck, des Geschäftsbereichs und der Führerschaft im Wettbewerb; • Erstellung der Rahmenbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seinen wichtigsten Interessentengruppen: Mitarbeitern; Kunden; Lieferanten; Gesellschaftern; etc. • Formulierung der allgemeinen Leitziele des Unternehmens zu Wachstum und Rentabilität. Die Vision soll top-to-down erreichbare Ideale vermitteln und als motivierende Inspirationsquelle im betrieblichen Alltag dienen. Sie kann so zu einer prägenden Kraft der Unternehmenskultur werden (vgl. 1.1.1.3). Die Vision ist klar zu artikulieren, damit der Einzelne dadurch konditioniert wird und sie als Triebfeder für sein Handeln zu einer Realisation der Vision ansieht. Unternehmensoptimierung Visionäre Zukunftsperspektiven für das Unternehmen und für die Belegschaft sollen Zugang in zukunftsträchtige Marktnischen zu eröffnen, und zwar immer weniger im Alleingang, sondern zunehmend in globalen Kooperationen, den sog. Strategischen Allianzen. Tendenziell hat das Unternehmen seine Struktur durch geeignete Strategien den situativen Umweltbedingungen anzupassen zur Herstellung einer Struktur-Situation-Fit-Beziehung (vgl. Abb. 21-1, vgl. auch 1.1.3.10, 1.4, 3.0), wobei "Fit" eine hohe Übereinstimmung zwischen Unternehmensstruktur und Umweltsituation bedeutet. Dies legt die Abwandlung der Chandlerschen These "Strategy follows structure!" zu: "Strategy and structure follow Situation!" nahe. Abb. 21-1: Unternehmensoptimierung durch Fit-Verhältnis zur Umwelt U n t e r n e h m u n g Produktionsfaktoren Unternehmensziele Unternehmensstrategien

1 Unternehmensorganisation

Fit

U m w e l t Staat Gesellschaft Situation Marktpartner Konkurrenz

358

2. Hauptteil: Managementlehre

Der Zweck der Koordinationsaufgabe der Geschäftsleitung liegt darin, die kardinalen Unternehmensaufgaben und -beziehungen zu optimieren und sie so wie in einem Fadenkreuz zu fokussieren, wobei das Zentrum im Fadenkreuz den Optimalpunkt oder situativen Unternehmenslage darstellt (vgl. Abb. 21-la). Je näher die einzelnen betrieblichen Teilvorgänge in sich und aufeinander abgestimmt sind, um so näher liegen sie am Optimalpunkt und um so geringer sind die wertschöpfiingsmindernden Reibungsverluste zwischen ihnen. Die Entfernung zum Optimalpunkt gibt das (noch) existierende Verbesserungspotential an. Gelegentlich wird zwar argumentiert, daß jede weitere Annäherung an einen Optimalpunkt wie bei der Qualitätsverbesserung mit einem überproportional steigendem Vollendungsaufwand erkauft werden muß, jedoch ist dies vornehmlich eine denkblockadenerzeugende statische Betrachtungsweise; denn im Zeitablauf - also in dynamischer Sicht - kann bei entsprechender betrieblicher Steuerung wie bei der Qualitätsverbesserung im Betrieb mit kontinuierlichen Verbesserungen gerechnet werden (vgl. 3.4.1.5). Abb. 21-la: Fadenkreuz der Unternehmensoptimierung/-fokussierung Außenbeziehungen strategische Allianzen

Organisâtionsstrukturen

/

Fiskus • Lief e r n t e n - J I T BankenD • Verfahrensabläufe ->o M a n a g e m e n t - H o l d i n g : Fried. Krupp A G auorganisation des Betriebes

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B. Aufgabenkatalog des Wirtschaftsausschusses h) Unterrichtung in wirtschaftlichen Angelegenheiten nach § 106 BetrVG Der gemäß § 107 einzurichtende und nach den Vorschriften der §§ 108, 109 tagende Wirtschaftsausschuß besitzt eine Beratungszuständigkeit in wirtschaftlichen Angelegenheiten, deren Umfang im Einzelnen in § 106 Abs. 3 BetrVG geregelt ist (vgl. vor allem ebenda S. 1202ff): • Wirtschaftliche und finanzielle Lage desUnternehmens, wozu Angaben über Gewinn und Verlust, Risiko- und Versorgungslage, Preisgestaltung; • Produktions- und Absatzlage, wozu Kapazitätsgröße und deren Auslastung sowie Inlands- und Auslandsabsatz des Betriebs gehören, dazu Produktionsausfalle etwa durch Streiks; • Produktions- und Investitionsprogramm, wozu ausgehend vom Absatzplan die mittel- und langfristig zu erstellenden Waren und Dienstleistungen zählen, dazu einzelne Investitionsprojekte und Erwerb von Betriebsstätten; • Rationalisierungsvorhaben, wozu Projekte in Produktion und Verwaltung gehören inbesondere unter Humanisierungs- und unter Informationsverarbeitungsaspekten; • Fabrikations- und Arbeitsmethoden, wozu die Einführung moderner Technologien und Kontrolleinrichtungen gehört; • Einschränkung von Betrieben und Betriebsteilen; • Verlegung von Betrieben und Betriebsteilen; • Zusammenschluß von Betrieben; • Änderung der Betriebsorganisation oder des Betriebszwecks; • sonstige für die Arbeitnehmer bedeutsame Vorgänge und Vorhaben. Die Betriebsleitung ist gehalten, mindestens einmal vierteljährlich dem Betriebsrat und dem Wirtschaftsausschuß Bericht über die wirtschaftliche Lage des Betriebs zu erstatten. i) Betriebsänderungen nach §§ lllfF. BetrVG Dem Betriebsrat sind - bei mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern - gemäß § 111 BetrVG bei wichtigen Betriebsänderungen umfassende Beratungs- und Informationsrechte eingeräumt: 1. Einschränkung und Stillegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen. Zu den Einschränkungen zählt weder • eine vorübergehende Mindernutzung ohne Entlassung noch • eine saisonbeschränkte Einstellung von Aushilskräfte, dazu auch nicht • eine vorn herein zeitlich begrenzte Arbeitsaufgabe eines Betriebsteils z.B. ein Messestand, jedoch ist nach neuerer Rechtsprechung des BAG unter Beibehaltung des Betriebsmittelbestands ein bloßer Personalabbau, wenn er die Größenordnung des § 17 Abs. 1 KSchG - etwa schon 30 Entlassungen bei Tausenden von Arbeitnehmern - erreicht, als Betriebseinschränkung anzusehen (vgl. BAG 22. 5. 1979 bzw. 15. 10. 1979). 2. Verlegung des ganzen Betriebs oder von Betriebsteilen. Darunter ist jede wesentliche Änderung der örtlichen Lage des Betriebs zu verstehen schon die Verlegung aus dem Ortszentrum um 4 km an den Stadtrand, selbst dann, wenn dort hin günstige Verkehrsverbindungen bestehen (vgl. BAG 17. 8. 82). Bei einer Änderungskündigung käme zusätzlich das personelle Mitbestimmungsrecht in Betracht. Gemäß BAG-Entscheidung vom 6. 11 .1959 handelt es sich bei einer Verlegung um eine Betriebsstillegung und anschließender Neuerrichtung, wenn wesentliche Teile der Arbeitnehmer am neuen Betriebsort nicht weiterbeschäftigt werden. 3. Zusammenschluß mit anderen Betrieben. Hierzu zählen nicht nur der Zusammenschluß von fremden Betrieben, sondern auch die Zusammenlegung von bisher selbständigen Betriebsabteilungen mit dem Hauptbetrieb, nicht dagegen Vorgänge, die sich auf der Unternehmensebene stattfinden (vgl. ebenda S. 1233f.). 4. Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder Betriebsanlagen. Zur grundlegenden Änderung der Betriebsorganisation zählen eine vollständige Ändening des Betriebsaufbaus wie auch eine Neuregelung der Zuständigkeiten und zur grundlegenden Änderung des Betriebszwecks eine völlige Produktionsumstellung z.B. von der Motorrad- auf die Automobilproduktion. In der Einfuhrung völlig neuer Maschinen ist eine grundlegende Änderung der Betriebsanlagen zu sehen, dazu auch in zunehmender Automation, in der Einfuhrung von NC- oder CNC-Maschinen wie auch von CAD-Anlagen. Beim Ersatz abgenutzter Anlagen kommt es den Grad der technischen Änderung an.

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2. Hauptteil;

Managementlehre

5. Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um die die Neuführung neuer Technologien, die für den Betrieb, nicht aber für die Branche neu sein müssen. Kommt es dabei zu einer Änderung der Entlohnungsform ist eventuell das soziale Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 und 10 BetrVG zu beachten. Kommt es bei Betriebsänderungen zu einem Interessenausgleich zwischen Unternehmer und Betriebsrat, ist dieser gemäß §111 Abs. 1 BetrVG schriftlich niederzulegen und beidseitig zu unterschreiben. Diese Unterschriften begründen erst nach herrschender Meinung die Wirksamkeit der Vereinbarungen. Der Unternehmer darf bei Betriebsänderungen nur aus zwingenden Gründen von diesem Interessenausgleich abweichen; anderenfalls können die Arbeitnehmer gemäß § 113 Abs. 1 BetrVG Klage auf Zahlung von Abfindungen gegen ihn erheben, andere wirtschaftliche Nachteile wie etwa niedrigerer Lohn oder höhere Fahrtkosten bei Umsetzungen hat der Unternehmer gemäß Abs. 2 binnen 12 Monaten auszugleichen. Der Betriebsrat besitzt unabhängig von einer derartigen Einigung ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht auf Aufstellung eines Sozialplans auch noch nach Durchfuhrung der Betriebsänderung (vgl. ebenda S. 1244). Der Wirtschaftsauschuß besitzt demnach umfassende Informations- und Beratungsrechte, die allerdings nur dann beeinflussen kann, wenn der betriebliche Entscheidungsprozeß noch nicht soweit fortgeschritten ist, daß nur noch eine Alternative in Frage kommt (vgl. 2.2.4.2). Deshalb muß der Wirtschaftsausschuß auf einer Frühinformation bestehen, die er zur Frühwarnung der Belegschaft verlängern kann, wenn deren Interessen bedroht sind. Die Praxis zeige, daß die "Unternehmer" (vgl. 1.3.1.2) relativ unbehelligt gegenüber den Interessenvertretern der Belegschaft ihre Informationspflichten vernachlässigen könnten (vgl. LV 2.78 S. 38ff ). Interessenkonflikte und deren Austragung im Betriebsrat und im Wirtschaftsausschuß Trotz der oft beschworenen Interessenkonformität für Unternehmer und Belegschaft: "Wir sitzen alle in einem Boot!" zeigen sich in der Praxis häufig Interessenkollisionen, eventuell nur vom reinen Machtwillen induziert. Diese führen - empirisch erhärtet - zu bestimmten, eher als repressiv zu bezeichnenden (Manipulations-)Strategien der Unternehmerseite, die gewöhnlich einen internen Informationsvorsprung besitzt, auf welche die Interessenvertreter der Belegschaft angemessen reagieren sollten (vgl. LV 2.78 S. 38ff, vgl. auch 2.2.4.2): Strategie I: Zurückdrängung von Betriebsrat/Wirtschaftsausschuß, wodurch versucht wird, den Einfluß dieser Gremien auf betriebliche Entscheidungen auszuschalten • durch Behinderung der Gremiumsarbeit etwa durch kurzfristige Sitzungsabsagen, Veranstaltung der Sitzungen unter Zeitdruck z.B. kurz vor Feierabend; • durch Einschüchterung der Gremiumsmitglieder etwa - durch Bestreitung der Qualifikation der Arbeitnehmervertreter in BR/WA, - durch schulmeisterliches Auftreten des "Unternehmers", - durch Versetzung von WA-Mitglieder unter Angabe von fadenscheinigen Gründen, - durch Kündigungsandrohung; • durch Desinformation etwa, - indem behauptet wird, die angeforderten Informationen lägen nicht vor, - indem die Übermittlung der Informationen von Sitzung zu Sitzung verschoben wird, - indem ein Betriebsgeheimnis vorgeschoben wird, - indem bezweifelt wird, daß es sich um eine wirtschaftliche Angelegenheit handle, - indem sich der Unternehmer durch inkompetente Mitglieder des Managements vertreten läßt, die zu den angeschnittenen Fragen nicht Stellung nehmen können, - indem behauptet wird, die Planung müßte erst noch vom Vorstand "abgesegnet" werden, - indem nur grobflächig, ohne Tiefgang und ohne Angabe konkreter Fakten informiert wird, - indem die Einsicht in Planungsunterlagen verweigert wird. Strategie II: Begrenzung des Einflusses von Betriebsrat/WA, wenn eine offene Mißachtung oder Behinderung dieser Gremien zu großen Konflikten im Betrieb führen würde, • durch verzögerte und selektive Informationspolitik, - indem übr geplante Maßnahmen nach der Entscheidung und erst kurz vor der Durchführung

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

387

informiert wird, - indem behandelte Projekte auf technische und wirtschaftliche Aspekte begrenzt und indem belegschaftsbetreffende Aspekte abgeblockt werden, - indem "knallharte Fakten" etwa drastische Auftragsrückgänge oder drastische Gewinnrückgängegleichzeitig präsentiert werden (vgl. auch 1.4.3.2), - indem die Gremien mit Informationen "überflutet" werden, die eine angemessene Projektbeurteilung erschweren, - die angeforderten Informationen werden erst kurz vor Sitzung übermittelt. Strategie III: Einbindung von Betriebsrat/Wirtschaftsausschuß, wenn diese Gremien gezielt zur Durchsetzung angestrebter Veränderungen eingesetzt werden sollen • durch Einräumung kleiner Zugeständnisse, • durch Hervorhebung der Vorteile für die Belegschaft, • durch Herunterspielen der ökonomischen Vorteile für den Unternehmer. Die Belegschaft kann zu unkooperativen, eventuell rigoros kapitalorientierten "Herr im Hause"Vorstellungen der Unternehmerseite eine wirkungsvolle Gegenposition aufbauen, • wenn ". . .rechtzeitig umfassende Informationen vorliegen und der Betriebsrat qualifiziert genug ist, diese interessengerechten (d.h. personalrelevanten, Anmerkung der Verfasser) Informationen auch zu verarbeiten und weiterzugeben" (LV 2.78 S. 79) und • wenn sich die Interessenvertretung der Belegschaft "...auf eine mobilisierte und aktionsbereite Belegschaft stützen kann...Das gilt besonders angesichts der Betriebsverfassung, die ja bestenfalls eine mittelbare Einflußnahme auf die wirtschaftlichen Entscheidungen zuläßt" (ebenda). Dabei kommen als Gegenstrategien der Interessenvertreter der Belegschaft gegenüber dem Unternehmer u.a. in Betracht (vgl. LV 2.78 S. 196ff.): • Einschüchterungsversuche sofort zurück zuweisen, damit keine diskriminierende Einteilung in "gute" und "schlechte" Belegschaftsvertreter erfolgt; • bei Behauptungen des Unternehmers, daß ihm für Sitzungen in den Mitbestimungsgremien keine Termine mehr zur Verfugung stehen, auf kompetente Stellvertretung drängen; • bei kurzfristigen Absagen sofort auf der Einräumung eines neuen Termins zu bestehen; • bei groben Verstößen gegen die Arbeit der Mitbestimmungsgremien z.B. bei Behinderung von sog. Vor- bzw. Nachbereitungssitzungen der Arbeitnehmervertreter unter sich diese schriftlich zu dokumentieren, um eventuell gerichtlich dagegen vorgehen zu können; • den Einwand der Gefahr der Verletzung von Betriebsgeheimnissen zurückweisen, da die Interessenvertreter der Belegschaft nach § 79 BetrVG zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Gerät das Unternehmen durch schwache Führung des Managements in Existenzprobleme, kann der Betriebsrat durch Entwicklung und Förderung von Konzepten insbesondere in Richtung einer Verbesserung der Unternehmensorganisation durchaus druckvolle Initiativen sowohl zugunsten des Unternehmens wie auch zugunsten der Belegschaft ergreifen: • So begründet W. Kuckelkorn, Vorsitzender des Betriebsrats bei den Ford Werken, in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger (284/1992 S. 12) derartige Initiativen des Betriebsrats bei den Ford Werken damit, daß die Geschäftsleitung zu wenig tut; "da wird von neuen Konzepten nur geredet. Wir haben uns im Laufe der Jahre immer mehr zu einem Co-Management entwickelt. Die Mißstände in der Organisation des Konzerns zwingen uns dazu." In solchen Fällen kann der Betriebsrat sogar strategische Perspektiven entwickeln: "Wir können als Betriebsräte nicht mehr um jede einzelne Stelle kämpfen, wir müssen die Sicherheit der Standorte im Auge haben." • Als die deutsche Werkzeugmaschinenbranche in den Abwind geriet, setzten sich ihre Betriebsräte an den gemeinsamen "runden Tisch" und verlangten (vgl. Produktion, 6/1993 S. 2) - globales Denken, - einfachere Produkte und - attraktivere Preise. An diesen Äußerungen und Aktionen von Betriebsräten zeigt sich deutlich, daß die Interessen der Belegschaft im stärkeren Maße mit denen der Unternehmenseigner (Principal) konform gehen können als die des Top-Managements (Agent), das sich möglicherweise in fruchtlosen Positionskämpfen verfangen hat, so daß sich die Betriebsräte - informell - zu einem Co-Management zum normalen Top-Management entwickeln können.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

Sprecherausschuß für leitende Angestellte Nach § 5 Abs. 3 BetrVG findet dieses Gesetz keine Anwendung auf leitende Angestellte im Betrieb, diese finden vielmehr nach dem am 1.1. 1989 in Kraft getretenen Sprecherausschußgesetz (SprAuG) ihre Vertretung im Sprecherausschuß: • § 1 Abs. SprAuG regelt, daß "in Betrieben mit in der Regel zehn leitenden Angestellten... Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten gewählt (werden). • Global regelt § 2 Abs. 1 SprAuG eher ein Anhörungs- als ein Mitwirkungsrecht: "Der Sprecherausschuß arbeitet mit dem Arbeitgeber vertrauensvoll unter Beachtung der geltenden Tarifverträge zum Wohl der leitenden Angestellten und des Betriebs zusammen. Der Arbeitgeber hat vor Abschluß einer Betriebsvereinbarung oder sonstigen Vereinbarung mit dem Betriebsrat, die rechtliche Interessen der leitenden Angestellten berührt, den Sprecherausschuß rechtzeitig anzuhören." • Gemäß § 30 SprAuG hat der Arbeitgeber rechtzeitig über Änderungen der Gehaltsgestaltung und der Einfuhrung bzw. Änderung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze zu unterrichten, ebenfalls über personelle Maßnahmen bei leitenden Angestellten (§ 31 SprAug). • Nach § 32 Abs. 1 SprAuG hat "der Unternehmer...den Sprecherausschuß mindestens einmal im Kalendeijahr über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Betriebs und des Unternehmens im Sinne des § 106 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes zu unterrichten..." Ein Konnex mit dem Betriebsrat ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Da die Mitwirkungsrechte der Sprecherausschüsse nicht weit reichen, fordert M. Göbels, Mitglied des Verbandes Angestellter Führungskräfte e.V. (VAF), "daß die Sprecherausschüsse in den Unternehmen stärker in unternehmenspolitische Entscheidungen eingebunden werden sollten. Die anstehenden Veränderungsprozesse in Wirtschaft und Unternehmen würden durch eine solche Beteiligung der Führungskräfte reibungsloser ablaufen, die Akzeptanz der Folgen wäre größer" (Handelsblatt 209/ 1992, S. 5). Im Zuge einer Gesetzesnovellierung fordert zudem M. Göbels, • schon bei einer kleineren Zahl als 10 leitende Angestellte solle die Bildung eines Sprecherausschusses möglich sein, da in Deutschland eine Tendenz zur Aufspaltung der Unternehmen in kleinere Unternehmensbereiche bestehe, • die Bestimmung von § 2 Abs. 3 SprAuG schütze nicht hinreichend vor Kündigungen, wenn es zu härteren Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber/Unternehmer kommen sollte, • die Gestaltungsmöglichkeiten der Sprecherausschüsse sollten analog zum Betriebsrat über Informations- und Beratungsrechte hinaus zu Gestaltungsrechten ausgebaut werden. Lösen Sie Aufgabe Nr. II-6 in Abschnitt 2.3! 2.1.1.7 Mitbestimmung durch Delegierte in den Unternehmensorganen Historie der Mitbestimmung durch Delegierte in den Unternehmensorganen Durch die Mitbestimmung in der Form, daß die Arbeitnehmer Vertreter in die Unternehmensorgane entsenden, soll eine Demokratisierung der Wirtschaft erreicht werden, aber auch eine Leistungssteigerung. Schon nach § 70 des Betriebsrätegesetzes von 1920 konnten die Arbeitnehmer einen Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden. Nach der amtlichen Begründung (zitiert nach LV 2.16 S. 540) des damaligen Regierungsentwurfs für das BRG wurde erwartet, "daß nichts so sehr die Arbeitsfreudigkeit, das Verantwortungsgefühl und das Interesse an der Hebung der Betriebsleistungen und des Ertrages zu steigern geeignet ist, als die verantwortliche Mitwirkung an der obersten Leitung des Unternehmens." Weniger die Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz als das Entsenden von Delegierten in Unternehmensorgane wird deshalb als die eigentliche Form der Mitbestimmung angesehen. Aber erst nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs gewann der Mitbestimmungsgedanke wirklich an Boden, und zwar als Alternative zur damals möglichen Vergesellschaftung der gerade erst "entflochtenen" Betriebe des Bergbaus und der Stahlerzeugung, die während der nationalsozialistischen Herrschaft zu größeren Betriebseinheiten zusammengefaßt waren.

2.1 Außauorganisation

des Betriebes

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Formen der Mitbestimmung Das Gesetz über die Montanmitbestimmung (MMitbG) vom 10.4.1951 führt zu einer als "paritätisch" erachteten betrieblichen Mitbestimmung: danach hat der Aufsichtsrat aus einer gleichen Zahl von Vertretern auf der Arbeitgeber- und auf Arbeitnehmerseite zu bestehen nebst aus einem neutralen zusätzlichen Vertreter, auf den sich beide Seiten einigen müssen; beide Seiten sollen in ihren Reihen jeweils eine relativ unabhängige Persönlichkeit aufweisen; der Arbeitsdirektor im Vorstand darf nicht gegen die Stimmen der Arbeitnehmerseite gewählt werden (§ 13 Abs. 1 MMitbG). In dieselbe Richtung zielt das "Gesetz über die Mitbestimmung (MitbG)" vom 1. 7. 1976, das die Mitbestimmungsvorschriften des BetrVG von 1972 novellierte, und zwar in Richtung größerer Parität der Arbeitnehmerseite. Nach dem MitbG hat allen Kapitalgesellschaften mit über 2000 Beschäftigten dem Leitungsorgan - Vorstand oder Geschäftsführung - ein gleichberechtigter Arbeitsdirektor anzugehören (§ 33 MitbG) und in den Aufsichtsrat sind "paritätisch" von der Arbeitgeber- und von der Arbeitnehmerseite die gleiche Zahl von Vertretern in den Aufsichtsrat zu entsenden, wobei allerdings von den Arbeitnehmervertreter einer ein sog. leitender Angestellter sein muß. Letzterer ist allein von den leitenden Personen des Betriebs zu wählen (§15 Abs. 4 MitbG). Die Zahl der Aufsichtsratmitglieder ist gestaffelt nach der Zahl der Arbeitnehmer im Unternehmen: • bei bis 10.000 Arbeitnehmer 2 x 6 Mitglieder; • bei 10.000 - 20.000 Arbeitnehmern 2 x 8 Mitglieder; • bei über 20.000 Arbeitnehmern z.B. 10 Vertreter der Kapitaleigner, 6 Belegschaftsmitglieder, 3 Gewerkschaftsmitglieder und 1 leitender Angestellter. Sollte der Aufsichtsratsvorsitzende im ersten Wahlgang nicht mit Zweidrittelmehrheit gewählt werden, bestimmen die Kapitaleigner den Vorsitzenden und die Arbeitnehmervertreter den stellvertretenden Vorsitzenden (§ 27 Abs. 2 MitbG). Herrscht im Aufsichtsrat bei normalen Abstimmungen eine Pattsituation, besitzt der AR-Vorsitzende im zweiten Wahlgang zwei Stimmen (§ 29 Abs. 2 MitbG). Dadurch erhält die "Kapitalseite" ein gewisses Übergewicht, das noch dadurch verstärkt wird, daß der "Leitende" durch seine exponierte Stellung im Betrieb mehr zur Kapitalseite tendiert. Größere Unternehmen können sich der Verpflichtung zur Einführung der Mitbestimmung im Unternehmen und gleichzeitig den Publizierungspflichten (vgl. 4.1.4.5) entziehen, wenn sie sich in kleinere Teile "parzellieren". So besteht z.B. der Lebensmittel-Discounter Aldi Nord formal aus 18 "Niederlassungen" und Aldi Süd aus 19 "Niederlassungen". Diese "Niederlassungen" sind formal unabhängig und umfassen jeweils nicht mehr als 1000 Mitarbeiter. Insgesamt setzte der Aldi-Konzern 1991 etwa 25 Mrd. DM um. Beurteilung der Mitbestimmung Mitwirkung im Rahmen des BetrVG und Mitbestimmung im Rahmen des MitbG haben weitreichende Folgen gesellschaftspolitischer Art: • die totale Herrschaft der Unternehmerseite erhält "konstitutionelle" Züge, • es erfolgt eine Teilsozialisierung des Betriebs, allerdings nur schichtbezogen, da die Gewinn Verteilung nicht einbezogen ist; • es erfolgt ein Bewußtseinswandel derart, daß nicht mehr von subordinierten Betriebsange"hörigen", sondern von mehr oder weniger gleichrangigen Mitarbeitern zu sprechen ist; • es tritt im entscheidenden betrieblichen Bereich an die Stelle des Befehl - Gehorsams-Prinzips die demokratische Diskussion und Konsensbildung. Die ursprünglich vor allem bei der Einfuhrung der betrieblichen Mitbestimmung geäußerten Befürchtungen u.a., daß die deutschen Betriebe nun konkurrenzunfähig und für internationale Investitionen unattraktiv werden würden, hat sich nicht bestätigt. Vielmehr hat das zugrunde liegende marktwirtschaftliche System gerade in dieser Form eine starke Anziehungskraft auf die starren, wenig effizienten planwirtschaftlichen Systeme des "real-existierenden Sozialismus" ausgeübt, die nun zugunsten der Marktwirtschaft aufgegeben werden. Durch die gesetzliche Institutionalisierung der Mitbestimmung erfolgt zwangsläufig eine gewisse Formalisierung und Erstarrung der Partizipation der Mitarbeiter bei der betrieblichen Entscheidungsfindung, während gerade die leistungsvollen japanischen Unternehmen gezeigt haben, daß die Mitarbeiter im Unternehmen auch informal ohne Institutionalisierung effizient zur Unterneh-

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2. Hauptteil:

Managementlehre

menssteuerung herangezogen werden können (vgl. 2.1.1.8). Jedoch liegen in Japan andere mentale Gegebenheiten vor und zudem schützt die Institutionalisierung davor, daß die naturgemäß umständlichere Mitbestimmung eine Schönwettererscheinung bleibt, die in schlechteren Wirtschaftslagen mit Sachzwangargumenten aus der "betriebswirtschaftlichen Landschaft herausgefegt" wird, etwa mit dem Tenor: "dafür bleibt nun wirklich keine Zeit!" Lösen Sie Aufgabe Nr. II-7 in Abschnitt 2.3! 2.1.1.8 Organisationsstrukturen, Entscheidungsprozesse und Techniken japanischer Unternehmen Volkswirtschaftliche Einbindung der japanischen Unternehmen Die japanischen Unternehmen sind nicht so autonom in der Unternehmensführung wie etwa deutsche Unternehmen (vgl. LV 1.98, LV 1.83 S. 170ff): • der Staat erwartet von den Unternehmen den Export hochwertiger zu günstigen Preisen; • die grundlegenden Entscheidungen der Unternehmen werden stark aus dem Hintergrund durch Eliten beeinflußt: die ökonomische Elite trägt den Namen Zakai und die politische Elite den Namen Seikai; • das Ministry for International Trade and Industry (Miti) greift aktiv in die strategische Produktplanung der Unternehmen ein (vgl. unten); • der Staat nimmt mit amtlichen "Ratschlägen", den Gyosei Shido, zu bestimmten Problemen Stellung, die von den Unternehmen zu respektieren sind, dabei kommen die "Vorschläge" nicht immer nur vom Miti; so erhielt Nissan vom Außenministerium den "Rat", das Hauptwerk für Europa in England zu bauen; • der Staat besitzt ein Amt für Wirtschaftsplanung (EPA = Economic Planning Agency), das dem Amt des Ministerpräsidenten zugeordnet ist. Nach einer Periode des Laissez-Faire-Wirtschaftsleben nach 1945 hat Japan die staatliche Planungstradition der Vorkriegszeit wieder aufgenommen. Es werden kontinuierlich neue Rahmenpläne verkündet, die mehr und mehr auch in den gesellschaftlichen Bereich eingreifen und eine Optimierung von Wirtschaft und Gesellschaft anstreben. - 1955-1960: Plan für die wirtschaftliche Weiterentwicklung - 1956-1960: Wirtschaftsautonomie-Plan - 1958-1962: Langfristiger Wirtschaftsplan - 1961-1970: Volkseinkommens-Verdopplungs-Plan - 1964-1968: Mittelfristiger Wirtschaftsplan - 1967-1971: Wirtschafts- und Gesellschaftsentwicklungsplan... - 1983-1990: Perspektiven und Leitfaden für Wirtschaft und Gesellschaft in den 1980er Jahren. Wurden zunächst mehr Maximalziele wie Vollbeschäftigung, maximales Wachstum, maxima-ler Lebensstandard verfolgt, so ist später ein Wandel zu nach innen und außen gerichteten Optimierungszielen erkennbar: Balance zwischen Wachstum und Umwelt; Verbesserung der Lebensqualität; nationale Wohlfahrt und internationale Harmonie; Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit. Daneben gilt als inoffizielles Ziel: Weltwirtschaftsmacht Nummer 1 zu werden (Sekai Ni Kantaru). Eine Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Staat und Wirtschaft erfolgt in Japan auf verschiedenen Ebenen (vgl. LV 1.83 S. 177ff ): • der Economic Deliberation Council (EDC), ein Beirat ähnlich der "Konzertierten Aktion", dem mehr als 200 Vertreter von Unternehmerverbänden, Gewerkschaften, Staatsunternehmen, Presse, Universitäten und Gewerkschaften angehören, berät den Ministerpräsidenten in wirtschaftspolitischen Fragen und schafft damit die Grundlage fiir eine allgemein akzeptierte Wirtschaftsplanung • so wurde schon frühzeitig der nationale Entwicklungsschwerpunkt auf die Mikroelektronik gelegt und nicht wie in (West-)Deutschland auf die Atomtechnik mit entsprechend positionellen Konsequenzen in der Weltwirtschaft;

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

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• auf Fachministeriumsebene findet ein konsensfördernder Meinungsaustausch zwischen Wirtschaft und Regierung in hunderten Beiräten und Ausschüssen mit Tausenden Personen statt; • informelle Kontakte bestehen zwischen leitenden Ministerialbeamten und Führungskräften in Verbänden und Unternehmen, in sog. Studiencliquen (Gakubatsus); • ein Personaltransfer findet statt, indem jährlich 200 Beamte - häufig ältere Personen, die vor der Pensionierung stehen oder Personen, die keine weitere Beförderung mehr zu erwarten haben aus wirtschaftsbezogenen Ministerien als Amakudari (übersetzt: vom Himmel herabsteigen) zu Führungs- oder Beratungsaufgaben in die Stäbe von Großunternehmen einziehen, wobei diese "Himmelsherabsteiger" ein Informationsnetzwerk zwischen staatlicher Bürokratie und Unternehmen aufbauen und ihre Erfahrungen weitergeben; • das Miti (japanisch: Tsusansho) wird gleich auf mehreren Ebenen wirksam: - es veröffentlicht vierteljährlich Richtlinien für die Produktion, wobei der relative Wirschaftsstandort japanischer Industrien durch international vergleichende Daten dargestellt wird, - es setzt zukunftsträchtige Produktionsschwerpunkte und subventioniert den Beginn durch Gemeinschaftsforschungen, wobei dadurch in der Mikroelektronik (Halbleiterfertigung) 1000 Patente erworben wurden (vgl. unten). Organisationsstrukturen japanischer Unternehmen Die japanische Unternehmensszene wird durch Aktiengesellschaften dominiert. Die Aktionäre • 25% der Aktien befinden sich in Form eines institutionalisierten Management-buyouts in Händen der Führungskräfte - besitzen in Japan eine stärkere Position als in Deutschland: • jeder Aktionär ab einer Beteiligung von 10% kann jederzeit Einsicht in die Rechnungsführung des Betriebes nehmen; • die Hauptversammlung der Aktionäre (Kabanushi Sokai) wählt die Vorstandsmitglieder; • sie ernennt die Mitgliederdes Aufsichtsrats (Kansayaku), der in Japan eine relativ schwache Position einnimmt. Der Vorstand (Yakuinkai) besitzt mit dem Vorstandsvorsitzenden (Shacho) und zwei bis bis vier Vorstandsmitglieder, die Vertretungsmacht nach außen besitzen, einen inneren Kern der Leitung (Daihyo-Ken), welcher - visionär - die Firmenpolitik formuliert und welcher repräsentative und soziale Aufgaben trägt. Die Last der Exekutive liegt gewöhnlich bei einem Geschäftsführungsausschuß (Jomukai), den - vom Gesetz nicht vorgesehen - die meisten Unternehmen installiert haben. Er erfaßt über den Vorstand hinaus auch alle Abteilungsdirektoren und Prokuristen (Bucho). Die Mitglieder des Jomukai pflegen regen, auch informellen Kontakt unter einander und versuchen in vielen Sitzungen herauszufinden, welche Auffassung der Shacho von bestimmten Problemen besitzt. Eventuell werden Experten zur Absicherung in bestimmten Fragen herangezogen. Die Entscheidungen des Jomukai respektiert auch gewöhnlich der Shacho. Einbeziehung der Mitarbeiter einschließlich der Familienangehörigen Zwar fehlen den Mitarbeitern japanischer Unternehmen verglichen mit denen deutscher Unternehmen formale Mitbestimmungsregelungen, informal wird ihnen jedoch seit langem Gelegenheit gegeben, mit ihren Vorstellungen zur Entscheidungsfindung im Unternehmen beizutragen. D. Schneidwind nennt hier drei Formen der Entscheidungsfindung (vgl. LV 1.98 S. 20ff ): 1. Kyodotai. Hierunter ist die "harmonische, organische Zusammenarbeit einer Gemeinschaft bei gegenseitiger verständnisvoller und freundschaftlicher Unterstützung" zu verstehen. Daraus resultiert, daß japanische Führungskräfte zu allen möglichen Anlässen Beratungen durchführen. Die end-losen Sitzungen sind zwar anstrengend, werden jedoch nicht als Last empfunden. Die Teilnehmer werden alle glücklich, wenn sie im Kyodotai enden. Anschließend führen sie mit gemeinsamer Kraft die Entscheidung durch. 2. Ringi-Seido. Es wird vor allem bei größeren unternehmenspolitischen Entscheidungen und zur Verwendung der Budgetmittel angewandt. Es funktioniert wie folgt: - Wenn Führungskräfte der unteren Stufe eine Regelung vermissen oder sonstwie eine Entscheidung nicht allein tragen wollen, füllen sie ein Vorschlagsformular (Ringisho) aus, das mit detaillierten Vorschlägen die Hierarchiestufen aufwärts geht. - Auf jeder Stufe erhält der Vorschlag entweder zustimmend ein Siegel (Hanko) oder er wird mit Änderungsvorschlägen zurückgewiesen.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

- Über verschiedene Stufen des Middle Managements erreicht der Vorschlag nach einiger Zeit den Jomukai und wird dort sanktioniert. Primär sieht der Ringi-Seido nach einem Bottom-Up-System aus. Jedoch gibt der Shacho gewöhnlich top-to-down durch informelle Kanäle seine eigenen Vorstellungen kund, die dann zu berücksichtigen sind. Auf diese Weise wird nicht nur breiter Sachverstand in die Unternehmensentscheidung eingebracht, sondern auch eine breite Identifikation mit der Entscheidung herbeigeführt, so daß diese wegen hoher Motivation dann in abnorm hohem Tempo durchgeführt wird. 3. Kaigi. Dieser Begriff, dem ein eigenes japanisches Schriftzeichen zukommt, läßt sich als "Besprechung und Beratung" übersetzen. Derartige Besprechungen und Beratungen werden anberaumt, um auf einen Konsensus hinzuarbeiten und so eine Gruppenharmonie zu erreichen. Kaigi dient offensichtlich vornehmlich der Koordination der vorwiegend stark dezentralisierten japanischen Betriebe. Zur Förderung der Mitwirkung der japanischen Betriebs"angehörigen" bei der Betriebsgestaltung vor allem in technischer Sicht sind sog. Qualitätszirkel (vgl. 3.4.2.1) eingerichtet worden. Als weitere Maßnahmen insbesondere zur Förderung der Kommunikation in japanischen Unternehmen und zur Förderung des Verständnisses bei den Familienangehörigen führt Imai auf (vgl. LV 1.42 S. 212): • Werksführungen für Familienangehörige; • Ausstellungen über betriebliche Aktivitäten für die Familien; • Firmenabzeichen für Mitarbeiter; • Ehrungen für herausragende Leistungen, lange Betriebszugehörigkeit, etc.; • Wettbewerbe zwischen Abteilungen; • Willkommensfeiern für neue Mitarbeiter; • Möglichkeit, andere Werke zu besuchen; • Schwarzes Brett und Werkszeitung; • Radiosendungen mit aktuellen Neuigkeiten; • Briefe des Präsidenten an die Mitarbeiter; • Hausinternes "Guiness Book of Records"; • regelmäßige Besprechungen mit der Geschäftsleitung. Japanische Unternehmenskultur Trotz der Modernisierung Japans in einem Jahrhundert mit vielen Anleihen aus dem "Westen" hat dieses Land seine eigene psychosoziale Grundstruktur bewahrt, so daß von einer besonderen japanischen Unternehmenskultur zu sprechen ist, welche nach H.P. Sonnenborn, 1988-91 Präsdent von BMW in Tokyo, folgende (Binnen-)Merkmale trägt (vgl. Die Welt, 27/8/94, S. BWlj: • daß Einzelne im Betrieb keine persönliche größere Verantwortung übernehmen, sondern nur die Gruppe - eine Ausnahme scheint nur der Shusa bei Spezialprojekten zu machen (vgl. 3.0), • daß es deshalb keine persönliche Verantwortung gebe, • daß offizielle Gesprächsrunden dazu dienen, die Verantwortung zu verteilen und so zu anonymisieren, • daß dabei deijenige die größte Macht besitze, der am wenigsten sage, doch habe dieser seine Vorstellungen durchzusetzen; Macht zu haben und sie nicht auszuüben, werde in der japanischen Gesellschaft als Schwäche interpretiert, • daß alles unterlassen werde, den einmal gefaßten Plan zu stören, so daß es nicht so sehr auf eine positive Motivation ankomme, • daß daher Indidualismus nicht erwünscht sei, sondern Disziplin in der Gruppe gefördert werde, • daß Individualismus nur geduldet werde, wenn sich der Einzelne in der Gruppe durchsetze, ohne Mißklang zu erzeugen, • daß es beim Aufstieg darauf ankomme, von der "richtigen" Universität zu kommen, • daß die nicht als "gut" befundenen Mitarbeiter freiwillig das Unternehmen verlassen, da ihre Lage aussichtslos sei, so daß die Annahme Fiktion sei, daß es in Japan im Unternehmen eine "lebenslange Beschäftigung" gäbe außer eine Dauerbeschäftigung für die „Kernbelegschaft". Insgesamt können dem Organisations- und Entscheidungssystem der japanischen Unternehmen folgende Attribute zugeordnet werden (vgl. auch 2.1.4.5): • kollektiv; • anonym; •informal; • konsensusorientiert; • harmonisch.

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

393

Karrierewege der Frauen in Japan Während im Allgemeinen in den Unternehmen in Japan allen Männern Entwicklungsmög-lichkeiten offen stehen, gilt dies nur eingeschränkt für Frauen, für die es in der japanischen Arbeitswelt zwei Klassen gibt: Klasse I: "Ippanshoku", welche meistens nur allgemeine Verwaltungstätigkeiten ausüben ähnlich den "Sekretärinnen" in Deutschland und welche vornehmlich keine Entwicklungsmöglichkeiten besitzen; Klasse II: "Sogoshoku", welche Entwicklungsmöglichkeiten ähnlich den "Mainstream"-Männera besitzen. Mit Frauen, welche Manager-Positionen besetzen sollen, wird in verschiedenen japanischen Unternehmen noch "experimentiert". Sie stoßen bei der konservativen Bevölkerung jedoch auf wenig Akzeptanz, vor allem, wenn sie etwa bei einer Bank im Publiumsverkehr eingesetzt werden. Techniken japanischer Unternehmen Seit etwa zwei Jahrzehnten gelingen den japanischen Unternehmen überragende Export- und Penetrationserfolge in allen Erdteilen. Ganze Branchen wie die Fotoindustrie, die Hifi-Electronic, die Computerdrucker sind im Wege der De-Industrialisierung in anderen Ländern, insbesondere in den USA eliminiert. Als ausschlaggebend hierfür sind - zusammenfassend - vor allem folgende Faktoren anzusehen: 1. Die gezielte Lenkung des Miti, das erfolgsversprechende Erfindungen bzw. schon vorhandene Produkte in einer kostensparenden und leistungsstarken Gemeinschaftsforschung der Unternehmen zunächst zu Höchstleistungs-"Prototypen" (weiter)entwickeln und sie dann unter Konkurrenzbedingungen produzieren läßt. 2. Neue effiziente Führung- und Fertigungstechniken japanischer Unternehmen: das Just-InTime-System (JIT), im Zusammenhang mit dem Kanban-System bekannt (vgl. 3.4.1.5); das Fischgrät-Diagramm (vgl. 2.2.4.1); die Spirale der Wissenserzeugung (vgl. 1.1.3.5a), die Qualitätszirkel (vgl. 3.4.2.1); die Taguchi-Qualitäts-Funktion und Total Quality Control (vgl. 3.4.1.5) sowie Lean Production (vgl. unten). 3. Das Ringi-Kyodotai-Kaigi-System. Nach ihm werden in japanischen Unternehmen wichtige Entscheidungsalternativen zur Begutachtung "nach unten" bis an die betriebliche Basis weitergeleitet. Eine definitive Entscheidung wird erst dann getroffen, wenn sich nach eingehenden Beratungen ein allgemeiner Konsens herausgebildet hat. Damit besitzt die japanische Untemehmenskultur im Ringi-Kyodotai-Kaigi-System wie auch in den Qualitätszirkeln (QC-Zirkel) starke basisdemokratische Elemente, die den kollektivistischen Bedürfnissen komplexer moderner Unternehmensführung entgegenkommen. 4. Günstiges Human Resources Management. Die japanischen Unternehmen betrachten sich vornehmlich als Familien- und Schicksalgemeinschaft, in der zumindest die Stammbelegschaft eine lebenslange Beschäftigung bis zum Rentenalter erwarten kann. Die Betriebe nutzen diese Haltung, indem sie ihr Humankapital langfristig optimal entwickeln und einsetzen, wobei ihnen die Gruppendisziplin der Japaner entgegenkommt (vgl. 2.1.4.5/6). 5. Kaizen-System Das japanische Wort Kaizen bedeutet "Verbesserung" und wird in Japan auf alle nur möglichen technischen, sozialen und politischen Beziehungen angewandt. Betriebsbezogen läßt sich Kaizen als "die ständige Verbesserung durch die Mitarbeit aller" übersetzen (LV 1.74 S. 79f.). M. Imai (vgl. LV 1.42 S. 11 lff.) teilt Kaizen in drei Segmente auf: I.) Managementorientiertes Kaizen: Nach Imai (ebenda S. 112f.) ist das insofern bedeutsam, "weil sich das managementorientierte Kaizen auf die wichtigen Bereiche Logistik und Strategie konzentriert und Impulse zur Aufrechterhaltung von Fortschritt und Arbeitsmoral gibt... auch ein Manager (muß) seine eigene Arbeit verbessern. Das japanische Management geht im allgemeinen davon aus, daß ein Manager zumindest 50% seiner Zeit der Verbesserung widmen soll."

394

2. Hauptteil:

Managementlehre

2.) Gruppenorientiertes Kaizen: Nach Imai (ebenda S. 126f.) wird "Kaizen..im Rahmen kontinuierlicher Gruppenarbeit von QC-Zirkeln und anderen Kleingruppen getragen, welche zur Problemlösung statistische Werkzeuge verwenden. Der kontinuierliche Ansatz erfordert auch, daß der PCTA-Zyklus angewendet wird (vgl. Abb. 21-8), daß die Teammitglieder Probleme nicht nur erkennen, sondern auch deren Ursachen analysieren, daß sie Gegenmaßnahmen einleiten, diese auf Wirksamkeit überprüfen, und daß sie schließlich neue Standards und/oder neue Arbeitsverfahren festlegen... Die Aktivitäten der QC-Zirkel und anderer Gruppen beschränken sich auf die Probleme im eigenen Arbeitsbereich. Durch diese Kaizen-Aktivitäten verbessert sich auch die Einstellung der Mitarbeiter, weil dabei jeder die Kunst der Problemlösung erlernt." 3.) Personenorientiertes Kaizen: Einzelne Personen sollen Verbesserungen im Betrieb erdenken und diese Vorstellungen an das betriebliche Verbesserungsvorschlagswesen leiten (vgl. 1.2.4.6). Kaizen fuhrt auch zur ständigen Differenzierung der Produkte. Da die Produktdifferenzierung bei den japanischen Unternehmen stark kundenorientiert ist, fuhrt sie zu einer verstärkten Segmentierung und Nischenbildung der Märkte mit einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte. Die "kleinen" Produktänderungen werden relativ schnell und häufig durchgeführt, so daß relativ kleine Serien aufgelegt werden und daß sich schon bald inkrementales Prototyping zu einem innovatorischen Prototyping hochschaukelt (vgl. 1.1.2.3). Abb. 21-8: Kaizen durch PTCA-Zyklus (entn. LV 1.42 S. 127)

* = eigener PTCA-QC-Zyklus in der Phase "T" 6. Lean Production. In einer breit angelegten Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wird die schnelle Innovation im Wege des Simultaneous Engineering, die variationsreiche Fertigung mit praktisch null Fehlern in "abgespeckter" und entflochtener betrieblicher Leistungsstruktur bei partnerschaftlicher Kooperation mit "System-"Lieferanten als "Lean Production" also als "schlanke Fertigung" und als wegweisend für die Zukunft bezeichnet (vgl. vor allem 3.0, 3.2.0, 3.3.0, 3.4.0). 7. "(One) product by (one) plant", die organisationsvereinfachende und entsprechend kostensparende Maßschneiderung der Fabrikgröße auf ein einziges Produkt. Dieses Prinzip, das nach Beobachtungen des Verfassers IBM schon Mitte der Sechziger Jahre verfolgte, wobei z.B. das Werk Berlin nur die bekannten Kugelkopfschreibmaschinen produzierte, wurde von den Japanern mit Erfolg übernommen. Bei einem starken Nachfragerückgang kann sich dieses System jedoch als kontraproduktiv erweisen, da sich dann mangels Ersatzprodukte die Stückkosten stark erhöhen und die Unternehmen deshalb zu ruinösen "Schleuderpreisen" tendieren. 8. Das "Stockholm-Syndrom". Der "Sieger" entwickelt Sympathien für den Unterlegenen und läßt ihm deshalb Vorteile zukommen; nach dem Zweiten Weltkrieg gestatteten die siegreichen USA japanischen Unternehmen in weitem Umfang den früher verweigerten Zugang zu ihrem Inlandsmarkt sowie auch weiten Zugang zu ihren bedeutsamen Ressourcen und zu ihren hochentwickelten Technologien, wobei allerdings der Ostwest-Konflikt „nachhalf; damals wurde Japan als Versorungsbasis im Koreakrieg benötigt. Die Dialektik dieser Entwicklung nutzten die japanischen Unternehmen zum Aufbau eines hochentwickelten Wirtschaftssystems. 9. Das Keiretsu-System. Eine Reihe von japanischen Unternehmen schließt sich • z.T. informell nach dem Softcosy-Approach, etwa durch personelle Verpflechtungen über Topmanager oder durch persönliche Beziehungen hergestellt in den exklusiven Clubs der Präsidenten, zu locker gefügten Gruppen,

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

395

• z.T. formell durch gegenseitigen Kapitaltausch mit der Abrede, dieses Kapital nicht zum Verkauf anzubieten, zu festeren Gruppen zusammen. Nach M. Anchordoguy (vgl. LV 1.4 S. 106) besitzen diese Keiretsus zwei Ursprünge: • sie zentrieren sich entweder um eine Bank bzw. • sie stellen eine Kombination von Banken- und Zulieferer-Keiretsu dar. Von den sechs wichtigen bankzentrierten Keiretsus Sumitomo, Mitsui, Mitsubishi, Dai Ichi Kanyo, Fuyo und Sanwa gehen die ersten drei auf Zaibatsus (wörtlich: Finanzcliquen) zurück. Dies waren familienorientierte Großkonzerne, die in der ersten Industrialisierungsära Japans seit 1870 als Holdings von großen Familien-Imperien entstanden, nach dem Zweiten Weltkrieg aber von den USA zur Entmachtung dieser Familien und zur Verbesserung des Wettbewerbs zerschlagen wurden. Diese sechs wichtigsten Keiretsus besitzen in Japan u.a. folgende kollektiven Marktanteile (vgl. LV 1.43 S. 144ff ): - Lebensversicherungen 56,7% - Handel 66,7% - Fasern und Textilien 40,3% - Chemikalien 43,3% - Öl u n d Kohlen 45,0% - Glas u n d Zement 48,8% - Stahl 52,7 - Buntmetalle 56,0%. Dabei gehören - zum Mitsui-Keiretsu 24 Unternehmen u.a. Mitsui Bank, Mitsui Trust, Mitsui Estates, Mitsui Construction, Mitsui Paper/ Steel/Oil/Metal/Chemical, Toray, Toyota und Toshiba, - zum Misubishi-Keiretsu 28 Unternehmen u.a. Misubishi Bank, Misubishi Trust, Misubishi Estates/etc., KirinBeer, - zum Sumitomo-Keiretsu 21 Unternehmen u.a Sumitomo Bank/etc., Nippon Electric, - zum Fuyo-Keiretsu 29 Unternehmen u.a. Fuji Bank, Yasuda Trust, YasudaLife, Marubeni (Handel), Nippon Kokan (Stahl), Kubota (Transportgeräte), Nissan Motors, Sapporo Beer, - zum Sanwa-Keiretsu 40 Unternehmen u.a. Sanwa Bank, Nippon Life, Nissho Iwai, Hitachi Co./Chemical/Steel/Shipbuilding, Kobe Steel, Daihatsu Motors, Sharp, - zum Dai Ichi Kanyo-Keiretsu 45 Unternehmen u.a. Dai Ichi Kanyo Bank, Asahi/Fukoku Life, Shimizu Construction, Sankyo, Showa Oil, Kawasaki Steel, Isuzu Motors, Fujitsu, Asahi Optical/Chemical. Teilweise werden Unternehmen von mehreren Keiretsus beherrscht z. B. Hitachi Co. Insgesamt kontrollieren diese sechs Keiretsus etwa 25% des Vermögens der japanischen Volkswirtschaft. Diese Banken- oder Zuliefer-Keiretsus lassen sich gegenseitig eine Präferenzbehandlung zukommen und sie verhindern, daß ausländische Unternehmen japanische Unternehmen kaufen, um über sie den japanischen Markt zu öffnen. Dadurch wird der Zugang ausländischer Produkte auf den japanischen Markt erschwert; komplementär kommen die japanischen Unternehmen über relativ große Marktanteile in den Genuß der Large Scale Economies und sie können so - nicht zuletzt wegen hoher Preise durch Marktzugangsbeschränkungen - hohe Gewinne zu weltweiter Expansion akkumulieren. Da die Keiretsus äußerst finanzstark sind - sie finanzieren ihre Gruppenmitglieder zu äußerst günstigen Konditionen (vgl. LV 1.114 S. 205f.) - können sie weltweit zum Verdrängungswettbewerb und damit zur De-Industrialisierung ansetzen (vgl. unten). Da die japanischen Unternehmen vornehmlich in zukunftsträchtigen High-Tech-Bereichen zum Verdrängungswettbewerb tendieren, sind die europäischen, insbesondere auch die deutschen Unternehmen in diesen Bereichen gut beraten, wenn sie ihre strategische Basis verbreitern, eventuell im Wege der Internationalisierung (vgl. 1.4.2.3). Diesbezügliche wichtige strategische KooperationsFelder sind attraktive Produktkonzepte sowie hochleistungsfähige Fertigungstechnologien, Lieferanten, Vertriebsstrukturen und Management-Systeme. 10. Enge vertikale Kooperation. Im Wege der Kundenorientierung suchen die japanischen Hersteller einen engen Kontakt mit ihren Abnehmern, die zu einer erheblich verbesserten Produktqualität gefuhrt hat insbesondere bei der Chips-Produktion auf dem Elektroniksektor. Hierzu trägt auch bei, daß die Elektronikgroßunternehmen wie NEC, Misubishi und Matsushita im starken Maße vertikal integriert sind, so daß die Qualitätsverbesserung im weiten Umfang eine InhouseAnge-legenheit ist. Dagegen sei nach einem Bericht der ITC (International Trade Commission) an den Finanzausschuß des US-Senats das Verhältnis der US-Halbleiterhersteller zu ihren - allerdings unabhängigen - Kunden von tiefem Mißtrauen, Feindseligkeit und der fast manischen Angst vor der Weitergabe von sensiblen Wissen geprägt. Der sich darin ausdrückende mangelnde Kooperationswille habe zu einer erheblich verminderten Wettbewerbsfähigkeit der US-Unternehmen gefuhrt (vgl. Markt & Technik, 31. Okt. 1991, S. 12; vgl. auch 1.6.1.2).

396

2. Hauptteil:

Managementlehre

11. Tricks. Die Unternehmen außerhalb Japans, aber auch ganze Volkswirtschaften müssen im Verkehr mit japanischen Unternehmen mit der Verwendung unkonventioneller Maßnahmen (Tricks) seitens der Unternehmen der "Japan AG" rechnen: • So senkten die japanischen Halbleiterhersteller Mitte der Achziger Jahre weitestgehend ihre Preise und verschleuderten den damals aktuellen 256 Kilobyte Chip für 1,25 Dollars pro Stück. Anschließend, nachdem sie eine Reihe von amerikanischen und europäischen Halbleiterherstellern aus dem Markt verdrängt hatten, erhöhten sie die Preise wieder, und zwar über das ursprüngliche Niveau hinaus auf 12 Dollars (vgl. Der Spiegel, 11/1992 S. 149), so daß sie binnen zwei Jahre allein von ihren amerikanischen Abnehmern zusätzlich 5 Mrd. Dollars abschöpfen konnten. • So führten z.B. japanische Unternehmen sukzessive Fernseher in die USA ein, lagerten sie zunächst ein, bis eine sehr große Menge vorhanden war, und warfen sie dann preisgünstig auf den Markt; Einführbremsen konnten die US-Femseherproduzenten nicht mehr vor dem Ruin retten, weil die Ware schon im Lande war. Nur Zenith überlebte, mußte aber unter dem Ansturm der japanischen Unternehmen die Produktion nach Mexico verlegen. Die japanischen Unternehmen zogen in den USA eigene Fabrikationsbetriebe für Femseher auf, so daß die in diesen Betrieben herstellten Produkte "amerikanischer" sind als die von Zenith. • Um insbesondere die amerikanischen Unternehmen vom Einstieg in die Produktion von aktiven Matrix-LCD-Bildschirmen, denen eine große Zukunft für "flache" Fernsehschirme und hochauflösende Bildschirme vorhergesagt wird, abzuhalten, streuten japanische leitende Angestellte das Gerücht aus, es müsse bei dieser Produktion mit einer finanziellen Durststrecke von 5 oder 6 Jahren gerechnet werden (vgl. Far Eastern Economic Review, 1. Aug. 1991, S. 56). Eine derartig lange Zeitspanne wirkt abschreckend insbesondere auf amerikanische Unternehmen, die unter dem starken Druck von Quartalsgewinnmitteilungen an die Aktionäre stehen (vgl. 1.4.3.2). • Durch relativ niedrige japanische Importzölle wird vorgetäuscht, daß ausländische Produkte einen guten Zugang zum japanischen Markt erhalten. Während jedoch japanische Produkte - wie eine US-japanische Regierungsstudie ergab (vgl. Newsweek, 3. Feb. 1992, S. 36) - in den USA und in Europa in etwa zu denselben Preisen wie in Japan verkauft werden, sind US- und europäische Produkte in Japan wegen der schon dargestellten Zugangsbeschränkungen durch Hochschleusen der Preise im einseitig japanisch beherrschten Vertriebssystem um 65% teuerer als in den Ursprungsländern angeboten dort praktisch unverkäuflich. • Die japanischen Unternehmen nehmen nach H. Weule "Verluste ihrer Mikroelektronik vermutlich bewußt im Kauf, um durch die Innovationsschübe strategische Vorteile für ihre Bereiche der Konsum- und Investitionsgüter zu erzielen" (zitiert nach Markt&Technik, 23/1992, S. 83). Die tiefgestaffelten japanischen Elektro-Konzeme verrechnen intern diese Verluste, allerdings nur zunächst; nach einer gewissen Zeit fallen die euro-amerikanischen Konkurrenten aus, da diese modisch - flach in relativ kleinen strategischen Geschäftseinheiten organisiert sind (vgl. 1.4.2.4), die solche Verluste von sich aus nicht tragen können, so daß die japanischen Unternehmen nach einer gewissen Zeit weltweit die Preise erhöhen können. Lösen Sie Aufgabe II-8 in Abschnitt 2.3! 2.1.2 Strukturelemente der betrieblichen Leitungsorganisation 2.1.2.1 Stellen- und Abteilungsbildung im Betrieb Stellenbildung Die vom Prinzipal dem Agent (eventuell eine Mehrzahl) zugewiesene Gesamtaufgabe des Unternehmens wird aufgeteilt in Teilaufgaben und diese einzelnen Stellen im Betrieb zu geordnet. Auf diese Weise entsteht eine von Spitze nach unten sich verbreiternde und sich differenzierende Aufgabenpyramide. Es ist grundsätzlich zwischen Leitungs- und Ausfuhrungsstellen im Betrieb zu unterscheiden. Die Leitungsstelle besitzt im sog. Innenverhältnis Weisungsbefügnisse über Personen und Sachen und im Außenverhältnis Vertretungsbefügnis d.h. sie kann für das vertretene Unternehmen Verträge mit Dritten abschließen. Dazu ist aber gewöhnlich eine besondere Handlungsvollmacht erforderlich:

2.1 Aufbauorganisation

des

Betriebes

397

• eine Gesamtvollmacht, die zur Ausfuhrung aller gewöhnlichen Rechtsgeschäfte im üblichen Umfang berechtigt, kommt z.B. dem Geschäftsführer oder auch einem Filialleiter zu; • andere Leitungsstelleninhaber können eine Prokura erhalten, die nach § 49 HGB zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ermächtigt allerdings mit gewissen Ausnahmen: der Prokurist braucht eine besondere Vollmacht zum Verkauf und zur Belastung von Grundstücken, verboten sind ihm u.a. Bilanz, Inventar und Steuererklärungen zu unterschreiben, er darf auch keine Handelsregistereintragungen anmelden, Gesellschafter aufnehmen, etc. Die Ausfuhrungsstelle besitzt gewöhnlich nur Verwendungsbefugnisse über Sachen, sie bekommt aber, wenn sie nach außen tätig wird, beschränkte Vollmacht erteilt, um handlungsfähig zu sein: • die Artvollmacht berechtigt zur Vornahme einer bestimmten Gruppe von Rechtsgeschäften, die laufend im Betrieb anfallen, z.B. die Artvollmacht des Einkäufers, die des Kassierers etc.; • die Einzelvollmacht berechtigt zur Vornahme eines einzelnen Rechtsgeschäfts u.a. zum Kauf eines bestimmten Gutes. Die Aufgabenteilung und damit die Stellenbildung kann nach sachlichen und/oder personellen Gesichtspunkten erfolgen. Eine Aufteilung nach sachlichen Gesichtspunkten berücksichtigt die Verrichtungszusammenhänge und orientiert die Stellenbildung an den betrieblichen Ablauffunktionen. Eine Aufgabenaufteilung nach persönlichen Gesichtspunkten nimmt Rücksicht auf persönliche Interessen und Fähigkeiten. Eine überbetonte Beachtung des Personalprinzips setzt eine persönliche Machtstellung im Betrieb voraus, etwa aufgrund des Besitzes von Kapitalanteilen am Unternehmen oder aufgrund persönlicher oder leistungsmäßiger Autorität. Die leistungsbetonte Stellenbildung kann im Einzelfall die betriebliche Leistungsfähigkeit heben, wenn sie der Personalrationalisierung dient (vgl. auch 3.3.2.2). Normalerweise stört sie aber die harmonische Aufgabenverteilung und Aufgabenabwicklung im Betrieb. Neuerdings gewinnen Aspekte der Gruppenarbeit bei der Stellenbildung zunehmende Bedeutung (vgl. 1.2.4.7). Abteilungsbildung Zur Führung des Betriebs werden gewöhnlich weitgehend selbständige Organisationseinheiten gebildet, an der unteren Basis Abteilung genannt. Mehrere Abteilungen bilden eine Hauptabteilung. Die Hauptabteilungen werden in größeren Betrieben zu (Direktions)Bereichen zusammengefaßt. In einer Abteilung werden im allgemeinen gleichartige Aufgaben zusammengefaßt gemäß den Prinzipien der Zentralisierung und Spezialisierung, die dabei gleichzeitig zum Zuge kommen können. Die Gleichartigkeit kann verrichtungs- oder sachbezogen sein: • bei der Ausrichtung nach dem Verrichtungsprinzip werden z.B. alle Fräsoperationen in der Fräserei abgewickelt, • bei der Ausrichtung nach Objektprinzip gehen die Produktionsfaktoren wie Betriebsmittel und Arbeitskräfte zum Arbeitsobjekt hin, etwa zu einer Baustelle. Die Abteilungsbildung in strenger Form gemäß dem Verrichtungsprinzip liegt der Bildung sog. Fachabteilungen zugrunde und die Abteilungsbildung in strenger Form nach dem Objektprinzip den Projekten. Fachabteilungen besitzen eine Daueraufgabe, Projekte sind zeitlich begrenzt (vgl. 3.6.0). Je größer die Betriebe um so homogener ist gewöhnlich die Aufgabenstellung einer Fachabteilung. Eine Zwischenlage nehmen Bereiche wie die Forschung und Entwicklung ein, welche eine Folge von Projekten zum Teil parallel zu einander in Fachabteilungen mit homogenen Aufgaben abarbeiten. Lösen Sie Aufgabe Nr. II-9 in Abschnitt 2.3! 2.1.2.2 Leitungsspanne, betriebliche Hierarchie, Lean Management/Downsizing Bedeutung der Leitungsspanne für den Instanzenaufbau Es hängt von der Zahl der Unterstellungen von Personen jeweils unter eine Führungskraft ab, wieviele Instanzenzüge benötigt werden, um eine bestimmte Zahl von Personen bei einer be-

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2. Hauptteil:

Managementlehre

stimmten Unternehmensgröße in einen festen organisatorischen Zusammenhang zu bringen. Die Zahl der Personen, die eine Leitungsperson maximal betreuen und fuhren kann, wird in der angelsächsischen Literatur mit "span of control" bezeichnet. Jedoch ist die wortwörtliche Übersetzung mit "Kontrollspanne" zu eng angelegt - im Angelsächsischen bedeutet "control" soviel wie "steuern" - , deshalb wird hier der Terminus "Leitungsspanne" verwendet. Daß die Größe der Leitungsspanne, die Länge des Instanzenaufbaus und die Zahl der benötigten Führungskräfte jeweils interdependent sind, läßt sich an einem Beispiel ersehen, bei dem jeweils für 1000 Mitarbeitern einmal ein Instanzenzug bei einer Leitungsspanne von 5 und einmal von 10 Unterstellungen organisiert werden soll (vgl. Tab. 21-1). Dabei zeigt sich, daß bei einer Verdopplung der Leitungsspanne die Zahl der benötigten Führungskräfte auf 44,4% zurückgeht und daß mehr als eine Instanz eingespart werden kann. Demnach läßt sich eine zu tiefgestaffelte Betriebshierarchie schon dadurch "abflachen", daß die Leitungsspanne generell vergrößert wird. Tab. 21-1: Leitungsspanne, Instanzenzug und Zahl der benötigten Führungskräfte Leitungsspanne Zahl d e r M i t a r b e i t e r F ü h r u n g s k r ä f t e 1. " 2. " 3. " 4. Total

Instanz Instanz Instanz Instanz

Führungskräfte

5

Personen 1000

10 P e r s o n e n 1000

200 40 8 ~2

100 10 1

250

111

-

Um die Organisationspyramide möglichst flach und elastisch zu halten, wäre demnach eine möglichst große Leitungsspanne zu empfehlen, da dann auch die Kosten für das Führungspersonal niedrig ausfielen. Dem steht aber gegenüber, daß die Leitungsstellen mit größerer Leitungsspanne eventuell überbeansprucht werden. Welches ist dann die optimale Leitungsspanne? Mathematisches Modell von Graicunas Graicunas hat ein mathematisches Modell entwickelt, um die Zahl der interpersonellen Beziehungen zu bestimmen. Er geht dabei von folgenden Kategorien aus (vgl. Abb. 21-9): 1. die Beziehungen zwischen dem Vorgesetzten (V) und jedem Mitarbeiter (M): V-M; 2. die Beziehungen zwischen den einzelnen Mitarbeitern: M-M; 3. die Beziehungen zwischen dem Vorgesetzten und den Mitarbeitern als Gruppe (Gr), wobei jeweils in verschiedenen Situationen ein anderer Mitarbeiter die "Führung" übernimmt: V-Gr. Abb. 21-9: Modell der Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehungen (vgl. LV 2.26)

Aus diesen drei Kategorien an Beziehungen leitet Graicunas die Zahl der vom Vorgesetzten zu kontrollierenden Beziehungen ab (vgl. Tab. 21-2). Dabei zeigt sich in der Totalspalte, daß die Gesamtzahl der Beziehungen mit der Zunahme der Mitarbeiterzahl schnell überproportional steigt. Würde die Beobachtung jeder Beziehung eine bestimmte Zeit konsumieren, käme der Vorgesetzte schnell an die Grenze seiner Zeitkapazität. Allerdings läßt sich der Zeitkonsum einer jeden Beziehung nicht eindeutig bestimmen, so daß das Modell von Graicunas nur einen begrenzten Aussagewert besitzt.

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2.1 Aufbauorganisation des Betriebes Tab. 21-2: Zahl der Vorgesetzten-Mitarbeiter-Beziehungen Beziehungen Zahl der Mitarbeiter

Vorgesetzter/ Mitarbeiter

Mitarbeiter unter sich

1 2 3 4

1 2 3 4

0 2 6 12

Vorgesetzter/ Gruppe 0 2 9 28

Total 1 6 18 44

Leitungsspannen-Topologien Konventionelle Industriebetriebe sind dadurch gekennzeichnet, daß sie im Fertigungsbereich große Mitarbeiterzahlen aufweisen, im Verwaltungsbereich sind dafür die Mitarbeiterzahlen relativ klein. Hinzukommt, daß letzterer gewöhnlich in der Geschäftsleitung gleich durch mehrere Personen vertreten ist. Dies müßte zu ungleich langen Instanzenzügen in Fertigung und Verwaltung fuhren. Eine ungleich lange Instanzenstruktur in einem Betrieb stellt jedoch seine Homoöstasie, sein Gleichgewicht, in Frage, da quer durch den Betrieb nicht klar ist, wer welchen gleichrangigen Ansprechpartner im anderen Bereich hat. Um deswegen ihre Instanzenstruktur zu synchronisieren, machen solche Industriebetriebe offensichtlich Gebrauch von asymmetrischen Leitungsspannen. Bekannt ist, daß den Meistern gewöhnlich 20 - 30 Arbeiter unterstellt sind, während in der Verwaltung etwa 7 - 9 Unterstellungen üblich sind. Auch auf der höchsten Instanz in der Fertigung gibt es offensichtlich große Leitungsspannen; wie der Verfasser anhand der Organisationscharts von zwei Großunternehmen (Ford Werke und KHD) ersehen konnte, waren dem Fertigungsleiter jeweils etwa 20 Hauptabteilungsleiter direkt unterstellt. Bei einem unterstellten vierstufigen Instanzenzug ergeben sich dann differenzierte Unterstellungszahlen, mit deren Hilfe ein Industriebetrieb trotz unterschiedlicher Beschäftigungszahlen in den Bereichen den Instanzenzug im Gesamtunternehmen symmetrisieren kann (vgl. Tab. 21-3). Tab. 21-3: Unterschiedliche Unterstellungszahlen aufgrund asymmetrischer Leitungsspannen Verwaltung/Dienstleistung Leitungsspanne 1. Instanz 2. Instanz 3. Instanz 4. Instanz Mitarbeiter

7 7 7 7

Unterstellungen 1 7 49 343 2401

Fertigungsbereich Leitungsspanne 20 7 7 20

Unterstellungen 1 20 140 980 19.600

Demnach gibt es zwei Leitungsspannentopologien: • Leitungsspannentopologie A mit homogener Leitungsspanne auf allen Instanzenstufen, die typisch ist für Verwaltungsbereiche und den mit ihnen verwandten Dienstleistungsbetriebe; • Leitungsspannentopologie B mit heterogenen Leitungsspannen auf den Instanzenstufen - gewöhnlich sind die Leitungsspannen erheblich größer auf den obersten und/oder untersten Stufen als auf den mittleren Stufen - , die typisch ist für die reinen Fertigungsbereiche in der Industrie. Begründen lassen sich die großen Leitungsspannen im Fertigungsbereich der Industrie damit,

400

2. Hauptteil:

Managementlehre

- daß hier die Kommunikation durch das Vorhandensein technischer Normen erleichtert ist - daß insbesondere in der Meisterebene die Unterstellten relativ einfache, nicht ineinander greifende Verrichtungen tätigen, so daß die V-Gr-Beziehungen nicht so ins Gewicht fallen, aber auch die V-M- und die M-M-Beziehungen bedeutungslos sind, vor allem, wenn an Fließbändern gearbeitet wird. Leitungshierarchie Der Instanzenzug in größeren Unternehmen läßt sich folgendermaßen segmentieren: Top Management. Hierzu zählen die Geschäftsführer der GmbH, die Vorstandsmitglieder der Aktiengesellschaft u.ä.m. Upper Management. Hierzu zählen die Hauptabteilungsleiter. Middle Management. Zur mittleren Leitungsebene zählen die Abteilungsleiter. Lower Management. Zur unteren Leitungsebene zählen die Meister, die Unterabteilungsleiter, die Gruppenleiter, die Vorarbeiter, kaum aber die "Senior"-Sachbearbeiter, selbst wenn diese gelegentlich den Vorgesetzten vertreten. Da das Top Management jeweils einen Unternehmensbereich, z.B. den Einkauf, den Vertrieb, hauptamtlich in der Geschäftsleitung vertritt, besteht die Unternehmenshierarchie in derartig strukturierten Unternehmen aus einer Mehrzahl von selbständigen Organisationspyramiden, die erst in der Unternehmensspitze über die Geschäftsleitung koordiniert werden (vgl. 1.1.3.12), wodurch jedoch nicht aus dem polypyramidalen Organisationssystem keine Monopyramide wird; der Vorsitzende des Vorstands ist nur Prinzeps inter Pares und kein Unternehmensleiter. Den einzelnen Stufen in der Hierarchie kommen im Betrieb gestufte Privilegien zu, die mehrfache Funktionen besitzen: • sie verdeutlichen den Rang des Stelleninhabers und stärken so dessen Autorität im Betrieb; • sie sollen einen Leistungsanreiz im Betrieb bewirken; • sie stellen vom Stelleninhaber nicht zu versteuerndes Einkommen dar, z.B. die Stellung eines Dienstwagens auch für den privaten Gebrauch. Abbau der Hierarchien - Downsizing/Lean Management Der situativ zu beobachtende Trend zum Abbau der Hierarchien in Großunternehmen aller Art verbunden mit einem massiven Abbau der Belegschaft unter der Bezeichnung "Downsizing" im Rahmen der "Modewelle" Lean Management hat zum Ziel, die Unternehmen reaktionsfähiger zu machen und zugleich ihre (Fix-)Kosten zu senken. Dieser Vorgang speist sich vor allem aus drei Quellen: • Ausgliederung von Betriebsfunktionen, die nicht zum Kernbereich des Unternehmens gezählt werden unter der Losung: Out Sourcing; Just-in-Time; Systemlieferanten. • Aufkommen neuer Informations-Technologien, welche Information, Kommunikation und Entscheidungsfindung erleichtern unter der Losung: Expertensysteme; Networking (vgl. 2.1.2.8); Executive Information Systems (EIS). • BewuOtseinsänderung derart, daß "schlanke" Produktion parallel dazu auch "schlanke" Hierarchien zur Erhaltung der Unternehmenselastizität und der Wettbewerbsfähigkeit verlangt, wobei das Pendel dieser "Modewelle" der Organisationsentwicklung (vgl. 1.4.4.2) zunächst in extremer Weise zu "flachen" Organisationstrukturen ausschlagen kann, um sich dann nach einer partiellen Kurskorrektur (vgl. 1.2.4.7) auf einem mittleren, als tragbar angesehenen Niveau einzupegeln. Um der japanischen Automobilkonkurrenz die Stirn zu bieten, änderte der Daimler-Benz-Konzern 1993 seine Organisation im Sinne des Lean Management (vgl. LV 2.43, LV 2.76): • die Konzernhierarchie wurde von 7 auf 5 Stufen abgeflacht, • der Konzern wurde in kleine (modulare) autonome Einheiten mit voller unternehmerischer Verantwortung zerlegt, • die Konzernzentrale auf wenige Klammerfünktionen zu beschränken, wodurch etwa 50% ihrer Mitarbeiter überflüssig werden - später wurde sie praktisch abgeschafft - , • die Verwaltung wurde in Teams und die Produktion in Gruppen mit jeweils ganzheitlichen Arbeitsumfängen organisiert, wobei die autonomen "Leistungszentren" ihre Produkte und Dienstleistungen zu "Marktpreisen" an die betriebsinternen "Kunden" anbieten.

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

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Beim Hierarchieabbau bei Daimler entfallen ersatzlos die Stufen der Hauptabteilungsleiter und Hauptgruppenleiter (vgl. Abb. 21-10). Es werden etwa 5% der Manager überflüssig, die jedoch im Rahmen dieses organisatorischen Wandels nicht entlassen werden; das widersprach damals noch der Unternehmensphilosophie im Sinne des Stakeholder-Kapitalismus. Die überflüssigen Manager traten entweder in den vorzeitigen Ruhestand oder sie bewarben sich um die aufgewerteten Positionen im organisatorischen Mittelbau. Das neue Werk von Daimler in Rastatt kommt von vorn herein mit drei Hierarchiestufen aus. Beim Abbau der Hierarchien erfolgt eine Funktionsumwandlung vor allem beim Middle Management; war dieses früher vorwiegend damit befaßt, Informationen von unten zu komprimieren und nach oben weiterzuleiten, so wird das Middle Management nun stärker in die betriebliche Entscheidungsfindung einbezogen. Abb. 21-10: Organisatorischer Wandel bei Daimler-Benz (entn. LV 2.76)

>1992 JL 1993-

Auch Porsche führte Hierarchieabflachung und eine Meisterzusammenlegung durch zusammen mit einer Neugliederung des Unternehmens in selbstverantwortliche Cost-Center durch (Abb. 21-10a). Abb. 21-10a: Hierarchieabflachung und Umstrukturierung bei Porsche (vgl. WirtschaftsWoche 23/1995 S. 82.) früher: nunmehr: Vorstand Vorstand Hauptabteilungsleiter Cost Center-Leiter Obermeister Meister Gruppenmeister Werker

->Meister Werker

Ausgehend von Automobilindustrie schwappt die Hierarchieabflachungswoge unter der Bezeichnung "Lean Management" oder auch Downsizing auf andere Industrien wie die Chemie (so bei Bayer Leverkusen), aber auch auf Dienstleistungsunternehmen wie Versicherungen über. Eine Hierarchieabflachung ist bei einem bestimmten Mitarbeiterbestand nur möglich, wenn gleichzeitig die Leitungsspanne vergrößert wird. T. Peters (vgl. LV 1.74 S. 335) berichtet diesbezüglich von Pilotexperimenten bei General Motors und Ford, bei denen • sämtliche formelle Bezeichnungen für Kontroll- und Führungsfiinktionen bis auf die des Betriebsleiters abgeschafft wurden und • die Kontrollspanne von etwa 10 auf 50 - 75 Arbeiter erweitert wurde.

402

2. Hauptteil:

Managementlehre

Dynamisches Optimalmodell für Downsizing Durch die Beschneidung der Belegschaftszahlen im Rahmen des Downsizing wird erwartet, daß sich Motivation, Produktivität wie Gewinnentwicklung im Unternehmen ändern. Hierzu werden zwei gegensätzliche Downsizingthesen aufgestellt (vgl. LV 2.44b): • Downsizingthese A: Es kommt zu einer Verschlechterung des Unternehmensstatus! Dies wird damit begündet, - daß die Kosten des Downsizings etwa für Mitarbeiterabfindungen gewöhnlich größer sind als erwartet und insgesamt beträchtliche Dimensionen annehmen können, so machte IBM im Jahre 1993 ein gewinnmindernde Rückstellung von über 8 Mrd. Dollars hierfür, - daß sich durch die Entlassungen die Motivation bei der verbleibenden Belegschaft senke. • Downsizingthese B: Es kommt zu einer Verbesserung des Unternehmensstatus! Begründen läßt sich dies damit, daß nach dem Belegschaftsabbau das Unternehmen wieder aus der Verlustzone herauskommen könne, was unmittelbar zur Motivationsverbesserung beitrage. Eine Befragung von Human Resources Managern bei 713 größeren amerikanischen Unternehmen, die von der American Management Association veröffentlicht wurde, hat eine Bestätigung der Downsizingthese B ergeben (vgl. ebenda). Danach erzielten von den befragten Unternehmen • 58% eine Gewinnverbesserung und • 44,3% eine Produktivitätsverbesserung. Dabei wiesen vor allem solche Unternehmen eine Produktivitäts- bzw. Gewinnverbesserung auf, welche zur Abstützung des Downsizings mindestens eine der folgenden "Überlebenstechniken" anwendeten: - zusätzliches Arbeitstraining; - Karriereberatung; - Erweiterung der Erfolgsbeteiligung der Mitarbeiter; - Erhöhung von Bonus und Gehältern. Die Unternehmen könnten zunächst zu erheblichen Personalschnitten ansetzen, dürften diese aber nicht ständig in voller Höhe weiterfortsetzen. Dagegen seien danach laufend kleinere Personalschnitte schon angebracht. Daraus läßt sich folgende Optimierungfolge des Downsizings ableiten (vgl. Abb. 21-10b): • zunächst zwei, maximal drei größere Personalschnitte; • dann ständige kleinere Personalschnitte in hinreichenden zeitlichen Abständen; • asymptotische Annäherung des Personalbestands an ein Idealniveau, das im Zeitablauf nie voll zu erreichen ist, weil durch die Wirtschaftsdynamik - Aufkommen und Absterben von Produkten, Märkten, Produktions- und Organisationstechniken, etc. - ständig Betriebsteile ganz oder teilweise zur Disposition stehen und dem Reengineering (vgl. 2.2.5) zu unterwerfen sind. Abb. 21-10b: Degressionseffekt bei der Downsizingoptimierung des Personalstärke

A

Entwicklung der Personalzahl im Unternehmen durch Downsizing

Idealniveau des Personalbestands L

•> t Grobes Abräumen

Feinsteuerung

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

403

Entsprechend läßt sich die Unternehmensamelioration im Wege des Downsizing/Lean Management in zwei Stufen durchfuhren: 1. Stufe: Grobes Abräumen. Der Personalschnitt erfolgt auf möglichst breiter Basis, • indem ganze Abteilungen aufgelöst werden, deren Tätigkeiten infolge neuer Techniken oder neuer Organisationsformen überflüssig geworden sind wie etwa die Fertigungssteuerung im Rahmen der Arbeitsvorbereitung beim Kanban-System (vgl. 3.4.1.5, 3.4.2.2), • indem ganze Arbeitsbereiche kosten- und kapitaleinsatzsparend an Lieferanten ausgelagert werden, - die arbeitsmäßig nicht gut ausgelastet sind bzw. - deren Technologie nicht mehr auf dem neuesten Stand ist, • indem Abteilungen, wie Stäbe, die personalmäßig überbesetzt sind, ausgedünnt werden. Dies ebnet den Weg, die betriebliche Arbeitsorganisation von der Nullbasis (zero-base) rationell wieder neu aufzubauen (vgl. auch 4.3.5.8). 2. Stufe: Feinsteuerung. Wenn die neue Arbeitsorganisation im Unternehmen eingefahren ist, ist eine Nacharbeit derart vorzunehmen, • daß gewisse Verfeinerungen durchgeführt werden, • daß nach der Lernzeit wegen des schnelleren Arbeitstempos weiteres überflüssig gewordenes Personal abgebaut wird. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-10 in Abschnitt 2.3!

2.1.2.3 Allgemeine Fiihrungsgrundsätze und Delegation von Befugnissen Allgemeine Führungsgrundsätze G. Wiswede kritisiert die Führungsprinzipien, welche "im Hinblick auf erfolgreiche Führung diskutiert und in Managementkursen verbreitet (werden). Diese Konzepte haben häufig nur Rezeptcharakter und sind wissenschaftlich kaum ausgewiesen" (LV 1.83 S. 108). Der von G.G. Homans aus seiner Theorie der sozialen Gruppe ableitete Regelkatalog (vgl. LV 1.38, vgl. 1.1.3.9) bilde dagegen als "Prinzipien erfolgreicher Führung" eine Ausnahme (zitiert nach LV 1.83 S. 108): • Ein Führer muß seine Stellung zur Wahrung seiner Autorität beibehalten! • Ein Führer muß die Normen seiner Gruppe einhalten! • Ein Führer muß fuhren, da jede unterlassene Führungsleistung als Schwäche ausgelegt werden kann! • Ein Führer darf keine Befehle erteilen, die - weil unrealistisch - nicht befolgt werden! • Ein Führer darf sich bei der Erteilung von Befehlen nur formaler Kanäle bedienen! • Ein Führer muß eine gewisse Distanz wahren und darf sich bei sozialen Anlässen seinen Mitarbeitern nicht aufdrängen! • Ein Führer darf ein Gruppenmitglied nicht vor anderen Mitgliedern tadeln und - generell - nicht loben! • Ein Führer muß die Gesamtsituation betrachten und zwischen kurz- und langfristigen Zielen unterscheiden! • Ein Führer sollte zur Erhaltung der Disziplin weniger selbst strafen, als vielmehr die Gruppe sich selbst regulieren lassen! • Ein Führer muß zuhören können, um die notwendigen Informationen zu erhalten! • Ein Führer muß Selbsterkenntnis und Selbstbeherrschung besitzen! Diese Führungsprinzipien erscheinen im starken Maße auf emotional wie soziale Aspekte von (Primär-)Gruppen abgestellt und weniger auf die hierarchische Technostruktur von Unternehmen, die bei zunehmender Größe und Technisierung auf Aufgaben- und Verantwortungsteilung im Rahmen der sog. Delegation von Befugnissen drängt. Delegationsgründe In kleineren Unternehmen sind die Entscheidungsbefugnisse beim Unternehmer zentralisiert, die dieser gewöhnlich nicht zu teilen bereit ist. Anders sieht es in den großen von sog. Managern geleiteten Unternehmen aus; hier ist schon eher eine echte Delegation (Abgabe) von Befugnissen zu erwarten und zwar aus folgenden Gründen:

404

2. Hauptteil:

Managementlehre

1. die Delegation von Befugnissen dient zur Aufgabenverteilung im Unternehmen; 2. sie dient als Anreizsystem zu höheren Leistungen; 3. sie dient als Basis zur Herausbildung besonders selbständiger Unternehmensteilstrukturen wie der Spartenorganisation, den sog. Profit Centers (vgl. 2.1.2.6), den SGEs. Delegationsmerkmale Delegation von Entscheidungsbefugnissen liegt nur dann vor, wenn dem Delegierten ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt wird, der z.B. bei Routinetätigkeiten nicht vorliegt. Echte Delegation von Entscheidungsbefugnissen ist deshalb an folgenden Kriterien zu messen, die allesamt vorhanden sein müssen (vgl. Abb. 21-11): 1. Auftrag Beim Auftrag wird eine Aufgabe vergeben, welche definiert ist durch ein bestimmtes in der Zeit zu erfüllendes Ziel (= Soll). Dabei handelt es sich entweder um eine einmalige z.B. um ein Projekt oder um wiederkehrende Aufgaben, die eine Arbeitsstelle im Betrieb begründen. Je nach Auftrag kann es sich um anordnende oder ausführende Aufgaben handeln. Abb. 21-11: Delegation von Befugnissen als doppeltes Steuerungssystem

2. Vollmacht (Kompetenz im eigentlichen Sinn) Die Vollmacht gibt die Rechte und Befugnisse zur Ausfuhrung des jeweiligen Auftrags an. Sie schließt die Verfügungsgewalt über Betriebsmittel und Materialien, eventuell auch über Geldmittel ein (vgl. auch 2.1.2.1). 3. Verantwortung Für die Auftragsausführung trägt der Delegationsnehmer die Verantwortung im Wege eines SollIst-Vergleichs nach Auftragserledigung bei einmaligen Aufträgen oder in regelmäßigen Zeitabständen bei längeren Aufträgen. Das Soll sind die Leistungsnormen, die bei Auftragserteilung fixiert werden müssen. Die Verantwortung ist jedoch geteilt; der Delegierende bleibt in der Mitverantwortung. Schon im vorigen Jahrhundert war die Bedeutung der Förderung der Selbständigkeit durch die Delegation erkannt worden; so schrieb K.B. Emminghaus, der als Jurist und Nationalökonom u.a. als Professor für Wirtschaftslehre an der TH Karlsruhe lehrte, in seiner 1868 in Berlin veröffentlichten "Allgemeinen Gewerkslehre": "Denn das Selbständigkeitsgefühl ist der mächtigste Sporn zu treuer und gewissenhafter Arbeit" (zitiert nach LV 2.23 S. 45). Aufgaben- und Leistungssteuerung Demnach liegt bei der Delegation von Befugnissen ein Doppelsystem der sozialen Steuerung vor (vgl. auch 1.1.3.7): a = Verantwortungssteuerung: Der Vorgesetzte befragt den Mitarbeiter in gewissen Zeitabständen, ob die Istergebnisse den Sollvorstellungen entsprechen. Entsprechend den Leistungsergebnissen erteilt er Lob, um positive Leistungsprozesse zu verstärken, oder Tadel, um negative Leistungsprozesse zu bremsen bzw. um sie in die positive Richtung umzukehren. Gelegentlich sind die Sollvorstellungen den Istleistungen anzupassen, z.B. ist das Soll-Leistungsniveau nach Ende einer Einarbeitungsphase zu erhöhen.

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

405

b = Aufgabensteuerung: Der Mitarbeiter kontrolliert relativ engmaschig den Arbeitsfortschritt in seinem Aufgabengebiet. Er sucht dabei ständig das Leistungsniveau in seinem Bereich mengenund qualitätsmäßig zu heben (vgl. 1.1.3.5). Er stellt dabei - so gut er kann - eigenständig zielinkonforme Entwicklungen im Arbeitsprozeß ab. Auf seinem Wunsch hin kommt ihm der Vorgesetzte oder kommen ihm andere vom Vorgesetzten beauftragte Personen in außergewöhnlichen Situationen zur Hilfe. Durch diese doppelte Steuerung suchen sowohl der Delegierende wie auch der Delegationsempfänger • den Betriebsprozeß sektoral unter Kontrolle zu halten und • die betriebliche Leistung zu verbessern. Zur erfolgreichen und konfliktfreien Delegation sind Auftrag, Vollmacht und Verantwortung deckungsgleich zu konzipieren. Außerdem dürfen nicht zu viele Ausnahmevorschriften die Delegation durchlöchern". Ob es neuerdings in Abkehr von alten Organisationsstrukturen zu einem grundsätzlichen Paradigmawechsel der Betriebsfuhrung weg vom Befehl - Gehorsam-Prinzip hin zum Ziel- und Aufgabengebung - Selbstverwirklichungs-Prinzip kommen wird, mag bezweifelt werden, da der Delegationsempfänger an seinem Arbeitsplatz nicht immer mit unbeschränkter Wirkungsfreiheit rechnen kann; • gelegentlich erleidet der Vorgesetzte unter Berufung auf die "Besonderheit der Situation" einen "Rückfall in alte Kommandozeiten"; es erfolgt dann ein "Befehl" mit genauer Arbeitsanweisung als "direkter Durchgriff' auf den Mitarbeiter und dessen Leistung, • insbesondere Großbetriebe legen sich zum Arbeitsschutz, zur Vereinheitlichung des operativen Handelns aller Betriebsteile, etc. ausgefeilte Vorschriften zu u.a. Arbeitsanweisungen und Richtlinien (vgl. 2.1.2.4), welche die Gestaltungsfreiheit des Mitarbeiters wesentlich beschränken können und deshalb als "Gängelung" betrachtet werden, zumal dieser sie nicht beiseite schieben kann, da deren Einhaltung im Betrieb von den Revisoren überwacht wird (vgl. 3.7.7.3). Delegationspflichten Die Delegation von Befugnissen entlastet den Delegierenden von der Durchfuhrung gewisser Aufgaben, sie legt ihm andererseits gewisse Pflichten auf: • er muß den Mitarbeiter sorgfältig aussuchen und nach der Beauftragung ihn ebenso sorgfältig in dessen Aufgabengebiet einfuhren; • er muß den Mitarbeiter während der Auftragszeit mit den notwendigen Informationen und Betriebsmitteln versorgen; • er hat die Dienstaufsicht zu fuhren und u.a. darauf zu achten, daß der Mitarbeiter angemessenen Gebrauch von seinen Vollmachten macht und die geforderten Leistungen erbringt, eventuell muß er eine Fehlbesetzung wieder rückgängig machen. Der Mitarbeiter besitzt im Betrieb nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten: • er hat die geforderten Leistungen im Rahmen seiner Vollmacht zu erbringen; • er hat den Vorgesetzten regelmäßig über den Arbeitsfortschritt Bericht zu erstatten; • er hat in außergewöhnlichen Situationen den Rat des Vorgesetzten einzuholen, eventuell dessen Zustimmung; • er hat den Arbeitsablauf in seinem Bereich ständig zu verbessern, woraus ihm ein Anspruch auf Einkommenserhöhung wegen Leistungssteigerung erwächst. Delegations- und Führungsfehler Es sind verschiedene Fehlerfelder im Rahmen der Delegation erkennbar: 1. Abgrenzungsfehler In der Anfangsphase der Delegation wird versäumt, Aufgaben und Vollmacht klar abzugrenzen, so daß die Anweisung mehrdeutig erscheint. Das kann einmal daran liegen, • daß die Delegierenden bei der Delegationserteilung nicht sorgfältig verführen,

406

2. Hauptteil:

Managementlehre

• sie kann auch vom Vorgesetzten beabsichtigt sein, etwa weil er den Mitarbeiter im Unklaren lassen will, um ihn in Abhängigkeit zu halten oder weil er zur Erfolgsabsicherung eine Doppelleistung wünscht (vgl. auch 3.8.1.3). Ein derartiges entscheidungslogisches Anweisungschaos (vgl. 2.2.4.2) kann sich im Betrieb zu einem "deterministischem Chaos" steigern und u.a. zu Kompetenzstreitigkeiten fuhren. 2. Kontrollfehler Kontrollfehler entstehen während der Ausübung des Auftrags: • Der Delegierende traut dem Mitarbeiter nicht die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben zu und sucht durch eine engmaschige Kontrolle Fehler bei ihm zu vermeiden - dadurch wird der Mitarbeiter an einem Hineinwachsen in sein Aufgabengebiet behindert. • Der Delegierende belegt mißlungene Einzelleistungen des Mitarbeiters sofort mit negativen Sanktionen - das verunsichert den Mitarbeiter. • Der Delegierende greift zu Sanktionen, obwohl die Sollvorgabe nicht eindeutig definiert war - das kann zu endlosen Vorwurfs- und Rechtfertigungsdiskussionen fuhren, die das Betriebsklima verschlechtern und die Autorität des Vorgesetzten schmälern. 3. Führungsfehler • Der Delegierende läßt Rückdelegation dadurch zu, daß ein früherer Beauftragter mit seiner Billigung sich ständig in das Aufgabengebiet des neuen Mitarbeiters einmischen kann bzw. der Delegierende begeht selbst Rückdelegation, indem er formlos beim Versagen eines neuen Mitarbeiters dessen Kompetenzen an sich zieht oder sie formlos an andere verteilt - dadurch entstehen unklare Kompetenzverhältnisse im Betrieb. • Der Delegierende weist den Mitarbeiter nach Ablauf der Einarbeitungszeit nicht zurück, wenn dieser ständig um "Rat" fragt, um sich abzusichern - bei dieser stillschweigenden Rückdelegation lernt der Mitarbeiter nicht, selbständig zu arbeiten. • Der Delegierende zieht abgetretene Kompetenzen wieder an sich, wenn er sich unterbeschäftigt fühlt, und gibt sie wieder zurück, wenn sein eigener Arbeitsanfall wieder steigt - diese schwankende Delegationsbasis mit Rückdelegationseffekten verunsichert den Mitarbeiter und kann zur Frustration führen. Harzburger Modell Auf der Delegation von Entscheidungsbefügnissen basiert auch im Wesentlichen das sog. Harzburger Modell (vgl. LV 2.29), das die betriebliche Führung im Mitarbeiterverhältnis herausstellt. Dadurch soll erreicht werden, • daß die Entscheidungen möglichst tief unten an der Basis getroffen werden und • daß der Betriebsangehörige statt einzelner Aufträge einen eigenen Aufgabenbereich erhält und damit zum "Mitarbeiter" aufgewertet wird. Führungsanweisungen, Stellenbeschreibungen etc. sind schriflich zu fixieren. Die Kommunikation von Vorgesetzten und Mitarbeiter erfolgt u.a. auf Mitarbeiterbesprechungen und auf Dienstbesprechungen, die jeweils durch unterschiedliche Autorität des Vorgesetzten gekennzeichnet sind. Dem Vorgesetztem werden so Techniken an die Hand gegeben, die ihm die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern erleichtern. Dadurch wird das hierarchische System des Betriebs wie durch Mitbestimmung zwar nicht demokratisiert, jedoch verglichen mit dem Einzelauftragssystem, das dem Befehl-Gehorsam-Prinzip nahe liegt, humanisiert. Allerdings hat dies auch eine stärkere Bürokratisierung zur Folge, die "den Geist und den Schwung" in der Organisation beeinträchtigen, bei übermäßig starker Reglementierung sogar ersticken kann. Lösen Sie Aufgabe Nr. II-l 1 in Abschnitt 2.3! 2.1.2.4 Anweisungssysteme Die Anweisungen im Unternehmen können grundsätzlich gesehen von einer Stelle kommen oder von mehreren Stellen.

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

407

(Ein-)Liniensystem Im Liniensystem besitzt nur jeweils eine vorgesetzte Stelle das Recht, einer nachgeordneten Stelle Anweisungen zu erteilen (vgl. in Abb. 21-12a). Gilt dieses Anweisungssystem für den gesamten Instanzenzug, handelt es sich um ein totales (Ein-)Liniensystem, das in denkbar straffster Form alle Instanzen von der obersten bis zur untersten Stufe verbindet. Komplettiert wird dieses System gewöhnlich durch die Regelung, daß bei der Informations- und Befehlsübermittlung die Anweisungskette von oben nach unten streng einzuhalten ist. Wie umgekehrt jede Information von unten nach oben über jede Stufe laufen muß und keine Stufe übersprungen werden darf. Da in den Organisationen die Mehrfachunterstellung die Regel ist, so daß eine hierarchische Pyramide entsteht, muß bei der Befehls- bzw. Aufgabenvermittlung nach unten eine entsprechende Aufgliederung erfolgen und bei der Informationsübermittlung nach oben eine Informationsverdichtung. Werden in einer Abteilung Informationen von einer anderen Abteilung benötigt, geht die Informationsanforderung bis zu der Stelle hinauf, die beiden Abteilungen vorgesetzt ist, und dann hinunter bis zur Abteilung, welche die erwünschten Informationen speichert. Anschließend geht der Weg zurück. Eine gewisse Logik besitzt dieser langwierige Weg über die Instanzen schon; könnte eine Abteilung mit Leistungsbedarf diese Leistungen ohne Befragung der vorgesetzten Instanzen anfordern, wäre sie praktisch der - zweite - Vorgesetzte der anderen Abteilung, da sie ihr ebenfalls einen Auftrag zur Leistungerstellung erteilen kann. Nach Fayol wahrt dieses Ein-Linien-System die "Einheit der Auftragserteilung (Unité de Commandement)", ohne die nach seiner Meinung (LV 2.20 S. 22) in der Organisation "die Autorität geschwächt, die Disziplin gefährdet, die Ordnung gestört und die Stabilität bedroht" sei. Ein weiterer Vorteil des Ein-Linien-Systems ist darin zu sehen, daß die höher positionierten Leiter den Arbeitsanfall in den verschiedenen untergeordneten Abteilungen erkennen und Überbelastungen durch entsprechende Arbeitsverteilung vermeiden können. Allerdings können die höher positionierten Stellen selbst im Liniensystem informationsmäßig überlastet sein und so den sog. Flaschenhalseffekt der verzögerten und fehlerhaften Informationsverarbeitung verursachen. Zudem sind die langen und zeitraubenden Instanzenwege des Ein-LinienSystems nicht zu übersehen. Die Informationen können auch auf den langen Instanzenwegen deformiert werden (vgl. 1.1.3.8). Des weiteren ist eine Fehlinterpretation der Signale ist möglich, da das Liniensystem die direkten Face-to-Face-Kontakte weitgehend unterbindet. Als Ausweg bietet sich an, vor allen bei Routineinformationen verkürzte Nachrichtenverkehrswege quer durch die Instanzen zuzulassen unter der Bezeichnung Fayolsche Brücke. Dies geschieht im betrieblichen Berichtswesen bei der Aufstellung des Verteilerverzeichnisses fur die Berichte, indem die Vorgesetzten festlegen, wer in Zukunft direkt von der berichterstattenden Stelle Informationen zugeleitet bekommt. Macht- und autoritätsbewußte Vorgesetzte lassen diese Berichte erst gebündelt zu sich leiten, bevor sie die Berichte an die erhaltungsberechtigten Mitarbeiter verteilen, um zu verdeutlichen, • daß von ihnen alle Macht und Autorität ausgeht und • daß an ihnen nichts von Bedeutung vorbeizugehen hat. Abb. 21-12: Anweisungssysteme

a) S t a b - L i n i e n - S y s t e m • I

Vorgesetzte I



| Stab





b)

Funktionsmeistersystem

• Stab M

1



M i t a r b e i t e r

e

i

s

t

e

r

|



M i t a r b e i t e r

408

2. Hauptteil:

Managementlehre

Funktionssystem Beim Funktionssystem erfolgen die Anweisungen jeweils von mehreren Vorgesetzten. Jeder übt dabei eine spezialisierte Funktion aus (vgl. Abb. 21-12b). Dieses System wurde von F.W. Taylor theoretisiert. Er unterschied dabei vier Ausfuhrungsmeister in der Werkstatt: Verrichtungsmeister; Geschwindigkeitsmeister; Prüfmeister und Instandhaltungsmeister sowie vier Meister des Arbeitsbüros: Arbeitsverteiler; Unterweisungsbeamter, Zeit- und Kostenbeamter und Aufsichtsbeamter. Gelegentlich ist dieses System so interpretiert worden, • daß der "Aufsichtsbeamte" eine Koordinations&nktion ausübe und • daß damit alle übrigen praktisch untergeodnet seien. Dann liegt allerdings kein wirkliches Funktionssystem vor. Da sich die Vorgesetzten auf bestimmte Funktionen konzentrieren können, sind sie nicht überfordert, vielmehr können sie fachgerechte Anweisungen erteilen. Diese kommen auf "kurzen Verkehrswegen" den Arbeitenden zu. Dieses System hat keine praktische Bedeutung erlangt; • die verschiedenen Leitungsfunktionen lassen sich nicht eindeutig abgrenzen, so daß es leicht zu Kompetenzstreitigkeiten kommt, • zudem ist wegen mangelnder Koordination keine Prioritätensetzung gewährleitet, so daß die "Einheit der Auftragserteilung" verloren geht mit den von Fayol geschilderten Konsequenzen. Stab-Linien-System Beim Stab-Linien-System werden der Linie Stäbe zugeordnet (vgl. Abb. 21-12a). Dadurch integriert das Stab-Linien-System in das Linien-System gewisse Elemente des Funktionssystems: die Anordnungsbefugnis des Linienvorgesetzten bleibt zwar bestehen, dieser empfängt aber Beratungsinformationen für eine Problemlösung von einem Stab. Der Stab kann eine Person, z.B. der Assistent, aber auch eine ganze Abteilung sein, z.B. die Arbeitsvorbereitung oder die Qualitätskontrolle. Stabsarbeit besteht also in der Beratung, nicht in der Exekution. Der Stab entlastet den Linienvorgesetzten vor allem von entscheidungsvorbereitenden Aufgaben, eventuell auch von Kontrollaufgaben. Grundsätzlich gilt für den Stab: "Stab berät, aber befiehlt nicht!" Um die Qualität der Entscheidungen in der Linieninstanz zu fördern, ist auf eine geeignete Stabsbesetzung zu achten: • der Stab sollte Spezialwissen aufgrund praktischer Erfahrung besitzen; • der Stab sollte Neigung zur Teamarbeit insb. bei komplexen Planungen zeigen; • der Stab sollte in der Anonymität arbeiten können und sich nicht in den Vordergrund drängen, da dies der Autorität des Linienvorgesetzten schaden würde; • der Stab sollte Neigung zu wissenschaftlich-systematischer Arbeit zeigen. Stäbe lassen sich im Betrieb auf verschiedenen Instanzenebenen einfuhren. Damit es zu keiner Doppelarbeit kommt - es sei denn, diese ist zur Erfolgsabsicherung erwünscht - ist im Betrieb eine arbeitsteilige Stabshierarchie mit etwa folgender Struktur einzuführen: • Der Stab auf oberster Führungsebene beschäftigt sich mit künftigen Projekten und Problemen - häufig nur eine Grobplanung - bis zur Genehmigung der Lösungen durch die Geschäftsleitung. • Der Stab auf mittlerer Ebene verfolgt die weitere Entwicklung der Problemlösung; er erstellt die Feinplanung bis zur Einführung im Betrieb und überwacht die Einübungs- und Lernphase. • Der Stab auf der untersten Ebene übernimmt nach der Lernphase - bei einer Arbeitsumstellung am Fließband (vgl. auch 3.4.3.3) etwa nach 90 Arbeitstagen - die neue Tätigkeit und unterstützt die Linienvorgesetzten dabei, die tagtäglichen Probleme an den Ausführungsstellen zu lösen. Sind in der Stabsabteilung Personen mit dem verschiedensten benötigten Spezialwissen vorhanden, lassen sich die Wege zur Informationsgewinnung entscheidend verkürzen. Planungsarbeiten können im Stab ohne Ablenkung von Tagesproblemen durchgeführt werden. Bei Anonymität der Beratung erleidet der Linienvorgesetzte keinen Autoritätsverlust. Der Stab unterstützt den Managementprozeß der Führungskraft mit folgenden Stabsfunktionen: 1. Fact Finding. Der Stab sammelt Informationen zum speziellen Problem. 2. Stabsanalyse. Der Stab stellt das Ausmaß von Soll-Ist-Abweichungen fest, analysiert die Ursachen von Soll-Ist-Abweichungen.

2.1 Aufoauorganisation

des Betriebes

409

3. Stabsvorschlag. Der Stab entwickelt Vorschläge, um gewisse Problemsituationen abzustellen und stellt dazu Pläne auf. 4. Stabsbeurteilung. Der Stab gibt auf Verlangen Beurteilungen zu seinen eigenen oder zu fremden Vorschlägen ab, etwa zu Lieferangeboten von Material und Betriebsmitteln. 5. Updating. Dienten die ersten vier Stabsfunktionen zur Entscheidungsvorbereitung, so bringt der Stab mit dem Updating die Pläne nach der Entscheidung auf den neuesten Stand (vgl. 4.3.5.2). 6. Durchfuhrungsplanung. Der Stab entwickelt die Arbeitspläne (Feinpläne) zur Entscheidungsdurchführung. 7. Controlling. Der Stab sammelt und verarbeitet Kontrollinformationen (vgl. u.a. 4.3.5.7) und regt so eventuell einen neuen Managementprozeß an. An den Stäben finden sich auch Kritikpunkte, die sich schlagwortartig formulieren lassen: • Stabsarbeit ist lebensfremd! - Dieser Vorwurf kann bei Kontaktarmut der Stäbe gerechtfertigt sein. Durch Personaltausch zwischen Stab und Linie analog der militärischen Tradition, wo Stabsoffiziere gelegentlich wieder ein Truppenkommando übernehmen, läßt sich das Verständnis für sich gegenseitig ergänzende Stabs- und Linienfunktionen wecken und außerdem die Lebensfremdheit abbauen. In einem großen Unternehmen der Computerindustrie wurde z.B. der Hauptabteilungsleiter für Werbung vorübergehend als Vertriebsmitarbeiter an eine Verkaufsgeschäftsstelle "abkommandiert", um "hautnah" die Effizienz oder Ineffizienz seiner Werbevorschläge für das Unternehmen zu "spüren". • Stäbe bevormunden die Linienvorgesetzten! - Realisiert der Linienvorgesetzte ohne Änderungen die Stabsvorschläge, liegt in der Tat nur ein verdecktes Mehrliniensystem vor . Allerdings trägt nur der Linienvorgesetzte die volle Verantwortung für den Ausführungserfolg. Schon die Tatsache, daß der Linienvorgesetzte seine Vorschläge vollständig übernommen hat, gibt dem Stab ein Erfolgserlebnis und beflügelt ihn entsprechend zu weiteren Leistungen. Lediglich in dem Fall, in dem der Stab nur eine Lösung oder sonstwie zu wenige Lösungen vorbereitet, ist von einer Einengung der Entscheidungskompetenz der Linie zu sprechen. Die "Linie" kann das verhindern, indem sie die Ausarbeitung alternativer Vorschläge anordnet und diesbezüglich eventuell schon entsprechende Vorstellungen entwickelt. Besitzt allerdings die "Linie" nicht den notwendigen "Durchblick" bei der Wertung von Stabsarbeiten, erliegt sie in der Tat eventuell dem subjektiven Ermessen und den subjektiven Wertvorstellungen des Stabes. Ebenso geteilt ist in den Betrieben die Ansicht über Assistenten, gelegentlich auch Referenten genannt, die Stabsfunktion ausüben: • einige Unternehmen, welche diese Stellen, etwa Vorstandsassistenten, eingeführt hatten, haben sie als "überflüssig" wieder abgeschafft; • in anderen Unternehmen jedoch gelten sie "Sprungbretter" für Führungspositionen, dies mag daran liegen, - daß die Assistenten vertraut sind mit dem Entscheidungsprozeß in den höheren Positionen, so daß sie diesen gezielt fordern können, - daß sie als "Vertrauenspersonen" gelten, - daß sie gleichzeitig für Sonderaufgaben eingesetzt werden und daß sie dabei gleichzeitig zur Projektdurchführung LinienfUnktion erhalten und sich so einüben können. Der Stab ist ein Zeichen von größerer Arbeitsteilung, da er Arbeitsplanung und Arbeitsdurchführung trennt. Keineswegs sollte der Stab durch Gruppenmechanismen eingebunden werden, um Reibungsflächen zu vermeiden; denn begibt sich das Unternehmen durch Eindämmung etwaigen Konfliktpotentials ohne Not eines Kreativpotentials, was sich früher oder später negativ auf seine Innovationsfähigkeit auswirkt (vgl. auch 2.1.3.8). Im Zeichen der Humanisierung der Arbeit und des Lean Managements reduziert sich die betriebswirtschaftliche Bedeutung des Stabs: • durch Job Enrichment, bei der der Arbeitende "vertikale" Planungs- und Kontrollaufgaben selbst übernimmt; dasselbe • durch selbstorganisierende Gruppenarbeit, wo ein temporär tagender "Arbeitsvorbereitungsausschuß" die Funktion der Stabsstelle "Arbeitsvorbereitung" übernimmt. Diese Stabsreduktion gilt vor allem bezüglich der operativen Planung und Steuerung, nicht so sehr für die strategische Planung.

410

2. Hauptteil:

Managementlehre

Anweisungssystem in Form der Matrixorganisation Bei einem Anweisungssystem nach der Matrixorganisation (vgl. auch 3.8.2.1) erhält eine Stelle im Betrieb, dies kann ein Ausführender, aber auch der Leiter einer Organisationseinheit sein, Anweisungen von zwei Stellen zugleich, die sich jedoch bei eindeutiger Aufgabenabgrenzung nicht überlagern. Nach dem Organisationsplan der Ford Automotive Operations ist ab 1995 eine matrixmäßige Aufgabenabgrenzung eingeführt, • wobei auf der einen Koordinate die Produktverantwortung und damit die Entwicklungsverantwortung für die einzelnen Produkte bzw. Produktgruppen des Unternehmens und • wobei auf der anderen Koordinate die Ablaufverantwortung (sog. Prozeßverantwortung) des Unternehmens aufgereiht ist (vgl. Abb. 21-13). Dadurch erfolgt einerseits eine gewisse Spezialisierung, andererseits aber auch eine Rezentralisierung, da einmal die einzelnen Funktionsteilnehmer im Koordinationsfeld relativ frei auf die Leiter auf den Koordinaten zugreifen können, wie umgekehrt die Funktionsleiter auf den Koordinaten einen kurzen "Durchgriff' zur Basis besitzen. Funktionieren kann dieses zweidimensionale System der geteilten Verantwortung nur dann, wenn die Aufgaben den Koordinaten eindeutig zugeteilt werden, wofür bei Ford mit einer längeren Einführungszeit von etwa zwei Jahren gerechnet werden. Zugleich wird eine geographische Multipolarisierung (vgl. auch 1.4.4.2) dadurch erreicht, daß Ford of Europe die Entwicklungs- und Prozeßverantwortung für die "ganze Welt" und damit auch für die entsprechende Automobilproduktion der frontgetriebenen kleineren Fahrzeuge einschließlich des Mondeos erhält und Ford of USA dasselbe für die heckgetriebenen größeren Pkws sowie der Lastkraftwagen. Richtlinienkompetenz Große Unternehmen richten in ihren Hauptverwaltungen zentrale Abteilungen, z.B. Zentraler Einkauf, Zentrales Personalwesen, Zentrales Rechnungswesen, • welche die einzelnen Betriebsteile durch Ausgabe von Richtlinien koordinieren und • welche so ein einheitliches operationelles Handeln der dezentralen Betriebsteile sicherstellen sollen - allerdings unter Einschränkung der Handlungsfreiheit an der Betriebsbasis. Die Arbeit derartiger zentraler Abteilungen wäre unproduktiv, wenn diese zentralen Stellen, die vorwiegend eine Stabstätigkeit ausüben, für die gewöhnlich nur ein Anregungs- und Vorschlagsrecht üblich ist, keine sog. Richtlinienkompetenz erhielten. D.h. die Zentralabteilungen können vorschreiben, "Wie" bestimmte Operationen in den einzelnen Unternehmensbereichen abzulaufen haben, die dezentralen Bereiche bestimmen das "Was" und das "Wann" (vgl. Doppellinie in Abb. 21-13a): • die Zentrale Personalabteilung gibt Einstellungsrichtlinien heraus; • das Zentrale Rechnungswesen gibt Buchhaltungsrichtlinien heraus; • der Zentrale Einkauf gibt Einkaufsrichtlinien heraus. Die Interne Revision überprüft, ob diese Richtlinien in den entsprechenden Betriebsteilen eingehalten wurden. Organizational Procedures Nicht nur die Richtlinien der Zentralstäbe, sondern allgemein können Regelungen wie betriebliche Grundsätze und Richtlinien, die in sog. Organisationshandbüchern niedergelegt sind, die Weisungsmacht der Vorgesetzten einschränken. Diese Organizational Procedures weisen nach Staehle (vgl. LV 2.73 S. 699) folgende Vorteile auf: • Stabilisierung der Verhaltenserwartungen durch formalisierte Rollenvorgaben; • Reduzierung des individuellen Handlungsrisikos durch Objektivierung von Handlungen; • Autonomie des Stelleninhabers und Reduzierung willkürlicher Anweisungen; • Erleichterung der Personalmaßnahmen wie Einstellung, Versetzung u.v.m.

2.1 Aufbauorganisation

411

des Betriebes

Abb. 21-13: Anweisungen in einer matrixmäßigen Sparten- und Prozeßorganisation

Leiter: Ford Automotive Operations!—Leiter: Produktentwickl.

E

Büro für strateg. Planung

Produkt Strate-

gien

p

Zukunftstechnologien Fz.

r

Design Fahrzeugfertig, gruppe

Fertigung

Marketing & Verkauf

11

11

1



11

11

11



o z e ß V

Fahrgestellgruppe

e

Automotive Components

a

Zukunftsentwicklungen*

t

r

n

w

Global Marketing Plans

o

Marketing Vertrieb Kundeninform./ zufried.

t

Finanzen Personal Sozialwesen Einkauf Technologieforschung Qualität Arb.prozess

1

NutzGeländeFrontge- Heckgefahrwagen & triebene triebene zeuge Fahrz. Fahrzeuge Pickups T i T P r o d u k t v e r a n t w o r t u n g

r

u n

g * für Fertigungstechnik

412

2. Hauptteil:

Managementlehre

Größere Koordination und Standardisierung der betrieblichen Operationen werden jedoch mit erheblichen Nachteilen erkauft: • Erlebnis der Machtlosigkeit wegen der unpersönlichen Steuerung und wegen der Fremdkontrolle und damit verbunden • Aushöhlung der Machtbefiignis insgesamt mit einer Kette von negativen Effekten: - Behinderung der personalen Entwicklung; - Monotonieerlebnisse; - Desinteresse - mangelnde Eigeninitiative; - Tendenz zur Schwerfälligkeit; - mangelnde Anpassungsfähigkeit in neuartigen betrieblichen Situationen. • Handlungsausfall wegen fehlender Weisungen bei atypischen Situationen, wobei sich das Individuum allerdings mit dem Hinweis fehlender Instruktionen schützen kann. Im Wege des Organisations-Prototyping ist ein Regelungs-Optimum derart zu suchen, - daß im Betrieb ein Mindestmaß an Regelungen vorhanden ist, um unerwartete Personalausfälle ohne Schwierigkeiten zu überbrücken, - daß andererseits das Betriebspersonal genügend Bewegungsspielraum behält, um elastisch auf neue Anforderungen reagieren zu können. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-12 in Abschnitt 2.3! 2.1.2.5 Ausschüsse (Kollegien) Ausschußarten Ausschüsse sind temporäre organisatorische Veranstaltungen, zu denen eine Mehrzahl von Personen ad hoc oder im wiederkehrenden Turnus zusammengerufen wird, um über bestimmte Themen oder über einen bestimmten Themenkreis zu beraten, eventuell darüber zu entscheiden und um eventuell die Ausfuhrung einer Entscheidung zu kontrollieren. Sie treten in der Praxis unter verschiedenen Bezeichnungen in Erscheinung: Gremium; Kommission; Kommittee; Konferenz; Sitzung; Kollegium; Arbeitsessen; Kreativ-Team. In bezug auf die Herkunft der Ausschußmitglieder aus der betrieblichen Hierarchie können sie von verschiedener Struktur sein: a) Vertikaler Ausschuß. Hierbei setzt sich der Ausschuß aus Vorgesetzten bzw. Mitarbeitern verschiedener Ebenen zu einer "Dienstbesprechung" zusammen, wodurch sich insbesondere der Informationsfluß zwischen ihnen beschleunigen läßt. b) Horizontaler Ausschuß. Hier wirken Unternehmensangehörige gleicher Ebene, aber aus verschiedenen Bereichen zusammen. Dies ist praktisch auf allen betrieblichen Ebenen von der Sachbearbeiterebene bis zur obersten Führungsebene möglich. Der Ausschuß auf oberster Führungsebene in Aktiengesellschaften trägt die Bezeichnung "Vorstand". c) Gemischt vertikal/horizontale Auschfisse sind eine Kombination von a) und b). Auschüsse beraten und/oder entscheiden gewöhnlich über besonders komplexe betriebliche Probleme, welche vom konventionellem Stab-Linien-System nur in unzureichender Weise gelöst werden können. Von Wiederholhäufigkeit lassen zwei Ausschußvarianten unterscheiden: - Ad-hoc-Ausschuß. Ein solcher Ausschuß könnte z.B. zur Einführung eines neuen EDV-Systems aus Organisationsteilnehmern gebildet werden, die davon betroffen sind. - Ständiger Ausschuß. Der Finanzausschuß, der aus Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats gebildet wird und der das Finanzierungs- und Investitionsprogramm in regelmäßigen Zeitabständen abstimmt und prüft, ist ein ständiger Ausschuß. Zielsetzungen der Ausschüsse Ausschüsse werden mit einem weiten Sprektrum von Zielen einberufen: 1. Auschüsse zur Entscheidungsvorbereitung. Derartige Auschüsse dienen der Informationsgewinnung. Im äußeren Vorraum der Entscheidungsfindung stehen z.B. Vertreterbesprechungen, durch welche die Verkaufsleitung Informationen über die Marktlage allgemein und über spezielle Marktfaktoren u.a. neue Konkurrenten, Qualität der Produkte, Schlagkraft der Werbung gewinnt. Im inneren Vorraum der Entscheidungsfindung stehen z.B. Ausschüsse, auf denen über bestimmte Projekte beraten wird. Ausschüsse sind hierzu

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besonders gut geeignet, weil in ihnen Spezialisten aus verschiedenen Unternehmensbereichen zusammenkommen und Informationen austauschen können. Dies gilt insbesondere für die Entwickwicklung neuer Produkte, die gleichzeitig vom Produktions-, Absatz- und Rentabilitätsstandpunkt aus zu beurteilen sind 2. Auschüsse zur Entscheidungsfindung. Die Geschäftsleitung ist gewöhnlich als Gruppe organisiert. Sie funktioniert praktisch wie ein Ausschuß, in den alle Unternehmensbereiche ihre Vertreter entsandt haben, um ihre Interessen zu wahren. Deshalb stehen die Mitglieder dieses Gremiums häufig in einem Interessenkonflikt: sie sind Ressortleiter und haben nachhaltig die Belange ihres Ressorts zu fördern, zum anderen sind sie als Mitglieder der Gesamtleitung der gesamten Organisation gegenüber verpflichtet, den Kapitalgebern, der Belegschaft, aber auch der Gesellschaft als Ganzem. Wesentliche Aufgabe der Entscheidungsausschüsse ist es daher, auf breiter Basis einen Konsens zu finden. 3. Ausschüsse zur Entscheidungsdurchsetzung. Auf Mitarbeiterkonferenzen können die in Artteitsanweisungen niedergelegten Entscheidungen besprochen werden. Dabei lassen sich Mißverständnisse klären und Hintergrundinformationen vermitteln, so daß die Mitarbeiter die Entscheidung und die damit verbundenen Änderungen leichter akzeptieren. 4. Kontrollausschüsse Ist die Entscheidungsrealisation ein längerer Prozeß, gilt es ihn mit Hilfe von Kontrollausschüssen zu steuern, vor allem wenn die Entscheidung erhebliche Geldmittel bindet. Deshalb bietet es sich z.B. an, einen ständigen Ausschuß zur Investitionskontrolle zu bilden. Optimale Gestaltung der Ausschußarbeit Voraussetzung für die erfolgreiche Ausschußarbeit ist die rechtzeitige Ankündigung des Treffens bei den Teilnehmern, damit sie sich gründlich vorbereiten können. Während der Ausschußsitzung sollte eine Kopie der hierarchischen Struktur des Betriebs vermieden werden. Der "runde" Tisch fördert den Ideen- und Meinungsfluß. Der Vorsitzende eines Ausschusses sollte wie ein Moderator füngieren: • er präsentiert Wissen ohne Zwang zur Selbstdarstellung; • er ist bereit von der Gruppe zu lernen; • er stellt Fragen und provoziert, ohne zu kränken; »er läßt die Gruppe Lösungsansätze erarbeiten und nimmt nicht die Ergebnisse vorweg. Durch Einsetzen von Ausschüssen läßt sich der Entscheidungsprozeß vor allem in organisatorisch tiefstrukturierten Großunternehmen beschleunigen; da in den Ausschüssen Teilnehmer aus verschiedenen Bereichen zusammenkommen, verkürzen sich die Informationswege. In Gruppendiskussionen können die Probleme gründlicher durchdacht werden, als wenn eine Einzelperson entscheidet; Spezialisten tragen zu den Diskussionen mit ihrem profunden Wissen bei. Die Gruppe eignet sich auch zur Erzeugung unkonventioneller Ideen, wenn - vorübergehend - gewisse kreativitätshemmende soziale Mechanismen etwa beim Brainstorming (vgl. 2.2.1.2) außer Kraft gesetzt werden. Eine Vielzahl von Ausschüssen im Unternehmen trägt zudem wegen der breiten Beteiligung von Unternehmensangehörigen zu einer demokratisierten Unternehmensführung bei. Ausschüsse weisen weisen allerdings gewisse Probleme auf, die jedoch lösbar sind: • Auschüsse können die Entscheidung retardieren, wenn Teilnehmer die Diskussion in die Länge ziehen und immer neue Anträge stellen, die nicht entscheidungsförderlich sind - dies läßt sich durch eine straffe Sitzungsleitung vermeiden. • Ausschüsse produzieren leicht Leerlauf, wenn einzelne Teilnehmer bei Spezialproblemen nichts zur Lösung beitragen können - dies läßt sich durch eine sorgfältige Auswahl der Ausschußteilnehmer vermeiden. • Ausschüsse treffen gewöhnlich Kompromißentscheidungen, die fehlerhafte Entwicklungen zur Folge haben können, wenn gradlinige Entscheidungen das Gebot der Stunde sind. Lösen Sie Aufgabe 11-13 in Abschnitt 2.3!

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Managementlehre

2.1.2.6 Zentralisation - Dezentralisation Formen der Dezentralisation Kleinere Unternehmen tendieren zur Zentralisation betrieblicher Leistungs- und Entscheidungsfunktionen, um von den Vorteilen der Spezialisierung zu profitieren. Bei größeren Unternehmen können diese Vorteile in Nachteile umschlagen, so daß Dezentralisation gefordert wird. Die Dezentralisation ist in verschiedenen "technischen" Formen möglich: • Funktionale Dezentralisation. Bei der funktionalen Dezentralisation werden gleichartige Aufgaben getrennt. Um z.B. bei der Zufuhrung fertigmontierter Teile besseren Zugang zu den Bändern der Endmontage zu gewinnen, kann zum Beispiel die Funktion der Endmontage in zwei oder mehrere getrennte Fabrikhallen mit jeweils unabhängigen Montagebändern gelegt werden. • Geographische Dezentralisation. Die geographische Dezentralisation (vgl. Abb.21-14a) ist eine besondere Form der funktionalen Dezentralisation; die Funktionen der Leistungserstellung werden im mehr oder weniger starken Umfang geteilt und auf geographisch getrennte Örtlichkeiten verteilt. Dies kann geschehen, um von dem Arbeitskräfteressourcen anderer Landesteile zu profitieren, um die Auslieferung näher zum Kunden zu legen, etc. Zur "geographischen" Dezentralisation gründen Industriebetriebe Zweigwerke und Dienstleistungs- und Handelsbetriebe Filialen in verschiedenen Orten des Wirtschaftsraums. Auch Industriebetriebe bauen gelegentlich zum dezentralen Vertrieb Filialen in Form von Verkaufsniederlassungen auf. • Produktorientierte Dezentralisation. Bei einem Produktprogramm mit unterschiedlichen Produkten können die Funktionen der Leistungserstellung und -Verwertung getrennt (dezentralisiert) und nach einzelnen Produkten oder Produktgruppen z.B. Haushaltstechnik, Medizintechnik wieder zusammengesetzt und damit produktbezogen rezentralisiert werden. Dies kann die Arbeitsvorbereitung und den Produktionsfluß vereinfachen. Demnach ist auch die produktorientierte Dezentralisation (vgl. Abb. 21-14b) eine Unterform der funktionalen Dezentralisation. Eine sparten- und prozeßmäßige Dezentralisation wurde ab 1995 bei der Ford Motor Company eingeführt (vgl. 2.1.1.4), die für die einzelnen Tochtergesellschaften in den Ländern wie den Ford Werken in Köln wohl eher eine - noch stärkere - Rezentralisation bedeutet. Führungsdezentralisation Mit der "technischen" Dezentralisation einhergehen kann eine mehr oder weniger weitgehende Entscheidungs- und Führungsdezentralisation. Diese ist abmeßbar am Umfang der delegierten Managementfünktionen (vgl. 2.1.1.1); je mehr Managementfunktionen ein gesonderter Betriebsteil erhält, um so stärker ist die "Entscheidungsdezentralisation" fortgeschritten (vgl. auch 2.1.2.2). Abb. 21-14: Formen der betrieblichen Dezentralisation: a) g e o g r a p h i s c h e D e z e n t r a l i s a t i o n b) p r o d u k t m ä ß i g e

Dezentralis.

Legende: E = E i n k a u f ; A V = A r b e i t s v o r b e r e i t u n g ; F = Fertigung; Q = Qualitätskontrolle; P = Personalwesen; V = Vertrieb; = Richtlinienkompetenz

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

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Umgekehrt ist das Unternehmen um so stärker zentralisiert, je mehr Managementfimktionen bei der inneren Geschäftsleitung verbleiben. Wann und wie weit zu dezentralisieren ist weitgehend situativ bedingt. Ende 1964 besaßen die Ford Werke in Köln bei einer Belegschaft von etwa 30.000 Mitarbeitern nur ein Rechnungswesen. Das Unternehmen war also diesbezüglich zentralisiert. Das Top-Management gelangte zu der Auffassung, diese Funktion und damit das betriebliche Controlling befinde sich zu weit weg von der betrieblichen Basis. Die Ford Werke richteten in der Folge eine Reihe von Werkscontrollerbereiche mit angeschlossenen Abrechnungs- und Kostenanalyseabteilungen ein. In den Achtziger Jahren wiederum wurde eine begrenzte Rezentralisierung durch Zusammenlegung (Halbierung) von Werkscontrollerstellen erwogen, um sie dann offensichtlich unter japanischem Einfluß durch Funktionsintegration in den Neunziger Jahren völlig wieder abzuschaffen (vgl. 3.7.7.1). Wenn die einzelnen Betriebsteile ein eigenes Rechnungswesen besitzen, mit dem sie ihre Operationen finanziell überwachen können, so ist damit ein wichtiger Anfang zur weitergehenden Dezentralisation von Entscheidungsbefugnissen gemacht. Weitere Schritte können folgen: • die Betriebsteile erstellen ihre Investitionsplanung selbst; • sie setzen eigenständig die Arbeitsstandards; • sie regeln eigenständig die Arbeitszeit; • sie genehmigen selbst die Dienstreisen etc. Je mehr Entscheidungsbefugnisse die einzelnen Betriebsteile besitzen, um so weiter fortgeschritten ist die Dezentralisation im Betrieb, um so größer ist auch die Eigenverantwortung der Betriebsteile. Eigenverantwortung fordert fast immer die Leistungsmotivation (vgl. auch 2.1.3.2 ). Die Initiative in den Betriebsteilen steigt. Da die Instanzen- und die Kommunikationswege kürzer geworden sind, reagiert das Gesamtunternehmen über seine selbständigen Betriebsteile schneller auf Marktänderungen. Eine dezentralisierte Organisation mit weitgehend eigenständig handelnden Satellitenkernen relativ nahe der betrieblichen Basis verfugt demnach über einen höheren Reagibilitätsgrad als eine zentralisierte Großorganisation mit hoher Betriebshierarchie, die schwerfällig agiert, weil ihr Unternehmenskem weit weg von der betrieblichen Basis ist. K G . Götzer führt folgende Gründe für eine eine zunehmende Dezentralisierung der Entscheidungen im Betrieb an (vgl. LV 3.6 S. 12): • durch wachsende Komplexität der betriebliche Verhältnisse erschwerte zentrale Entscheidungen; • die Integration der Vorgangsbearbeitung etwa auf Fertigungsinseln; • der Aufbau selbststeuernder Regelkreise etwa durch Just-in-Time und Kanban; • das Streben der Mitarbeiter nach Verantwortung. Daneben darf nicht übersehen werden, daß auch Zentralisation Vorteile aufweist: • eine äußerste Spezialisierung ist möglich; • die Betriebsmittel lassen sich besser auslasten; • Doppelarbeit etwa bei Verfahrensentwicklungen werden vermieden; • der Einkauf besitzt eine stärkere Marktposition. Deshalb empfiehlt es sich auch in größeren Betrieben nicht, alle Funktionen zu dezentralisieren, sondern einige sollten zentral erledigt werden z.B. der Einkauf von Material und Betriebsmitteln, die von einigen oder allen Betriebsteilen benötigt werden. Die Auslieferung an die einzelnen Betriebsteile kann schon wiederum dezentral erfolgen. Dies führt zu einem zentralen/dezentralen Mischsystem, zur sog. zentralen Dezentralisation (vgl. 3.3.2.1, 4.3.5.2). Dies gilt auch für die Betriebskontrolle. Selbstkontrolle ist zwar gut, aber ein gewisses Mißtrauen ist angebracht; wenn die Ergebnisse in den dezentralen Betriebsteilen nicht wie erwünscht positiv ausfallen, neigen selbständig gewordene Betriebsteile bei fehlender Gegenkontrolle zur Selbsttäuschung, indem sie die Leistungsmaßstäbe herabsetzen. Es empfiehlt sich auch, durch die Einrichtung der Richtlinienkompetenz zentraler Stäbe (vgl. 2.1.2.4) divergierende dezentralisierte Betriebsteile zu einem einheitlichen operativen Handeln zu koordinieren.

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Lenkung dezentralisierter Organisationen E. Schmalenbach (vgl. LV 2.70) hat daraufhingewiesen, daß es günstiger wäre, die bürokratische Leitung in den Großunternehmen durch eine "pretiale Lenkung" zu ersetzen. "Pretiale Lenkung" bedeutet, daß die Großunternehmen in selbständige Bereiche dezentralisiert werden, welche gegeneinander um das knappe Unternehmenskapital konkurrieren, wobei die gewinnstärksten Bereiche den größten Anteil erringen. Diese Vorstellung ist in den USA schon 1921 im Chemiekonzern Dupont realisiert worden. Kurz darauf, 1924, fand dieses System auch Eingang in der Automobilindustrie, und zwar zuerst bei General Motors; dieses Unternehmen war damals kapitalmäßig mit Dupont verflochten. Es bestand zudem aus einem Konglomerat von Kettering zusammengekaufter Unternehmen, das in eine wirtschaftliche Krise geriet und von Alfred P. Sloan, der von Dupont kam, saniert wurde, indem er die dezentralen Unternehmenskerne durch eine zentrale Finanzkontrolle koordinierte, praktisch mehr zentralisierte als dezentralisierte. Die Ford Motor Corporation, lange Zeit monolithisch auf den Gründer-Unternehmer Henry Ford zugeschnitten, folgte erst 1946 mit einer Dezentralisierung, als sie wegen einer straffen, wenig innovativen zentralen Führung in eine Unternehmenskrise geriet (weitere Dezentralisierungsbeispiele vgl. LV 2.23 S. 99). Dezentralisierung ist für Unternehmen in Deutschland nichts Neues; bereits um 1900 wiesen Siemens & Halske Ansätze einer Spartenorganisation auf. Erst in den Sechziger Jahren teilte auch die IBM ihren Betrieb nach Sparten, den sog. Divisions, auf: Datenverarbeitung (DP = Data Processing); elektrische Schreibmaschinen (ET = Electrical Typewriter); Zeitmessungssysteme (TS von Time Systems). Da die letztere Sparte wenig umsatz- und ertragskräftig war, trennte sich die IBM in Verfolgung ihrer Transformationsstrategie (vgl. 1.4.3 .4) nach der Divisionalisierung bald von ihr. Im Jahre 1991 gab IBM bekannt, sich auch von der Schreibmaschinensparte einschließlich des Bereichs PC-Drucker und Zubehör trennen zu wollen. W. Schertier (vgl. LV 2.71 S. 35) fuhrt u.a. folgende Argumente für eine Divisionalisierung an: • Kenntnis der produktmäßigen Umwelt- und Marktverhältnisse; • schnelle Reaktion auf Marktänderungen, rechtzeitige Innovationsentscheidungen; • Entlastung der Geschäftsleitung von Koordinationsaufgaben zwischen den Funktionsbereichen; • Fehler im Top Management haben eine verringerte Reichweite. Selbst die Spartenorganisation kann sich noch als sehr schwerfällig erweisen. Deshalb gehen Unternehmen dazu über, diese weiter nach strategischen Geschäftseinheiten zu unterteilen (vgl. 1.4.2.4). Nach schweren Verlusten wurde z.B. der KHD-Konzern nach den Sparten Antriebe, Landtechnik und Industrieanlage gegliedert und diese wiederum in relativ selbständige SGEs, auch Geschäftsfelder genannt, unterteilt (vgl. Abb. 21-15). Die Sparten wie die SGEs sind als sog. "Profit Center" einzurichten, d.h., sie müssen jeweils ihre Existenzberechtigung nachweisen, indem ihnen eine Bruttorendite als Zielrendite vorgegeben wird, die es nachhaltig zu erwirtschaften Abb. 21-15: Sparten- und SGE-mäßige Dezentralisierung (nach KHD) Vorstand

Antriebe

Landtechnik Industrie- Koordination Finanzen Personal anlagen

SGEs •Deutz Motor •Deut z MWM •Deut z Service

SGEs I

•Deutz Fahr Mähdrescher Deutz Fahr Traktor

L

SGEs I

•KHD Humboldt We dag •Indumont

Strategie -Öffentlich-keitsarbeit •Produkt i onstechnik -Beschaffung -Qualitätsw.

-Bilanzen -Recht -Steuern -Führungs -Finanzen kräfte -Controlling -Grundsatz-Informa fragen L tionsw. Entwickl. L SGE:Gießerei

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ten gilt. Anders als die normale (Netto-)Zielrendite (vgl. 4.4.3.3) muß diese Bruttorendite noch einen zusätzlichen Beitrag zur Abdeckung der Kosten der Untemehmenszentrale erwirtschaften. Da eine solche Zielrendite die sich ändernden Kosten der Kapitalüberlassung und gleichzeitig auch die Höhe des jeweiligen Kapitaleinsatzes berücksichtigt, ist sie als Lenkungsinstrument integrativer, flexibler und entsprechend operationeller als die von Schmalenbach geforderte eher gewinnorientierte "Pretiale Lenkung", die sich - wenig operationell faßbar - an d em Grenznutzen der letzten noch zum Einsatz kommenden Produktionsfaktoreinheit orientiert. Als Organisationsstruktur bei weitgehender Dezentralisierung kommt die Holding in Betracht (vgl. 2.1.1.5), und insbesondere in Form der Management-Holding. So ist die IBM-Deutschland GmbH in eine Holding mit vier Tochtergesellschaften umgewandelt worden mit dem juristischen Sitz (nun wieder) in Berlin: • IBM-Deutschland Informationssysteme GmbH, Stuttgart, mit etwa 15.000 Mitarbeitern aus dem Marketing- und Servicebereich; • IBM-Deutschland Entwicklungs-GmbH, Böblingen, mit 2.000 Mitarbeitern; • IBM-Deutschland Bildungs-Gesellschafi-mbH, Herrenberg, mit 500 Mitarbeitern; • IBM-Deutschland Produktion GmbH mit 7.000 Mitarbeitern in Sindelfingen etc. Angestrebter Nebenzweck ist offensichtlich, den Großteil der Mitarbeiter aus der IG Metall zu lösen; die frühere starre Tarifstruktur des Metallbereichs behinderte nach Ansicht des TopManagements das Unternehmen auf dem Weg zu einem Dienstleistungsunternehmen. Allerdings zeigte sich später, daß eine tiefgehende Aufspaltung hinderlich sein kann, den Kunden erwünschte kompakte Komplettangebote „aus einem Guß" zu erstellen. Verhältnis von Zentralisation und Dezentralisation Grundsätzlich läßt sich bezüglich Zentralisierung und Dezentralisierung sagen, • daß Zentralisierung der Fokussierung d.h. der Scharfeinstellung der betrieblichen Ressourcen auf bestimmte Unternehmensziele, -aufgaben und -probleme und • daß Dezentralisierung der Abflachung hochgetürmter leistungshemmender Hierarchien sowie zur Entbürokratisierung und Flexibilisierung des Unternehmens dient. Größere Unternehmensorganisationen bedienen sich gleichzeitig beider Prinzipien, etwa daß bestimmte Teilfunktionen wie etwa die Forschung und Entwicklung zentral abgewickelt werden, andere Funktionen wie etwa das Controlling werden schichtweise dezentral und zentral in Form der sog. zentralen Dezentralisation abgewickelt (vgl. 4.3.5.2). Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-14 in Abschnitt 2.3!

2.1.2.7 Formelle und informelle Organisation Verdrängungsgesetz der formalen Organisation durch informale Organisation Informelle Organisation entsteht im Wege der Selbstorganisation im Betrieb und sie erweist sich deshalb als besonders resistent und intensiv. Nicht nur in informellen Gruppen, sondern auch unter langjährigen Mitarbeitern und Vorgesetzten entwickeln sich informelle Beziehungen, die tendenziell die formale Organisation ersetzen, zumindest durchsetzen. Es kann sogar von einem Verdrängungsgesetz der formalen Organisation durch informale Organisation gesprochen werden: • "Gute Beziehungen" fuhren oft besser und schneller quer durch die Hierarchie zum Erfolg als der "normale Dienstweg". • Der informale Cliquenfuhrer ist häufig effizienter als der formale Vorgesetzte. • Macht- wie statusmäßiger Aufstieg kann im Betrieb ohne formalen Sprung nach oben in der Hierarchie erfolgen durch Gewährung von höheren Statussymbolen, durch Teilnahme an als wichtig erachteten Sitzungen, durch Verleihung von Phantasie-Titeln wie "Leitender Spezialist", etc. Nach Heinz Streicher (zitiert nach Management Wissen 12/89, S. 102) ist "der Dynamik der Abläufe im Unternehmen...mit den klassischen Hierarchien längst nicht mehr beizukommen... Der permanente Wandel hat längst alle Hierarchien durchlöchert: Ranghierarchien, Titelhierachien,

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Gehaltshierarchien, disziplinarische Hierarchien. Außerplanmäßige Karrieren sind an der Tagesordnung..." • Beim Ausmaß informeller Organisation im Betrieb können interkulturelle Unterschiede bestehen. Deutsche Unternehmen suchen z.B. leistungsfähige Mitarbeiter möglichst lange im Betrieb zu halten. Mitarbeiter, die dreissig bis vierzig Jahre im Betrieb tätig sind, haben sich ihre informellen, kurzgeschlossenen Informationskanäle geschaffen, durch die sie zügig und ohne Informationsverluste kommunizieren, wenngleich dadurch - vom Standpunkt der formalen Organisation - der Eindruck eines Organisationschaos entsteht. Entsprechend besitzen formalorganisatorische Strukturen für deutsche Unternehmen eine erheblich geringere Relevanz als etwa für amerikanische Unternehmen, die - gemäß dem von ihnen verfolgten Prinzips des Hire and Fire (vgl. 1.1.1.3) eine größere Mitarbeiterfluktuation aufweisen. Diese informalen Elemente machen zur Stabilisierung der formalen Organisation immer wieder organisatorische Anpassungen im Betrieb erforderlich, wobei häufig nur informale Entwick-lungen nach einem gewissen Time-lag "legalisiert" werden. Da trotz ständiger Entwicklungen von in formellen Strukturen selten die betriebliche Homoöstasie, d.h. das betriebliche Organisationsgleichgewicht ernsthaft in Frage gestellt ist, kann von dem Bestehen eines betrieblichen Substitutionsund Ausgleichsgesetz zwischen formeller und informeller Organisation ausgegangen werden. Führt die Substitution nicht zum vollständigen Ausgleich, hat dieser Organizational Slack der informellen Organisation (vgl. 2.2.3.2) entweder zur Folge • ein Organisationsdefizit, wenn sich formelle und das informelle Organisationselement gegenseitig blockieren, oder • eine Organisationssynergie, - wenn die informellen Organisationsstrukturen generell den Informationsdurchfluß im Betrieb beschleunigen und dadurch den Betrieb effizienter und reaktionsschneller machen, - wenn sie den Ausfall von Vorgesetzten leichter überbrücken lassen, etc.. Strukturen, Ziele und Bedeutung informeller Gruppen Informelle Gruppen ähneln sich strukturell den Ausschüssen: sie können sich horizontal aus Mitgliedern der gleichen betrieblichen Instanz bilden; vertikal und gemischt horizontal-vertikal. Jedoch im Gegensatz zu den Ausschüssen als formalen Gruppen bilden sich informale Gruppen mehr oder weniger spontan. Den Führungskern der von dem formalen Unternehmenskern abgekoppelten informellen Gruppen bildet gewöhnlich ein sog. Cliquenführer. Der höhere Status des Cliquenfiihrers ist daran erkenntlich, • daß ihn die Mitglieder der informellen Gruppe öfter um Rat fragen und • daß sie ihm öfter Informationen zugetragen. Informelle Gruppen besitzen fiihrungs-, macht- und kommunikationsmäßige Bedeutung: • Ein Cliquenführer kann mit dem offiziellen Führer um die Macht in der Organisationseinheit konkurrieren. Durch diese Rivalität kann die Leistung der Organisationseinheit steigen, wenn sich die beiden Konkurrenten gegenseitig durch Beiträge zu übertrumpfen suchen. Ein derartiges innerbetriebliches Konkurrenzverhalten ist positiv zu beurteilen, so daß organisatorische Maßnahmen nicht erforderlich sind. Anders sieht es aus, wenn die Rivalitäten die Aktivitäten der Organisationseinheit lähmen; dann ist der Cliquenführer zur Wiederherstellung des Gruppengleichgewichts entweder durch Beförderung in die formale Organisationsstruktur einzubauen oder er ist in eine andere Organisationseinheit zu versetzen oder er ist zu entlassen. • Ziel der Cliquenbildung kann die gegenseitige Förderung und Beförderung sein, indem sich die Cliquenmitglieder gegenseitig die Steigbügel halten und so die Gruppe als sog. Seilschaft den Instanzenzug entlang hochhangelt. Derartige Koalitionen können sich auch in der Führungsspitze des Unternehmens bilden zur Durchsetzung gewisser persönlich geprägter Ziele und damit zur Machtausübung im Betrieb. So gewann in der deutschen Tochterunternehmung eines amerikanischen Konzerns der Vertriebsleiter durch sein gewichtiges Ressort und durch seine persönliche Autorität ein Übergewicht in der Geschäftsführung. Da koalierten der Vorstandsvorsitzende und der Finanzleiter gegen ihn und stellten so in der Führungsspitze das Gleichgewicht wieder her. • Über den täglichen Informationsaustausch am Mittagstisch hinaus entwickeln die informellen Gruppen ein informelles Kommunikationsnetz im Betrieb, das an einen größeren Kreis von Empfängern gewöhnlich schneller Informationen vermittelt als auf den normalen Informationswegen. Diese informellen Kommunikationswege sind unabhängig von der formellen Instanzenstruktur und

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sie gehen quer durch den Betrieb. Sie vermitteln auch sog. Hintergrundinformationen, d.h. ihr Informationsinhalt geht häufig über den Inhalt von offiziellen Verlautbarungen hinaus. Die informellen Informationen, Gerüchte genannt, können das Betriebsklima negativ beeinflussen, z.B. wenn es um Änderungen im Betrieb oder gar um Entlassungen von Betriebsangehörigen geht, also um Betriebsangelegenheiten, welche sie persönlich angeht. Die Betriebsleitung sieht sich dann gezwungen, "die Flucht nach vorn anzutreten" und die Belegschaft "rückhaltlos" zu informieren. Einige Führungskräfte kehren die "Negativfunktion" der "Gerüchteküchen" um, indem sie von Zeit zu Zeit Informationen von angeblichen Betriebsverlusten, die angeblich zu Entlassungen fuhren, lanzieren, um so in der Belegschaft Existenzängste zu schüren und um sie so zu besonderen Leistungen zu motivieren. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-15 in Abschnitt 2.3! 2.1.2.8 Einfluß der EDV auf die Unternehmensorganisation Folgen der Computervernetzung Benutzten die Unternehmen die EDV zunächst dazu, die Betriebsabrechnung zu beschleunigen, so bedienen sie sich neuerdings der EDV als Kommunikationstechnik, um die Effizienz der betrieblichen Informationssysteme zu steigern. Auch läßt sich z.B. durch computergesteuerte VideoKonferenzen zwischen der Unternehmenszentrale und den Außenbüros nicht nur die Kommunikation erheblich verbessern, sondern es können auch im beträchtlichen Umfang Reisekosten gespart werden, wenn auch die Kosten von Video-Konferenzen nicht unerheblich sind und dabei der unmittelbare Face-to-Face-Kontakt fehlt. Insbesondere die Computervernetzung hat weitreichende Folgen auf die Unternehmensorganisation: • es werden durch die Computernetze Lücken im Informationsfluß zwischen den Abteilungen geschlossen; • es lassen sich durch Computernetze organisatorische Schranken abbauen, denn in den betrieblichen Hierarchien schotten sich die einzelnen Abteilungen gern ab und sie wachen eifersüchtig über ihre Kompetenzen und ihr peripheres Wissen; • geographisch getrennt liegende Betriebsteile lassen sich durch Computernetze effektiver koordinieren; • die aufgeblähten Managementhierarchien lassen sich durch verbesserte Kommunikation über Computernetze ausdünnen, so senkte z.B. mit Hilfe leistungsfähiger EDV-Kommunikation ein amerikanischer Chemiekonzern die Zahl der Managerum 46% von 13.000 auf 7.000 Personen und die Zahl der Top Manager gar um 68% von 22 auf 7 Personen. Die Ausdünnung des Managements erfolgt - mengenmäßig - vor allem im sog. Middle Management, das in konventionell geführten Unternehmen vorwiegend damit befaßt ist, Informationen von der Basis zu ordnen und sie mehr oder weniger stark komprimierter Form weiterzugeben. Verbesserte Kommunikationstechniken mit Hilfe der EDV erhöhen also die Leistungsfähigkeit und damit die Leitungsspanne der Führungskräfte. Ein weiterer Impetus kommt durch die vermehrte Anwendung von entscheidungsfördernden Expertensystemen in den Betrieben (vgl. 1.2.2.5). Delayering und Networking Das Ausdünnen des Managements sollte durch ein Delayering d.h. durch ein Abflachen der Unternehmeshierarchie ergänzt werden. Die Abflachung der Hierarchie • beschleunigt den Informationsfluß bottom-up wie top-to-down und • erleichtert das häufig durch hohe hierarchische Strukturen behinderte Networking im Betrieb. Networking bedeutet, daß Informationen nicht nur top-to-down und bottom-up, sondern auch horizontal und diagonal durch die Hierarchieschranken und -ebenen fließen. Insgesamt lassen sich durch Delayering und Networking • die Unternehmensorganisation flexibler gestalten,

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• die Reaktionsgeschwindigkeit des Unternehmens gegenüber Umweltänderungen insbesondere gegenüber Konkurrenzmaßnahmen erhöhen und so • die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verstärken. Das Delayering kann sich mit betrieblichen Entflechtungsprozessen verbinden, die eventuell zur Satellitisierung und zur Multipolarisierung im Unternehmen führen (vgl. 1.4.4.2). Negative Effekte der Computervernetzung und deren Vermeidung Allerdings weist die durchgängige betriebliche Kommunikation über Computernetze auch Nachteile auf: • Betriebsgeheimnisse lassen sich nicht mehr so leicht sichern, • viele Mitarbeiter verwenden viel Zeit darauf, über den Computer Informationen aus anderen Abteilungen zu erfragen, die ihnen bisher verwehrt waren, und sie befriedigen so nur ihre höchst private Neugier, worunter ihre Leistung für den Betrieb leidet. Deshalb gehen die Betriebe schon dazu über, die Durchgängigkeit von Computernetzen einzuschränken, • indem sie Paßwörter für den Zugang für bestimmte Dateien einfuhren und indem sie diese Paßwörter gezielt verteilen oder • indem sie ein User Profile anlegen, d.h. eine Datei, in der für jeden registrierten Netzwerkbenutzer die jeweiligen Nutzungsrechte definiert sind, so daß der Server(Netzwerkverwalter) festlegen kann, welcher Nutzer auf welche Dateien, Unterverzeichnisse und Laufwerke zugreifen kann. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-16 in Abschnitt 2.3! 2.1.3 Motivation und Leistung im Betrieb 2.1.3.1 Bedürfnisse und Motivation im Allgemeinen Physiologische Basis von Motivationsaufbau Bisher wurde es als selbstverständlich angenommen, daß der Betrieb Mitarbeiter findet, die für den Betrieb Leistungen erbringen. Was aber veranlaßt die Menschen dazu, in Betrieben unter z.T. schwersten Bedingungen, bei Bergleuten sogar dauernd unter Lebensgefahr zu arbeiten und gelegentlich sogar in der Öffentlichkeit ein Recht auf Arbeit zu fordern? Hier setzt die sog. Motivationsforschung ein, die nach menschlichen Beweggründen, Motive genannt, fragt, die den Menschen zur Arbeit veranlassen selbst bei hoher unfallgefahr. Die Motivation kann als ein menschlicher Verhaltensaufbau in Stufen beschrieben werden (vgl. LV 6.20 S. 43ff): 1. Basis jeglicher Motivation ist offensichtlich der physiologische ARAS-Komplex (aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem), der die höheren Gehirnregionen in Aktionsbereitschaft setzt. 2. Die Aktionsbereitschaft wiederum löst zielgerichtete Aktivitäten des Individuums aus. Unter Motivation ist dann ein gedankliches Konstrukt zu verstehen (vgl. auch 1.1.3.4), welches die Kanalisierung der menschlichen Antriebskräfte zu erklären sucht und zwar - in statischer Sicht als Spannung zwischen gewissen Zielen und unerfüllten Bedürfnissen bzw. - in dynamischer Sicht als Streben, bestimmte Bedürfnisspannungen zu beseitigen. Unbefriedigte Bedürfnisse setzen den Mitarbeiter unter einen Spannungszustand und sieht er auf absehbare Zeit keine Möglichkeit, diese Spannung abzubauen, wird er entweder unzufrieden oder er senkt sein Anspruchsniveau. Grundprinzipien der Motivationsforschung im Betrieb Die Motivationsforschung kann dem Vorgesetzten mehr oder weniger gutentwickelte Konzepte an die Hand geben, wie er am besten seine Untergegebenen, im neuen Stil Mitarbeiter genannt, zur Leistung und damit zur Aufgabenerfüllung motiviert. Die Psychologie stellt dabei eine Reihe von Verfahren mit folgenden Grundprinzipien zur Verfügung, um den Zugang zur Motivation zu eröffnen (vgl. LV 1.85 S. 35ff.):

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

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1.) Introspektion. Hierbei kann die Erkenntnisgewinnung in zwei Unterformen erfolgen a) der Beobachter betreibt eine Innenschau, die von einem Außenstehenden nicht überprüfbar ist, so daß sich die Ergebnisse nicht objektivieren lassen; b) dritte Personen berichten von ihren Erlebnissen. Genereller Nachteil der Introspektion ist, daß die Teilnehmer der Selbsttäuschung unterliegen können. 2.) Verhaltensbeobachtung. Vom Verhalten des Individuums wird auf seine Motive geschlossen. Dabei besteht jedoch die Gefahr, daß der Beobachtende bei der Interpretation unkritisch von sich auf andere schließt. 3.) Physiologische Abläufe. Es sei um die Reliabilität und Validität der dabei gewonnenen Daten schlecht bestellt (vgl. aber LV 6.20 S. 58ff.). 4.) Analyse der Verhaltensergebnisse. Als Verhaltensergebnisse kommen Arbeitsergebnisse, Handschriftenproben etc. in Frage. Um Fehldeutungen der Motivation zu erkennen, gilt es die situativen Bedingungen zu beachten, unter denen die Verhaltensergebnisse zustande kommen. 5.) Beobachtung der Organe. Von der Organbeschaffenheit, z.B. von ausgeprägter Muskulatur, wird auf sportliche Interessen geschlossen. Motivationspyramide nach Maslow Einen erheblichen Bekanntheitsgrad besitzt die von A.H. Maslow (vgl. LV 2.48) ohne besonderen wissenschaftlichen Apparat eher intuitiv-induktiv entwickelte Bedürfnishierarchie, auch Bedürfnispyramide genannt, nach der für den Menschen eine gestufte Bedürfnispyramide gilt (vgl. Abb. 21-16a), an deren Basis sich sog. physiologische Bedürfnisse wie Hunger, Durst etc. befinden. Unmittelbar darüber gelagert sind nach Maslows Ansicht Sicherheitsbedürfnisse, die nach oben zunächst von sozialen Bedürfhissen abgelöst werden, dann von Bedürfnissen der Wertschätzung und schließlich vom Bedürfnis der Selbstverwirklichung. Diese Bedürfnisse suche das Individuum im Laufe der Zeit nach jeweiliger Sättigung teils nacheinander teils parallel zueinander mit unterschiedlicher Intensität zu befriedigen (vgl. Abb. 21-16b). Abb. 21-16: Motivationsstruktur des Menschen nach Maslow a) B e d ü r f n i s p y r a m i d e b) Stärke u n d Folge der B e d ü r f n i s s e a Bedürfnisrich

Stärke der Selbstverwirklichung Bedürfnisse Wertschätzung soziale Bed. Sicherheitsbedürfnis physiolog.

Die Maslowsche Bedürfnishierarchie hat neben Anerkennung auch Kritik gefunden. Einmal richtet sich gewöhnlich eine Bedürfnishierarchie strukturell und auch rangmäßig nach kulturellen Vorstellungen - das Maslowsche Modell entspricht "westlichen" Vorstellungen, bei Asiaten oder Afrikanern dürften andere Prioritätenreihen, wenn nicht völlig andere Bedürfhisse zu erwarten sein - und selbst innerhalb dieser kulturellen Muster kann es individuelle Unterschiede geben. So gilt jedoch allgemein die Erkenntnis als gesichert, daß der Mensch zunächst gewisse physiologische Grundbedürfhisse (basic needs) zu befriedigen sucht, bevor ihn Bedürfhisse höherer Ordnung (growth need) "reizen". Das Theorem - darunter ist das Teilstück einer Theorie zu verstehen -, daß befriedigte Bedürfnisse nicht mehr zur Leistung reizen, gilt nur im begrenzten Maße; erzielt der Mensch durch Leistungen Erfolgserlebnisse (vgl. auch 1.1.3.3/4, 1.1.3.9 und 2.1.3.4), so erhöht sich häufig sein Anspruchsniveau. Dies ist eine geläufige Erkenntnis und kommt in Sprichwörtern

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2. Hauptteil:

Managementlehre

zum Ausdruck wie "Je mehr er hat, je mehr - es dürfte ja sonst keine Milliardäre geben, gerade die Grundbedürfhisse auf Dauer und für Leistungen im Betrieb finanziert werden. setzten, da letztere schon aus Gründen der entsprechend kostspieligen Konsum pflegen.

er will!" oder "Mit dem Essen kommt der Appetit!" sondern allenfalls nur Millionäre. Zudem existieren ihre Erfüllung muß deshalb ständig aus Einkommen Das gilt für die Mitarbeiter wie auch für die VorgeRepräsentation ihres Betriebs einen gehobenen und

Das bekannte ERG-Modell von Alderfer geht von drei Motivklassen aus: • E = Existence — > Befriedigung von Grundbedürfnissen (= Existenzbedürfhisse); • R = Relatedness — > Befriedigung von sozialen Bedürnissen; • G = Growth — > Befriedigung von Entfaltungsbedürfhissen (= Wachstumsbedürfhisse). Alderfer will diese Motivklassen nicht als hierarchisch geordnet wissen, so daß individuelle Besonderheiten besser erfaßt und erkannt werden. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-17 in Abschnitt 2.3! 2.1.3.2 Motivation in der betrieblichen Hierarchie Hierarchieadäquate Motivatoren nach McClelland Einleuchtender als die allgemeinen Bedürfniskategorien von Maslow wie auch von Alderfer scheinen zur Erklärung der Motivationsstruktur in der betrieblichen Organisation die LSMMotivkategorien von D.C. McClelland zu sein (vgl. LV 2.50): 1.) LS = Leistungsstreben (Need for Achievement), um für Leistungen - monetäre - Belohnungen zu erhalten; 2.) SS = soziales Streben (Need for Affiliation), um von einer sozial angesehenen Gruppe akzeptiert zu werden; 3.) M S = Machtstreben (Need for Power), um betriebliche Probleme nach eigenen Zielvorstellungen lösen zu können. Ob allerdings ein Individuum bei einer Befragung angibt, er strebe nach Macht, kann bezweifelt werden; normalerweise bekennen sich Individuen nur zu gesellschaftlich anerkannten Wertvorstellungen und Zielen und da "Macht haben wollen" nicht dazu zählt, wird das Individuum zur "Rationalisierung" Zuflucht nehmen und ein anderes, "neutrales" Ziel etwa "beruflicher Aufstieg" vorschieben, das ihn zu demselben Erfolg führt. Ein ähnlich ambivalentes Verhalten ist in bezug auf Anerkennungsstreben im Betrieb zu beobachten, so daß "Anerkennung" im Betrieb vielfach einer "tragischen Figur" ähnelt; • viele Individuen, welche sich sehnlichst eine verbale Anerkennung von Kollegen bzw. Vorgesetzten für ihre Leistungen wünschen, erhalten sie nicht, sondern sie werden allenfalls monetär abgefunden, und • andere Individuen, welche eine verbale Anerkennung erhalten, verschmähen sie zugunsten einer monetären Besserstellung. Dynamik der Motivatoren in der betrieblichen Hierarchie Für den LSM-Komplex von Motivatoren ergeben sich Differenzierungen in den betrieblichen Organisationsschichten (vgl. Abb. 21-17a). In der Mitarbeiterebene überwiegt das Leistungsstreben. In den Führungsebenen nehmen soziale Bestrebungen und Machtstreben zu. Entsprechend gibt es Verschiebungen bei der Relation der Motivationskategorien in zeitlicher Sicht. Diese Dynamik läuft in Phasen ab (vgl. Abb. 21-17b): Phase I: Eingangsphase. Jungen Mitarbeitern, die noch keinen Aufstiegsanspruch haben, geht es vornehmlich darum, durch besondere Leistungen Belohnungen vor allem in Geld zu erhalten, um den Haushalt aufzubauen und um die wachsenden Ansprüche ihrer jungen Familien zu erfüllen. Deshalb sind sie auch gewöhnlich bereit, über die normale Arbeitszeit hinaus "Überstunden" zu machen, dies um so mehr, je geringer der Basisarbeitslohn ist. Phase II: Aufstiegsbeginn. Verschiedene Mitarbeiter, welche sich in ihr Aufgabengebiet eingearbeitet haben, entwickeln soziale Bedürfhisse und Machtbedürfhisse, die sich in der Mitarbeiter-

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

423

ebene nicht befriedigen lassen, zumal die Betriebe dieser Ebene bewußt Statussymbole wie Titel, Stellung von Firmenwagen, eigener Arbeitsraum mit besonderer Ausstattung, eigene Sekretärin, neuerdings auch eigener PC/Laptop, etc. vorenthalten. Fehlen andererseits ausgeprägte Führungsqualitäten bei einem Mitarbeiter, hält der Betrieb ihn vom Instanzenzug fern und befriedigt ihn ersatzweise mit der "Job-Rotation-" oder "JobEnrichment-Strategie" (vgl. 1.2.4.7). Abb. 21-17: Motivation in der betrieblichen Hierarchie a) M o t i v s t r u k t u r in der Betriebshierarchie

b) D y n a m i k der M o t i v a t o r e n in d e r betrieblichen Hierarchie Stärke der M o t i v a t o r e n T

Mitarbeiterebene

Führungsebenen

Zeit

Phase HI: Karrierezug. Die nunmehrige Führungskraft übernimmt mit jedem weiteren Aufstieg zunehmend größere Repräsentationspflichten für den Betrieb, wozu er ein höheres Einkommen für eine "repräsentative" Wohnung etc. braucht. Parallel steigt sein soziales Ansehen, dies wiederum dient der Befriedigung sozialer Bedürfnisse. Gleichzeitig verstricken sich Führungskräfte mit dem Aufstieg in der Betriebshierarchie immer stärker in Machtkämpfe. Diese werden häufig in zeitaufwendigen Konferenzen ausgefochten, wo Sachfragen mit Machtfragen verquickt werden. Ausprägung und Folgen von Machtstreben Die Machtkämpfe absorbieren einen Teil der Energien der Führungskräfte und lenken sie von den notwendigen Leistungen für den Betrieb ab, und zwar mit unterschiedlicher Intensität und mit unterschiedlichen Konsequenzen bei den einzelnen Formen des Machtstrebens: 1. schwaches Machtstreben (sMS) ist gewöhnlich in der betrieblichen Hierarchie nur eine Übergangserscheinung; Verantwortungsträger mit sMS werden früher oder später ausgeschaltet, u.a., indem sie aufs "Abstellgleis" geschoben werden; 2. bei normalem Machtstreben (nMS) besteht ein relatives Gleichgewicht zwischen Leistungs-, Macht- und sozialem Streben; dann ist gewährleistet, daß sich der Verantwortungsträger mit dem notwendigen Einsatz und Erfolg für die Belange der ihm anvertrauten Organisationseinheit etwa in bezug auf die benötigten Budgetbeträge einsetzt; 3. zerstörerisches Machtstreben (zMS) kann die Organisationseinheit in ihrer Funktion lähmen und/oder zu Fehlentscheidungen für die Organisation als Ganzem führen. zMS-Situationen können aus verschiedenen Gründen entstehen, • wenn im Unternehmen sog. Generationenkonflikten aufbrechen (vgl. 2.1.1.2); • wenn Individuen in der Hierarchie ein übertriebenes Machtbewußtsein entwickeln, etwa bei Nachfolgerangeleien um einen freiwerdenden höheren Posten; • wenn es aus ressortegoistischen Gründen darum geht, bestimmte Ressortvorstellungen einseitig durchzusetzen etwa bei der Ressourcenzuteilung im Rahmen der Budgetierung; • wenn bei der Konzeption neuer betrieblicher Produkte bzw. Leistungen die "kaufmännischen" oder "technischen" Vorstellungen kompromißlos durchgesetzt werden (vgl. 2.2.4.2). In der zMS-Situation kommt es dann darauf an, ob andere Personen ersatzweise die Führung übernehmen und/oder ob die Organisation "eingefahren" genug ist und deshalb aufgrund früherer getroffener Regelungen "von selbst" funktioniert.

424

2. Hauptteil:

Managementlehre

Die Folgen von zMS-Situationen können gravierend fiir die Existenz des gesamten Unternehmens sein, wenn sich z.B. bei Produktentscheidungen die technische Seite mit überzogenen Forderungen an Hochleistungstechnoiogie durchsetzt, die am Markt noch gar nicht gefragt und zudem gegenwärtig noch zu teuer in der Herstellung ist, so daß das neue Produkt zu teuer und deshalb unverkäuflich ist. Ein Beispiel hierfür dürfte ein von VFW-Fokker entwickelter Flugzeugtyp sein mit einem extravagant auf den Tragflächen montierten Antrieb, der technisch überentwickelt mangels Nachfrage wegen eines zu hohen (Kosten-)Preises erst gar nicht in Serie ging. Machtbasis und Machtentwicklung Das Individuum kann sich eine vielschichtige betriebliche Machtbasis aufbauen: • respekterheischendes Auftreten mit der Fähigkeit, Probleme zu lösen und Konsens in den Gruppen herbeizuführen (persönliche Autorität); • Unersetzbarkeit für den Betrieb wegen spezieller Fähigkeiten bzw. wegen der Kenntnis wichtiger Informationen (sog. Expertenmacht), die im Extremfall zum sog. "Expertendünkel" mit den oben beschriebenen zerstörerischen Konsequenzen führen kann; • formale Position in der betrieblichen Hierarchie mit entsprechender Verfügbarkeit über finanzielle Mittel (vgl. 2.2.4.2), sog. "bürokratische" Macht (vgl. 2.1.3.5); • informale Macht - die eines Cliquenfuhrers (vgl. 1.1.3.3 und 2.1.2.7), - aus der persönlichen Beziehung zu einem Machtträger (vgl. 2.1.1.2). Je mehr derartige "Schichten" bei einem Individuum zum Tragen kommen, um so fester ist die Machtposition im Betrieb fundiert. Machtbewußte Individuen tendieren deshalb im Betrieb dahin, (neue) Aufgaben an sich zu ziehen, da dies gewöhnlich mit einer Ressourcenzuteilung verbunden ist. Von zusätzlicher Aufgaben- und Ressourcenzuteilung können sie einen Machtzuwachs bzw. eine positioneile Verbesserung erwarten. Auf diese Weise gelangen sie im Wege eines Machtentwicklungszyklus zur Positionszufriedenheit (vgl. Abb. 21-18). Mißlingt der Versuch, stellt sich beim Individuum Frustration d.h. Enttäuschung wegen des Mißlingens, Macht zu erhalten, ein. Ab einer gewissen Frustrationstoleranz wird das Individuum früher oder später zu einem neuen Versuch ansetzen; anderfalls stellt sich schon früh eine Extinktion des Machtstrebens ein. Stellt das Individuum fest, daß die Organisationseinheit, in der sich befindet, nicht zur Befriedigung des Machtstrebens taugt, kann es sich durch den Exitus d.h. durch Versetzen in eine andere Organisationseinheit bzw. durch Verlassen des Betriebs eine neue und eventuell bessere Chance verschaffen. Abb. 21-18: Machtentwicklungszyklus im Betrieb Positionszufriedenheit >INDIVIDUUM« MACHTzuwachs,

AUFGABENzuwachs? erneuter nein Versuch

ja

Aufstieg

ja >RESSOURCENzuwachs? nein

- » F r u s t r a t i o n — » E x t i n k t i o n des M a c h t s t r e b e n s 1 >Exitus

Streß Insbesondere beim Aufstieg im Betrieb kann das Individuum in eine gravierende Streßsituation geraten. Der Begriff Streß bezeichnet in der Physik den Druck, unter dem sich ein Werkstoff befindet: je höher der Streß, um so stärker die Verformung des Werkstoffs gegenüber seinem ursprünglichen Zustand. Streß wird seit 1950 von dem in Kanada lebenden Biomediziner Hans Selye (vgl. LV 2.72) im physiologisch-psychologischen Bereich verwandt und charakterisiert dort eine vom Individuum empfundene Drucksituation. Ist der Streß mit Gefahr bzw. Schmerz verbunden, wird dies als Distreß bezeichnet, Streß, der als angenehm oder gar als motivierend empfunden wird, trägt die Bezeichnung Eustreß (eu = griechisch: gut). Allgemein ist davon auszugehen,

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

425

• daß der Mensch zum normalen Leben einer gewissen Streßbelastung bedarf; ist sie zu gering, kommt es zum rust out, ist sie zu hoch, zum burn out, • daß der Mensch bei einer mittleren Streßbelastung die beste Arbeitsleistung zeitigt, • daß jeder Mensch eine gewisse Streßtoleranz mit einer äußersten Belastungsgrenze besitzt. Eine Streßsituation hat syndromartige biologische Auswirkungen (vgl. LV 2.75 S. 89ff), die zum Teil äußerlich erkennbar sind: • Puls und Atmung beschleunigen sich; • die Pupillen erweitern sich, der Gestresste zeigt Hautbläße, Teil lassen sich die Streßeffekte nur klinisch messen: • Milchsäure, Fett und Blut steigen im Körper an; • die Blutgerinnungsfaktoren erhöhen sich; • bei Erschrecken setzen Denkblockaden ein, der Sympathikusnerv aktiviert schlagartig die Nebenniere, es kommt zu einer Ausschüttung des Fluchthormons Adrenalin sowie zu einer Ausschüttung des Aggressionshormons Noradrenalin in den Blutkreislauf. Es sind verschiedene Stressoren (Stressor ist abgeleitet von Streßfaktor) bekannt, von denen gleichzeitig mehrere vor allem bei der Beförderung im Betrieb zur Wirkung kommen können: • der kommunikationsbedingte Stressor wird ausgelöst, weil bei der Beförderung das Individuum gewöhnlich seinen alten Arbeitsplatz verliert und es sich deshalb neue Verbindungen zu neuen Vorgesetzten, Kollegen, etc. aufbauen muß; • der aufgabenbedingte Stressor zeigt relativ geringe Wirkung, wenn der Beförderte in der alten Organisationseinheit bleibt, er verstärkt sich, wenn der Beförderte in einem anderen Bereich tätig wird oder wenn er mangelnde Fachqualifikation aufweist; • der rollenbedingte Stressor kann auftreten, wenn das Individuum keine "geborene Führernatur" ist bzw. sich in der neuen Umgebung durch einen Cliquenfuhrer gesteuert Widerstände regen; •organisationsbedingter Stressor tritt vor allem bei Kompetenzstreitigkeiten infolge von Organisationsänderungen auf; • familiäre Stressoren treten auf, wenn sich in der Familie des Beförderten Widerstände regen, weil er nun weniger Zeit für Zuwendungen in der Familie hat. Zum Streßabbau im Betrieb gibt es geeignete Personalförderungsmaßnahmen (vgl. 3.6.1.5). Den familiären Streß kann der Beförderte mit vermehrten monetären Zuwendungen abbauen, die Kompensationseffekte auslösen. Gelingt der Streßabbau nicht, ist u.a. mit folgenden Konsequenzen zu rechnen, die sich je nach Ausgangslage etwa in Verbindung mit Mobbing (vgl. 2.1.3.9) zum personalen deterministischen Chaos mit dem Extrem des Todesfalles aufschaukeln können: - das Individuum zeigt erste Reaktionen in Form von Depressionen, Angstschweiß bricht aus oder es verhält sich aggressiv; - es flüchtet in Nikotin-, Alkohohl-, eventuell in Drogenkonsum; - seine Gesundheit wird erschüttert; es zeigen sich erhöhter Blutdruck, erhöhter Cholesterinspiegel, später Magengeschwüre (Ulk), Gastritis, Allergien; - der Charakter wird deformiert, es treten Wutausbrüche, mangelnde Kollegialität, Abwesenheit am Arbeitsplatz auf; - im Extremfall tritt der Tod ein, eventuell schon in den ersten Stunden der Alarmreaktionsphase. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-18 in Abschnitt 2.3! 2.1.3.3 Karriereplanung und Motivation Grundlegende Karrierestrategien Nach Beobachtung des Verfassers stehen dem Individuum im Unternehmen alternativ zwei grundlegende Karrierestrategien zur Verfügung: 1. Bei der SELFMADEMAN-Strategie baut der "natürliche Führer" sich informal eine Machtposition im Betrieb auf, indem er sich ein Klientel schafft, mit dem er um die Macht mit dem offiziellen Führer der Organisationseinheit konkurriert und ihn eventuell verdrängt. 2. Bei der SPONSOREN-Strategie unterstützt das Individuum bedingungslos den offiziellen Führer der Organisationseinheit, der wiederum ihn favorisiert. Steigt der von ihm Geförderte in der betrieblichen Hierarchie auf, übernimmt er dessen freigewordene Stelle. Dadurch entstehen sog. Seilschaften in der Hierarchie. Die Sponsoren-"Eitelkeit" und damit die Motivation zum KarriereSponsern besteht darin, Macht, aber auch Zufriedenheit daraus zu ziehen, möglichst vielen Menschen den Weg in eine Karriere geebnet zu haben sowie sie möglichst "weitgebracht" zu haben.

426

2. Hauptteil:

Managementlehre

Beide grundlegende Karrierestrategien können zu einer Kombination fuhren, indem der natürliche machtbewußte Führer "Druck von unten" ausübt und den unmittelbaren Vorgesetzten, ohne ihn seitwärts zu verdrängen, in der Hierarchie nach oben vor sich herschiebt in der Doppelfunktion des Wegbereiters und des Schutzschilds. Auch auf diese Weise entsteht ebenfalls eine, wenn auch unfreiwillige Seilschaft. Alternative betriebliche Karrierewege Der Betrieb kann starke Motivationskräfte aus der gut angelegten Karriereplanung gewinnen. Dabei ist ein Karrierestau nach Möglichkeit zu vermeiden; denn fiir hochmotivierte Individuen ist dies ein Stressor eigener Art. Der Karriereweg kann breit (KWb) oder schmal (KWs) angelegt sein. Ist er schmal angelegt, z.B. der direkte Aufstieg eines Personalfachmanns bis zum Personalchef, müssen die einzelnen Karrierestufen zeitlich gestreckt werden, damit das Individuum nicht zu fHih das Ende der Karriereleiter erreicht und danach demotiviert ist. Diese "Kaminkarriere" im Unternehmen ohne Überspringen von Karrierestufen sieht demnach wie folgt aus (vgl. Abb. 21-19): (1)

KWs:

ME - LM - MM - UM

Abb. 21-19: Alternative Karrierewege

Upper Management (UM)

Unternehmung X Technischer Kaufmännischer Bereich Bereich

Untern. Y Kaufm. Bereich

Middle Management (MM) Lower Managment (LM) Mitarbeiterebene (ME) KWs

KWb/WME

PM KWb/WME/WGE

Für den breiten Karriereweg gibt es verschiedene Alternativen: 1. Breiter Karriereweg in einem Betrieb. Das Individuum wechselt dabei mindestens einmal den Bereich im Betrieb, ohne sich positioneil zu verbessern z.B. von der Konstruktion (Bereich A) in den Einkauf (Bereich B). Dies hat den Vorteil, daß der Betroffene einen breiteren Erfahrungshorizont gewinnt. Dadurch hat er eventuell die Voraussetzung geschaffen, einen schwierigeren betrieblichen Posten zu übernehmen. Geschieht der Wechsel in der Mitarbeiterebene (WME) liegt folgender Weg vor: (2)

KWb/WME: MEA - MEB - LM - MM - UM

2. Karriereumweg über ein Projekt. Der breite Karriereweg kann auch etwas außerhalb des Unternehmens über ein Projekt (vgl. 3.8.2) laufen. Das Projekt kann folgende Ebenen haben: Projektsachbearbeiter (PS) - Projektgruppenleiter (PGL) - Projektleiter (PL). Wie auf der Mitarbeiterebene kann der "Seiteneinstieg auf gleicher Ebene" auch auf einer Führungsebene erfolgen z.B. auf der Gruppenleiterebene (WGE): (3)

KWb/WME/WGE: ME - PS - PGL - LM - MM - UM.

2.1 Außauorganisation

des

Betriebes

427

3. Karriereumweg über einen Auslandsaufenthalt. Die starke Exportabhängigkeit vieler Betriebe führt dazu, daß verschiedene Mitarbeiter des Betriebs für einige Zeit für den Betrieb im Ausland tätig werden. Dadurch weitet sich der Karriereweg gewöhnlich wie beim Projekt aus, eventuell kann aber bei der Rückkehr ins Inland der "Zug nach oben" verpaßt sein. 4. Breiter Karriereweg über einen fremden Betrieb. Das Individuum kann als Seiteneinsteiger von dem fremden Unternehmen Y auf der gleichen Ebene bleiben z.B. mit einem breiten Karriereweg auf der Middle Management Ebene: (4)

KWb/WMMY/X: MEY - LMY - MMY - MMX - UMX.

Enger Karriereweg über einen fremden Betrieb Fühlt sich das Individuum im Betrieb im Aufstieg durch noch junge Vorgesetzte blockiert, kann es, um der Frustration zu entgehen, den Betrieb wechseln und in dem neuen Betrieb direkt in eine höhere Position gelangen z.B. von der Mitarbeiterposition in das Lower Management: (5)

KWs/ME/LM: MEY - LMX - MMX - UMX.

Der ständige Zuzug von "Seiteneinsteigern" aus fremden Unternehmen kann allerdings demotivierend auf das eigene Personal auswirken. Gerade erfolgreiche Unternehmen wie die IBM und Siemens verzichten bewußt auf Seiteneinsteiger, indem sie ihr eigenes Führungspersonal in den eigenen Reihen ausbilden und so dem Mitarbeitern das Gefühl geben, daß "jeder den Marschallsstab bei sich im Tornister trägt" (Napoleon). Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-19 in Abschnitt 2.3! 2.1.3.4 Einfluß des betrieblichen Umfelds auf die Leistung Generelle EinfluQfaktoren des sozialen Umfelds Die Feldtheorie von Kurt Lewin (vgl. LV 2.38) stellt das Konzept des Lebensraums (psychological field) des Individuums in den Vordergrund: er umfaßt sowohl die Person (P) mit all ihren Zielen und Motiven, ihr Verhalten (V) und die psychologische Umwelt (U). Danach hängt das Verhalten des Individuums von seiner momentanen Stimmungslage wie auch von dem sozialen Kontext (Social Setting) ab, in dem es sich befindet: (22-1)

V = f(P,U).

Der Zusammenhang der betrieblichen Leistungsfaktoren Ahnliches läßt sich auch vom Betrieb sagen; die Erzielung von guten Leistungen hängt für den Betrieb vom Zustand der Arbeitsorganisation als einem sozio-technischen System, und zwar vor allem von folgenden drei Faktoren ab: 1.) Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen hinreichend motiviert sein, um z.B. schnell bei Fehlern im Produktionsprozeß zu reagieren; 2.) Vorgesetzte und Mitarbeiter müssen hinreichend qualifiziert sein durch entsprechende Ausbildung betriebsinterner oder externer Art, um z.B. Reparaturen schnell selbst durchführen zu können, ohne auf die Reparaturabteilung warten zu müssen; 3.) das betriebliche Umfeld muß hinreichend vorbereitet sein: es müssen u.a. geeignete Maschinen, Werkzeuge und Geräte vorhanden sein; für die Sicherheit der Arbeitenden muß gesorgt sein; die Logistik muß reibungslos funktionieren.

428

2. Hauptteil:

Managementlehre

Demnach ist die betriebliche Leistung (L) eine Funktion (f) von der Motivation (M) der Arbeitenden, ihrer Fähigkeiten (F) und des Zustands des betrieblichen Umfelds (U): (21-2)

L =

f(M,F,U).

Dabei liegt die Normalleistung bei dem Wert 1. Läge beispielsweise eine überdurchschnittlich gute Motivation (Faktor 1,2) bei allerdings unterdurchschnittlicher Qualifikation (Faktor 0,9) der Arbeitenden vor und wäre gleichzeitig das betriebliche Umfeld in einem überdurchschnittlich guten Zustand (Faktor 1,3), könnte der Betrieb mit überdurchschnittlich guten Leistungen rechnen: (21-2)

L = 1,2

• 0,9

• 1,3

=

1,404.

Zwischen den drei Leistungsfaktoren der Arbeitsorganisation besteht ein zirkularer Zusammenhang: gute Leistungen aufgrund guter Ausbildung bzw. guter Betriebsmittel heben das Motivationsniveau, hohe Motivation läßt nach noch besserer Ausbildung streben, diese wiederum erhöht die Leistung, etc., so daß sich das betriebliche Leistungsniveau ständig höher schrauben kann (vgl. Abb. 21-20). Demnach ist der oben ermittelte Leistungsfaktor nur ein statischer Wert, der gegenwärtige Zustände des Meßzeitpunkts widerspiegelt; dynamische Systeme wie der Betrieb befinden sich in einem sich ständig ändernden Fließgleichgewicht. Da sich deshalb kein endgültiger Leistungswert feststellen läßt, kann nur in komparativ-statischer Betrachtungsweise an zwei und mehr Meßzeitpunkten die Leistungstendenz ermittelt werden. Faktoren des Arbeitserfolgs Erhöht das Individum seine Leistung im Betrieb, fuhrt dieser Leistungserfolg unmittelbar zu einem Erfolgserlebnis. Ist diese Leistungserhöhung von Dauer, erwartet das Individuum auch eine dauernde Belohnung in Form einer Lohn- oder Gehaltserhöhung, so daß der individuelle Arbeitserfolg (AE) in der Mitarbeiterebene wie auch in den Vorgesetztenebenen doppelter Natur ist und aus einem Leistungserfolg (LE) und aus einem Belohnungserfolg (BE) besteht: (21-2)

AE = LE +

BE.

Abb. 21-20: Individueller Motivations- bzw. Frustrationsaufbau

Eine besondere Belohnung erhält das Individuum nur, wenn die Betriebsnorm übererfüllt wird. Eventuell erhöht sich bei höherer Leistung nur die Betriebsnorm. Akzeptiert dies das Individuum nicht, ist Enttäuschung die Folge. Neben dem Belohnungsmißerfolg kann es auch Leistungsmißerfolge geben, etwa weil die Betriebsumgebung fur gute Leistungen nicht geeignet ist oder weil das individuelle bzw. betriebliche Anspruchsniveau zu hoch angesetzt wurde. Nach erneuten mißlungenen Leistungsversuchen fuhrt dies gewöhnlich zur Frustration, welche die Enttäuschung über die fehlende Zielerreichung ausdrückt, dabei ist bei den personalen Zielen zwischen Leistungs- und Belohnungszielen zu unterscheiden. Ob der Arbeitserfolg zur Zufriedenheit des Individuum fuhrt, hängt davon ab, ob das individuelle Anspruchsniveau erreicht wird (vgl. 1.1.3.9): • partielle Zufriedenheit wird erreicht, wenn entweder die Leistungsziele oder Lohn- bzw. Gehaltsziele erreicht werden, • globale Zufriedenheit, wenn die Leistungs- wie auch die Belohnungsziele erreicht werden.

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

429

Soziale Aspekte der Entlohnung Die Art und Weise, wie der Principal bzw. das Top-Management die Leistungen der untergeordneten Führungskräfte und der Mitarbeiter honoriert (vgl. auch 2.1.4.8), beeinflußt die Einstellung dieser Personen zum Betrieb und damit das Betriebsklima. Dies wiederum hat früher oder später Rückwirkungen auf die Leistungsbereitschaft des Individuums; der Entlohnung lassen sich nach G. Wiswede in Anlehnung an F. Fürstenberg verschiedene soziale Funktionen attachieren (vgl. LV 1.83 S. 207): • Anreizfunktion. Durch Entgelt lassen sich Individuen bewegen, in Form von Arbeit einen bestimmten Beitrag zu leisten. • Anerkennungsfunktion. Individuen fühlen sich durch die Höhe des Entgelts in ihrer Arbeitsleistung erkannt und anerkannt. • Signalisierungsfunktion. Die Einstufung in eine bestimmte Bezahlungsklasse z.B. in eine bestimmte Tarifgruppe signalisiert den Individuen einen bestimmten - gehobenen - Status mit entsprechendem Prestige. • Stratifizierungsfunktion. Über die Bezahlung wird ein wesentlicher Teil der Soziallage der Individuen z.B. Berufsstellung, Lebensstandard mitbestimmt. • Gerechtigkeitsfunktion. Durch Vergleich ihrer Leistungen und Belohnungen unter einander können die Individuen zu einer Beurteilung der Angemessenheit der Entlohnung kommen, ein Vorgang, der eventuell bei Enttäuschungen zur Frustration fuhrt. • Kontrollfunktion. Durch die Entlohnung kann eine Disziplinierung zur normgerechten Erbringung von Arbeitsleistungen erfolgen. Wie die Beurteilung des betrieblichen Entgelts bei den Individuen ausfallt, hängt nicht zuletzt von der situativen Lage am Arbeitsmarkt, aber auch von ideologischen Hintergründen ab: ".. .die Tatsache, welche Aktivitäten in unserer Gesellschaft überhaupt als Leistung verstanden, nachgefragt und honoriert werden, (ist) Ergebnis gesellschaftlicher Wertungsprozesse..., die ihrerseits bestimmte Herrschaftsstrukturen widerspiegeln" (ebenda S. 208). Auswirkungen von Frustration Frustration im Betrieb läßt sich nach Leistungs- und Belohnungsfrustration aufschlüsseln. Beides kann individuell wie betrieblich unterschiedliche Konsequenzen haben: POSITIV • Wechsel der Strategie, um auf anderen Wegen zum Erfolg zu kommen, z.B. der Wechsel von der Funkwerbung auf die Fernsehwerbung; • Wechsel zu einem geeigneteren Arbeitsplatz - intern durch Versetzung; • Vermeidung von erkannten Hindernissen zum Erfolg, etwa Vermeidung von defekten Werkzeugen; • Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Betriebsumgebung; • Verbesserung der Fähigkeiten durch bessere Ausbildung, um z.B. NC-Maschinen bedienen zu können; • Erlangung der (Eingangs-)Voraussetzungen, z.B. ein Diplom, für die Besetzung einer gehobenen betrieblichen Position; NEGATIV • Entwicklung eines Zustands der Fixiertheit - trotz aller Mißerfolge rennt der Frustrierte immer wieder gegen das Hindernis an; • Entwicklung von Aggression gegen das Hindernis - Personen oder Sachen; • Übertragung der Aggression auf unbeteiligte Personen oder Sachen, wobei Personen als sog. "Sündenböcke" mit "Blitzableiterfünktion" herhalten müssen, bei Zerstörung von Sachen ist von "Vandalismus" die Rede; • "Verdrängung" der ursprünglichen Ziele, Senkung der Betriebsnorm; • Aufgabe des Leistungswillens, Absentismus, Fall in völlige Apathie; • Verlassen des Betriebes (Fluktuation). Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-20 in Abschnitt 2.3!

430

2. Hauptteil:

Managementlehre

2.1.3.S Führungsstile Führungsstilforschungen Führung bzw. die Anerkennung des Erfordernisses ist für den Menschen Überlebensbedingung: • einmal ist der Mensch anders als andere Lebewesen lange Zeit nach der Geburt abhängig von der Hilfe von Menschen, gewöhnlich den Eltern, deren "Führungsmuster" er anerkennen muß, das er eventuell kopiert, von dem er sich eventuell löst, um es durch ein eigenes Muster zu ersetzen; • zum anderen leitet sich Führung aus der Urzeit aus den damaligen, für den Menschen feindlichen Umweltbedingungen ab, welche die Anerkenntnis der besonderen Problemlösungsqualitäten eines „Ältesten", des „Stärksten", des „Erfahrensten" - möglichst in Kombination - nahelegten, der daraus wiederum eigene Führungsansprüche etwa in Form von diszipliniertem Gehorsam ableitete. Unter Führungsstil ist dann in neuerer Zeit das individuelle stabilisierte Verhaltensmuster des Vorgesetzten bei der Leistungsanforderung, bei der Leistungsausführung und bei der Leistungsbewertung der Mitarbeiter zu verstehen; das Befehl-Gehorsam-Prinzip wird heutzutage nur noch im militärischen Bereich voll akzeptiert. Ein Teil der Führungsstile ist von außen aus Staat, Heer, Kirche und Familie in die Betriebe getragen worden. Bei der Ausprägung von idealtypischen Führungsstilen hat die Herrschaftsforschung von Max Weber erhebliche Bedeutung gewonnen, dazu auch die empirische Verhaltensforschung in den USA (vgl. insb. LV 2.73 S. 313ff): • Idealtypen von Max Weber. Hinsichtlich der Begründung der Autorität geht Weber von drei Idealtypen aus (vgl. LV 2.81): - legale Herrschaft, welche auf der Geltung des positiven Rechts beruhe; - traditionale Herrschaft, welche auf dem Glauben an die Rechtmäßigkeit des Gewohnten als Norm für das Handeln beruhe; - charismatische Herrschaft, welche auf dem Glauben an die außeralltägliche Qualität von Führern beruhe. Kennzeichen von legaler Herrschaft sei: - jedes beliebige Recht könne durch Paktierung oder Oktroyierung rational gesetzt werden; - jedes Recht bestehe aus abstrakten, absichtsvoll gesetzten Regeln; - der legale Herrscher gehorche seinerseits dem Recht; - die Gehorsamspflicht bestehe nur innerhalb der rational abgegrenzten sachlichen Zuständigkeit. • Iowa-Studien. Sie wurden in den Jahren 1938-40 unter der Leitung von Kurt Lewin an der Child Weifare Research Station der Iowa University Elementary School bei zehn- bis elf-jährigen Schülern unter Annahme von drei Typen von Führungsverhalten vorgenommen: - Autoritär: der Führer gibt die Ziele vor, verteilt die Aufgaben, nimmt aber am Arbeitsprozeß selbst nicht teil. Ergebnis: hohe Spannung in der Gruppe; hohe Arbeitsintensität; Arbeitsunterbrechung bei Abwesenheit des Führers. - Demokratisch: die Gruppenziele sind das Ergebnis einer Gruppenentscheidung, die Arbeitsverteilung nimmt die Gruppe vor, der Führer sucht nach objektiven Kriterien der Leistungsbeurteilung und sucht sich in die Gruppe einzuschalten. Ergebnis: entspannte Atmosphäre; kreative Arbeitsergebnisse; Weiterarbeit bei Abwesenheit de Führers. - Laissez-faire: der Führer schaltet sich nur sporadisch in die Gruppe ein, er stellt lediglich Arbeitsmaterial zur Verfügung und informiert auf Wunsch. Ergebnis: geringe Leistung, geringe Gruppenkohäsion und geringe Arbeitszufriedenheit. Praktisch wurden hier die untersuchten Führungsstile vorgegeben. • Ohio-State-Studien. Sie wurden ab 1945 von einem interdisziplinären Forscherteam des Bureau of Business Research an der Ohio State University zur Ausarbeitung eines Katalogs von Kategorien des Führungsverhaltens durchgeführt. Eine Vielzahl von Faktoren wurde auf drei orthogonal (rechtwinklig?) genannte Faktoren reduziert: - Maintenance of Membership Character = organisationsbewahrendes Verhalten; - Objective Attainement Character = Aufgabenorientierung; - Group Interaction Facilitation Behavior = interaktionserleichtemdes Verhalten. • Michigan-Studien. Sie werden seit 1947 von einem Forscherteam am Institute for Social Research an der University of Michigan unter dem betriebsnahen Gesichtspunkt des Führungsverhalten in Bezug auf Produktivität, Zufriedenheit, Absentismus, Flutuation, etc. geführt. Dabei kristallisierten sich zwei Führungsstile heraus: - Employee-Orientation = Mitarbeiterorientierung unter besonderer Beachtung zwischenmenschlicher Beziehungen bei der Aufgabenerfüllung und bei der Mitarbeiterförderung; - Production Orientation = Leistungsorientierung bei Herausstellung der Leistungsaspekte der Aufgabe und der Zielerreichung im Betrieb.

2.1 Außauorganisation

des Betriebes

431

• Kontingenz-Theorie, die Bezeichnung leitet sich von dem Wort "Contingency" = Abhängigkeit von verschiedenen Situationen ab (vgl. auch 1.1.3.10). Das bekannteste Kontigenz-FührungsModell stammt von F.F. Fiedler, der in den Jahren 1950 - 1965 in umfangreichen Untersuchungen die Beziehung zwischen Führungsverhalten und Gruppenleistung erforschte (vgl. 2.1.4.7). Führungsstile im Einzelnen Die in folgenden Erörterungen herausgestellten betrieblichen Führungsstilen bauen im Wesentlichen auf den "Idealtypen" der Herrschaft von Max Weber (vgl. auch 1.1.3.1) und auf den Forschungen von Kurt Lewin auf: I. Autoritäre Führung Autoritäre Führung duldet keine informellen Cliquenfuhrer, so daß die Führung in der Organisationseinheit ungeteilt ist. Die Führung beruht hier auf dem Befehl - Gehorsam-Prinzip. 1.) Patriarchalische Führung Leitbild der patriarchalischen Führung ist die Autorität des Vaters bzw. des Sippenältesten. Es basiert auf der Annahme eines Generations- und Reifeunterschieds zwischen Führer und Geführten. Das bestärkt den Patriarchen in der Überzeugung, Belegschaftskinder unter sich zu wissen, die auf keinem Fall an der Führung des Betriebs beteiligt werden können. Komplettiert wird der absolute Herrschaftsanspruch des Patriarchen durch seine Fürsorge gegenüber den Geführten als Belohnung. Der Patriarch erwartet dafür Gehorsam, Treue und Dankbarkeit. Sollten die Geführten einen Betriebsrat zur eigenständigen Vertretung ihrer Interessen gründen, würde er dies als "Treulosigkeit" betrachten. Deshalb suchen autoritäre Vorgesetzte zu vermeiden, daß sich gewerkschaftlich organisierte Individuen in ihre Organisationseinheit "einschleichen". Patriarchalische Führung ist situativ vor allem in kleineren Betrieben zu erwarten, die noch vom Unternehmensgründer, dem Prinzipal geführt werden, eventuell auch in großen Unternehmen wie ehemals in den von Borgward und Grundig gegründeten und geführten Unternehmen. 2.) Charismatische Führung Die Bezeichnung stammt von dem griechisch-lateinischen Wort Charisma = Gnade, Berufung. Das Leitbild ist hier die mit besonderen Führungsqualitäten ausgestattete Persönlichkeit, die durch ihre Ausstrahlungskraft andere Menschen zu führen und "mitzureißen" versteht. Der charismatische Führer präsentiert sich situativ häufig als "Retter in der Not", wenn rationale Problemlösungen nicht in Sicht oder nicht erwünscht sind. Der charismatische Führer kennt weder Vorgänger noch Stellvertreter noch Nachfolger, so daß die Organisationseinheit bei seinem Abgang gewöhnlich vor einer organisatorischen Leere steht. Der charismatische Führer verlangt von den Geführten jedes Opfer und meidet die Verpflichtung zur Fürsorge. Die bohrende Unrast charismatischer Führer kann zu explosionsartigen Unternehmensausweitungen zu großen, eventuell unsystematischen Betriebsagglomerationen führen (vgl. 1.4.2.2). Der charismatische Führer kann Principal sein wie Aurel Goergen, der den Henschel-Konzern sanierte (vgl. 1.4.3 .4), ihn aber wieder abrupt verließ, als er Schwierigkeiten mit den Finanzbehörden bekam, oder auch "Agent" sein wie etwa Berthold Beitz beim Krupp-Konzern (vgl. 2.1.1.2). Goergen wie auch Beitz waren für die Unternehmen privilegierte "Seiteneinsteiger". 3.) Autokratisch-bürokratische Führung Das Leitbild ist hier der absolute Herrscher, der sich auf eine hierarchisch gestaffelte Organisationsstruktur stützt, so daß nicht so sehr die Person, sondern die Institution im Vordergrund steht. Aus dieser Hierarchie leiten die unteren Chargen ihren ebenfalls autoritären Führungsanspruch her, den sie damit begründen, das große Organisationen einer straffen Führung bedürfen. Der bürokratische Führungsstil gilt als eine Fortentwicklung des autokratischen Führungsstils. Der bürokratische Führungsstil verbindet straffes Reglement mit fachlicher Qualifikation. Beruft sich der Vorgesetzte situativ prononciert auf seine hierarchische Position und auf die Aufgabenerfullung, wird sein Führungsstil als autoritär empfunden, da er dem Befehl-Gehorsam-Prinzip nahekommt. II. Laissez-Faire-Führung Als Leitbild des Laissez-Faire-Führungsstils kann die Erziehungsphilosophie von Jean-Jacques Rousseau sowie der politische Anarchismus gelten. Dieser Führungsstil gewährt den Mitarbeitern größtmögliche Freiheit bei ihren Entscheidungen und stellt so den Gegenpol zur Fremdbestimmung, insbesondere zum autoritären Führungsstil dar. Laissez-faire-Führung kann sich wie folgt auswirken: • Erfolgt keine Abstimmung der Ziele und Aktionen, führt dieser Führungsstil tendenziell zur Doppelarbeit, zu unkoordiniertem Handeln und deshalb zur Desorganisation des Betriebs mit

432

2. Hauptteil:

Managementlehre

chaotischen Zuständen. Er kann deshalb situativ nur als eine Übergangserscheinung in der betrieblichen Realität gelten; ein Manager mit einem derartigen Führungsstil wird früher oder später abgelöst (vgl. 2.1.4.7). • Erfolgt eine Abstimmung von Zielen und Aktionen in der Gruppe zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, wird den Mitarbeitern jedoch völlig freie Hand bei Arbeitsgestaltung gelassen, wird der Boden vorbereitet für die Bildung sog. teilautonomer Gruppen, die im Wege der partiellen Selbstorganisation hohe Leistungen erzielen können (vgl. 1.2.4.7, 3.4.1.2). Teilautonome Gruppenarbeit setzt demnach ein gewisses Maß an Laissez-Faire-Führung voraus. m . Sozial-integrative Führungsstile Die sozial-integrativen Führungsstile, auch kooperative oder demokratische Führungsstile genannt, haben als Leitbild die politische Demokratie. Sie nehmen eine mittlere Position im Spektrum der Führungsstile, da sie einerseits nicht auf Machtbefugnisse pochen und da sie andererseits auch nicht vollends auf auf den Autoritätsanspruch verzichten, der sich jedoch aus der fachlichen Qualifikation des Vorgesetzten für die Aufgaben der jeweiligen Organisationseinheit herleitet und weniger aus seiner hierarchischen Stellung. Der sozial-integrative Führungsstil hat sich sowohl am Einzelnen wie an der Gruppe zu orientieren: • Nicht Befehl und Gehorsam, sondern der Appell an die Einsicht, Aktivität und Initiative des Mitarbeiters sind die treibenden Kräfte in der Organisationseinheit. Der Mitarbeiter bezieht seine Leistungsmotivation - aus seiner Rolle (vgl. vgl. 1.1.3.9), - aus seinem Aufgabengebiet (vgl. 2.1.2.3) und - aus dem betrieblichen Belohnungssystem, vor allem aus monetären Anreizen. • Wegen der komplexen Arbeitsverhältnisse in modernen Betrieben nimmt die Einsicht und Überzeugung überhand, daß viele Leistungen nur noch kollektiv als Gruppenleistungen vollzogen werden können. Gruppen funktionieren jedoch nur dann optimal, wenn der Führungsstil darauf gerichtet ist, durch Interaktionen die Zusammenarbeit und das Gefühl der Gemeinsamkeit zu verstärken (vgl. 1.1.3.9). Durch eine Arbeit in der Gruppe kann das Individuum durch besondere Leistungen soziale Anerkennung finden, wodurch es sich wiederum zu weiteren Leistungen im Betrieb motiviert. • Die Fremdkontrolle durch den Vorgesetzten wird weitgehend durch Selbstkontrolle des Mitarbeiters abgelöst. Durch Mitarbeiterbesprechungen erhält der Mitarbeiter zur Arbeitssteuerung die notwendigen (Hintergrund-)Informationen, wie umgekehrt der Vorgesetzte Informationen von der Arbeitsbasis erhält u.a. Erfolge, Arbeitsprobleme, Betriebsmittelmängel, Verbesserungsmöglichkeiten. Informationsaustausch wie Ziel- bzw. Entscheidungsfindung sind Maßstab dafür, inwieweit die soziale Integration von Vorgesetzten und Mitarbeitern in der Gruppe fortgeschritten ist: 1. Konsultative Führung. Nach einem Informationsaustausch mit den Mitarbeitern trifft der Vorgesetzte nach eigenem Ermessen Anordnungen. Dieser Führungsstil steht noch den autoritären Führungsstilen nahe, rückt aber um so weiter von ihnen ab, je mehr der Vorgesetzte die Vorstellungen seiner Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. 2. Partizipative Führung Die Mitarbeiter nehmen gleichberechtigt neben dem Vorgesetzten an Zielfindung und Entscheidungsbildung in der Gruppe teil. Dadurch lassen sich Widerstände gegen neue Aufgaben der Gruppe schon frühzeitig ausräumen. Partizipative Führung ist in zwei Formen möglich: • alle Gruppenmitglieder nehmen an der Entscheidungsfindung teil; • die Mitarbeiter sind dabei durch einen Repräsentaten - ein Mitarbeiter und/oder der Vorgesetzte - vertreten. Kommunikationsnetze, Motivation und Führungsstile H J. Leavitt hat aufgrund von Experimenten in 1951 mit Versuchspersonen in Kabinen, die nur durch Schlitze mit einander verbunden waren, über die die Kommunikation mittels Karten erfolgte, nachgewiesen (vgl. LV 2.37), daß die Leistungen je nach Art des Kommunikationsnetzes unterschiedlich groß sind. Die Kommunikationstheorie unterscheidet drei grundlegende Kommunikationsnetze (vgl. Abb. 21-22):

2.1 Aufbauorganisation

433

des Betriebes

1. Das Rad. Das Rad entspricht dem Informationsfluß im (Ein-)Liniensystem (vgl. 2.1.2.4) und bedeutet Informationszentralisierung. Daraus wiederum leitet sich die Machtzentralisierung in der betrieblichen Hierarchie ab. Empirische Untersuchungen haben ergeben, daß das im Zentrum stehende Gruppenmitglied - im Betrieb im allgemeinen der Vorgesetzte - von der Tätigkeit befriedigt ist, während bei den übrigen Gruppenmitgliedern die Arbeitsbefriedigung niedrig war. Zudem ergaben die Untersuchungen, daß bei der Beschränkung der Kommunikationskanäle auf eine Zentralperson der Gruppe, diese bei wiederkehrenden programmierbaren Arbeiten schneller zu guten Leistungen kam, nicht dagegen, wenn komplexe Probleme auftauchten, bei denen gegenseitige Anregungen verarbeitet und Meinungsverschiedenheiten gelöst werden mußten. Abb. 21-22: Grundlegende Kommunikationsnetze Rad

B

C

Kette

D

E

A

Kreis

E

D

C

2. Kette und Kreis Die Kette zeigt eine gewisse Einschränkung der Kommunikation, da nicht jedes Gruppenmitglied von jedem direkt erreichbar ist. Außerdem ist dieses Kommunikationsnetz anfällig gegen Ausfälle von einzelnen Gruppenmitgliedem. Anders dagegen der Kreis; hier kann jeder jeden erreichen und jeder jeden ersetzen. Der Kreis ist das Grundmuster der Ausschüsse und von Projekt-Teams. Er eignet sich besonders gut zur Bearbeitung komplexer Aufgaben. Durch dabei erzielte Erfolgserlebnisse sind alle Gruppenmitglieder von der Arbeit befriedigt, auch solche, die wegen geringer Leistungsfähigkeit bei isolierter Tätigkeit kaum zu Erfolgserlebnissen kämen. Die Kommunikationszentralisierung schafft Informationsvorsprünge bei Einzelpersonen, die zur Machtausübung mißbraucht werden können, und tendiert zu Herausbildung bzw. zur Konservierung autoritärer Führungsstile. Kommunikationsnetze wie Kette und Kreis tendieren zu sozial-integrativen Führungsstilen und sind geeignet, autoritäre Führungsstile aufzulösen. Lerntheoretische Aspekte der Bildung von Führungsstilen Motivation und Führungsstile vollziehen sich weitgehend im Gespräch- und Kontaktverhalten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter. Die Lernpsychologie unterscheidet dabei zwischen dominativen und integrativen Impulsen des Vorgesetzten. Dominative Impulse akzentuieren die Machtposition des Lehrers/Vorgesetzten und bestehen in verbalem Tadel und auch in entsprechender Mimik, etwa in einer Drohgebärde. Integrative Impulse rücken den Lehrer/Vorgesetzten an die Gruppe heran und bestehen in verbalen Belobigungen aber auch in mimischen Aufmunterungen. Es kommt auch auf den Tonfall an; ein Ja hat normalerweise einen integrativen Charakter, ein barsches Ja jedoch wirkt dominativ. Die Summe aller integrativen Impulse (Ei) dividiert durch die Summe aller dominativen Impulse (£d) ergibt den sog Integrations-Dominations-Quotienten (IDQ): (21-3)

IDQ = Ei/Ed.

Nach empirischen Untersuchungen (vgl. LV 2.15 S. 176 und S. 312) liegt schulischen Bereich der optimale IDQ bei 1,9. Das bedeutet, daß der Lehrer/Vorgesetzte seine Schüler/Mitarbeiter durch in etwa doppelt soviele positiv empfundene Impulse in Bezug auf dominativ/negativ empfundene Impulse zur Hochleistung aufbauen muß, was dann als "demokratisch" empfunden wird. Gibt der Vorgesetzte ganz überwiegend positive Impulse etwa 6:1, wird dies als Laissez-faire interpretiert und als zu weich empfunden und die Leistung geht zurück. Zuviele negative Impulse - etwa 1:3 - werden als autoritär empfunden und wirken ebenfalls demotivierend. Der IDQ gibt dem Vorgesetzten ein relativ einfaches Instrument an die Hand, sein Führungsverhalten mit Hilfe einer Strichliste auf Optimalität hin zu überprüfen. Dabei kann sich herausstellen,

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2. Hauptteil:

Managementlehre

daß sich ein temperamentvoller, viele Impulse aussendender Vorgesetzter auch viele dominative Impulse leisten kann. Inwieweit ein fordernder, aggressiver Task-Leader (vgl. 2.1.4.7) durch Beachtung eines "demokratischen" Koeffizienten zu einem Führungsstil mittlerer Lage "moduliert" werden kann, bleibt Tatfrage. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-21 in Abschnitt 2.3! 2.1.3.6 Management-Prinzipien Management-Prinzipien im Managementprozeß Der Managementprozeß läßt sich durch folgende Management-Prinzipien steuern: 1.) Management by Objectives (MBO) "Durch Ziele fuhren" heißt wörtlich übersetzt Management by Objectives und bedeutet, daß der Betrieb oder eine sonstige Organisationseinheit an der sog. "langen Leine" zu führen ist und nicht etwa kurzangebunden durch Befehle; die Organisationseinheit erarbeitet sich ihren Operationsplan selbst. Das MbO wurde erstmals 1954 von Peter F. Drucker (vgl. LV 2.19) vorgestellt und später vor allem von Odiorne (vgl. LV 2.60) vertieft. Die gesetzten Ziele initialisieren den Managementprozeß und sie geben die Grundlage für konkrete Planungen ab. Die Ziele sind in erreichbarer Höhe zu setzen; Mißerfolge wegen Zielverfehlung wirken frustrierend und demoralisierend auf die Organisationseinheit. 2.) Management by Delegation Sind aufgrund der Planungen zielkonforme Entscheidungen getroffen worden, sind diese zu realisieren. Die Realisierung obliegt den nachgeordneten Organisationseinheiten, an der Basis den Mitarbeitern. An sie sind die entsprechenden Aufgaben zu delegieren (vgl. 2.1.2.3). Das Management by Delegation ist in der Realisationsphase eventuell durch Management by Motivation zu ergänzen und abzustützen. 3.) Management by Results Die Arbeitsergebnisse (Results) sind zu messen und zu kontrollieren. Für die Kontrolle im Wege des Soll-Ist-Vergleichs sind bei der Delegation quantitative und qualitative Vorgaben zu etablieren. In der Kontrollphase gilt es, das Ausmaß der positiven bzw. negativen Abweichungen festzustellen (Degree of Variation) und im Wege des Managements by Results die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Das Management by Reporting besagt, daß die übergeordneten Führungsinstanzen in regelmäßigen Abständen über die Arbeitsergebnisse informiert werden. Dazu wird in den Betrieben gewöhnlich ein Berichtssystem eingerichtet. Außergewöhnliche Abweichungen sind im Wege des Management by Exception gesondert auszuweisen (vgl. Tab. 43-30) und, wenn sie gravierend sind, sofort zu berichten. Da das Management by Objectives am Anfang steht, lassen sich alle anderen Management-Prinzipien diesem Prinzip unterordnen. Wenn den einzelnen Organisationseinheiten nur (Teil-) Ziele vorgeben werden und ihnen kein einheitlicher Operationsplan anbefohlen wird, besteht jedoch die Gefahr, daß die einzelnen Bereiche sich verselbständigen und eventuell gegeneinander wirken. Deshalb ist das MbO sinnvollerweise durch ein Management by Coordination zu ergänzen, um chaotische Verhältnisse in der Gesamtorganisation zu vermeiden. Damit liegen diese Managementprinzipien nicht so weit entfernt von den schon zeitlich früher von Fayol postulierten "Verwaltungsfunktionen" (vgl. 2.1.4.2). Der hohe Bekanntheitsgrad der Management by...-Prinzipien scheint jedoch im umgekehrten Verhältnis zur ihrer praktischen betriebswirtschaftlichen Relevanz zu stehen. Management-Prinzipien in historischer Sicht Nach Ansoff (vgl. LV 2.2) sind in historischer Retrospektive unterschiedliche Management-Prinzipien zur Anwendung gekommen: 1.) Management by Control um 1990 Die Unternehmensentwicklung wird durch Richtlinien und Vorschriften stabilisiert. Die Finankontrolle sucht - vergangenheitsorientiert - durch Soll-Ist-Untersuchungen die Ursachen von Abweichungen zu ergründen und eventuelle Korrekturmaßnahmen einzuleiten.

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

435

2.) Management by Extrapolation um 1930 Das Unternehmen wendet sich von der Vergangenheitsorientierung ab und sucht wegen der unstabiler werdenden Märkte eine Langfristplanung zu entwickeln, durch Vorgabe von extrapolierten Zielen und Budgets (vgl. auch 4.3 .5). In diese Phase gliedert Ansoff auch das Management by Objectives ein. 3.)jVianagement by Anticipation um 1950 Das Management sucht die auftretenden Risiken durch strategische Planung unter Berücksichtigung der Umweltsituation und durch strategisches Management mit Anpassung der Organisation zu beheben. 4.) Management by Flexible Response um 1970 Das Management reagiert auf Problemen mit Task Forces und es sucht die Umwelt in Zeiten der Marktsättigung auch nach schwachen Signalen ab (vgl. 1.4.3.2). Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-22 in Abschnitt 2.3! 2.1.3.7 Versuch einer Motivationsskalierung im Betrieb Stark demotivierte Individuen zeigen schlechte Leistungen und/oder verlassen häufig die Organisationseinheit. Will der Betrieb die Leistungsausfälle und die Kosten der Fluktuation möglichst gering halten, wird er die Motivationslage der Menschen im Betrieb mit Hilfe der Skalierung zu messen und eventuelle Defizite bzw. Konfliktpotentiale abzubauen versuchen. Eine Befragung von im Betrieb Tätigen, was sie zu guten Leistungen und was sie zum Bleiben im Betrieb veranlaßt, kann folgendes Motivatorenspektrum (von Motivfaktoren) ergeben (vgl. auch 3.6.1.2): A gute Einkommenssituation; B akzeptable Entwicklungschancen im Betrieb; C gutes Firmenimage u.a. aus Prestigegründen; D akzeptabler Freizeitwert des Wohnorts; E gutes Betriebsklima; F Sicherheit des Arbeitsplatzes. Die Operationalisierung der Motivatoren erfolgt in Schritten: 1. Schritt: Einzelne im Betrieb Tätige sind zu befragen, welche Motivatoren sie angeben bzw. ob sie das obige A-F-Motivatorenspektrum bestätigen. 2. Schritt: Die Befragten sollen angeben, welche der Motivatoren im Bezug auf den Betrieb ihre persönliche Norm über- oder unterschreiten oder entsprechen. 3. Schritt: Die Befragten sollen das Ausmaß der Abweichung von der Norm zunächst mit Begriffen wie sehr groß, groß, ein wenig belegen und anschließend für diese ordinalen Maßgrößen kardinale Prozentwerte angeben: z.B. A = +20%, B = -10%, C = +30%, D = -20%, E = +40%, F = -20%.. 4. Schritt: Die Befragten sollen angeben, welches Gewicht, sie den einzelnen Motivatoren beilegen würden. Bei sechs Motivatoren wären z.B. maximal 18 Punkte zu vergeben: z.B. A = 6, B = 3, C = 4, D = 2, E = 2, F = 1. 5. Schritt: Die Mitarbeiter sind - auch zur Kontrolle - zu befragen, ob sie sich hoch-, normal- oder demotiviert fühlen. Der einzelne Motivatorenwert aw ergibt sich aus der Multiplikation von Gewichtungswert mit dem Abweichungsprozentsatz: (21-4) aw = Gewichtungswert

• Abweichungsprozentsatz/100.

Dann ergibt sich der gesamte Anreizwert (AW) des Betriebs für das Individuum aus der Summe von aw (i = l,2,..,n): n (21-5) AW = £ aw i=l hier = 6-0,2 + 3--0,l + 4-0,3 + 2--0,2 + 2-0,4 + l--0,2 = +2,3. Der errechnete Anreizwert ist jeweils mit den Ergebnissen des 5. Schritts zu vergleichen. Würde z.B. ein Befragter mit einem AW von +2,3 sagen, er wäre hochmotiviert, und würde ein anderer

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mit einem AM von +1,8 sagen, er wäre normal motiviert, läge möglicherweise die Grenze zwischen hoher und normaler Motivation bei dem AW = 2 und indifferente Motivation bei einem AW von ±0,5. Im Einzelfall ergäbe sich folgendes Motivationsbild für den Betrieb: - hochmotivierte Mitarbeiter AW 2 - normalmotivierte Mitarbeiter AW 2-0,5 - indifferent m o t i v i e r t e M i t a r b e i t e r A W +0,5 - -0,5 - demotivierte Mitarbeiter A W -0,5 Die einmal entwickelten AW-Werte sind von Zeit zu Zeit durch größere Befragungungen erneut zu validieren. 2.1.3.8 Konflikte und Konflikt-Management Definition und Ursachen von betrieblichen Konflikten Konflikt heißt wörtlich übersetzt Zusammenstoß. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird dagegen unter Konflikt Widerspruch, Zwiespalt, Unvereinbarkeit verstanden. Im Betrieb kann es um sachbezogene Konflikte oder personenbezogene Konflikte, aber auch um Konflikte handeln, bei denen sich beide Aspekte vermischen. Typische sachbezogene Konflikte und zugleich ihre Ursachen sind: • Ressourcenkonflikte, die insbesondere bei dünner betrieblicher Kapitaldecke entstehen und die z.B. zur Verwendung veralteter unfallträchtiger Betriebsmittel fuhren können; • Aufgabenkonflikte, wenn verschiedene Aufgaben zur gleichzeitigen Ausfuhrung anstehen, welche die betrieblichen Kapazitäten überfordern - hier kann es sich um einen verdeckten Ressourcen-Konflikt handeln, wenn die Kapazitäten wegen falscher Disposition zur Aufgabenerfiillung ungeeignete Dimensionen besitzen; • Normenkonflikte etwa bei fehlenden bzw. unklaren Normen, welche zu sog. anomieerzeugenden Situationen fuhren (vgl. LV 2.82 S. 220); • Zielkonflikte: sollen die betrieblichen Ressourcen stärker zur Rentabilitätsverbesserung oder mehr zur Marktanteilsvergrößerung eingesetzt werden? Typische personenbezogene Konflikte und ihre Ursachen sind: • Generationenkonflikte, welche aus unterschiedlichen Erwartungen und Vorstellungen unterschiedlich alter Personen im verwandtschaftlichen Verhältnis an den Betriebszweck und an die Betriebsfuhrung entstehen (vgl. auch 2.1.1.2); • Fremdenhaß = Ausländer-/Inländerkonflikte, welche aus unterschiedlicher Staatszugehörigkeit der Personen im Betrieb resultieren; • Rassismus, eine Unterform des Fremdenhaß, welcher aus unterschiedlicher Rassenzugehörigkeit der Personen im Betrieb resultiert; • Rollenkonflikte etwa zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter, welche vor allem aus einem unterschiedlichem betrieblichen Status resultieren; • Principal-Agent-Konflikte zwischen Unternehmenseigentümer(n) und Top-Management über Ziele und Form der Unternehmensfuhrung (vgl. 2.1.1.3, 2.1.4.8); • Intra-Gruppenkonflikte etwa, wenn es um die Aufgabenverteilung, Leistungsbeurteilung oder um die Verteilung einer erhaltenen Belohnung geht (vgl. auch 1.1.3 .9); • Inter-Gruppenkonflikte, wenn es um unterschiedliche Interessen u.a. Technik vs. Betriebswirtschaft geht. Typische gemischt sach-personenbezogene Konflikte und ihre Ursachen sind: • Technisches gegen kaufmännisches Denken: soll ein hoher technischer Vollendungsgrad angestrebt werden oder sparsamer Gebrauch von den technischen Möglichkeiten (vgl. auch 2.1.3.2, 2.2.4.2, 3.2.1.1); hier vermischen sich häufig Sachfragen und Machtstreben; • Ethische Erfordernisse und Sachzwänge: sollen häufige familienstörende Wochenendschichten eingelegt werden oder Aufträge verloren gehen?

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

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Theoretische Positionen zum Konflikt-Management Sollen die Konfliktursachen beseitigt werden oder sollen Konflikte nur in bestimmte Bahnen gelenkt und dort gesteuert werden? Die Lösung dieser Frage hängt mit der Beurteilung der allgemeinen Rolle von Konflikten zusammen: These A: Konflikte und Konfliktaustragung sind schädlich! Diese Auffassung wurde vor allem von dem amerikanischen Soziologen T. Parsons vertreten (vgl. auch 1.1.3.7), nach dem Konflikte dysfiinktional d.h. negativ sind. Dies ist eine Ausfluß des Funktionalismus, der "dazu neigt, ein Gesellschaftsbild zu entwickeln, das von Harmonie- und Gleichgewichtsvorstellungen erfüllt ist und in dem soziale Konflikte lediglich Friktionsstörungen darstellen, die durch geheimnisvolle Systemmechanismen tendenziell eliminiert werden" (LV 2.82 S. 219). Als dysfunktionale Folgen sozialer Konflikte fuhrt G. Wiswede an (vgl. ebenda S. 223): • Friktionsverluste durch Austragung von Konflikten und damit Ressourcenverschwendung; • Durchsetzung jeweils des Stärkeren und nicht immer des besser Legitimierten; • Gefährdung der bestehenden Ordnung mit der Gefahr der Desintegration; • Polarisierung, Emotionalisierung und Eskalierung von Gegensätzen; • Förderung des Gegeneinander, statt Stärkung von Solidarität und Integration. These B: Konflikte und Konfliktaustragung sind nützlich! Diese Auffassung wurde von G. Simmel bereits 1920 in einer Veröffentlichung vertreten (Philosophie des Geldes, München Leipzig) und in Anlehnung an ihn später durch L. Coser (Theorie sozialer Konflikte, Neuwied 1965). Als Vorteile manifester (offener) Konflikte gelten: • dadurch wird die Verkrustung bestehender Strukturen verhindert und sozialer Wandel eingeleitet, in Betrieben auch der technologische Wandel; • dadurch werden falsche Harmonievorstellungen entschleiert, Bruchstellen im sozialen wie im technischen Bereich offengelegt und latente Konflikte zur offenen Austragung gebracht; • dadurch wird innerbetrieblicher Wettbewerb gefördert und dadurch wiederum wird die Leistungsmotivation im Betrieb gesteigert. Überspitzt ließe sich danach formulieren: wie der Krieg der Vater aller Dinge ist, ist der Konflikt die Ursache besonderer Leistungen im Betrieb! In Anlehnung an R. Dahrendorf kritisiert G. Wiswede die Vorstellungen Cosers, daß sie überwiegend dazu beitrügen, "das Konfliktgeschehen in das Gefüge der strukturell-funktionalen Theorie einzubeziehen und damit für die Theorie gewissermaßen unschädlich zu machen... Die dadurch bewirkte ' Entpathologisierung' des Konflikts ist mit dem Funktionalismus prinzipiell kompatibel. Um so prekärer wird jedoch das Gleichgewichtsproblem der fijnktionalistischen Schule" (ebenda S. 223). Techniken des Konflikt-Managements Da Konflikte nützlich wie schädlich sein können, erscheint es betriebswirtschaftlich sinnvoll, daß der Betrieb beim Konflikt-Management derart selektiv-gestaltend vorgeht, • daß prophylaktisch erkennbare künftige Konfliktursachen mit Schadenseffekten für den Betrieb vermieden werden, wenn z.B. eine neu eingestellte Person aufgrund völliger Inkompetenz seine Aufgaben nicht erfüllen kann, ist, um künftige Friktionen im Betrieb zu vermeiden, der Vertrag zur Einstellung auf Probe zu lösen, • daß auch Konfliktursachen in solchen Fällen ausgeräumt werden, in denen keine für die Betriebsentwicklung fruchtbare Spannung erzeugt wird, • daß solche Konflikte oder auch organisatorische Veranstaltungen, welche Unternehmenskonfliktpotential gezielt aufspüren wie etwa Qualitätszirkeln (vgl. 3.4.2.1), gesteuert werden, aus denen ein Nutzen für das Unternehmen erwartet wird, • daß eventuell konfliktträchtige Reibungsflächen bewußt im Betrieb geschaffen werden, etwa durch Einführung der Gruppenarbeit (vgl. 3.4.1.2), um eine fruchtbare Spannung zur Leistungsmotivation und -Steigerung entstehen zu lassen und um etwaige Lethargie abzubauen, • daß ad hoc auftretende Konflikte, vor allem auf höherer Unternehmensebene, durch Verhandlungen oder durch Schlichtung beseitigt werden (vgl. 2.2.4.2).

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2. Hauptteil:

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Das dynamische Geschehen der Konfliktaustragung und -beherrschung im Betrieb läßt sich mit dem dynamischen Geschehen der Chaos-Theorie (vgl. 1.1.3.11) verknüpfen, ja es sogar als einen besonders breiten Fall im Rahmen der Chaos-Theorie interpretieren; letztere wird im Allgemeinen nur auf sachliche Prozesse bezogen, die Konfliktaustragung dagegen erfaßt sowohl technische wie auch soziale Prozesse des Betriebs. Damit konfliktäre Prozesse nicht außer Kontrolle geraten, ist darauf zu achten, • daß technische Prozesse vor Erreichen der Grenze der Belastbarkeit einen Kulminationspunkt erreichen, • daß soziale Konflikte innerhalb gewisser Toleranzgrenzen bleiben. Die Konfliktgrenzen sind der jeweiligen betrieblichen Situation anzupassen; steht z.B. das Unternehmen unter starkem Konkurrenzdruck, müssen Führungskräfte und Mitarbeiter ihre persönlichen Rivalitäten weitgehend vergessen und in einem engen Schulterschluß alle Anstrengungen auf die Verbesserung der Unternehmensposition konzentrieren. Früherkennung von ungünstigen Entwicklungen dient dazu, Schaden vom Betrieb abzuhalten, und zwar auf zwei Ebenen: • Betriebsebene: dies Aufgabe eines betrieblichen Frühwarnsystems (vgl. 1.4.3.2); • Betriebsteilebene: dies ist Aufgabe der einzelnen Führungskräfte. Die Vorgesetzten müssen die Konfliktsignale rechtzeitig erkennen, bevor schädliche Entwicklungen in Gang gesetzt werden, die sich etwa in Leistungsenthaltung, mutwillige Zerstörung von Betriebsmitteln, Krankschreibenlassen oder Fluktuation der Mitarbeiter, aber auch bei untergeordneten Führungskräften äußern. Derartige Signale liegen häufig im nichtverbalen Bereich etwa in der Mimik, Gestik, aber auch in der Stimmlage der Individuen. Als prophylaktische Techniken zur Früherkennung von entstehendem Konfliktpotential bzw. als diagnostische Techniken bei entstandenen Konflikten dienen • Mitarbeitergespräche, und zwar - regelmäßige Mitarbeitergespräche etwa zur allgemeinen Leistungsbeurteilung, dabei kann auch akzidentell bestehendes bzw. künftiges Konflikpotential erkannt werden, oder - ad hoc-Gespräche, wenn Unmutsäußerungen bei bestimmten Individuen erkennbar sind, • Befragungen, und zwar als - regelmäßige Mitarbeiterbefragungen (vgl. 2.1.3.7) oder als - ad hoc-Befragungen etwa bei Ausscheiden von Mitarbeitern bzw. Vorgesetzten. Insgesamt ist also eine vorurteilslose Betrachtung von Konflikten und ihren Ursachen erforderlich, dabei ist der Konflikt nicht immer als schädlich, sondern auch als Quelle schöpferischer Unruhe im Betrieb anzusehen. Entsprechend sollte an die Stelle des um jeden Preis konfliktvermeidenden Betriebs ein konfliktstabiler, für kreative Entwicklungen offener Betrieb treten. Autoritätskonflikt Als eine besondere Form des personalen Konflikts ist der Autoritätskonflikt anzusehen, der nicht nur in der Familie zwischen Eltem(Vater) und Kindern, sondern auch im Betrieb zwischen Überund Untergeordneten entstehen kann. Dabei "arrangieren" die Untergebenen immer wieder Situationen, bei denen die Autoritätsperson zur Bewältigung der betrieblichen Krise in die Rolle des autoritären Vaters gezwungen wird. Die psychoanalytische Lehre betrachtet dies als eine Fortsetzung des ödipalen Konkurrenzstreites mit dem Vater, wobei das ständige Streitsuchen dem Ich dazu dient, ein Bekenntnis zu vermeiden, eigentlich geliebt werden zu wollen bzw. zur Abwehr von Wünschen nach Sicherheit, Liebe und homosexueller und masochistischer Befriedigung (vgl. LV 2.62a S. 60). Lösen Sie Aufgabe Nr. II-23a in Abschnitt 2.3!

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

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2.1.3.9 Aggressionsverhalten des Menschen im Betrieb Ursache von menschlichem Aggressionspotential Die menschliche Gesellschaft ist durch offene wie verdeckte aggressive Akte der verschiedensten Art gekennzeichnet. Das Betriebsleben macht dabei keine Ausnahme; von der einfachen Mitarbeiterbasis über alle Instanzenzüge hinauf ist mit menschlichen Aggressionen subtiler Art wie Frotzeln bis zu of fenen Handgreiflichkeiten zu rechnen: Mitarbeiter gegen Mitarbeiter; Vorgesetzte gegen Vorgesetzte; von unten nach oben und umgekehrt; Gruppen gegen Einzelne; Gruppen gegen Gruppen. Zur Erklärung der Entstehung von menschlichen Aggressionen sind u.a. folgende Thesen aufgestellt worden (vgl. LV 2.28b S. 14f., LV 2.71a): • Phylogenese: danach erklärt sich die Aggression aus der Stammensentwicklung des Menschen: zu Beginn der Menschheit war der einzelne Mensch bei Gefahr auf Angriff oder Flucht ausgerichtet, dieses Verhalten veränderte sich jedoch im Verlaufe der Evolution; der aus der Gefahr resultierende Streß wurde nicht länger mehr körperlich abreagiert, sondern der zivilisierte Mensch lernte, "besonnen" zu bleiben, wobei ein solcher Rückstau seinerseits Streß erzeugt, der im Extremfall zur Krankheit und zum Tode fuhren kann. • Ontogenese: danach erklärt sich Aggression aus der Erziehung des Menschen: die Kinder lernten, den Eltern zu gehorchen, und sie gelangten so in eine Abhängigkeit, später müßten sie eigene Maßstäbe suchen, dabei verwechselten sie unbewußt Mitarbeiter und Vorgesetzte mit ihren Eltern, um deren Gunst sie kämpften. • Frustrations-Aggressions-These (1939 von Dollard, Door, Miller Mowrer und Sears vorgetragen): danach fuhrt die Störung einer zielgerichteten Aktivität zur Frustration d.h. zur Versagung des Erfolgs, die der Organismus nicht hinnimmt, sondern mit Aggression reagiert d.h. mit einer Verhaltenssequenz, die zur Verletzung des fremden Organismus in Worten bzw. Taten fuhrt, eventuell des eigenen, wenn die eigene Unzulänglichkeit erkannt wird. Letzters ist z.B. häufig auf dem Tennisplatz zu erfahren, wenn die Spieler bei eigenen Fehlern und den daraus resultierenden Mißerfolgen sich selbst beschimpfen. Die F-A kann zur Infantilisierung d.h. zur persönlichen Regression in Form des Rückfalls in ein früheres persönliches Entwicklungsstadium fuhren. Diese Thesen mögen irdendwie zusammenwirken, um Aggressionen auszulösen. Das Erscheinungsbild der Aggression ist dabei durch zwei Formen geprägt: - präventiver Akt (Präventivschlag) aus Furcht (Angst) vor künftigen Nachteilen, die von einzelnen Menschen bzw. von Gruppen von Menschen erwartet werden, oder auch als - reparierender Akt in Form einer Frustrationserscheinung, um die Folgen eines Mißerfolgs zu mildern, indem in Unterform I an Schwachen, die sich nicht wehren können, „abreagiert" wird bzw. in Unterform II an Gegenständen, bei Letzterem ist dann von Vandalismus zu sprechen. Formen aggressiver Akte Je nach Aggressionsdruck und persönlichem Verhaltensmuster läßt sich Aggression in unterschiedliche Formen kleiden (vgl. LV 2.28b S. 28f). 1. Subtile Formen der Aggression Hierzu zählen: • weniger oder gar nicht mehr mit dem Betroffenen reden; • averbale Kommunikationseinschränkung u.a. aus dem Weg gehen, übersehen, Blickkontakt vermeiden; • die Weitergabe von wichtigen Informationen unterlassen; • auf Ansprache des Betroffenen nicht reagieren; • den Betroffenen untersagen, von ihm angesprochen zu werden; • Redebeiträge des Betroffenen unterbrechen bzw. sonstwie stören; • eine räumliche Isolation des Betroffenen herbeiführen etwa durch "Versetzung". 2. Konkrete Andeutungen von Aggression Hierzu zählen: • abschätzige Blicke und Gesten aussenden; • herabsetzende Anspiegelungen äußern; • sich in irgendeiner Form über den Betroffenen lustig machen; • Androhungen ausstoßen, eventuell auch schriftlich; • verbales Fertigmachen etwa durch Beschimpfen, Anschreien, Beschuldigen; • die Werthaltungen des Betroffenen etwa politischer oder religiöser Art angreifen.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

3. Konkrete aggressive Akte Hierzu zählen: • die Arbeitsleistung des Betroffenen bewußt ungerecht beurteilen; • den Betroffenen schikanieren etwa durch ungewohnte bzw. unangemessene Arbeitsaufträge; • den Betroffenen keine Arbeitsaufträge mehr geben; • Sabotageakte durchfuhren durch Zerstörung von Arbeitsmitteln oder von Arbeitsergebnissen Es versteht sich, daß aggressive Akte, wie auch das Intrigenspiel von der eigentlichen betrieblichen Arbeit ablenken und so die betriebliche Leistung herabsetzen. Sexuelle Belästigungen im Betrieb 1. Formen der sexuellen Belästigung Als eine besondere Form der Aggression ist die sexuelle Belästigung im Betrieb anzusehen, bei der sich gewöhnlich die Männer aktiv hervortun. Nach einer bundesweiten repräsentativen Umfrage muß etwa die Hälfte aller Frauen in Deutschland am Arbeitsplatz mit sexuellen Belästigungen in folgenden Formen rechnen (vgl. LV 2.30a zitiert nach LV 2.28b S. 32): haben...% der B e f r a g t e n erlebt Anstarren, Hinterherpfeifen, taxierende B l i c k e anzügliche W i t z e scheinbar zufällige K ö r p e r b e r ü h r u n g e n anzügliche B e m e r k u n g e n über Figur u n d sexuelles V e r h a l t e n im P r i v a t l e b e n u n e r w ü n s c h t e E i n l a d u n g e n mit eindeutiger A b s i c h t P o k n e i f e n oder - k l a p s e n p o r n o g r a p h i s c h e B i l d e r am A r b e i t s p l a t z u n e r w a r t e t e s B e r ü h r e n der Brust aufgedrängt Küsse Telefongespräche, Briefe mit sexuellen A n s p i e l u n g e n A u f f o r d e r u n g zu s e x u e l l e m V e r k e h r V e r s p r e c h e n b e r u f l i c h e r V o r t e i l e bei sex. E n t g e g e n k o m m e n A n d r o h u n g b e r u f l i c h e r N a c h t e i l e bei sexueller V e r w e i g e r u n g Zurschaustellung des Genitals E r z w i n g e n sexueller H a n d l u n g e n

84% 81% 70% 56% 35% 33% 33% 22% 15% 14% 12% 7% 5% 3% 3%

2. Folgen und Begründungen von sexuellen Belästigungen Frauen geraten bei sexuellen Belästigungen im Betrieb häufig in eine doppelte Opferrolle: • Opfer des sexuellen Übergriffs zu sein und • betrieblicher Anfeindung bei Gegenwehr zu unterliegen; etwa die Hälfte der Betroffenen mußte berufliche Nachteile erleiden. Dagegen wurden nur 6 % der aggressiven Männer verwarnt, 1% wurde versetzt und ein knappes halbes Prozent wurde entlassen. Dabei verstoßen Beleidigungen und Belästigungen sowohl gegen das Grundgesetz wie gegen das Betriebsverfassungsgesetz (vgl. unten). Als Gründe für sexuelle Belästigungen kommen in Frage (vgl. LV 2.28b S. 159): • weniger Sexualität als Selbstbestätigung des männlichen Machtbewußtseins (Machismus); • intrigenhafte Funktion, um das patriarchalische Macht- und Einflußrevier gegen weibliche Karrierewünsche zu verteidigen. Nicht diskutiert werden gewöhnlich die Fragen, • ob die sexuelle Belästigung nicht provoziert wurde etwa durch exhibitionistische (Über-)Betonung der sekundären Geschlechtsmale mit Hilfe der Kleidung, • ob das Opfer nur subsidiär sexuell belästigt wurde, weil das eigentliche Objekt der Begierde wegen der herausgehobenen Position z.B. als Chefsekretärin unerreichbar war; denn sexuelle Belästigungen werden vorwiegend an Personen vorgenommen, die sich in wenig geschützten Arbeitsverhältnissen befinden wie Probezeit, Ausbildung, Aushilfstätigkeit (vgl. LV 2.28b S. 33).

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

441

Mobbing im Betrieb 1. Begriff und Bedeutung des Mobbing Als eine besondere Konflikt- bzw. Aggressionsform ist der "Psychoterror am Arbeitsplatz", neuerdings auch "Mobbing" genannt, zu bezeichnen (vgl. L V 2.84, L V 2.28b S. lOff). Der Begriff Mobbing leitet sich von dem englischen Verbum "to mob" ab, was soviel wie belästigen, anpöbeln bedeutet. Beim Mobbing geht es nicht um einzelne Attacken; vielmehr werden einzelne Menschen fortgesetzt - mindestens einmal pro Woche und mindestens ein halbes Jahr lang - sozial ausgegrenzt und systematisch schikaniert. Nach Untersuchungen sollen etwa 3,5% aller Beschäftigten im Betrieb irgendwann Opfer eines Mobbing-Angriffs werden. Insgesamt soll es allein in Deutschland 1,2 Mio. Mobbing-Opfer gegeben. Besonders im Büroalltag scheint Mobbing besonders häufig vorzukommen, so daß von einem "Bürokleinkrieg" gesprochen wird. Mobbing unterscheidet sich vom normalen Konflikt und von allgemeinen Stänkereien dadurch, daß rudelhafte Cliquen gezielt Jagd auf einen bestimmten Menschen machen und ihn durch zynische wie "spitze" Bemerkungen und durch gesellschaftliche Zurücksetzungen zu reizen versuchen. Dabei kann jede Person im Betrieb Opfer werden (H. Leymann), vornehmlich jedoch solche, welche eine "Achillesferse" aufweisen und dadurch zum Angriff einladen, z.B. Behinderte, die viermal so häufig "gemobbt" werden wie Gesunde. Mobbing besitzt eine geschlechtsspezifische Dimension: • Frauen beteiligen sich eher aktiv am Mobbing durch Intrigen, Gerüchte, üble Nachrede; • Männer eher passiv durch Druckausüben oder durch Einschränkung der Arbeitsbedingungen. 2. Dynamik und Folgen des Mobbing Das Mobbbing kann dem "deterministischen Chaos" ähneln (vgl. 1.1.3.11): Phase 1: Entstehung einer Störung: der Mobbing-Angriff wird beim Angegriffenen wie eine Störung wahrgenommen, er sucht sich zu wehren, gelingt dies mit seinen eigenen Mitteln oder durch das schnelle Eingreifen eines wachsamen Vorgesetzten, so wird die beabsichtigte Auswirkung der "Störung" schon im Ansatz zunichte gemach; Phase 2: Inkubation des Problems: das Gleichgewicht ist eventuell nur labiler Natur, da die Clique zunächst nur einen Scheinrückzug angetreten hat und das präsumptive Opfer zunächst nur beobachten und auf Schwächen abtasten will; Phase 3: Aufschaukelung: wehrt sich der Angegriffene bei erneuten Attacken nur ungeschickt oder rechthaberisch, wird dies als Fehlverhalten ausgelegt, es setzt dann eine rudelartige Jagd ein, bei der das Opfer von verschiedenen Seiten her angegriffen wird; Phase 4: Kulminationspunkt der "Jagd": erkennt das menschliche Verfolgerrudel, daß weiteres Treiben zu für alle zu negativen Folgen fuhrt, etwa die vom Opfer wahrgenommenen Aufgaben bleiben liegen oder werden nur unzulänglich erfüllt, so daß das "Rudel" substituierend zusätzliche Aufgaben übernehmen muß, wird wegen der Selbstschädigung die "Jagd abgeblasen" und es stellt sich ein "normaler" Zustand wieder ein - der Kulminationspunkt kann auch durch einen ausscherenden Verfolger herbeigerufen werden, der dem Opfer zur Hilfe kommt, oder durch das Einschreiten des Vorgesetzten, der sich um die Funktionsfähigkeit und die Leistungsbereitschaft seiner Organisationseinheit sorgt. Phase 5: Überschreitung der Grenzlinie der Belastbarkeit: das Opfer hält die Belastung nicht mehr aus, es meldet sich krank oder es verläßt die Organisationseinheit etwa durch Kündigung. Die Folgen durch das Mobbing können für das Opfer gravierend sein: • Schon in der frühen Phase können psychische und psychosomatische Symptome auftreten. • In späteren Phasen leidet das Mobbing-Opfer unter Depressionen, Suchterkrankungen etc. • Es gerät in arbeitsrechtliche Konflikte, wird im Betrieb "umgesetzt" oder kündigt. • Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, Frührente, psychiatrische Behandlung, eventuell Selbstmord können die letzten Stationen des Mobbing sein. Etwa 10 - 2 0 % der Mobbing-Opfer leiden unter schweren psychischen und psychosomatischen Störungen. 20% der Suizide werden auf Mobbing zurückgeführt. Daß die Tendenz zum Mobbing, aber auch der Wille zur Abwehr des Mobbing steigend ist, läßt sich daran ablesen, daß die Mobbing-Sorgen-Telefone häufig frequentiert werden und daß die D A G und die AOK Hamburg bereits Informationsbroschüren zum Mobbing herausgegeben haben mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz im Gefolge; die jährlichen Gesundheitskosten in Höhe von 10.000,- - 25.000,-DM pro Person, die sich allein in Deutschland zu 20 - 30 Mrd. D M Kosten jährlich aufsummieren, sind zu beträchtlich, um ignoriert zu werden.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

3. Entstehungserklärung des Mobbing Verschiedene Theorien zur Erklärung der Entstehung des Mobbings wurden aufgestellt: • Theorie A: Gruppendynamik: eine Gruppe sucht sich einen "Sündenbock" zum "Fertigmachen" aus und stabilisiert sich durch dieses gemeinsame Handeln, das ein "Wir-Gefühl" entstehen läßt (Gerhard Reister); • Theorie B: Führungsdefizite: das Management bewertet weniger die Leistung als wohlgefälliges Verhalten positiv (Beate Beermann); • Theorie C: Defizite bei der individuellen Konfliktkultur: die Menschen haben verlernt, mit anderen Individuen Konflikte auszutragen (Rolf Jahn). •Theorie D: Frustrationsreaktion: die Menschen suchen Frustrationsreaktionen aufgrund persönlicher Enttäuschungen, eventuell auch aus der außerbetrieblichen Sphäre, an Wehrlose zur Ersatzbefriedigung weiterzuleiten (Verfasser), etwa wenn ein Mann an die stolze Chefsekretärin „herankommt", muß der „Ladenschwengel dran glauben" und wird in einer Frustrationsreaktion gemobbt oder ein Student legte - aus eigener Erfahrung des Verfassers - sich während des Unterrichts mit dem Dozenten an, weil er am Wochenende wegen Schneeverwehungen seine Freundin nicht treffen konnte, so daß es Übergänge zwischen allgemeiner Aggression und Mobbing geben kann. Diese Mobbing-Theorien - ausgenommen wohl die Letztere - beschäftigen sich jedoch weniger mit den eigentlichen Konfliktursachen als vielmehr mit der Konfliktstabilisierung. Die inneren Ursachen können vielleicht auf geheime Ängste der Individuen zurückgeführt werden: • Angst davor, auch einmal so verwundbar zu sein wie das als schwach erachtete Opfer; • Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes, der zuerst das schwache Opfer treffen soll; • Angst davor, eine geliebte Person zu verlieren; • Angst davor, von einem Konkurrenten verdrängt zu werden, nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung! Beim Mobbing vereinigen sich demnach offensichtlich - betriebliches Cliquenwesen - das Mobbing-Opfer wird häufig z.B. vom gemeinsamen Mittagstisch der Arbeitsgruppe ausgeschlossen - , - menschlicher Aggressionstrieb zur Verteidigung egoistischer Ziele und zur Abwehr von begründend erscheinenden Ängsten und wohl auch - menschliches Streben nach Frustrationsabbau. 4. Strategische Abwehr des Mobbing Ob es sich beim Mobbing um blanke Aggression handelt, mag dahin gestellt sein; wie der Verfasser beobachten konnte, wehrte sich ein Mobbing-Opfer mit Sprachstörungen in Drucksituationen als Achillesferse erfolgreich dadurch, daß es den Cliquenanführer durch ein besonderes Leistungsangebot aus der Clique herauskeilte und mit dem ehemaligen Rädelsführer zum eigenen Schutz mehijährige quasi-freundschaftliche Beziehungen aufrechterhielt. Das Mobbing läßt sich demnach abwehren • durch individuelle Strategien mit dem Ziel, das Verfolgerrudel zu entzweien, und • durch kollektive Strategien etwa durch Einschaltung des Betriebsrats. Diese Abwehrstrategien sind eventuell in der dargestellten Reihenfolge einzusetzen, also: zuerst ist eine individuelle Strategie einzusetzen, fuhrt sie nicht zum Erfolg, kommt die kollektive Strategie zum Zuge. Da offenbar beim Mobbing Verdrängungsängste eine bedeutsame Rolle spielen, kann eine prophylaktische Strategie darin bestehen, • daß die Bewerber zur Besetzung einer offenen Stelle der Arbeitsgruppe, für die sie vorgesehen sind, vorgestellt werden und • daß die Arbeitsgruppe dann nach der Akzeptanz der Bewerber befragt wird, wobei darauf Bewerber, die nicht das Plazet der jeweiligen Gruppe erhalten, gar nicht erst in die engere Wahl kommen. Dem steht gewöhnlich das selbsüchtige und autoritäre Verhalten von Vorgesetzten, vor allem aber von Unternehmenseignern entgegen, die durch eigenständige Rekrutierungsmaßnahrnen - einmal ihre Macht "zeigen" und zugleich konservieren wollen, eventuell aber auch

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

443

- leistungsfähige Kandidaten gewinnen wollen, was nicht immer im Eigennutz der Gruppe liegt, die ihrerseits ihre erreichte Position konservieren und nicht mit Neuen teilen will, so daß ein innerbetrieblicher Interessenkonflikt, wenn nicht eine Dichotomie bestehen kann. Rechtliche Konsequenzen von aggressiven Akten im Betrieb Nach Auffassung des Heidelberger Arbeitsrechtlers G. von Hoyningen-Huene (vgl. LV 2.30b) stellen Beleidigungen und Belästigungen eines Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz durch Vorgesetzte einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, das in Art. 1, 2 Abs. 2 des Grundgesetzes gesichert ist. Bei Beleidigungen und Kränkungen ist nach Art. 5 Abs. 2 GG das Recht der persönlichen Ehre, bei Körperverletzungen nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG das Recht auf körperliche Unversehrtheit und bei Drohungen, Nötigungen und Freiheitsberaubungen nach Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 GG betroffen. Ergänzend ist § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz heranzuziehen, wonach "Arbeitgeber und Betriebsrat...die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern" haben. Demnach sollte bei Belästigungen sofort der Betriebsrat benachrichtigt werden. In Frage kommen kann auch der Vorgesetzte und auch der Arbeitgeber, wenn gerade der Vorgesetzte der Belästiger war. Entsteht durch die Belästigungen ein unerträgliches Arbeitsklima, kann die belästigte Person von der Arbeit fern bleiben und dennoch vollen Lohn verlangen. Zur Prophylaxe von persönlichen Verungleisungen und aus der Fürsorgepflicht des Unternehmers heraus sind folgende betrieblichen Maßnahmen zu empfehlen (vgl. LV 2.28b S. 165): • Unterrichtung über das Verbot von kränkenden, beleidigenden und belästigenden Äußerungen und Handlungen am Arbeitsplatz; • Seminare über wechselseitige Respektierung im Betrieb im Rahmen betrieblicher Fortbildungsmaßnahmen; • eine freiwijlige Betriebsvereinbarung über die Abmahnung im Falle von belästigenden oder beleidigenden Äußerungen oder Handlungen gegen anderen Betriebsangehörigen. 2.1.3.10 Geschlechtsspezifisches Leistungs- und Führungsverhalten im Betrieb Standpunkte zu geschlechtsspezifischem Leistungs- und Führungsverhalten im Betrieb Nach landläufiger Meinung der Männer - möglicherweise als Ausfluß des sog. Machismus • gelten die Frauen als wenig ausdauernd bei geforderten Leistungen, • reagieren sie emotional auf sachliche Vorgänge und • hysterisch in besonders schwerwiegenden Stressituationen. Dagegen beschreibt die Literatur wie das gemischte Autorenpaar Horst H. Siewert - Renate Siewert eher ein positives Bild von der Leistungsfähigkeit der Frauen und deren spezifischen Leistungsfähigkeiten im Vergleich zu den Männern (vgl. LV 2.72b S. 49ff ): • Frauen besitzen eine besondere Stärke auf dem Feld der Kommunikation; sie können gut beobachten, zuhören, mit anderen reden, auf andere eingehen, für andere Verständnis zeigen und sich für andere einsetzen, während diese Eigenschaften im männlichen Umfeld, in dem der "Gebrauch des Ellebogens" üblich sei, wenig ankommt! • Frauen verhalten sich diplomatisch und kommen deshalb oft besser mit schwierigen Kunden zurecht als Männer! • Frauen gehen mit Nachdruck, Zähigkeit sowie mit gebotener Rücksicht und Geduld an langfristige strategische Überlegungen heran, während Männer häufig zu hart Dinge handhaben, bei denen sorgfältiges taktisches Kalkül erforderlich ist! • Frauen bewältigen Extremsituationen und selbst Dauerstreß besser als Männer und leiden auch seltener unter Herz- und Kreislauferkrankungen als Männer! • Frauen sind kompetenter für die Bewältigung von Krisensituationen als Männer, indem sie gezielt nach Lösungsstrategien suchen, während Männer in solchen Situationen eher in Alkoholismus und Selbstmord flüchten! Die Autoren Alan J. Rowe - James D. Boulgarides (vgl. LV 2.66b S. 49ff.), welche die Entscheidungsstile von weiblichen Architekten untersucht haben, nehmen eine differenziertere Stellung zum geschlechtsspezifischen Verhalten und Entscheiden von Frauen ein:

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2. Hauptteil:

Managementlehre

• Sie attestieren den weiblichen Architekten, daß sie mehr denk- als handlungsorientiert seien, insgesamt aber eine hohe geistige Komplexität besäßen: "Women architects are more thinking than action-oriented, and they show a predominant upper-half orientation that demonstrates high cognitive complexity". • Die Entscheidungsstile von Männern und Frauen seien einander ähnlich, die Stärke der weiblichen Stile liege bei den analytischen und konzeptuellen Elementen, während das verhaltensmäßige Element nachgeordnet sei, was eine hohe intellektuelle Kompetenz für Analyse und Kreativität reflektiere: "The decisión styles of the women architects are cióse to the decisión styles of male managers in the conceptual and behavorial categories. The strength of the women architects is in their analytic and conceptual styles, with behavioral as back-up. This certainly reflects a high level of intellectual competence in analysis and creativity". • In Fallstudien von einzelnen Frauen in Leitungspositionen stellen sie jedoch ein weitgehend inkohärentes Verhalten fest: 1. Frau: - sie verbessert die Organisation in verschiedenen Bereichen; - sie zeigt ein harttreibendes, auffälliges und energetisches Verhalten; - einige Leute finden sie charmant und warmherzig;- ihr Stil wird jedoch generell als kalt und verletzend empfunden, da sie Untergebene öffentlich kritisiert, sie selbst aber bei Kritik an ihrer Person allergisch reagiert. 2. Frau: - sie gründet das Unternehmen; - sie verläßt das Unternehmen, um nicht seinen Niedergang mitansehen zu müssen; - sie kehrt dreizehn Jahre später wieder in das Unternehmen zurück; - sie verläßt bald darauf wieder das Unternehmen nicht wegen Fehler, sondern angeblich wegen der dort herrschenden Visionslosigkeit. Erklärungen und betriebliche Folgerungen Das wenig kohärente Bild über Leistungsverhalten und Leistungskapazität von Männern und Frauen läßt sich vielleicht damit erklären, • daß es "Männer" und "Frauen" in geschlechtsspezifischer und damit in verhaltensmäßiger Reinkultur gar nicht gibt, denn immer wieder zeigt es sich, daß "Männer" weiblich weich sein können und "Frauen" männlich hart, dafür lassen sich auch Beweise finden: - physiognomische Beweise: manche Frauen wie die Herausgeberin der Frauenzeitschrift „Emma" haben hartkantige männliche Gesichter und manche Männer haben rundliche weibliche Gesichter; - hormonelle Beweise: manche Männer lassen sich ohne hormonale Probleme operativ zu Frauen umwandeln, manche Frauen zu Männern; • daß es zu situativen Anpassungen an eine übertragene Aufgabe kommen kann, auch hierfür lassen sich Beweise finden: - im Krieg, wenn die Männer ich im "Felde befinden", stehen die Frauen zuhause "ihren Mann"; - wenn Frauen nach dem Tode des Mannes die Firma übernehmen, stehen auch sie häufig "ihren Mann" und bekommen dabei häufig ein hartkantiges männliches Gesichtsprofil. Frauen wie Männer können situativ an ihrer Aufgabe wachsen; nicht umsonst sagt ein Sprichwort: "Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch die Kraft, es ordnungsgemäß auszuüben!" Gewisse Leistungsdefizite der Männer insbesondere in bezug auf Durchhaltevermögen werden in der Betriebspraxis dadurch ausgeglichen, daß für besonders wichtige Positionen etwa als Führungskräfte oder für besonders riskante Positionen etwa als Weltraumfahrer häufig verheiratete Männer mit Kindern gewählt werden; denn diese "werfen nicht so leicht die Flinte ins Korn" aus ihrer stärkeren emotionalen und sozialen Bindung an die Familie heraus wie die "leichtfüßigeren" Junggesellen. 2.1.4 Management-Modelle Über das Management in öffentlichen oder betrieblichen Organisationseinheiten sind schon früh im Rahmen der Herrschaftsforschung von Max Weber gewisse Vorstellungen entwickelt worden. Die neueren sog. Management-Modelle basieren ausnahmslos auf behavioristischen Vorstellungen (vgl. 1.1.3.4). Grob gesehen lassen sich die Management-Modelle in zwei Gruppen einteilen: 1. Funktionalistische Modelle: Bürokratie-Modell; Funktionales Management; Anreiz-BeitragsTheorie; Zwei-Faktoren-Theorie; Change Agent; Transzendentales Management; OrganisationsEntwicklung 2. Personalistische Modelle: Theorie X, Y und Z; Human Resources; Kontingenz-/interaktionsmäßiges, situatives Management; Principal-Agent-Theorie, Change Agent. Der Change Agent nimmt eine Zwischenlage ein, da einerseits eine Funktion im Rahmen der Organisationsentwicklung darstellt, andererseits aber auch die Individuen unmittelbar beeinflußt.

2.1 Aufoauorganisation des Betriebes

445

2.1.4.1 Bürokratie-Modell von Max Weber Merkmale und Begrenzungen des Bürokratie-Modells Einen der ersten wissenschaftlichen Deutungsversuche des Managements unternahm Max Weber. Nach ihm ist Bürokratie die reinste Form legaler Herrschaft. Sie trete sowohl in der öffentlichen Verwaltung wie auch in modernen Unternehmen auf und besitzt nach Max Weber folgende Merkmale (vgl. LV 2.81): 1.) spezialisierte und abgegrenzte Aufgabenbereiche; 2.) hierarchischer Aufbau bei Wahrung der funktionalen Kompetenz auf unteren Positionen; 3 .) kontinuierliche, regelgebundene Arbeitsabläufe; 4.) Aktenmäßigkeit der Verwaltung; 5.) abgestufte Sanktionsmittel zur Entscheidungsdurchsetzung; 6.) Fachschulung und -qualifikation des Stelleninhabers; 7.) Beförderung nach Dienstalter oder Leistung. Nach R. Mayntz (vgl. LV 2.49 S. 1062) sind Webers Vorstellungen von der Bürokratie nur als Idealtypus zu verstehen und ist bürokratische Organisation nur unter bestimmten Bedingungen effizient: 1.) Die Umwelt ist relativ stabil, so daß nur wenige Anpassungs-, Innovations- und Lernzwänge auftreten. 2.) Das Zielsystem der Organisation ist zeitstabil, einfach und transparent. 3 .) Die von der Organisation zu erfüllenden Aufgaben sind relativ gleichförmig, etwaige Änderungen sind vorhersehbar. 4.) Die repetitiven Aufgaben sind standardisierbar und leicht in Formulare zu fassen. 5 .) Kooperations- und Koordinationsbedarf sind unbedeutend. 6.) Die Mitarbeiter sind weisungsgebunden und bekommen relativ leichte Aufgaben übertragen. Einerseits fuhrt ein derartiges bürokratisches System zu zielgerechten und entsprechend vorherberechenbaren Entscheidungen, andererseits aber auch zu bürokratischer Starre, der Feind jeder Innovation. Die Betriebe, die dieses System aus der öffentlichen Verwaltung weitgehend übernommen haben, werden ineffizient, da sich die Verwaltung in ihren Regelungen verselbständigt. Sie erscheint dann "wasserkopfartig" aufgebläht. Die Kosten der Verwaltung zählen zu den betrieblichen Gemeinkosten, die im angelsächsischen Sprachgebrauch treffend als "Overhead" d.h. auf den Köpfen der Arbeitenden liegend bezeichnet werden. Bürokratie und betriebliche Innovation Bürokratie ist das allgemeine Verwaltungsmuster von Organisationen. Die Unternehmen stehen jedoch häufig unter einem starken Konkurrenzdruck und können deshalb ihr Handeln nicht beim Verwalten von als endgültig angesehenen Zuständen belassen, sondern sie müssen die ständige Neuerung (Innovation) bei Produkten, Verfahren und in der Organisation (vgl. 1.3.1.1) als Ziel haben, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Um einerseits innovationsfähig zu sein und um andererseits die Unternehmensstruktur insgesamt zu stablisieren, ist bei innovativen modernen Betrieben eine "gemischte" Organisationsstruktur zu beobachten: I. Für die Erfüllung von Routineaufgaben benutzen sie bürokratische hierarchiegestützte vertikale Strukturen. II Für die Lösung von innovativen Aufgaben mit hohem Anpassungs- und Lernbedarf verwenden sie hierarchiesprengende "flache" Organisationsformen der Bildung von Ausschüssen (vgl. 2.1.2.5), der Gruppen- bzw. Team-Arbeit (vgl. 1.2.4.7, 3.4.1.2, 3.4.2.1, 3.6.0, 3.6.2.4), der Matrixorganisation (vgl. 3.6.2.1), Auschüsse/Kollegien (vgl. 2.1.2.5) bzw. temporäres Projekt Management (vgl. 3.5.4.2). Tendenziell bleibt dabei das bürokratische Grundmuster für die Unternehmensorganisation als Ganzes erhalten; die Kreativ-Teams und die Matrix-Strukturen sind nur Einsprengsel in der betrieblichen Hierarchie. Ein derartiges organisatorisches Mischsystem verspricht optimale betriebliche Leistungen. Technokrate vs. Demokratie Befürchtungen werden von Soziologen geäußert, die in der Weber-Tradition stehen: • Nach G. Wiswede findet "in modernen, formalisierten Organisationen und Verwaltungsbüro-

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2. Hauptteil:

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kratien eine zunehmende De-Personalisierung von Abläufen... statt, gleichsam eine Ausdünnung menschlicher Mitwirkung im organisationalem Geschehen" (LV 1.83 S. 117). • Es wird von P.M. Blau darauf verwiesen (vgl. LV 2.7), daß die Ausweitung technisch-organisatorischer Steuerung durch Fließbänder und sonstige technische Regelungssysteme zu Lasten der persönlichen Kontrolle gehe. Dadurch würde Steuerung und Macht nicht mehr als soziale Steuerung und Macht ausgeübt, sondern durch unpersönliche strukturelle Steuerung ersetzt. Dies bedeute eine Gefahr für die menschliche Gesellschaft: "Die Organisation erhalte dadurch einen demokratischen Anschein, indem keine sichtbare Herrschaft durch Personen mehr stattfinde, während sie in Wahrheit durch ihre strukturellen Zwänge auf den Menschen repressiv einwirke" (LV 1.83 S. 117). Gegen die Befürchtung einer technokratisch strukturalisierten Machtübernahme ist einzuwenden, - daß sie teilweise situativ aus der amerikanischen Umwelt entstanden sind mit einer Unternehmenskultur, die - ungleich der deutschen Unternehmenskultur mit weitgehenden formalen Mitbestimmungsrechten (vgl. 2.1.1.6/7) und auch der japanischen Unternehmenskultur mit ihren mehr informalen Mitbestimmungsrechten (vgl. 2.1.1.8) - nur eine unterentwickelte Betriebsdemokratie kennt und deshalb kein starkes Regulativ gegen häufig nur vorgeschobenen Sachzwängen der Principal-Management-Seite besitzt, - daß die neuere Entwicklung gegen lange und ausgetaktete Montagebänder und hin zur Gruppenarbeit geht (vgl. 1.2.4.7) und damit wieder hin zur verstärkter sozialen Steuerung der Arbeit. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-24 in Abschnitt 2.3! 2.1.4.2 Funktionales Management von Henri Fayol Nach dem französischen Bergbauingenieur Henri Fayol (1841-1925) ist Management durch einen Katalog von bestimmten Leistungsfunktionen gekennzeichnet: 1.) Opérations techniques (Leistungserstellung); 2.) Opérations commerciales (Leistungsverwertung); 3.) Opérations financières (Finanzoperationen); 4.) Opérations de sécurité (Sicherheitsoperationen, Controlling); 5.) Opérations de comptabilité (Rechnungslegung); 6.) Opérations administratives (Verwaltung). Die "Verwaltungsfünktion" zerfällt nach Fayol in verschiedene Teilfùnktionen: 1.) Prévoir (Planen); 2.) Organiser (Organisieren); 3.) Commander (Entscheiden und Anweisen); 4.) Coordonner (Koordinieren); 5.) Contrôler (Kontrollieren). Diese "Teilfùnktionen" der "Verwaltung" lassen sich als QuerschnittsfUnktionen für alle Leistungsfunktionen bzw. als allgemeine Managementfünktionen interpretieren und die "opérations administratives" selbst als allgemeine Verwaltung, z.B. als Personalverwaltung, ansehen, so daß eine matrixförmige Darstellung (vgl. 3.6.2.1) möglich ist. Fayol hat einerseits zur Stabilisierung dieser Funktionen die rigorose Einheit der Auftragserteilung (Unité de Commandment) nur durch eine vorgesetzte Person gefordert (vgl. 2.1.2.4), andererseits sucht er sie flexibel zu halten, indem er kommunikative Verbindungen quer durch die Hierarchie, die sog. Fayolsche Brücke, zuläßt. Fayol ergänzt diese Funktionen durch einen Katalog von Managementprinzipien: Arbeitsteilung; Autorität und Verantwortung; Gerechtigkeit; Dauerpersonal; Initiative; Solidarität u.a.m. Handlungsmaximen treten schon früh in der Literatur auf, z.B. als die sechs "Königstugenden" in dem uralten etwa um 300 v.Ch. entstandenen indischen Heldenepos Mahabharata (vgl. die Ausgabe des Diederichs Verlags, Köln 1986, übers, von Biren Roy, S. 74): Klugheit der Rede; Schnelligkeit des Handelns; Menschenkenntnis; gutes Gedächtnis; Kenntnis der Sittengesetze und Regeln der Staats-kunst, die auch heute noch für einen Manager aktuell sind. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-25 in Abschnitt 2.3!

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

447

2.1.4.3 Anreiz-Beitrags-Theorie von Barnard-Simon-March ehester Barnard betrachtet die Organisation und damit auch den Betrieb als ein offenes soziales System (vgl. LV 2.4), in dem die Teilnehmer als Koalition fungieren. Damit dieses System funktioniert, müssen die Teilnehmer die Handlungen auf die Ziele und Zwecke der Organisation ausrichten und sie entsprechend koordinieren. In einer solchen Organisation hat ein Vorgesetzter erst dann die Autorität, Einfluß auszuüben, wenn er von den Auftragsempfängern akzeptiert wird (vgl. auch 1.1.3.9). Nach Barnard wird eine Organisation erst dann Mitgliedern gewinnen, wenn ein Gleichgewicht zwischen den Anreizen z.B. des Betriebs und den Beiträgen z.B. denen eines neuen Sachbearbeiters besteht, die sog. Inducement-Contribution-Balance. Diese Vorstellung ist später von J G. March und H.A. Simon zur Anreiz-Beitrags-Theorie ausgebaut worden. Dieses Autorenpaar stellte dazu folgende Thesen auf (vgl. LV 2.29 S. 84): 1. Eine Organisation stellt sich als ein System miteinander verbundener Verhaltensweisen einer Anzahl von Personen dar, die als Mitglieder der Organisation zu bezeichnen sind. 2. Jedes Mitglied und jede Gruppe von Mitgliedern erhält von der Organisation Anreize und erhält dafür Beiträge. 3 Jedes Mitglied hält seine Mitgliedschaft in einer Organisation nur so lange aufrecht, wie die ihm angebotenen Anreize genau so groß oder größer sind als die Beiträge, die von ihm erwartet werden. Dabei beurteilt das Mitglied die Anreize nach seinen eigenen Maßstäben, wobei es darauf achtet, daß die Anreize nicht unter sein Anspruchsniveau (Level of Aspiration) sinken. In die Beurteilung geht auch gemäß dem Opportunitätskostenprinzip der Nutzenentgang offenstehender Alternativen in anderen Organisationen ein. 4. Aus den Beiträgen der verschiedenen Mitgliedergruppen werden die von der Organisation an die Mitglieder gewährten Anreize gespeist. 5. Daraus folgt wiederum, daß eine Organisation nur so lange "solvent" ist, wie die Beiträge ausreichen, um die Anreize zu gewährleisten, und umgekehrt. Das Gleichgewicht einer Organisationseinheit ist ständig in Frage gestellt: • Von Innen. Das Anspruchsniveau jedes Organisationsmitglieds, aber auch einzelner Gruppen und damit die erforderliche Anreizstruktur kann sich mit jeder erbrachten Leistung ändern (vgl. 2.2.3.2); • Von Außen. Die Emissionen der Organisationseinheit dürfen ein bestimmtes Maß nicht überschreiten, ihre Produkte müssen umweltfreundlich sein und gesetzlichen Normen etwa der Produkthaftung entsprechen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-26 in Abschnitt 2.3! 2.1.4.4 Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg Die Herzbergschen Kategorien Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg ist aufgrund empirischer Untersuchungen entstanden. Die 1959 durchgeführte Pittsburgh-Studie, in der etwa 200 Personen - Personen der Verwaltung und Techniker - zu angenehmen bzw. unangenehmen Arbeitssituationen befragt wurden, ergab, daß nur sehr selten dieselben Faktoren als Verursacher von guten und schlechten Arbeitsergebnissen genannt wurden. Dadurch kam Herzberg zu der Auffassung, daß es zwei in ihren Auswirkungen von einander weitgehend unabhängigen Klassen von Faktoren gibt (vgl. Abb. 21-25): 1.) Dissatisfaktoren (Hygiene-Faktoren) Zu den Hygiene-Faktoren, die Herzberg später Konsistenzfaktoren (Maintenance Factors) nannte, zählen Betriebspolitik, interpersonale Beziehungen, Arbeitsbedingungen. Diese Faktoren verhalten sich bei ihrer Existenz neutral in Bezug auf Arbeitszufriedenheit, bei Nichtexistenz fuhren sie jedoch zur Arbeitsunzufriedenheit. So können z.B. schlechte Arbeitsbedingungen zu Widerstand in Form von Arbeitsunterlassung fuhren, gute Arbeitsbedingungen bewirken jedoch keine positive Einstellung zum Betrieb, eine Vorstellung, die nicht leicht einsichtig ist. 2.) Satisfaktoren (Motivatoren) Zu den Motivatoren zählen nach Herzberg Leistungserfolg, Anerkennung, die Arbeit selbst, Verantwortung, Fortschritt. Diese Faktoren fuhren beim Mitarbeiter zur Arbeitszufriedenheit. Daraus ist gefolgert worden, daß eine Anreicherung des Arbeitsinhalts am Arbeitsplatz die Funktion eines Motivators habe. Dies scheint die Forderung nach Job-Enrichment zu stützen. Einige Indivi-

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2. Hauptteil: Managementlehre

Abb. 21-25: Herzbergs Motivatoren und Konsistenzfaktoren (vgl. LV 2.2 8 S. 81) in Prozent der Befragten Ursache negativer Einstellung Ursache positiver Einstellung 50 40 30 20 10 0 10 20 30 40 50

viduen können sich allerdings überfordert fühlen, wie das Beispiel der Organisationsumstellung bei der Allianzversicherung zeigt (vgl. 1.2.4.7). Bedeutung der Herzbergschen Erkenntnisse Die Herzbergsche Zwei-Faktoren-Theorie hat in Literatur und betrieblicher Praxis wohl deshalb so großen Widerhall gefunden, weil sie zeigte, •daß es anders als bei Maslow (vgl. 2.1.3.1) nicht genüge, die physiologischen Bedürfnisse der einfachen Mitarbeiter zu befriedigen, während Motivatoren nur für das Management wirksam seien, • daß der Vorgesetzte (Manager) - ebenfalls anders als bei Maslow - Möglichkeiten besitzt, durch anregende Arbeitsgestaltung in seinem Bereich die Motivation der Mitarbeiter zu erhöhen und ein Nachlassen ihrer Einsatzbereitschaft zu verhindern. In diesem Zusammenhang wird von intrinsischer Motivation gesprochen, die von der Arbeitstätigkeit und von ihrem Aufgabeninhalt herrührt (sog. Sachmotivation), und von extrinsischer Motivation, die von Faktoren erzeugt wird, die außerhalb des Arbeitsbereichs liegen, vor allem durch die Entlohnung (sog. Entlohnungsmotivation). Wie überhaupt das betriebliche Entlohnungssystemnach der Herzbergschen Erhebung eine duale Rolle spielt sowohl als Hygienefaktor wie auch als Motivator. Detaillierung des Herzbergschen Konzepts Rüttinger - von Rosenstiel - Molt reihen trotz einiger Bedenken folgende extrinsische Arbeitsmotive auf (vgl. LV 1.85 S. 84ff), welche die Arbeitsunzufriedenheit beseitigen sollen, wenn sie auch keine dauerhafte Zufriedenheit und dauerhafte Leistungserhöhung bewirken: • Bedürfnis nach Geld. Dabei könne Geld erlebnismäßig Unterschiedliches für verschiedene Individuen in unterschiedlichen Situationen bedeuten (vgl. ebenda S. 83): Selbstzweck; Mittel zur Befriedigung von Grundbedürfhissen; Maßstab für Geltung und Ansehen.

2.1 Außauorganisation

des

Betriebes

449

• Inhaltlich spezifizierbare Konsumbedürfnisse. Diese können aus der Werbung herrühren, wie auch durch gesellschaftlichen Druck entstehen. • Sicherheitsstreben. Teilweise werde der Sicherheit des Arbeitsplatzes einer erheblichen Einkommensverbesserung der Vorzug gegeben. • Geltungsstreben. Das Ansehen des Menschen in seiner sozialen Umwelt sei weitgehend identisch mit dem Ansehen seines Berufes. • Kontaktbedürfnis. Da die Menschen in entwickelten Gesellschaften vorwiegend in isolierten Kleinfamilien leben - die Hälfte der Haushalte in Großstädten sind sogar nur Einpersonenhaushalte, von sog. Singles-, decke der Beruf einen "Nachholbedarf. • Sexualität. Der Beruf sei der Lebensbereich, in dem ein nennenswerter Teil der Verheirateten den Lebenspartner kennengelernt habe. Vermischung mit Individuen beiderlei Geschlechts in Organisationseinheiten kann einerseits zu einer produktivitätssteigernden Spannung fuhren, andererseits aber auch zu erzwungenen körperlichen Kontakten zwischen den Geschlechtern, zu den schon beschriebenen sexuellen Belästigungen, die gelegentlich zu Strafprozessen mit empfindlichen Geld- bzw. Gefängnisurteilen fuhren. Als wichtige intrinsische Arbeitsmotive zur Erhöhung von Arbeitszufriedenheit und Leistung werden aufgeführt (vgl. LV 1.85 S. 86f): • Bedürfnis nach Tätigkeit. Gemäß dem Psychologen P. Lersch (vgl. LV 2.39) wird dem Menschen nicht so sehr Faulheit als viel mehr Funktionslust und Tätigkeitsdrang nachgesagt. • Kontaktbedürfnis. Dies sei nicht nur ein intrinsisches Motiv, sondern ein besonderes Motiv für viele Berufe wie Verkaufs- und Lehrberufe. • Leistungsmotivation. Bei den Individuen bestehe ein Bedürfnis, sich mit selbstgestellten Maßstäben zu messen und bei Erreichen dieser Maßstäbe Befriedigung zu verspüren. • Machtstreben. Hierarchisch ansteigend könne das Individuum legitim zunehmend stärkeren Einfluß auf Personen und betriebliche Ressourcen nehmen. • Wunsch nach Sinngebung und Selbstverwirklichung Die soziale Prägung sei bestimmend, ob dieses Ziel überhaupt angestrebt werde. Kritik an dem Herzbergschen Konzept Rüttinger - von Rosenstiel - Molt setzen sich kritisch mit den Herzbergschen Thesen auseinander, obwohl sie ihnen einige Plausiblität zuordnen (vgl. LV 1.85 S. 103f.): 1.) Die Ergebnisse dürften nicht generalisiert werden; es hänge sowohl von der Person wie von der Situation ab, was zufrieden und was unzufrieden mache. 2.) Es handle sich bei ihnen um Übervereinfachungen. 3.) Die Ergebnisse nachfolgender Untersuchungen, welche die Herzbergschen Thesen stützten, seien mit der Methode der Herzbergschen Originalstudie gewonnen, Geschichten aus der Erinnerung zu Zufriedenheit oder Unfriedenheit bedingenden Ereignissen zu erzählen, mit anderen Verfahren gelange man meistens zu anderen Ergebnissen, so daß dies die plausible, durch die psychoanalytische Theorie gestützte Annahme spreche, daß die Ergebnisse ein Artefakt (= künst-liches Erzeugnis) der Methode selbst seien. Natürlicherweise werde jeder, der nach Gründen für seine Leistung die Faktoren nennen, für die er verantwortlich sei - eben jene Herzbergschen Motivatoren - und als Gründe für seine Unzufriedenheit solche, für die er nicht verantwortlich sei, weil sie nur in seinem Umfeld liegen - die Herzbergschen Hygiene-Faktoren. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-27 in Abschnitt 2.3!

2.1.4.5 Theory X und Y von McGregor - Theory Z von Colin I. Theory X und Y Für seine Management-Theorie konstruiert D.M. McGregor (1906-1964) zunächst zwei gegensätzliche Idealtypen gemäß dem Dualismus: Gut - Schlecht. Nach einem ähnlichen Gegensatzpaar kategorisiert nach seiner Anssicht das Management die Menschen in den Betrieben (vgl. LV 2.51): Theorie X: Der Mensch sei arbeits- und verantwortungsscheu; er entwickle wenig Ehrgeiz und er sei nur auf Sicherheit bedacht. Die natürliche Folge sei deshalb, daß er gefuhrt und unter Kontrolle gehalten werde. Dazu sei er durch Strafandrohungen zur Arbeit zu zwingen.

450

2. Hauptteil:

Managementlehre

Theorie Y: Dem Menschen vermittle Arbeit Zufriedenheit. Dabei entwickle er Initiative, wenn er sich mit den Zielen der Organisation identifiziere. Dann brauche er auch keine Fremdkontrolle. Motor für sein Verhalten sei die Befriedigung von Ich-Bedürfnissen und das Streben nach Selbstverwirklichung. Hierbei knüpft McGregor an die von Maslow entwickelte Bedürfhishierarchie an. McGregor kritisiert, das Management sei häufig Anhänger der Theorie X und es gehe deshalb von einer falschen Motivationsstruktur der Mitarbeiter aus, nämlich: sie seien nur auf Befriedigung der physischen also materiellen Bedürfnisse aus. Durch diese Vorgabe und durch die entsprechende Behandlung der Mitarbeiter bewege sich die betriebliche Motivationsstruktur auf einem zu niedrigen Niveau. Dies läßt sich nach dem Prinzip der "Selfliilfilling Prophecy" erklären (vgl. 2.2.4.3). Nach McGregor würden sich aber in der heutigen Zeit die Menschen eher nach sozialen und ideellen Bedürfnissen richten. Das Konzept von McGregor ist "griffig" und hat wegen der darauf beruhenden guten "Marketingfähigkeit" weite Verbreitung erfahren. Nach E. Frese ist es jedoch "nach Inhalt und Argumentationsweise ganz ein Produkt der Human-Relations-Bewegung, nur dadurch verfeinert, daß es von konkreteren Aussagen über die handlungsleitenden Bedürfnisse und ihren Wirkungen auf das Handeln ausgeht als die klassischen Arbeiten" (LV 2.23 S. 152). Frese hält dagegen das Anfang der Fünfziger Jahre am Labor and Management Center der Yale University in New Häven, USA, unter Leitung von E.W. Bakke und später von Ch. Argyris weiter ausgebaute Konzept vom Verhältnis von Individuum und Organisation für fundierter und eigentändiger. II. Theory Z Nach Colin (vgl. LV 2.13, vgl. auch LV 2.73 S. 472fF.) haben künftige Motivationsansätze angesichts des ständigen sozio-ökonomischen Wandels darauf gerichtet sein, der Unternehmung die Fähigkeit zum Überleben zu geben. Die Theorie "X und Y" besäße eine zu geringe Verknüpfung von Motivation und Innovation. Angeregt durch die weltweiten Exporterfolge Japans fand die Managementforschung im Wege eines interkulturellen Vergleichs heraus, daß es signifikante Unterschiede in der Unternehmungskultur (Company Culture) der USA und Japans gibt (vgl. 2.1.1.8):

Typ A (USA) - kurzfristige B e s c h ä f t i g u n g ( H i r e a n d Fire) - schnelle B e f ö r d e r u n g - schmale K a r r i e r e w e g e - individuelle E n t s c h e i d u n g s f i n dung u n d V e r a n t w o r t u n g

Typ J (Japan) - lebenslange B e s c h ä f t i g u n g - langsame B e f ö r d e r u n g - breite K a r r i e r e w e g e - breite E n t s c h e i d u n g s f i n d u n g u n d Verantw. (Ringi-System)

Diese Unterschiede resultieren aus Unterschieden in der kulturellen Umwelt: USA Japan heterogen homogen mobil stabil individualistisch kollektivistisch In einer empirischen Untersuchung wurde amerikanischen Managern eine Liste mit Merkmalen von Typ J vorgelegt. Die Manager erkannten unter diesem Merkmalprofil ihre wichtigsten erfolgreichen Unternehmen wieder: IBM; Procter & Gamble; Hewlett-Packard; Kodak und die amerikanische Armee (!). Sie bezeichneten außerdem Unternehmen mit diesem Profil als karrieregünstig für Jungmanager. Aus diesem Typ amerikanischer Unternehmen mit signifikant japanischem Profil wurde der Organisationstyp Z mit den Merkmalen abgeleitet: • faktische, jedoch nicht formal geregelte lebenslange Beschäftigung; • relativ langsame Beförderung (im Vergleich zu Typ A); • die Management-Techniken wie Management by Objectives, Planungssysteme wie die Budgetierung (vgl. 4.3.5) werden als Hilfen begriffen, die jedoch nicht diemenschlichen Entscheidung dominieren; • keine ausgeprägte Homogenität der Belegschaft.

2.1 Aufoauorganisation

des Betriebes

451

Lower-level World - Managerial World von Ch. Argyris Der Organisationstheoretiker Ch. Argyris (vgl. LV 2.3) unterscheidet zwischen Lower-level World und Managerial World. Er kennzeichnet dabei die realen Organisationsverhältnisse an der Unternehmensbasis, Lower-level World, wie folgt: • die Arbeit ist im hohen Maße spezialisiert und in einfachste Bewegungsabläufe aufgeteilt; • die Verantwortlichkeit ür Arbeitsplanung/-steuerung ist den Arbeitenden weitgehend entzogen; • die Verantwortlichkeit für die Erteilung von Anweisungen, Arbeitsbewertung, Entlassung und Einstellungen liegt primär in den Händen des Managements. Daraus folge für die Mitarbeiter: - es werde nur ein Teil ihrer Fähigkeiten genutzt; - es komme in ihnen das Gefühl der Abhängigkeit gegenüber den Vorgesetzten auf; - es werde ihnen vorgeschrieben, was sie zu tun hätten, welche Normen zu erfüllen seien. Da Verantwortung und Selbstbestimmung stark eingeschränkt seien, führe dies zu einer Inkongruenz zwischen den Bedürfnissen eines normalen Individuums und den Anforderungen formaler Organisation, auf die das Individuum - potentiell - wie folgt reagiere: • durch Absentismus und Wechsel des Arbeitsplatzes; • durch Aggression gegenüber Vorgesetzten und ihrer Arbeit; • durch Apathie oder Indifferenz; • durch Kompensation der Unzufriedenheit im Wege hoher Lohnforderungen. Die Managerial World sei im Wege der Internalisierung durch folgende Vorstellungen und Verhaltensweisen geprägt: • die menschlichen Beziehungen würden auf Organisationszielerreichung ausgerichtet; • die kognitive Rationalität würde zu Lasten von Gefühlen und Emotionen überbetont; • menschliche Beziehungen ließen sich effektivsten durch einseitige Anweisungen erreichen. Dies habe wiederum zur Folge, - daß Interaktionen auf der Ebene des persönlichen unterdrückt würden, - daß anderen Organisationsmitgliedern wenig eigene Ideen, Gefühle und Leistungen zugestanden bzw. diesen keine Aufmerksamkeit entgegen gebracht würden, - daß geringe Experimentier- und Risikobereitschaft bestände. Zur Abwendung derartiger dysfunktionaler (negativer) Folgen einer solchen Organisationsstruktur empfiehlt Ch. Argyris den Führungsstil zu ändern, so daß - in Vorwegnahme moderner Gruppenarbeit - eine Eigenkontrolle möglich sei (vgl. 1.2.4.7, 2.1.1.5). Dabei solle der organisatorische Wandel top-to-down vom Top-Management ausgehen mit der Folge einer Umerziehung und Loslösung von der Einseitigkeit hierarchischer Abhängigkeitsbeziehungen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-28 in Abschnitt 2.3!

2.1.4.6 Human Resources Management von Miles Human Resources Den Begriff Human Resources führte R.E. Miles (vgl. LV 2.54) bereits 1965 in die wissenschaftliche Diskussion ein. Ausgehend von ähnlichen Annahmen wie bei der Theorie Y verlagerte sich dabei der Schwerpunkt der Betrachtungen vom Individuum wieder zum Betrieb. Nach E.R. Miles soll Human Resources Management u.a. folgende Ergebnisse haben: • wenn der Vorgesetzte vollen Gebrauch von den Erfahrungen, Einsichten und kreativen Fähigkeiten der Mitarbeiter in seinem Bereich macht, verbessere sich auch die Gesamtqualität von Entscheidungen und Leistungen im Betrieb; • wenn die Mitarbeiter die Zielsetzungen verstehen und sie festlegen helfen, werden sie verantwortliche Selbstlenkung und Selbstkontrolle beim Vollzug bedeutungsvoller Aufgaben ausüben; • wenn den Mitarbeitern Gelegenheit zu verbesserter Arbeitsleistung und zu kreativen Beiträgen gegeben wird, hebe sich als Nebenprodukt auch ihre Arbeitszufriedenheit.

452

2. Hauptteil:

Managementlehre

Der Human Resources Ansatz weist dem Manager einen aktiven Part • bei der Verbesserung sowohl des Mikroklimas in der Gruppe wie auch • bei der Verbesserung der Leistungen für den Betrieb zu. Dadurch ist dieser Ansatz aktuell für die Betriebe in der BR Deutschland, und zwar aus folgenden Gründen: - die internationale Konkurrenz ist verschärft durch Angebote aus den sog. Billiglohnländern, insbesondere durch qualitätsvolle Angebote aus dem wachstumstarken pazifischen Raum; - es kommen verstärkt neue Technologien auf; - die Alterspyramide verschlechtert sich durch einen rapide wachsenden Anteil älterer Menschen, die relativ unelastisch sind gegenüber Neuerungen; - die Ansprüche in Bezug auf Entlohnung und Gestaltung der Arbeitsplätze steigern sich. Fordismus Gute Unternehmensführer und gute Führungskräfte haben schon immer den Produktionsfaktor Arbeit effektiv eingesetzt. So verband Henry Ford technisch-innovative Maßnahmen mit sozialinnovativen Maßnahmen: • er führte erstmalig in der Industriegeschichte in 1913 das Fließband zur innerbetrieblichen Transporterleichterung ein; • er führte Eignungsuntersuchungen zur Auswahl der besten Mitarbeiter, gleichzeitig aber auch erhöhte soziale Leistungen ein: • er erhöhte den Lohn (1923) von 2,30 Dollars auf 5 Dollars pro Tag; • er führte zu dieser Zeit schon die 48-Stundenwoche ein; • er bot sein einziges Produkt Modell T zu extrem niedrigen Preisen an, nicht zuletzt, um die Nachfrage danach zu stimulieren. Demnach kann dieser "Fordismus" als ein Vergänger des Human Resources Management angesehen werden und zugleich als eine Weiterentwicklung der von F.W. Taylor propagierten "wissenschaftlichen Betriebsführung", die sich mehr auf die handwerkliche Einzelfertigung bezog, in Richtung auf eine leistungsfähige arbeitskraftschonende Massenfertigung komplexer Produkte. Zur Verbesserung des allgemeinen Betriebsklimas, aber auch aus Public Relations Gründen legen neuerdings verschiedene Unternehmen ihre Human Resources Maßnahmen in Sozialbilanzen dar. Mitarbeiter-Portfolio In Anlehnung an die Portfolio Selection Matrix (vgl. 1.4.2.5) sind Mitarbeiter-Portfolios entwikkelt worden (vgl. Abb. 21-26 nach LV 2.61 S. 66). Nach Untersuchungen von Odiorne fallen 79% der Mitarbeiter in die Gruppe der "Workhorses" und 15% in die Klasse der "Stars". Diese beiden Klassen, die sog. Leistungsträger, werden ständig gefördert. Während die "Dead-wood" wegen ihres geringen Leistungspotentials als Entlassungskandidaten gelten, werden auf die "Problem Employees" im besonderen Maße Human Resources Maßnahmen angewandt: Training; psychologisches Aufbauen durch schnelles Feedback, sobald sich Leistungen zeigen. Abb. 21-26: Mitarbeiter-Portfolio

Low

Performance

Workhorses

Stars

Deadwood

Problem Employees Potential

Lösen Sie Aufgabe 11-29 in Abschnitt 2.3!

High

2.1 Außauorganisation

des Betriebes

453

2.1.4.7 Situatives, Kontingenz-/Interaktions-mäßiges Management I. Kontingenz-Modell von Fiedler Das Kontingenz-Führungs-Modell (1967) von F E. Fiedler (vgl. auch 2.1.3.5) besteht aus drei grundlegenden Elementen (vgl. LV 2.22): A. Wahrnehmungsmaße AI) ASO-Wahrnehmungsmaß (Assumed Similarity between Opposites) Hier wird das Ausmaß gemessen, nach der der Vorgesetzte den am meisten und den am wenigsten geschätzten Mitarbeiter wahrnimmt. Besteht hohe Ähnlichkeit, wird angenommen, daß er keinen Mitarbeiter bevorzugt oder benachteiligt. A2) LPC-Wahrnehmungsmaß (Least Preferred Co-Worker) Hier wird das Ausmaß gemessen, nach dem der Vorgesetzte den am wenigsten geschätzten Mitarbeiter beschreibt. Bei wohlwollender Beschreibung kann von einer personenbezogenen Führung ausgegangen werden, bei negativer Beschreibung von aufgabenbezogener und autoritärer Führung. Da sich eine hohe Korrelation zwischen ASO- und LPC-Werten ergab, konnte sich die Untersuchung auf LPC-Werte reduzieren. B. Führungsstile Bl) Aufgabenorientierte Führung (Task-oriented Leadership) Sie sucht das Bedürfnis nach Aufgabenlösung und Zielerreichung zu befriedigen. B2) Personenorientierte Führung (Relations-oriented Leadership) Sie sucht das Bedürfnis nach allseits guten zwischenmenschlichen Beziehungen zu befriedigen. C. Führungssituation in drei Dimensionen C l ) Positionsmacht, die angibt, wie stark der Vorgesetzte aus seiner formalen Position heraus seine Vorstellungen bei den Mitabeitern durchsetzen kann. C2) Führer-Mitarbeiter-Beziehungen, welche durch gegenseitige Unterstützung etc. in der Gruppe zur Zufriedenheit oder zur Mißstimmung fuhren. C3) Aufgabenstruktur, nach der zwischen strukturierten und unstrukturierten Führungsaufgaben unterschieden wird, wobei unstrukturierte Aufgaben größere Führungsleistungen erfordern. Die von F.E. Fiedler angenommene Hypothese, daß sich eine positive Korrelation zwischen LPCWerten und hoher Gruppenleistung ergeben werde und daß der personenorientierte Führer am erfolgreichsten sei, konnte jedoch empirisch nicht nachgewiesen werden (vgl. LV 2.73 S. 324ff). Fiedler verlangt, daß der Vorgesetzte erkennt, welche Situation seinem Führungverhalten entgegenkommt. Nach G. Wiswede läuft Fiedlers „Kernthese" darauf hinaus, "daß bei sehr günstigen und bei sehr ungünstigen Konstellationen ein aufgabenorientierter Führungsstil effizienter sei, während sich bei Situationen mittlerer Günstigkeit' ein mitarbeiterorientierter Führungsstil empfehle. Gleichwohl solle man nicht versuchen, den Stil des Führungspersonals nicht zu ändern, sondern Führungspersonen selektiv so einsetzen, daß sie in den jeweiligen Situationen erfolgreich sind" (LV 1.83 S. 113). II. Situationsorientierte Führungskonzepte von Reddin und Hersey-Blanchard Reddin-Modell (vgl. LV 2.73 6. Aufl. S. 777) Reddin geht von vier unterschiedlichen Grundführungsstilformen aus, die effektiv oder ineffektiv angewandt werden können, je nachdem ob die Anwendung situationsadäquat erfolgte oder nicht: • Verfahrensorientierter Führungsstil: hier verläßt sich die Führungskraft primär auf Verfahren, Methoden und Systeme und bevorzugt dabei eine stabile Umweltsituation: - effektiv angewandt beherrscht sie als "Bürokrat" Routineprozesse durch straffe Organisation und durch Regelbeachtung; - ineffektiv angewandt beharrt sie als "Kneifer (Deserter)" auf Regeln und Vorschriften, während die spezielle Situation eine flexible Anpassung erfordert. • Beziehungsorientierter Führungsstil: hier achtet die Führungskraft auf gute zwischenmenschliche Beziehungen und geht auf Mitarbeiterbedürfhisse ein:

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2. Hauptteil:

Managementlehre

- effektiv angewandt delegiert sie als "Förderer (Developer)" so weit es die Situation erlaubt, wobei die Mitarbeiterentwicklung zu langfristig besseren Aufgabenerfüllung dient; - ineffektiv angewandt vernachlässigt sie als "Gefälligkeitspaostel (Missionary)" die Aufgabenerreichung. • Aufgabenorientierter Führungsstil: hier ist die Führungskraft auf Leistungsergebnisse und Produktivitätssteigerung aus: - effektiv angewandt setzt sie als "Macher (Benevolent Autocrat)" realistische, aber auch anspruchsvolle Ziele; - ineffektiv angewandt überfordert sie als "Autokrat" die Mitarbeiter und pocht zu sehr auf Amtsautorität. • Integrationsorientierter Führungsstil: hier strebt die Führungskraft eine gleichmäßige Beachtung von Individuum und Aufgabe an: - effektiv angewandt setzt sie als "Integrierer (Executive)" die Mitarbeiter zielorientiert ein: - ineffektiv angewandt meidet sie als "Kompromißler (Compromiser)" Konfrontationen und entscheidungsscheu allen recht zu machen. Allerdings ist bei dem Reddin-Modell nicht erkennbar, warum eine Führungskraft einen bestimmten Führungsstil verwendet. Hersey-Blanchard-Modell (vgl LV 2.27d) In einer früheren Veröffentlichung (1977) wies das Autorenpaar Hersey-Blanchard den Vorgesetzten vier erfolgreiche Führungsstile zu (vgl. Abb. 21-27): 51 = Telling: der Vorgesetzte definiert durch Einweg-Kommunikation dem Untergebenen Ziele, Aufgaben und Wege seiner Tätigkeit; 52 = Selling: der Vorgesetzte bringt durch Zweiwege-Kommunikation den Untergebenen zur Akzeptanz seiner Aufgabenstellung; 53 = Participating: Vorgesetzter und Mitarbeiter definieren gemeinsam die Aufgabenstellung; 54 = Delegating: der Vorgesetzte delegiert eine Aufgabe und beschränkt sich auf gelegentliche Kontrolle. Abb. 21-27: Situativ wirksame Führungsstile nach Hersey - Blanchard (1977) (zitiert nach LV 2.73) Beziehungsorientierung

Zunächst stellte dieses Autorenpaar beim Mitarbeiter bzw. der Gruppe auf dessen Reifegrad (Maturity Level) ab, der durch folgende Komponenten gekennzeichnet sei: • die Fähigkeit, hohe, aber erreichbare Ziele zu setzen; • die Fähigkeit und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen; • die notwendige Ausbildung Erfahrung.

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

455

Dabei ließe sich der Reifegrad von Ml = geringe Reife bis M4 = hohe Reife im Sinne von Motivation, Wissen und Fähigkeit skalieren. Parallel dazu soll der Vorgesetzte mit zunehmendem Reifegrad des Mitarbeiters seine Aufgabenorientierung abbauen und stattdessen die Beziehungsorientierung verstärken sowie dabei einen angemessenen Führungsstil wählen, wobei sich ebenfalls parallel der Vorgesetzte auf bestimmte Machtgrundlagen stützen könne: • Ml - S1 - Macht durch Bestrafung; • M2 - S2 - Macht durch Belohnung; • M3 - S3 - Macht durch Vorbild; • M4 - S4 - Macht als Experte. In einer späteren Veröffentlichung (1982) ging das Autorenpaar Hersey-Blanchard von der Reifeorientierung ab und zur Entwicklungsorientierung über. Dabei wiesen sie bestimmte erfolgreiche Führungsstile jeweils bestimmten Entwicklungsstufen zu, wobei die Entwicklungsstufe jeweils geprägt sei von der Kompetenz (Wissen, Können, Fähigkeiten) und vom Commitment (Selbstvertrauen, Motivation, Einbindung) des Mitarbeiters: • Directing —> geringe Kompetenz, hohes Commitment; • Coaching —> etwas Kompetenz, geringes Commitment; • Supporting —> hohe Kompetenz, veränderliches Commitment; • Delegating —> hohe Kompetenz, hohes Commitment. Dies setzt bei einem Personalbestand mit unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Individuen in einer Organisationseinheit voraus, • daß ein Aufgabenwechsel der Organisationseinheit keinen Führungsstilwechsel erfordert, • daß der Vorgesetzte der Organisationseinheit alle Führungsstile beherrscht, • daß der Vorgesetzte die Organisationseinheit nach Individuen segmentiert und dann den Führungsstil chamäleonhaft von Mitarbeiter zu Mitarbeiter wechselt, • daß es keine Gruppeninteraktionen gibt bzw. • daß bei Gruppeninteraktionen eine Interpolation möglich ist. Da dieses Konzept von Hersey-Blanchard von der spezifischen situativen Aufgabenlage der Organisationseinheit abstrahiert, kann es kaum noch als situativ bezeichnet werden. III. Situatives Ffihrungs-Portfolio der Vorgesetzten-Plazierung Die verhaltenswissenschaftliche Feststellung von Führungsstilen an sich (vgl. 2.1.3.5) erklärt noch nicht, warum Unternehmenseigner wie Manager einen bestimmten Führungsstil verfolgen und der situative Ansatz von Fiedler mit seiner Unterteilung zwischen mitarbeiter- und aufgabenorientierter Führung verdeckt den Tatbestand, daß es situativ unterschiedliche betriebliche Aufgaben gibt, für die Fiedlers Unterscheidung von strukturierten und unstrukturierten Aufgaben wenig aussagt. Allgemein erscheint die Zielrichtung der behavioristischen Führungsstiluntersuchungen als akademisch und entsprechend als theoriearm, da eine Spekulation über eine betriebliche Nutzanwendung a priori ausgeschlossen ist. Eine betriebswirtschaftlich bedeutsame Spekulation sieht der Verfasser in Vorgaben für eine optimale Manager-Plazierung nach der Maxime: die richtige Führungskraft zur richtigen Zeit in die richtige Position! Die unterschiedliche Ausprägung der menschlichen Temperamente gibt Aufschluß darüber, welches Individuum zu welchem Führungsstil tendiert, den es individuell prägt. Wie zu beobachten ist, lassen sich die meisten Menschen zwischen dem Gegensatzpaar: temperamentvoller Mensch - phlegmatischer Mensch einordnen. Der temperamentvolle Mensch, der Sanguiniker, tendiert schon von seinem Naturell her zur "kurzangebundenen" Befehl-Gehorsam-Beziehung zum Mitmenschen und damit im Regelfall zum autoritären Führungsstil, während der phlegmatische Mensch niemandem befehlen will - außer zu seiner Bequemlichkeit - und im Laissez-faire die Lebenserfüllung sieht. Er kommt deshalb kaum als Führungskraft im "Unternehmen" bzw. im "Betrieb" in Frage; Hans-Walter Heidorn, Volontärsbeauftragter bei VW, stellt bündig fest: "Die Leute sollten extrovertiert sein. Ein Bewerber, der zwar ein ausgezeichneter Fachmann ist, aber nicht auf Leute zugehen kann, der ist für Führungsaufgaben nicht geeignet" (UNI, Juni 1992, S. 36). Individuen in der Zwischenlage entwickeln von sich aus einen ausgleichenden sozialintegrativen Führungsstil, indem sie sich im Regelfall eine gewisse Zeit lassen mit der Kommunikation ihrer Führungsvorstellungen. Überzieht ein Mitarbeiter ständig durch ausschweifende Erörterungen die normale Kommunikationszeit, kann auch ein sozial-integrativer Vorgesetzter autoritär reagieren; wie der Verfasser beobachten konnte, ließ in einem solchen Fall der Vorgesetzte einer Arbeitsgruppe mit komplexen analytischen und zeitkritischen Aufgaben für die Geschäftslei-

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2. Hauptteil:

Managementlehre

tung den Mitarbeiter, ohne ihn zu befragen, in eine Arbeitsgruppe mit Routinetätigkeiten versetzen, in der die Arbeitskommunikation minimal war. Sozial-integrative Führung beruht demnach auf gegenseitiger Beachtung der situativen Erfordernisse der Organisationseinheit und läßt kaum einen Mißbrauch zu. Demnach lassen sich vom persönlichen Temperament her - tendenziell - folgende Führungsstil-Konnektionen feststellen: • temperamentvoll - tendenziell autoritär • agil (beweglich) - tendenziell sozial-integrativ/demokratisch • phlegmatisch - tendenziell Laisser-faire. Allgemein werden von den Unternehmen wie von Organisationseinheiten im Unternehmen folgende Kategorien von Leistungen erwartet bzw. sie bieten folgende Leistungen an: 1. innovative Leistungen, die durch kreative Tätigkeit zu erzielen sind; 2. Leistungen mit hohem ständigen Verbesserungsbedarf; 3. konventionelle Leistungen, die minimale Anpassungen erfordern. Die Betriebsleitung muß den Managereinsatz ständig den situativen strategischen Umweltsituation wie den unterschiedlichen innerbetrieblichen Aufgabenverhältnissen anpassen. Welches persönliches Führungsverhalten kommt den alternativen Aufgaben optimal entgegen? Unter Bezug auf den Kontingenzansatz von F E. Fiedler, nach dem sich Vorgesetzte im Betrieb entweder aufgabenoder mitarbeiterorientiert verhalten, werden folgende Manager-(Ideal-)Typen aufgestellt, die sich als Konstrukte folgendermaßen charakterisieren lassen: • Die aufgabenorientierten temperamentvollen Vorgesetzten lassen sich als Task-Leader bezeichnen. Sie drängen ständig auf Erfüllung der projizierten Leistungen. Sie fördern vor allem die Mitarbeiter im Betrieb, welche erhebliche Beiträge zur Lösung der Unternehmensaufgaben erbringen. Die Task-Leader fassen gern neue Aufgaben an und erwarten sehr hohe Leistungen. Dabei scheuen sie auch den Konflikt nicht. Von einem autoritär zupackenden Task-Leader kann am ehesten erwartet werden, daß er Innovationen zügig aufgreift und sie ebenso zügig aufgrund von rücksichtslosem Verhalten zum Durchbruch verhilft. • Die mehr ausgleichs- und mitarbeiterorientierten Vorgesetzten bemühen sich darum, daß sich ihre Mitarbeiter im Betrieb wohl fühlen und mit der Arbeit zufrieden sind. Sie lassen sich als Social-Emotion-Leader bezeichnen. Sie zeigen Harmonisierungsbedürfhisse sowie Rücksichtnahme und gehen Konflikten nach Möglichkeit aus dem Weg. Ihr Leistungsanspruch vor allem in Richtung Innovationen ist eher niedrig angesetzt; Neuerungen sind ihnen suspekt; es herrscht eher Laisser Faire vor. • Eine mittlere Position nehmen die Führungskräfte ein, welche erhebliche Leistungen von ihren Mitarbeitern erwarten, welche aber gleichzeitig auch um ein gutes Betriebsklima bemüht sind. Sie werden hier als Normal-Role-Leader bezeichnet. Sie sind energetisch und Neuerungen gegenüber "aufgeschlossen", streben sie aber nicht primär an. Bei ihrem Führungsverhalten gehen sie auf die Mitarbeiter zu und ziehen deren Meinungen demokratischerweise bei den Entscheidungen in Betracht. Die drei leistungsmäßigen betrieblichen Aufgabenkategorien lassen sich in einer Matrix mit den drei alternativen Kategorien des Führungsverhaltens im Betrieb kombinieren (vgl. Abb. 21-28). Dabei ergeben sich neun Leistungsfelder, wobei die vier Felder mit "mäßigen Leistungen", d.h. mit noch tolerierbaren Leistungen, verteilt zwischen den Feldern mit extremen - hohen bzw. kontraproduktiven - Leistungen liegen: • hohe spezifische Leistungen sind zu erwarten - bei der Kombination konventionelle Leistungen gefordert mit Social-Emotion-Leadership, - bei der Kombination innovative Leistungen gefordert mit Task-Leadership und - bei der Kombination Leistungen mit hohem ständigen Verbesserungsbedarf gefordert mit Normal-Role-Leadership; • kontraproduktive Leistungen, d.h. Leistungen, die weit unter der Norm liegen und bei denen der Arbeitsfortschritt stagniert, eventuell sogar Erreichtes wieder verloren geht, sind zu erwarten - bei der Kombination innovative Leistungen gefordert mit Social Emotion Leader und - bei der Kombination konventionelle Leistungen gefordert mit Task-Leader. Bezüglich der beiden Extremsituationen mit kontraproduktiven Leistungen, zwischen denen das hier vertretene situative Führungsportfolio „hineinkonstruiert" wurde, kann der Verfasser auf eigene Beobachtungen im Betrieb verweisen: - So beobachtete er in einem Unternehmen, daß ein temperamentvoller kreativer Manager einer Finanzanalyse-Abteilung wegen seiner hervorragenden Leistungen zusätzlich mit der Zuordnung

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

457

Abb. 21-28: Situatives Führungs-Portfolio (situatives Managerplazierungs-Portfolio) Führungsleistungen

Leistungssituation

innovative L e i s t u n g e n gef./ kontraNachwuchs-/Problemprod./hDv produktiv v e r b e s s e r t e L e i s t u n g e n gefordert / S t a r s / C a s h - K ü h e / m D v

mäßig

konventionelle Leistungen geford./AusP/Verwaltung/nDv

hocjj^"'^ c

Führungsverhalten

hoch

mäßig ^ h o p f e ^

SocialEmotion-L.

mäßig NormalRole-L.

mäßig kontraproduktiv Task-Leader

einer Reporting-Abteilung "belohnt" wurde. Obwohl diese Abteilung den für das Top Management wichtigen Profit Forecast erstellte (vgl. 4.3.5.7), betrachtete er diese Funktion wegen ihres konventionellen Charakters eher als langweilig und lästig. Er vernachlässigte deshalb diese Abteilung derart, daß sie wegen seines Laisser-faire aufhörte, normal zu funktionieren - ein Insider meinte dazu: "Er hat die Abteilung wie ein Auto gegen den Baum fahren lassen!". Wegen dieses Suicidal Acts mußte sie einem anderen Manager übergeben werden. Diese fehlplazierte "Belohnung" führte bei dem Manager wegen der kontraproduktiven Leistung zwar nicht zu einem ausgesprochenen Karriereknick, jedoch zu einer Karrierepause, so daß er mit Verzögerung bei einem anderen Großunternehmen in höhere Ränge aufstieg. - So befragte der Verfasser bei der Sammlung von Unterlagen für ein Projekt Management Handbuch im Weltraumsatellitenprojekt SYMPHONIE mehrere System-Ingenieure, ob sie sich den früheren Projekt Leiter, der als ein umgänglicher, freundlicher Mensch mit hoher Fachkompetenz (Diplom-Ingenieur) geschildert wurde, zurückwünschten oder ob sie den gegenwärtigen aggressiven Projektleiter beizubehalten wünschten, der mäßig fachkompetent war (Diplom-Mathematiker) und sich höchst autoritär aufführte, der jedoch großes Durchsetzungsvermögen gegenüber verkrusteten bürokratischen Strukturen bewies und der deshalb die Projektrealisierung vorantrieb. Hier lautete der durchgängige Tenor der Antworten: "Nein, der frühere Leiter war ja ein sehr netter Mensch, aber unter ihm kam das Projekt nicht mehr voran!" Daraus lassen sich kontraproduktive Leistungen bei der Kombination Social-Emotion-Leader - hohes Durchsetzungsvermögen gefordert in der Realisationsphase eines Projekts ableiten. Das "nicht mehr" bezog sich wohl auf die vorangegangene Konzeptionsphase des Projekts (vgl. 3.6.1.2), in der der bedächtige SocialEmotion-Leader offensichtlich noch den Erwartungen der leistungsbereiten und leistungserheischenden Projektmitarbeiter in etwa, wenn auch nicht völlig entsprach. Dies deutet auf situative interaktionistische Prozesse zwischen Führer und Geführten hin. Demnach läßt sich folgendes optimales Führungsverhalten den Projektphasen zuordnen: Projektphase : optim.

Planungsphase R e a l i s . p h a s e A u s w e r t u n g s p h .

Führungsverh. N o r m a l - R o l e - L . T a s k - L e a d e r

Durchsetzungsvermogen:

mittel (mDv)

hoch (hDv)

Soc.-Emotion-L. niedrig (nDv).

Größere Unternehmen besitzen gewöhnlich mehrere Produktgruppen bzw. mehrere strategische Geschäftseinheiten, welche sich in unterschiedlichen Entwicklungsphasen bzw. in unterschiedlichen Umweltsituationen befinden (vgl. 1.4.2.5). Da der jeweilige Führungsstil des Vorgesetzten vornehmlich aus seinem persönlichen Naturell entspringt, eventuell unter Orientierung an gewissen in der weiteren Umwelt erfahrenen Leitbildern, und deshalb kaum situationsgemäß anzupassen ist, sollte - umgekehrt - der Betrieb eine fuhrungsstiladäquate Manager-Plazierungsstrategie bei den Produktgruppen bzw. SGEs verfolgen:

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2. Hauptteil:

Managementlehre

• Er setzt die aggressiven Task-Leader optimal auf die Nachwuchs- bzw. Problem-Produkte/SGEs an, d.h. auf die in der Entwicklungs- bzw. in der Einfuhrungsphase wie auch auf die in der Degeneration befindlichen Produktgruppen bzw. SGEs an, letzteres, um diese möglichst schnell zu regenerieren. • Die Normal-Role-Leader steuern optimal die ertragreichen Produktgruppen bzw. SGEs in der Wachstums- und Sättigungsphase, die sog. Stars und Cash-Kühe. • Die eher konservativen Social-Emotion-Leader "verwalten" die Problemprodukte bzw. die Problem-SGEs, von denen sich das Unternehmen früher oder später trennen will (AusP). Die SocialEmotion-Leader eignen sich parallel dazu auch für die Leitung betrieblicher Verwaltungsbereiche, von denen keine unmittelbaren Leistungen für den Markt und damit unmittelbar für die betriebliche Wertschöpfung verlangt werden, wie dem Finanz- und Rechnungswesen, dem Personalwesen, es sei denn, sie sind mit Zukunftsanalysen befaßt wie etwa die angeführte Finanzanalyse. Die optimale Managerplazierung bewegt sich demnach innerhalb der Koordinaten: - Führungsnaturell/Führungsstil des in Frage kommenden Managers; - situative Aufgabenbeschaffenheit/-erfordernisse; - Leistungsstand der Mitarbeiter. Auf einen Aufgabenwechsel seiner Organisationseinheit muß deshalb der Vorgesetzte entweder mit einer Führungsstilanpassung reagieren, was bei Personen mit einem dezidierten Führungsstil schwierig, wenn nicht unmöglich ist, oder mit einem Wechsel zu einer Organisationseinheit, deren Situation seinem Führungsstil angemessener ist. Der Vorgesetzte muß einerseits der auf ihn zukommenden Aufgabe gewachsen sein bzw. die Aufgabe muß ihn situativ reizen, andererseits darf er die Mitarbeiter nicht überfordern. Deshalb gelten für die Mitarbeiter im Grunde die gleichen Bedingungen wie für die Manager. Allerdings lassen sie sich wegen der gewöhnlich geforderten vertieften Fach- und Sachkenntnisse nicht so leicht bei Situationsänderungen der Organisationseinheit versetzen. Situations- bzw. Aufgabenwechsel können sich für die Organisationseinheit ergeben vor allem durch: • Produktänderungen bzw. -Wechsel; • V e r f a h r e n s ä n d e r u n g e n b z w . -Wechsel;

• Organisationsänderungen bzw. -Wechsel; • Konkurrenzänderungen; • Nachfrageänderungen. Das Unternehmen verhält sich demnach fiihrungsmäßig optimal, • wenn es bei gravierenden Situationsänderungen seine Manager auf der diagonalen Hochleistungsachse im Führungs-Portfolio "verschiebt" unter Beachtung gewisser "Fühningsdehnungen" durch situative Anpassungen des Führungsverhaltens einzelner flexibler Manager, • wenn es die Intentionen ändert und z.B. dabei den bedächtigen Social-Emotion-Leader bei einem Problemprodukt durch einen zupackenden Task-Leader ersetzt, der dieses ursprünglich zur Eliminierung vorgesehene Produkt doch noch "recyceln" soll, • wenn es bei der Stellenbesetzung darauf achtet, daß individuelles Führungsnaturell, individueller Führungsstil und spezifische Führungsaufgabe zu einander passen und • wenn es - quasi im Vorfeld - bei situativ unzureichend strukturiertem Führungspotential situationsadäquate Manager anwirbt. IV. Interaktionsmäßige Führung Bisher wurde Führung vornehmlich von der Führerseite her gesehen, Führung läßt sich aber auch als WechselprozeB zwischen Führern und Geführten verstehen. Dieser von der Gruppentheorie (vgl. 1.1.3.9) ausgehende Interaktionsansatz der Führung wurde von C.A. Gibb (vgl. LV 2.25) und K. Lukaszyk (vgl. LV 2.45) schon in den Jahren 1954/1960 thematisiert. Die Interaktionstheorie der Führung sucht zur Erklärung des Führungsverhaltens und seiner Konsequenzen zwischen vier Variablengruppen zu differenzieren (vgl. LV 1.83 S. 114): • die Persönlichkeit des Führers mit den angeborenen Fähigkeiten, Interessen und Motiven sowie mit seinen gewonnenen Erfahrungen; • die Persönlichkeitsstruktur der Geführten mit ihren individuellen Einstellungen; Erwartungen und Bedürfnissen im Bezug auf die Person des Führers und auf die jeweilige Situation;

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

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• die Struktur und Situation der Gruppe als differenziertes und integriertes System von Rollenbeziehungen und gemeinsamen Normen; • die situativen Aufgaben der Gruppe und ihre äußeren Bedingungen. Bei der Analyse sozialwissenschaftlicher Interaktionsmodelle könnten unterschiedliche paradigmatische Schwerpunkte gesetzt werden (vgl. ebenda S. 115f.): • Interaktion könne im Sinne wechselseitiger Kontigenz normativer Erwartungen interpretiert werden: "Was soll der Führer in dieser Situation tun?" - "Was wird in dieser Situation von den Mitarbeitern erwartet?" Hier könnten Lösungen von der Konformitätsforschung erwartet werden. • Interaktion lasse sich im Sinne besonderer "sozialer Fertigkeiten" interpretieren. Dabei sei wechselseitige Beeinflussung zu steuern, indem aufgrund "sozialer Kompetenz" die Verhaltensweisen des Gegenparts genau wahrgenommen, angemessen interpretiert und angemessen auf sie reagiert würde. Dabei sei die Entstehung dauerhafter Interaktionsmuster zu analysieren. • Interaktionen lassen sich als Austauschprozeß verstehen. So kann nach der Anreiz-BeitragsTheorie (vgl. 2.1.4.3) das Gleichgewicht in der Gruppe solange gehalten werden, wie die Interaktionspartner allesamt eine ausgeglichene Kosten-Nutzen-Bilanz aufweisen. • Interaktion könne nachdem Weg-Ziel-Ansatz von R.J. House (vgl. LV2.31) funktionieren, bei dem unterstellt werde, daß ein bestimmter Führungsstil um so eher akzeptiert würde, je mehr sich dieser Stil zur Erreichung bestimmter Zielvorstellungen eigne. Dies deckt sich mit den oben dargelegten Beobachtungen bei hochqualifizierten und hochleistungsmotivierten Systemingenieuren, die einen autoritären leistungsfähigen Task-Leader mit eingeschränkter Sachkompetenz einem wenig leistungsfähigen Social-Emotion-Leader, wenngleich mit hoher Sachkompetenz vorzogen. • Interaktion nach dem "Vertical-Dyad-Linkage" von St.G. Green (vgl. LV 2.27) und Schiemann (vgl. LV 2.69) gibt die implizite Homogenitätsbedingung auf, der Führer verhält sich allen Gruppenmitglieder gegenüber gleichmäßig. In Wirklichkeit ist davon auszugehen, daß sich der Führer gegenüber einzelnen Personen und Subgruppen höchst unterschiedlich auffuhrt: er unterstützt und fördert In-Group-Members und er distanziert sich von anderen wenig privilegierten Gruppenmitgliedern, mit denen wenig kommuniziert werde und die nicht weiter beachtet würden. Nach Beobachtungen des Verfassers zeigt sich im Betriebsleben ein asymmetrisches Verhalten des Gruppenführers auch bei Sanktionsverhängungen bei vermeintlichen oder echten Arbeitsfehlern: - In-Group-Members werden häufiger gelobt und kommen auch bei schweren Fehlern mit einem leichten, schnell vergessenen Verweis davon, der möglicherweise noch freundlich angeboten wird, - weniger privilegierte Gruppenmitglieder werden relativ selten gelobt und müssen mit langwirkenden negativen Sanktionen, eventuell mit einer Versetzung in weniger attraktive Organisationseinheiten rechnen. Führung äußert sich interaktionistisch in der Motivation der Gruppenmitglieder, die wiederum zusätzlich in einem interaktionistischem Zusammenhang von Qualifikation und von Betriebsumgebung stehen und welche die betriebliche Leistung beeinflussen können. Zur Abschätzung und zur Steuerung dieser gegenseitigen Einflußmöglichkeiten sind instrumentale Ansätze zu entwickeln (vgl. 2.1.3.4). V. Globalrollenansatz von Henry Mintzberg Henry Mintzberg basiert "Nature of Managerial Work" auf einem dreischichtigen Rollenmodell situativen Führungsverhalten und situativer Führungsleistung (zitiert nach LV 2.9). • Interpersonale Rolle. Nach der interpersonalen Rolle stellt sich die Führungskraft als Repräsentant der Unternehmensphilosophie, als fachlicher und disziplinarischer Vorgesetzter, dazu als Initiator und Betrieber innerbetrieblicher Kontaktnetze dar. • Informationelle Rolle. Hiernach stellt sich die Führungskraft als Empfänger, Verteiler und Vermittler von Informationen aus der Umwelt und an die Umwelt einer Institution dar. • Entscheidungsrolle. Nach der Entscheidungsrolle stellt sich die Führungskraft als "Unternehmer", Störungsregler (Konfliktmanagement), Ressourcenzuordner und Verhandler dar. Das Minzberg-Modell kann durchaus als Nachbildung der Realität angesehen kann, da es die komplexe betrieblichliche Realität nicht simplifiziert. Jedoch wird es Schwerpunktverlagerungen geben • je nach Position der Führungskraft im betrieblichen Organisationsgefiige und • je nach Art der vorliegenden Situation. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-30 in Abschnitt 2.3!

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2. Hauptteil:

Managementlehre

2.1.4.8 Principal-Agent-Theorie Genesis der Principal-Agent-Theorie Bei der Prinipal-Agent-Theorie geht es um die Beziehungen zwischen dem Auftraggeber/Unternehmer und dem Beauftragten/Manager. Das in der Literatur diskutierte Principal-Agent-Problem untersucht nach D. Schneider (LV 1.89 S. 26 im Original mit Hervorhebungen) "die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Auftraggeber und Beauftragten unter Unsicherheit und bei uneinheitlichem Wissensstand. ... Das Prinicipal-Agent-Problem ist die Kernfrage einer Lehre von den Innenbeziehungen einer Institution schlechthin: Wie kann verhindert werden, daß jene, die durch Handeln Macht ausüben, gegen die Interessen der sie Beauftragenden ..entscheiden?" Aktuell wurde dieses Thema mit der beobachteten zunehmenden Trennung von Kapital und Management in den Unternehmen, wodurch sich der ursprünglich im Unternehmer zentrierte Führungskern spaltet in Kapitalgeber (= Principal) und Top-Management (= Agent). Burnham prophezeite schon vor Jahrzehnten in einer Buchveröffentlichung ein "Regime der Manager". Trotz der großen situativen Bedeutung des Managements für die Führung von Unternehmen ist diese Vorstellung bisher noch nicht Realität geworden. Interkulturell unterschiedliche Rekrutierungs-Modelle Eine Studie des Münchner Unternehmens- und Personalberaters Heidrick & Struggles der Rekrutierung der Top-Manager zeigt erhebliche interkulturelle Unterschiede bei der Rekrutierung der Top-Manager in Frankreich und Deutschland (vgl. PC Woche, 29. Juni 1992 S.19), nach der sich die deutschen Manager am stärksten vom Einfluß des "Kapitals" emanzipiert haben: Herkunft d e r T o p - M a n a g e r v o n in F r a n k r e i c h in D e u t s c h l a n d

Kapital 33% 27%

Staat 44% 8%

Karriere 23% 65%

Total 100% 100%

Diese unterschiedlichen Rekrutierungsmodelle hätten folgende Auswirkungen: • die hierarchische Distanz zwischen Führungsspitze und Unternehmensbasis sei in Frankreich größer als in Deutschland; • in deutschen Unternehmen seien die leitenden Angestellten besser motiviert; • die französischen Unternehmen seien fixiert auf die Eliteausbildung in wenigen Hochschulen; • entsprechend ihrer breiteren Rekrutierungsbasis besäßen die deutschen Unternehmen größere Chancen außergewöhnliche Führungspersönlichkeiten zu finden; • die französischen Manager seien besser mit der Funktionslogik der öffentlichen Verwaltung vertraut, was bei anstehenden Regierungsaufträgen die Kommunikation erleichtern und so zu Akquisitionsvorteilen führe (wie etwa beim Zuschlag zum Bau der Schnellbahn in Südkorea zugunsten von Frankreich festzustellen war). Typen von Top-Managern Ob der Top-Manager die vom Principal erwünschten Leistungen erbringt, insbesondere das Unternehmen bei Turbulenzen etwa in Rezessionen zu stützen weiß, hängt nicht zuletzt davon ab, welchen Manager-Typ er repräsentiert. Die Analyse einer Befragung von Chefs der 500 größten deutschen Unternehmen, von denen 118 - wohl die Agilsten - antworteten, durch den Sozialwissenschaftler und Unternehmensberater B. von Mutius sowie durch Professor F. Reither zum Thema "Schlank durch die Rezession - Fit durch die Turbulenz?" mit 38 Fragen ergab folgende TopManager-Typen (vgl. WELT am SONNTAG, 19/1994 S. 43: A: Faktenorientiert, kontrolliert, selbstbewußt (19% der Antwortenden): Sie beziehen sich auf "harte Faktoren" und stützen sich auf meßbare Größen. Dabei werde das Kostenmanagement bevorzugt, die Personalentwicklung wie auch die Unternehmenskommunikation eher eingschränkt, so daß wegen relativ geringer Kundenorientierung die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens kaum gesichert sei.

2.1 Aufbauorganisation

des Betriebes

461

B: Erfolgsorientiert, demonstrativ, selbstbewuBt (29% der Antwortenden): Äußere Erfolge auf dem Markt gelten als selbstverständlich, sie fühlen sich fiir Turbulenzen gut gerüstet. Trotz zur Schau gestellten großem Selbstbewußtsein bestehen wenig tiefgreifende Kenntnisse der unternehmenskulturellen und mitarbeiterorientierten Prozesse, so daß bei einem Markteinbruch die Turbulenzen sofort nach innen durchschlagen könnten. C: Problemorientiert, kritisch, vorsichtig (28% der Antwortenden): Zwar würden eigene Defizite kritisch erkannt und Änderungen gefordert, doch müßten Anstöße von Anderen kommen. Es würden zwar von ihnen die Human Reources gut genutzt, doch fehle es an Durchsetzungskraft und Selbstbewußtsein. Die Defizite könnten eventuell im Team ausgeglichen werden. D: Stabilitätsorientiert, offen, differenziert (24% der Antwortenden): Kommunikation, Kooperation und Delegation sind wesentliche Bestandteile ihres Führungsstils. Jedoch wären mangelnde Förderung von Kreativität, geringe Teamfähigkeit sowie ungenügende Durchsetzung des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu erkennen. Lösungsansätze für das Principal-Agent-Problem in der Theorie Nach D. Schneider (LV 1.89 S. 555ff.) sind bisher drei Lösungsansätze für das Principal-AgentProblem gefunden worden: 1. Die Lehre von den Agency Costs Die Agency Costs wurden in Anlehnung an den sog. Transaktionskosten entwickelt, wobei hier unter Transaktionskosten offensichtlich die spezifischen Kosten der Machttransaktion vom Principal zum Agent zu verstehen sind (vgl. LV 2.73 S. 336f ): • die Kosten, die beim Vertragsabschluß und durch die Überwachung der Vertragsausführung den Auftragnehmer entstehen; • die Kosten, die durch die Kontrolle dem Beauftragten entstehen einschließlicher eventueller Schadensersatzverpflichtungen an den Auftraggeber; • der "verbleibende Verlust" als Differenz zwischen dem in Geld bewerteten Nutzen oder Schaden, welche die Handlungen des Beauftragten dem Auftraggeber tatsächlich erbracht haben, und dem in Geld bewerteten Nutzen der Handlungen, die den Nutzen des Auftraggebers maximiert hätten. D. Schneider (LV 1.89 S. 556 im Original mit Hervorhebungen) moniert den letzten "KostenPunkt; "Immer dann, wenn ein Geldbetrag für den maximalen Nutzen des Auftraggebers errechnet werden kann, existiert kein Bedarf an Kontrolle: Das Agency-cost-Problem wird gegenstandslos. Immer dann, wenn ein Bedarf an Kontrolle existiert, lassen sich Agency costs nicht berechnen." 2. Verteilungsregeln für gemeinsames unsicheres Einkommen und Anreizsysteme Es wird eine Teilnahmebedingung, Participation Constraint von Kenneth J. Arrow genannt, auch als Reservationsnutzen bezeichnet, vorausgesetzt, zu der der Agent gewillt ist, den Dienstvertrag abzuschließen. Nach D. Schneider hängt das von Principal und Agent am Ende einer Abrechnungsperiode zu beobachtende Ergebnis zu Beginn des Abschlusses des Dienstvertrags • von den Handlungen und den Bemühungen des Agents sowie auch • von den Umweltgegebenheiten ab, die von beiden Seiten nicht beeinflußt werden können. Im Bezug auf unbeeinflußbare Umweltentwicklungen reagiert der Prinzipal möglicherweise verständnisvoll und - interkulturell - differenziert; so konnte der Verfasser bei den Ford Werken, Köln, anläßlich der Wirtschaftsflaute von 1968, als trotz aller Bemühungen des Managements das Unternehmen keinen Gewinn erzielte, beobachten, daß dann nach Verhandlungen mit der Konzernzentrale in den USA eine Regelung derart getroffen wurde, • daß die Managertantieme, in der Kostenrechnung den Sachverhalt verdeckend "Supplemental Compensation" benannt, nicht wie bisher einen bestimmten Prozentsatz vom Gewinn, sondern • daß sie nunmehr einen bestimmten Prozentsatz vom Umsatz betragen sollte. Da der Umsatz zu etwa Zweidrittel der Voijahreshöhe vorhanden war, führte diese Regelung zur allseits beobachtbaren Zufriedenheit der Manager.

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Managementlehre

Dagegen reagierte IBM Japan auf Gewinnrückgänge in 1991 mit abgestuften Sanktionen gegen das Management (vgl. International Herald Tribune 25/26. 1. 1992 S. 13): • ihr Präsident Takeo Shiina kürzte sich sein Gehalt um 10%; • 17 Vizepräsidenten und Manager Director erhielten eine Kürzung von 8%; • 10 Direktoren erhielten eine Kürzung von 5%; • für etwa 300 Managern wurde das Gehalt eingefroren. Offensichtlich völlig undifferenziert wurde dagegen bei den Spitzenmanagem vom japanischen Kameraherstellers Minolta das Gehalt jeweils um 20% gekürzt, als dieses Unternehmen im Geschäftsjahr 1991/92 erstmals nach 26 Jahren einen Verlust erlitt. 3. Forschungsprogramm von den Anreiz- und Kontrollbedingungen in den Dienstverträgen Dieses richtet sich nach D. Schneider (vgl. LV 1.89 S. 561 ff.) schwerpunktmäßig auf folgende Annahmen: • Der Principal kann nicht immer nachträglich das Ergebnis eindeutig feststellen. • Der Prinzipal kann nicht ständig die vom Agenten gewählten Handlungen kostenlos beobachten und unerwünschte Aktionen durch Vertragsstrafen verhindern, so daß der Agent Wahlen treffen kann, die nicht zugunsten des Prinzipals ausfallen (Adverse Selection). • Der Prinzipal wird deshalb in sein Vertragsangebot nicht nur ein Vergütungsschema für den Agenten einbauen, das der Teilnahmebedingung des Agenten genügt, sondern auch zusätzliche Anreiz- und Kontrollbedingungen, die der Agent akzeptiert, ohne seine Teilnahmebedingung zu ändern. Die Entlohnung von Führungskräften kann sich in den Koordinaten (vgl. Abb. 21-29) • kurz- und langfristiger Beobachtungszeitraum und • beobachtete individuelle und Gruppenleistung bewegen und entsprechend differenziert sein. Abb. 21-29: Determinanten der Entlohnung von Führungskräften (vgl. LV 1.34 S. 113) Beobachtungszeiträum kurzfristig langfristig beobachtete individuelle Leistung beobachtete Gruppenleistung

Gehaltserhöhung

Bonus

Anreizplan

Aktienbezugrechte

Praktische Gestaltung der Teilnahmebedingungen Von der optimalen Gestaltung der Teilnahmebedingungen für den Manager-Agent kann entscheidend die Entwicklung des Unternehmens abhängig sein. Ihre Gestaltung sollte deshalb • gründlich von kompetenten Personen vorbereitet und • nicht einseitig von der Prinzipalsseite her diktiert werden, sondern auch die Interessen und Vorstellungen des zu bestellenden Topmanagers amalgamieren. Als z.B. Thomas J. Watson die Leitung der wenig bekannten C-T-R übernahm, um daraus das Welt-unternehmen IBM zu gestalten, legte er als ehemaliger Verkäufer bei NCR Wert darauf, daß ein wesentlicher Teil seines zu erwartenden Einkommens umsatzabhängig war. Da sich die Position von Watson nun vom Mitarbeiter zum Manager wandelte, änderte das Kommittee von drei Personen, das die Teilnahmebedingungen bei C-T-R für ihn gestaltete, seine Forderung seiner Topmanager-Position entsprechend ab in einen bestimmten Prozentsatz vom einzubehaltenen Gewinns (vgl. LV 2.66 S. 76). Dies institutionalisierte zwei Stoßrichtungen des Agent-Handelns bei Thomas J. Watson: maximale Umsatzausweitung und optimale, wenn nicht sogar maximale Gewinnthesaurierung, welche beide wesentlich zum enorm großen Aufschwung der IBM in der Welt beitrugen. Der Anteil von etwa 5% vom einbehaltenen Gewinn wirkte sich bei Antritt in seiner Stellung als Topmanager 1914 bei einem Firmengewinn von etwa 1,5 Mill. Dollar in seinem ersten Jahr nur minimal aus. Jedoch bewirkte diese "kleine (Gewinn-)Störung" im Laufe der Jahre

2. / Aufbauorganisation des Betriebes

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eine gewaltige Gewinnsteigerung; der Gewinn der IBM belief sich 1983 auf 8 Milliarden Dollar, so daß hier schon von einem deterministischen (Gewinn-)Chaos gesprochen werden kann, da im Laufe der Zeit "jede Ähnlichkeit mit dem Ursprung" verloren gegangen ist. Eine mehrtausendfache Gewinnausweitung trägt schon den Charakter eines (Gewinnausweitungs-)Schmetterlings-EfFekts (vgl. 1.1.3.11). Der endgültige Umschlag in Richtung dieser Gewinnexplosion trat nach der Überwindung der Nachkriegskrise der IBM um 1921 ein. Die Anreizgestaltung durch entsprechende Gehaltsdotierung unterliegt offensichtlich kulturellen Rahmenbedingungen (vgl. Kölner Stadt-Anzeiger 249/1991 S. 25, vgl. auch 2.1.1.4)): • So haben die Top-Manager in den USA, die an traditionell kurzfristigen Gewinnerwartungen gemessen werden (Quartalsgewinnberichte vgl. 1.4.3.2), ein etwaiges frühzeitiges Ausscheiden aus den Unternehmen durch großzügig bemessene Gehälter und und Abfindungen antizipiert und abgesichert. Ihre Gehälter werden an Marktanteilen, Umsätzen, Gewinnen und Aktienkursen gemessen. Die Vorstandsmitglieder erhalten in den USA die mit Abstand höchsten Gehäter in allen Industriestaaten, nach einer Übersicht der Business Week (April 1997) durchschnittlich 2,3 Mio. Dollar pro Person, insgesamt mit allen Vergünstigungen 5,8 Mio. Dollar. Das ist 209mal mehr als der normale Facharbeiter, so daß die Business Week zu Recht davon spricht, daß die Managerbezüge in den USA außer Kontrolle geraten sind. Es kann dort von einer Selbstbedienung der Macht gesprochen werden; die Managergehälter stiegen um 39% zum Voijahr, während der Aktienindex nur um 23% stieg und die Facharbeitergehälter gar nur um 3%. • Am unteren Ende liegen trotz überaus günstiger Wirtschaftslage mit etwa 0,35 Mill. DM die Einkünfte der japanischen Top-Manager, die zudem in einer Rezession bei ungünstiger Gewinnlage der Unternehmen stark absinken können. In diesem Land spielt offensichtlich das soziale Bewußtsein eine starke Rolle. • Eine Mittellage nehmen die europäischen Top-Manger ein, die bei einer befriedigenden Wirtschaftslage pro Person etwa 0,64 Mill. DM erhalten. Betriebliche Regelungen zur Lösung des Principal-Agent-Problems Das Principal-Agent-Problem erscheint in mancher Beziehung ein eher "hausgemachtes" Problem der Theorie zu sein; die betriebliche Praxis hat ein vielfaltiges System von Regelungen zu seiner Lösung entwickelt: 1. Institutionelle Regelungen. Um das Unternehmensgeschehen, insbesondere das Management "im Griff" zu behalten, installieren die Principale in den primär von Managern geleiteten Unternehmen Kontrollorgane wie den Aufsichtsrat und den Rat der Kapitaleigner (vgl. 1.5.4.4, 2.1.1.) oder besondere übergeordnete Führungsunternehmen, die sog. Mutterunternehmen in Konzernen. 2. Materielle Regelungen. Per Satzung wird den Top-Managern von den Principalen ein Zustimmungskatalog verordnet (vgl. 1.5 .4.4), der - je nach Umfang - die Topmanager an "kurzer" oder "langer Leine" agieren läßt. 3. Zielmäßige Regelungen. Die Principale geben den Topmanagern konkrete Unternehmensziele vor bezüglich der Rentabilität, der Marktanteile, der zu zahlenden Standarddividende. Vor allem derartige Zielvorgaben geben den Principalen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber intransigenten und inkompetenten Topmanagern an die Hand. Ein Wirtschaftskapitän "alter Schule" pflegte deshalb bei Betriebsverlusten nonchalant zu sagen: "Entweder ändern sich die Zahlen oder die Köpfe!" Schwerwiegende Principal-Agent-Auseinandersetzungen können den Weg zu den Gerichten finden, allerdings nicht zu den Arbeitsgerichten, sondern zu den Zivilgerichten (vgl. 2.1.1.3). 4. Gewinnverwendungsregelungen. Principale und Top-Manager einigen sich auf eine Ausschüttungsstrategie (vgl. 3.7.3.4), welche einen Interessenausgleich in bezug auf die vermutete Principal-Agent-Dichotomy bei den Unternehmenszielen herbeifuhrt: Principal-Ziele Agent-Ziele - hohe Ausschüttung - niedrige Ausschüttung - hoher Börsenkurswert - hohes Unternehmenswachstum. Problematik des Bankeneinflusses Das Principal-Agent-Problem kompliziert sich insbesondere in Großunternehmen, in denen Banken einen Anteil am Unternehmenskapital besitzen und zugleich Depotstimmrechte der Kleinaktionäre sammeln; hier besteht bei Auswertung der Hauptversammlungspräsenzlisten die Vermutung, daß die Banken gelegentlich im Einvernehmen mit der jeweiligen Geschäftsleitung gegen die Interessen

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2. Hauptteil:

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der Aktionäre handeln. Diese nichtinstitutionalisierte "Macht der Banken" wird in Deutschland wegen der großen Anteile, welche die Banken an verschiedenen Unternehmen halten, situativ auf Angemessenheit hin diskutiert. Dabei kommt die Forderung auf, daß die Banken ihre Anteile in angemessener Zeit abstoßen sollen, um das Gleichgewicht in der Wirtschaft wiederherzustellen. Bei dem mißlungenen Übernahmeversuch von Krupp-Hoesch, das den wirtschaftlich erfolgreicheren Thyssen-Konzern zum Ziel der Einverleibung hatte, wofür Großbanken 15 Mrd. D M bereitstellen wollten, zeigte sich deutlich das neuzeitliche Bankendilemma: einerseits die volkswirtschaftliche Aufgabe Innovationen zu finanzieren, die allemal, wie schon Schumpeter nachwies, auch einen zerstörerischen volkswirtschaftlichen Effekt haben (vgl. 1.3.1.1)- andererseits die Pflege gewachsener volkswirtschaftlicher Strukturen d.h. die Erhaltung von Arbeitsplätzen. Lösen Sie Aufgabe Nr. II-31 in Abschnitt 2.3!

2.1.4.9 Change Agent - Organisationsentwicklung Funktionen und Arten von Change Agents Dem Change Agent werden in der Literatur unterschiedliche Funktionen zugeordnet: W. Schertier (vgl. LV 2.71 S. 181f.) weist ihm ausschließlich eine beratende Funktion zu; für Staehle gilt er als ein Berater und Aktor des organisatorischen Wandels. Letztere Doppelfünktion ist ausgehend von der Wortbedeutung naheliegend. Als Change Agents kommen unternehmensexterne wie unternehmens-interne Personen und Institutionen in Frage. Unternehmensintern können es z.b.V.-Personen und Stäbe sein, unternehmensextern Wirtschaftsberater/-prüfer, Steuerberater, Hochschulinstitute, etc., wobei der tandemmäßige Einsatz von internen und externen Change Agents aus der gegenseitigen Ergänzung den optimalen Erfolg bringen kann. W H. Staehle (vgl. LV 2.73 S. 871) weist den Change Agents ihrer Herkunft nach jeweils unterschiedliche Vorteile zu: • Externer Change Agent: - unbefangene, von Betriebsblindheit freie Problemsicht; - breite Erfahrung; - höhere Akzeptanz beim Top Management; - Mut zu radikalem Vorgehen. • Interner Change Agent: - Vertrautheit mit internen Verhältnisen; - Identität der Wertvorstellungen; - höhere Akzeptanz auf den unteren Ebenen; - evolutionäres Vorgehen. Einsatz von Change Agents Change Agents lassen sich einsetzen • zum langfristig angelegten Unternehmenswandel durch die Beeinflussung sozialer Prozesse, aber etwa auch zur Internationalisierung des Unternehmens (vgl. 1.4.2.3/4) wie auch • zur kurzfristigen Lösung von "brennenden" Tagesproblemen quasi als "Feuerwehr" etwa unter der Bezeichnung Task Force (vgl. auch 2.2.4.1). Große Unternehmen wie General Electric, ICI (Imperial Chemical Industries), Shell Oil beschäftigen hierzu in Abteilungen mit Bezeichnungen wie Organization Development Department, Organization Improvement Department angestellte Change Agents. N.M. Tichy hat anhand von empirischen Untersuchungen vier Typen von Change Agents festgestellt (zitiert nach L V 2.73 S. 8 7 2 f ) : • Outside Pressure Type wie Repräsentaten von Verbraucherverbänden, Umweltschutzvereinen, etc. • Analysis for the Top Type wie Systemanalytiker, Operations Research-Fachleute, Repräsentanten von Spezialinstituten, etc. • Organization Development Type z.B. Sozialberater. • People Change Technology Type z.B. Psychologen, Humanisierungsexperten. Die organisatorische Einordnung des Change Agents hat sich nach Bedeutung der Aufgabe und nach den situativen Umweltbedingungen zu richten: • bei eher standardmäßigem Änderungsbedarf werden die formellen Vorgesetzten unterstützt von Stabshilfe die Organisationsänderungen planen und durchfuhren; • bei außergewöhnlichen Vorhaben/Situationen sollte eine organisatorische Herausstellung des Change Agents erfolgen, damit er nicht in die konventionelle Organisation "eingebaut" und dann

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

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zu einem statuskonformen Handeln beeinflußt wird, mit der Folge, daß "alles beim Alten" bleibt bzw. daß kein nennenswerter Projektfortschritt erkennbar ist. Wie schon beim Führungs-Portfolio angeführt (vgl. 2.1.4.7) kann in der Realisationsphase eines Projekts ein Task-Leader erforderlich werden. Wohl deshalb wurde beim Projekt SYMPHONIE der Social-Emotion-Leader aus dem Wissenschaftsministerium durch einen aggressiv sich gebärdenden Change Agent ersetzt, der sich eine Unabhängigkeitsposition gegenüber dem Wissenschaftsministerium als der Systemleitung (vgl. 3.6.2.2) dadurch schuf, daß er den Principal-ClientVertrag unmittelbar mit der Bundesregierung abschloß. Grenzen des Einsatzes von Change-Agents Der Einsatz von Change Agents ist unter wirtschaftsethischen Gesichtspunkten nicht unproblematisch und kann leicht zu einem Change-Agent-Dilemma führen, einerseits erwartet der Auftraggeber, gewöhnlich das Top Management, "Resultate" d.h. einen Organisationswandel in eine bestimmte Richtung, andererseits bedeutet diese Änderung für die betroffenen Mitarbeiter Fremdbestimmung, die ihre menschliche Würde mehr oder weniger stark verletzt. Die Lösung dieses Dilemmas ohne Verwendung von manipulativen Mitteln hat unter Beachtung der situativen soziokulturellen Rahmenbedingungen des Betriebs zu erfolgen und zwar derart in deutschen Unternehmen, • daß der Mitarbeiter in den Organisatorischen Wandel aktiv miteinbezogen wird, worauf er gemäß BetrVG in Deutschland ein gesetzliches Anrecht besitzt, sofern es um seinen Arbeitsplatz geht (vgl. 2.1.1.6), • daß der Mitarbeiter aufgefordert wird, eigene Vorschläge zu unterbreiten, die der Change Agent zwischen ihm und der Geschäftsleitung moderiert, • daß der Mitarbeiter nicht zu der Änderung gezwungen, sondern von der Vorteilhafiigkeit der vorgeschlagenen Lösung überzeugt wird, • daß dem Mitarbeiter eventuell eine finanzielle Kompensation geboten wird, um die Änderung zu tolerieren, etwa, wenn er mit einer finanziellen Abfindung das Unternehmen verläßt oder wenn er in den vorzeitigen Ruhestand geht - auf dieser Ebene liegen auch die betrieblichen Sozialpläne, • daß zur Entscheidung über den Organisatorischen Wandel ein demokratischer Abstimmungsmechanismus eingeschaltet wird, institutionalisiert durch den Betriebsrat und durch die Mitbestimmung, die dem Change-Agent in deutschen Betrieben einen relativ engen institutionellen Rahmen ziehen. Change Agents und organisatorischer Wandel Der Organisatorische Wandel ist evolutionär im Wege des Prototyping durchzuführen, • damit seine Perspektiven nicht durch frühe Mißerfolge getrübt werden und • damit Widerstände (Blockaden) bei den Betroffenen abgebaut werden. Knut Bleicher (vgl. EBM-Nachrichten 41 (1991) Heft 304 S. 23) gibt folgende Anhaltspunkte für den kulturellen Wandel in bürokratischen Organisationen durch Change Agents in Richtung einer kundenorientierten Organisation, die eine "Kulturrevolution" vermeiden helfen sollen: - Auswahl von Persönlichkeiten mit zukunftstragenden und zukunftsbezogenen Wertvorstellungen und ihr Einsatz in kultursensiblen Positionen mit hoher symbolischer Sichtbarkeit; - Pflege subkultureller Inseln mit progressiven und kundenbezogenen Einstellungen und entsprechende Weiterentwicklung: - Verpflanzung starker symbolischer Führer in Nester hohen Widerstands gegen Veränderungen; - Rotation von Trägern sowohl positiver wie negativer Werthaltungen. Ausgangspunkt und Ziel der Organisationsentwicklung (OE) Im sekularen Zeitablauf sind die Unternehmen einem technologisch-organisatorischen Wandel ausgesetzt (vgl. 1.1.1.2, 1.2.4.7,2.1.4.1), • wobei sie entweder den technologischen Änderungen etwa dergeänderten Informationsverarbeitung durch Kleincomputer, den PCs, anpassen oder • wobei sie durch Einführung organisatorischer Maßnahmen etwa durch Einsatz von Gruppenarbeit sich einen leistungsmäßigen Konkurrenzvorsprung zu erringen versuchen oder • wobei sie auf den leistungsmäßigen Vorsprung, den andere Unternehmen etwa durch Einfuhrung der Gruppenarbeit errungen haben, ihrerseits durch Organisationsmaßnahmen reagieren.

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Managementlehre

Demnach kann der organisatorische Wandel im Unternehmen vonstatten gehen entweder - kreativ durch eigene organisatorische Innovationen oder - imitativ durch kopierende Übernahme fremder Organisationsinnovationen oder - imitativ-kreativ durch innovatorische Adaption fremder Organisationsinnovationen. Für die organisatorischen Änderungen ist der Begriff Organisationsentwicklung (OE) geprägt worden, welche wertneutral praktische Organisationsarbeit kennzeichnet. Als Wissenschaft ist sie in den Fünfziger Jahren in den USA entstanden, hat aber spätestens seit den Siebziger Jahren auch in Europa Fuß gefaßt. Nach der "Gesellschaft für Organisationsentwicklung" stellt sich "Organisationsentwicklung (als) ein längerfristiger, organisationsumfassender Entwicklungs- und Veränderungsprozeß von Organisationen und der in ihr tätigen Menschen (dar). Der Prozeß beruht auf Lernen aller Betroffenen durch direkte Mitwirkung und praktische Erfahrung. Sein Ziel besteht in der gleichzeitigen Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Organisation (Effektivität) und der Qualität des Arbeitslebens (Humanität)" (vgl. auch LV 1.38a S. 289). Organisationsentwicklung war kulturell bedingt zunächst stark individual bezogen. W H. Staehle gibt zwei Gründe hierfür an (vgl. LV 2.73 S. 831 f.): • Individualismus wie Psychologie und Psychologen besäßen in den USA einen erheblich größeren Stellenwert als im sozial gefestigteren Europa; "...die hohe berufliche, geographische und soziale Mobilität der Amerikaner mit den damit verbundenen Gefühlen der Heimatlosigkeit und Beziehungslosigkeit (biete) einen Erklärungsansatz für deren große Bedürfnis nach interpersonalen Kontakten..."; • zudem seien die entsprechenden personenorientierten Interventionen vom Management toleriert worden, "da sie erfahrungsgemäß für die bestehenden Organisations- und Machtstrukturen konsequenzlos bleiben, d.h. es geht hier eher um ein reibungsloses Funktionieren des bestehenden Systems und nicht um dessen Veränderung bzw. Entwicklung." Es scheint überhaupt der Mangel von verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen zu sein, daß sie zu sehr auf betriebliche Harmonisierung ausgerichtet sind als auf demokratische Diskussion und Konfliktlösung. Nun besitzen jedoch deutsche Unternehmen eine ausgeprägte Betriebsdemokratie, zumindest wenn es um organisatorische Änderungen am Arbeitsplatz geht (vgl. 2.1.1.6), so daß eine Theorie der Organisationsentwicklung ohne institutionellen Bezug für Deutschland einfach lebensfremd wäre (vgl. 2.1.4.9). Neben dem institutionellen Bezug zur Klärung der formalen Machtverhältnisse in der Organisation sind auch die Einflußmöglichkeiten informeller Cliquen zu untersuchen (vgl. 2.1.2.7). Elemente des Organisationswandels und Organisationsentwicklung W.G. Dyer unterscheidet beim Wandel zwischen "System Change" und "Culture Change", die bestimmte divergierende Merkmale besäßen (vgl. Tab. 21-1). Es ist allerdings zweifelhaft, ob sich bei der normalen Unternehmensentität (Unternehmensganzheit) System Change und Culture Change auseinanderdividieren lassen; eher erscheinen beide Positionen als theoretische Konstrukte geschaffen zur Organisationsanalyse. Danach dürfte die Effizienz der Organisationsentwicklung entscheidend davon abhängen, ob systemmäßige und kulturelle Bedingungen bei der Situationsanalyse in ganzheitlicher Sicht in einem Totalbild erfaßt und die entwickelten Sollvorstellungen künftiger Organisation zu einer komplexen, gleichzeitig auch strukturierten Problemlösung geTab. 21-1: Elemente des Organisationswandels (zitiert nach LV 2.73 S. 833): System Change Culture Change

problemorientiert leichter steuerbar inkrementale (schrittweise) Änderungen

wertorientiert weitgehend nicht steuerbar Veränderung grundlegender Annahmen

Analyse von Störungen in der Organisation Führungswechsel nicht unbedingt notwendig

Analyse der negativen Folgen des Wertesystems Führungswechsel zwingend geboten

Effizienz- und O u t p u t - O r i e n t .

Lebensqualität in der Organis.

467

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

bracht werden. Eine modulare Strukturierung, d.h. der Aufbau in an sich unabhängigen, jedoch insgesamt zu einer größeren Einheit zusammenfaßbaren Bauteilen, erleichtert dem Individuum den Einstieg in die betriebliche Komplexität, wodurch gleichzeitig die Akzeptanz eben dieser Komplexität beim Individuum gefördert wird. In Anlehnung an G. Comelli ließe sich OE wie folgt definieren (vgl. LV 2.13a S. 93): OE paßt unter betriebsinternen Lernprozessen die betriebliche Organisation neuen Werten bzw. neuen Leistungsvorstellungen in umfassender Weise an und scheut dabei, falls erforderlich, vor einem Kulturumbruch im Betrieb nicht zurück. Das NPI-Schema der Organisationsentwicklung Vom NPI (Nederlands Paedagogisch Instituut), das 1954 als Teil einer Stiftung zur Förderung der Sozialpädagogik gegründet wurde und das seine Beratung auf Organisationen wie Unternehmen, Krankenhäuser, Schulen, Behörden erstreckt, wurde ein fünfphasiges Organisationsentwicklungsschema vorgestellt, bei dem der Change Agent (Berater) und Klient eine freiwillige und offene Beziehung eingehen (vgl. LV 2.23 S. 158): 1. Orientierungsphase. Es dient der ersten Problemklärung und der Erarbeitung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Berater und Klient. 2. Phase der Erarbeitung einer globalen Zukunftskonzeption. Sie basiert auf ausführlicher Situationsanalyse und dient einer Bedürfnisklärung sowie einer Konfrontation von "Soll" und "Ist". 3. Phase der Bildung operationaler Ziele und Durchführung operationaler Analysen. 4. Phase der Planung experimenteller Projekte. Sie bedeuten erste Schritte auf dem Weg der Verwirklichung neuer Ziele in experimentellen Situationen. 5. Realisierungsphase. Unter laufender Evaluierung schrittweiser Veränderungen realisiert der Klient, eventuell eine ganze Organisationseinheit, die neue Zielsetzung. Während dieses Prototypingprozesses des sozialen Wandels durch Organisationsentwicklung muß der Change Agent verschiedenen Rollen gerecht werden: • als Policy-Berater; • als Trainer; • als Sozialtherapeut und • als Untersuchungsexperte. Drei-Phasen-Schema der Organisationsentwicklung Axel G. Koetz stellt ein dreiphasiges Schema der O E vor (vgl. L V 2.35a, vgl. Abb. 21-30), wobei das Unfreeze-Change-Refreeze-Paradigma, dessen Normstrategie eine hinreichend innovationsfreundliche Destabiliserung der Organisation anstrebt, bereits 1947 von Kurt Lewin entwikkelt wurde (vgl. LV 2.38a): 1. Phase: Unfreeze. Das über Jahrzehnte im Betrieb aufgetürmte "Packeis" sei "aufzutauen", indem die Führungskräfte den Mitarbeitern erklären, daß Veränderungen gewollt und Diskussionen erlaubt sind. Dabei seien "Kulturevolutionäre" zu Leitfiguren zu erklären, die mit den eingefahrenen "Das war noch nie da"-Vorstellungen im Betrieb aufräumen. Mit Blockaden sei dabei vor allem aus der mittleren Führungsschicht zu rechnen, welche als undurchlässige Schicht zwischen innovativem Top-Management und der veränderungsbereiten unteren Ebene funktioniere. Abb. 21-30: OE-Prozeßverlauf nach Axel G. Koetz (leicht verändert entn. L V 2.35a S. 138)

Phase

Unfreeze

Change

Top-Management o b e r e Führung, S t ä b e mittlere Ebene

Refreeze



1 II A n a l y s e / 'Konss e p t i o n Ii

L,

Ausführungsebene Legende: • = K o r i z e p t e n t s c h e i d . ;

l!= •

Implementierungsentscheidung

468

2. Hauptteil:

Managementlehre

2. Phase: Change. Die eigentliche OE setze ein, wenn die OE-Gruppen kooperativ Konzepte entwickeln. Dabei seien zwei Teilphasen zu unterscheiden: - Erkenntnisgewinnung und Einzelkonzeptgenerierung; - Ergebniskonsolidierung mit zunehmender Verdichtung der Veränderungsansätze unter Herbeiführung eines weitestgehenden Konsenses. Dabei könnten schon parallel kleinere, vorteilhafte Änderungen in Gang gesetzt werden. 3. Phase: Refreeze. Die Ergebnisse der Änderungsphase werden evaluiert (bewertet) und durch das Top-Management in Kraft gesetzt. Die geänderten Verhältnisse sind fest vorzugeben und einzufrieren, damit nicht endlos weiterdiskutiert, sondern gearbeitet wird. Für die OE gibt Axel G. Koetz folgenden konkreten Zielekatalog vor (vgl. ebenda S. 126f), der weitgehende Übereinstimmung mit dem Business Reengineering aufweist (vgl. 2.2.5.2): 1. Veränderungen in den "Köpfen" in bezug auf geänderter Geschäftsgrundlage zur Bereitschaft zu mehr Leistung und Wettbewerb. 2. Veränderungen im Bereich der "kleinen, traditionell vernachlässigten Ärgernisse". 3. Veränderung in den Strukturen u.a durch - Entfall überflüssiger Führungsebenen (vgl. 2.1.2.2, 2.1.2.8), - Entfall von Funktionen durch Outsourcing (vgl. 3.3.1.6), - Entfall von unnötigen Schnittstellen durch Zusammenfassung von Aufgaben durch Enlargement und Enrichment (vgl. 1.2.4.7). 4. Veränderung in den Abläufen u.a. durch - Entfall von überflüssigen Arbeits- und Kontrollvorgängen - Mach' es gleich richtig!, - Beschleunigung von Prozessen, eventuell durch Parallelisierung (vgl. 3.0, 3.1.1.1), - Qualitätssteigerung durch ganzheitliche Sicht der Arbeit durch Aufhebung der Taylorschen Spezialisierung. 5. Veränderungen in der Arbeitsqualität: Job Enrichment, Job Enlargement und Job Rotation. Sechs-Phasen-Schema der Organisationsentwicklung Nach L. Greiner unterteilt das Wachstum und die Entwicklung der Unternehmung in sechs Phasen (vgl. LV 2.27a, zit. nach LV 2.63a S. 38ff), gewisse Norm-Organisationsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung von Wachstum und Entwicklung in den Unternehmensphasen (vgl. Abb. 21-31): Phase 1: Wachstum durch Kreativität: Die Unternehmer sind häufig Techniker, die dank ihrer Kreativität neue Produkte schaffen wie etwa Krupp, von Siemens, Mannesmann, Ford, Borgward und darauf aufbauend neue Unternehmen. Diese Unternehmen wachsen zunächst dank der Kreativität ihrer Gründer stoßen wegen des zentralisierten, auf die Begründer bezogenen Führungsstils auf Wachstumsgrenzen. Phase 2: Wachstum durch straffere Führung: Nach Überwindung der ersten Unternehmenskrise werden gewöhnlich führungsstarke Geschäftsführer und eine funktionale Organisation eingeführt (vgl. 2.1.1.3). Da sich die Unternehmenspyramide vergrößert, nimmt die Motivation der weit weg vom einzigen Unternehmenskern befindlichen Angestellten ab, die nun Autonomie fordern. Phase 3: Wachstum durch Delegation: Die Unternehmenleitung reagiert darauf, indem sie das Unternehmen dezentralisiert - nach Spartenorganistion (vgl. 2.1.2.6) oder nach strategischen Geschäftseinheiten (vgl. 1.4.2.4) - und nach strategischen Gesichtspunkten Verantwortung auf Produkt- oder Marktleitern überträgt. Dadurch wird jedoch das Unternehmen eventuell disjunktiv, indem die Einzelteile der Unternehmung eventuell sich eigene Ziele setzen und diese ohne Rücksicht auf die Gesamtheit verfolgen und dabei gegeneinander agieren. Dadurch entstehe eine Kontrollkrise. Phase 4: Wachstum durch Koordination: Zur Wiederherstellung der Gesamtheit werden Koordinationssysteme eingeführt, die jedoch zu einer Überorganisation fuhren können. Die daraus resultierenden starren Regelmechnismen führen zu einer Bürokratiekrise im Unternehmen. Phase 5: Wachstum durch mehr Teamgeist: Als Antwort (Response) darauf werden flache Organisationsstrukturen, Teams, eingeführt, welche Wachstumsimpulse aussenden, da durch sie Kreativität und Spontaneität im Ünternehmen gefördert sowie formale Kontrolle durch Selbstdisziplin der Gruppen ersetzt werden. Die Grenzen dieses Systems könnten sich in einer psychologischen Übersättigung zeigen, so daß Regenerationsmöglichkeiten geboten werden sollten.

2.1 Außauorganisation

des Betriebes

469

Abb. 21-31: Wachstumsphasen des Unternehmens (L. Greiner zitiert nach LV 2.6a S. 39)

Normkrisen Krise durch Bürokratie Krise durch Kontr.

durch Kreativ.

Krise durch durch Autonomie Delegation durch straffere Führung

durch Koordination

Krise wodurch? Krise durch psychol. durch Sättig. Unternehmensentdurch wicklung mehr Teamgeist

Normiösungen

Phase 6: Wachstum durch Entwicklung: Es solle eine Konzentration auf den Menschen im Betrieb und auf das Unternehmen als Ganzem erfolgen, so daß das System Unternehmung lerne, Widersprüchlichkeiten zu bewältigen und eine eigene Ethik zur Selbstverpflichtung der Unternehmensmitglieder zu entwickeln. Bedeutung aktueller Trends für die Organisationsentwicklung Nicht so sehr organisatorische Entwicklungen an sich, sondern aktuelle Trends wie das Streben nach "schlanker" Organisation - komplementär zur sog. Lean Production (vgl. 3.0, 3.4.0) -, können ungeahnt starke Schubkräfte zur substantiellen Änderung bestehender betrieblicher Organisationsstrukturen entwickeln (vgl. 1.4.4.2, 2.1.2.2). Aktuelle Organisationstrends dienen deshalb im besonders starken Maße der Organisationsentwicklung; • sie bieten als unschlagbare Argumentationshilfe an, daß den anderen Unternehmen aus Wettbewerbsgründen gefolgt werden müsse, • das wiederum weckt die starken Schubkräfte nicht nur top-to-down, sondern auch bottomup, die erforderlich sind, um verkrustete tradierte Organisationsstrukturen aufzubrechen. "Lean Management" wird vornehmlich top-to-down etabliert und verbindet sich offensichtlich mit schon vorhandenen Bestrebungen der betrieblichen Praxis, Nutzanwendung aus den besseren Kommunikationsmöglichkeiten durch den massiven Einsatz von vernetzten Kleincomputern zu ziehen und die Führungsränge auszudünnen (vgl. 2.1.2.8). Dabei sinkt durch "schlanke Organisation" die Führungskräftezahl sowohl horizontal wie vertikal. Die Folgen fiir das Unternehmen sind: • es lassen sich Kosten der Hierarchie sparen; • die Organisation wird flexibler und wettbewerbsfähiger. Insbesondere an letzterem sind auch die einfachen Mitarbeiter zur Erhaltung ihres eigenen Arbeitsplatzes interessiert angesichts eines situativ zu beobachtenden massiven Arbeitsplätzeabbaus in der Wirtschaft, so daß auch bottom-up erhebliches Interesse an der effizienten Durchsetzung der Organisationsentwicklung in Form des Lean Managements zu erwarten ist, zumal die endlosen Querelen der überbesetzten Führungsränge die Betriebsräte beunruhigen, so daß diese sich schon zum Co-Management aufzuschwingen versuchen (vgl. 2.1.1.6). In einer sich immer schneller wandelnden Welt darf die betriebliche Führungskraft kein einseitiger Spezialist sein, sondern er sollte als Manager ("Macher") eher ein "Generalist" sein, der folgende "Kompetenzen" besitzt, die auch der Organisationsentwicklung dienen: • Kenntnis und Fähigkeit zur Menschenfuhrung, auch als "Leadership" bezeichnet; • Beherrschung bzw. zumindest Übersicht über die operationellen Techniken in seinem Bereich;

470

2. Hauptteil: Managementlehre

• "visionäres" Streben - nach ständiger Verbesserung der Arbeitsabläufe in seinem Bereich, - nach ständiger Erhöhung der Qualität der Leistungen in seinem Bereich, - nach verbesserter Koordination mit den anderen Unternehmensbereichen; • effizientes Controlling (Steuerung) der Unternehmensoperationen in seinem Bereich. Jedoch werden in den Industriebetrieben, in denen sich als erstes unter dem internationalen Konkurrenzdruck die Lean Production mit Gruppenarbeit durchsetzte, die Manager an der Basis wegen der Selbstorganisation der Gruppen (vgl. 1.2.4.7, 2.0) viel von ihrer sozialen Kompetenz verlieren, während die technische Beratung und damit die Übernahme von Fachaufgaben - bisher eine Spezialität der Stäbe - zunimmt, so daß eine Polarität zwischen Hierarchie- und Basis-Managern entsteht und die Stäbe als Wissensproduzenten entwertet werden, zumal von den Unternehmensleitungen zum „Business-Reengineering" d.h. zur interruptiven Umgestaltung der Geschäftsabläufe zunehmend außenstehnde Unternehmensberater hinzugezogen werden, von denen diesbezüglich ein stärkeres Durchsetzungsvermögen erwartet wird als aus der Zusammenarbeit mit betulichen Stäben. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-32 in Abschnitt 2.3!

2.1.4.10 Coaching Entstehung und Inhalt des Coaching Coaching entstand unter Verwendung des englischen Worts Coach = Kutsche, die von einem Kutscher gelenkt wird. Diese Tätigkeit wurde auf den Trainer im Sport übertragen und gelangte von dort in die Psychologie und Managementliteratur; schon 1951 erschien von John D. Lawther das Buch "Psychology of Coaching". Das Coaching kann zur Überwindung der Ängste - und parallel dazu zur Leistungsverbesserung im Unternehmen - nutzbar gemacht werden. Nach H. Eberspächer (zitiert nach LV 2.58 S. 49) funktioniert Coaching folgendermaßen: "Coaching ist Betreuung im Sinne teilnehmender Hilfestellung beim Lösen von Problemen im leistungsorientierten Sport vor, während und nach Beanspruchungen und Belastungen in Training und Wettkampf. Basis sind psychologische Grundlagen und Alltagswissen. Coaching impliziert Diagnostik, Beratung, Modifikation suboptimalen Erlebens, Verhaltens und Handelns. Effizienzkriterium ist die realisierte sportliche Leistung." Dabei sei es eine besondere Aufgabe des Coach, das Leistungsergebnis weitgehend Ich-abhängig zu machen und nicht äußeren Umständen zuschreibbar (vgl. ebenda S. 2 3 f ) ; • dann entstehe ein Gütemaßstab für die eigene Leistungsfähigkeit und • dann erfolge eine positive Selbstbestätigung des Individuums. Daß sportlicher Wettbewerb und wirtschaftlicher Wettbewerb gar nicht so weit auseinander liegen, zeigen die in langjähriger betrieblicher Praxis von Marvin Bower (vgl. LV 2.8a S. 56f.) beobachteten Eigenschaften bei wettbewerbsorientierten Managern: 1. Er ist auf prompte Erledigung seiner Aufgaben eingestellt; er betrachtet Zeit als sein wichtigstes Gut, jedoch arbeitet er mit ruhiger Zweckmäßigkeit und nicht in überstürzter Hast. 2. Er arbeitet mit Hingabe, wobei er typischerweise härter und wirksamer als seine Untergebenen ar-beitet, um so ein gute Beispiel aus Freude an seiner Tätigkeit zu geben. 3. Er ist entscheidungsfreudig; nachdem er alle Tatsachen gesammelt hat und das Problem durchdacht hat, trifft er eine ausgewogene Entscheidung, wobei er das Risiko eines Fehlers einer unnötigen Verzögerung vorzieht. 4. Er erfaßt die Gelegenheiten und schöpft sie aus. Dabei ist er mehr am Aufbau von Stärken als am Abbau von Schwächen interessiert. Entsprechend widmet er dem Aufbau seines Unternehmens mehr Zeit als der Abwehr der Konkurrenz. 5. Er ist auf der Suche nach Problemen und stellt sich ihnen; Zeitverlust erschwert ihre Lösung. Sollte jedoch ein Problem nicht sofort lösbar sein, wartet er auf einen besseren Zeitpunkt für die Lösung. 6. Er scheut nicht vor schwierigen Personalentscheidungen zurück, wobei er vernünftig und nicht rücksichtslos vorgeht, da sonst das Management-System nicht arbeitsfähig ist.

2.1 Auflauorganisation des Betriebes

471

Logotherapeutische Grundlagen des Coaching Coaching ist als menschenbezogene Beratung von der sachbezogenen Fachberatung abzugrenzen, wobei der Coach keine fertigen Lösungen präsentiert, sondern beim Klienten einen Erkenntnisund Problemlösungsprozeß moderiert, so daß der Coach als Katalysator eines individuellen Personenentwicklungsprozesses fungiere (vgl. LV 2.85 S. 45). Es findet also Hilfe zur Selbsthilfe statt, • die dem Klienten Wege zur Sinnerfüllung zeigt und • die den Klienten zur Auffindung von kreativen Problemlösungen ermutigt. Die Sinnerfullung des Menschen steht im Zentrum der sog. Logotherapie, welche in den Zwanziger und Dreißiger Jahren von Viktor Frankl entworfen und publiziert wurde und welche als dritte Wiener Schule der Psychotherapie neben denen von Freud und Adler steht. In der Logotherapie wird die Auffassung vertreten, daß die Menschen nicht wegen Arbeitsüberlastung bzw. wegen wenig Freude am Leben Probleme bekommen, sondern wegen fehlender Sinnerfahrung und wegen fehlender Sinnerfullung. Danach kann der Psychotherapeut für seinen Klienten nicht den Sinn des Lebens finden oder gar erfinden, sondern nur dessen individuellen Horizont erweitern helfen. Coaching bekämpfe die möglichen Konfliktursachen an der Wurzel und helfe so Krisen zu vermeiden. Dabei gäbe es gemäß der Logotherapie vier Ursachenbereiche: (vgl. ebenda S. 46f.): • Kognitive Ursachen. Sie liegen in der Denk- und Entscheidungsfähigkeit des Menschen begründet. Dabei sind Einstellungswerte von zentraler Bedeutung (vgl. auch 1.1.3.4). • Emotionale Ursachen. Motive, Gefühle und Wertungen können zur Konfliktursache werden, insbesondere persönliche Erlebniswerte und der Wille zum Sinn. • Aktionale Ursachen. Dabei spielen schöpferische Werte eine Rolle, die in Beziehung zum verantwortlichen, kreativen Handeln stehen. • Physische Ursachen. Hier geht es sachliche Ursachen, welche die technische Basis mit ihren Ausgestaltungsmöglichkeiten betreffen. Anlässe und Anwendung des Coaching im Unternehmen Die Angst vor dem Versagen kann im Wege der Self-Fulfilling-Prophezy (vgl. 2.2.4.3) Ursache des tatsächlichen persönlichen Versagens werden. Das gilt im sog. Leistungssport wie auch in den Unternehmen. Im Unternehmen betrifft die Angst vor dem Versagen die Mitarbeiter, insbesondere aber die unter hohem Streß stehenden Manager; • weil für sie die Meßlatte der erwarteten Leistung von der Betriebsseite besonders hoch gelegt ist, • weil sie selbst erhöhte - häufig sich selbst steigernde - Leistungsansprüche an sich selbst stellen und so eventuell Raubbau an ihrem personalem Potential treiben. Besondere Anlässe des Coaching können sein: • Versetzungen vor allem ins Ausland, vor allem in Länder mit einer völlig fremden Kultur; • Aufstieg wie Abstieg in der Hierarchie; • Vorbereitung auf neue Organisationsstrukturen. Während Versetzungen wie Positionsveränderungen in der Hierarchie vor allem Einzelpersonen betreffen, so sind bei allgemeinen Organisationsveränderungen gewöhnlich ganze Betriebs-"Mannschaften" einbezogen (vgl. 1.2.4.7), die durch Coaching optimal einzustimmen sind; so schickten die Ford Werke in Köln zur organisatorischen Umstellung ganzer Abteilungen auf Gruppenarbeit diese unter Anleitung für einige Zeit zum gemeinsamen Holzfallen in ein Waldcamp. Demnach kommt es im Betrieb zum Einzel-Coaching wie zum Gruppen-Coaching. Grundsätzlich findet Coaching unter "Vier Augen" statt, sind jedoch ganze Gruppen von Änderungen betroffen, werden wie beim Sport globale Einstimmungen der Gruppe erforderlich. Als Coach kommen in Frage • betriebsintern besonders geschulte Vorgesetzte oder besonders geschulte Therapeuten, • betriebsextern besonders geschulte Berater vor allem zum Coaching des Top Managements bzw. zu besonderen Anlässen/Projekten. Insgesamt ließe sich also ein Coaching-Portfolio des Unternehmens mit den Variablenpaaren interne/externe Berater und Einzel-/Gruppen-Coaching konstruieren.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

Bei der Wahl des Coach ist auf hohe fachliche Qualifikation zu achten, die über das Technisch-betriebswirtschaftliche hinausgeht und Kenntnisse der Psychologie und der Kommunikationstechnologie beinhalten sollte, dazu soziale Kompetenz vor allem in bezug auf Autorität, Einfühlungsvermögen und Taktgefühl. Dabei wird vom externen Coach eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem betriebsinternen Coach erwartet (vgl. LV 2.85 S. 47): • er kann leichter als Außenstehender psychologische Barrieren überwinden; • er kann ohne Betriebsblindheit und vorauseilendem Gehorsam "querdenken"; • er wird nicht zur Konkurrenz für die Betroffenen; • er ist ehrlich, loyal, diskret und wohlwollend; • er kann sich auf Erfahrungen aus anderen Unternehmen und Projekten beziehen; • er ist neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen und unvoreingenommen; • er gibt Rückendeckung nach innen und nach Außen; • er hat kein ablenkendes Tagesgeschäft; • er vermindert die Organisationstiefe des Unternehmens. Grenzen des Coaching 1. Inhaltlich-leistungsmäßige Grenzen Trotz der Affinität von sportlichem und wirtschaftlichem Wettbewerb ist die unmittelbare Übertragung sportlicher Aspekte in den wirtschaftlichen Bereich jedoch nicht immer angezeigt; M. Bower führt an, ein ehemaliger Schiedsrichter für Baseball habe als Manager im Unternehmen gewohnheitsgemäß immer sofortige geschäftliche Entscheidungen getroffen, die nicht immer vernünftig waren. Erst als er sich seiner neuen Lage bewußt wurde, habe er Fakten gesammelt, sie gründlich untersucht und die dann getroffenen Entscheidungen hätten eine größere Trefferquote besessen. Ähnliche leistungsmäßige Defizite können sich auch beim Transfer des Coaching aus dem sportlichen Bereich in den wirtschaftlichen Bereich ergeben, so daß auf eine betriebswirtschaftlich adäquate Transformation und Adaption zu achten ist. 2. Kultureile-rechtliche Differenzen und Grenzen Strittig ist die Reichweite des Coachings im Betrieb. In den USA wird Coaching als ein Teil der Führungsaufgabe des Vorgesetzten angesehen, die über die eigentliche Instruktionsaufgabe hinausgeht. Dies ist jedoch kulturell bedingt; in Deutschland hat sich der Vorgesetzte vornehmlich auf die Instruktionsaufgabe zu beschränken, um nicht die hier übliche Grenze zwischen Beruf und Privatem zu überschreiten. W. Looss verweist auf "eine irritierende Zwischenzone, wo der Vorgesetzte beginnt, sich in das generelle soziale Verhalten, die persönlichen Eigenarten und die individuelle Lebensführung des Mitarbeiters einzumischen". Unter dem Begriff des entwicklungsorientierten Führens' erwächst hier dem Vorgesetzten eine nicht ungefährliche neue Aufgabe im Rahmen der Personalentwicklung, für die er in jedem Fall sehr sorgfältig ausgebildet werden müßte. Die bisher vorliegenden Verhaltensempfehlungen dazu beschreiben lediglich die üblichen kommunikativen Sozialtechnologien, die auch für die Durchführung von Mitarbeitergesprächen gelten" (LV 2.44a S. 150). Personalentwicklung mit "sozialem-über-die-Schulter-sehen" im Sinne des Coaching stellt sich demnach erst als eine Lernaufgabe für deutsche Führungskräfte. Themenkreise des Coaching - Neurolinguistische Programmierung I. Zank verweist stichwortartig auf drei Themenkreise des Coachings (vgl. LV 2.85 S.46): • Förderung der Persönlichkeit: - Überblick, Initiative, Verantwortung, Kooperation; - Entscheidungs-, Delegations- und Einsatzbereitschaft; - Durchsetzungsvermögen; - soziale Kompetenz und Führungsverhalten; - systemisches Denken. • Vermittlung erfolgreicher Techniken: - Kommunikation, Motivation, Menschenfiihrung; - Zeit-Management; - Moderation, Problemlösungstechniken; - Review, Preview, Walkthrough, Workshop; - Aufwandschätzung, Neurolinguistische Programmierung (NLP); - Logotherapie.

2.1 Aufbauorganisation des Betriebes

473

• Katalyse eines Entwicklungsprozesses: - Querdenker, Visionär, Advocatus Diaboli, Fachexperte; - Entscheidungsunterstützung, Moderation, Workshop, Logotherapie, NLP Techniken. Die neurolinguistische Therapie wurde in den Siebziger Jahren von dem Linguisten John Grinder und dem Mathematiker Richard Bandler entwickelt und soll aktive Persönlichkeitsentwicklung ohne psychotherapeutischen Ballast ermöglichen. Dabei stellt NLP ein besonderes psychologisches Kommunikationsmodell dar, mit dem die "Sprache" der eigenen Gehirnwelt verstanden und zur Entwicklung (Programmierung) ständig verbesserter individueller Fähigkeiten eingesetzt werden kann. Auslöser der NLP war die Erkenntnis, daß die scheinbar "magischen" Fähigkeiten von erfolgreichen "Zaubertherapeuten" sich aus nachvollziehbaren und erlernbaren Strukturen zusammensetzt, so daß derartige erfolgreiche Kommunikationsmuster zu suchen, zu sammeln und der Neurolinguistischen Therapie zugrunde zu legen sind (vgl. LV 2.85 S. 47). Nach M. Siemons macht sich die NLP „die Kopplung von Sprache, Verstand und Gefiihlszuständen mit optischen und akustischen Signalen zunutze, um die Automatismen, die beim Gebrauch gewisser Worte ablaufen, neu zu steuern. So können Skeptiker auf positives Denken umprogrammiert werden, Angsthasen auf Entscheidungsfreudigkeit, Sicherheitsversessene auf Experimentierlust. Was dieses Coaching mit dem Systemdenken gemeinsam hat, ist das souveräne Jonglieren mit einer Vielzahl möglicher Modelle...Die Eigendynamik dieser Vorgänge weist frappierende Ähnlichkeiten zum 'Psychismus' auf, den der amerikanische Sozialpsychologe Jay R. Lifton als wesentliches Merkmal der chinesischen Kulturrevolution bezeichnet hat: eine gewisse Unabhängigkeit der eigenen Gedanken- und Antriebswelt von der äußeren Wirklichkeit, um dadurch am Ende Kontrolle auch über das Äußere zu erlangen" (LV 2.72c). Kulturrevolutionen können jedoch ins Desaster fuhren; bei der Chinesischen Kulturrevolution verhungerten Millionen Chinesen. Daimler Benz verlor beim erfolglosen Umbau des Konzerns in einen High-Tech-Konzern etliche Milliarden DM. Abläufe des Coaching Alle Interaktionen des Coach (Beraters) gegenüber seinem Klienten (Coachee) werden als "Interventionen" bezeichnet, für die es unterschiedliche Interventionsstile gibt (vgl. LV 2.44a S. 122ff.): • psychologisches Coaching auf der Basis wissenschaftlich-psychologischer Konstrukte; • Coaching nach der Transaktionsanalyse; • gestalttherapeutisches Coaching; • Coach als neurolinguistischer Programmierer; • Coaching nach dem psychoanalytischen Modell, etc. Ausgehend von einem dieser Ansätze oder in ekklektizistischer Mischung wird der Coach seinen Interventionsstil strukturieren und im Lichte von Erfahrungen zu variieren und zu verbessern versuchen. Leitsätze des Coaching I. Leitsätze des Coaching von M L. Neubeiser Der Coach als Psychologe solle folgende Leitsätze verfolgen (vgl. LV 2.58a S. 53ff): • Trainiere, Situationen wahrzunehmen und zu bewerten! - Regulation der Informationsaufnahme, bei der alle Stärken und Schwächen des Gegners den eigenen Stärken und Schwächen gegenüberzustellen sind. • Trainiere, deine Selbstgespräche zu steuern! - Regulation der Informationsverarbeitung, denn die systematisch aufgenommenen Informationen bedürfen einer kontrollierten Verarbeitung, bei der für möglichst viele potentiell auftretende Situationen Bewätigungsstrategien zu erarbeiten und einzuüben sind. Dabei läßt sich der Mensch durch Selbstgespräche steuern. Dabei seien Affirmationen immer positiv, da das Unterbewußtsein Verneinungen nicht aufnehme. Das Ziel sei, Zweifel und destruktive Gedanken zu wandeln. Affirmationen, an denen sich eine Verwandtschaft des Coaching zur Meditation bzw. zum Autogenen Training zeigt, können wie folgt lauten: - Ich bin bereit und unter Kontrolle. - Ich bin völlig konzentriert und entspannt. - Mir macht das alles Spaß.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

• Verbessere deine instrumentalen Handlungsmöglichkeiten und -Voraussetzungen! - Regulation des instrumentellen Handelns, wobei die Verhaltens- und Handlungsmuster zu trainieren sind, die beim aktiven Einsatz abzurufen sind. Als mentale Trainingshilfe hat Kemmler einen Drei-StufenPlan für Ski-Springer entwickelt: - den gesamten (Bewegungs-)Ablauf zuerst verbalisieren; - visuelle Beobachtung eines Sportlers in der Bewegung; - die eigene Visualierung, wobei der eigene Bewegungsablauf und alle dabei entstehenden Empfindungen wie die die Fliehkraft in den Kurven, die Bodenbeschaffenheit vorzustellen seien. • Trainiere eine Relaxationstechnik und eine Mobilistationstechnik! - dies sei erforderlich, da die vorstehenden Vorstellungen von dem Coach seinem Schützling oft nur schwer zu vermitteln seien, da dieser möglicherweise Konzentrationsschwierigkeiten habe oder von übertriebenem Ehrgeiz besessen sei. Dies könne zu inneren Blockaden führen, so daß Entspannungs- und Mobilisationstechniken einzusetzen seien etwa das Autogene Training. • Trainiere die Überzeugung, daß alle genannten Punkte auch in schwierigen Situationen wirksam sind! - dieses Überzeugungstraining sei nötig, da niemand, der nicht selbst von sich überzeugt ist, andere von seiner Leistungsfähigkeit überzeugen könne. Das Ergebnis des Coachings soll dann sein, das gesamte Leistungspotential des Menschen in bestimmten Situationen voll auszuschöpfen und optimal über die erlernten Fertigkeiten zu verfugen. II. Athletic Excellence Training von James E. Loehr James E. Loehr empfiehlt das Athletic Excellence Training (AET), daß sich als Mental-Training in fünf Stufen einsetzen läßt (vgl. ebenda S. 47ff): 1. Stufe: " Erhöhte ~ - ' Selbstwahrnehmung! 2. Stufe: Besseres Verständnis des idealen Leistungszustands! 3. Stufe: Bessere Steuerung des idealen Leistungszustands! 4. Stufe: Bessere Kontrolle von Gefuhlszuständen während der Leistungserbringung! 5. Stufe: Erhöhte Leistungskonsistenz! = Erhöhte Mentalstärke. Abb. 21-33: Verhältnis zwischen Energiefluß und Konzentration (entn. ebenda S. 41) Hohe Energie Hohe positive Energie

Hohe negative Energie

Gute Konzentration • Erfolg

Schlechte Konzentration • Tunnelblick • Aufmerksamkeit wird zu sehr eingeschränkt

Angenehm

Unangenehm

Schlechte Konzentration • leicht ablenkbar • Aufmerksamkeit wird zu flach

Schlechte Konzentration • Mischung von hoher negativer und geringer positver Energie

Geringe positive Energie

geringe negative Energie

Geringe Energie Nach James E. Loehr sind Energie und Konzentration die wesentlichen Faktoren von Erfolg bzw. Mißerfolg, so daß vier Möglichkeitenfelder entstehen (vgl. Abb. 21-33). III. Interventionen des Coach nach W. Looss W. Looss führt folgende Interventionen des Coaches an, die phasenförmig insbesondere beim Coaching von Führungskräften zum Zuge kommen können (vgl. 2.44a S. 124ff.):

2.1 Außauorganisation

des Betriebes

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1. Zuhören und Zusehen Das Zuhören ermöglicht dem Klienten, dem Coach mitzuteilen, was ihn bewegt. Der Berater hat bei dieser Selbstoffenbarung auf Nuancen und Untertöne zu achten, um auch das zu erfahren, was nicht gesagt wird. Dabei wird der Berater auch auf die Mimik des Klienten achten. 2. Nachfragen Durch Nachfragen signalisiert der Coach einerseits sein Interese am klienten, zum anderen ermuntert er ihn zum Weiterberichten. Gelegentlich wird der Berater den Klienten mit Fragen aus anderen Bezugssystemen überraschen. Standardfragen sind "offene" fragen wie wann, wo, warum, die den Klienten zwar anregen, aber es ihm auch überlassen, wieviel er sagen will. 3. Unterstützung geben Der Coach läßt dem Klienten vorübergehend seine Unterstützung zukommen, wenn bei ihm Zweifel an seinen Meinungen, Absichten und Entscheidungen aufkommen bzw. wenn er Befürchtungen hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung des Coachings hegt, indem er ihn bestätigt oder ermuntert. 4. Den Selbstausdruck fördern Führungskräfte seien zuoft auf sachbezogene Rollen fixiert, wodurch sich ihre kommunikativen Ausdruckmöglichkeiten zum intensiven Selbstausdruck verengten. Der Coach müsse deshalb den Klienten anleiten und ermutigen, sanktionsfrei auszudrücken, was er denke und fühle. 5. Bedeutungen klären Dieser Vorgang zielt in zwei Richtungen: • den Inhalt von Begriffen zu klären, um nicht an einander vorbeizureden; denn viele bedienten sich leiner spezifischen Fachsprache, Jargon genannt, deren Inhalte nicht jedermann zugänglich sind; • das Verhalten des Klienten und anderer Personen in seiner kontextgebundenen Bedeutung neu zu klären, um einen angemesseneren Zugung zur Umwelt zu erhalten, vor allem wenn der Klient sich in einer neuen Arbeitsumgebung etwa nach einer Versetzung befinde; Kontextverhalten regele in Gruppen Status, Geselligkeit, Kontaktaufnahmen, Konflikte, etc. 6. Konfrontationen In einer intensiven Phase des Coaching stellt der Coach dem Klienten eine klare Aussage gegenüber, die konträr zu dessen Vorstellungen und Verhalten stehe etwa mit den Worten: "Sie weichen mir immer wieder aus, wenn ich...!" Eine derartige Konfrontation darf nicht als Kritik empfunden werden und setzt deshalb schon ein solides Verhältnis zwischen Coach und Klientem voraus. 7. Arbeitsvorschläge machen Die Lernphase kann vorangetrieben werden, indem der Coach Arbeitsvorschläge macht, bei denen er Bekanntes mit Fremdem mischt, so daß der Klient sie annehmen kann, gleichzeitig aber auch nach Aufregungen und Lernirritationen zu neuen Erfahrungen kommt. Die Arbeitsvorschläge können entweder sofort erledigt werden oder sind als "Hausaufgaben" gedacht. 8. Erklären und Informationen geben Der Coach wird dem Klienten Informationen verschiedenster Art etwa zum Ablauf des CoachingProzesses geben. Der Coach muß sich jedoch dafür hüten, daß beim Klient der Eindruck entsteht, das Informationen von selbst eine Veränderung bewirkten, wenngleich bei einem stark wissensorientierten Coaching u.a. der Verweis auf ein Fachbuch möglich, nach dessen Lektüre durch den Klienten der Coach Erklärungen dazu abgibt. 9. Beenden des Coachings Der Coach-Prozeß wird gewöhnlich beendet, wenn die zu Beginn vereinbarte Sitzungszahl erreicht ist. S chwierigkeiten können sich ergeben, wenn sich der Klient an den Coach gewöhnt hat, so daß eine gewisse Abhängigkeit entstanden ist. In einer Schlußsitzung wird gewöhnlich der ganze Coaching-Vorgang besprochen und bewertet. Dabei wird festgehalten, wo gegenwärtig der Klient in seinem Leben und in seiner Karriere steht. Zwar lösen sich dann die bisher eingenommenen Rollen auf, dennoch können spätere Kontakte etwa aufgrund von entstandenen Freundschaften bestehen bleiben. IV. Coaching nach der RAFAEL-Methode Durch ein strukturiertes Gespräch des Coach mit dem Klienten gemäß der RAFAEL-Methode (vgl. LV 2.27c S. 231ff.) sollen zwei Effekte erreicht werden: • der Klient mobilisiert und verstärkt Selbstveränderungskräfte, • der Klient findet durch gemeinsame Reflexion den Schlüssel zu seinen Selbstblockaden.

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2. Hauptteil:

Managementlehre

Das Coaching-Gespräch nach der RAFAEL-Methode läuft in bestimmten Schritten ab, wenn der Coach vorausgehend • seinen Klienten eingehend beobachtet hat, • dessen Defizite erkannt und • mit ihm die anzustrebenden Ziele abgestimmt hat. 1. R - Report: "Wie haben Sie die Situation gesehen?" Der Coach läßt den Klienten berichten und erkundet dabei dessen Wahrnehmung sowie dessen Bewertung von Situation und Verhalten. Je nachdem, ob die Selbstwahrnehmung des Klienten mit denen des Coach mehr oder weniger stark übereinstimmen, wird letzterer sich für eine vorsichtigere oder drängendere weitere Vorgehensweise entscheiden. 2. A - Alternativen: "Was würden Sie beim nächsten Mal anders machen?" Der Klient ist zu ermutigen, Alternativen zu suchen, die ihn den angestrebten Zielen näher bringen, um Selbstveränderungskräfte zu mobilisieren und Verhaltensmodifikationen zu initiieren. 3. F - Feedback: "So habe ich Sie erlebt?" Der Coach unterstützt positive Ansätze der Verhaltensänderung und thematisiert negative Punkte. Dies alles hat mit hinreichender Deutlichkeit zu geschehen. 4. A - Austausch: "Welche Dinge sehen wir verschieden?" Der Coach thematisiert Diskrepanzen zwischen Selbst Wahrnehmung (Report) und Fremdwahrnehmung, dabei sind unterschiedliche Sichtweisen zu benennen und gemeinsam Gründe für Abweichungen zu analysieren. 5. E/L - Erarbeitung der nächsten Lösungsschritte: "Was ist als nächstes zu tun? Die Konsequenzen aus der abgelaufenen Sitzung sind zu besprechen und die nächsten konkreten Schritte zur Zielerreichung sind festzulegen. 2.1.4.11 Transzendentales Management: Taos - Meditation - Autogenes Training BegrifTserklärung Unter Transzendenz ist laut Duden das Überschreiten der Grenzen der Erfahrung wie des Bewußtseins zu verstehen. Beim transzendentalen Management soll es jedoch nicht um irreale Phänomene gehen, vielmehr sollen dadurch Kräfte im Menschen freigesetzt werden, mit denen normalerweise nicht zu rechnen ist, zumindest nicht mit den rationalen Managementtechniken europäischamerikanischer Prägung, die als "westlich" bekannt sind. Zum transzendentalen Management bieten sich Phänomene aus den östlichen (asiatischen) Kulturkreisen wie Taos und Meditation an, mit denen das Autogene Training tangiert. Taos-beeinflußtes Management 1. Entstehung und Wirkung des Taos Als Gründer des Taos gilt der Chinese Laotse (übersetzt: "alter Meister") aus der Landschaft Honan, ein Zeitgenosse von Konfuzius wie auch des Inders Buddha, der um 600 v. Ch. im chinesischen Teilstaat Chou lebte und der das Buch "Tao Te Ching" schrieb, in dem es Laotse um die "Urkraft" ging, so daß der Taoismus als der transzendentale Weg zu den zentralen Kräften bezeichnet wird. Während es dem Taoismus um eine Philosophie der Naturbeobachtung und der Erforschung des richtigen Weges Tao geht, postuliert der Konfuzianismus die Philosophie der sozialen Ordnung, des gesunden Menschenverstandes und des praktischen Wissens. Die Person des Laotse ist historisch nicht belegt, anders dagegen Tschuang Tse, der 370 - 300 v. Ch. lebte und der im gleichnamigen Buch denjenigen als Weisen bezeichnet, der allen Gedankenströmungen gegenüber seine geistige Unabhängigkeit bewahrt (vgl. LV 2.32a S. 53f.) Von der Tao-Energie der Ersten Ursache werden drei Kräfte verursacht (vgl. LV 2.14, 2.24): I. Die Kraft des Werdens Sie beruht auf der Annahme, daß ein Geist die biologische und kulturelle Evolution des Menschen steuert, daß jedoch nur deijenige die Kraft des Tao nutzen kann, der eine adäquate mentale Form bereitstellt. Anders als bei der westlichen Logik, die im Schwarz-Weiß-Denken verharrt und für die es nach Aristoteles "tertium non datur", für die es also keinen dritten Weg gibt, betont der Taoismus den versöhnlichen dritten Weg und akzeptiert Paradoxa.

2.1 Außauorganisation

des Betriebes

Qrll

n . Die Kraft der Liebe Für den Taoisten hat Liebe nichts mit Leidenschaft und verstärkter Emotionalität zu tun, sondern vielmehr mit "im Mittelpunkt ruhen", mit einer Art "Leersein". Laotse verkündet dieserhalb: "Der wahre Mensch ist leer und ist alles. Es ist unbewußt und ist überall. So vereinigt er auf geheimnisvolle Weise ein eigenes Selbst mit seinem anderen Selbst." Hieraus resultiert beim Taoisten der Hang zur Anonymität, zum Erzeugen ohne zu besitzen, zum Handeln ohne Selbstbehauptung, zur Entwicklung ohne Herrschaft (Albert Gleize). III. Die Kraft des Nichtstuns (Wu-wei) Nach Laotse greift der ideale Lenker nicht direkt ein, sondern veranlaßt nur Selbstorganisation, so daß andere das leisten, was sie ohne ihn vielleicht nicht bewirkt hätten. Dadurch wird nicht nur die gegenwärtig aktuelle Selbstorganisation (vgl. 1.2.4.7), sondern auch die Delegation von Befugnissen (vgl. 2.1.2.3) vorweggenommen. 2. Leitsätze der Tao-Ffihrung G. Gerken definiert das Credo der Tao-Führung wie folgt (vgl. LV 2.24 S. 28 im Original hervorgehoben): "Man kann nur dann gut fuhren, wenn man den Menschen nicht im Wege steht." Davon ließen sich fünf zentrale Faktoren ableiten: I. Energetisieren Hierbei handle es sich vornehmlich um eine Funktion von Liebe, Sozial-Energie und High-Trust, wobei unter High Trust ein ungeschriebener Vertrag im Unternehmen zu verstehen sei, nach dem die Menschen unter einander verkehren. IL Entfalten Hierbei gehe es vornehmlich um die Vermittlung von Bewußtsein. III. Formen Dieses impliziere als zentralen Faktor die Vision, welches ein Medium ist, um Glauben in die Unternehmung zu tragen. Dabei handle es sich um die Fähigkeit, Zukünfte imaginativ zu formen und sie anderen durch Kommunikation rational und emotional zu vermitteln. IV. Verschmelzen Sie fördere umfeldbetont die Kooperation des Unternehmens mit der Gesellschaft durch Networking der Gruppen und Techniken der Interfiision, wozu auch Issue-Politik gehöre, welche einen fairen Dialog ohne Manipulation der Informationen fördere. V. Fließen Im Wege des Monitoring erfasse es ebenfalls umfeldbewußt Veränderungen, Trends und soziale Strömungen. Dabei würden flexible Gruppenstrukturen Planung und Handlung kontinuierlich wechselseitig vernetzt durchfuhren. Meditations-beeinflußtes Management 1. Phasen des Vordringens der Meditation Die insbesondere aus Indien stammende Meditation dringt in drei Phasen im westlichen Kulturkreis mit zunehmend sich verbreiternder Akzeptanz vor (LV 2.24 S. 298): 1. Phase: Sechziger Jahre. Meditation gilt nur für gesellschaftliche Aussteiger, den Hippies. 2. Phase: Siebziger Jahre. Meditation wird von Wissenschaftlern als sanfte Form der Therapie an gewandt für Geschädigte. 3. Phase: Neunziger Jahre. Meditation wird gefordert zur Sensibilisierung von Hochleistungs-Personen unter den Stichworten Inner-Management und mentales Management. 2. Durchführung der Meditation Buddhistische Meditation verlangt (vgl. LV 1.36 S. 39) entweder • ein bestimmtes Objekt, das Kasina, hundert Mal, tausend Mal oder öfter zu betrachten oder • eine Gebetsformel soll dreissigtausendmal wiederholt werden, wobei diese entweder in monoton-rhythmischer Sprechweise abgeleiert wird - gewöhnlich mit höchstem Entspannungseffekt oderdie einzelnen Worte werden mit Zunge und Lippe wie beim lauten Sprechen geformt, bleiben jedoch tonlos - dadurch werde eine Verbindung zwischen Gedanke und Wort herbeigeführt ähnlich dem griechischen Wort "Logos" (vgl. ebenda S. 149). Der Lotos-Sitz, die ideale Meditationshaltung sei für erwachsene Europäer nicht zu empfehlen, da sie kaum noch zu erlernen sei und sie - falls erzwungen - zu gesundheitlichen Schäden führen könne etwa zu Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen mit Lähmungen im Gefolge.

478

2. Hauptteil:

Managementlehre

3. Ergebnisse der Meditation Wissenschaftliche Untersuchungen weisen für die Meditation physiologische Effekte im Körper des Menschen nach. So sinken der Sauerstoffverbrauch und die Herzfrequenz bis zu 20%, während der Schlaf beispielsweise nur eine Senkung von 8% bewirkt. Dabei kommt es auch zu chemischen Änderungen, welche das Selbstbewußtsein stärken und Kreativität entblockieren. Insgesamt verbessern Meditations-Effekte die emotionale und kognitive Leistungsfähigkeit des Menschen in signifikanter Weise. Deshalb gehen Unternehmen dazu über, Manager und Mitarbeiter regelmäßig ins Meditationstraining zu schicken zu Einzel- und Aufbaukursen. Autogenes Training (AT) 1. Basis und Ziele des AT Das autogene Training beruht wie die Meditation auf Autosuggestion und ist in den Zwanziger Jahren von J. H. Schultz als besondere Form der Psychotherapie bei körperlichen und seelischen Beschwerden entwickelt worden. Nach B. Hoffmann ist "dasZiel des autogenen Trainings ... Entspannung und - davon ausgehend - Erholung, Leistungssteigerung, die Beseitigung vegetativer Störungen und vieler psychischer Fehlverhaltensweisen sowie, ganz allgemein, eine Steigerung der Fähigkeit, in Harmonie und ruhiger Gelassenheit zu leben" (LV 1.36 Einfuhrungsbemerkung). Das AT solle am besten in einer Gruppe und nicht im Alleingang durchgeführt werden: "Die Fehler, die sich beim Lernprozeß einschleichen, haben die Eigenschaft, sich zu summieren..." (ebenda S. 160), in der Gruppe könnten sie leichter korrigiert werden und so ein Mißlingen vermieden werden. Die Gruppe solle nicht mehr als 14 Personen umfassen. 2. Erfolgsvoraussetzungen für das AT J H. Schultz gibt eine Reihe von Hinweisen für einen "störungsfreien Verlauf" des ATs (vgl im Einzelnen ebenda S. 171ff.): • Räumlichkeit: geräumig; gut gelüftet; geräuscharm, keine Telefongeräusche (eventuell im Keller); sachliche Atmosphäre. • Häufigkeit: täglich zwei- bis dreimal. • Dauer der Einzelübung: maximal drei Minuten. • Köiperhaltung: Liegen; Sitzen; teilweise im Stehen. • Ruhetönung mit der Formel: "Ich bin ganz ruhig!" • Augenstellung: geschlossen zur Erleichterung der Introspektion zumindest bei Anfängern. • Verhalten nach Kursabschluß: - Aufrechterhaltung der erworbenen Reaktionen durch periodische Wiederverstärkung; - Gruppenzusammentreffen alle vierzehn Tage. 3. Durchführung und Ergebnis von AT-Übungen Die AT-Übungen können sich auf bestimmte Probleme konzentrieren, von denen im Rahmen des Managements folgende interessieren (vgl. ebenda S. 444ff): • Schau eines anderen Menschen - J H. Schultz warnt davor, zu nahestehende Menschen einzubeziehen, da es wegen der menschlichen Nähe sonst zu Krisen in den zwischenmenschlichen Beziehungen kommen könne . Hier könnten die Fragen gestellt werden: - Warum hasse ich ihn? - Warum reagiere ich/reagiert er aggressiv? - Worin ist er mir verwandt? Was ist an ihm liebenswert? • Schau des gegenwärtigen psychischen Zustands des Individuums (des Selbst): - Was mache ich falsch? - Was stört meinen Weg? - Wie könnte ich sein? - Was sollte ich tun? Labilität und Problemsucht sollte mit der Formel begegnet werden: - Ich will harmonisch sein! Zur Heilung gestörter zwischenmenschlicher Beziehungen eignen sich die Formeln: - Niemand bedrängt mich! - Die Meinung anderer läßt mich gelassen! - Ich denke selbständig, auch in Gegenwart anderer! - Ich entscheide und handle in Freiheit! - Ich bin ein Mitglied der Gemeinschaft! Autogenes Training kann also einer positiven Persönlichkeitsentwicklung dienen, so daß sich über das eigentliche Management hinaus Berührungspunkte zur allgemeinen Personalentwicklung ergeben (vgl. 3.6.1.5), daneben aber auch krankhafte psychische Erscheinungen aus der Berufswelt bekämpfen helfen, die polarer Natur sind: "Ist das Managersyndrom durch die Aggressivität... wegen der Selbstdurchsetzung um jeden Preis...geprägt, so ist beim Abhängigensyndrom meist die Angst bestimmend: die Angst, entlassen zu werden, nicht beachtet oder zu gering eingeschätzt zu werden; Angst vor dem Chef, vor dem Konkurrenten oder vor Terminen" (ebenda S. 325, Syndrom = Krankheitsbild aus verschiedenen Ursachen). Hier wirken folgende Formeln: - Was andere denken, läßt mich kalt! - Die Arbeit fließt ruhig und gleichmäßig! - Ich halte durch! Ich schaffe es! Lösen Sie Aufgabe Nr. II-32a in Abschnitt 2.3!

2.2 Der

479

Management-Prozeß

2.2 Entscheidungsabläufe in der betrieblichen Aufbauorganisation - der Management-Prozeß 2.2.1 Kreativitätstechniken zur Entscheidungsvorbereitung Kreativität ist die Voraussetzung jeder Innovation. Kreative Lösungen lassen sich von Einzelpersonen wie von Gruppen erzeugen. 2.2.1.1 Morphologischer Kasten Die von Fritz Zwicky erfundene Methode des "Morphologischen Kastens" ist auf Problemlösungen durch Einzelpersonen zugeschnitten. Diese Einzelperson sollte fundiertes Fachwissen besitzen; der "Morphologische Kasten" beruht auf der Verarbeitung vorhandenen Wissens über ein bestimmtes Problem. Ideenvielfalt sucht diese Methode zu erzeugen, indem sie systematisch komplexe Sachverhalte in abgrenzbare Teile zerlegt, einzelne Elemente variiert und Einzelelemente zu Gesamtlösungen kombiniert. Dabei sei in fünf Schritten vorzugehen: 1. Definition, Analyse, eventuell sinnvolle Verallgemeinerung eines gegebenen Problems. 2. Erfassung der Strukturelemente aller potentiellen Lösungen (Parameter des Problems). 3 . Für alle Parameter werden alle theoretisch und praktisch möglichen Ausprägungen gesucht und in einem Koordinatensystem oder in Matrixform dargestellt (vgl. Abb. 22-1). 4. Aus der Kombination der einzelnen Ausprägungen der Parameter ergeben sich die Lösungen. 5. In einem iterativen Prozeß - also im Wege des Prototyping - sind viele Kombinationen durchzuspielen, bis eine als optimal empfundene Lösung gefunden worden ist. Abb. 22-1: Morphologischer Kasten Strukturelemente (Parameter)

Aussprägungen

Energiequelle

Netzstrom

Wassertransport

Schwerkraft

Legende: — • — o

•—

o— 1

etc. Entnahme

(2)

(1)

Auso laufhahn •— o —

AIcku

(3) o

Steigrohr o 1 1 i

von Hand

Gas Pumpe

(4) Öl

(5) Kohle

Hand

• —

derzeitige Lösung kreative A b w e i c h u n g

Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-33 in Abschnitt 2.3! 2.2.1.2 Brainstorming und Methode 6-3-5 Auf dem Prinzip der Erzeugung vieler Ideen zur Auffindung kreativer Lösungen in der Gruppe beruht das von Alex F. Osborn entwickelte Brainstorming. Diese Kreativitätstechnik macht sich zu Nutzen, daß Gruppenmitglieder in verschiedene Richtungen denken und sich dabei gegenseitig anregen. Entsprechend ist der Output an gefundenen Ideen um 70% größer als bei individueller Problemlösung. Für eine Brainstormingsitzung ist eine Gruppe von 5 - 1 2 Personen in einem Raum zu versammeln. Das Problem ist den Teilnehmern schon vorher bekannt zu machen, so daß sie dazu schon Überlegungen anstellen können. Das Brainstormingthema sollte nicht zu komplex

480

2. Hauptteil:

Managementlehre

gestellt sein. Ein an sich komplexes betriebliches Thema ist in verschiedene Teilkomplexe zu zergliedern, die jeweils einzeln zu lösen sind. Bei der Brainstorminsitzung sind verschiedene Grundregeln zu beachten: 1. Freie Einfälle! Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. 2. Quantität vor Qualität! Die Teilnehmer sollen möglichst viele Ideen produzieren; je stärker der Ideenfluß, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich eine oder mehrere Ideen als brauchbar erweisen. 3. Kein Urheberrecht! Die Teilnehmer sollen die Ideen anderer aufgreifen, sie verbessern, sie kombinieren, sie umdrehen, so daß sich gewöhnlich in der zweiten Hälfte der Brainstormingsitzung die Qualität der Ideen erheblich steigert. 4. Keine Kritik! Die Teilnehmer sollen während der Brainstormingsitzung keine Kritik an den Vorschlägen der anderen äußern, damit die Ungezwungenheit der Ideenproduktion nicht verloren geht. 5. Trennung von Ideenfindung und Ideenverwertung! Die Ideenverwertung ist auf die Zeit nach der Brainstormingsitzung zu verschieben (deferred judgment) und erfolgt vom Management. Das Reverse Brainstorming kann sich an die Aufarbeitung der gefundenen Ideen anschließen. Jetzt lautet die Fragestellung: Mit welchen Gefahren, Beschränkungen, Fehlern ist bei bestimmten Ideen zu rechnen, wenn sie realisiert werden? Die 6-3-5-Methode gilt als "schriftliches Brainstorming (Brainwriting)". Sie verarbeitet auch Elemente der Delphi-Methode. Nach der 6-3-5-Methode ist das Problem präzise zu definieren. Zu dem Thema schreiben sechs Experten, die nicht gleichzeitig anwesend sein müssen, jeweils drei Lösungsvorschläge auf ein Blatt Papier. Diese Blätter gehen reihum an die anderen fünf Experten mit der Aufforderung, jedem Blatt drei weitere Vorschläge hinzuzufügen. Durch das Herumreichen der Blätter lernt jeder Experte die Lösungsvorschläge des anderen kennen und kann darauf aufbauend weitere Vorschläge entwickeln. Schließlich stehen auf jedem Blatt 18 Vorschläge, bei sechs Experten ergibt dies insgesamt 108 Vorschläge. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-34 in Abschnitt 2.3! 2.2.1.3 Gruppendiskussionen Diskussion 66 G. D. Phillips schlägt vor, im Anschluß an Vorträgen kleinere Gruppen von etwa sechs Personen zu bilden, welche sechs Minuten lang über bestimmte Themen aus dem Vortragsgebiet diskutieren. Nach Erfahrungen des Verfassers mit dieser Diskussionstechnik, brauchen die Gruppen beim ersten Umgang mit dieser Diskussionstechnik allein bis zu 10 Minuten, um sich zu organisieren und um sich mit dem Thema vertraut zu machen, so daß mit etwa 20 Minuten Diskussionsdauer zu rechnen ist. Dabei eignet sich diese Diskussionstechnik recht gut dazu, die passiven Zuhörern eines Vortrags für bestimmte Probleme zu aktivieren und vertiefende Ergebnisse zu erzielen. Die Diskussion 66 kann in folgenden Schritten ablaufen: 1. Schritt: Der Diskussionsleiter löst die Versammlung in kleinere Gruppen von sechs bis acht Personen auf. 2. Schritt: Der Diskussionsleiter löst aus dem Referat kleinere Themen heraus und teilt jeder Gruppe ein Thema - am besten als Frage formuliert - zu. 3. Schritt: Jede Gruppe ernennt einen Diskussionsleiter und einen Sekretär, welcher die Einfalle der Gruppe und ihre Meinungen zum Thema notiert. 4. SCHRITT: Am Ende der (Teil-)Gruppendiskussion stellt jeder Sekretär die Ergebnisse seiner Gruppe im Plenum vor, das die Ergebnisse diskutiert. Synektik Handelt es sich bei der Diskussion 66 um spontane Gruppen, so werden bei der Synektik Gruppen von jeweils 5 - 7 Personen für längere Zeit zusammengestellt und zunächst etwa Jahr lang geschult u.a. in Psychoanalyse und Informationsverarbeitungspsychologie. Die in der Gruppe vorhandenen

2.2 Der

Management-Prozeß

481

Fachkenntnisse sollen ausgewogen sein, so daß ein sog. Brain Trust entsteht. Der Gruppen werden dann zur Lösung komplexe Aufgaben aus Industrie und Gesellschaft gestellt. Für die Gruppenarbeit bei der Synektik gelten zwei Arbeitsprinzipien: 1. Prinzip: Mache dir das Fremde vertraut! Das den Teammitgliedern fremde Problem wird von allen Seiten betrachtet, bis alle Teammitglieder es verstanden haben. Eventuell muß das Thema ge-nauer definiert werden. 2. Prinzip: Entfremde dir das Vertraute! Das Problem wird daraufhin verfremdet vor allem mit Begriffen und Beziehungen aus der Biologie; so lassen sich z.B betriebliche Informationskanäle mit dem Blutkreislauf vergleichen. Die Teammitglieder entwickeln mit der Zeit ein Gespür für erfolgreiche Routinen; sie machen sich vom eigentlichen Problem frei, spielen mit scheinbar irrelevantem Material und mit Gemeinplätzen, bis die Intuition plötzlich zu einer Lösung fuhrt. Die meist ausgefallenen Problemlösungen sind noch praktikabel zu gestalten, neuentdeckte Probleme durchlaufen erneut die obigen Arbeitsphasen.

2.2.1.4 Delphi-Methode und Szenario-Technik Delphi-Methode Bei der von Olaf Helmer vorgestellten Delphi-Methode besteht ein direkter Gruppenkontakt nicht. Das hat zum Vorteil, daß die Teilnehmer nicht durch Kritik zu einem konformistischen Gruppenverhalten verleitet werden. Die Delphi-Methode sucht ein objektives Bild der Zukunft vor allem bezüglich aufkommender neuer Technologien zu entwerfen (vgl. 3.1.1.1). Die Delphi-Methode geht dabei in folgenden Schritten vor: 1. Inner- und/oder außerbetriebliche Experten erhalten Fragebögen vorgelegt, auf denen sie die von ihnen erwarteten bahnbrechenden Technologien und Innovationen in einem bestimmten Sektor der Industrie oder der Gesellschaft aufzeichnen sollen. Eine Diskussion findet nicht statt. 2. Die Experten werden aufgefordert, ihre Zukunftserwartungen in eine bestimmte zeitliche Reihenfolge zu bringen. 3. Die erzielten Ergebnisse der verschiedenen Experten werden zusammengefaßt und den Experten vorgelegt mit der Aufforderung, ihre Vorstellungen mit denen der anderen Experten zu vergleichen und sie eventuell zu korrigieren. Auf diese Weise kann im Wege der Iteration das Ergebnis verbessert werden. Die Betriebe holen sich gelegentlich außerbetriebliche Expertenmeinungen ein, indem sie Preisausschreiben zu bestimmten betriebswirtschaftlichen bzw. technischen Fragen veranstalten und dabei einzelne Experten, wissenschaftliche Institute und wissenschaftliche Hochschulen per Plakat zur Teilnahme einladen; damit läßt sich ein Public Relations-Effekt für den Betrieb verbinden. Szenario-Technik Das Szenario-Schreiben (Scenario Writing) wird insbesondere von Kahn und Wiener vom Hudson-Institute gepflegt (vgl. LV 1.44). Nach dem Prinzip "the past often resembles the füture (die Vergangenheit ähnelt oft der Zukunft)" wird die Gegenwart Schritt für Schritt in die Zukunft fortgeschrieben. Dabei kann sich der Zukunftsweg aufgrund von Zufallsereignissen und/oder aufgrund von Entscheidungen gabeln. Als Planungstechnik fiir das Szenario-Schreiben eignet sich daher die Entscheidungsbaumtechnik (vgl. 3.6.1.1). Die Planer operieren bei der Szenario-Technik ebenfalls mit biologischen Begriffen wie Throbs, Beats, Cycles, Tides, Waves. Als Arbeitstechniken verwenden sie Iterationen und Synopsen (= Mehrzahl von Synopsis = Gesamtschau). Bildlich lassen sich die Ergebnisse anhand eines Trichters darstellen, der sich vom Ausgangspunkt her ständig erweitert (vgl. Abb. 22-la) und der sich im Falle eines vorhersehbaren deterministischen Chaos (vgl. 1.1.3.11) weit über Normal weiten würde. Nach Geschka-Hammer kann die Szenario-Technik in acht Schritten vonstatten gehen (vgl. LV 1.25 S. 320ff):

482

2. Hauptteil:

Managementlehre

1. Schritt: Strukturierung des Untersuchungsfeldes. Das Untersuchungsfeld ist exakt zu formulieren. Die Strukturmerkmale und Problemfelder sind zu identifizieren etwa mit Hilfe einer morphologischen Matrix. Abb. 22-la: Szenario-Trichter

Legende:

Entwicklung eines Trendszenarios veränderte Linie durch Störereignis •Entscheidungspunkt mit Einsetzen einer (Gegen-)Maßnahme x bzw. * = Szenario = Bild einer künftigen Situation

2. Schritt: Identifizierung und Strukturierung der wichtigsten Einflußbereiche auf das Untersuchungsfeld/die Untersuchungsfelder. Mit Hilfe des Brainwriting sind alle externen Einflußfaktoren auf das Untersuchungsfeld/die Untersuchungsfelder zu sammeln. Dann sind die wechselseitigen Beziehungen der Faktoren unter einander in Richtung und Stärke überschlägig zu ermitteln. Mit Hilfe von Strukturbildern ergeben sich die stärker vernetzten Bereiche. 3. Schritt: Ermittlung von Entwicklungstendenzen und kritischer Deskriptoren für die Umfelder. Für jedes Umfeld sind Deskriptoren (Kenngrößen z.B. die Inflationsrate) zu ermitteln. Vom IstZustand der Deskriptoren ausgehend ist die künftige Entwicklung zu prognostizieren. 4. Schritt: Bildung und Auswahl alternativer konsistenter Annahmenbündel. Es ist abzuschätzen, welche Ausprägungen kritischer Deskriptoren sich gegenseitig ver-stärken, welche neutral zueinander sind und welche sich gegenseitig ausschließen. Durch Konsistenzeinschätzungen sind mit Hilfe eines Algorithmus konsistente Annahmebündel zu bilden. 5. Schritt: Interpretation der ausgewählten Umfeldszenarien. Die Prognosen sollen in bestimmten Zeitschritten erfolgen etwa in Zweijahresschritten. Dabei soll zur Wahrung der Realitätsnähe die Verbindung mit der Gegenwart klar erkennbar bleiben. 6. Schritt: Einführung und Auswirkungsanalyse signifikanter Störereignisse. Störereignisse sind trendmäßig nicht erkennbar; sie treten plötzlich auf. Sie können die Entwicklung in eine andere Richtung lenken. Erkennbar sind sie mit Hilfe von Brainstorming. Je nach nach hoher Eintrittswahrscheinlichkeit sind die Umweltsszenarien umzuformulieren. 7. Schritt: Ausarbeiten der Szenarien bzw. Ableitung von Konsequenzen für das Untersuchungsfeld. Bei konkreter Formulierung der Aufgabenstellung lassen sich häufig schon direkt Konsequenzen aus den Umfeldsszenarien ableiten, die wiederum in Gestaltungsideen umgesetzt werden können. Andernfalls sind auch Szenarien für das Untersuchungsfeld abzuleiten. 8. Schritt: Konzipieren von Maßnahmen. Die gefundenen Ergebnisse sind in Maßnahmen umzusetzen. Alternative (Branchen-)Szenarien können z.B. zur Luftverkehrsprognose entwickelt werden (vgl. W. Guldimann, Luftverkehr an der Jahrtausendwende, in: Neue Zürcher Zeitung 7/1983 S. 23 zitiert nach LV 6.24a S. 118): Szenario O: •zunehmende Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit, Abnahme der politischen Spannungen; • langsame Abnahme der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der Bevölkerungszunahme und der

2.2 Der

Management-Prozeß

483

Energieversorgungslücken; • große Fortschritte der der Synfiiel- und der Fusionstechnologie; • langsam zunehmende Verkehrsnachfrage; • merkliches Ansteigen des betrieblichen Wirkungsgrads; • mäßige Umflottungen bei hohen Finanzierungskosten; • allgemein genügende Treibstoffversorgung mit zeitweiligen Störungen; • zunehmende Verbesserung der Tarifkoordination und der multilateralen Ordnung der Verkehrsrechte; • Betriebserträge allgemein, bei gut geführten Unternehmen, deutlich höher als zunehmende Betriebskosten. Szenario M: • mäßig erfolgreiche internationale Koordination; andauernde politische Spannungen, wenig regionale Kriege; • Andauern des Protektionismus, der Bevölkerungszunahme und der Energieversorgungslücken; • gewisse Fortschritte der Synfiiel- und der Fusionstechnologie; • stagnierende Verkehrsnachfrage; • langsames Ansteigen des betrieblichen Wirkungsgrads; • geringe Umflottungen bei zum Teil sehr aufwendiger Finanzierung; • zeitweilige Verknappung und Rationierung des Treibstoffs in einigen Regionen; • geringe Fortschritte der Tarifkoordination und der Verkehrsordnung; • Betriebserträge knapp genügend zur Deckung der stark zunehmende Betriebskosten. Szenario P: • Zusammenbruch des internationalen Systems, zunehmende politische Spannungen und regionale Kriege; • zunehmender Protektionismus, ungebremste Bevölkerungszunahme, kritische Verschlechterung der Wirtschaftslage in den Entwicklungsländern; • weitgreifende Energieversorgungskrisen, verzögerte Fortschritte der Synfüeltechnologie, keine Fortschritte der Fusionstechnologie; • abnehmende Verkehrsnachfrage; • stagnierender betrieblicher Wirkungsgrad, vielerorts andauernd schlechte Nutzung des Luftraums; • praktisch stagnierende Umflottungen; • ausgreifende Verknappung und Rationierung des Treibstoffs; • Zusammenbruch der Tarifkoordination und der Bemühungen um eine multilaterale Verkehrsrechtsordnung; • schwere Betriebsverluste vieler Unternehmen, Betriebsreduktionen und -einstellungen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-35 in Abschnitt 2.3! 2.2.2 Entscheidungsvorgänge im Individuum Die Minimax-Regel, die Maximin-Regel sowie das Optimismus-Pessimismus-Kriterium werden in der Literatur als spieltheoretische Entscheidungsregeln unter Ungewißheit bezeichnet. Ungewißheit liegt vor, • wenn eine Entscheidung auf verschiedene Umweltsituationen treffen kann und • wenn der Entscheidungsträger aber nicht vorhersehen kann, welche davon eintreten wird. Die Entscheidungsregeln erhielten mit den spieltheoretischen Veröffentlichungen von 0 . Morgenstern einen erheblichen Bekanntheitsgrad, der jedoch im umgekehrten Verhältnis zur praktischen Verwendbarkeit steht. Nichtsdestoweniger entsprechen sie möglichen psychischen Reaktionsabläufen im Inneren eines Individuums u.a. bei unterschiedlichen psychischen Stimmungslagen. 2.2.2.1 Entscheidung nach dem Minimax-Prinzip Einem Individuum sollen die Alternativen al, a2, a3 zur Auswahl stehen. Diese Alternativen wiederum können jeweils auf die Umweltsituationen Sl, S2, S3 stoßen z.B. auf gute, mäßige und schlechte Konjunktur. Entsprechend wird das Individuum den drei Alternativen unterschiedliche

484

2. Hauptteil:

Managementlehre

Gewinnerwartungen zuordnen (vgl. Tab. 22-1). Wegen der Ungewißheit der Zukunft besitzen viele Individuen eine pessimistische Grundhaltung: • Sie werden sich deshalb zunächst an den geringsten Gewinnerwartungen für die Alternativen orientieren und jeweils die Minima herauschreiben. Tab. 22-1: Entscheidung nach dem Minimax-Prinzip (J. von Neumann, Morgenstern, Wald) Alternativen

Situationen S1 S2 S3 90 80 50

al a2 a3

80 75 40

Minimum

60 70 20

Maximum

60 70 20


verstärkte Rationalisierung — > Streben nach einer langfristig gewinn- und rentabilitätsträchtigen Portfolio-Mischung der strategischen Geschäftseinheiten mit "Cash-Kühen", "Stars" und "Nachwuchs" (vgl. 1.4.2.5); • höhere Cash-Abfliisse eventuell unter Auflösung von Stillen Reserven für größere Ausschüttungen und für parallel höhere Steuerzahlungen — > größere Liquiditätsanspannungen — > geringere innere Reserven zur Abwehr von Unternehmensproblemen — > größere Exitusgefahr. Daraus resultiert, daß wegen der größeren Exitusgefahr bei der Verfolgung des Shareholder's Value-Konzepts deshalb parallel und kompensierend beim Kapitaleigner eine größere Bereitschaft bestehen muß, in Krisenzeiten dem Unternehmen mit Kapitalspritzen beizustehen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-38 in Abschnitt 2.3! 2.2.3.3 Operationelles Zielsystem für das Unternehmen Zielentwicklung des Unternehmens Die Entwicklung des betrieblichen Zielsystems zerfällt operationeil in drei Teile: 1. Teil: Umsetzung der Principal-, Kunden-, Lieferanten-, Fiskus-, Öffentlichkeits-Vorstellungen und -Wünsche aus den sozialen Umfeld des Unternehmens in Unternehmensziele; 2. Teil: Dekomposition (= Auflösung, Zergliederung) der Unternehmensziele in operationeile Teilziele des betrieblichen Unterbaus top-to-down der Unternehmenshierarchie; 3. Teil: strategische Durchsetzung der operativen Teilziele, wobei zur Zielerreichung jeweils die geeignete Stratgie oder Kombination von Strategien zu wählen ist. Das ergibt einen spiralisierenden Ziel-Umsetzungsstrang der Unternehmung: I

V o r s t e l l u n g e n des s o z i a l e n U m f e l d s

'

¡»Umsetzung in U n t e r n e h m e n s z i e l e

I

>Dekomposition der Unternehmensziele in operative Teilziele für die U n ternehmenshierarchie

>strategische Durchsetzung der operativen Teilziele

490

2. Hauptteil:

Managementlehre

Zieldreieck des Unternehmens Nach dem empirischen Befund verfolgen die Unternehmen neben satisfizierenden Rentabilitätszielen vor allem auch satisfizierende Marktanteilsziele (vgl. Abb. 22-3). Der Marktanteil ist für das Unternehmen von größter Bedeutung: • er soll mit dem verfolgten unternehmerischen Konzept eines engen oder breiten Leistungsangebots (Produktprogramms) korrespondieren; • ein Mindestmarktanteil ist für das langfristige Überleben des Unternehmens erforderlich, um in den Genuß der sog. Skalenvorteile zu gelangen (vgl. auch 1.4.1.1, 1.4.2.5); • die Marktanteilsentwicklung spiegelt sensibler die Konkurrenzlage wider als etwa die Rentabilitätsentwicklung, die sich z.B. durch Rationalisierungsmaßnahmen korrigieren läßt, so daß die Marktanteilsverfolgung ein sensibles Frühwarnsystem darstellt (vgl. 1.4.3.2). Daneben beeinflussen im zunehmenden Maße soziale Strömungen und rechtliche Normen zum Umwelt- und Arbeitsschutz das betriebliche Zielsystem. In den letzten Jahren werden ökologische Zielsetzungen nicht nur vom Gesetzgeber, sondern auch direkt von der Gesellschaft in die Betriebe getragen, etwa von Umweltschutzvereinigungen (vgl. 1.1.1.3). Sie tragen zur Erweiterung des betrieblichen Wertesystems bei, das bisher - zumindest in der betriebswirtschaftlichen Literatur - vornehmlich auf ökonomische Technizität ausgerichtet war. Dadurch wird auch eine Umgestaltung des betrieblichen Zielsystems erforderlich. Diese neuere Zielsetzungen lassen sich unter der Bezeichnung "öko-soziale Verträglichkeit" zusammenfassen. "Öko-soziale Verträglichkeit" läßt sich nicht so sehr wie Rentabilitäts- und Marktanteilsziele als quantitatives Ziel, sondern eher als eine mehr oder weniger streng zu beachtende Nebenbedingung bei Unternehmensentscheidungen definieren: so könnte für die betriebliche Energie-Öko-Bilanz (vgl. 4.1.8.2) vorgegeben werden, daß z.B. künftig jährlich 20% der Energieverschwendung vom ökologischen Standpunkt reduziert wird. Konkrete Umweltschutzziele sollten sowohl für die Produktgestaltung (vgl. 3.1.1.1) wie auch - eng damit verbunden - für die Auswahl der Verfahren zur Leistungserstellung formuliert werden. Abb. 22-3: Hauptzieldreieck des Unternehmens

Da sich das Doppelziel von (Mindest-)Rentabilität als finanzielles Ziel und (Mindest-)Marktanteil als quantitatives Ziel nicht simaltun anstreben lassen, sondern im Wege der adaptiven Planung nur sukzessiv (vgl. 4.3.2), entsteht in dynamischer Sicht eine Entscheidungs-Helix, d.h. die einzelnen Entscheidungsobjekte fluktuieren spiralförmig zwischen den extremen Entscheidungskriterien "niedrige Relevanz" - "hohe Relevanz" und führen so adaptierend zu einer sukzessiven Abstimmung von Doppelzielen. Substrukturelle Ziele Weitere Nebenbedingungen wären z.B. die Erhaltung der betrieblichen Liquidität, die Erhaltung des betrieblichen Kapitals bzw. der betrieblichen Substanz (vgl. Abb. 22-3a), die als substrukturelle Ziele zur Mindestrenatbilität anzusehen sind und die untereinander in gewisser Abhängigkeit stehen; so schließen sich z.B. maximale Eigenkapitalrentabilität und maximale Liquidität gegenseitig aus (vgl. 3.7.8.1). Eng verknüpft sind insbesondere Kapital- und Substanzerhaltung. Letztere besitzt eine mehr qualitative Dimension, welche bei ihrer Realisierung öko-soziale Postulate zu berücksichtigen hat.Eine derartig komplexe öko- und sozialfreundliche betriebliche Zielstruktur ist keineswegs theoretischer Natur;

2.2 Der Management-Prozeß

491

Abb. 22-3a: Substrukturelle Ziele zur Mindestrentabilität

-MindestrentabilitätLiquiditätserhaltung

Kapitalerhaltung •Substanzerhaltungöko-soziale Ziele

• vor allem wegen der Internationalisierung der Märkte (vgl. 1.4.2.3) stehen die Unternehmen der Chemie unter einem starken Konkurrenzdruck, der zur Image- und Qualitätskonkurrenz fuhrt, • die großen Unternehmen stehen unter einem starken Öffentlichkeitsdruck (vgl. 1.1.1.6), • diese Unternehmen besitzen institutionell verankert (vgl. 1.2.4.3) u.a. Beauftragte für Arbeitssicherheit und Umweltschutz, deren Zustimmung bei betrieblichen Investitionen erforderlich ist. Öko-Beispiele lassen sich denn auch vor allem in der Chemischen Industrie finden: • so gibt der Chemiekonzern Bayer im Geschäftsbericht für 1991 bekannt, daß er bei der Entwicklung neuer Produktionsverfahren folgende Ziele verfolge: Wirtschaftlichkeit; Umweltverträglichkeit; Sicherheit und Produktqualität; • so mußte der große Shell-Konzern nach weltweiten Protesten von einer Versenkung der ausgemusterten Erdölbohrinsel Brent Spar im Ozean Abstand nehmen, woran sich die hohe globale, eventuell auch irrationale ökologisch-betriebswirtschaftliche Relevanz von Umweltschutzzielen zeigte; wie sich nachträglich herausstellte, war der Schadstoffinhalt in dieser Bohrinsel bei bei weitem nicht so groß, wie Greenpeace unterstellt hatte, und beim Recycling der Bohrinsel entstehen mehr Schadstoffe für die Umwelt als bei einer Versenkung. Als Unterziele zum Mindestmarktanteil ließe sich u.a. die Kundenorientierung bei der Produktgestaltung anführen (vgl. Abb. 22-3b), die zum Erhalt bzw. zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmung führen soll. Bewahrung der Wettbewerbsfähigkeit bedingt jedoch auch die Erhaltung der Unternehmenssubstanz, so daß sich hieraus eine übergreifende Verbindung zu den finanziellen wie auch zu den öko-sozialen Unternehmenszielen ergibt. Abb. 22-3b: Substrukturelle Ziele zum Mindestmarktanteil

•MindestmarktanteilSubstanzerhaltung

Kundenorientierung •Wettbewerbsfähigkeit-

Demnach hat die Unternehmensleitung bei ihren Entscheidungen einen umfassenden vernetzten Zielkomplex zu beachten. Operationelle Zieldekomposition Aus diesem Zielgepflecht sind die spezifischen Unterziele für die unteren Organisationsstufen und -einheiten des Betriebs ableiten, etwa für die einzelnen Sparten (vgl. 2.1.2.6). Dabei bestehen gewisse Interdependenzen zwischen betrieblichen Oberzielen und den technologischen Bedingungen des betrieblichen Basis: so ist z.B. der Ausschuß beim Anlauf der Fertigung von Mikrochips besonders hoch und kann bei über 90% liegen, entsprechend sind auch die Stückkosten extrem hoch, so daß in der Anfangsphase auch sehr hohe Preise zu setzen sind; senken sich aufgrund des Lerneffekts die Stückkosten, können auch bei gleichbleibender Betriebsrendite die Preise gesenkt werden. Die Auflösung der betrieblichen Oberziele entlang der betrieblichen Hierarchien hat aufgabenspezifisch zu erfolgen und sich vor allem an den Kapazitäten zu orientieren, z.B. bei Geschäftsaus-

492

2. Hauptteil: Managementlehre

Weitung an den Engpaßkapazitäten (vgl. Abb. 22-4). Dabei verzweigen sich die Unterziele baumartig. Konkrete finanzielle Ziele werden den einzelnen Unternehmensbereichen gewöhnlich als Budgetrichtwerte vorgegeben (vgl. 4.3.5.2). Zur Verfolgung bestimmter Sonderziele kann das Unternehmen auch von der starren Verfolgung bestimmter Zielvorgaben abweichen: • es wird die Zielvorgabe senken, um bestimmte Vorhaben zu begünstigen so z.B. die Zielrendite bei ökologisch vorteilhaften Projekten von 15% auf 12% senken (vgl. 4.4.3.3); • es wird die Zielvorgabe erhöhen, um einen bestimmten unerwünschten Status zu ändern, so kann z.B. die Produktionstiefe im Sinne der Lean Production verringert werden, wenn (Ersatz-)Investiionen anstelle von bisher 15% eine Zielrendite von 25% erwirtschaften müssen (vgl. 4.4.4). Abb. 22-4: Operationelles betriebliches Zielsystem Oberziel: z.B. E r h ö h u n g des M a r k t a n t e i l s v o n 15 auf 18% u n d zur A b s t ü t z u n g Erhöhung der K a p a z i t ä t v o n . . . a u f . . . Bereichsziele:

Vertrieb A u s w e i t u n g der V e r t r i e b s kapazität - Erweiterung der Werbekonzeption

Fertigung A u s w e i t u n g der Fertigungskapazität - Investitionen zur Q u a l i t ä t s v e r b e s s e r u n g

HauptabteilungsPreßwerk ziele: E i n r i c h t u n g e i n e r zweiten Schicht in E n g p a ß b e r e i c h e n Abteilungsziele:

Hochzylinderpressen Einricht. 2. Schicht u n t e r V e r m e i d , sozialer H ä r t e n

Montagewerk Erweiterungsinvestitionen in E n g p a ß b e r e i c h e n sonstige P r e s s e n neue P r e s s e n u n t e r Beacht. ökolog. N o r m e n

Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-39 in Abschnitt 2.3!

2.2.4 Betrieblicher Entscheidungs- und Handlungsprozeß Der betriebliche Entscheidungsprozeß läßt sich auf drei Großphasen reduzieren (vgl. Abb. 22-5): 1. Planungsphase; 2. Entscheidungsphase; 3. Realisationsphase. 2.2.4.1 Planungsphase Begriff und Merkmale der Planung Unter Planung läßt sich die Gestaltung eines zielorientierten künftigen Handlungsprogramms verstehen. Dabei sieht das Grundmuster der Planung als Ex-ante-Vorstellung wie folgt aus:

Dabei kann das Aktionsprogramm alternativ bzw. kumulativ folgende Merkmale aufweisen: • eine oder mehrere Alternativen; • vorläufiger Plan (zum Prototyping) oder endgültiger Plan; • Fein- oder Grobplanung;

2.2 Der

Management-Prozeß

493

• Individualplanung oder Kollektivplanung; • kurz-, mittel- oder langfristige Auslegung der Planung; • zeitlich determiniert oder ständig in die Zukunft rollierend; • abgestimmt oder nicht abgestimmt mit Rahmenplänen; • Zeit-, Mengen- oder Finanzplan; • Top-to-down-Planung - vom oberen Management nach unten (vgl. auch 1.1.3.1). Dabei werden aus den Zielen der Unternehmensleitung und ihren (Grob-)Plänen Stufe für Stufe nach unten gradlinig Teilziele und Teilpläne abgeleitet. Der Vorteil liegt in der hohen Konsistenz der Teilpläne, der Nachteil in einer eventuellen Realitätsferne, vor allem aber in der geringen Identifikation der unteren Ebenen mit diesen Plänen und der entsprechend geringen Motivation bei der Durchfuhrung. • Bottom-up-Planung d.h. von der betrieblichen Basis nach oben. Hier kann im reichen Maße die Fachkenntnis vor Ort in die Planung einfließen, allerdings wird es an Abstimmung der Teilpläne mangeln und eine nachträgliche Abstimmung im Wege des Down-up bedeutet noch keine Planung aus einem Guß. Die Planung kann aber realistisch auf bereits realisierten Insellösungen basieren. Jedoch können Details vom Wesentlichen ablenken. • Down-Up-Down, auch Gegenstromverfahren genannt. Die betriebliche Praxis behilft sich, indem sie die Grob- und Feinplanung sequentiell verbindet, um aus der Erfahrung zu lernen (vgl. 4.3.5.2): 1. die Unternehmensleitung gibt basierend auf einer Grobplanung zunächst top-to-down zur Budgetplanung Richtlinien als grobe Ziele vor; 2. auf deren Basis werden an der Basis bottom-up Teilpläne im Wege der Feinplanung erstellt unter Verwendung von Gestaltungsheuristiken wie Problemreduktion, Prioritätensetzung (vgl. 3.5.5.2); 3. diese Teilpläne werden verdichtet, koordiniert und nach der Genehmigung durch die Unternehmensleitung top-to-down unten vorgegeben. Auswirkungen und Aufgabenkatalog der Planung Planung hat vielfältige Auswirkungen. Zu Recht wird deshalb in dem Managementhandbuch der IBM (Stand: 1965) der betrieblichen Planung ein umfangreicher Aufgabenkatalog zugeordnet: 1. Partizipation, da vor allem bei dezentralisierter Betriebsorganisation viele Stellen im Betrieb ihren Planungsinput geben; 2. Kommunikation, da Planung ein formaler Weg ist, um andere über die angestrebten Ziele zu in formieren; 3. Koordination, da die Planung angibt, wie die einzelnen Unternehmensteile zur Zielerreichung ineinander greifen müssen; 4. Entscheidungshilfe, da die Planung angibt, wie alternative Aktionsprogramme zu beurteilen sind; 5. Delegationshilfe, da die Planung im Wege der Budgetierung den materiellen Umfang der delegierten Aufgaben begrenzen hilft; 6. Handlungsprogrammierung, da die Planung angibt, welche Aufgaben parallel und/oder zeitlich nacheinander zu vollziehen sind; 7. Kontrolle, da die Planung die Sollbasis für die Istkontrolle schafft, um rechtzeitig Korrekturmaßnahmen zu treffen. I. Subphase: Problemerkennungsphase Information Individuen wie auch Organisationen werden gewöhnlich nur dann aktiv, wenn ein Störgefuhl aufkommt, ausgelöst von einem Problem. Ein Problem liegt allgemein vor, wenn Soll- und Istwerte in nicht mehr erträglicher Weise auseinanderklaffen - in negativer Weise, wenn z.B. die Kosten höher als geplant sind, in positiver Weise, wenn z.B. der Absatz größer als erwartet ist, so daß aber die Kapazität nicht zur Belieferung aller Kunden ausreicht. Diese Probleme ergeben sich im Wege des Feedback aus der betrieblichen Kontrollphase (vgl. Abb. 22-5). Damit der Betrieb bei der Problemlösung nicht unter Zeitdruck gerät, führt er am besten ein geregeltes Berichtswesen ein,

494

2. Hauptteil:

Managementlehre

• das alle betriebswirtschaflich relevanten Daten systematisch erfaßt, z.B. Produktions- und Verkaufszahlen, Ausschußzahlen, Personalabgänge, • das diese Daten analytisch gemäß dem Prinzip des Management by Exception aufbereitet; z.B. sinkende Absatzzahlen sind an sich noch kein Problem, wenn es anderen Unternehmen nicht besser ergeht, eher stellt sich ein sinkender Marktanteil als ein Problem dar, • das in regelmäßigen Abständen eine Beurteilung dieser Informationen durch die betrieblichen Verantwortungsträgern herbeifuhrt. Dieses Berichtswesen stellt die Grundlage des Controllings dar und fungiert gleichzeitig als ein betriebliches Frühwarnsystem (vgl. 1.4.3.2). Abb. 22-5: Phasen des betrieblichen Entscheidungs- und Handlungsprozesses Status quo tus Ex-Ante-Kontrolle

neuer StaFeedback — u n g e n a u e Spezifikation > Material

Maschinen,

Einricht.

defekte Werkzeuge, Maschinen schlechte M o n t a g e Verhältnisse —

ungeeignete Lagerung falsche Spezifizierung ungünstige Montagefolge Methoden

Bei dem Beispiel "defekte Bauelemente" könnte der Symptom-Gründe-Vergleich ergeben, daß defekte Werkzeuge in Verbindung mit veralteten Maschinen die Ursache des Problems sind. Dringlichkeitsbeurteilung Da der Betrieb gewöhnlich nur begrenzte Ressourcen an Finanzmitteln, Personal, Betriebsmitteln, etc. besitzt, erhebt sich die Frage nach der Dringlichkeit der Aufgaben- bzw. Problemlösungen, um Prioritäten zu setzen. Der Aufbau von Prioritäten zur Vermeidung von Schäden durch unerledigte Aufgaben kann nach dem Prinzip der ABC-Analyse erfolgen (vgl. 4.5.2.3): A-Probleme: Probleme, die sofort gelöst werden sollten, weil der Betrieb sonst einen erheblichen Schaden erleiden würde; B-Probieme: Probleme, bei denen kein erheblicher Schaden durch eine zeitlichen Verzug ihrer Lösung zu erwarten ist; C-Probleme: Probleme, deren Lösung nicht eilt (und die sich eventuell im Zeitablauf von selbst erledigen). Doch worin bestehen die Eckpunkte fur derartige Prioritätensetzungen? Hier kann die sog. Eisenhower-Matrix weiterhelfen (vgl. Abb. 22-6a), • die sich auf den Parametern geringer bzw. hoher Wichtigkeitsgrad und geringer bzw. hoher Dringlichkeitsgrad aufbaut und • die praktisch ein Handlungsportfolio mit Normstrategien darstellt. Abb. 22-6a: Eisenhower-Matrix zur Beurteilung von Aufgaben (vgl. LV 2.63a S. 131) Wichtigkeitsgrad gering hoch hoch Aufgaben C Aufgaben A selbst a u s f ü h r e n bzw. sofort u n d im Prinzip Dringrechtzeitg delegieren selbst a u s f ü h r e n lichkeitsgrad Aufgaben B Fallen lassen Abwarten, eventuell (für d e n Papierkorb) delegieren niedrig

2.2 Der

Management-Prozeß

497

Nach G. Probst sind beim Eisenhower-Diagramm vier Felder zu beachten, um zu einer besseren Gestaltung betrieblicher Aktivitäten zu gelangen (vgl. ebenda S. 132f.): 1. Bedingungen: - normale Arbeitsaufgaben sind erfaßt; - Mitarbeiter sind bekannt; - verfugbare Zeit(-Kapazität) ist bekannt; - feststehende Aufgaben und Verpflichtungen sind erfaßt. 2. Anwendungsbereich: - Organiationsgestaltung durch Delegation; - Organisation nach persönlichen Gestaltungszielen; - Bestandsaufnahme der Aufgabenkategorien; - Technik persönlicher Arbeitsorganisation; - organisatorische Bewältigung von Störungen. 3. Vorteile: - zwingt zur Auflistung von Aufgaben und Prioritäten; - schnelle Klassifizierung von Aufgaben nach Kategorien; - ermöglicht die Delegation von Aufgaben und Kompetenzen; - ermöglicht Abbau von Streß; - ermöglicht die Begrenzung verdeckter Kosten, die durch Qualitätsmängel entstehen; - fuhrt zu größerer Übereinstimmung zwischen Aufgaben und Aufgabenträgern; - leicht verständlich. 4. Nachteile: - begünstigt u.U. kurzfristiges Denken in Hinblick auf Aufgaben und ihre Bedeutung; - simplifizierende Sichtweise, zu grobe Sortierung der Aufgaben; - sehr subjektiv; - zu starke Betonung des zeitlichen Aspekts operativer Vorgänge gegenüber strategischen Überlegungen; - Gefahr von unerledigten Aktenbergen wegen vorrangiger Erledigung dringender Aufgaben. Formulierung des Problemlösungssuchziels Ist die Ursache des Problems klar erkannt, kann das Suchziel zur Problemlösung formuliert werden. Dabei sind • die übergeordneten betrieblichen Ziele wie auch • die betrieblichen Begrenzungen zu beachten; vor allem knappe finanzielle Mittel können das Feld der Problemlösungssuche einengen, so auch im vorliegenden Fall der defekten Werkzeuge, so daß zur Fehlerbeseitigung nicht die Anschaffung neuer Maschinen, sondern allenfalls die Anschaffung neuer Werkzeuge in Frage kommt. Entsprechend läßt sich das Suchziel formulieren: Wie läßt sich der Einsatz der Werkzeuge verbessern, wobei die betrieblichen Ausgaben für die Problemlösung den Betrag von DM ... nicht übersteigen sollen? Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-40 in Abschnitt 2.3! n . Subphase: Problemlösungssuchphase Change Agents (vgl. 2.1.4.9) In kleineren und jungen Unternehmen monopolisiert der Erfinder-Unternehmer die Ideenfindung bei der Problemlösungssuche gewöhnlich in seiner Person. Anders sieht es in mittleren und größeren Unternehmen aus; dort splittet sich wie bei der betrieblichen Arbeitsteilung auch die Ideenfindung: • die Organisationsabteilung sucht Ideen zur Lösung allgemeiner administrativer Probleme; • die einzelnen funktionellen Teilbereiche wie der Einkauf, die Leistungserstellung, der Vertrieb erzeugen ihre spezifischen Bereichsproblemlösungen. Zur Ideenfindung kommen für den Betrieb verschiedene Organisationsstrukturen und Alternativen in Betracht: • Stabsabteilungen, die eine ständige organisatorische Einrichtung sind und die sich zur Ideenfindung für relativ einfache technische oder kaufmännische Probleme eignen; • Ausschüsse, die temporäre organisatorische Einrichtungen sind und wegen möglicher breitgefächerter Personalzusammensetzung sich zur Ideenfindung bei komplexen Problemen eignen; • Task Forces, in denen besonders leistungsfähige Fachleute zusammengefaßt werden und die sich deshalb zur schnellen Lösung drängender Unternehmensprobleme eignen; • Unternehmensfremde Experten wie Unternehmensberater, Steuerberater, Vertragsforschungsinstitute, mit deren Hilfe bei der Ideenfindung die sog. "Betriebsblindheit" vermeiden läßt. Alternativen der Ideenfindung Normalerweise greifen Einzelne wie Gruppen bei der Ideenfindung auf eigene und/oder fremde Erfahrungen zurück. Das Individuum fragt dazu sein sog. Langzeitgedächtnis ab oder durch-

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2. Hauptteil:

Managementlehre

forscht private bzw. betriebliche Aufzeichnungen. Diese wurden früher vornehmlich in Akten gespeichert, neuerdings auch auf Mikrofilmen oder auf den Festplatten der Computer. Der Wettbewerbsdruck zwingt die Unternehmen dazu, möglichst schnelj gelungene Konkurrenzleistungen zu adaptieren. Den Unternehmen stehen dazu verschiedene Übertragungshilfen zum Erwerb fortschrittlicher Produktions- und Managementtechniken zur Verfügung: • durch Lizenzerwerb können sie in rechtlich einwandfreier Weise in den Besitz von fremden geistigen Leistungen kommen; • üblich ist es, sofort nach deren Erscheinen die Konkurrenzprodukte nach technischen und sonstigen Neuheiten hin zu untersuchen, sofern bereits Urheberrechte bestehen, sind dann Umgehungsentwicklungen erforderlich; • häufig werden auch Neuheiten durch Veröffentlichungen vor allem in Fachzeitschriften preisgegeben; • vor allem in den USA wird ein nicht unerheblicher Teil vor allem der Führungskräfte direkt von Konkurrenzunternehmen abgeworben, in der offensichtlichen Absicht, um so schnell zu Erkenntnissen über die Konkurrenz zu bekommen, in Deutschland dürfen derartige Maßnahmen nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (vgl. 3.6.1.2) verstoßen; • ein vollends kriminelles Mittel ist die sog. Werksspionage. Der Rückgriff auf eigene bzw. fremde Erfahrungen bedeutet immer einen Rückschritt in die Vergangenheit und stellt demnach nicht immer das geeignete Mittel dar, um Zukunftsprobleme zu meistern. Hierfür sind kreative Lösungen erforderlich. Einige der bekanntesten Methoden zur Erzeugung von kreativen Lösungen wie Brainstorming sind schon dargestellt worden (vgl. 2.2.1). Es handelt sich dabei vornehmlich um Techniken zur Erzeugung von Kreativität in Gruppen. Dem Individuum stehen neben dem morphologischen Kasten (vgl. (vgl. 2.2.1.1) noch verschiedene andere Kreativitätstechniken zur Verfügung, um zu innovativen Lösungen zu kommen u.a.: • Klassenheuristik: andere Verwendungen; Verkleinerungen; Vergrößerungen; Umstellungen; Substitutionen; Umkehrungen; Kombinationen; etc. • Area Thinking: verbesserte Funktion; verbesserte Leistung; niedrigere Kosten; bessere Verkäuflichkeit. Management des kreativen Prozesses Sollen die Führungskräfte selbst im Betrieb kreativ sein oder sollen diese sich auf die krea-tiven Leistungen der Mitarbeiter verlassen? Diese Frage läßt sich für den kooperativ strukturierten Betrieb dahin beantworten, daß die Führungskraft ihre Kreativität vornehmlich im Organisatorischen sehen sollte. Dazu muß die Führungskraft ihre Funktionen im kreativen Prozeß kennen: 1. sie definiert das Problem; 2. sie sucht kreative Personen aus und beauftragt sie bzw. Gruppen von Personen mit der Problemlösung; 3. sie bereitet den kreativen Prozeß vor, indem sie die nötigen Informationen und Hilfsmittel dem Kreativpersonal zur Verfügung stellt; 4. sie betreut den kreativen Prozeß, indem sie die Kreativen aufmuntert bei Mißerfolgen und bestärkt bei Erfolgen; 5. sie sammelt und verwertet die Ideen"rohlinge", indem sie im Wege der kreativen Transformation diese den spezifischen Unternehmensbelangen anpaßt. Die "kreative Transformation" der Idee kann in verschiedene Richtungen gehen: • Erweiterung der Idee. Eine für einen bestimmten Sektor geäußerte Änderungsvorstellung wird auch auf andere Sektoren bezogen. So ist zur Genesis des Originalkonzepts dieses Buches zu sagen, daß der Verfasser eine Anregung, "das Rechnungswesen an die EDV anzubinden", aufgriff und diese partielle Anbindung zur globalen Anbindung der ganzen Betriebswirtschaftslehre an die EDV erweiterte, so daß dieses Buch ursprünglich aus der Erweiterung einer Idee entstand. • Verengung der Idee. Eine bestimmte neuartige Vorstellung wird nur auf einen bestimmten Sektor angewandt, während die übrigen Sektoren in der traditionalen Form belassen werden. So könnte z.B. die Idee, die ganze Betriebswirtschaftslehre an die EDV anzubinden, auf die Anbindung allein der Buchführung an die EDV verengt werden.

2.2 Der

Management-Prozeß

499

• Radikale Umgestaltung der traditionalen Verhältnisse nach einer Idee. Der neuen Vorstellung wird eine tragende Kraft zugesprochen, so daß eine frontale Änderung der traditionalen Verhältnisse möglich sei. Eine radikale Abkehr von traditionalen Verhältnisen kann jedoch auf besonders starke Akzeptanzwiderstände stoßen, welche eine Durchsetzung und einen potentiellen Erfolg der Idee verhindern können. So ist z.B. die von Scheer vorgenommene Umgestaltung der Betriebswirtschaftslehre unter Ausrichtung an die EDV radikaler Natur (vgl. 1.1.2.2) und kann auf entsprechend große Akzeptanzprobleme stoßen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-41 in Abschnitt 2.3! III. Subphase: Bewertung von Problemlösungen Bewertungsansätze Bewerten heißt, • die positiven und negativen Effekte der in entwickelten Problemlösungen abzuschätzen, • sie gegeneinander abzuwiegen und • den Nutzensaldo mit dem Status quo zu vergleichen, um zu einem neuen geplanten Status zu gelangen (z.B. bei der Alternativrentabilität vgl. 4.4.3 .3) bzw. den Effektsaldo (z.B. der Differenzrentabilität, vgl. 4.4.3.3) unmittelbar mit den betrieblichen Zielvorstellungen zu vergleichen; eine Lösungsalternative gilt nur dann als vorteilhaft für den Betrieb, wenn durch sie die betrieblichen Mindestziele - zumindet annähernd - erreicht werden. Dann sieht das Grundmodell der Bewertung wie folgt aus:

Der Nutzen von Alternativen läßt sich unterschiedlich messen: 1. kardinal, indem der Nutzen jeweils in absoluten Werten angegeben wird, etwa bei Projekt C ist mit einem Gewinn von 5 .000,-DM zu rechnen; 2. ordinal, indem der Nutzen nur in einer Prioritäten-Reihung der Projekte angeben wird, etwa C > A > B bei Scoring-Modellen, kardinale Nutzenschätzungen lassen sich auch ordinal aufreihen. Bewertungsmethoden Mit den beschafften Informationen sind die Problemlösungsalternativen einer Nutzwertanalyse zu unterziehen. Dazu gibt es nichtfinanzielle und finanzielle Beurteilungsmethoden: 1. nichtfinanzielle Beurteilungsmethoden a) Profilvergleich (vgl. 3.6.1.3); b) Nutzwertanalyse i.e.S. (Punktevergleich, -bewertung). 2. finanzielle Beurteilungsmethoden (vgl. 4.4) a) dynamische Methoden (Kapitalwert-, Interne-Zinsfuß- und Annuitätsmethode); b) statische Methoden (Kosten-, Gewinn-, Rentabiltätsvergleich, Amortisationsdauermethode). 3. die Optimierungsrechnungen des Operations Research (vgl. 4.5) a) alleinstehend z.B. bei der optimalen Losgröße (vgl. 4.5.2.1), b) in Verbindung mit anderen Methoden z.B. durch die Verbindung der Kapitalwertmethode mit der Simplexmethode, in Deutschland etwa durch H. Albach (vgl. LV 8.1). Nutzwertanalysen Bei Nutzwertanalysen in Form von Punktevergleichen, auch Scoring-Modelle genannt, werden den einzelnen Alternativen (Aj, A2, ..., Aj) je nach ihrem Erfullungsgrad gestaffelt Punkte pj (i = 1, 2, ..., n) zugeordnet. Dies sind höchst flexible Instrumente der Bewertung von Altenativen; sie können schon eingesetzt werden, wenn im Frühstadium der Bewertung der Alternative(n) erst relativ wenige Informationen vorhanden sind, so daß eine präzise finanzielle Bewertung noch nicht möglich ist, aber auch im Spätstadium, wenn schon eine finanzielle Beurteilung erfolgt ist; dann

500

2. Hauptteil:

Managementlehre

kann noch - zusätzlich - der Nutzwert (NW) der Alternativen mit Hilfe des Punktevergleichs erfolgen, bei dem - anders als bei den finanziellen Bewertungsmethoden, die rein quantitativer Natur sind - auch qualitative Faktoren berücksichtigt werden können. Bei den Scoring-Modelle gibt es zwei Referenztypen: • geschlossene Scoring-Modelle, bei denen es - zeitlich begrenzt - um eine beschränkte Zahl von Alternativen geht, unter denen eine Auswahl zu treffen ist (vgl. Tab. 22-4), ein gewisses Mindestziel wird dabei gewöhnlich nicht postuliert; • offene Scoring-Modelle, bei denen es keine zeitliche Begrenzung gibt, dafür wird eine gewisse Mindestleistung erwartet z.B. ein Mindesterfullungsgrad von z.B. 80% der maximal möglich erreichbaren Punkte (vgl. 3 .6.1.3), anhand derer jederzeit eine Alternative z.B. ein neuer bewerbender Lie-ferant auf Vorteilhaftigkeit in Bezug auf Leistungsfähigkeit und Qualitätssicherung beurteilt werden kann (vgl. auch 3.3.1.4). Die Einfuhrung eines Anspruchsniveaus bei Scoring-Modellen kann verhindern, daß mangels leistungsfähiger Alternativen betriebliche Ressourcen für wenig nutzbringende Verwendungen verbraucht/verschwendet werden. Das Ergebnis wäre dann eventuell eine Nullstellung, d.h., nichts am Status quo zu ändern, so daß das Scoring-Modell ohne fixiertes Anspruchsniveau betriebswirtschaftlich nicht akzeptabel ist, es sei denn, es hat eine betriebswirtschaftlich fundierte Vorselektion stattgefunden (vgl. auch 4.4.4.7). Es ist bei der Punktebeurteilung ähnlich dem Fischgrät-Diagramm möglich, nach Beurteilungskomplexen zu segmentieren, etwa bei der Beurteilung neuer Produkte nach Preislage, Nachfrage, Vertriebsstruktur, Produktionsprogramm. Je nach Bedeutung für das Unternehmen lassen sich die einzelnen Positionen z.B. durch Vergabe von Höchstpunktzahlen gewichten (vgl. Tab. 22-4). Demnach ergibt sich der Gesamtpunktwert (GPW) aus der Summe der mit ihren Gewichten gj multiplizierten Punkten p;: n ( 2 2 - 3 ) NW-; = GPW-j = E g-j_ * P i . i = 1 Tab. 22-4: Punktevergleich mit unterschiedlicher Zielsetzung Alternativen a)"konservative" Zielsetzung - R e p a r a t u r der W e r k z e u g e - Ü b e r h o l u n g der W e r k z e u g e - "Leihe" (Miete)von W e r k z e u g e n - Kauf v o n W e r k z e u g e n

höchste Punktezahl 6 5 4 2

Summe der Punkte b) -

"progressive" Zielsetzung R e p a r a t u r der W e r k z e u g e Ü b e r h o l u n g der W e r k z e u g e "Leihe" (Miete)von W e r k z e u g e n Kauf v o n W e r k z e u g e n

Summe der Punkte

2 3 4 6

A

B

C

D

3 3 2 1

4 2 2

3 4 3

5 1 4 2

9

8

10

12

2 2 3 6

1 3 4 6

1 2 4 5

2 1 4 2

13

14

12

9

Die Punkteverteilung an die einzelnen Alternativen orientiert sich an der Zielrichtung: soll z.B. eine beharrende "konservative" oder eine auf Änderung ausgerichtete "progressive" Zielrichtung verfolgt werden? Je nach Zielsetzung kann sich dann eine andere Prioritätenreihe derselben Alternativen ergeben; bei "konservativer" Zielsetzung lautet die Prioritätenreihe im Falle der Maximierung der Punktezahlen: D > C > A > B und bei "progressiver" Zielsetzung: B > A > C > D.

2.2 Der

Management-Prozeß

501

Informationsgewinnung, formale Darstellung und Verantwortung bei Bewertungen Um die gefundenen Problemlösungen auf Vorteilhaftigkeit zu durchleuchten, sind Prognoseinformationen zu beschaffen. In modernen Betrieben geschieht dies arbeitsteilig: die (Absatz-)Marktforschung besorgt Absatzzahlen und Preise; die Arbeitsvorbereitung in Zusammenarbeit mit dem Einkauf die Stückkosten, etc. Zum Teil bauen die Bewertungsinformationen auf einander auf, so daß zur koordinierten Informationsermittlung sog. "Anforderungsbriefe" zu erstellen sind, in denen den betrieblichen Abteilung der spezifische Informationsbedarf mit den Abgabedaten und Abgabestellen mitgeteilt wird (vgl. den Informationsdurchlauf in Abb. 43-10). Insbesondere bei der komplexen Beurteilung von großen Projekten leisten Stäbe wichtige Vorarbeit. Sie fassen schließlich die Informationen und die Beurteilungsergebnisse in sog. Studien oder Memoranden zusammen (vgl. 4.4.5.4), die sich wie folgt aufbauen: A Beschreibung der Alternativen (Projekte); B Beurteilungsergebnisse; C Empfehlung. Durch die Abgabe der Empfehlung wird der Stab unmittelbar in die Projekt- bzw. Entscheidungsverantwortung einbezogen. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-42 in Abschnitt 2.3! 2.2.4.2 Entscheidungsphase Bei der Entscheidungsphase handelt es sich um die IV. Subphase des betrieblichen Entscheidungsprozesses. Nach E. Schneider sind Bewertung und Entscheidung ein zusammenhängender Prozeß (vgl. 1.1.3.7). In der Praxis, insbesondere in großen Unternehmen, sind beide Phasen gewöhnlich personalmäßig getrennt. Ein Stab bereitet die Bewertung vor, eine besondere Instanz trifft die Entscheidung. Die betriebliche Entscheidungsinstanz kann der Stabsempfehlung folgen, sie kann sie ablehnen, sie kann sie modifizieren. Keineswegs fuhrt also die Optimierungsarbeit des Stabs zwangsläufig zu der von ihm vorgeschlagenen Entscheidung. Kritische Beurteilung und Neubewertung der Alternativen Zunächst wird die Entscheidungsinstanz • die vorgelegten Unterlagen soweit wie möglich auf Richtigkeit und • die abgegebenen Wertungen auf Angemessenheit hin untersuchen. Erfahrene Vorgesetzte finden leicht Fehler heraus. Bei zu großen Fehlern erfolgt eine Rückverweisung in die Planungsphase. Ebenso dann, wenn die vorgeschlagene Alternative offensichtlich die Unternehmensziele verfehlt. Auch die gewählte Bewertungsmethode ist auf Angemessenheit hin zu beurteilen (vgl. 4.4.4.1): • Die Methode engt von der Entscheidungslogik her den Bewegungsspielraum der Entscheidung-instanz in betriebswirtschaftlich unzulässiger Weise ein. So ist z.B. beim Kostenvergleich die Alternative mit den geringsten Kosten zu wählen (vgl. 4.4.3.1), eine "Nullstellung", d.h. es beim Status quo zu belassen, ist nicht vorgesehen. • Die Methode erleichtert eventuell die Manipulation des Ergebnisses; so kann z.B. bei der Verwendung der Kapitalwertmethode je nach Höhe des gewählten Kalkulationszinsfußes die eine oder andere Alternative günstiger erscheinen (vgl. 4.4.2.2). • Die Gesamtbewertung erfolgt schematisch durch Addition der Teilbeurteilungen der Projektsegmente, z.B. bei einem Weltraumsatelliten, zu dem es die Angebote A und B von verschiedenen Konsortien gibt, wobei die einzelnen Segmente maximal sechs Punkte erhalten. Alternative A erreicht zwar eine größere Punktezahl, besitzt aber auf dem Sektor der elektrischen Versorgung einen ausgesprochenen Engpaß, der den Leistungsquerschnitt des Gesamtgeräts beeinflussen kann und der wegen notwendiger Überlastung die Lebensdauer des Gesamtgeräts verkürzen wird: S e g m e n t e (Parameter): S t r u k t u r des S a t e l l i t e n Wärmehaushalt elektrische Versorgung Leistung additiver Gesamtwert

Alternative A 5 6 2 6 19

Alternative B 4 5 4 4 17

502

2. Hauptteil:

Managementlehre

Die Entscheidungsinstanz wird deshalbeventuell eine Neubewertung vornehmen (vgl. 4.4.5.4), • indem sie eine wertungsneutrale Beurteilungsmethode wählt, • indem sie die Gesamtbewertung vom Engpaß her vornimmt, dabei könnte dann Alternative B günstiger ausfallen als A, • indem sie das Projekt in den Gesamtzusammenhang des Betriebs stellt und dabei auch die situative Lage des Betriebs z.B. knappe finanzielle Verhältnisse berücksichtigt. Insgesamt kann es dadurch zu einer Umbewertung der Alternativen kommen, so daß die darauf auftauende Entscheidung Außenstehenden nicht immer "durchsichtig" ist. Das Entscheidungsverhalten des Managements ist im Wege des Management Auditing von Zeit zu Zeit zu überprüfen und - bei erkennbaren Defiziten - zu verbessern (vgl. 3.7.7.3). Partizipationsstrategien Vroom-Yetton haben eine Skala von Partizipationsstrategien dargestellt, bei dem die Vorstellung von konsultativer und partizipativer Entscheidung erheblich verfeinert wird (vgl. LV 2.53): Partizipationsform I: Der Manager entscheidet aufgrund seines eigenen Informationsstands. Partizipationsform II: Der Manager holt zunächst zusätzliche Informationen und entscheidet dann, ohne die Mitarbeiter um Beurteilung der Alternativen zu befragen. Partizipationsform III: Der Manager diskutiert mit einzelnen Mitarbeitern die Alternativen und trifft dann seine unabhängige Entscheidung. Partizipationsform IV: Der Manager diskutiert die Alternativen mit seinen Mitarbeitern in der Gruppe, trifft dann aber seine unabhängige Entscheidung. Partizipationsform IV: Der Manager tritt als Moderator auf (vgl. 2.1.2.5), indem er die Entscheidungsalternativen präsentiert, diese mit der Gruppe bewertet und dabei eventuell neue Alternativen entwickelt. Er akzeptiert die in Gruppe getroffene Entscheidung zugunsten der einen oder anderen Alternative. Entscheidungsformen Die Entscheidungsformen im Betrieb richten sich nach der Zahl der Entscheidungsträger: 1. Einzelentscheidungen. Sie setzen eine monopolisierte Machtposition voraus z.B. die des Unternehmers, aber auch eventuell die einer einzelnen Person im delegierten Bereich. Bei der Einzelentscheidung kann der Entscheidungsvorgang nach den schon dargestellten Entscheidungsmechanismen etwa nach dem Minimax-Prinzip ablaufen (vgl. 2.2.2). 2. Kollektiventscheidungen 2.1 Abstimmungsentscheidungen. Sie sind als demokratische Form der Entscheidungsfindung vornehmlich in den sog. westlichen Ländern im staatlichen Bereich entwickelt und z.T. durch gesetzliche Maßnahmen in die Unternehmen getragen worden, etwa durch die Einrichtung: ein Votum - eine Stimme! Bei knapper Stimmenmehrheit kann dieses System als eine Diktatur der Mehrheit ausgelegt werden, vor allem im intimeren betrieblichen Bereich, wo möglicherweise jeder jeden kennt. Wenn viele sich der Entscheidung beugen müssen, ohne sie innerlich mitzutragen, ist im größeren Umfang mit Blockaden zu rechnen, welche die potentielle betriebliche Leistung herabsetzen. 2.2 Konsensentscheidungen. Bei ihnen geht ein breiter Sondierungsprozeß voraus, in dem von verschiedenen Seiten Vorschläge kommen, welche mehr oder weniger vollständig bei der Formulierung des Entscheidungstenors berücksichtigt werden. Bei solchen Konsensentscheidungen ist kaum mit Blockaden zu rechnen, da alle Organisationsteilnehmer auf die Entscheidung eingestimmt sind und sie innerlich bejahen. Die Entscheidung selbst ist dann nur noch ein formaler Akt der Verabschiedung. Da eine nachfolgende Durchsetzungs- und Motivationsphase nicht erforderlich ist, kann die Entscheidung - wie japanische Unternehmen zeigen (vgl. 2.1.1.8) - anschließend mit unglaublich hoher Geschwindigkeit und Effizienz ausgeführt werden.

2.2 Der

Management-Prozeß

503

Lösung von Entscheidungskonflikten Haben mehrere Führungskräfte zu entscheiden, so geschieht dies gewöhnlich auf Konferenzen. Es hängt dann vom Geschick des Konferenzleiters ab, ob das Problem vor der Entscheidung gründlich beraten wird. Konferenzen funktionieren praktisch wie Ausschüsse (vgl. 2.1.2.5). Bestehen Beurteilungsunterschiede kann es zum Dissens im Entscheidungsgremium (Kollegium) kommen, der sich mit folgenden Konfliktregelungsstrategien beseitigen läßt: 1. Überzeugungsstrategien 1.1 Berufung auf gemeinsame Ziele und Werte Häufig sind einige Entscheidungsträger einfach entscheidungsunwillig. Durch Appell an Gemeinsamkeiten, daß "alle in einem Boot sitzen", läßt sich eventuell ihr Widerstand gegen eine favorisierte Alternative abbauen. 1.2 Präsentation einer Ersatzalternative Erscheint die angebotene Alternative einigen Entscheidungsträgern als wenig erfolgversprechend, empfiehlt es, sich eine Ausweichlösung zu präsentieren. 1.3 Angebot einer Kompromißlösung a) Die Alternative wird den Vorstellungen bisher dissidenter Entscheidungsträger angepaßt. b) Häufig gereichen bestimmte Alternativen nur bestimmten Betriebsbereichen zum Vorteil. Um den allgemeinen Konsens herbeizuführen, empfiehlt es sich dann, den benachteiligten Bereichen Kompensationen anzubieten, etwa die wohlwollende Prüfung der von ihnen favorisierten Projekte (sog. Kuhhandel). 2. Schlichtungsstrategien 2.1 Freiwillige Schlichtung Führen die Uberzeugungsstrategien nicht zum Erfolg, können sich die Entscheidungsträger auf eine Entscheidung von außen, etwa durch einen Schlichter (vgl. 1.2.4.2), einigen, dessen Schiedsspruch allerdings von allen Entscheidungsträgern zu akzeptieren ist. 2.2 Zwangsschlichtung Bei der Zwangsschlichtung wird die Entscheidung vollständig außerhalb des Entscheidungsgremiums getroffen. 3. Manipulationsstrategien 3.1 Überraschung Präsentiert ein Entscheidungsträger - etwa unmittelbar vor der Beschlußfassung - bisher unbekannte Informationen, kann er eventuell die anderen Entscheidungsträger zu einer für sie unüberlegten Entscheidung veranlassen. 3.2 Desinformation Derselbe Effekt läßt sich erreichen, wenn bestimmte Informationen nur teilweise oder über den tatsächlichen Informationsgehalt hinaus aufgebauscht weitergegeben werden. 3.3 Täuschung Durch Vermittlung falscher bzw. halbfalscher Tatsachen läßt sich eventuell eine allseits abgelehnte Alternative doch noch durchsetzen. 3.4 Drohung Der Entscheidungsträger kann durch eine überlegene Machtkonstellation (Koalition) zur Aufgabe seiner Position gezwungen werden. Ein gewisser Drang zum Einsatz von Manipulationsstrategien resultieren aus den betrieblichen Interessenkollisionen, die aus der betrieblichen Dichotomie: Unternehmer hie - Belegschaft dort entstehen (vgl. auch 2.1.1.6). Gewisse "Taktiker" im Betrieb tendieren zur Verwendung von Manipulationsstrategien und erzwingen so Entscheidungen zugunsten von ihnen favorisierten Alternativen, ohne daß dies eventuell sachlich und fachlich begründet ist. Dies wird auf die Dauer in den Entscheidungsgremien nicht widerspruchslos hingenommen. Da diese "Taktiken" die zwischenmenschlichen Beziehungen in den Entscheidungsgremien beeinträchtigen, sind sie deshalb wenig geeignet, die Entwicklung des Unternehmens auf Dauer zu fördern. Eventuell sind "Gegentaktiken" zu entwickeln: wenn etwa unmittelbar vor einer Entscheidung neue, wichtige Informationen auftauchen, ist der Antrag auf Vertagung der Entscheidung zu stellen. Präventiven Effekt können "Bestrafungsstrategien" haben, etwa derart, • daß der "Taktiker" nicht mehr zu bestimmten Konferenzen eingeladen wird, • daß die Konferenztermine so gelegt werden, daß die Konferenzen während seiner Abwesenheit stattfinden, • daß der "Taktiker" "fortgelobt" bzw. in eine andere Organisationseinheit versetzt wird.

504

2. Hauptteil:

Managementlehre

Bei wichtigen Unternehmensentscheidungen sollte ein breiter Konsens gesucht werden, um die Organisation zu einigen und um sie schlagkräftig zu machen. Dazu sind vor allem die Uberzeugungsstrategien geeignet, die alternativ nacheinander einzusetzen sind, bis der Konsens erreicht ist (vgl. Abb. 22-7). Bei anhaltendem Dissens ist eventuell die Entscheidung zu vertagen. So schlug der amtierende Lufthansachef im November 1990 einen hausinternen Bewerber als seinen Nachfolger vor. Dieser stieß zunächst auf Dissens im Aufsichtsrat und wurde erst nach längerer kontroverser Diskussion Mitte Mai 1991 von ihm einstimmig als Nachfolger gewählt. Diese Einstimmigkeit verleiht dem Nachfolger die nötige Autorität für ein schwieriges Amt, da sich damals Lufthansa in einer Krise befand (vgl. auch 1.4.3.4). Abb. 22-7: Konfliktregelung in einem Entscheidungsgremium

Konflikte können in der Organisation auch durch Kompetenzstreitigkeiten entstehen. Derartige Konflikte lassen sich dadurch vermeiden, daß das betriebliche Entscheidungsfeld mit einem an der Höhe der Investitionsbeträge sowie an den Aufgabenbereichen orientierten Entscheidungsraster überzogen wird, das in einem Großunternehmen der Automobilindustrie nach Beobachtungen des Verfassers wie folgt gestaltet war (Stand 1967): Objektwert in DM 0

Genehmigung durch:

-

25.000,- A b t e i l u n g s l e i t e r in V e r b i n d u n g mit d e m Leiter der K o s t e n a n a l y s e (KA); 25.000,- 100.000,- H a u p t a b t e i l u n g s l e i t e r in V e r b i n d u n g mit d e m Leiter der KA; 100.000,- - 250.000,- B e r e i c h s l e i t e r in V e r b i n d u n g mit d e m Finanzdirektor ; 250.000,- - 500.000,- B e r e i c h s l e i t e r in V e r b i n d u n g mit d e m V o r s i t z e n d e n des V o r s t a n d s sowie 500.000,- u n d d a r ü b e r d u r c h d e n A u f s i c h t s r a t . Betriebswirtschaft vs. Technik Im Betrieb sind ständig zwei Beurteilungsstandpunkte grundsätzlicher Natur auszugleichen: der technische Standpunkt und der kaufmännische Standpunkt. Diese sind stets im vollen Ausmaß zu definieren (vgl. Abb. 22-8), die dann in unterschiedlicher Weise zum Tragen kommen können und die beim Kunden unterschiedliche Reaktionen auslösen; • bei technischer Dominanz wird der Kunde mit der Feststellung reagieren: "Leistungsmäßig stark, jedoch preislich unakzeptabel!" • bei kaufmännischer Dominanz mit der Feststellung: "Billig, aber leistungsmäßig unakzeptabel!" und • bei einem Ausgleich von kaufmännischen und technischen Vorstellungen: "Preis und Leistung stimmen!" Bei Gleichwertigkeit der Seiten ergäbe sich ein linearer Ausgleich

2.2 Der

Management-Prozeß

505

Abb. 22-8: Dominanz und Ausgleich von Vorstellungen Kaufmännische Vorstellungen

Technische Vorstellungen

kaufmänni sehe Dominanz Ausgleich

Ausgleich

technische Dominanz Entscheidungslogisches Chaos Der betriebliche Entscheidungsfluß kann durch entscheidungslogisches Chaos behindert sein: Chaossituation A: wenn keine eindeutigen Entscheidungskriterien vorliegen (Kriterienchaos), z.B. bei der Verwendung der Kapitalwertmethode, bei der zusätzlich der Kapitaleinsatz oder auch die Projektlaufzeit gegenüber der konventionellen Anwendung berücksichtigt werden können oder bei der Ermittlung des Gewinnmaximums nach der Grenzkostenanalyse (vgl. 1.1.2.3). Chaossituation B: wenn die Ergebnisse bei einem Leistungstest keine eindeutige Zielerreichung anzeigen (Ergebnischaos): Beurteilungsmäßstäbe Menge Qualität Image Lebensdauer Projekt A 98 105 112 93 Projekt B 102 97 91 107. Chaossituation C: wenn dieOrganisationsteilnehmer heterogene Präferenzen besitzen (Präferenzenchaos), z.B. einige Organisationsteilnehmer sind risikofreudig, andere risikoscheu (vgl. 4.4.4). Chaossituation D: wenn keine eindeutigen Organisationsanweisungen vorliegen (Anweisungschaos), z.B. der Delegationsgeber erläßt mehrdeutige Anweisungen (vgl. 2.1.2.3). Chaossituation E: wenn keine eindeutige Definitione vorliegt (Definitionschaos), z.B. der Konteninhalt in der Buchhaltung ist entweder zu eng, zu weit oder einfach falsch definiert (vgl. 4.2.2.1). Chaossituation F: wenn falsche Wertansätze vorliegen, z.B. an der Kalkulationsbasis wird der Nebenkostenfaktor wird falsch eingegeben, dann kann bei der Zuschlagskalkulation der Kalkulationswert insbesondere bei hohen Zuschlagssätzen in einem Bemessungschaos enden (vgl. 4.2.5.3-5), das Anzeichen eines deterministischen Chaos trägt. Risikoanalyse Bei seinen Entscheidungen ist das Unternehmen häufig in Ungewißheit über die zu erwartenden Umweltsituationen (vgl. 2.2.2.1 - 2.2.2.3) und es muß eventuell mit dem Risiko des Mißlingens (R) rechnen. Dafür läßt sich folgender Risikokatalog aufstellen: 1. Ausfall- bzw. Mißlingensrisiko a) Dieses Risiko ( R a i ) mißt sich generell an der Relation der mißlungenen Versuche mVj (i = 1,2, ...,n) z.B. 23 zu den gesamten unternommenen Laborversuchen Vj (j = l,2,...,m) z.B. 80: (22-4) Rai = mVi/Vj

• 100 = 23/80

• 100 = 28,75%.

b) Eine spezielle Ausfallrisikobemessung ist die MTBF-Berechnung (Meantime-BetweenFailure), welche von der durchschnittlichen Zeit zwischen zwei Ausfällen eines Geräts ausgeht und welche die Ausfallwahrscheinlichkeit des Geräts ausgehend von den Ausfallwahrscheinlichkeiten seiner Baugruppen in 1 Mill. Nutzungsstunden widerspiegelt. Die Fit-Rate (Failure in Time) wird aufgrund von Streßanalysen in verschiedenen Umweltsituationen vorgenommen. Zunächst in den Sechziger Jahren in den USA in der Militär- und Raumfahrtechnik entstanden fand sie in den Siebziger Jahren Eingang in der Flugzeug- und Kernkraftindustrie und wird jetzt zu nehmend in zivilen Bereichen wie Rechner- und Steuerungstechnik zur Zuverlässigkeitssicherung eingesetzt.

506

2. Hauptteil:

Managementlehre

Der MTBF-Wert ist der Abszissenwert der Zuverlässigkeitsfunktion in der Zeit (t): (22-5)

Rs = f ( t ) ,

bei dem nur noch 37% des ursprünglichen Menge an Komponenten intakt ist. Dabei kann sich der Anwender für die Zeit interessieren, von der ab noch 90 von ursprünglich 100 Komponenten intakt sind (vgl. LV 5.25). Die MTBF-Berechnung einer Baugruppe verläuft folgendermaßen: Bauteile A400 A4 03 A3 07 A409 Total

Stückliste 3 2 1 12

Fit-Rate 0,11 0,04 0,04 0,09

Ausfallrate 0,33 0,08 0,04 1.08 1,53

Anteil

am A u s f a l l 21,57% 5,23% 2,61% 70.59% 100,00%

Bei einer Fit-Rate von 1,53 in 1 Million Stunden ergibt sich der (22-6)

MTBF-Wert =

1.000.000/£Fit-Ausfallrate 1 . 0 0 0 . 0 0 0 / 1 , 5 3 = 653.590 Stunden.

Die Zeit zwischen zwei Ausfällen beträgt bei der Baugruppe demnach 653.590h. Nach Angaben des Festplattenherstellers Seagate (vgl. PC Woche, 4. 11. 1991 S. 23) liegt z.B. die MTBF für das Model 9052A für die tragbaren Notebooks bei 150.000 Stunden. 2. Schadensrisiko a) Isolierter Projektschaden Der Schaden läßt sich am Verlustausmaß des für in einem Projekt investierten Kapital mes-sen. Beläuft sich z.B. das investierte Kapital K auf 100.000,-DM, das verlorene Kapital vK auf 80.000,-DM, dann beträgt das Schadensrisiko (Rßl): (22-7)

R ß l = vK/K

• 100 = 8 0 . 0 0 0 / 1 0 0 . 0 0 0

• 100

80%.

b) Projektschaden nach dem Opportunitätskostenprinzip War alternativ aus einem anderen Projekt mit einem sicheren Gewinn von 30.000,-DM zu rechnen (OG), steigt gemäß dem Opportunitätskostenprinzip das Schadensrisiko (Rß2) auf: (22-8)

Rß2 = (vK + O G ) / ( K + O G ) - 1 0 0 = (80.000 + 3 0 . 0 0 0 ) / ( 1 0 0 . 0 0 0

+ 3 0 . 0 0 0 ) - 1 0 0 = 8 4 , 6%.

c) Gesamtanteilsschaden Beträgt das Gesamtkapital des Betriebs (GK) 1 Mill. DM, aus dem das Projekt finanziert wurde, dann beläuft sich der Gesamtanteilsschaden auf (22-9)

Rß31 = vK/GK-100 = 8 0 . 0 0 0 / 1 . 0 0 0 . 0 0 0 - 1 0 0

= 8%.

In der Gesamtbetrachtung relativiert sich der Schaden also erheblich. Auch hier kann der OpportunitätskostenefFekt bei der Bemessung des Schadensrisikos berücksichtigt werden: (22-10)

Rß32 = (vK + OG)/(GK + OGJ-IOO = (80.000 + 3 0 . 0 0 0 ) / ( 1 . 0 0 0 . 0 0 0

+ 30.000)

= 12,6%.

d) Der Spielwert (Sw) spiegelt das Verhältnis zwischen der bei einem Spiel z.B. Lotto wiederausgeschütteten Spielsumme (aS) z.B. 0,4 Mill. DM und dem Spielereinsatz (SE) 1,1 Mill. DM wider: ( 2 2 - 1 1 ) Sw = a S / S E • 100 = 0 , 4 / 1 , 1 • 100 = 3 6 , 4 % .

2.2 Der

Management-Prozeß

507

Der Spielwert beim Roulette beträgt vergleichsweise: (22-11) Sw = 36/37

• 100 = 97,3%.

Dann beträgt das komplementäre "Schadensrisiko" der Spieler z.B. beim Lotto: (22-12) Rß4 =

(SE - aS)/SE-100 = (1,1 - 0,4)/l, 1-100 = 63,6%.

Risikomindernde Handlungsprogrammierung - Prototyping Um sich risikoadäquat zu verhalten, setzen die Unternehmen verschiedene risikominimierende Entscheidungsstrategien ein: • sie fuhren sicherheitsmäßige Äquivalente ein, z.B. Zuschläge bei den Kosten, Abschläge bei den Erträgen oder Erhöhung des rentabilitätsmäßigen Anspruchsniveaus um einen RisikopufFer (vgl. auch 4.4.3.3, 3.7.6.1), dabei kann allerdings dasselbe Risiko gleich mehrfach veranschlagt werden; • sie fuhren ein doppeltes Entscheidungskriterium ein (vgl. 4.4.4.1): Wahrung einer Mindestrendite + Einhaltung einer maximalen Amortisationsdauer; • sie verwenden sog. Backup-Lösungen (vgl. 3.6.1.3); • sie fällen sequentielle Entscheidungen, wobei auf jeder Stufe geprüft wird, ob es sich lohnt, das Projekt weiterzuführen (vgl. 3.1.1. und 3.6.1.2). Die sequentielle Entscheidungstechnik zeigt eine gewisse Verwandtschaft zu der in der Literatur vertretenen Ansicht des betrieblichen Inkrementalismus, wonach die Unternehmen sich bei ihren Entscheidungen nur schrittweise fortbewegen. Bezüglich der Struktur der betrieblichen Entscheidungsprozesse lassen sich zwei Thesen aufstellen: These A: Nach Lindblom verfolgen die Unternehmen die Methode des Durchwursteins (muddling through) (vgl. LV 2.42); These B: Die Unternehmen verfolgen die Methode des Prototypings. Den Methoden dieser Thesen lassen unterschiedliche Eigenschaften zuordnen: Muddling Through Prototyping -

ziellos zufallsabhängig unstrukturiert eigenwillig unrational

- zielorientiert - gerichtet - strukturiert - verbesserungswillig - rational.

Wegen der Unstrukturiertheit eignet sich das Muddling Through eher für kreative Lösungen und das Prototyping vornehmlich für konventionelle Lösungen, so daß es sinnvoll sein kann, dem Prototyping eine Muddling-Through-Phase als Abtast-(Such-)Phase vorzuschalten. Die sequentiellen Entscheidungen in der betrieblichen Praxis sind an jeweilige technische Voraussetzungen geknüpft, z.B. an den Erfolg oder Mißerfolg eines Prototypentests, so daß die volle Rationalität der betrieblichen Entscheidung jederzeit gegeben ist. Allerdings ist das betriebliche Entscheidungsfeld häufig höchst komplexer Natur, so daß wegen eines eventuellen entscheidungslogischen Chaos (vgl. oben) eine eindeutige Optimierung der Entscheidung auf Anhieb nicht immer möglich ist. Durch ein solches entscheidungslogisches Chaos tasten sich die Unternehmen mit Hilfe von Studien (vgl. 4.4.5.4), welche Pro-Forma-Entscheidungen unter gewissen Voraussetzungen simulieren, um so im Wege der Ex-Ante-Kontrolle vor Überraschungen gesichert zu sein und das Entscheidungsrisiko zu minimieren. Das Wirtschaftsleben ist demnach weniger durch das ziellose Muddling Through gekennzeichnet als vielmehr durch das zielgerichtete Prototyping nach dem Trial and Error-Prinzip (vgl. 1.1.2.3) in zwei Phasen: • Suchphase: am Anfang der Entscheidungsfindung steht gewöhnlich ein grobes Abtasten des gesamten potentiellen Entscheidungsfeldes zur Auffindung einer aussichtsreichen Alternative, eventuell sogar einer Gruppe von "interessanten" Alternativen; • Optimierungsphase: diese Alternative(n) wird(werden) im Wege des Prototyping solange verbessert, sie dem betrieblichen Anspruchsniveau genügt(genügen).

508

2. Hauptteil: Managementlehre

Allerdings steigen beim Prototyping mit steigendem Perfektionsgrad zunehmend die Kosten. Dies wird deutlich an einem Beispiel von Ph. Kotler (vgl. LV 1.48 S. 324f.) zur Entwicklung von Neuproduktideen beginnend nach einer Vorauswahl von 64 Ideen (vgl. Tab. 22-5), wobei die Zahl der übrig bleibenden Ideen (ÜI) abhängig ist von der stufenabhängigen Weiterfuhningsquote (WQ). Tab. 22-5: Prototyping von Produktideen (in Dollars) Perfektionsgrad ÜI WQ K o s t e n p r o Idee Vorauswahl 64 1,. 000 1:4 Konzept-Testen 16 1:2 20 ,.000 Produktentwicklung 8 200 ,.000 1:2 Testmarketing 4 500 ,.000 1:2 Einführunq 2 1:2 5.000..000 Total K o s t e n 5.721,.000

Gesamtkosten 64.000 320.000 1.600.000 2.000.000 10.000.000 13.984.000

Grundsätzlich kann das Suchprototyping folgende Verläufe nehmen (vgl. Abb. 22-9): • Einphasiges Reduktionsprototyping, bei dem kontinuierlich als wenig aussichtsreich angesehene Alternativen ausgeschieden, die verbliebenen Alternativen jedoch kontinuierlich tiefer in ihrem Leistungspotential ausgelotet werden, bis eine oder wenige Alternativen übrig bleiben, die dem Anspruchsniveau entsprechen oder es übertreffen, bzw. keine, wenn alle das Anspruchsniveau verfehlen (vgl. das von Ph. Kotler gegebene Beispiel); • Zweiphasiges Reduktions-Explosions-Prototyping, bei dem sich ein Sattelpunkt derart ergibt, daß sich an ein erfolgreiches Reduktions-Prototyping, bei dem eine oder mehrere Alternativen geortet werden, die dem Anspruchsniveau mehr als genügen, eine weitere Prototypingphase anschließt, in der die als erfolgversprechend angesehene(n) Alternative(n) in verschiedene Umweltsituationen gestellt und/oder unter verschiedenen Leistungsaspekten untersucht wird (werden), so daß sich das potentielle Entscheidungsfeld explosionsartig wieder ausweitet; so entstanden bei einer Rentabilitätsuntersuchung eines komplexen betrieblichen Produkt- und Kapazitätserweiterungsprogramms, an der der Verfasser teilnahm, aus drei ausgesichteten Grundalternativen in Dreier-Schritten siebenundzwanzig Entscheidungsalternativen nach folgendem Algorithmus: 3-3-3 = 27 (vgl. 4.4.3.3 B.), wobei sich die Zahl 3 aus der differenzierten Lage der Konstrukte: hoch - mittel - tief ergibt. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-43 in Abschnitt 2.3! Abb. 22-9: Alternative Verläufe des Such-Prototypings a)

Reduktions-Prototyping A

Alternativen

Legende:



b) A

Reduktions-Explosions-Prototyp.

Anspruchsniveau erreicht

Zeit • = Prototyping-Alternativen o = Entscheidungsalternative

Sattelpunkt

Zeit

2.2 Der Management-Prozeß

509

2.2.4.3 Realisationsphase V. Subphase: Durchsetzungsphase Informationsvermittlung In der Durchsetzungsphase geht es normalerweise im Betrieb • um Informationsvermittlung bezüglich der getroffenen Entscheidung, • um Anweisung zur Auftragsdurchführung und • um Motivation der mit dem Auftrag befaßten Mitarbeiter. Die getroffene Entscheidung ist der Belegschaft mitzuteilen und eventuell bei ihr durchzusetzen. Ist die Entscheidung in höchsten Entscheidungszirkeln getroffen worden, etwa im Aufsichtsrat/Vorstand, ergehen sog. Führungsmitteilungen (Executive Communications) an die nachgeordneten Führungsinstanzen, • die Art und Umfang der zu treffenden Maßnahmen, • die angestrebten Ziele, • den Mitteleinsatz und • die Verantwortlichkeiten umreißen. Sie entsprechen in etwa den Gesetzen der Parlamente und sie werden - ähnlich den darauf aufbauenden Richtlinien zur Durchführung der Gesetze - ergänzt durch Anweisungsschreiben, welche den von der Entscheidung betroffenen Abteilungen konkrete Informationen über ihre neuen Aufgaben übermitteln z.B. bezüglich der Termine, der Qualität der Leistung. Im kooperativ geführten Betrieb werden Änderungen an den Arbeitsplätzen nicht einfach durch Befehle weitergegeben, sondern die Mitarbeiter werden zu einem Dienstgespräch zum Vorgesetzten gebeten. Um das Verständnis beim Mitarbeiter für die Aufgabenänderung zu wecken, wird der Vorgesetzte gewisse Hintergrundinformationen vermitteln. Die Mitarbeiter erhalten über Lernfragen zusätzliche Erläuterungsinformationen. Sie können auf Unverträglichkeiten zwischen Aufträgen und Kapazitäten hinweisen, so daß "unten" an der Mitarbeiter-/Ausfuhrungsbasis Anpassungsentscheidungen zu treffen sind. Motivation der Mitarbeiter durch die Vorgesetzten Von der Motivation der Mitarbeiter in der "Durchsetzungsphase" hängt wesentlich der Ausführungserfolg ab. Eine Motivation der Mitarbeiter kann erreicht werden, • indem den Mitarbeiter die Bedeutung der Aufgabenerfüllung für den Betrieb klar gemacht wird, • indem ihnen Lohn- bzw. Beförderungsanreize angeboten werden etwa durch Akkordsätze. Änderungen führen gewöhnlich zu Widerständen in der Organisation. Der Widerstand kann von Einzelpersonen kommen, aber auch von Gruppen. Die Gründe sind verschiedenster Art, haben aber den gemeinsamen Nenner "Angst": • Angst vor dem Neuen an sich etwa Angst vor Versagen bei der An-/Verwendung des Neuen; • Angst vor dem eventuellen Verlust erworbener Positionen etwa bei einer Fusion; • Angst vor dem Verlust der vertrauten Gruppenzugehörigkeit durch Versetzung, etc. Diese Existenzängste und die daraus resultierenden Blockaden lassen sich durch tiefgreifende Information abbauen, und zwar am Besten im Wege einer "Vorwärtsverteidigung", indem die Betroffenen schon in die Änderungsplanung einbezogen werden durch sog. konsultative bzw. partizipative Führung (vgl. 2.1.3 .5 und Abb. 22-5). J. Hauschildt nennt zwei Widerstandbarrieren bei Änderungen (vgl. LV 3.8a S. 95f.): • Barriere des Nichtwissens, die durch Information zu überwinden sei; • Barriere des Nichtwollens, die aus der generellen Angst - vor unüberschaubaren Veränderungen oder - vor konkreten Verschlechterungen der individuellen Bedürfnisbefriedigung herrühre. Nach E.H. Schein können solche Ängste paradoxerweise nur durch eine größere Angst, der vor drohenden negativen Konsequenzen überwunden werden (vgl. LV 2.68a zitiert nach LV 3.25 S. 356). Damit im Betrieb kein kontraproduktives Angstklima bei notwendig erachteten adaptiven wie innovativen Änderungen entsteht, welches den angestrebten Erfolg in Frage stellen könnte, sind geeignete Maßnahmen der Organisationsentwicklung, des Coachings zu verwenden, eventuell ist ein geeigneter Change Agent (vgl. 2.1.4.9/10), wobei an den oben angeführten Ängsten anzusetzen ist, oder ein Umsetzungssupport-Programm einzusetzen (vgl. 3 .1.13).

510

2. Hauptteil:

Managementlehre

Refa weist den Führungskräften bei der Erzeugung der Leistungsbereitschaft bei den Mitarbeitern folgende Aufgaben zu: • deutliche und klare Formulierung der Aufgabenstellung, damit der Mitarbeiter weiß, was auf ihn zukommt, so daß er nicht überrascht wird; • Zusammenhang zwischen Leistung und höhere Anerkennung herausstellen; • Aufgaben derart gestalten, daß der Mitarbeiter die Aufgabenstellung mitbeeinflussen kann; • die Aufgabenstellung im Zusammenhang mit dem Betriebsganzen erklären; • die Fähigkeiten des Mitarbeiters realistisch einschätzen, damit es weder zu Unter- noch zu Überforderungen kommt; • geeignete Rückmeldesysteme schaffen z.B. Arbeitsgruppen mit Teamcharakter; • gute Arbeitsunterweisungen zur Erzeugung von Sicherheit fördern. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-44 in Abschnitt 2.3! VI. Subphase: Ausführungsphase Planung und Regelung Die Ausfiihrungsphase beginnt mit der Feinplanung, wenn die Entscheidung auf einer Grobplanung beruhte. Die Feinplanung erfolgt gewöhnlich unter Einbeziehung von Stäben z.B. der Arbeitsvorbereitung (vgl. 3.4.2.2). Zur Feinplanung einmaliger Vorgänge, z.B. von Projekten, eignet sich das Gantt-Diagramm mit balkenförmigen Kapazitätsbelegungsstrahlen und bei komplexeren Projekten die Netzplantechnik (vgl. 3.6.3.2). Die Vornahme wiederkehrender Handlungen ist gewöhnlich in Richtlinien und Dienstanweisungen geregelt und in sog. Unternehmenshandbüchern niedergelegt. Für die Einführung derartiger Handbücher spricht, • daß die Arbeitsergebnisse standardisiert und deshalb vorausberechenbar sind, • daß neue Mitarbeiter sich leichter selbst in ihr Aufgabengebiet einarbeiten können und daß der Vorgesetzte so entlastet wird, • daß die Arbeitsverfahren ständig überprüft und effizienter gestaltet werden können, • daß Anordnungslücken erkennbar sind. Allerdings verlieren die Mitarbeiter bei allzu straffer Regelung häufig an Improvisationsvermögen, außerdem wird die Ausfuhrung schematisiert, so daß kreative Abweichungen unterbleiben. Konkret beginnt die Ausführungsphase mit der Umstellung der Betriebsmittel auf die neuen geplanten Abläufe. Ist dies erfolgt, kann der erste Probelauf beginnen. Entspricht der Probeversuch den Erwartungen, kann die Abarbeitung der Arbeitsaufträge beginnen. Passen z.B. die neubeschafften Werkzeuge nicht, ist eine Änderungsentscheidung der Entscheidungsinstanz im Wege des Feedback zu treffen (vgl. Abb. 22-4). Eigendynamik der Auswirkung von Prognosen Nach dem Soziologen Robert K. Merton (vgl. LV 2.53), der in bewußter Abkehr von T. Parsons' "großer Theorie" die Formulierung von "Middle Range Theories" unter Verknüpfung von strukturell-funktionaler Analyse und empirischer Sozialforschung forderte, können Prognosen sowohl von Individuen wie von Gruppen über bestimmte Leistungsergebnisse eine Eigendynamik entwickeln, und zwar in zwei konträre Richtungen: • Self-Fulfilling-Prophecy. Nach Mikl/Horke beruht die Self-Fulfilling Prophecy "auf einer zunächst falschen Situationsdefinition, die aber ein Verhalten hervorruft, welches eine Sachlage erzeugt, die die Situationsdefinition bestätigt" (LV 1.62 S. 218). Hier sind zwei Unterfälle zu unterscheiden: - Negative Dynamik. Wenn z.B eine Betriebsgruppe die Auffassung äußert, sie könne einen Auftrag nicht in der gesetzten Frist ausfuhren, kann dieses an sich unerwünschte Ereignis durch durch die Prophezeiung entstandene Mutlosigkeit tatsächlich eintreten. - Positive Dynamik. Wenn z.B. ein Außendienstmitarbeiter sich in einer scheinbar aussichtslosen Kokurrenzsituation befindet und dennoch prophezeit, den angestebten Auftrag zu bekommen, kann er sich dadurch so stark anregen, aufbauen und Mut machen, so daß er eventuell doch noch diesen Auftrag erhält.

2.2 Der Management-Prozeß

511

• Self-Destroying-Prophecy auch Suicidal Prophecy genannt. Nach Mikl/Horke wird "hierbei... eine an sich richtige Prognose durch das Verhalten, das sie auslöst, nicht bestätigt, sie zerstört sich selbst" (ebenda S. 218f ). Wenn z.B. von der Unternehmensleitung die Annahme geäußert wird, einige Betriebsteile müßten mangels Aufträge in absehbarer Zeit geschlossen werden, kann das dazu fiihren, daß verstärkt Aufträge akquieriert werden und daß so keine Betriebsteile aufzugeben sind. Point-of-no-Return (PONR) Je mehr das Unternehmen in ein Projekt investiert, um so näher rückt der Punkt, von dem an keine wirtschaftlich sinnvolle Rückkehr zum Status quo mehr gibt. Dieser Punkt wird als Pointof-no-Return bezeichnet (vgl. auch 1.4.1.1) und ist dadurch gekennzeichnet, daß von nun an der Schaden durch einen eventuellen Projektabbruch (eS) größer als der zukünftig zu erwartende Nutzen (QN): (22-13)

PONR = ES > QN.

Allgemein läßt sich sagen, daß der Point-of-no-Return erreicht ist, wenn beim Projekt der kapitalisierte Nutzen in der Zeit (kN t ) die in der Zeit für das Projekt sich kumulierenden Investitionen (kl t ) übersteigt (vgl. Abb. 22-10). Abb. 22-10: Point-of-no-Return kN kl

kNt

-

kit

kN'

->t PONR KPiN

Ist dagegen aufgrund eines Projekt-Audits zu erwarten, daß der künftige Nutzen kleiner ist als der Schaden durch einen Projektabbruch, ist der Projektabbruch (PA) zu befürworten. (22-14)

PA =

[(eN

+ ZN)

- vK]

< LE.

Dabei sind: - bisherige Investition (bl) z.B. 2,5 Mio. DM; - daraus zu erwartender Nutzen (eN) z.B. 0,4 Mio. DM; - Liquidationserlös bei Projektabbruch (LE) z.B. 0,7 Mio. DM; - notwendige Vollendungskosten (vK) z.B. 1,5 Mio. DM; - daraus zu erwartender zusätzlicher Nutzen (zN) z.B. 2,3 Mio. DM. Da [(0,4 + 2,3) - 1,5] > 0,4, ist hier ein Projektabbruch nicht zu befürworten. Das Projekt kann wegen Aufkommen neuer Technologien überholt sein. Dann wird die Nutzenfunktion des Projekts nicht ständig steigen, sondern sich nach einem Kulminationspunkt (KP^) ständig senken (kN' t ). Dann sollte das Projekt sofort nach dem Kulminationspunkt abgebrochen werden. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-45 in Abschnitt 2.3!

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2. Hauptteil: Managementlehre

VII. Subphase: Kontrollphase Formen der Kontrolle Die betrieblichen Prozesse sind zu überwachen. Nach W. Lück (vgl. LV 1.57 S. 911) besteht die betriebliche Überwachungsfunktion aus einer Doppelfunktion: 1. der Subüberwachungsfunktion der Prüfung, die auch Revision genannt wird und die prozeßunabhängig ist (vgl. 3.7.7.3, 4.1.4.6); 2. der Subüberwachungsfunktion der prozeßabhängigen und prozeßintegrierten Kontrolle. Die Betriebskontrolle ist in verschiedenen Formen möglich: • Bei der 100%-Kontrolle werden alle hergestellten Leistungen überprüft, ob sie dem vorgegebenen Standard entsprechen. Das ist allerdings nur bei der sog. zerstörungsfreien Prüfung möglich. • Die Stichprobenkontrolle ist erforderlich, wenn durch die Prüfung die betriebliche Leistung zerstört wird. • Die sog. Ex-Post-Kontrolle erfolgt im Wege des Soll-Ist-Vergleichs nach Abschluß der einzelnen Betriebsprozesse. • Die begleitende Leistungskontrolle ist bei der Überwachung der Leistungserstellung in Chargen bzw. Serien der Ex-Post-Kontrolle vorzuziehen, da sonst keine Steuerung der Leistungserstellung möglich ist, so daß eventuell mangels Qualität größere Stückzahlen vernichtet bzw. aufgebessert werden müssen. Nach B. Tietz (vgl. LV 6.32 S. 687) sind bei der Aufstellung von Kontroll-"Modellen" im technischen Bereich folgende Maßnahmen erforderlich (vgl. auch SPC in 3.4.1.5): 1. die Formulierung der relevanten Fragestellungen, 2. die Formulierung der relevanten Prüfgrößen, 3. die Auswahl der Maßstäbe zur Messung der Prüfgrößen, 4. die Entscheidung über die zulässigen Toleranzen für die Maßgrößen, 5. die Auswahl eines technischen Verfahrens zur Durchfuhrung der Messungen, 6. die Auswahl eines technischen Verfahrens zur Anzeige des Uberschreitens der Toleranzen, 7. die Durchfuhrung der Messungen, 8. die Auswertung der Meßergebnisse. Die Überwachung der Betriebstätigkeit kann im humanen Bereich in zwei Formen erfolgen: • Fremdüberwachung. Sie liegt vor, wenn Auftragsausführung und Auftragsüberwachung getrennt von verschiedenen Personen- vom Vorgesetzten des Mitarbeiters und/oder von einer "neutralen Stelle" etwa der Statistischen Qualitätskontrolle - durchgeführt werden (vgl. 3.3.1.4). Fremdüberwachung ist erforderlich, - um Fehler bei noch nicht vollständig eingeführten Mitarbeitern zu vermeiden, - um allgemeine Fehlerquellen zu erkennen, - um nach außen zu dokumentieren, daß eine Überwachung stattgefunden hat, etwa beim Testat des Wirtschaftsprüfers gegenüber den Kapitaleignern und gegenüber staatlichen Stellen. Größere Motivationsverluste beim ausführenden Individuum lassen sich vermeiden, wenn nicht der Überwacher, sondern es selbst eine etwaig erforderliche Fehlerkorrektur vornimmt; dann bleibt der festumrissene Aufgaben-, Arbeits- und Verantwortungsbereich intakt. Eine eigenhändige Fehlerkorrektur durch den Vorgesetzten liefe auf eine partielle Rückdelegation hinaus (vgl. 2.1.2.3). • Selbstüberwachung. Bei ihr vereinigen sich ausführende und kontrollierende Funktion in einer Person. Selbstüberwachung weist eine Reihe von Vorteilen auf: - Es entfallen längere Wartezeiten, weil das Individuum keine Meldung erstattet und das Kommen des Vorgesetzten bzw. eines Dritten abwartet, sondern sofort selbst die Fehlerkorrektur vornimmt. - Es entstehen keine Transportzeiten, da die Korrektur danngewöhnlich an Ort und Stelle des Werkstücks, der Belegablage, etc., erfolgt. - Selbstüberwachung stärkt das Selbstwertgefühl des Mitarbeiters und befähigt ihn zu besseren Leistungen, so daß Fehler seltener auftreten und deshalb die Leistung noch weiter steigt. Die Selbstüberwachung wird deshalb immer mehr für gutausgebildete Mitarbeiter als das geeignete Instrument angesehen, Arbeitsperfektion(Qualität) und Arbeitsleistung (produzierte Menge) zu steigern (vgl. 1.2.4.7, 3.4.1.2). Für den Mitarbeiter bedeutet es Job Enrichment, wenn er zusätzlich zur Arbeitsausfiihrung auch die Überwachungsfünktion ausfüllt. Da in einem solchen Fall die Fehlerbehebung gewöhnlich nicht dokumentiert und zum Nutzen der Gesamtheit ausge-

2.2 Der

Management-Prozeß

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wertet wird, empfiehlt es sich, Qualitätszirkel einzurichten (vgl. 3.4.2.1), damit die Mitarbeiter dort ihre Erfahrungen mit der Fehlervermeidung weitergeben und sich dadurch persönlich profilieren können. Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen Die Menge und die Qualität der innerbetrieblichen Leistung hängt sowohl vom Leistungsstand der technischen Apparatur wie auch vom Leistungsstand der Mitarbeiter ab: • Leistungsstand der technischen Apparatur. Er ist im akzeptablen Zustand zu halten, - indem die Maschinen von Zeit zu Zeit neu justiert werden, - indem schartige Werkzeuge neu geschliffen werden, - indem unbrauchbare Werkzeuge und Geräte ersetzt werden, - indem leistungsfähigere Technologien eingeführt werden. • Leistungsstand der Mitarbeiter. Die Motivation der Mitarbeiter kann der Vorgesetzte im gewissen Maße durch Lob und Tadel in verstärkten Stufen steuern: - Bei ständigen guten Leistungen wird der Vorgesetzte den Mitarbeiter nicht nur loben, sondern ihm positive Sanktionen zukommen lassen: Gehaltserhöhungen, Erhöhung der Gestaltungsfreiheit am Arbeitsplatz und ihn schließlich zur Beförderung vorschlagen. - Umgekehrt stehen dem Betrieb bei dauernden Schlechtleistungen negative Sanktionen Ermahnungen - Nichtloben ist eine subtile Form des Tadels und deshalb geeignet, bei empfindlichen Personen die Leistungsbereitschaft zu erhöhen, Warnungen, Strafversetzung, Kürzung übertariflicher Zulagen und disziplinarische Maßnahmen wie Abmahnungen, Kündigung zu. Versetzung und Entlassung aus disziplinarischen Gründen sind eventuell nur mit Zustimmung des Betriebsrats möglich (vgl. 2.1.1.6). Auch die Menge und vor allem die Qualität der von außen zu beziehenden Leistungen kann der Betrieb durch einen Katalog von Maßnahmen steuern. Schlechtleistungen sind am Besten durch juristische Maßnahmen zu vermeiden: durch Mahnung (§§ 284ff. BGB), durch Mängelrüge (§§ 459fF. BGB) etwa durch Wandlung oder durch Nachbesserung gemäß § 462 BGB, durch Vertragsstrafen (§§ 339fF. BGB), durch Vertragskündigung (§ 467 BGB), bei Auftreten von Folgeschäden Schadensersatzforderung wegen fehlender Sorgfalt (positive Vertragsverletzung gemäß § 242 BGB bzw. gemäß § 823 BGB im Rahmen der sog. Produkthaftung, s. Kapitel 1.1.1.2). Gute Leistungen lassen sich u.a. durch prompte Bezahlung, durch Ankündigung von Anschlußaufträgen, durch Ausloben von Erfolgsprämien (vgl. 3.7.1.6) u.a.m. stimulieren. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-46 in Abschnitt 2.3!

2.2.5 Überprüfen und Verbesserung von Prozeßabläufen - Business Reengineering 2.2.5.1 Stabilisierung und Verbesserung von Prozeßabläufen Die Stabilisierung und die Verbesserung von Prozeßabläufen in der Fertigung wie bei den Dienstleistungen (der Verwaltung) hängt ab • von der Verwendung geeigneter Werkzeuge (Tools), • von der Vornahme geeigneter Messungen, • von der systematischen Auswertung der Messungen und Fehlerfeststellung; • von der systematischen Ergründung der Fehlerursache und • von der systematischen Abstellung von Fehlerursachen. J H. Runge nennt folgende Vorausetzungen im Einzelnen für gute Ergebnisse in der Prozeßarbeit (vgl. LV 5.29b S. 73): • Definition der Aufgabe/Zielsetzung des Prozesses, Beschreibung des Umfangs (Beginn und Ende), Zuordnung der Verantwortung und Etablierung der wichtigsten Kennziffern; • Darstellung des Prozeßablaufs unter Berücksichtigung der beteiligten Funktionen sowie der wichtigsten Datenverarbeitungsverfahren; • Definition der entscheidenden Erfolgsfaktoren und Erkennen von Schwachstellen; • Analyse der größten Schwachstellen und deraus abzuleitenden Prozeßverbesserung;

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2. Hauptteil:

Managementlehre

• Erstellen einer Prozeßdokumentation und von Leistungsvereinbarungen zwischen den beteiligten Prozessen bzw. Funktionen; • Erkennen von Fehlerursachen und deren Bereinigung aufgrund der Meßergebnisse; • Ermitteln der Prozeßkosten sowie die Berechnung der Kosten pro Leistungseinheit (vgl. 4.3.4.2). Da die Funktionen gewöhnlich die betrieblichen Organisationsgrenzen überschreiten und deshalb die Gefahr bestehe, daß Prozeßziele wie Fehlervemeidung, ständige Funktionsverbesserung und Zyklusverkürzung an Abteilungs- oder Funktionsdenken scheiterten, seien organisatorische Maßnahmen vorzunehmen: - Verantwortliche für Gesamtprozesse zu benennen; - Schnittstellenvereinbarungen zu erstellen. 2.2.5.2 Business Reengineering Zielsetzung des Business Reengineering Schon aus Konkurrenzgründen sind die Unternehmen gezwungen, die Betriebsprozesse nicht beim Erreichten stehen zu lassen, sondern sie im Wege des Prototyping zu verbessern (vgl. 1.1.2.3). Das Prototyping kann sich in der Intensität unterscheiden • nach "sanftem Prototyping" etwa dem japanischen Kaizen durch kontinuierlich-evolutorische Verbesserung, beim Volkswagen Konzern als kontinuierlicher Verbesserungsjjrozeß (kVP) bezeichnet, (vgl. 1.3.1.1, 2.1.1.8) und • nach "radikalem Prototyping", wozu vor allem das Business Reengineering, eine neuerlich diskutierte betriebliche Innovationstechnologie gezählt werden kann, das demnach ein Kontrapunkt zum inkrementalen, in kleinen Schrittten vorgehenden Kaizen darstellt. Als grundsätzliche betriebswirtschaftliche Zielsetzung des Business Reengineering (BR) wird vom Autorenpaar Hammer - Champy angesehen (vgl. LV 2.27b S. 12f.), - die bestehenden Betriebsprozesse nicht - weiter - zu optimieren, sondern - radikal völlig neue Betriebsprozesse zu konzipieren und zu implementieren. Business Reengineering ist deshalb dann anzusetzen, wenn kleine - inkrementale - Schritte bei den Betriebsprozessen einen frontalen Konkurrenzeinbruch nicht mehr eindämmen können. Das Autorenpaar Andrews - Stalick charakterisiert den kontinuierlichen Verbesserungsprozeß und das Business Reengineering gegenüberstellend durch folgende Attribute (vgl. LV 2.1b S. 214): kontinuierlicher Verbesserungsprozeß: Business Reengineering: •schrittweise Ä n d e r u n g e n «radikale Ä n d e r u n g •geringe I n v e s t i t i o n e n »hohe i n v e s t i t i o n e n •Fokus auf M e n s c h e n u n d Prak»Fokus auf M e n s c h e n u n d Techtiken nologie •Verbesserung v o n B e s t e h e n d e m »Abriß u n d W i e d e r a u f b a u •Antrieb v o n der Basis «Antrieb v o n oben. Die jeweiligen spezifischen Betriebsprozesse entlang der elementaren Wertschöpfungskette (vgl. 3.0) sind - ähnlich Projekten (vgl. 3.6.0) - durch einen Anfang und ein Ende gekennzeichnet (vgl. LV 2.27b S. 154): • Produktentwicklung: Entwurf bis Prototyp; • Verkauf: Kundenanfrage bis Auftrag; • Auftragsabwicklung: Auftrag bis Zahlung; • Kundendienst: Anfrage bis Problemlösung. Der geistige Ansatz mit der Nullstellung des Gegenwärtigen beim BR ähnelt damit dem ZeroBase-Budgeting (vgl. 4.3.5.8). BR und ZBB unterscheiden sich jedoch dadurch, • daß das ZBB von einer Nullstellung der Unternehmensprozesse überhaupt ausgeht und dabei fragt: Was ist unbedingt notwendig? und • daß das BR die vorhandenen Betriebsprozesse zwar nicht in Frage stellt, dafür allerdings fragt: Wie können Betriebsprozesse unter Vernachlässigung aller tradierter Vorstellungen von Grund auf mit Gegenwartstechnologien im Wege eines diskontinuierlichen Denkens neuaufgebaut werden?

2.2 Der Management-Prozeß

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Die besonderen Vorteile des Business Reengineering sind darin zu sehen, - daß geistige Barrieren radikal niedergerissen werden, - daß so die Kreativität unbeschränkt freigesetzt wird, - daß das Unternehmen so zum Neuanfang ansetzen kann. Dem stehen als besondere Nachteile des Business Reengineering gegenüber, - daß das radikale Betreten von Neuland mit beträchtlich höheren Risiken behaftet ist als das sanfte Prototyping durch Kaizen, - daß deshalb auch der Gesamtaufwand größer sein wird als beim Kaizen. Fraglich ist auch, ob sich positive Resultate schneller durch Kaizen oder durch Business Reengineering erzielen lassen; radikale Umgestaltung benötigt nicht zuletzt wegen einer längeren Planungsphase zur Sicherstellung des Erfolgs eine längere "Anlaufzeit". Radikale Änderungen auf längere Sicht im Unternehmen lassen sich durch Mentalitätsänderungen durchfuhren, die dann in einer neuen Arbeitswelt resultieren (vgl. ebenda S. 90ff): • Arbeitsstellen ändern sich - einfache Aufgaben werden durch multidimensionale Berufsbilder ersetzt. • Die Rolle der Mitarbeiter verändert sich - die Kontrolle weicht dem "Empowerment", was der Ermächtigung zum selbstverantwortlichen Handeln mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen entspricht. • Die Vorbereitung auf die Aufgabe ändert sich - vom Anlernen zu Aus- und Weiterbildung. • Konzentration auf meßbare Leistungsgrößen und Veränderung der Vergütungsgrundlage nach Ergebnissen, nicht nach Tätigkeit. • Beförderungskriterien ändern sich - statt Leistung zählen Fähigkeiten. • Wertvorstellungen ändern sich - von Positionsabsicherung zu Produktivität. • Organisationsstrukturen ändern sich - die Hierarchie weicht der flachen Organisation. • Verantwortliche Manager verändern sich - vom Punktezähler zur Führungspersönlichkeit. Derartige Mentalitätsänderungen im Rahmen des Business Reengineering sind meßbar etwa an der Änderung der Zahl der Verbesserungsvorschläge; so stieg die Zahl der Verbesserungsvorschläge bei Porsche von 17 auf 2.000, als dieses Unternehmen ein Team von japanischen Rationalisierungsexperten einstellte, weil der Absatz von ca. 50.000 auf unter 13 .000 Einheiten gesunken war und als dieses japanische Experten-Team ankündigte, Porsche in zwei Jahren im Kleinserienbau produktiver als Toyota zu machen (vgl. LV 5.2a). Organisatorische Strukturierung des Business Reengineering Nach Erfahrungen des Autorenpaars Hammer - Champy aus vergangenen durchgeführten Business Reengineering Projekten spielen Auswahl der Menschen und Strukturierung der Organisation eine entscheidende Rolle für den Erfolg des Business Reengineering als Change Management (LV 2.27b S. 134ff). Sie schlagen vor, beim Business Reengineering bestimmte Personen in folgenden Rollen getrennt oder in unterschiedlichen Kombinationen einzusetzen: • Leader. Er soll als Mitglied des Top Managements genügend Autorität besitzen, - die Organisation völlig umzustellen und - gleichzeitig Führungskräfte und untergeordnete Mitarbeiter zu überzeugen, diesen radikalen Bruch mit der Vergangenheit zu akzeptieren. • Prozeßverantwortlicher. Er trägt die Verantwortung für den spezifischen Unternehmensprozeß und für das ihn betreffende Reengineering-Vorhaben. • Reengineering-Team. Die Gruppe von Personen, die für ein bestimmtes Reengineering-Vorhaben aktiv tätig ist, - indem es den gegenwärtigen Prozeß diagnostiziert, - indem es das Redesign entwickelt und - indem es den neuen Prozeß implementiert. Hilfreich kann es sein, gleichzeitig zwei Reengineering-Teams für ein Vorhaben einzusetzen (vgl. LV 2.27b S. 253), - wobei Reengineering-Team A laufend neue Ideen liefert und - wobei Reengineering-Team B diese Ideen in der Praxis überprüft und verfeinert. • LenkungsauschuD. Das aus höheren Führungskräften bestehende Gremium (vgl. 3.4.2.1) trifft Richtlinienentscheidungen, - entwickelt die Reengineering-Strategie für das Unternehmen und - überwacht die Reengineering-Vorhaben. • Reengineering-Zar (ähnlich den Chusas in japanischen Unternehmen, vgl. 3 .0). Ein Unternehmensmitarbeiter, der zuständig ist, - für die Entwicklung von Reengineerings-Techniken und Werkzeugen, - für die Realisierung von Synergien zwischen den einzelnen Reengineerings Teams. Diese Beschreibung der Personen und ihrer Rollen beim BR läßt den Schluß zu, - daß BR ähnlich wie Qualitätszirkel organisiert werden kann (vgl. 3.4.2.1) und - daß BR ähnlich wie Qualitätszirkel normalerweise durch eine informelle Organisationstruktur zu

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2. Hauptteil:

Managementlehre

bewerkstelligen ist, nicht zuletzt, um die Organisation des Unternehmens nicht durch zusätzliche Organisationseinheiten zu belasten, sondern um sie "schlank" zu halten. Hilfreich könnte der Einsatz von Unternehmensberatern sein, um mit Hilfe von betriebsexternen Personen Betriebsblindheit abzubauen. Abläufe des Business Reengineering (vgl. auch die detailliertere Darstellung in L V 2.1b) Die Abläufe des Business Reengineering lassen sich folgendermaßen gliedern: 1. Anstoß zum Handeln Gewöhnlich veranlassen ungünstige Symptome, auch Indikatoren genannt (vgl. auch 1.4.3.2), aus der Kontrollphase des Unternehmens - von Projekten, Unternehmensteilen, Unternehmensprodukten, etc. - zu handeln und so einen günstigeren Zustand für das Unternehmen herbeizufuhren. Die das Business Reengineering initialisierende Fragestellung wird hierbei lauten: • W o sind die strategischen Schwachstellen des Unternehmens? Als Indikatoren dafür kommen in Frage: - lange Lieferzeiten, welche die Kunden bezüglich der schlechten Leistungsfähigkeit des Unternehmes enttäuschen; - häufige gravierende Kundenreklamationen; - häufige Maschinenstillstandzeiten. Hammer - Champy führen folgendes ungünstiges Symptom für ein pharmazeutisches Unternehmen auf (vgl. L V 2.27b S. 192ff ): - lange Dauer der Entwicklung und Zulassung neuer Medikamente im Vergleich mit wichtigen Konkurrenten. Das Stichwort "Schwachstellen" wird in manchem deutschen Refa-Spezialisten die Vermutung aufsteigen lassen, daß Business Reengineering nichts als alter Wein in neuen Schläuchen ist. 2. Zustandsanalyse Für die Zustandsanalyse lautet die Fragestellung: • Auf welche Ursache(n) sind die negativen Indikatoren zurückzuführen? Die von der Unternehmensleitung bei dem Fall von Hammer - Champy durchgeführte Zustandsanalyse ergab, - daß das Unternehmen weltweit und in dezentralisierten Unternehmenseinheiten operiert und - daß die Forschung deshalb in zu kleine Forschungs- und Entwicklungsgruppen zersplittert ist. 3. Vision (Sollvorstellung) Die für die Gestaltung einer Vision erforderliche Fragestellung lautet: • Welches sind die Leistungen eines Referenzunternehmens, die in Zukunft vom eigenen Unternehmen nach Möglichkeit noch übertrofTen werden sollten? Die von der Unternehmensleitung entwickelte Vision fixiert den Soll-Status, den das Unternehmen nach dem Business Reengineering erreichen sollte. 4. Redesign Die für die Gestaltung eines Redesign erforderliche Fragestellung lautet: • Welche fortschrittlichen Konzepte kommen für das betriebliche Redesign in Frage und welches wird am besten in den Unternehmenskontext passen? Das Redesign hat sich nach dem Ausmaß der anvisierten Zustandsänderung zu richten. Eine Überdenkung des Redesign-Prozesses kann ergeben (vgl. L V 2.27b S. 188): - Es werden keine Experten benötigt, um einen Prozeß neu zu gestalten! - E s hilft, Außenstehender zu sein! - Vorgefaßte Meinungen sind über Bord zu werfen! - Der Prozeß ist unbedingt aus Kundensicht zu betrachten! - Prozeßdesign geht am besten im Team! - Es werden nicht viele Informationen über den derzeitigen Prozeß benötigt! - Zündende Ideen sind nicht schwer zu finden! - Prozeßdesign kann Spaß machen! 5. Implementierung des neuen Designs Hier lautet die entsprechende Fragestellung: • Mit welchen Implementierungsstrategien läßt sich das Redesign-Projekt optimal implementieren? Das Reengineering-Team realisiert den radikal neukonzipierten Prozeß und achtet dabei darauf, daß Erkenntnisse aus anderen Business Reengineering-Vorhaben gewinnbringend berücksichtigt werden. Das Redesign-Projekt kann von Unternehmensmitarbeitern oder von fremden Experten oder durch eine Kombination von beiden realisiert werden.

2.2 Der

Management-Prozeß

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Andrews-Stalick definieren die diversen Meetings und Workshops eines achtstufigen BRProzeß (vgl. LV 2.1b S. 166, vgl. auch 3.6.1): 1. Umreiße die Projektaufgabe (Frame the Project): 1.1 Auf einem Meeting des Analyse-Teams und von Schlüsselmanagern ist die Entscheidung zu treffen, das Projekt auszulösen, das Enflußmanagement zu benennen und die Aufgabenbeschreibung niederzulegen. 1.2 Dasselbe Team beurteilt die Aufgabenbeschreibung und legt einen groben Projektplan nieder. 1.3 Auf einem Vereinbarungs-Treffen (Project Contract Meeting) mit dem Hauptinteressenten (Executive Sponsor) ist die endgültige Entscheidung zum Projektbeginn zu treffen und ein Projektleiter (Project Director) zu ernennen. 2. Erzeuge eine Vision, Werte und Ziele (Create Vision, Valúes & Goals): 2.1 Das Kernprojekt-Team bereitet das Kickoff-Meeting vor. 2.2 Das Kickoff-Meeting geht vor einem breiten Teilnehmerkreis aller Betroffenen vonstatten. 2.3 Auf einem Workshop des gesamten Projektteams erfolgt die Visions-Sitzung. 2.4 Auf einem breiteren Vision Validation Meeting erfolgt eine Bewertung der erarbeiteten Vision, Werte und Ziele. 3. Umgestaltung des Betriebsprozesses (Redesign the Business Operations): 3.1 Das Kernprojekt-Team bereitet die Blueprint Sitzungen zur Erarbeitung des Redesigns vor. 3.2 Auf Workshops wird das Blueprint erarbeitet, welches als „linkage" zwischen Vision und Implementierung die drei Hauptkomponenten des Entwurfs zum Neuprozeß beinhaltet (vgl. ebenda S. 103ff): • physikalisch-technische Komponente (Physical/Technical Component): - Prozeß-Modell als das Kernmodell mit folgenden Aussagen über: spezifische Prozeßbezeichnung, Wirtschaftsergebnis aus dem Neuprozeß, Standards (excellence criteria) wie MalcolmBaldrich Award, European Quality Award, an denen die Qualität des Prozeßergebnisses zu messen ist, Startereignis (triggering event) für die Prozeßauslösung (process execution), erforderliche Eingaben (physical and informational inputs), um den Prozeß durchzufuhren, zu verfolgende Praktiken und Steuerungsmaßnahmen während der Prozeßdurchfuhrung einschließlich der Kompetenzübergabe und der Zuweisung von Entscheidungsbefugnissen, erforderliche Schritte zur Prozeßdurchfuhrung vom Anfang bis zum Ende, erforderliche Fähigkeiten und Kenntnisse (skills and knowledge) zur Prozeßdurchfuhrung, Durchfuhrungshäufigkeiten und Arbeitsumfang bei normaler wie Spitzenproduktion. - Informationsmodell zur Beschreibung aller erforderlichen Informationen, um den de Neuprozeß durchzufuhren und dabei Entscheidungen zu treffen u.a. Kunden, Aufträge, Produkte. - Organisationsmodell zur Beschreibung der neuen oder bereits existierenden Organisationsstruktur mit Stellenpositionen und -konfiguratioen wie Arbeitsgruppen. - Technologie-Modell dokumentiert die erforderlichen Informationsbasen, Anwendungen, Nachrichten und Kommunikationsnetze zur Unterstützung des Neuprozesses, die zuvor auf technologische Fähigkeiten und Verfügbarkeit zu analysieren sind etwa in bezug auf Sicherheit des Informationsschutzes und der Infovertraulichkeit, Qualitätssicherung, Auditing, Fehlererkennung, etc.. • Infrastruktur (Infrastructure Component): - Management Strategie zur Definition der Aufsichts- und Steuerungsunterstützung aus der Führungsebene beim neuen Prozeß, Strategien und Techniken, um das Betriebspersonal zu höherer Leistung motivieren. - Bewertungssystem zur Definition der benötigten Informationen, um das Wirtschaftsergebnis aus dem Neuprozeß genau und effizient zu beurteilen. - Belohnungsprogramm, um das Betriebspersonal zu höheren Leistungen anzuregen. • Wertungen (Value Component) definieren die Betriebskultur, Überzeugungen (power) und den individuellen Vorstellungen, die mit der Neuprozeß-Vision verbunden sein müssen. 3 .3 Das gesamte Projekt-Team bewertet auf dem Blueprint Validitation Meeting den Entwurf. 4. Konzeptsicherung (Conduct Proof of Concept): 4.1 Das gesamte Projekt-Team legt die Erfordernisse der Konzeptsicherung fest. 4.2 Es legt das Konzeptsicherungsvorgehen fest. 4.3 Es erarbeitet einen Implementierungsplan. 4.4 Auf den Concept Evaluation Meeting(s) wird(werden) der Projektnutzen bewertet. 5. Planung der Implementierung (Plan the Implementation): 5.1 Das Kernprojekt-Team bereitet die Implementierungsplanungs-Sitzungen vor. 5 .2 Auf Workshops sammelt das volle Projektteam die Implementierungsinfos. 5 .3 Auf dem Implementation Plan Validitation Meeting wird der endgültige Implementierungsplan begutachtet.

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2. Hauptteil: Managementlehre

6. Einholung der Implementierungsgenehmigung (Obtain Implementation Approval): 6.1 Das Kernprojekt-Team erarbeitet auf dem Approval Strategy Meeting ein angemessenes Vorgehen. 7. Realisierung der Umstrukturierung des Betriebsprozesses (Implement the Redesign): 7.1 Auf verschiedenen periodischen Implementation Monitoring & Action Planning Meetings werden Fortschrittsberichte erstellt, die Pläne überarbeitet, Probleme gelöst, etc. 7.2 Erfolge werden öffentlich dargestellt. 7.3 Auf dem Process Improvement Meeting kommt es zu (selbst-)kritischen Ergebnisprüfungen und zur Blueprint-Überarbeitung. 8. Übergang zu einem Zustand kontinuierlicher Verbesserung (Transition to a Continuous Improvement State). Die effiziente Modellierung eines Neuprozesses sei durch Führungsfehler und -defizite (leadership imperfections) bedroht (vgl. ebenda S. 174ff): - Defizit an Fähigkeiten, Führerschaft zu demonstrieren, - zu enge Führungskontrolle (control madness), - die Führungsperson gebe zu leicht auf (runaway expectations), - der Führungsperson mangele die Fähigkeit, um Änderungen herbeizuführen und neues Verhalten zu gestalten Im Grunde war das Business Reengineering zum "Redesign" seit jeher die Hauptaufgabe der Unternehmensberatungsfirmen, die entsprechend jeweils eine eigene Vorgehensweise entwickelt haben (vgl. LV 2.28a). Der Diebold-Ansatz sieht dabei folgenden Prozeß des Business Reengineering vor (zitiert nach ComputerWoche 40/1995 S. 70f): • Abgrenzen der Geschäftsfelder und -prozesse im Rahmen einer Voruntersuchung; • Festlegung von Zielen und grober Entwurf einer Vision; • Situationsanalyse auf der Basis - einer quantitativen Leistungsuntersuchung, um einen Überblick über die Teilleistungen der in den Geschäftsprozeß ivolvierten Organisationseinheiten zu erhalten, und - einer qualitativen Leistungsuntersuchung, um eine Übersicht über die den Geschäftsprozeß unterstützenden Führungs- und Informationssysteme zu erhalten; • Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen in der folgenden Konzeptionsphase; • Entwurf einer Soll-Organisation der Geschäftsabwicklung auf der Basis einer konkretisierten Prozeßvision betreffend der Abläufe der Teilprozesse, der unterstützenden Informationssysteme, der Strukturorganisation, der Kapazität und Qualifikation der Mitarbeiter, des Einsatzes der Sachmittel, des Führungssystem des Prozesses; • Realisieningsplanung der Maßnahmen zur Umsetzung dieser Soll-Organisation. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-47 in Abschnitt 2.3! 2.2.5.3 Globale Unternehmensrekonstruktionsanalyse (Basic Business Reconstruction Engineering) Der Ansatz einer globalen d.h. ganzheitlichen Unternehmensrekonstruktionsanalyse (Gura) läßt sich entwickeln, • indem die Fragestellungen des Zero-Base-Budgeting und des Business Reengineering in einer bestimmten Reihenfolge der Fragestellungen kombiniert werden und • indem die Fragestellungen generell vorverlegt werden in die Unternehmensziele- und in die Geschäftsbereichsebenen. Die Diagnosesequenz für den globalen Unternehmensrekonstruktionsansatz (Basic Business Reconstruction Engineering = BBRJE) sieht dann folgendermaßen aus: 1. Welches sind die aktuellen Basisgeschäftsziele des Unternehmens? In welcher Höhe soll die betriebliche Zielrendite liegen? Wie groß ist der Marktanteil, der aktuell angestrebt werden soll? 2. Welches sind die - künftigen - Basisgeschäftsbereiche, mit deren Leistungen das Unternehmen die angestrebten Geschäftsziele erreichen kann? Reichen die vorhandenen Geschäftsfelder zur Erreichung der Unternehmensziele aus? Welche vorhandenen Geschäftsfelder sollten aufgegeben werden? Welche Geschätsfelder sollen zusammengelegt werden? Bieten sich geeignete fremde Partner an? Ist dabei das eigene Unternehmen überlegen? Oder unterlegen? Wieviel dürfte ein Leistungsfähigerer Partner höchstens für ein Zusammen

519 gehen verlangen? Welche neuen Geschäftsfelder sollten erschlossen werden, etwa um einen größeren Marktanteil zu erzielen? 3. Mit welchen Basisfunktionen und mit welchen von ihnen abgeleiteten Subfunktionen sollen Unternehmensleistungen zielkonform erreicht werden? Welche vorhandenen betrieblichen Basisfunktionen sollten ausgegliedert und von außenstehenden Unternehmen im Wege des Outsourcing bezogen werden? Welche zusätzlichen bzw. neuartigen Basisfunktionen sollten in das Programm der betrieblichen Basisfunktionen aufgenommen werden? 4. Mit welchen Basisgegenwartstechnologien können diese Funktionen zielkonform ausgeführt werden? Welche modernen Basistechnologien kommen in Frage? Welche Basistechnologien sind die leistungsfähigsten? Welche davon kann sich das Unternehmen finanziell leisten? Kann das Unternehmen für die anvisierten Basistechnologien hinsichtlich der Costumer Satisfaction überzeugendes Herstellungs-Know-how erwerben? Die so vorgenommene Vorverlegung der Fragestellung in den Geschäftsfelderbereich und der Abgleich mit eventuell aktualisierten Unternehmenszielen besitzt gegenüber dem Business Reengineering-Konzept die Vorteile • der größeren Zielkonformität, • der größeren Marktkonformität und • der größeren Effektivität als synergistischer Effekt aus der Vereinigung von größerer Zielkonformität und größerer Marktkonformität. Der hier vorgeschlagene globale Unternehmensrekonstruktionsansatz hat einen doppelten Effekt: • das Unternehmen wird eventuell von Grund auf erneuert, • es lassen sich zugleich Änderungen in betrieblichen Leistungsbereichen vermeiden, die in absehbarer Zeit durch Marktänderungen ohnehin obsolet sein würden, so daß ihre Realisierung nur eine unnötige kostspielige "Schleife" ergäbe - wie häufig der Fall, wenn die generelle Übersicht fehlt. Damit steht als die Hauptaufgabe der globalen Unternehmensrekonstruktionsanalyse fest, • daß die strategischen Unternehmensentscheidungen aus einer generellen Übersicht heraus zu treffen sind, • daß diese strategischen Unternehmensentscheidungen konsistent mit den Bedingungen der Zukunft zu gestalten sind, wodurch das Unternehmen am Markt zur rechten Zeit ohne redundanten Aufwand "auf den Punkt" kommt, • daß im Wege der Rückkopplung eventuell die Unternehmensziele anhand der besonderen Erfordernisse des technisch-kommerziellen Designs ihrerseits eines Redesigns zu unterwerfen sind, etwa, wenn bei Aufgabe einer unwirtschaftlichen Produktlinie auch das Marktanteilsziel zu verengern ist. Der Spezialist von Vakuum-Produkten Leybold, Köln, der lange mit Verlusten arbeitete, konnte im Geschäftsjahr 1993/4 einen Gewinn von 45 Mio. DM verbuchen bei einem Umsatzplus von 17%. Dieser Umsatzsprung konnte bei einer Personalreduzierung von 7,5% auf 3.685 Mitarbeiter erzielt werden werden. Dieses überaus positive Ergebnis wurde vom Ünternehmensvorstand als das Ergebnis einer "Kulturrevolution" im Unternehmen, einer globalen Unternehmensrekonstruktion bezeichnet, • bei die Personenzahl drastisch reduziert, • der Ausstoß trotzdem erheblich gesteigert, • die durchschnittlichen Durchlaufzeiten bei Aufträgen von 47 auf maximal 9 Wochen reduziert, • die bisher komplizierte, zentrale und entsprechend teuere Produktionssteuerung durch dezentrales Kanban drastisch vereinfacht wurde, etc. Lösen Sie Aufgabe Nr. 11-48 in Abschnitt 2.3!

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2. Hauptteil:

Managementlehre

2.3 Aufgabenprogramm II Aufgabe Nr. II-l: Zeigen Sie die Grenzen der Selbstorganisation im Betrieb auf! Aufgabe Nr. Il-la: a) Versuchen Sie die Aufgaben der Geschäftsleitung in Gruppen einzuteilen! b) Geben sie eine Gewichtung dieser Aufgaben an: *** = sehr wichtig ** = wichtig * = weniger wichtig! c) Welche der angeführten Aufgaben der Geschäftsleitung werden wohl z.B. die Ford Werke in Köln in eigener Regie erledigen, welche werden zumindest von übergeordneten Organen: der Europazentrale von Ford bzw. der Konzernleitung von Ford in den USA zumindest stark beeinflußt werden? d) Die Überprüfung des Unternehmenspotentials ergibt, daß 8,5 Mio. DM an Finanzmittel und 3 Führungskräfte mit Task-Leader-Eigenschaften für eine Unternehmensoptimierung bereitgestellt werden können. Als Alternativen mit fallender Prioritätenreihe und den jeweils geschätzten Finanzbedarfen kommen in Betracht: - Verbesserung der Produktqualität: 2,5 Mio. DM, Entwicklungsvorlauf 2 Jahre; - Abflachung der Unternehmenshierarchie: 1,5 Mio. DM Abfindungen; - Verbesserung der Produktionsabläufe: 3,3 Mio. DM; - Umstellung auf JIT-Belieferung: 0,5 Mio. DM; - Ausdünnen der Produktionsstruktur: 2,3 Mio. DM. Stellen Sie ein Unternehmensoptimierungsrogramm zusammen, bei dem Sie eventuell die Prioritätenreihe vernachlässigen und bei dem Sie die diesbezüglichen Unternehmenoperationen für die nächsten vier Perioden balkenförmig darstellen. Aufgabe Nr. II-2: Welche wichtigen Aufgaben sind im Sinne einer geregelten Untemehmensnachfolge zu lösen? Aufgabe Nr. II-3: Einem Hochschulabgänger im betriebswirtschaftlichen bzw. im technischen Bereich werden eine An-fangsstelle in einem mittleren Familienbetrieb bzw. in einer größeren Kapitalgesellschaft angeboten. Diskutieren Sie das Für und Wider dieser Offerten! Aufgabe Nr. II-4: a) Sollte der Vorstand von der Hauptversammlung der Aktionäre gewählt werden? b) Was würde für die Zusammenlegung des Aufsichtsrats und des Vorstands zu einem Zentralorgan ähnlich dem schweizerischen Rats sprechen und was dagegen? c) Erfolgt auch bei deutschen Aktiengesellschaften eine "Selbstbedienung" des Top-Managements? Aufgabe Nr. II-5: Zwei deutsche Unternehmen wollen gemeinsam in einem tropischen Land ein Kupfererzvorkommen ausbeuten. Sollen sie dafür ein Gemeinschaftsunternehmen gründen oder sollten sie besser durch Aktientausch einen Gleichordnungskonzern gründen? Aufgabe Nr. II-6: a) Aus welchen Gründen könnte der Gesetzgeber den Betrieben mit weniger als 5 Arbeitnehmern die Einrichtung eines Betriebsrats versagt haben? Ist das in einem demokratischen Staat akzeptabel? b) Welches Gewicht besitzen die Betriebsräte bei Entscheidungen in deutschen Unternehmen? Aufgabe Nr. II-7: Lassen sich die Arbeitnehmerbelange in den größeren Betrieben effektiver durch offene Konfrontation etwa durch Streiks oder durch Mitbestimmung durchsetzen? Aufgabe Nr. II-8: 1. Welche Attribute würden Sie vergleichsweise der Organisation deutscher Unternehmen zuordnen?

2.3 Aufgabenprogramm

II

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2. Was könnten deutsche Unternehmen in organisatorischer Sicht von japanischen Unternehmen übernehmen? 3. Fehlt den deutschen/europäischen Unternehmen ein Miti? 4. Wie sind "Tricks" im Wirtschaftsleben zu beurteilen? Aufgabe Nr. II-9: Wie soll sich der Betrieb verhalten, wenn ein hochleistungsfähiger Mitarbeiter a) eine weit über dem Durchschnitt liegende Entlohnung verlangt und androht, anderenfalls den Betrieb zu verlassen bzw. b) wenn er ein breiteres Aufgabengebiet zu Lasten seiner Kollegen verlangt? Aufgabe Nr. 11-10: a) Stellen Sie die Formeln für die Entwicklung der M-M- und V-GR-Zahlen auf! b) Listen Sie die Faktoren a) für eine große Leitungsspanne b) für eine kleine Leitungsspanne auf c) Werden große Kontrollspannen und "flache" Hierarchien eine Modeerscheinung sein? Aufgabe Nr. 11-11: a) Welche Delegationsfolgen sind beim Wechsel vom Einzelauftragssystem zu einem "Dauer-auftragssystem" bei Vorgesetzten, Mitarbeiter und Betrieb zu erwarten? b) Einem betrieblichen Positionsinhaber wird aufgetragen, die Leistung seiner Organisationseinheit (mindestens) jährlich um 5% zu steigern. Entspricht dies mehr einer "Steuerung" oder einer "Regelung" (vgl. 1.1.3.7)? Aufgabe Nr. 11-12: a) Soll dem Stab das Recht der Berichterstattung an den nächst höheren Vorgesetzten eingeräumt werden, wenn sein eigener Vorgesetzter seine Vorschläge ganz oder teilweise verwirft? b) Die Geschäftsleitung will die Direktionsassistenten abschaffen. Wer könnte deren bisherige Aufgaben übernehmen? Aufgabe Nr. 11-13: Wegen des stark gesunkenen Marktanteils aufgrund neuer Konkurrenzprodukte will die Geschäftsleitung mit einem Interimsprodukt aus vorhandenen betrieblichen Komponenten gegenhalten und bildet ad hoc einen Produktausschuß mit Taskforce-Charakter. Wer sollte an diesem Ausschuß teilnehmen und welche Aufgaben sollte er haben? Aufgabe Nr. II-14: Unter welchen Umständen würden Sie den Ford Werken eine Rezentralisierung der Werkscontrollerstellen von sieben auf vier empfehlen oder gar ihre Auflösung? Aufgabe Nr. 11-15: Würden Sie einem neuen Mitarbeiter empfehlen, sich einer Clique im Betrieb anzuschließen? Aufgabe Nr. können 11-16: Expertensysteme entscheidungsfördernd wirken? a) Inwiefern b) Beurteilen sie die Einführung von Paßwörtern im Betrieb! Aufgabe Nr. 11-17: Welche Bedürfnisse befriedigt der Mensch, wenn er von seinem Einkommen a) Kaviar; b) Brot c) eine Indien-Rundreise; d) einen Porsche; e) eine Lebensversicherungspolice kauft? Aufgabe Nr. 11-18: a) Ist Machtstreben immer negativ anzusehen? b) Wie läßt sich im Betrieb einer zMS-Situation begegnen? Aufgabe Nr. 11-19: Sind Auslandsaufenthalt oder Tätigkeit in einem Projekt verlorene Zeiten? Wie lassen sie sich karrierefordernd gestalten?

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2. Hauptteil:

Managementlehre

Aufgabe Nr. 11-20: Ermitteln Sie den (relativen) Qualifikationsfaktor für folgende betriebliche Tätigkeiten: 1.) Nieten am Montageband; 2.) manuelle bzw. computerisierte Verwaltungstätigkeit; 3.) Wertpapierberatung und errechnen Sie jeweils neu in Anlehnung an dem Beispiel im Text die Leistung! Deuten Sie die Differenzen! Aufgabe Nr. 11-21: a) Hochqualifizierte Mitarbeiter z.B. Projektingenieure haben die Wahl zwischen einem weniger effizienten Projektleiter mit Laisser-Faire-Verhalten und und einem höchst effizienten, aber auch sehr autoritär sich aufführenden Projektleiter. Wie werden sie sich entscheiden? b) Eine Mitarbeiterin wendet sich wegen persönlicher Probleme gesprächsweise an den Vorgesetzten. Dieser hört nur kurz hin und setzt dann ein längeres Diktat mit ihr auf. Ist ein solches Verhalten als geeignete Lebenshilfe zu beurteilen? Welches werden die Folgen sein? Aufgabe Nr. 11-22: Warum dürfte MbO solche Bedeutung in Theorie und Praxis erhalten haben? Aufgabe Nr. 11-23: a) Geben Sie betriebliche Maßnahmen an, mit denen die Ausstiegsschwelle der ausstiegsfreudigen b- und c-Mitarbeiter angehoben werden kann! b) Was dürfte alles zu den betrieblichen Ausstiegskosten zählen? c) Stellen Sie einen Motivatorenkatalog für die Stelle auf, an der Sie sich gegenwärtig befinden und skalieren Sie ihre Motivation! Aufgabe Nr. II-23a: a) Zwischen dem Fertigungsleiter und dem Leiter der Qualitätsprüfung bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten nicht nur sachlicher Art, welche den Betriebsprozeß negativ beeinflussen. Wie sollte dieser Konflikt gelöst werden? b) Eine Reihe von Unternehmen drängt seit einiger Zeit Mitarbeiter wie Vorgesetzte aus dem Betrieb, welche das 55. Lebensjahr erreicht haben. Hat dies auch mit Konflikt-Management zu tun? Aufgabe Nr. 11-24: Welches System könnte die bürokratische Ordnung ersetzen? Hat die Bürokratie auch in der Zukunft noch eine Chance? Aufgabe Nr. 11-25: a) Gilt das Prinzip der Einheit der Auftragserteilung unbeschränkt im Betrieb - gestern und heute? b) Aktualisieren Sie die sechs Königstugenden der Mahabharata zu Managementprinzipien! Aufgabe Nr. 11-26: a) Sind die betrieblichen Anreize in jedem Fall ausschlaggebend für den Betriebseintritt? b) Wie können die Mitarbeiter Art und Höhe der betrieblichen Anreize beeinflussen? c) Bedeutung von Koalitionen im Betrieb. Aufgabe Nr. 11-27: a) Dürfte die Vorbildung eine Rolle dabei spielen, ob jemand mehr zur Sach- oder mehr zur Entlohnungsmotivation tendiert? b) Nehem Sie Stellung zur Kritik an den Herzbergschen Thesen! Aufgabe Nr. 11-28: a) Läßt sich Theorie Z eher Theorie X oder eher Theorie Y zuordnen? b) Ist die Unternehmenskultur der BR Deutschland eher dem Typ A, dem Typ J oder dem Typ Z zuzuordnen? Aufgabe Nr. 11-29: Wo dürfte künftig das Schwergewicht des Human Resources Management in der BR Deutschland liegen?

2.3 Aufgabenprogramm

II

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Aufgabe Nr. 11-30: a) Die Unternehmensleitung richtet eine neue Verwaltungs- und eine Außendienstabteilung ein. Welchen Managertyp sollte sie dafür einsetzen bei der Ingangsetzung bzw. nach der Ingangsetzung nach etwa zwei Jahren? b) Das Unternehmen will mit Hilfe eines Crash-Programms schnell mit der Konkurrenz gleichziehen, die ein technologisch hochwertiges Produkt herausgebracht hat. Zur Leitung des aufzustellenden Projekt-Teams kommt ein erfahrener Social-Emotion-Leader und ein wenig erfahrener Task-Leader in Frage. Wie soll sich die Geschäftsleitung verhalten? Entwickeln Sie gegebenenfalls ein Szenario! Aufgabe Nr. 11-31: Sollte einem Topmanager als Teilnahmebedingung eher eine stärkere extrinsische Belohnung (Gehaltsbelohnung) oder eine stärkere intrinsische Belohnung (Arbeitsbelohnung in Form größerer Gestaltungsfreiheit im Unternehmen) geboten werden? Aufgabe Nr. 11-32: a) Stellen Sie sich den Change Agent als einen Arzt vor, der das Unternehmen wie einen Patienten behandelt. Entwerfen Sie ein Szenario für die "Heilung" eines Unternehmens, das sich in einer schweren Absatzkrise befindet und nur noch geringe finanzielle und personelle Reserven besitzt! b) Führen Sie die Merkmale von System Change und Culture Change in ganzheitlicher Sicht zusammen etwa zur Einführung von Lean Management in einem deutschen Unternehmen! Aufgabe Nr. II-32a: Sind transzendentales Management und hochtechnologische Betriebe unvereinbar? Aufgabe Nr. 11-33: I. Entwerfen Sie einen morphologischen Kasten a) für die innovative Weiterentwicklung von Automobilen, b) für die innovative Weiterentwicklung der betrieblichen Informations-Technik, c) für die innovative Weiterentwicklung von PCs, d) für die innovative Weiterentwicklung der Waschmaschine. II. "Spielen" Sie dazu einige kreative Lösungen durch? Aufgabe Nr. 11-34: Ernennen Sie einen Leiter für eine Brainstormimgsitzung sowie ein oder zwei Personen, welche die gefündenen Ideen an die Tafel schreiben. Der Brainstormingleiter stellt der Gruppe von sechs und mehr Personen das Thema: "Wie lassen sich die Fahrgeräusche bei der Deutschen Bahn dämpfen bzw. eliminieren? Aufgabe Nr. 11-35: a) Worin dürfte der Public Relations-Effekt von diesen Preisausschreiben liegen? b) Entwerfen sie ein Preisausschreiben (Plakat) zum Thema: "Wie läßt sich der Wirkungsgrad der Kurbelwelle verbessern?" Aufgabe Nr. 11-36: Wie würde s ich ein vollständiger Umschlag der "psychologischen Konstante" auf die Bewertung der Alternativen auswirken? Aufgabe Nr. 11-37: Welche Rolle spielt die Motivation in dem verhaltenswisenschaftlichen Ansatz nach W. Kirsch? Aufgabe Nr. 11-38: Wie hoch muß mindestens die Kapitalrentabilität sein, wenn bei 9,7% Fremdkapitalzinsen der Fremdkapitalanteil 43% und der Grundkapitalanteil 40% am Gesamtkapital beträgt und wenn eine Dividende von 24% gezahlt werden soll. Aufgabe Nr. 11-39: Wie lassen sich Unterziele wie Wahrung der Liquidität, Erhaltung des Kapitals und der betrieblichen Substanz in das Hauptzieldreieck einordnen?

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2. Hauptteil:

Managementlehre

Aufgabe Nr. 11-40: a) Entwickeln Sie Fischgrät-Diagramme zu den betrieblichen Problemen "hohe Fluktuation", "sinkender Marktanteil" (mit den Ursachenkomplexen Preis, Werbung, Absatzorganisation, Produktgestaltung) und "hohe Unfallhäufigkeit"! b) Das Unternehmen ist von starker Fluktuation der Mitarbeiter betroffen. Entscheiden Sie sich für eine Ursache aus dem spezifischen Fischgrät-Diagramm und formulieren Sie das Suchziel für Problemlösungen! Aufgabe Nr. 11-41: Versuchen Sie Problemlösungen für das in Aufgabe Nr. 39b) formulierte Suchziel zu finden! Aufgabe Nr. 11-42: a) Finden Sie Unterpunkte für die Segmente Marktnachfrage, Preislage und Produktionsstruktur zur Beurteilung neuer Produkte! b) Versuchen Sie die nach Aufgabe Nr. 11-40 gefundenen Problemlösungen zu beurteilen, indem Sie jeweils zunächst die Vor- und Nachteile der einzelnen Lösungen herausstellen und dann eine Gesamtbeurteilung abgeben! Aufgabe Nr. 11-43: Treffen Sie eine Auswahl unter den obigen Problemlösungen und begründen sie die Wahl! Aufgabe Nr. 11-44: Stellen Sie Überlegungen an, wie die in Aufgabe Nr. 11-42 getroffene Entscheidung im Betrieb zu realisieren ist! Aufgabe Nr. 11-45: Stellen Sie einen Ausführungsplan für die in Aufgabe Nr. 11-42 gewählte Lösung in Form einer Feinplanung auf, eventuell unter Verwendung der Netzplantechnik, und stellen Sie eine Dienstanweisung für diese Maßnahme auf! Aufgabe Nr. 11-46. a) Mit welchen Abweichungen von der Planung in Aufgabe Nr. 11-44 ist eventuell zu rechnen? b) Welche Bedeutung haben Ex-Post- und Ex-Ante-Kontrolle? c) Soll die Selbstüberwachung nur bei Produktionsleistungen oder auch in der Verwaltung eingeführt werden? Aufgabe Nr. 11-47: Beurteilen Sie die betriebswirtschaftliche Relevanz des Business Reengineering! Alter Wein in neuen Schläuchen? Aufgabe Nr. 11-48. Ein größeres Handelsunternehmen mit preisgünstigem Bezug von Textilien in verkehrsgünstiger Lage mit einigen Finanzreserven sieht sich größeren Absatz- und Rentabilitätsverlusten gegenüber. Unterziehen Sie das Unternehmen einer globalen Unternehmensrekonstruktionsanalyse!

Literaturverzeichnis

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Stichwortverzeichnis

Stichwortverzeichnis (nach Kapitel) A ABC-Analyse 1.1.2.3, 3.2.1.2, 3.3.3.3, 3.4.1.5, 3.4.3.3, 4.5.2.3 Abfallbeseitigungsgesetz 1.2.1.6 Absatzfinanzierung 4.6.6.4 Absatzmix 3.5.5.1 Absatzprognosen 3.5.2.2., 4.3.5.2 Absatzstrategien 3.5.0, 3.5.5.1/2 Absatzwege 3.5.1.3 Absatzwirtschaft 1.1.3.12, 3.5.0 Absentismus 1.2.4.5 Abschreibungen 4.1.1, 4.1.4.3, 4.2.2.5, 4.3.5.5, 4 4 4/5, 4.6.3.4, Absteiger 3.5.5.2 Abzinsung 4.4.2, 4.4.4 Abzugskapital 1.1.1.6, 4.6.8.2 ADA 1.2.2.3, 1.2.2.4 Ästhetik 3.1.1.1 After Sales 3.5.4.2 AGIL 1 1.3.7 AIDA-Regel 3 .5.1.2 Aka-Kredite 4.6.5.2 Akkordlohn 2.1.1.6, 3.7.1.7 Aktiengesellschaft 1.1.1.4, 1.4.3.3, 1.5.1/2, 1.5.4, 1 6.2, 1.7,2.1.1.6,3.7.3.2, 4.3.5.5 Akquisition 1.1.1.2, 1.4.2.2, 1.4.4.1 A L 3 0 L 1.2.2.3 Alternativrentabilität 1.1.2.3, 1 4.2.2, 3.1.1.2, 4.4.3.3, 4.4.4,4.4.5.3-5 ALU 1.2.2.2 AMADEUS 3.4.1.3 Amerikanisches Journal 4.1.3.3 Amortisationsdauer 2.2.4.1, 4.4.3 .4 Angebot 3.3.1, 3.5.5.4 Angestellte 1.2.4.1 Anlagevermögen 1.1.1,1, 1 3.3 5, 4.3.5.4, 4.4.1, 4.4.3.3 Anlaufdilemma 3.4.3.3 Anlaufkosten 4.3.1.6/7, 4.3.5.5, 4.3.5.7, 4.4.5 Algorithmus 1.2.2.5 Anreiz-Beitrags-Theorie 1.3.1.3, 2.1.4.3 Anspruchsniveau 1.1.3.9, 2.1.4.3, 2.2.3.2 APL 1.2.2.3 APT 1.2.2.11 ÄquivalenzzifFernrechnung 4.2.5.2 Arbeitnehmerhaftung 1.2.4.1 Arbeitsakte 1.2.4.1, 3.6.1.5 Arbeitserfolg 2.1.3.4 Arbeitsflexibilisierung 1.2.4.1/7, 4.3 1.2 Arbeitsgemeinschaft 3 .8.2.1 Arbeitskampf 1.2.4.2 Arbeitspädagogik 1.1.2.2 Arbeitsperfektionismus 1.2.4.7 Arbeitsphysiologie 1.1.2.2, 4.3.1.5 Arbeitspsychologie 1.1.2.2 Arbeitsrecht 1.2.4.1 Arbeitsschutz 1.2.4.3 Arbeitsspezialisierung 1.1.3.2, 1.2.4.7

543

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Stichwortverzeichnis

Arbeitsvorbereitung 1.2.1.1, 3.4.2.2, 3.4.3.4 Arbeitswissenschaften 1.2.2.1/2 Arbeitszeitrechtsgesetz 1.2.4.3 Artificial Intelligence 1.2.2.1, 1.2.2.5 ASCII 1.2.2.1, 1.2.2.4 Assessment Center 3.7.1.4 asset Stripping 4.6.2.4 ATM 3.4.1.3 Audit 1.2.3.5, 3.4.1.5, 3.5.3.2, 4.6.7.3, 4.6.8.1 Aufbauorganisation 1.1.3.12 Auflagemenge 3.4.3.3 Aufsichtsrat 1.5.4.4, 2.1.1.4, 2.1.1.7/8, 4.6.3.4 Aufsteiger 3.5.5.2, 4.4.5.3 Ausstattungskredit 4.6.5.1 Ausbildungsabteilung 3.7.2.1 Außenfinanzierung 4.6.1 Außenhandelskalkulation 4.2.5.7 Ausfuhrkreditversicherung 4.6.5.2 Ausschuß (Kollegium) 2.1.2.5, 3 4.2.1, 3.5.4.2 AutoCad 3.2.3.4 Autogenes Training 2.1.4.11 autokratische Führung 2.1.3.5 Automation 1.1.1.1/2, 1.2.1.3, 1.2.2.9, 1.2.2.11, 1.3.2.1 Autonomie 4.6.0 autoritäre Führung 1.4.1.3, 2.1.3.5 Autorität 2.1.2.2, 2.1.2.4, 2.1.2.7, 2.1.3.2 Autoritätskonflikt 2.1.3.8 AWF 3.4.2.2 B Backbone 1.2.2.6 Backup 3.4.3.4, 3.6.1.2 Balkendiagramm 2.2.4.3, 3.6.3.2 Bananen-Taktik 3.1.1.1 Bankeneinfluß 2.1.4.8 Bankers'Rule 4.6.8.1 Barcode s. Strichcode Bartergeschäfte 3.5.0, 3.5.1.4, 4.6.6.5 Bartering 3.5.1.2 BASIC 1.2.2.3 Batch-Processing 1.1.3.1, 1.2.2.4, 3.3.3.4 BCD-Code 1.2.2.1 BGB-Gesellschaft 1.5.3.1, 3.6.2.1, 4.1.1 Bearbeitungszentrum 1.2.2.11, 4.1.3 Bedarfsmatrix 3.3.1.1 Bedienungsanleitung 3.5.3.2 begleitende Kalkulation 3 .6.1.12 Behaviorismus 1.1.3.4, 2.1.4 Beirat 1.5.4.4, 2.1.1.4, 4.6.2.5 Bedürfhishierarchie 2.1.3.1, 2.1.4.5 Belohnungserfolg 2.1.3.4 Benchmarking 1.1.1.5./6, 1.2.2.2, 4.2.5.6, 4.3.5.6 Benutzeroberfläche 1.2.2.2 Beschaffung s. Einkauf Beschäftigungsförderungsdarlehen 4.6 2 4 Bestandskonten 4.1.4.2 Bestellerkredite 4.6.5.2

Stichwortverzeichnis

Beta-Test 1.2.2.3, 3.1.1.1 Beteiligungsfinanzierung 4.6.1 Betriebsabrechnungsbogen 4.2.3.3 Betriebsaufspaltung 1.5.5 Betriebsdatenerfassung (BDE) 1.2.2.5, 3.4.1.4, 3.4.3.4 Betriebserweiterung 1.2.3.1 Betriebsgründung 1.2.3.1, 1.4.1 Betriebsmittel 1.1.1.1, 1.2.2 Betriebsökologie 1.1.1.3, 1.2.3.5 Betriebsprüfung 4.1.7.3 Betriebsrat 2.1.1.4, 2.1.1.6, 2.1.3.4, 2.1 4.9, 3.4.2.1, 3.7.1.2 Betriebsschutz 1.2.4.3 Betriebssystem (BS) 1.2.2.3 Betriebstypen 3.4.0 Betriebsübersicht 4.2.4.3 Betriebsverfassungsgesetz 1.1.2.2, 2.1.1.6 Betriebsverlagerung 1.2.3.1 Betriebsversammlung 2.1.1.6 Betriebswirtschaften 1.1.1.1 Betriebswissenschaften 1.1.2.2, Bewertung 1.1.3.7 Bilanzanalyse 4.1.5 Bilanzauffassung 1.1.2.1 Bilanzbewertung 4.1.6.3 Bilanzgewinn 4.1.4.5 Bilanzierungsgrundsätze 4.1.6.2 Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG) 1.5.5, 1.6.1.2, 4.1.1, 4.1.6 Bildverarbeitung 1.2.2.4, 1.4.1.1 BIOS 1.2.2.2 Bit, Byte 1.2.2.1 Black Box 1.1.3 .4 Block-Layout 1.2.3.2 Blueprint 2.2.5.2, 3.6.1.11 board of directors 2.1.1.4 Boden 1.1.1.1 Börsenkurs 1.1.3 .11, 3 .3.1.2 Book-to-Bill Ratio 1.4.3.2 BOOT-Konzession 3.8.1.12 Bottom-up 1.1.3.1, 2.0, 2.1.1.8, 2.1 4 9, 2.2.4.1,3.4.1.4,3.5.5.2, 4.3.5.2 Branchenvolumen 3.5.2.2, 4.3.5.7 Branching and Bounding 4.5.5.2 Brandschutz 1.2.3.6 Breakeven-Analyse 4.4.3.2 Btx 1.2.2.2, 1.2.2.4 Buchführungspflicht 4.1.1 Budget 2.1.3.2, 2.1.4.5, 3.2.3.2, 3.3.3.2/3, 3.5.1.2, 3.5.4.2, 3.5.5.2, 3.6.3.3, 4.3.4.2, 4.3.5, 4.6.7.1 Bürokratie 1.1.3.10, 2.1.2.3, 2.1.3.2, 2.1.4.1 Bürorationalisierung 1.2.2.8, 3.4.1.3 Bundesdatenschutzgesetz 1.2.2.7 Bus 1.2.2.2, 1.2.2.6 Business Re-engineeering 2.1.2.2, 2.1.4.9, 2.2.5, 3.1.1.1, 3.3.0, 3.4.0, 3.4.1.2, 3.5.3.2 Buying Center 3.3.1.8

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Stichwortverzeichnis

C C 1.2.2.3 Cache-Speicher 1.2.2.2 CAD 1.2.2.2/3, 1.2.3.3, 3.2.1.3, 3.2.3.4, 3.4.0, 3.4.3.4, 4.3.1.5 CAD AM (CODEM) 1.2.3.3, 3.2.3.4 CAD/CAM 1.2.2.11, 3.4.1.4, 3.4.3.4 CADIS 3.2.3.4 CAE 3.2.1.3, 3.4.1.4 CAF 1.1.3.11, 3.4.0, 3.4.1.4 Cafeteria-Modell 3.6.0, 3.7.1.7 CAM 3.2.1.3, 3.4.1.4 CAP 3.2.1.3, 3.4.1.4 Capital Asset Pricing Model 4.4.4, 4.6.8.1, 4.6.8.6. Capital Budgeting 4.3.5.4, 4.6.8.1 Captives 1.1.1.3, 3.3.1.7 CASE 1.2.2.3, 3.6.3.4 CATIA 3.2.3.4 CAQ 3.4.1.4 CAS (Computer Aided Selling) 3.5.2.6 Cash-Flow 1.4.2.5, 3.7.3.4, 4.4.2, 4.4.3.4, 4.6.8.1 CCD 1.2.2.11 CCITT 1.2.2.1, 1.2.2.3, 1.2.2.6 CD-ROM 1.2.2.2, 3.5.3.2 CEO 1.1.3.1 CE-Kennzeichnung 1.1.1.3 chairman 2.1.1.4 Chaos-Theorie 1.1.3.11 chaotische Lagerhaltung 1.2.1.4 Change Agent 1.1.1.2, 2.1.4.9, 2.2.4.1 charismatische Führung 2.1.3 .5 CGA-Karte 1.2.2.4 Chip 1.2.2.1, 1.2.2.2 CICS 3 8.3.4 CIM 1.1.3.11, 1.2.2.5, 3.4.0, 3.4.1.4, 3.4.3.4 CISC 1.2.2.2, CLDATA 1.2.2.11, 3.4.1.4 Clienting 3.5.4.1 Client-Server-System 1.2.2.3, 3.3.1.6 Clique 1.1.3.9, 2.1.2.7,2.1.2.3 Cluster 1.1.1.2, 1.2.2.2, 1.2.2.4, 1.3.2.2, 4.3.1.6 Cluster-Analyse 1.3.1.2, 3.4.0 Cluster-Controller 1.2.2.6 CNC-Maschine 1.2.2.11, 3.2.3.4, 3.7.1.5 Coaching 2.1.4.10 COBOL 1.2.2.3, 1.2.2.11 COCOMO-Verfahren 3.6.1.1 COMETT 1.1.1.2 Compiler 1.2.2.3, 3.2.3.4 Computer 1.1.1.1, 1.1.2.3, 1.1.3.1, 1.2.2, 1.2.4.7, 1.3.4.3,3.4.0 Computer-Based-Training (CBT) 3.4.3.3, 3.7.1.5 Computer-Delikt 1.2.2.7 Computervirus 1.2.2.7 COM-Verfahren 1.2.2.8 ConfoDesk 1.2.2.8 Conglomerate 1.4.2.2, 1.4.3.4, 2.1.1.4

Finanzmanagement 3.6.1.12, 4.6.1., 4.6.8. Finanzamarketing 4.6.1.3., 4.6 2.5 Finanzpotential 1.3.2.2 Finanzüberschuß s. Cash-Flow Finanzwirtschaft 1.1.2.2, 4.6.0 Finanzwirtschaftl. Optimum 4.6.8.1 Finanzwissenschaft 1.1.1.1, 1.1.2.3 Fischgrät-Diagramm 2.1.1.8, 2.2.4.1, 3.4.1.5, 3.4.2.1 Fisher-Separation 4.4.4, 4.6.8.1 Fit-Rate 2.2.4.2 Fixkosten 1.1.3.6, 4.3.1, 4.3.3, 4.3.4, 4.3.5.3, 4.3.5.5, 4.3.5.7, 4.4.3.1, 4.4.3.3, 4.4.5, Fixkostensprünge 1.1.3.6, 4.3.1.2 flexible automatis. Fertigungssysteme 3.4.1.3, 4.3.1.5 flexibles Fertigunggsystem 3.4.1.3 flexible Fertigungsinsel 3 .4.1.3 flexible Fertigungsstraße 3.4.1.3 Fließfertigung 1.2.4.7, 1.3.1.1, 2.1.4.6, 3.4.0, 3.4.1.2 Fließgleichgewicht 1.1.3.1, 1 1 3 11. 2.1 3.4 Floating Rate Notes 4.6.4.1 FMEA3.1.1.1, 3.2.1.6, 3.4.1.5 Fordismus 1.3.1.1, 4.1.4.6 Forfaitierung 4.6.5.2 Forschung und Entwicklung 1.1.3 .6, 3 .2, 4.4.5.3/4 FORTH 1.2 2.3 FORTRAN 1.2.2.3 Fortschrittszahl 3.3.1.3, 3.4.1.5 Fraktal 1.1.3.11 Franchising 1.6.3.2, 1.3.4.3/4, 1 4 Fremdbezug = De-Integration Fremdkapital 1.1.1.1, 1.1.1.6, 4.6.4 Frustration 1.1.3.5, 1.1.3.9, 2.1.3.2, 2.1.3.4 Frühwarnsystem 1.4.3.2/3, 2.2.3.3, 2.2.4.1, 4.6.7.1 FTS 1.2.2.11, 3.4.1.3, 3.4.3.4 Function-Point-Verfahren 3.8.1.1, 3.8.3.4 funktionales Management 2.2.4.2 funktionenorientierter Ansatz 1.1.3.6 Funktionsanalyse 4.3.5.8 Funktionsmeister-System 2.1.2.4 Fusion 1.6.1.2, 1.4.2.2 Futures 4.6.1.6 Fuzzy-Logic 1.2.2.2, 1.2.2.5, 1.2.2.10 Führungsstile 1.2.4.1, 2.1.3.5 G GAAP 4.0 Gantt-Diagramm s. Balkendiagramm Gateway 1.2.2.8, 3.3.3.4 Gebäudeautomation 1.2.3.4 Gebäudeversicherung 1.2.3.6 Gebrauchsmustergesetz 1.4.2.1 Gemeinkosten 1.1.3.1, 2.1.4.1, 4.2.1, 4.3.1.1, 4.3.4, 4.3.5.5 Gemeinkostenwertanalyse 4.0, 4.3.5.8 gemeinwirtschaftliches Prinzip 1.1.1.4 Generalbevollmächtigter 2.1.1.2

548

Stichwortverzeichnis

Generalunternehmer 3.6.1.9, 3.6.2.1 Genossenschaft 1.1.1.4, 1.3.3.4 Genußschein 4.6.2.3 Gesamtkostenverfahren 4.1.4.5,4.1.4.7, 4.2.1,4.2.4, 4.3.5.5 geschlossene Benutzer-Gruppen 3.3.3.3 Geschmacksmustergesetz 1.4.2.1 Gesellschafterversammlung 1.5.4.4, 2.1.1.4 Gesetz 4.3.1.1 Gewerbesteuer 4.7.7.4 Geschäftsführer 1.5.4.4, 2.1.1.3, Geschäftsleitung 1.5.3.3, 1.5.4.4, 2.1.1. Gewinnaufschlag 1.1.1.2, 4.2.5.2 Gewinnmaximierung 1.1.1.6, 1.1.2.3, 2.2.3.1, 2.2.3, 3.5.1.4 Gewinnthese 4.6.3.4, 4.6.8.2 Gewinn- und Verlustrechnung 4.1.3.3, 4.1.4, 4.1.6/7 Gewinnvergleich 4.4.3.2 gleitende Arbeitszeit 1.2.4.5 Globalisierung s. Internationalisierung Global Sourcing 3.3.1.7, 3 .3 .3.1 Global Supplying 3.5.5.1 GmbH 1.1.1.4, 1.4.3.3, 1.5.2, 1.5 4, 4.6.2.3 GOI 3.3.1.2, 3.8.1.7 Going Private/Public 1.4.2.2 /3, 4.6.2.2, 4.6.2.5 Gozintograph 1.2.1.2 Graphentheorie 1.2.1.2, 4.5.5.3 Gratisaktien 4.6.3.1 Grenzerlöse/-kosten 1.1.3.6, 4.3 .1.4 Grenzstückzahlmethode 4.4.3.1 Grobplanung 2.1.1.1, 2.2.4.3, 3.5.5.2 Großhändler 3.5.4.2 GRP (Gross-Rating-Points) 3 .5.1.2 Grundsätze der Buchführung 4.1.3.3, 4.1,6.1 Gruppendynamik 1.1.3.9 Gruppenorganisation 1.2.4.7, 2.1.2 4, 3.4.1.4 H Handelsbetriebe 1.1.1.2, 3.4.0, 3.4.1.3, 3.5.0, 3.5.3.1, 4.3.1.5 Händlerbefragung 3.5.1.1 Handwerk 1.1.1.2, 4.3.1.5 Hardcopy 3.2.1.3 Harddisk = Festplatte Hardware 1.2.2.1/2, 1.2.2.11, 3.2.3.3, 3.3.3.3, 3.4.3.4, 3.5.5.4, 3.7.3.2, 3.6.1.5, 3.6.1.5, 3.6.3.4, 4.6.8.5 Hardwaretopologien 1.2.2.2 Harzburger Modell 2.1.2.3 Hauptversammlung der Aktionäre 1.5.4.4, 2.1.1.1, 2.1.1.8

Hedging 1.4.3.3, 4.6.1.7, 4.6.8.5 Hercules-Karte 1.2.2.4 Herstellkosten 4.1.6.3, 4.2.5.3/4 Heuristik 1.2.2.5 HfD 1.2.2.6

Stichwortverzeichnis

Hierarchie 1.1.3.9, 1.3.1.2, 2.0, 2.1.2.1, 2.1.2.4, 2.1.2.8, 2.1.3.2, 2.1.3.5, 2.1.4.1 Hifo 4.1.4.2 Hipo-Methode 3.6.3.4 Hochregallager 1.2.1.3, 1.2.2.11, 3.4.3.4 Holding 2.1.1.5, 2.1.2.6, 4.6.2.4 Home Banking 1.2.2.4, 3.4.1.3, 3.5.0 Home Computer 1.2.2.2 Homo-Oeconomicus-Modell 1.1.3.2 Hostrechner 1.2.2.2, 1.2.2.6/11, 3.4.3.4, 3.5.5.4 Humanisierung der Arbeit 1.2.2.11,1.2.4.7, 2.1.2.3, 3.4.1.2, 3.4.0 Human Relations 1.1.3.3, 3.6.0 Human Resources 1.1.1.3, 1.1.2.2, 1.2.4.7, 2.1.4.6 hybride Verfahren 1.2.2.11 hypermediale Datenbanken 1.2.2.3 Hypermedie/-text 3.7.1.5 Hypothekarkredit 4.6.4.3 I 1AS 4.0 IBIS 4.6.1.4 Idealprofil 3.7.1.3 IDQ 1.1.3.4, 2.1.3.5 Ifo-Institut 3.5.1.1 IGES 1.2.2.1, 1.2.2.3,3.4.3.4 Immissionsschutzgesetz 1.2.1.6 Implementierung 1.2.2.3/5, 3.4.3.4 IMS 1.2.2.3 Incentive-Maßnahmen 3.7.1.7 Incoterms 3.3.1.2, 3.3.1.7, 4.2.5.7 induktive Methode 1.1.2.3 Industrial Engineering 1.1.2.3 Industrie 1.1.1.2, 3.4.1.4, 4.3.1.5 Industrieclearing 4.6.6.3 Indu striefuhrerschaft 1.4.2.5 Industrieller Reduktionismus s. De-Industr. Industrieökonomik 1.1.2.2 Industriepolitik 1.1.1.2 I nferenzkomponente 1.2.2.5 informale Organisation 1.1.3.3, 2.1.2.7, 3.4.2.1 Informatik 1.1.2.2, 1.2.2.1 Information 1.1.2.3, 1.1.3.8 Informatikrevolution 1.1.1.2, 1.2.2.1 Informations-Technologie 1.2.2.1 Informix 1.2.2.8 Innenfinanzierung 4.6.1., 4.6.3 innerbetriebl. Standort 1.2.3.2 Innovation 1.1.2.2/3, 1.3.1.1, 1.3.1.2, 1.3.2.4, 2.1.4.1, 2.1.4.7, 2.2.1, 3.0, 3.1.0, 3.1.1, 3.5.0, 3.6.0 Insolvenz 1.4.3.1 Inside-Out 1.1.3.1 Instandhaltung 3.4.1.5 Instanz 2.1.2.1 Intelligenz 1.2.2.5 Interaktionsmäßige Führung 2.1.4.7

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550

Stichwortverzeichnis

Interne Revision 4.6.7.2/3 Internet 1.2.2.3, 3.3.1.1 Internationalisierung 1.1.1.3, 1.1.2.1, 1.3.2.2, 1.4.2.3, 2.1.2.6, 4.0 Internet 1.2.2.3/4 Interne-Zinsfuß-Methode 2.2.4.1, 4.4.2.3, 4.4.4 Interpreter 1.2.2.3 Interview 3.5.1.1 Intranet 1.2.2.3 intrinsische Motivation 1.2.4.7, 2.1.4.4 Intuition 1.1.2.3, 1.3.1.1, 1.3.2.1 Inventur 4.1.2 Investitionsanlässe 4.4.1 Investitionsbudget 4.3.5.4 Investitionsentscheidung 1.1.2.2, 1.1.3.7, 1.1.3.10, 4.4 Investitionsgüterindustrie 3.4.0 Investitionsgüter-Marketing 3.6.0, 3.6.1.11 Investitionsprogramm 2.1.1.6, 4.6.8.1 Investors' Relations 2.2.3.2 I/O s. E/A Iowa-Studien 2.1.3.5 ISA-Bus 1.2.2.2 ISDN 1.2.2.6, 3.4.1.3 ISO 1.2.2.1, 1.2.2.6

J Japan 1.1.1.2/3, 1.1.2.1/3, 1.2.2.2, 1.2.3.1, 1.3.1.3, 1.4.2.3, 1.6.1.3, 1.6.2, 1.4, 2.1.1.8, 2.1.2.2, 2.2.4.2, 3.0, 3.1.1.1, 3.2.0, 3.3.0, 3.4.0, 3.4.1.4, 3.4.2.1, 3.4.3.1, 3.5.1 1, 4.3.1.7,4.6.8.5, 4.6.7.1 Jahresabschlußpriifüng 4.1.4.6 Jahresüberschuß 4.1.1 JAVA 1.2.2.3 Jessi 1.1.1.2 Job-Enlargement 1.2.4.7, 2.1.4.9, 3.4.1.2 Job-Enrichment 1.1.1.3,1.2.4.7, 2.1.2.4, 2.1.3.2, 2.1.4.4, 2.1.4.9, 2.2.4.3, 3.4.1.2 Job Rotation 1.2.4.7, 2.1.3.2, 2.1.4.9 Job-Sharing 1.2.4.5, 1.2.4.7 Joint Venture 1.1.1.2, 1.3.2.2, 1.3.4.1, 1.3 4.4,3.4, 4.4.3.3 Junk Bonds 4.6.2.4, 4.6.4.2 Just-In-Time (JIT) 1.1.2.1, 1.4.2.3, 3.3.0, 3.3.1.2, 3.3.1.5, 3.3.1.6, 3.4.1.5, 3.4.3.3 K Kaizen-System 1.1.2.3, 2.1.1.8, 3.4.0, 3.4.1.5, 4.4.5.1 Kanban-System 1.2.1.3,1,2,4,7, 2.1.1.8, 2.2.5.3,3.4.1.5,3.4.2.2,3.4.3.3 Kalkulation 1.3.2.3,3.4.3.4, 4.2.5 Kalkulationszinsfuß 1.1.3.7,4.4.2,4.4.4 Kameralistik 4.1.3.1 Kapazität 3.4.1.4, 3.4.3.2, 3.4.3.2/3, 3.5.3.1, 4.3.1.5 KapazitätserweiterungsefFekt 4.6.3.4

Stichwortverzeichnis

Kapitalbedarf 1.1.3.6, 6.7.1 Kapitalbindungsansatz 4.3.5.4 Kapitalbeteiligungsgesellschaft 4.6.2.4 Kapitalerhöhung 1.5.4.3, 4.6.2.3, 4.6.3.1 Kapitalfreisetzung 4.4.1, 4.6.3.2 Kapitalgesellschaften 1.5.4, 4.6.2.3 Kapitalkosten 3.7.8.1, 4.4.3.3 Kapitalumschlagshäufigkeit 1.1.1.6, 4.4.3.3 Kapitalwertmethode 1.1.2.3, 2.2.4.1, 4.4.2.2, 4.4.4 Karoshi 1.3.1.3 Karriere 1.1.1.3, 2.1.3.2, 2.1.3.3, Kartell 1.6.1.2, 1.6.2, 3.5.5.1 Kassenplanung 4.6.8.4, 4.3.5.4 Keiretsu 1.4.2.6, 1.6.1.3, 2.1.1.8, 4.6.0 Key Account Manager 1.3.2.1, 3.5.1.3, 3.5.4.1, 3.6.1.13, 3.7.1.5 kleine Aktiengesellschaft 1.5.4.3 Koalition 2.1.1.4, 2.1.2.7, 2.1.4.3, 2.2.4.2 Körperschaftssteuer 1.1.1.3, 4.3.5.5, 4.7.7.4 Kognition 1.1.3.4, 3 5.1.2 Kollegium 2.1.2.5 Kommanditgesellschaft 1.4.3.3, 1.5.1, 1.5.3, 4.6 2.2 Kommissionierung 1.2.1.1 Kommunikationsdiagramm 1.2.3.2 Kommunikationstheorie 1.1.3.7/8, 2.1.3.5 Kompatibilität 1.2.2.1 Kompetenz 1.1.1.1/2, 2.1.2.3 Komplettbearbeitung 3.4.1 Konditionieren 1.1.3.4 Konfigurations-Management 3.1.1.1, 3.6.1.5 Konflikt 1.2.4.2, 2.2.4.2 Konkurs 1.1.1.1, 1.4.3.3 Konsens 2.1.1.8, 2.2.4.2, Konsortium 3.6.2.1 konsultative Führung 2.1.3 .5, 2.2.4.1, 2.2.4.3/4 Kontiguitätsprinzip 1.1.3.4 Kontingenzmodell 2.1.3 .5, 2.1.4.7 kontinuierliche Produktionsverbesser. 2.1.1.1, 3 4.0 Kontokorrentkredit 4.6.6.2 Konventionalstrafe 3.4.3.2, 3.6.1.8 Konzeptwerbung 3.5.1.2 Konzern 1.3.4.1/2, 1.4.2.6, 2.1.1.2, 2.1.1.5 Konzernabschluß 4.1.4.7 Kooperation 1.4.2.2, 1.3.4, 3.2.3.1, 3.3 1.9 Korruptionsabwehr 3.3.0 Kostendefinition 4.2.1 Kostenartenrechnung 4.2.2 Kostenerstattungspreis 3.3.1.2, 3.6.1.7 Kostenstellenrechnung 4.2.3 Kostentopologie 3.4.0, 4.3.1.6 Kostenträgerrechnung 4.2.4, 4.2.5 Kostenvergleich 2.2.4.1/2, 4.4.3.1 KOZ-Regel 3.4.1.5 Kreativität 1.1.3.11, 2.1.2.5, 2 1 1 Kredit 1.3.4.4 Krisenmanagement 1.4.2.6, 1.4.3.3, 3.6.1.2 kritische Stückzahl 4.4.3.1 künstliche Intelligenz s. Artificial Intellieence

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Stichwortverzeichnis

Mehrwertdienste 1.2.2.4 Mehrwertsteuer 4.7.7.4 Meldebestand 1.2.1.4, 4.5.2.2 Menschenbild 1.2.4.7, 3.7.0 Menütechnik 1.2.2.2, 1.2.2.4, 3.4.3.4 Merchandizing 3.5.1.2 Methodenstreit 1.1.2.3 Michigan-Studien 2.1.3.5 Middle Management 1.1.3.1, 2.1.3.2/3 Mikrocomputer 1.2.2.2, 1.2.2.4, 1.3.1.1 Mikrokanal 1.2.2.2 Mikroprozessor 1.2.2.2 Mindestrendite 1.1.1.6, 2.2.3, 4.4.3.3 Minicomputer 1.2.2.2, 1.2.3.4 Minimax-Regel 2.2.2.1 Mips 1.2.2.2 MIS 1.1.3.1 Misfit 1.1.3.10, 1.3.2.3, 3.4.1.5 Mitarbeiter Portfolio 2.1.4.6, 3.5.1.2 Mitbestimmung 1.1.1.3, 1.1.2.1, 1.3.2.2, 2.1.1.6/7, 2.1.3.5,2.1.4.9,3.6.0 Mittlere Datentechnik 1.2.2.2 M M S 1.2.2.4 M M U 1.2.2.2 Mobbing 2.1.3.9 Modellbildung 1.1.3.1 Modem 1.2.2.2, 1.2.2.4, 1.2.3.4 Moderator 2.1.2.5, 3.4.2.1 Modula 1.2.2.3, 3.6.3.4 Monte-Carlo-Simulation 4.5.3.2 MOS 1.2.2.1 morphologischer Kasten 2.2.2.1 Motivation 1.1.1.4, 1.1.3.2, 1.1.3.7/8, 1.2.4.7, 2.1.1.8, 2.1.2.6, 2.1.3, 2.1.4.4, 2.2.4.3, 3.3.1.4, 3.4.1.2, 3.4.2.1, 3.5.5.2, 3.7.0 M P M 3.6.3.2 MRP 1.2.1.2, 3.4.1.4 MS-DOS 1.2.2.1-3, 3.6.3.4 MTBF 2.2.4.2 M T M 1.1.2.3, 1.2.4.6, 3.4.3.4 Muddling Through 2.2.4.2 Multi Currency Notes 4.6.4.1 Multi-Faktoren-Analyse 1.4.2.4, 2.2.4.1, 3.4.1.5 MultiMate 1.2.2.8 Multimedia 1.2.2.2, 1.2.2.4, 3.5.0, 3.5.3.2 Multiples Management 3.7.1.5 Multipolarisierung 1.4.4.2, 2.1.2.8 Multiprogramming 1.2.2.3 Multitasking 1.2.2.3, 1.2.2.11, 1.7, 3.4.3.4 Multiuser 1.2.2.3, 1.2.2.11, 3.4.3.4 N Nachkalkulation 3.4.1.3, 3.6.1.12, 4.6.7.2 Namensgebung 1.4.1.3,1.5.5 NC-Maschine 1.2.2.11, 3.2.1.3, 3.4.1.3, 3.4.1.4, 3.4.3.4 Negoziationskredit 4.6.6.4

Stichwortverzeichnis

Self-Fulfilling-Prophecy 2.2.4.3 Sensibilitätsanalyse 4.5.1, 4.5.3.2 Sensor 1.2.2.11 Serienfertigung 3.4.1.1, 3.4.3.3 Server 1.2.2.6, 3.4.3.4 SET 1.2.2.1 Sexualität 2.1.1.8, 2.1.4.4, shareholder value/capitalism 1.1.1.3, 1.4.2.1, 2.1.1.4, 2.2.3.2, 4.0,4.6.1.3, 4.6.8.6 Shell 1.2.2.5 Sicherheitsbestand 1.2.1.4, 4.5.2.2 Sicherheitssoftware 3.7.3.2 S i cherheitstechnik 1.2.3.6 Simplexmethode 4.2.4.4, 4.4.4, 4.5.4.3 Simultaneous Engineering 2.1.1.8, 3.1.1.1, 3.2 3.1, 3.2.1.5, 3.3.1.2, 3.4.1.5 simultane Unternehmensplanung 4.4.4 Simulation 1.2.2.9, 1.2.3.3, 1.4.3.2, 3.3.0, 3.2 1.3, 3.4.3.4, 3.6.1.1, 4.5.3.2 Single Sourcing 3.0, 3.3.1.2, 3.3.3.1, 3.4.1.5 situativer Ansatz 1.1.2, 1.1.3 10, 1.6.3.1, 2.1.4.7 Skalierung 2.1.3.7, 3.5.1.1,3.6.1.3 Skippie 3.5.0 SLIM-Verfahren 3.6.1.1 SNA 1.2.2.6 Social-Emotion-Leader 2.1.4.7 Software 1.1.1.2, 1.1.1.6, 1.2.2, 3.2.3.3, 3.3.3.3, 3.4.3.4, 3.5.2.2, 3.5.5.4, 3.7.3.2, 3.6 1.1, 3.6 1.5, 3.6.3.4, 4.6, 4.6.8.5 Softwarenetz 1.2.2.6 Software Werkzeuge (Tools) 1.2.2.2, 3.2 1.3, 3 4.1.4, 3.6.3.4 Sondereinzelkosten 4.3.1.6 SOR-Prinzip 1.1.3.4, 2.2.2.4, 3.5.2.5 Sozialabteilung 3.7.2.1 Sozialbilanzen 4.1.9 soziale Kompetenz 2.1.4.10, 3 .7.1.5 Sozialplan 1.2.3.1, 2.1.1.1, 4.4 5.3 Sozialversicherung 1.2.4.4, 3 .7.2.1 Spartenorganisation 2.1.1.4, 2.1.2.3, 2.1.2 6 Speicher 1.2.2.2 Speicherbuchfuhrung 4.1.3.3,4.1.6.1 speicherprogrammierbare Steuer. 1.2.2.9, 3.4, 3.4.1.5 Spezialisierung 1.1.3.2, 1.2.4.7, 2.1.2.6, 3.4.1.1 Spillover 3.5.5.2 Spin-off 1.1.1.3, 1.4.1.1 Sponsern 3.5.1.2 Social Setting 2.1.3.4 soziale Kompetenz 3.7.1.5 sozial-integrative Führungsstile 2.1.3.5 sRAM 1.2.2.2 Stab 1.1.1.2, 1.1.2.3, 1.2.4.7, 2.1.2.4, 2.2.4.1-3, 3.1.2.1,3.5.4.1/2 Standardabweichung 4.5.2.2 Standardkosten 4.3.4, 4.3.5.5 Standortwahl 1.1.1.2, 1.2.3.1/2,4.5.6 stakeholder capitalism 1.1.1.3, 1.4.2.1, 2.1.1.4, 2.2.3.2,4.6.1.3, 4.6.8.6 Stapelverarbeitung s. Batch-proc. StarWriter 1.2.2.8

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Stichwortverzeichnis

Stellenbildung 2.1.2.1 STEP 1.2.2.1 Stepping-Stone-Methode 2.1.2.6, 4.5.5.1 Steuerbelastung 1.1.2.3, 2.2.3.2, 4.3.5.5 Steuerbilanz 4.1.4.3, 4.1.6.3, 4.1.7.2 Steuern 1.3.3.5, 4.1.7, 4.3.2, 4.3.5.5, 4.6.3.4 Steuerung 1.1.3.7, 2.1.2.3 Steuerwerk 1.2.2.2 Stille Gesellschaft 1.1.1.4, 4.6.2.1 Strategie 1.4.4.3 Strategiebildung 1.3.2.4 Strategische Allianz 1.1.1.2, 1.4.2.3, 1.4.2.6, 1.6.1, 1.3.4.4, 2.1.1.1, 3.2.3.1, 4.4.3.3, 4.6.7.1 strateg. Basis 1.2.1.1, 1.4.2.3 strategische Entscheidungen 1.3.2, 4.3.1.7, 4.4.4, 4.4.5.3/4 Strategische Geschäftseinheiten (SGE) 1.4.2.4, 1.4.2.5, 2.1.2.6 Strat. Produktionseinheit 3 .4 .1.2 strategische Unternehmensplanung 4.3.2 Streamer 1.2.2.7 Streik 1.1.1.3 Stress 2.1.3.2 Strichcode 1.2.2.8, 3.4.1.3, 3.4.1.4, 3.4.3.4 Stückliste 1.2.1.2, 3.2.1.3, 3.2.2.2, 3.4.1.4 Styling 3.2.2.1, 3.5.1.1 Subventionen 3.6.1.12, 4.6.2.4 Subsidiaritätsprinzip 1.3.1.3 Substanzerhaltung 1.1.2.1 Substitutionseffekt 4.4.5.4 substrateg. Projekt 4.3.2, 4.4.4 Sunk Cost 4.4.4, 4.4.5.1/2 Swap 4.6.4.1 Synektik 2.2.1.3 Synergie 1.1.3.9, 1.4.2.2, 1.6.1, 3.2.1.2, 3.6.2.4, 4.6.8.1 System 1.1.3.7, 1.1.3.11/12, 3.4.3.4, Systemanalyse 3.6.1.1, 3.6.3.4 Systemfuhrerschaft 1.4.2.5, 1.4.2.6 Systemingenieur 3.6.2.2 systemtheoretischer Ansatz 1.1.3.7 Szenario-Technik 2.2.1.4, 4.3.5.2 T Tabellenkalkul. 1.2.2.2, 1.2.2.8 Taguchi-Qualitätsfünktion 2.1.1.8, 3 .2.1 1 Taos2.1.4.11 Tarifvertrag 1.2.4.2 Task Force 2.2.4.1 Task Leader 1.4.3.4, 2.1.4.7 TCP/IP 1.2.2.6 Teamwork 1.1.3.1, 2.1.2.2, 3.2.1.1, 3.6.1.13, 3.6.0, 3.6.2.4 Technologie-Portfolio 3.1.1.1 Technologische Kette 1.3.1.2, 3.1 1 1, 3.4.1.4, 3.5.1.1 Technology Assessment 1.1.3.1, 2.2.4.1

Stichwortverzeichnis

vorwettbewerblicher Bereich 1.6.1.2, 2.1.1.8, 3.1.1.1 W Wandelschuldverschreibung 4.6.4.2 Warteschlangen-Modell 3.4.1.5, 4.5.3 Wartung 1.2.2.5, 3.4.1.5, 3.5.2.2 Werbung 1.1.3.11, 3.5.1.2, 3.5.2.4, 3.5.5.1/2, 4.3.5.7 Werkstattfertigung 3.4.1.2, 3.4.3.4 Wertanalyse 1.1.2.3, 3.2.1.2,4.2.5.6, 4.3.5.8,4.4.5.1 Wertberichtigung 4.1.4.3 Wertschöpfüng 1.1.1.2/3, 1.2.1.1, 1.2.1.4, 1.4.2.2/3/5, 2.0, 2.1.4.7, 2.2.4.1, 3.3.0, 3 4 12, 3.5.0, 3.7.0, 4.0, 4.1.9.2, 4.2.5.6, Wertzuwachssteuerung 3.4.1.5 Wiederbeschaffiingszeit 1.2.1.4 Windows 1.2.2.2, 1.2.2.8 Wirtschaftlichkeit 1.1.1.5 Wirtschaftlichkeitsrechnung 4.4 Wirtschaftsinformatik 1.1.2.2 Wirtschaftsprinzipien 1.1.1.4, 2.0, 2.2.3 Wirtschaftspsychologie 1.1.2.2 Wirtschaftsrecht 1.1.2.2 wissenschaftl. Betriebsfuhrung 1.1.3.2 WORD 1.2.2.8 World Wide Web 1.2.2.3 WordStar 1.2.2.8 Work Factor 1.1.2.3, 1.2.4.6 Working Capital 1.1.1.6, 4.4.3.3, 4.3.5.4/5, 4.4.4,4.4.5, 4.6.8.2 Workstation 1.2.2.2, 3.2.3.4 WORM 1.2.2.2 X XYZ-Analyse 3.4.1.5 X.25, X.400 1.2.2.1, 1.2.2.8, 3.4.1.3 Z Zeitlohn 3 .7.1.7 Zeitwirtschaft 3.4.1.4 zentrale/dezentrale Organisation 1.1.1.2, 1.1.2.3, 2.1.2.3/6, 3.3.2.1, 3.4.1.5, 3.5.5.4 Zentraleinheit 1.2.2.2, 1.2.2.4 Zentralisierung 2.1.2.6 Zero-Base-Budgeting 4.0, 4.3.5.2, 4.3.5.8 Zerobonds 3.7.4.1 Zieldekomposition 2.2.3.3 Zielkostenmanagement 3.3.3.2-3, 4.2.5.6, 4.6.7.1 Zielrendite 2.1.2.6, 2.2.3, 3.1.1.2, 3.5.1.4, 4.3.5.5, 4.4.3.3, 4.4.4, 4.4.5, 4.6.4.3 Zielsystem 2.2.3 Zuschlagskalkulation 4.2.5.3 Zwei-Faktoren-Theorie 2.1.4.4 Zwischenkalkuation 3.6.1.12, 4.2.5.0

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