Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente 9783110289596, 9783110289442

Every year vast numbers of valuable sound recordings, films, and videos housed in public collections are unintentionally

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German Pages 78 Year 2014

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Table of contents :
Verwendete Marginalien
1 Begriffe und Abgrenzungen
1.1 Audiovisuelle Dokumente
1.2 Bestandserhaltung
1.3 Audiovisuelle Archive
1.4 Voraussetzungen für die Bestandserhaltung
1.4.1 Kompetenzen
1.4.2 Infrastrukturen
2 Aufbau, Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Sammlungsbestände
2.1 Bestandsaufbau
2.2 Bestandserhaltung
2.2.1 Trägerzerfall
2.2.2 Technische Obsoleszenz
2.3 Vermittlung
2.3.1 Nutzungsarten und Rechte
2.3.2 Qualitätskriterien für das audiovisuelle Angebot
3 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung
3.1 Tonaufnahmen
3.1.1 Zur Geschichte der Tonaufnahme
3.1.2 Materialkenntnisse, Handhabung und Erhaltung
3.1.2.1 Mechanische Tonträger: Zylinder und Schallplatten
3.1.2.2 Magnetische Tonträger
3.1.2.3 Optische Tonträger
3.1.2.4 Tondokumente in Dateiformat
3.2 Film
3.2.1 Geschichte und Beschreibung der Materialien
3.2.2 Identifikation des Materials und der Aufzeichnungsweise
3.2.3 Filme erhalten
3.2.3.1 Zustand
3.2.3.2 Konservierung
3.2.3.3 Filme identifizieren
3.2.3.4 Langfristige Planung der Erhaltung von Filmen
3.2.3.5 Filme duplizieren
3.3 Video
3.3.1 Geschichte und Beschreibung der Materialien
3.3.2 Videos erhalten
3.3.2.1 Abspielen zur Identifikation des Inhalts
3.3.2.2 Konservierung
4 Von der Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente zur Bestandserhaltung digitaler Daten
5 Beispiel: Erstellen eines Auftrags zur Digitalisierung von Videobändern
6 Beispiel: Erste Arbeiten beim Ordnen eines audiovisuellen Bestands
6.1 Materialien trennen
6.2 Verzeichnis des audiovisuellen Bestands
6.3 Was kann einer solchen Liste entnommen werden?
6.3.1 Tondokumente
6.3.2 Film
6.3.3 Video
6.4 Schlussbemerkungen
7 Ethische Grundsätze des Archivierens audiovisueller Dokumente
7.1 Ethische Grundsätze des Umgangs mit audiovisuellen Dokumenten
7.2 Ethische Grundsätze des Bestandsaufbaus
7.3 Ethische Grundsätze der Bestandserhaltung
7.4 Ethische Grundsätze der Bestandsvermittlung
7.5 Schlussbemerkung
8 Literatur und Internet-Links
8.1 Bestandserhaltung
8.2 Bestandserhaltung bei audiovisuellen Dokumenten
8.3 Tondokumente
8.4 Film
8.5 Video
8.6 Ethikkodizes
9 Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente in spezialisierten Institutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz
Über den Autor
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Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente
 9783110289596, 9783110289442

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Kurt Deggeller Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente

Praxiswissen Bibliotheks- und Informationsmanagement in der juristischen Praxis Herausgegeben von Anne Jacobs

Kurt Deggeller

Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente

ISBN 978-3-11-028944-2 e-ISBN 978-3-11-028959-6 ISSN 2193-0198 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlagabbildung: ouh_desire/iStock/Thinkstock Zeichnungen: Angela Holzmann, aha Design, München; Oliver Köjer, Duisburg Satz: Medien Profis GmbH, Leipzig Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Einleitung In vielen Archiven, Bibliotheken und Museen haben audiovisuelle Dokumente – Tonaufnahmen, Filme und Videos – nicht den gleichen Status und werden nicht mit demselben Respekt behandelt wie die traditionellen Sammlungsobjekte und zwar sowohl hinsichtlich ihrer Sicherung als auch ihrer Zugänglichkeit. Liegt es daran, dass die schriftliche Überlieferung 4000 Jahre zurückreicht, während die älteste Form audiovisueller Aufzeichnungen, die Tonaufnahme, gerade einmal 140 Jahre alt ist, oder können wir nicht vergessen, dass laufende Bilder und Töne nach ihrer Erfindung zunächst einmal eine Jahrmarktattraktion waren und seither von der Unterhaltungsindustrie intensiv genutzt werden? Die Frage kann in diesem Rahmen nicht schlüssig beantwortet werden. Es geht hier vielmehr darum, das vielerorts fehlende Grundwissen über den Umgang mit Tonaufnahmen, Filmen und Videos zu vermitteln und für die Praxis besser zugänglich zu machen. Audiovisuelle Dokumente sind in den meisten der sogenannten Gedächtnisinstitutionen – Archiven, Bibliotheken und Museen – anzutreffen. Unsere Ratschläge richten sich darum an Mitarbeitende von Gedächtnisinstitutionen, die in irgendeiner Weise mit audiovisuellen Dokumenten zu tun haben, sei es als Sammlungsverantwortliche, in der Nutzerbetreuung oder im Magazin. Wer mit moderner audiovisueller Technik vertraut ist, wird sich fragen, warum es heute überhaupt noch notwendig ist, über das Sammeln, Erhalten und Vermitteln von Video- und Tonkassetten, Filmen, Schallplatten und Tonbandspulen zu sprechen. Das Wesentliche, so meinen viele, findet sich irgendwo als Datei gespeichert und ist mehr oder weniger legal über einen Internetzugang erreichbar. Untersuchungen der von der Europäischen Union finanzierten Projekte TAPE und PRESTO haben gezeigt, dass in der Mitte des ersten Jahrzehnts unseres Jahrhunderts noch 85 % der audiovisuellen Bestände in analogen Formaten vorlagen und fast 100 % auf verschiedenen Trägermaterialien in den Regalen standen, also nicht als Dateien gespeichert wurden. Neben den urheberrechtlichen Schranken ist dies ein wichtiger Grund dafür, dass in digitalen Sammlungen, wie zum Beispiel Europeana, der Anteil der audiovisuellen Dokumente an den online zugänglichen Kulturgütern immer noch vergleichsweise niedrig ist. Wir stehen also vor der Aufgabe, eine grosse Zahl von Bildern und Tönen über die nächsten Jahrzehnte zu retten. Da Millionenkredite für eine flächendeckende Digitalisierung der audiovisuellen Kulturgüter nur selten vorhanden sind und sich auch damit nicht alle Probleme lösen lassen, betrifft diese Aufgabe jede einzelne Institution und dort die Personen, die auf verschiedenen Hierarchieebenen die Verantwortung für den audiovisuellen Teil der Sammlung tragen. Davon betroffen sind nicht nur grosse, auf audiovisuelle Dokumente spezialisierte Institutionen. Bei den oben genannten Untersuchungen ergab sich, dass rund 75 % der erfassten audiovisuellen Bestände weniger als 5000 Objekte enthielten. Dieser Ratgeber bietet Hilfe bei der Planung der Verwaltung audiovisueller Bestände, bei der täglichen Arbeit mit diesen Dokumenten und bei der Aus- und Weiterbildung. Unser Text vermittelt in den ersten beiden Kapiteln die theoretische Basis, die es erlaubt, das in den folgenden Kapiteln enthaltene Praxiswissen einzuordnen. Fragen nach der Abgrenzung des Arbeitsgebiets und dem Ein- beziehungsweise Ausschluss von Kontextmaterial sind zu klären. So wird in dieser Publikation beispielsweise die Fotografie nicht behandelt, die in einigen Ländern zum audiovisuellen Kulturgut gerechnet wird. Es gilt, den Begriff „Audiovisuelles Archiv“ als Bezeichnung für eine Institution, aber auch für einen Bestand zu betrachten. Ausserdem geht es

Hinweis TAPE Training for Audiovisual Preservation in Europe. Ein Projekt der Europäischen Kommission im Rahmen des Culture 2000 Programms 2005–2008. www.tape-online.net PRESTO-Projekte: – Presto Preservation Technology for European Broadcast Archives (2000–2002), – Presto Prime. Ein Projekt des 7. Rahmenprogramms der Europäischen Kommission 2009–2012. www.prestoprime.org – PrestoCentre Stiftung (Nachfolgeinstitution von Presto und PrestoPrime) www.prestocentre.org

VI 

 Einleitung

darum, die Kenntnis der Vielfalt des audiovisuellen Materials nach seiner Herkunft und Bestimmung zu vermitteln: Publikationen der Film- und Tonträgerindustrie, Produktionen von Radio und Fernsehen, Aufnahmen der wissenschaftlichen Forschung, Kunstwerke, um nur einige Beispiele zu nennen. Wenn eine Institution die Verantwortung für die Langzeiterhaltung audiovisueller Dokumente übernimmt, muss sie gewisse Voraussetzungen erfüllen, die im zweiten Kapitel über Aufbau, Erhaltung und Vermittlung beschrieben sind. Hier geht es um die Anforderungen an die Infrastrukturen und um die Kompetenzen der Mitarbeitenden. Schliesslich sind Tonaufnahmen, Filme und Videos in ihrer je eigenen Materialität zu betrachten und die sich daraus ableitenden besonderen Erfordernisse im Umgang mit ihnen (3. Kapitel). Die Anforderungen sind hoch, wir werden aber versuchen, auch die vielerorts notwendigen Kompromisse in die Darstellung einzubeziehen und ihre Konsequenzen zu zeigen. Damit möchten wir erreichen, dass zukünftig weniger Kompromisse und weniger unkontrollierte Risiken eingegangen werden. Dieser Ratgeber konzentriert sich, wie schon angesprochen, auf die audiovisuellen Dokumente in ihrer traditionellen, d. h. an einen bestimmten physischen Träger gebundene Erscheinungsform. Die wichtigsten Charakteristiken der Filme und Tonaufnahmen in Dateiformaten sind bei der Behandlung der verschiedenen Dokumentarten beispielhaft genannt. Im vierten Kapitel wird der sich zurzeit vollziehende Paradigmenwechsel von der Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente zur Bestandserhaltung digitaler Dateien in seinen Grundzügen beschrieben. Im 5. Kapitel geht es dann um die schwierige Aufgabe, einen Auftrag für die Digitalisierung audiovisueller Dokumente zu erteilen. Wer sich einen ersten Überblick über einen audiovisuellen Bestand verschaffen möchte, findet dafür ein Beispiel im 6. Kapitel. Wir haben in allen Kapiteln darauf verzichtet, technische Einzelheiten zu beschreiben. Dies aus zwei Gründen: Erstens braucht es bei der Bestandserhaltung immer die Zusammenarbeit verschiedener Kompetenzen, die man sich nicht durch die Lektüre eines Handbuchs erwerben kann. Das gilt für den analogen und den digitalen Bereich. Zweitens galt es zu vermeiden, technische Details zu beschreiben, die schon morgen durch die rasante technische Entwicklung überholt sein werden. Vieles, was in dieser Publikation ausgeführt wird, wurde schon in anderem Zusammenhang gesagt. Wo wir uns direkt auf eine dieser Quellen stützen, steht ein entsprechender Hinweis. Die Auswahl und Ordnung der Themen geht auf zwei persönliche Erfahrungsbereiche zurück: auf den Unterricht für angehende Archivarinnen und Bibliothekare sowie auf die Förderung und Betreuung von Projekten zur Erhaltung audiovisueller Kulturgüter. Wir hoffen, damit einen Beitrag zur Erhaltung des audiovisuellen Gedächtnisses unseres und des vorangegangenen Jahrhunderts leisten zu können. An vielen Stellen steht der Hinweis, dass man sich zur Lösung eines bestimmten Problems an eine Fachperson oder eine spezialisierte Institution wenden soll. Es ist eine nicht ganz einfache Aufgabe, hier konkrete Adressen für die drei deutschsprachigen Länder Deutschland, Österreich und Schweiz zu nennen. Auch ist es nicht möglich, private Dienstleister zu erwähnen, da dieser Markt schon recht gross, aber auch unübersichtlich ist. Die Qualität der Angebote ist unterschiedlich, und es liegt jenseits unserer Möglichkeiten, hier zuverlässige Aussagen zu machen. Angesichts dieser Situation haben wir uns dafür entschlossen, die wichtigsten Institutionen in den drei Ländern zu nennen, an die man sich wenden kann (Kapitel 9). Auch haben wir im Kapitel 5 ein Beispiel dafür gegeben, welche Anforderungen an Dienstleister gestellt werden müssen.

Einleitung 

Schliesslich gilt es noch allen zu danken, die zum Entstehen dieser Publikation beigetragen haben: den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle von Memoriav (Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz): Pia Imbach, Rudolf Müller und Yves Niederhäuser; David Landolf von der Kinemathek Lichtspiel in Bern, sowie Henrike Hoffmann und Léonie Daniels; Frau Alice Keller und Frau Claudia Heyer vom De Gruyter Verlag sei für die umsichtige Betreuung gedankt. Basel, im März 2014 Kurt Deggeller

 VII

Inhalt Verwendete Marginalien 

 X

 1 1 Begriffe und Abgrenzungen  1.1 Audiovisuelle Dokumente   1 1.2  Bestandserhaltung    1 1.3  Audiovisuelle Archive   3 1.4  Voraussetzungen für die Bestandserhaltung  1.4.1  Kompetenzen   4 1.4.2  Infrastrukturen   5

 4

2  Aufbau, Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Sammlungsbestände   11 2.1  Bestandsaufbau   11 2.2  Bestandserhaltung   12 2.2.1  Trägerzerfall   12 2.2.2  Technische Obsoleszenz   13 2.3  Vermittlung   15 2.3.1  Nutzungsarten und Rechte   15 2.3.2  Qualitätskriterien für das audiovisuelle Angebot 

 16

3   Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung   17 3.1  Tonaufnahmen   17 3.1.1  Zur Geschichte der Tonaufnahme   18 3.1.2  Materialkenntnisse, Handhabung und Erhaltung   19 3.1.2.1   Mechanische Tonträger: Zylinder und Schallplatten   19 3.1.2.2   Magnetische Tonträger   23 3.1.2.3   Optische Tonträger   26 3.1.2.4   Tondokumente in Dateiformat   27 3.2  Film   27 3.2.1  Geschichte und Beschreibung der Materialien   28 3.2.2  Identifikation des Materials und der Aufzeichnungsweise   29 3.2.3  Filme erhalten   32 3.2.3.1   Zustand   32 3.2.3.2   Konservierung   33 3.2.3.3   Filme identifizieren   34 3.2.3.4   Langfristige Planung der Erhaltung von Filmen   34 3.2.3.5   Filme duplizieren   35 3.3  Video   36 3.3.1  Geschichte und Beschreibung der Materialien   36 3.3.2  Videos erhalten   45 3.3.2.1   Abspielen zur Identifikation des Inhalts   45 3.3.2.2   Konservierung   46

Inhalt 

4  

Von der Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente zur Bestandserhaltung digitaler Daten   47

5  

Beispiel: Erstellen eines Auftrags zur Digitalisierung von Videobändern   49  51

6   Beispiel: Erste Arbeiten beim Ordnen eines audiovisuellen Bestands  6.1  Materialien trennen   51 6.2  Verzeichnis des audiovisuellen Bestands   52 6.3  Was kann einer solchen Liste entnommen werden?   53 6.3.1  Tondokumente   53 6.3.2  Film   54 6.3.3  Video   55 6.4  Schlussbemerkungen   56 7 Ethische Grundsätze des Archivierens audiovisueller Dokumente  7.1 Ethische Grundsätze des Umgangs mit audiovisuellen Dokumenten   58 7.2  Ethische Grundsätze des Bestandsaufbaus   59 7.3  Ethische Grundsätze der Bestandserhaltung   60 7.4  Ethische Grundsätze der Bestandsvermittlung   61 7.5  Schlussbemerkung   62  63 8  Literatur und Internet-Links  8.1  Bestandserhaltung   63 8.2  Bestandserhaltung bei audiovisuellen Dokumenten  8.3  Tondokumente   63 8.4  Film   64 8.5  Video   64 8.6  Ethikkodizes   65 9  

 63

Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente in spezialisierten Institutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz   66

Über den Autor 

 68

 57

 IX

Verwendete Marginalien Zur besseren Übersicht werden im Buch unterschiedliche Symbole als Marginalien verwendet. Diese haben die folgenden Bedeutungen: Achtung: Wichtige Hinweise und Ergebnisse, die Sie unbedingt beachten sollten.

Hinweis: Hier werden Tipps, Hintergrundinformationen, Literaturhinweise aber auch Warnungen gegeben.

Rechtsnorm: Auf bestehende Rechtsnormen und länderspezifische Unterschiede wird hingewiesen.

Übersicht: Die Übersichten bieten Hinweise in anschaulicher Darstellung.

Zentrale These: Zentrale Thesen weisen auf die Essentials der jeweiligen Kapitel hin.

Zitat: Zitate aus verschiedenen Textquellen werden hier wiedergegeben.

1  Begriffe und Abgrenzungen Während der Begriff der „Bestandserhaltung“ in den hier angesprochenen Fachkreisen bekannt sein dürfte, werden mit dem Begriff „audiovisuell“ verschiedene Vorstellungen verbunden. Es muss darum zunächst geklärt werden, wovon hier die Rede sein soll.

1.1 Audiovisuelle Dokumente Zu den zahllosen Erfindungen des 19. Jahrhunderts zählen auch die Fotografie, die Tonaufnahme und der Film. Es gelang damit, Sinneswahrnehmungen auf einen Träger zu fixieren und dadurch zu verewigen. „Verewigen“ erwies sich allerdings bald als nur bedingt erfüllbarer Wunsch: die Trägermaterialien waren von Anfang an physikalisch und chemisch instabil, die ersten Tonaufnahmen etwa waren nach wenigem Abspielen gelöscht. In derselben Zeit, genauer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wurde allerdings auch das Papier, das bisher ein zuverlässiger Träger für Information in schriftlicher Form gewesen war, chemisch instabil. Der rasch steigende Bedarf an Papier führte zu neuen Produktionsprozessen mit der systematischen Verwendung von Holz anstelle textiler Fasern. Es entstanden jene „sauren“ Papiere, die wir heute aufwändig entsäuern müssen. Die Erfindungen von Fotografie, Tonaufnahme und Film führten zu einer ganz neuen Kategorie von Dokumenten, mit deren Einordnung man zunächst seine liebe Mühe hatte. So schrieb die britische Zeitung „The Era“ am 17. Oktober 1896: „Bei Filmen handelt es sich weder um Drucke noch um Bücher, noch um – eigentlich weiss jeder, was ein Film nicht ist, aber niemand kann so genau sagen, was er ist. Er passt einfach nicht in ein bestimmtes Schema. Das eigentliche Ärgernis besteht darin, dass niemand genau sagen kann, in welche Kategorie er eigentlich einzuordnen ist.“ Die heute in manchen Bibliotheken noch verwendete Kategorie der „Non-Books“ zeigt, dass das Dilemma vielerorts immer noch besteht. Die Bezeichnung „audiovisuell“ für diese Art von Dokumenten ist neueren Datums und beruht nicht auf einer allgemein verbindlichen Definition. Wie schon in der Einleitung erwähnt, lassen wir die Fotografie beiseite. Sie wird mehrheitlich nicht zu den audiovisuellen Dokumenten gezählt, und über die Erhaltung von fotografischen Aufnahmen gibt es bereits eine umfangreiche Literatur. Wir beschäftigen uns also mit Dokumenten, deren Inhalt mit Tönen und/oder bewegten Bildern dargestellt ist: Tonaufnahmen, stumme oder vertonte Filme und Videos. Damit die Publikation übersichtlich bleibt, beschränken wir uns auf Arten audiovisueller Dokumente, wie sie in den Beständen von Archiven, Bibliotheken und Museen am häufigsten vorkommen. Walzen und Papierrollen für Musikautomaten, Tonbildschauen, Tonträger von Diktiergeräten, um nur einige Beispiele zu nennen, bleiben ebenso ausgespart wie Websites oder Videospiele, deren Sammeln und Erhalten neue Herausforderungen darstellen.

1.2 Bestandserhaltung Der Inhalt dieses Bandes ist bewusst auf die Bestandserhaltung konzentriert; die Bestandsvermittlung wird nur so weit berücksichtigt, als sie mit der Bestandserhaltung in direktem Zusammenhang steht. Es dürfte aber ein Konsens darüber bestehen, dass

Zitat: “The film was neither a print nor a book, nor – in fact, everybody could say what it was not; but nobody could say what it was. The scheme was not exactly pigeonholed. The real trouble was that nobody could say to which particular pigeonhole it belonged.” (The Era, 17 October 1896 zitiert nach Edmonson 2004, S. 27)

Hinweis: Stellvertretend sei hier die Zeitschrift „Rundbrief Fotografie. Analoge und digitale Bildmedien in Archiven und Sammlungen“ genannt sowie die zugehörige Webseite: www.rundbrief-fotografie.de

2 

 Begriffe und Abgrenzungen

ohne angemessene Erhaltungsmassnahmen ein Bestand eher früher als später nicht mehr zugänglich sein wird. Neuerdings gibt es den Begriff der „Langzeitverfügbarhaltung“, um den Ausdruck der Bestandserhaltung zu umgehen, der bei Vorgesetzten und Politikern unbeliebt ist, weil er nach teuren Massnahmen und Installationen klingt. Wir möchten mit dieser Publikation Argumente für die Bestandserhaltung liefern, welche zu gegebener Zeit am richtigen Ort angebracht werden können. Allein die Tatsache, dass das Restaurieren beschädigter Dokumente die teuerste aller Massnahmen zur Bestandserhaltung ist, müsste eigentlich zur Einsicht führen, dass präventive Massnahmen, wie die Aus- und Weiterbildung des Personals im Umgang mit den Dokumenten, und Archivinfrastrukturen, welche angemessene bauliche und klimatische Voraussetzungen für die Erhaltung bieten, schliesslich die kostengünstigste Variante sind. Klar und einfach wird dies im folgenden Diagramm von Glauert und Ruhnau dargestellt:

Abb. 1  Diagramm Glauert/Ruhnau

Kosten der Bestandserhaltung Restaurierung Konservierung Schutzmedien Verpackung Lagerung Planung Problembewusstsein

Aufgaben der Bestandserhaltung Hinweis: Mario Glauert, Sabine Ruhnau: Bestandserhaltung beginnt im Kopf, nicht im Geldbeutel. Zur Einführung. www. Forum-Bestandserhaltung.de/ downloads/001_012_Glauert_ Ruhnau_Einfuehrung.pdf

Es ist interessant zu beobachten, dass bei der Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente von Anfang an jene Probleme im Vordergrund standen, die uns heute beim Umgang mit elektronischen Dokumenten auf Schritt und Tritt begegnen: eine rasante technische Entwicklung, die den Anspruch auf Langzeiterhaltung nicht kennt und eine Technologie mit beschränkter Zuverlässigkeit, die aufwändige Sicherheitsmassnahmen notwendig macht. Schliesslich eine hohe Abhängigkeit von einer verlässlichen Energiezufuhr und dem guten Willen von Herstellern von Soft- und Hardware, die ihre Herstellungsgeheimnisse gut zu hüten und teuer zu verkaufen wissen.



Audiovisuelle Archive 

 3

1.3 Audiovisuelle Archive Der Archivbegriff wird im audiovisuellen Bereich nicht im strengen Sinne verwendet. Audiovisuelle Archive können neben Unikaten auch publizierte Materialien, zum Beispiel Schallplatten mit Musikproduktionen, Videokassetten oder DVDs mit Filmen enthalten; selbst Geräte, die der Wiedergabe von Dokumenten mit besonderen Aufnahmeverfahren oder der Dokumentation der Technikgeschichte dienen, gehören dazu. Da sich der Inhalt vieler audiovisueller Dokumente nicht von selbst erschliesst, ist Kontextmaterial in verschiedenen Formen ebenfalls ein wichtiger Bestandteil von audiovisuellen Archiven. Mit dem Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entstand 1899 in Wien das erste audiovisuelle Archiv. Wie in seinen beiden Schwesterinstitutionen in Berlin (gegründet 1909) und St. Petersburg (gegründet 1926) werden hier Tonaufnahmen für sprachwissenschaftliche und ethnologische Forschungen gesammelt und für die Nachwelt erhalten. Mit dem Sammeln von Filmen beschäftigten sich zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts zum Beispiel das British Museum und die Library of Congress. Schon 1938 entstand die Internationale Föderation der Filmarchive (FIAF) als älteste internationale Organisation im Bereich der audiovisuellen Archive. Der Kategorie der Firmenarchive sind die Archive des Rundfunks, zunächst des Radios, später auch des Fernsehens, zuzuordnen. Sie wurden nicht dazu angelegt, ein Kulturgut für spätere Generationen zu bewahren, sondern zum zeitverschobenen und wiederholten Ausstrahlen von Sendungen. An dieser Priorität hat sich im Grunde bis heute nichts geändert. Für die Produzenten von Tonaufnahmen und Filmen sind die Archive ein Teil des Betriebsvermögens, das es primär vor Piraterie zu schützen gilt. Auch hier wird nur aufgehoben, was sich allenfalls nochmals kommerziell verwerten lässt. In Frankreich wurde schon 1938 die Ablieferungspflicht (Dépôt légal) für die Schallplatte eingeführt. Als Ablieferungsstelle wurde die Phonothèque Nationale als Teil der Bibliothèque Nationale gegründet. Weitere Staaten folgten diesem Beispiel. Frankreich, Schweden und weitere skandinavische Staaten erweiterten ab den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts das Dépôt légal auf Rundfunkproduktionen. Bei den bisher erwähnten audiovisuellen Archiven kann man – wenn auch mit Einschränkungen – davon ausgehen, dass die Bestände gesichert und, wenn es sich nicht um Unternehmensarchive handelt, auch zugänglich sind. Weniger gut steht es um die audiovisuellen Dokumente, die zusammen mit anderen Materialien in die Bestände der Archive, Bibliotheken und Museen aufgenommen wurden. Diese „Hidden Treasures“ (versteckten Schätze), wie sie im Titel eines in Grossbritannien durchgeführten Programms genannt wurden, das der Förderung ihrer Erhaltung und Zugänglichkeit diente, sind vielerorts noch gefährdet. Grund dafür sind, wie schon erwähnt, fehlende Kompetenzen und fehlende Infrastrukturen, aber auch schlicht das fehlende Wissen darum, dass diese Bestände vorhanden sind. Aus dieser Situation ergibt sich, dass sie nicht sichtbar und darum auch nicht zugänglich sind. Es ist das Ziel dieser Publikation, zur Verbesserung der Situation dieser Bestände beizutragen. Es eilt! Der Zahn der Zeit nagt in doppelter Weise an diesem Kulturgut: Trägerzerfall und technische Obsoleszenz warten nicht, bis wir uns mit ihnen beschäftigen, oder wie der Slogan zum UNESCO Welttag des audiovisuellen Kulturgutes (28. Oktober) 2012 lautete: „The Clock is Ticking“, frei übersetzt „Es ist fünf vor zwölf!“

Hinweis: Hidden Treasures: The UK Audiovisual Archive Strategic Framework (2004) filmarchives.org.uk/ filmarchiveforum/fafimages/ HiddenTreasures.pdf

Hinweis: 2006 hat die UNESCO Generalkonferenz den 28. Oktober zum Welttag des audiovisuellen Erbes erklärt. Mit der Durchführung wurde die Dachorganisation der audiovisuellen Archivorganisationen CCAAA (Co-ordinating Council of Audiovisual Archives Associations) betraut. www.CCAAA.org

4 

 Begriffe und Abgrenzungen

1.4  Voraussetzungen für die Bestandserhaltung Wie vorher schon angetönt, gibt es zwei Schlüsselelemente im Zusammenhang mit der Bestandserhaltung: das Wissen darum, wie mit den Objekten umzugehen ist und wie sie langfristig erhalten werden können, und die strukturellen Voraussetzungen für eine langfristige Erhaltung: also geeignete Archivräume und –installationen.

1.4.1 Kompetenzen

Hinweis: FIAF Code of Ethics www.fiafnet.org/~fiafnet/uk/ members/ethics.html IASA Ethical Principles for Sound and Audiovisual Archives www.iasa-web.org/ethicalprinciples

Ray Edmondson hat sich in seiner Studie vehement für ein Berufsbild im Bereich des audiovisuellen Archivierens eingesetzt (Edmondson 2004, S. 5-14). Aus heutiger Sicht und vor allem im Hinblick auf die Zielsetzung und das Zielpublikum dieser Publikation zeigt sich uns die Situation etwas anders. In den Lehrplänen der Ausbildungsinstitutionen für Archivare und Bibliothekarinnen nimmt mit wenigen Ausnahmen das Kapitel „Bestandserhaltung bei audiovisuellen Dokumenten“ einen eher bescheidenen Platz ein. Personen, die in Institutionen tätig sind, die auf das Sammeln, Erhalten und Vermitteln audiovisueller Dokumente spezialisiert sind, werden in der Regel vor Ort weiter ausgebildet. Das Restaurieren der sogenannten „neuen Medien“ wird in Fachhochschulen im Fachbereich Restaurierung unterrichtet. Während mit dem Restaurieren eines Buchs, einer Archivalie oder eines Museumsobjekts nur Personen betraut werden, die über einen entsprechenden Fähigkeitsausweis verfügen, ist das Berufsbild des Restaurators oder der Restauratorin audiovisueller Dokumente noch nicht so weit gefestigt, dass man vor Überraschungen geschützt wäre. Restaurieren wird im Zusammenhang mit audiovisuellen Dokumenten leider noch allzu oft nicht unter denselben berufsethischen Grundsätzen gesehen, wie dies bei anderen Objekten aus Archiven, Bibliotheken und Museen der Fall ist. Die internationalen Organisationen der Filmarchive (FIAF) und der Ton- und audiovisuellen Archive (IASA) haben besondere Ethikregeln zum Umgang mit Filmen und Tondokumenten veröffentlicht. Daneben gelten auch die entsprechenden Regeln für Bibliotheken (IFLA), Archive (ICA) und Museen (ICOM). Siehe auch Kapitel 7. Grundsätzlich muss zwischen physischer Restaurierung eines audiovisuellen Dokuments und der Restaurierung von digitalen oder digitalisierten Bildern und Tönen unterschieden werden. Ersteres setzt eine Ausbildung im Umgang mit den entsprechenden Objekten voraus. Letzteres ist als eine in ihrer zeitlichen Gültigkeit beschränkte Lösung zu sehen, denn die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen, dass in diesem Bereich noch viel technisches Entwicklungspotential besteht und die perfekte Lösung von heute morgen schon als unbrauchbar gelten kann. Die Grundlagen im Umgang mit Objekten, die langfristig erhalten bleiben sollen, gelten auch im audiovisuellen Bereich: Kenntnisse der Materialien und der Art, wie sie gehandhabt und aufbewahrt werden sollen. Diese Grundlagen werden hier für jene audiovisuellen Dokumente, die in den Beständen am häufigsten vorkommen, vermittelt, und zwar bis zu jener Grenze, an der die Aufgabe an eine spezialisierte Person oder Institution weitergegeben werden muss. Dass der Handlungsspielraum für nicht spezialisierte Personen im Vergleich zu andern Dokumentarten eher eng ist, liegt am komplexen materiellen Aufbau der audiovisuellen Dokumente und ihrer Abhängigkeit von einer ebenso komplexen Technologie, die erst den Zugriff auf den Inhalt ermöglicht. Im Interesse einer besseren Erhaltung der audiovisuellen Bestände in nicht spezialisierten Institutionen wäre zu begrüssen, wenn spezialisierte Personen und Institutionen ihre Erfahrungen in regelmässigen Workshops oder Tutorials weiter ver-



Voraussetzungen für die Bestandserhaltung 

 5

mitteln könnten. Nur im direkten Umgang mit den audiovisuellen Objekten können jene wenigen Handgriffe erlernt werden, die jede mit einem audiovisuellen Bestand befasste Person kennen müsste. Leider ist es heute noch so, dass die meisten Schäden an audiovisuellen Dokumenten nicht durch die Personen verursacht werden, die die Dokumente nutzen, sondern durch jene, die sie betreuen.

1.4.2 Infrastrukturen Neben den Kompetenzen gehören die Infrastrukturen zu den häufigsten Defiziten im Umgang mit audiovisuellen Materialien. Auch hier gilt es abzuwägen, was sich eine Institution leisten kann und will, die nicht auf diese Art von Materialien spezialisiert ist, und ab welchem Punkt die Hilfe dafür besonders eingerichteter Institutionen in Anspruch genommen werden sollte. Kein Archiv, keine Bibliothek und kein Museum vertraut Bestände gerne einer anderen Institution an, und bei Archiven kommt noch dazu, dass die Bestände nach ihrer Provenienz zusammen aufbewahrt werden sollten. In der Praxis kommt es aber oft vor, dass sich in einer Akte noch einige Tonaufnahmen finden, ein Nachlass noch einige Videos enthält und ein Museumsobjekt vom Film über seine Verwendung begleitet wird. Nun ist es aber leider so, dass die audiovisuellen Objekte, wenn man ihr langfristiges Überleben sichern will, in anderen klimatischen Bedingungen gelagert werden müssen, als beispielsweise Papier. Zwar würden niedrige Temperaturen auch Dokumenten aus Papier oder Pergament nicht schaden, aber die niedrigen Luftfeuchtigkeitswerte sind dafür nicht ideal. Das heisst, dass audiovisuelle Objekte, sollen sie langfristig überleben, getrennt aufbewahrt werden müssen. Es ist hier nicht der Ort, die baulichen Voraussetzungen für ein Archiv und dessen Einrichtung zu beschreiben. Wie das Material gelagert werden soll, zeigen die folgenden Bilder: Kassetten, Platten, und Bandspulen werden vertikal, Filmbüchsen horizontal gelagert. Weitere Einzelheiten werden wir bei der Behandlung der verschiedenen Arten von audiovisuellen Dokumenten beschreiben.

Abb. 2  Lagerung Compact Discs (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

6 

 Begriffe und Abgrenzungen

Abb. 3  Lagerung Schallplatten (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Abb. 4  Lagerung Tonbänder (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Abb. 5  Lagerung Film (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern)



Voraussetzungen für die Bestandserhaltung 

 7

Abb. 6  Lagerung Videokassetten (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern)

Komplex ist das Problem der klimatischen Aufbewahrungsbedingungen. Es ist wohl das umstrittenste Thema der Bestandserhaltung, bei dem die Meinungen stark auseinandergehen. Setzen sich einzelne Autoren für Kompromisslosigkeit ein, versuchen andere, die Realität der Infrastrukturen in ihren Empfehlungen zu berücksichtigen. Nicht zuletzt kommen auch noch ökologische Argumente zu Wort. Wir werden an dieser Stelle nach einem kurzen Blick auf die ISO-Normen die Empfehlungen des Image Permanence Institute wiedergeben und später, im Zusammenhang mit den einzelnen Dokumentarten, auf die Empfehlungen der jeweiligen Fachliteratur hinweisen. Auf internationaler Ebene ist die Aufbewahrung audiovisueller Dokumente in verschiedenen ISO-Standards beschrieben. Hier besonders interessant ist der Standard ISO 18934, der am 31. Oktober 2010 in Kraft gesetzt wurde und sich mit den „Lagerungsbedingungen für die Langzeitlagerung von Archivbeständen unterschiedlicher Medien“ beschäftigt. Daneben gibt es besondere Standards für Optische Träger (18925), magnetooptische Platten (MOD) (18926), bespielbare Compact Discs (18927) und Magnetband (18933). Einfacher und praktikabler ist die Anleitung, welche das Image Permanence Institute in seiner Publikation „IPI Media Storage Quick Reference“ (MSQR) liefert. Sie basiert zwar auch auf den ISO-Standards, gibt aber einen gewissen Spielraum und vereinfacht die Übersicht. Die Temperatur wird in 4 Kategorien aufgeteilt: Raumtemperatur

20 °

Kühl

12 °

Kalt

4 °

Gefroren

0 ° und tiefer

Temperaturen, die zwischen diesen Grenzwerten liegen, sind der jeweils näher liegenden Kategorie zuzurechnen. (MSQR S. 4) Für alle Kategorien wird eine relative Luftfeuchtigkeit von 30 %–50 % angegeben. Sehr niedrige Luftfeuchtigkeit (unter 15 %) während langer Perioden kann zu Feuch-

Hinweis: ISO-Standards können beim Deutschen Institut für Normung bezogen werden (www.nvbf.din.de). ISO 18934 kostet zurzeit € 63.40 (Download oder Versand) Peter Z. Adelstein: IPI Media Storage Quick Reference. PDF-Version https://www. imagepermanenceinstitute.org/ webfm_send/301

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 Begriffe und Abgrenzungen

tigkeitsverlust und dadurch zum Schrumpfen der Objekte führen. Das Gegenteil geschieht, wenn die Luftfeuchtigkeit über 70 % steigt. (MSQR S. 2) Laut MSQR können kurzfristige Schwankungen von Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit den meisten audiovisuellen Dokumenten nicht schaden, da sie von der Verpackung weitgehend abgefangen werden. Für die Langzeiterhaltung von audiovisuellen Beständen sind langfristig stabile mittlere Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerte wichtig. (MSQR S. 3) Neben diesen beiden Werten spielt auch die Luftqualität eine wichtige Rolle. Schädliche Partikel und Gase müssen durch entsprechende Filteranlagen abgehalten werden. (MSQR S. 5) Schliesslich sind auch die meisten audiovisuellen Dokumente lichtempfindlich und sollten besonders vor UV-Strahlen geschützt werden. Die Qualität der Aufbewahrungsbedingungen wird im MSQR in vier Kategorien aufgeteilt: Schlecht

Führt zu bedeutenden Schäden

Fair

Entspricht nicht den ISO-Standards, ist aber über längere Zeitperioden befriedigend

Gut

Vergleichbar den ISO- Empfehlungen

Sehr gut

Garantiert lange Lebensdauer

(MSQR S. 5) In einer Matrix können nun die verschiedenen Trägermaterialien mit den ihnen angemessenen Temperaturen gekreuzt werden. Hier ein Beispiel für die am häufigsten vorkommenden Materialien: Temperatur kategorie

Acetatfilm schwarzweiss

Acetatfilm farbig

Polyester schwarzweiss

Polyester farbig

Magnetband Acetat

Magnetband Polyester

Raumtemperatur

Nein

Nein

Gut

Nein

Nein

Nein

Kühl

Nein

Nein

Gut

Nein

Fair

Gut

Kalt

Gut

Gut

Sehr gut

Gut

Gut

Gut

Gefroren

Sehr gut

Sehr gut

Sehr gut

Sehr gut

Gut

Gut

Aus dieser Übersicht lässt sich ableiten, dass bei einer Raumtemperatur von 12° C bis auf einige Filmarten alle Materialien „gut“ aufbewahrt werden können und dass bei 4° C alle Dokumente glücklich wären. Allerdings weist MSQR auf die besonderen Bedingungen bei der Lagerung in der Kategorie „kalt“ (4° C) und „gefroren“ (0° C) hin. Das Problem der Luftfeuchtigkeit kann durch Entfeuchten oder feuchtigkeitsdichte Verpackung der Dokumente gelöst werden. Wenn die Dokumente in einen wärmeren Bereich zurückgebracht werden, muss die Bildung von Kondenswasser durch „Akklimatisieren“ verhindert werden. MSQR weist auch auf die Möglichkeit hin, bei kleineren Beständen Kühlschränke oder Tiefkühltruhen zu verwenden. (MSQR S. 6) Wir gehen hier nicht weiter auf Einzelheiten ein, da bei der Planung einer Aufbewahrung unter niedrigen Temperaturen auf jeden Fall eine Fachperson beigezogen werden sollte. Es gilt auch zu bedenken, dass solche Infrastrukturen intensiv überwacht und regelmässig gewartet werden müssen, da Pannen zu grossen Schäden führen.



Voraussetzungen für die Bestandserhaltung 

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Abb. 7  Schichtablösung bei Tonband (Bild: Phonogrammarchiv, Wien)

Abb.8  Durch den Recorder beschädigtes Videoband (Bild: Johannes Gfeller, Aktive Archive/Hochschule der Künste, Bern)

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 Begriffe und Abgrenzungen

Abb. 9  Zersetzter Nitratfilm (Bild: Memoriav, Bern)

Abb. 10  Schichtablösung bei direkt geschnittener Schallplatte (Bild: R. Müller, Memoriav, Bern)

2  Aufbau, Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Sammlungsbestände Dieses Kapitel enthält grundsätzliche Überlegungen zum Aufbau, zur Erhaltung und zur Vermittlung audiovisueller Bestände, die für alle Arten audiovisueller Dokumente gelten. Die spezifischen Anforderungen für die unterschiedlichen Dokumentarten, Ton, Film und Video, werden im darauf folgenden Kapitel dargestellt.

2.1 Bestandsaufbau Während das systematische Sammeln von audiovisuellen Dokumenten in dafür besonders eingerichteten Institutionen oder Abteilungen von Institutionen stattfindet, werden in Archiven, Bibliotheken und Museen Ton- und Bilddokumente oft zusammen mit anderen Materialien in die Sammlung aufgenommen, beispielsweise mit Familien- oder Firmenarchiven, Nachlässen und Ankäufen. Will die Institution für die langfristige Erhaltung und Vermittlung des audiovisuellen Teils dieser Bestände die Verantwortung übernehmen, müssen einige Fragen geklärt werden: Status: Gehören die Bild- und Tondokumente vom inhaltlichen und rechtlichen Status her in eine öffentlich zugängliche Institution? Es gibt viele Gründe, warum Bild- und Tondokumente nicht öffentlich zugänglich gemacht werden können. Wenn ein Bestand aus inhaltlichen und/oder rechtlichen Gründen auch nach einer Sperrfrist nicht zugänglich gemacht werden darf, ist zu überlegen, wie der Aufwand zu seiner Erhaltung zu rechtfertigen ist. Dabei ist auch zu bedenken, dass sich die Verhältnisse und die Einstellung der Institutionen oder Personen, die einen Zugang verhindern, mit der Zeit ändern können. Format: Liegen die audiovisuellen Dokumente in einem für die Langzeiterhaltung geeigneten Format vor? Leider gibt es im audiovisuellen Bereich nur wenige Formate, die als archivtauglich bezeichnet werden können. Es muss darum meist mit einer Umformatierung gerechnet werden. Dieses Vorgehen sowie das Restaurieren stark beschädigter Bild- und Tondokumente sind mit sehr hohen Kosten verbunden. Hier gilt es, mit einem Bewertungsprozess abzuwägen, welcher Aufwand verhältnismässig ist. Kontext: Gibt es ausreichende Informationen über die Herkunft und den Inhalt der audiovisuellen Dokumente? Da audiovisuelle Dokumente im Gegensatz zu den meisten Textdokumenten nicht selbsterklärend sind, braucht es in vielen Fällen Kontextinformationen über die Herkunft und den Inhalt, damit das Material zugänglich gemacht werden kann. Solche Informationen können in vielen Formen auftreten, wie etwa als Verpackung, Beilagezettel, Rechnungen, Lieferscheine, Korrespondenzen oder Aussagen von früheren Besitzern des Materials. Kapazitäten und Infrastrukturen: Hat die Institution die zur Langzeitsicherung und -vermittlung von audiovisuellen Dokumenten notwendigen personellen und finanziellen Mittel und geeignete Aufbewahrungsräume?

Der Umgang mit audiovisuellen Dokumenten will gelernt sein. Fehlmanipulationen können schnell zu schweren Schäden führen. Das Personal muss dafür ausgebildet sein; die Nutzerinnen und Nutzer von audiovisuellen Beständen brauchen besondere Betreuung bei der Recherche und Konsultation. Die Herstellung von Benutzungs- und Sicherheitskopien ist mit hohen Kosten verbunden.

Hinweis: Ethical Principles for Sound and Audiovisual Archives. IASA Special Publication No. 6

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 Aufbau, Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Sammlungsbestände

Audiovisuelle Dokumente können nur unter bestimmten klimatischen Bedingungen langfristig aufbewahrt werden. Diese Bedingungen sind von jenen für Papier verschieden, d. h. es braucht besondere Räumlichkeiten zur Aufbewahrung audiovisueller Dokumente. Entscheidungen: Wenn eine Institution aufgrund dieser Fragen zum Schluss kommt, dass die Voraussetzungen für die langfristige Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Dokumente nicht vorhanden sind, gibt es zwei Entscheidungsmöglichkeiten: 1. Der ganze Bestand wird an eine für dessen Erhaltung und Vermittlung besser geeignete Institution weitergeleitet. 2. Die audiovisuellen Teile des Bestands werden in eine für deren Erhaltung besser geeignete Institution ausgelagert. Auch wenn allgemein die Regel gilt, dass Bestände gleicher Herkunft als Einheit aufbewahrt werden sollten, können an verschiedenen Orten aufbewahrte Bestände mit den heutigen Mitteln der Informations- und Kommunikationstechnik für die Verwaltung und Nutzung virtuell zusammengeführt werden.

2.2 Bestandserhaltung Audiovisuelle Dokumente sind aus zwei Gründen besonders gefährdet: erstens durch den Zerfall des Trägermaterials und zweitens dadurch, dass die Aufnahme- und Wiedergabetechnik vom Markt verschwindet, durch die technische Obsoleszenz also.

2.2.1 Trägerzerfall Aufbau: Bild- und Tonträger sind ausnahmslos chemisch und physikalisch komplexe Fabrikate. Ihre langfristige Haltbarkeit ist bei der Herstellung kein Kriterium, und ihr materieller Aufbau ist in der Regel ein streng gehütetes Fabrikationsgeheimnis. Das gilt für fotochemische Träger (Film), Magnetband (Ton und Video), Schellack- und Vinylplatten sowie CDs und DVDs.

Hinweis: Kevin Bradley: Risks Associated with the Use of Recordable CDs and DVDs as Reliable Storage Media in Archival Collections – Strategies and Alternatives. Memory of the World Programme, Subcommittee on Technology. Verfügbar auf: unesdoc.unesco.org/ images/ 0014/001477/147782e.pdf

Lebenserwartung: Für die Lebenserwartung der verschiedenen Trägermaterialien können keine absoluten Werte gegeben werden. Zu viele, meist unbekannte Faktoren spielen dabei eine Rolle: –– Qualität des Ausgangsmaterials –– Qualität der Fixierung der Bild- und Toninformation auf dem Träger –– Geschichte des Dokuments seit seiner Herstellung: Wie wurde es gelagert, wie oft und unter welchen Bedingungen abgespielt. Direkt bespielbare Ton und Tonbildträger wie die Schallfolien der Zeit vor der Einführung des Tonbandes, aber auch die bespielbaren CDs und DVDs haben sich als besonders verletzlich erwiesen. Magnetband für Ton- und Videoaufnahmen gibt es in verschiedensten Qualitäten, und selbst innerhalb eines bestimmten Produkts kann es wegen Fabrikationsfehlern Serien mit unterschiedlicher Qualität geben.

Bestandserhaltung 

Aufbewahren, Transport, Abspielen: Laut dem Image Permanence Institute (IPI) sind ideale Bedingungen für die Langzeitaufbewahrung der meisten audiovisuellen Dokumente ausser Farbfilmen 12°C und eine relative Luftfeuchtigkeit (RH) zwischen 30 % und 50 %. Die Schwankungen der Temperatur und Luftfeuchtigkeit sollten gering gehalten werden. Dabei ist zu bedenken, dass bei 12 °C das Bearbeiten und Benutzen der Dokumente nicht möglich ist. (Siehe auch Kapitel 1.4.2.) Dieser Situation kann auf zwei Arten begegnet werden: 1. Die audiovisuellen Dokumente werden durch Benutzungskopien so weit ersetzt, dass nur noch in ganz seltenen Fällen auf die Originale zurückgegriffen werden muss. Dann können sie bei 12 °und 30 %–50 % RH eingelagert werden. Für die Wahl des Ortes ist nicht mehr die Zugänglichkeit das erste Kriterium sondern die Optimierung des Energieverbrauchs der Räumlichkeiten. Da es sich für einzelne Institutionen kaum lohnen wird, solche Archivinfrastrukturen zu erstellen und zu unterhalten, sollten audiovisuelle Dokumente zentral gelagert werden. 2. Bei der Lagerung bei höheren Temperaturen müssen die Konsequenzen für die Lebenserwartung der Dokumente in Betracht gezogen, deren Zustand regelmässig kontrolliert und rechtzeitig Massnahmen zum Ersatz der Dokumente ergriffen werden. Dieser Weg beruht auf der Entscheidung, die Bild- und Toninformation, nicht aber die Objekte langfristig zu erhalten. Zu beachten sind auch die klimatischen Bedingungen beim Transport, der Bearbeitung und der Benutzung der Dokumente. Transporte während extremen Temperaturbedingungen sollten unbedingt vermieden werden. Beim Abspielen in einem Gerät wird das Dokument mechanisch belastet und höheren Temperaturen ausgesetzt; bei Geräten in schlechtem Zustand kann beides zur Beschädigung des Dokuments führen. Räume, in denen audiovisuelle Dokumente bearbeitet und benutzt werden, müssen klimatisch stabil sein.

2.2.2 Technische Obsoleszenz Steht bei der Bestandserhaltung die Frage nach der Lebenserwartung der Trägermaterialien traditionell im Zentrum, ist es bei der Bild- und Tonaufzeichnung schon seit geraumer Zeit die technische Obsoleszenz. Lange bevor die Trägermaterialien erste Zerfallserscheinung zeigen, sind die Abspielgeräte vom Markt verschwunden, Ersatzteile nur noch schwer und zu hohen Preisen erhältlich und Personen, die mit der Technologie umgehen können, kaum zu finden. Heute sind alle analogen Formate audiovisueller Dokumente als obsolet zu betrachten. Da sich in den Archiven, Bibliotheken und Museen Hunderttausende von analogen audiovisuellen Dokumenten befinden, schenken wir dem Umgang mit dieser Situation hier besondere Beachtung. Im Umgang mit der Obsoleszenz gibt es drei grundlegende Strategien: 1. Erhalten von obsoleter Technologie in funktionsfähigem Zustand. 2. Herstellen neuer Geräte, die mit obsoleter Technologie umgehen können. 3. Periodische Übertragung der Inhalte in ein neues Format, bevor ihr ursprüngliches Format obsolet wird (Migration).

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 Aufbau, Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Sammlungsbestände

Bei der Erhaltung audiovisueller Bestände kommen je nach Situation alle drei Strategien zum Einsatz: Zu 1. Der Erhaltung obsoleter Abspieltechnologie kommt grosse Bedeutung zu. Dies gilt für alle Videoformate und alle digitalen Tonaufzeichnungstechniken, da diese Geräte mit den heute zur Verfügung stehenden technischen Mitteln kaum nachgebaut werden können. Leider werden heute Geräte immer noch - oft aus Platzgründen oder der Ansicht, sie würden nicht mehr gebraucht, - aus den Sammlungen entfernt; dabei sind selbst defekte Geräte als Ersatzteilreserve wertvoll. Wichtig ist, zu berücksichtigen, dass die Geräte nur dann funktionsfähig bleiben, wenn sie regelmässig von Fachleuten gewartet werden.

Hinweis: Internationale Vereinigung der Schall- und audiovisuellen Archive, Technisches Komitee: Standards, praktische Empfehlungen und Strategien. IASA TC 03: Die Bewahrung von Schallaufnahmen. Ethische Aspekte, Prinzipien und Strategien. Version 3, Dezember 2005. www.iasa-web.org/tc03/ethicsprinciples-preservation-strategy

Zu 2. Geräte zum Abspielen von Tonwalzen und Schallplatten wurden mit modernen Mitteln nachgebaut. In diesen Fällen wird davon abgeraten, originale Geräte zu verwenden, da sie die Tonträger beim Abspielen stark abnutzen, und sich mit den modernen Geräten meist mehr Toninformation aus dem Dokument herausholen lässt. Zu 3: Im Grunde wäre die Migration aller obsoleten Ton- und Bildbestände in ein digitales Dateiformat notwendig. Da diese Migration in den meisten Fällen nicht rechtzeitig erfolgte, ist sie nur möglich, wenn die obsolete Wiedergabetechnologie noch vorhanden ist, wie im Punkt 1 erwähnt. Aus Kosten- und Kapazitätsgründen wird in der Regel eine Priorisierung notwendig, bei der die folgenden drei Kriterien angewendet werden können: 1. Chemische und physische Stabilität des Trägermaterials 2. Grad der Obsoleszenz (wann wurde die Produktion der Geräte eingestellt, werden Ersatzteile noch hergestellt oder sind sie nur noch aus Lagerbeständen erhältlich; wie gross ist der Aufwand, Geräte und Ersatzteile nachzubauen?) 3. Wie hoch ist die Nutzungsfrequenz der Dokumente? So ist beispielsweise unter dem Gesichtspunkt der Bestandserhaltung die Digitalisierung von Schellackplatten nicht prioritär, da das Material stabil ist und moderne Abspielgeräte verfügbar sind. Unter dem Aspekt der Nutzung dagegen muss berücksichtigt werden, dass auch bei sachgerechtem Abspielen mit einem modernen Gerät die Platte abgenutzt wird. Deshalb ist bei hoher Benutzungsfrequenz die Herstellung einer Benutzungskopie notwendig. Die Übertragung von audiovisuellen Dokumenten in ein neues Format sowie die Herstellung von Sicherheits- und Benutzungskopien sollten grundsätzlich nur von professionellen Technikern, die ausserdem mit den besonderen Ansprüchen der Langzeiterhaltung und -vermittlung vertraut sind, ausgeführt werden. Jeder Kopiervorgang bringt eine Veränderung der originalen Vorlage mit sich; diese Veränderung sollte aber so gering wie möglich sein. Eine technische „Verbesserung“ der originalen Ton- und Bildqualität kann allenfalls mit einer weiteren Kopie in einem zweiten Arbeitsschritt vorgenommen werden und muss, aufgrund der technischen Entwicklung, immer als vorläufig betrachtet werden. Eine solche „verbesserte“ Kopie ist demnach für die Langzeitsicherung des Dokuments nicht geeignet. Benutzungskopien werden in der Regel wegen der besseren Kommunizierbarkeit in einem datenreduzierten Format hergestellt. Auch diese Kopien sind nicht für die Langzeitsicherung geeignet, da der Datenverlust bei der Herstellung definitiv ist und die Algorithmen zur Datenreduzierung kurzfristig obsolet werden können.

Vermittlung 

Eines der heikelsten Probleme der Bestandserhaltung bei audiovisuellen Dokumenten ist die Frage, ob die obsoleten Bild- und Tonträger nach der Migration weiterhin aufbewahrt werden sollten, oder ob sie entsorgt werden können. Für letzteres spricht die Tatsache, dass ein weiteres Aufbewahren mit Kosten verbunden ist, die sich zu jenen der Erhaltung der neuen Dokumente, die durch die Migration entstanden sind, addieren, und dass Obsoleszenz und allenfalls Trägerzerfall diese Originale ohnehin früher oder später unbrauchbar machen werden. Dagegen sprechen verschiedene Argumente: –– Vom ethischen Standpunkt her sollten Objekte, die einmal in die Sammlung aufgenommen wurden, nicht veräussert oder zerstört werden. –– Bei der Migration entsteht ein neues, wahrscheinlich digitales Objekt, das demjenigen, aus dem es hervorgegangen ist, nicht vollständig entspricht. Das Original enthält höchst wahrscheinlich Informationen, die bei der Migration nicht erfasst wurden. –– Das Ergebnis der Migration kann schon nach kurzer Zeit als technisch ungenügend gelten und damit ein Rückgriff auf die Originale wünschbar sein. –– Auch bei einem grösseren Datenverlust könnte ein solcher Rückgriff notwendig werden. In jedem Falle sind alle diese Punkte in einen Entscheidungsprozess einzubeziehen. Grundsätzlich sind die Originale - wenn immer möglich - mindestens noch für eine gewisse Zeitspanne aufzubewahren, bis sich erwiesen hat, dass der Migrationsprozess auch aus einer gewissen Distanz noch als gelungen betrachtet werden kann und die dabei entstandenen „neuen Originale“ nach internationalen Standards als gesichert gelten können.

2.3 Vermittlung Wie bereits einleitend gesagt, sollte die Benutzung audiovisueller Dokumente in der Regel über Benutzerkopien erfolgen. Dabei sind verschiedene Benutzungsarten mit unterschiedlichen Ansprüchen an diese Kopien verbunden. Da sie heute meist als Dateien hergestellt werden sollten, liegt die Abstufung im Bereich der Auflösung und der Bitrate.

2.3.1 Nutzungsarten und Rechte Es gilt zunächst zu berücksichtigen, dass bei audiovisuellen Dokumenten zwischen kommerzieller und nichtkommerzieller Nutzung zu unterscheiden ist. Auch ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass neben den Autoren auch Interpreten, Produzenten und weitere an der Produktion Teilnehmende Rechte in Anspruch nehmen können. Als typische kommerzielle Nutzung kann diejenige in den Fernseh- und Radioarchiven betrachtet werden. Diese Archive wurden in erster Linie zur Wiederverwendung der Dokumente im Sendebetrieb (heute auch im Online-Angebot oder als kommerzielle Bild- und Tonträger) angelegt. Die Langzeiterhaltung als Kulturgut und historische Quelle wird meist als nebensächlich betrachtet. Dies hat weitgehende Konsequenzen für die Wahl der Formate, in denen die Dokumente aufbewahrt werden, und für die Erschliessung. Erstere sind aktuelle, aber nicht unbedingt archivtaugliche Sendeformate; die Erschliessung erfolgt nach nicht standardisierten Regeln.

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 Aufbau, Erhaltung und Vermittlung audiovisueller Sammlungsbestände

Das Urheberrecht kennt keine „nichtkommerzielle“ Nutzung. Es gibt aber sogenannte Ausnahmen und Einschränkungen des Urheberrechts für die Benutzung in Bildung, Lehre und Forschung sowie im privaten Bereich. Im deutschsprachigen Raum sind sie nicht einheitlich geregelt und vieles ist zurzeit in Bewegung.

2.3.2 Qualitätskriterien für das audiovisuelle Angebot Archive, Bibliotheken und Museen können bei der Vermittlung audiovisueller Bestände an ihre Benutzer gegenüber umfangreicheren Angeboten von Sites wie Youtube bestehen, wenn sie die folgenden Qualitätskriterien berücksichtigen: 1. Vollständigkeit und langfristige Verfügbarkeit der Dokumente. Die meisten audiovisuellen Angebote auf dem Internet sind „Clips“ und „Highlights“. Das heisst: die Dokumente sind unvollständig und aus ihrem grösseren Zusammenhang herausgerissen. Wie lange sie online zur Verfügung stehen, ist meist ungewiss. 2. Ein Erschliessungsgrad, der über Herkunft und Inhalt der Dokumente ausreichend Auskunft gibt. Die Erschliessung der Dokumente ist in den meisten Angeboten rudimentär und die Herkunft der Dokumente unbekannt. Damit ist ihre Benutzung in Bildung, Lehre und Forschung stark eingeschränkt. 3. Verknüpfungen mit Kontextmaterial aus inhaltlich verwandten Beständen. Gemischte Bestände bieten Gelegenheit zur Verknüpfung verschiedener Materialien, sei es ein Privatfilm mit privater Korrespondenz, ein Video über die Herstellung eines Produkts mit dessen technischer Beschreibung oder eine ethnografische Tonaufnahme mit Objekten und Bildern eines Rituals. 4. Eine technische Qualität, die es dem Benutzenden erlaubt, auch Einzelheiten der Bild- und Toninformation zu entziffern. Bei der technischen Qualität des Angebots kommt unweigerlich die Frage nach dem Schutz vor einer nicht autorisierten kommerziellen Weiterverwendung. Dabei sind verschiedene Möglichkeiten der Vermittlung in Betracht zu ziehen: –– Frei zugänglich auf dem Netz, wenn keine urheberrechtlichen oder andere rechtlichen Schranken bestehen und eine mit dem Web kompatible Qualität für die Vermittlung des Dokuments ausreichend ist. –– Beschränkt zugänglich über ein Intra- oder Extranet, das eine eindeutige Identifikation der Benutzenden erlaubt. –– Beschränkt zugänglich auf dafür bestimmten Arbeitsstationen in öffentlichen Institutionen ohne die Möglichkeit des Herunterladens. –– Zugang vor Ort über Benutzerkopien oder Ausleihe. Aus urheberrechtlichen Gründen sowie aus Gründen der Kapazität der Kommunikationsinfrastrukturen sollte die Qualität der Bilder und Töne nicht sende- oder publikationsfähiges Niveau erreichen. Die Ausleihe von Benutzerkopien von Ton- und Bilddokumenten muss durch eine Erklärung des Nutzers über den Verwendungszweck abgesichert sein. Eher problematisch ist das Einbauen von Artefakten wie kurzen Unterbrechungen, Grundgeräuschen etc. in die Benutzerkopie zur Verhinderung eines Missbrauchs, da damit auch das Dokument verfälscht wird, und sie von einem versierten Tontechniker leicht entfernt werden können.

3  Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung Bevor wir auf die einzelnen Arten audiovisueller Dokumente eingehen, seien ein paar einschränkende Bemerkungen sowie allgemeine Hinweise zum Umgang mit audiovisuellen Dokumenten gemacht: –– Materialkenntnisse lassen sich nur bedingt über Beschreibungen und bildliche Darstellungen erwerben; bei Unsicherheit über den Umgang mit einem bestimmten Träger muss eine Fachperson beigezogen werden, um Beschädigungen durch falsche Handhabung zu vermeiden. –– Auch der Umgang mit Tonträgern, Filmen und Videos kann hier nur in den Grundzügen beschrieben werden. Personen, welche in einer Institution für diese Art von Dokumenten und ihre Handhabung zuständig sind, sollten in einer spezialisierten Institution auf diese Aufgabe vorbereitet werden. –– Alle audiovisuellen Trägermaterialien sind instabil. Ihre Lebensdauer kann durch Aufbewahrung bei geeigneten klimatischen Verhältnissen massgeblich verlängert werden. Neben möglichst konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist auch der Schutz vor Luftverschmutzung und UV-Strahlungen wichtig. Temperaturen über 25 ° und Luftfeuchtigkeit über 60 % sind für alle Trägermaterialien schädlich. Beim Bau und Einrichten eines Magazins muss darauf geachtet werden, dass keine Materialien verwendet werden, die Schadstoffe absondern. Audiovisuelle Dokumente müssen entsprechend ihrer physikalischen Struktur in den Regalen gelagert werden. –– Audiovisuelle Dokumente sollten – soweit möglich - nur auf modernen, in jedem Falle aber regelmässig gewarteten Geräten von Fachpersonen abgespielt werden. Alte Geräte und fehlende Kenntnisse der technischen Voraussetzungen und der Bedienung der Geräte können zu schwerwiegenden Beschädigungen oder zur Zerstörung des Dokuments führen. –– Die Oberfläche aller audiovisuellen Dokumente ist empfindlich und sollte am besten gar nicht oder nur mit Handschuhen berührt werden. –– Das Reinigen von verschmutzten audiovisuellen Dokumenten muss einer spezialisierten Institution und Fachpersonen überlassen werden. Reinigungsmethoden und -mittel, die nicht für den professionellen Bereich bestimmt sind, sollten nicht verwendet werden. Nicht spezifisch für diesen Zweck geeignete Reinigungsmittel können an den Dokumenten bleibende Schäden verursachen. –– Mit dem Reparieren und Restaurieren von audiovisuellen Dokumenten dürfen nur Personen betraut werden, die über eine entsprechende Fachausbildung verfügen. –– Die Benutzung von audiovisuellen Dokumenten sollte, wenn immer möglich, über Benutzungskopien erfolgen.

3.1 Tonaufnahmen Das Tondokument steht oft im Schatten der Bild- und Bildtonmedien. Auch wird es oft einseitig mit kommerziellen Musikaufnahmen identifiziert, was der vielfältigen Anwendung der Tonaufnahme nicht gerecht wird. Tonaufnahmen werden in verschiedenen Wissenschaftsbereichen produziert wie Geschichte (Oral History), Sprachforschung, Ethnografie, Geografie (Tonland-

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

schaften) oder Zoologie (Tierstimmen). Umfangreiche und für die jüngste Geschichte wichtige Aufnahmen liegen in den Archiven der öffentlichen und privaten Radiostationen. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung werden Sitzungen der politischen Instanzen (Parlament, Ausschuss, Regierung) aufgezeichnet. Ähnliches passiert auch bei privaten Körperschaften wie Vereinen, Genossenschaften oder Gewerkschaften. Schliesslich seien die Künste nicht zu vergessen: vor allem die Aufnahmen musikalischer Werke und Interpretationen, die oft mit Nachlässen in die Bestände öffentlicher Institutionen kommen. Aber auch Theater- und Konzertveranstalter dokumentieren ihre Produktionen auf Tonträgern. Die Aufbewahrung von Tondokumenten erfolgt heute mehrheitlich in audiovisuellen Abteilungen von Bibliotheken und Archiven zusammen mit Videos und multimedialen Dokumenten. So sind heute die reichen Tonsammlungen des Département de la Phonothèque et de l’Audiovisuel der französischen Nationalbibliothek (gegründet 1932) oder des British Institute for Recorded Sound (gegründet 1955) in die entsprechenden audiovisuellen Abteilungen der Bibliothèque Nationale de France und der British Library integriert. Ähnliche Entwicklungen gibt es auch im Bereich der Radioarchive, die mit den Fernseharchiven fusioniert werden. Wissenschaftliche Tonarchive haben nur selten zu institutioneller Eigenständigkeit gefunden. Die sprachwissenschaftlichen und ethnographischen Tonarchive der Phonogrammarchive Wien, St. Petersburg und Berlin sind eher die Ausnahme. Während die Vielfalt der Formate in der analogen Zeit der Tonaufnahme überschaubar blieb, hat die digitale Tonaufnahme zu einer Unzahl von Träger- und Aufzeichnungsarten geführt; die meisten haben kaum 10 Jahre überlebt. Mit der Einführung der Tonaufzeichnung als Datei ist der Bereich wieder übersichtlicher geworden.

3.1.1 Zur Geschichte der Tonaufnahme

Hinweis: Die Tonaufnahme von Edison ist auf dem Web frei zugänglich. Es handelt sich allerdings um eine 40 Jahre später aufgenommene Rekonstruktion. https://archive. org/details/EDIS-SCD-02

Hinweis: Die Aufnahme kann auf der Website des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften angehört werden: www.phonogrammarchiv.at/ wwwnew/hoerbar/_d.htm

Die Geschichte der Technik, mit der es möglich ist, Töne aufzuzeichnen und wiederzugeben, begann 1877 mit Thomas Alva Edisons „Phonograph“ oder „Talking Machine“. Edison war es gelungen, ein kurzes Kinderlied in eine Stanniolfolie zu prägen, die er um einen mit Rillen versehenen, sich drehenden Zylinder gewickelt hatte, und danach wieder abzuspielen. 1886 ersetzten Chichester Bell und Sumner Tainter in ihrem Graphophone die Stanniolfolie durch einen mit Wachs beschichteten Kartonzylinder, in den die Aufnahme in Rillen eingeschnitten wurde. 1888 übernahm Edison die Idee der Wachswalze und konstruierte ein für Diktate bestimmtes Gerät, das von einem Elektromotor angetrieben wurde. Damit waren die wesentlichen Schritte der Entwicklung des Tonträgers Zylinder, auch als Walze bezeichnet, vollzogen. Die zweite Form des Tonträgers, die Schallplatte, wurde 1887 von Emile Berliner entwickelt. 1888 erfand er die geätzte Zinkplatte, und 1895 kamen von Berliner die ersten gepressten Schellackplatten auf den Markt. Auch die magnetische Aufzeichnung von Tönen wurde im ausgehenden 19. Jahrhundert erfunden. Massgeblich daran beteiligt war der Däne Waldemar Poulsen, der 1900 das „Telegraphon“ patentieren liess, mit dem der Ton magnetisch auf Stahldraht aufgezeichnet wurde. Eine 1900 entstandene Aufnahme mit der Stimme des Kaisers Franz Joseph von Österreich ist erhalten geblieben. Schallplatte und Zylinder wurden ab 1900 aufgrund des rasch wachsenden Geschäfts mit Musikaufnahmen technisch weiter entwickelt, wobei die Schallplatte den Zylinder am Ende der Zwanzigerjahre verdrängte. Die Entwicklung der magnetischen Schallaufzeichnung auf Tonband setzte in den Dreissigerjahren ein; die Technik wur-

Tonaufnahmen 

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de nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst im professionellen Bereich angewendet; ab 1963 fand sie mit der Kompaktkassette grosse Verbreitung auf dem Konsummarkt. Siebzehn Jahre später, 1980, kommt ein ganz neuer Tonträger auf den Markt: die Compact Disc (CD) von Philips und Sony. Der digital aufgezeichnete Ton wird optisch und – im Gegensatz zu den oben beschriebenen Systemen – kontaktfrei und damit ohne Abnützung der Oberfläche gelesen. Die CD und die ihr verwandte DVD (Digital Versatile Disc oder Digital Video Disc) sind die letzten spezifisch für die Aufzeichnung von Tönen und Bildern entwickelten Träger. Noch zu erwähnen wäre die 1991 von Sony vorgestellte MiniDisc, und die Hi-MD von 2004, ein magnetooptisches Speichermedium für den Konsummarkt, das wohl den Erfolg der Kompaktkassette im digitalen Bereich fortsetzen sollte, aber nie dieselbe Verbreitung gefunden hat. Mit der Aufzeichnung von Tönen und Bildern in Form von computerlesbaren Dateien werden die audiovisuellen Dokumente in Zukunft auf Trägern und Systemen gespeichert, die für jegliche Formen digitaler Information geeignet sind.

3.1.2 Materialkenntnisse, Handhabung und Erhaltung (Wir beschränken uns hier auf jene Tonträger, die in gemischten Sammlungen in Europa am häufigsten vorkommen.)

3.1.2.1   Mechanische Tonträger: Zylinder und Schallplatten Für die Bestandserhaltung ist es wichtig, zwei Arten von Zylindern und Schallplatten zu unterscheiden: solche, die aus einem Vervielfältigungsprozess hervorgegangen sind, das heisst, von einer Matrize gepresst wurden, und solche, die im Direktschnittverfahren entstanden sind. Von ersteren kann man erwarten, dass sie in mehreren, vielleicht Tausenden Exemplaren existiert haben, letztere sind Unikate, d. h. nur in einem Exemplar vorhandene Dokumente. Direkt geschnittene Schallplatten sind physisch sehr instabil. Zylinder oder Walzen wurden in verschiedenen Formaten und mit verschiedenen Materialien hergestellt. Am häufigsten sind schwarze, braune und blaue („blue amberol“) Zylinder. Angaben über den Inhalt finden sich entweder auf der Schmalseite eingeritzt oder am Anfang der Aufnahme in einer Ansage. Sind keine solchen Informationen vorhanden, dürfte es sich um einen direkt aufgenommenen Zylinder handeln. Die ältesten Schallplatten von Berliner hatten einen Durchmesser von 17cm. Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Platten mit einem Durchmesser zwischen 8 cm und 50 cm hergestellt. Horizontale und vertikale Aufzeichnung der Toninformation („Seitenschrift“ und „Tiefenschrift“) sowie die nicht standardisierte Rillenabmessung, Entzerrung und Abspielgeschwindigkeit erschweren die korrekte Wiedergabe von Platten, die vor der Einführung der Vinylplatte mit Mikrorille ab 1947 entstanden sind. Wie bei den Zylindern dürfen auch hier keine alten Abspielgeräte verwendet werden, da sie durch das hohe Auflagegewicht des Tonarms den Tonträger beschädigen. Moderne Grammophone müssen für das Abspielen von Schellackplatten speziell eingerichtet sein. Vor der allgemeinen Verbreitung des Tonbands wurden Aufnahmen oft auf Platten geschnitten. Diese Technik fand nicht nur beim Radio Verwendung, sondern wurde auch in privaten Aufnahmestudios dem Publikum angeboten. Es kommt darum immer wieder vor, dass in Nachlässen von Personen oder Firmen solche Aufnahmen enthalten sind. Diese Tonträger sollten in aller erster Priorität in ein modernes Format umgespielt werden, da ihre Lebensdauer aufgrund der materiellen Zusammensetzung beschränkt ist.

Hinweis: Die Schweizer Nationalphonothek zeigt auf ihrer Website noch mehr Tonträger und die dazugehörigen Abspielgeräte: www.fonoteca.ch/ yellow/technology_de.htm

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Abb. 11  Zylinder (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Abb. 12  Speziell angefertigte Schachtel für Zylinder (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Tonaufnahmen 

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Abb. 13  Nur so sollte ein Zylinder angefasst werden (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Handhabung und Erhaltung: –– Zylinder sind sehr zerbrechlich. Sie sollten nur in der unten abgebildeten Weise angefasst werden –– Zylinder sind sehr anfällig auf Schimmelbefall, insbesondere, wenn sie in originalen Verpackungen aufbewahrt werden, die wegen der Zerbrechlichkeit mit Filz ausgefüttert sind.

Abb. 14  Direkt geschnittene Platte mit abspringender Lackschicht (Bild: R. Müller, Memoriav, Bern)

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

–– Zylinder sollten wegen der oben genannten Gefahr des Schimmelbefalls in besonders dafür angefertigten Behältern aufrecht stehend aufbewahrt werden. –– Es ist zu empfehlen, Zylinder, wenn möglich, einer auf historische Tonträger spezialisierten Institution zur Aufbewahrung zu übergeben. –– Schallplatten sollten nur am Rande oder am Rand und im Zentrum angefasst werden. –– Schallplatten aus Schellack sind zerbrechlich. –– Schallplatten aus Polyvinylchlorid (PVC) oder Polystyrol sollten keinen UV-Strahlen ausgesetzt und bei Temperaturen unter 25 ° gelagert werden. Gegen physische Verformung hilft die vertikale Aufbewahrung mit leichtem Druck zwischen den Platten. –– Mehr als beim Zylinder und der Schellackplatte ist bei der Vinylplatte die Hülle (das Cover) integraler Bestandteil des Dokuments und muss entsprechend sorgfältig behandelt und allenfalls geschützt werden. Besonders empfindlich sind laminierte Hüllen, die mit einer feinen Plastikfolie überzogen sind, die sich mit der Zeit ablösen kann. Für die sachgerechte Behandlung der Plattenhüllen sollten Personen, die auf das Restaurieren von Büchern und ähnlichen Objekten spezialisiert sind, beigezogen werden.

Abb. 15  Nur so sollte eine Schallplatte angefasst werden (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Tonaufnahmen 

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3.1.2.2   Magnetische Tonträger Analoge magnetische Tonaufnahmen finden sich in gemischten Sammlungen vor allem in Form von Tonband auf Spulen und Kompaktkassetten. Für die Bestandserhaltung ist es wichtig, die verschiedenen Materialien, die für die Herstellung dieser Produkte verwendet wurden und ihre Eigenschaften zu kennen. Wie die mechanischen Tonträger sind auch die analogen magnetischen Aufnahmen heute obsolet. Während sich aber ein Abspielgerät für Zylinder oder Platten vergleichsweise leicht konstruieren lässt und entsprechende Produkte auf dem Markt sind, werden Tonband- und Kassettengeräte nur noch vereinzelt hergestellt und Ersatzteile sind schwer erhältlich.

Abb. 16  Tonbänder (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

Abb. 17  Musikkassette (Bild: Schweizer Nationalphonothek, Lugano)

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Tonband gibt es aus Papier, PVC, Zellulose-Triacetat und Polyester. Während die beiden erstgenannten Träger nur noch selten anzutreffen sind, können ältere Bestände noch Acetat-Bänder enthalten. Acetat-Bänder sind lichtdurchlässig und können darum leicht identifiziert werden, wenn man die Spule gegen eine Lichtquelle hält. Die grosse Menge der erhaltenen Bandbestände ist aber aus Polyester. Im professionellen Bereich wurden neben Bändern, die ¼ Zoll breit sind, auch ½ Zoll- sowie 1 und 2 Zoll-Bänder verwendet. Weitere Unterschiede gibt es bei der Dicke der Bänder: Im Amateurbereich wurden oft sogenannte „Langspielbänder“ verwendet, die wesentlich dünner waren als diejenigen im professionellen Bereich. Weitere Variablen sind die Geschwindigkeit, mit der die Bänder aufgenommen wurden, und die Verteilung der Spuren auf dem Band. Leider sind bei vielen Tonbändern diese Parameter nicht oder nur teilweise auf der Verpackung oder einem Begleitdokument angegeben. Es bleibt dann nur die Möglichkeit, mit einem multifunktionalen Tonbandgerät, wie es vor allem spezialisierte Institution besitzen, die Parameter experimentell zu bestimmen. Für die technische Beschreibung einer Tonbandaufnahme sind folgende Parameter von Bedeutung: –– Bandbreite: ¼ Zoll (6,36mm) bis 2 Zoll –– Banddicke: –– Standard: 50–55 µm –– Langspiel-, Doppelspiel-, Dreifachspielband: 32–18 µm –– Kompaktkassetten: 18 µm (60 min), 13 µm (90 Min), 9 µm (120 Min) –– Spulendurchmesser: 6–26,5 cm –– Geschwindigkeit: 76 cm/sek.; 38 cm/sek.; 19 cm/sek; 9,5 cm/sek.; 4,75 cm/sek. (Kompaktkassette) –– Auf einem ¼-Zoll-Band können bis zu 4 Spuren aufgenommen werden. Daraus ergeben sich zahlreiche Varianten von Vollspur mono über zweimal zwei StereoSpuren bis zu 4 voneinander unabhängige Mono-Aufnahmen auf den 4 Spuren. –– Aufnahmegeschwindigkeit und Spurendisposition sind beispielsweise bei der Planung eines Digitalisierungsprojekts wichtig. Nur wenn diese Faktoren bekannt sind, kann die effektive Spieldauer eins Bandes und damit der Zeitaufwand beim Abspielen des Bandes bestimmt werden. –– Zur Wiedergabe von Bändern, die breiter als ¼ Zoll sind, braucht es besondere technische Einrichtungen und Kenntnisse. Digitale Tonaufnahmen auf Magnetband Die Einführung der digitalen Tonaufnahme in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts brachte eine Vielzahl verschiedener Formate und Aufzeichnungsweisen mit sich, die heute alle vom Markt verschwunden sind. Im halbprofessionellen und Amateurbereich wurden vor allem Betamax-Videobänder und Digital Audio Tape (DAT) benutzt. Im professionellen Bereich gab es verschiedene Formate auf Spulen zwischen ¼ und 2 Zoll Breite. Als Master wurde oft das Videoformat U-Matic verwendet. Nur kurze Zeit (1992–1996) war die Digital Compact Cassette (DCC) von Philips und Matushita auf dem Markt, die äusserlich der analogen Kompaktkassette sehr ähnlich war.

Tonaufnahmen 

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Handhabung und Erhaltung von Magnetband: –– Wie alle anderen Tonträger sollten auch Tonbänder nur auf Geräten in gutem Zustand abgespielt werden. –– Verschmutzungen aller Art (Fingerabdrücke, Staubpartikel etc.) beeinträchtigen die Qualität der Wiedergabe erheblich, da sich die Technik im Mikrometerbereich abspielt. –– Acetatbänder sind aufgrund der Alterung oft brüchig und müssen auf Tonbandgeräten, bei denen die Zugkraft reguliert werden kann, abgespielt werden. –– In grösseren Beständen an Acetat-Bändern wurde gelegentlich der chemische Zersetzungsprozess „Essigsyndrom“ festgestellt, der sich durch einen penetranten Essiggeruch bemerkbar macht. –– Polyesterbänder sind stabil; bei gewissen Fabrikaten und Bändern kann es, besonders wenn sie extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt waren, zu Schichtablösungen kommen (sticky shed syndrome). –– Bänder, die zur Archivierung vorgesehen sind, müssen glatte Wickelflächen aufweisen. Unregelmässig gewickelte Bänder verformen sich bei der Lagerung. Sie sind dann nur noch bedingt abspielbar. –– Zur Lagerung sollten die Bänder, die nur in einer Richtung bespielt sind, vorgespult sein; das heisst, für die Wiedergabe muss das Band erst zurückgespult werden. Dadurch wird der sogenannte Kopiereffekt, das Ertönen von lauten Tonereignissen als „Vorecho“, verringert. –– Bänder auf Spulen dürfen die runden Scheiben, welche das Band führen, die sogenannten Spulenflanschen, nicht berühren. Für Bänder, die nicht auf Spulen sondern auf Kerne gewickelt sind, muss in der Schachtel eine Kernstütze vorhanden sein. (Siehe Abbildung unten.) –– Bänder können wie Filme geschnitten und zusammengeklebt werden. Bei der Alterung kann es vorkommen, dass der Leim des Klebbands austritt und die danebenliegenden Wickel chemisch angreift. –– Vor dem Abspielen eines Bandes müssen die Klebestellen kontrolliert und allenfalls erneuert werden. Diese „mechanische“ Restaurierungsarbeit sollte einer Fachperson überlassen werden. –– Sind auf einer Spule Bänder verschiedener Qualität zusammengeklebt worden, kann dies wegen den unterschiedlichen physischen Eigenschaften zu unregelmässiger Spannung im Wickel führen, wodurch die Bänder verformt werden.

Abb. 18  Spule mit Flanschen

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Abb. 19  Tonband auf Kern

3.1.2.3   Optische Tonträger In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten hat sich die Compact Disc (CD) als beliebtester Tonträger durchgesetzt. Weiterentwicklungen wie Super Audio CD und DVD Audio konnten sich nicht etablieren. Wie schon früher erwähnt, ist zwischen einer von einer Matrize gepressten, bespielten CD, wie sie im Musikhandel erhältlich ist, und einer auf einem sogenannten Rohling gebrannte CD zu unterscheiden. Eine weitere Unterscheidung gibt es zwischen der nur einmal und der mehrmals bespielbaren CD. Die bespielbaren CDs haben sich als unzuverlässige Speichermedien erwiesen. Ihre Lebensdauer hängt von den verschiedensten Faktoren ab: von der Qualität des CD-Rohlings, auf den die Aufnahme gebrannt wird, und des Aufnahmegeräts. Eine

Abb. 20 Compact Disc

Film 

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Rolle spielt auch, wie CD-Rohling, CD-Brenner und CD-Lesegerät zusammen passen, denn die Standardisierung der CD ist leider nicht so weit gekommen, dass alles zu allem passt. Bei den mit einer Matrize gepressten CDs kann die Lebensdauer durch Fabrikationsfehler, schlechte Qualität der verwendeten Materialien, mechanische Beschädigungen sowie Lagerungsschäden durch Licht und Feuchtigkeit beeinträchtigt werden. Alle CDs sind licht- und feuchtigkeitsempfindlich. Die ISO-Norm empfiehlt eine Aufbewahrung bei maximal 23 ° und 50 % relativer Luftfeuchtigkeit. Das Einfrieren von CDs wird nicht empfohlen, da es zur Ablösung der verschiedenen Schichten führen kann. Für DVDs gelten dieselben Regeln. DVDs sind im Aufbau noch komplexer als CDs, und die Informationen sind noch enger gepackt. Entsprechend können schon kleine Schäden zur teilweisen oder vollständigen Unlesbarkeit führen. Sonys Minidisc kam ebenfalls als gepresstes Massenprodukt und als mehrmals bespielbarer optischer Träger auf den Markt. Bei der Aufnahme wird durch einen proprietären Algorithmus viel „nicht hörbare“ Toninformation entfernt. Mindiscs sollten wegen der Gefahr der Obsoleszenz möglichst bald in eine digitale Datei umkopiert werden. Die durch den Algorithmus entfernte Toninformation lässt sich damit allerdings nicht mehr zurückholen.

3.1.2.4   Tondokumente in Dateiformat Da es für Tondokumente keinen Träger gibt, der für die langfristige Erhaltung geeignet ist, müssen sie in Dateiformat in digitalen Speichersystemen aufbewahrt werden. Die Anforderungen an solche Systeme können hier nicht wiederholt werden. Hinweise dazu gibt es im Kapitel 4. Die heute allgemein anerkannten Standards sind das WAV-Format sowie das Broadcast Wave Format (BWF), das die Wave-Datei durch die Möglichkeit ergänzt, zusätzliche Metadaten einzubinden. Bei der für die Langzeiterhaltung empfohlenen Auflösung von 96 kHz/24-bit entstehen für eine Stunde Stereoaufnahme 2,1 GB. Für Apple-Produkte wurde das Audio Interchange File Format (AIFF) entwickelt.

3.2 Film Mit „Film“ wird hier die Aufzeichnung von bewegten Bildern und – in den meisten Fällen – auch der dazu gehörenden Töne auf fotochemischem Träger bezeichnet. Im folgenden Kapitel „Video“ (3.3.) geht es dann um die auf Magnetband aufgezeichneten bewegten Bilder und Töne. Die Unterscheidung ist unter dem Aspekt der Bestandserhaltung notwendig, da es sich um verschiedene Trägermaterialien handelt. Anders als Video, hat die Filmtechnik seit ihrer kommerziellen Einführung keine grundlegenden technischen Modifikationen erfahren. 1895 wird allgemein als Geburtsstunde des Films genannt, das Jahr, in dem die Brüder Skladanowsky im Berliner Variété „Wintergarten“ und die Gebrüder Lumière im Keller des Grand Café am Boulevard des Capucines in Paris die ersten kommerziellen Filmvorführungen durchführten. Das Datum bezieht sich also eher auf das Kino als Institution, denn auf die Filmtechnik. Erst jetzt, im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends, dürfte mit der Umstellung auf Digitaltechnik auch dieses letzte noch analoge audiovisuelle Medium Geschichte werden.

Hinweis: Für weitere technische Informationen: International Association of Sound and Audiovisual Archives, Technical Committee Standards, Recommended Practices and Strategies: Guidelines on the Production and Preservation of Digital Audio Objects, IASA-TC04, Second Edition. Zu bestellen über: https://iasa-webcart.org/buypublications

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Das heisst, dass auch bei der Erhaltung von Filmen neben dem Zerfall der Trägermaterialien die technische Obsoleszenz berücksichtigt werden muss, da das Wissen und die materiellen Voraussetzungen zum Umgang mit Bildern und Tönen, die auf fotochemischem Träger aufgenommen sind, verschwinden werden. Mit dem Wort Film wird zunächst der Spielfilm assoziiert, den wir im Kino, am Fernsehen, auf der DVD oder am Computer anschauen. Davon ist hier nur am Rande die Rede, denn es verirrt sich nur selten die Kopie eines Spielfilms in die Regale von Archiven, Bibliotheken und Museen, und in den seltensten Fällen (aber es darf nie ganz ausgeschlossen werden) ist diese Kopie für die langfristige Erhaltung des Films von Bedeutung. Aber so wie die Tonaufnahme nicht nur durch das Radio und auf dem Schallplattenmarkt existiert, gibt es auch unzählige Filme, die anderen Genres als dem Spielfilm angehören. Spielfilme werden in der Regel in spezialisierten Kinematheken, bei Produzenten, Verleihern und in den Labors, die für ihre Herstellung und Vervielfältigung sorgten, aufbewahrt. Unser Augenmerk gilt nicht diesen Filmen, sondern jenen, die in Archiven, Bibliotheken und Museen, aber auch Institutionen der Forschung und der Ausbildung, in Industriebetrieben, in der öffentlichen Verwaltung und bei Privaten lagern: Privat- und Familienfilme, Werbe- und Ausbildungsfilme, Aktualitätenfilme, Dokumente der Forschungstätigkeit von Ethnologinnen und Historikern, Kunstfilme, um nur einige wenige der unzähligen Genres zu nennen. Wie alle audiovisuellen Dokumente sind auch diese Filme nicht nur Abbild einer – vielleicht längst verschwundenen – Realität, sondern sie sind auch Zeugnisse des individuellen Blicks von Personen auf ihre Welt, auf das, was sie für aufzeichnungswürdig hielten. Vergessen wir nicht, dass das Filmen, vor der Einführung von Video, eine vergleichsweise teure und aufwändige Tätigkeit war, die viel Sorgfalt und vorgängige Planung verlangte. Das Ergebnis wurde erst nach der chemischen Entwicklung des Films sichtbar. Während der Spielfilm in den meisten Fällen auf dem Standardformat 35 mm aufgenommen wurde, gab es für andere Anwendungen verschiedene Schmalfilmformate: 16 mm, 8 mm, Super8mm; seltener 28 mm und 9,5 mm. Der Umgang mit den Filmen, die ausserhalb der Spielfilmproduktion entstanden sind, ist wegen der verschiedenen Formate, für die je wieder andere Geräte notwendig sind, aufwändig.

3.2.1 Geschichte und Beschreibung der Materialien Da die Erscheinungsformen des Films nicht so vielfältig sind wie diejenigen des Tonträgers, werden hier die Materialien im Zusammenhang mit der Geschichte des Films beschrieben. Wie schon erwähnt, ist die Geschichte des Films eng mit derjenigen des Kinos verbunden, der Institution also, in der bewegte Bilder für ein Publikum projiziert werden. Thomas Alva Edison gelang es schon 1893 mit seinem Kinetograph Bilder auf perforierten 35 mm-Film aufzunehmen und für einen einzelnen Zuschauer wiederzugeben. Am 1. November 1895 waren es dann die Gebrüder Skladanowsky und am 28. Dezember die Gebrüder Lumière, die mit ihrem im Februar desselben Jahres patentierten Cinématographe in Paris einem zahlenden Publikum die ersten Filme vorführten. Das Trägermaterial der ersten Filme war Nitrozellulose, ein feuergefährliches Material, das dennoch bis in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts für 35 mm-Film verwendet wurde. Ab 1909 war es möglich, Filme auf Zellulose Diazetat zu produzieren. Dieses Material diente zur Herstellung aller Formate, vor allem der Schmalfilme;

Film 

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ab 1940 auch Zellulose Triazetat. Ab der Mitte der Sechzigerjahre finden wir dann Filme aller Formate auf dem stabileren Polyester. Der 16 mm-Film für den Heim- und Ausbildungsmarkt wurde von Kodak 1923 eingeführt. Kameras und Projektoren waren im Vergleich zu den Apparaten für 35 mm leichter und damit gut transportierbar. 16 mm-Filme wurden auch vom Fernsehen bis in die 1970-er Jahre verwendet. 1932 brachte Kodak den 8 mm Film auf den Markt. 1965 fand mit Super8 eine Weiterentwicklung des Formats mit kleinerer Perforation und damit der Möglichkeit eines grösseren Filmbilds statt. Super8 wurde auch im professionellen Bereich und beim Kunstfilm verwendet. Die erste wichtige technische Weiterentwicklung, jene zum Tonfilm, ist ein langer Prozess und wird mit dem Jahr 1927 in Verbindung gebracht, als der Film The Jazz Singers mit einigen gesungenen und gesprochenen Sequenzen in die Kinosäle kam. Ein weiterer wichtiger Entwicklungsschritt betraf die Einführung des Farbfilms. Schon in der Frühzeit wurden Schwarzweissfilme von Hand koloriert oder die Kopien wurden eingefärbt. Versuche, die natürlichen Farben direkt über die Kamera auf den Filmstreifen zu bannen, begannen in den Zwanziger- und Dreissigerjahren für den 35 mm Film. In den späten Dreissigerjahren dominierte das erstaunlich stabile Technicolor-Verfahren. Für Amateure führte Kodak 1935 das Kodachrome-Verfahren für 16 mm- und 8 mm-Filme ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen andere Verfahren dazu, wobei die Instabilität der Farben, besonders bei Lagerung unter ungünstigen Bedingungen, weiterhin ein Problem blieb.

3.2.2 Identifikation des Materials und der Aufzeichnungsweise Format Das Format des Films lässt sich ohne besondere Kenntnisse von blossem Auge feststellen. Die Breite wird von Rand zu Rand gemessen. Gängige Format sind 35 mm, 16 mm, 8 mm, weniger häufig 28 mm und 9,5 mm.

Abb. 21  35 mm Film (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern) Abb. 22  16 mm Film (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern) Abb. 23  Normal 8 mm Film

Trägermaterial Zum Trägermaterial muss man wissen, dass ein Film, grob gesagt, aus zwei Schichten besteht: einem durchsichtigen Plastikträger und der Emulsion mit den durch Gelatine gebundenen lichtempfindlichen Substanzen. Was uns hier interessiert ist der Träger. Dafür wurden im Laufe der Filmgeschichte drei Materialien verwendet: Nitrozellulose (1893 bis in die frühen Fünfzigerjahre),

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Zelluloseazetat (1903 erfunden und in verschiedenen Formen [Diazetat, Triazetat] bis heute verwendet) und Polyester ab der Mitte der 1950-er Jahre. Nitrozellulose ist feuergefährlich. In gewissen Stadien der Zersetzung kann sie sich schon bei Temperaturen um 40 ° selbst entzünden. Das Feuer kann kaum mehr gelöscht werden, da beim Verbrennen von Nitrozellulose Sauerstoff freigesetzt wird. Aus diesem Grund dürfen Filme aus Nitrozellulose nur in dafür bestimmten Archivräumen gelagert werden. Bei Filmen aus Nitrozellulose steht bei einigen Produkten „Nitrate-Film“ am Rande des Filmstreifens. Mit wenigen Ausnahmen wurde Nitratfilm nur im 35 mm-Format verwendet. Zelluloseazetat wurde ab 1903 hergestellt und – in verschiedenen Formen – ab den Zwanzigerjahren für Film eingesetzt. Dieses Trägermaterial ist in allen Formaten anzutreffen. Einige Produkte tragen am Rand des Filmstreifens die Aufschrift „Safety Film“. Ab der Mitte der Sechzigerjahre wurde auch Polyester als stabiler Filmträger verwendet und zwar für alle Formate. Negativ/Positiv Ebenfalls ohne besondere Kenntnisse und Hilfsmittel kann festgestellt werden, ob es sich um ein Negativ oder ein Positiv handelt. Wichtig ist zu wissen, dass beim sogenannten Umkehrfilm, der gelegentlich beim Format 16 mm und fast immer bei 8 mm und Super8 verwendet wurde, das in der Kamera entstandene Negativ direkt entwickelt wurde. Das bedeutet, dass für die als Positiv vorliegenden Filme keine Negative vorhanden und diese Elemente somit Unikate sind.

Abb. 24  Film Negativ (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern)

Film 

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Schwarzweiss oder Farbe In den Beständen, um die es hier vor allem geht, werden kaum handkolorierte oder eingefärbte Filme vorhanden sein. Sollte es dennoch der Fall sein, wird es sich um eine wertvolle Rarität handeln, für deren weitere Betreuung in jedem Fall eine spezialisierte Person beigezogen werden sollte. Im Bereich der 16 mm- und 8 mm-Filme tauchen Farbfilme ab 1935 auf, als Kodak den Umkehrfilm Kodachrome auf den Markt brachte. Bei 16 mm-Film konnte auch auf Negativ gedreht werden. Ein 16 mm-Bestand kann also sowohl Negative wie auch Positive enthalten. Tonspuren Etwas komplexer ist die Situation bei den Verfahren, die es ab der Mitte der Dreissigerjahre erlaubten, mit den Bildern auch den Ton aufzuzeichnen. Zunächst ist zwischen den Aufzeichnungsweisen Lichtton und Magnetton zu unterscheiden. Lichtton ist eine unregelmässige Spur am Rande des Filmstreifens, in der der Ton entweder als Welle (Zackenschrift) oder in verschieden geformten horizontalen Strichen (Sprossenschrift) aufgezeichnet ist. Beim Magnetton ist ein brauner Streifen am Filmrand angebracht. Daneben gibt es die Möglichkeit, den Ton auf ein separates Tonband aufzuzeichnen. Diese Bänder unterscheiden sich vom Audiotonband durch die Breite (16 mm, seltener 17,5 mm und 35 mm) und die Perforation, die es erlaubte, den Ton mit dem Film zu synchronisieren.

Abb. 25  Zackenschrift (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern) Abb. 26  Sprossenschrift (Bild: Lichtspiel/Kinemathek, Bern)

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

3.2.3 Filme erhalten

Übersicht: Memoriav Empfehlungen: Film www.de.memoriav.ch/dokument/ Empfehlungen/empfehlungen_ allgemein_film_de.pdf

Fünf Grundsätze: – Ein Film ist ein Informationsträger: Er enthält Bildinformationen und in vielen Fällen auch Toninformationen. – Ein Film ist ein materielles Objekt. Das originale Filmmaterial enthält Informationen u. a. zur Produktion, Entstehungszeit und Geschichte dieses historischen Objekts. Bei jeder Form der Übertragung auf andere Träger oder Medien gehen Informationen verloren. Filme müssen deshalb unbedingt erhalten werden, auch nachdem sie umkopiert wurden. – Jeder Film, ob Positiv oder Negativ, muss als Unikat behandelt werden, solange keine identischen Kopien lokalisiert wurden. – Fotochemisches Filmmaterial und alle neuen analogen und digitalen Bildträger sind instabil. Für ihre langfristige Erhaltung sind die klimatischen Lagerbedingungen und die richtige Handhabung entscheidend. – Die Übertragung eines Films auf einen anderen Träger (z. B. Video oder DVD) sichert in keiner Weise die Erhaltung der Informationen, die er enthält. Sie ist aber nützlich für die Konsultation und die Schonung der Originale.

Für viele Handlungen, die notwendig sind, um Filme zu erhalten und zugänglich zu machen, ist eine Spezialausbildung notwendig. Die folgenden Ausführungen enthalten einerseits jene wenigen Handgriffe, die von jeder im Umgang mit sensiblen Dokumenten geschulten Person vorgenommen werden können, andererseits geben sie Entscheidungshilfen für den Umgang mit den Beständen.

3.2.3.1   Zustand Übersicht: Memoriav Empfehlungen: Film www.de.memoriav.ch/dokument/ Empfehlungen/empfehlungen_ allgemein_film_de.pdf

Hinweis: Was sind A-D Strips? A-D Strips werden dazu verwendet, den Grad der chemischen Zersetzung von azetathaltigen Archivmaterialien zu messen. Die kleinen Papierstreifen verfärben sich von blau über verschiedene Grünstufen zu gelb, je nach der Menge der vorhandenen Säuregase, die das sich zersetzende Azetat absondert. Die Testmethode ist einfach. Ein A-D Strip wird mit dem zu testenden Film während 24 Stunden (bei Raumtemperatur) bezw. 1–2 Wochen (bei 13 °) in einem verschlossenen Behälter aufbewahrt. Dann kann an der Farbe der Grad der Zersetzung abgelesen werden.

Bevor eine Filmbüchse geöffnet wird, sollten folgende Punkte beachtet werden: –– Jeder Film ist gefährdet und kann selber eine Gefahrenquelle sein. Gewisse Filmträger (35 mm-Nitrozellulose) sind sehr feuergefährlich. In Zersetzung können Filme zudem andere Filme „anstecken“ oder für Personen gesundheitsgefährdend sein. Zersetzung kann sich durch starken Geruch bemerkbar machen. –– Filme, die unter ungünstigen, vor allem zu feuchten Verhältnissen gelagert werden, können leicht von Schimmel und anderen Pilzarten befallen werden. Beim Öffnen der Filmbüchse werden Sporen frei, die für die Atemwege schädlich sein können und sich im Raum verbreiten. –– Bei Verdacht auf Zersetzung und Pilzbefall sollte darum eine Person beigezogen werden, die für den Umgang mit kontaminierten Materialien, wenn möglich mit Film- und Fotomaterial, ausgebildet ist. –– Die Zersetzung von Nitratfilm kann durch Sichtkontrolle, Geruch und Rost an der Filmbüchse festgestellt werden. Im Endstadium ist der Film nur noch ein braunes Pulver. –– Die Zersetzung von Acetatfilm kann durch sogenannte A/D-Strips gemessen werden. Ausserdem riecht der Film nach Essig (Essigsyndrom). Der Film wird im Laufe des Zersetzungsprozesses schrumpfen und kann nicht mehr in einen Projektor eingespannt werden. –– Farbfilme aller Art verlieren mit der Zeit an Kontrast und verblassen.

Film 

3.2.3.2   Konservierung Verpackung Filme werden auf Spulen oder Kernen in Behältern aus Karton, Plastik oder Metall aufbewahrt. Beschädigte Schachteln oder Schachteln aus säurehaltigem Material sollten ersetzt werden, ebenso beschädigte oder rostige Filmbüchsen. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die originale Verpackung Informationen enthalten kann, die für die Identifikation des Films unentbehrlich sind. Diese Informationen sind schriftlich und/oder fotografisch festzuhalten. Plastikbehälter müssen aus Polypropylen oder Polyethylen sein; Kartonbehälter aus neutralem oder gepuffertem Material, Metallbehälter aus nicht korrodierendem Metall. Die Behälter dürfen keinen Leim oder andere Additive enthalten, die mit dem Film reagieren könnten. Die Behälter müssen die richtige Grösse haben und so stabil sein, dass sie sich bei horizontaler Lagerung in einem Stapel nicht verformen. Bei der Frage, ob die Filmspule ersetzt oder der Film umgerollt werden sollte, kommen wir schon an die Grenzen dessen, was sich in einer nicht spezialisierten Institution machen lässt. Es gibt besondere Geräte zum Umrollen der verschiedenen Filmformate, für deren Beschaffung und Bedienung sollte aber unbedingt eine Fachperson beigezogen werden. Ist der Filmbestand nur klein, lohnt sich die Anschaffung nicht, und es ist besser, die Zusammenarbeit mit einer Institution, die über mehr Filmmaterial verfügt, zu suchen. Für geeignetes Verpackungsmaterial, Schachteln, Büchsen und Spulen, wendet man sich am besten an eine spezialisierte Institution. Lagerung: Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit: Nitratfilm: Temperatur nicht höher als 4 ° Celsius bei 30 %–50 % Luftfeuchtigkeit. Aber: Nitratfilme dürfen nur in besonders dafür konstruierten Archivräumen aufbewahrt werden. Azetatfilme: (schwarzweiss und farbig): Temperatur nicht höher als 4 ° Celsius bei 30 %–50 % Luftfeuchtigkeit. Wenn der Zersetzungsprozess angefangen hat, sollten die Filme, wenn möglich, eingefroren werden. Dafür muss man sich an eine spezialisierte Institution wenden. Polyesterfilm: Schwarzweiss kann bei Raumtemperatur (20 ° Celsius) oder bei 12 ° Celsius (nach ISO Standard) bei 30 %–50 % relativer Luftfeuchtigkeit aufbewahrt werden. Farbfilme bei 4 °. Diese Zusammenstellung zeigt, wie aufwändig es ist, Filmbestände langfristig aufzubewahren. Kompromisse führen unweigerlich zu einer Verkürzung der Lebenszeit. Umgekehrt wird jedes Grad kälter die Lebenszeit des Materials etwas verlängern. Wenn es gelingt, Material bei 4 ° zu lagern, muss berücksichtigt werden, dass ein Zugriff nur noch in ganz seltenen Fällen nötig sein sollte. Auch wenn der Film vorsichtig und stufenweise auf Raumtemperatur akklimatisiert wird, wird dieser Prozess seine Lebenserwartung unweigerlich verkürzen. Wenn die Filme in der bestehenden Archivinfrastruktur nicht angemessen gelagert werden können, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Situation zu verbessern. Die Wahl hängt von der Grösse der Sammlung ab, den finanziellen Möglichkeiten der Institution, der Nutzungsfrequenz und der Verpflichtung der Institution, Filme langfristig zu erhalten. Für grössere Bestände könnte sich das Einrichten einer separaten Zelle für Aufbewahrung bei tiefen Temperaturen lohnen. Kleinere Bestände können

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

auch in Tiefkühltruhen aufbewahrt werden, wobei für die Beschaffung des Materials und die Definition der Betriebsabläufe (Verpacken, Einlagern und Entnehmen der Filme, Unterhalt und Sicherheitsvorkehrungen) eine Fachperson beigezogen werden muss. Schliesslich ist auch die Auslagerung in eine andere Institution als Möglichkeit ins Auge zu fassen.

3.2.3.3   Filme identifizieren Wenn man, wie es oft der Fall sein wird, über keine besonderen Ausrüstungen verfügt, um auf den Inhalt des Films zuzugreifen, können dennoch einige der folgenden Daten eruiert werden, wenn man sich mit einer Lupe und Stoffhandschuhen versieht und auf einer absolut sauberen Arbeitsfläche den Anfang des Films abrollt. –– Möglicherweise (wenn auch nicht immer) gibt es einen Filmtitel und weitere Angaben zum Inhalt auf den ersten Frames. –– Daneben können die bereits genannten technischen Charakteristika Format, Negativ/Positiv, schwarzweiss/farbig, stumm oder vertont, Marke und Typenbezeichnung des Films erkannt werden. –– Gleichzeitig ist eine grobe Einschätzung des Zustands (z. B. Kratzer, beschädigte Perforationen) möglich.

Übersicht: Die folgende Liste stammt aus dem Aufsatz von Sabine Lenk, „Materialbestimmung und archivarische Behandlung von Filmmaterial“ in: Filmarchivierung. Sammeln, Sichern, Sichten Sehen, Essen 2011, S. 51.

Für eine weitere Bearbeitung des Films wären folgende Ausrüstungsgegenstände notwendig sowie eine entsprechende Schulung des Personals durch eine Fachperson: –– Sichtungstisch (35 mm, 16 mm) oder Sichtungsapparat (8 mm Super8) für die schonende Betrachtung des Materials, da ein Projektor empfindliches Material zerstören kann; –– Handschuhe zur Schonung der Hände (gegen, Verletzung, Dreck, Mikroorganismen wie Bakterien, Schimmel) und des Materials (gegen Dreck, Hautfett, Schweiss): auch wenn Material gut aussieht, weiss man meistens nicht, wo es vorher gelegen hat; –– Klebepresse bezw. Filmzement (Filmkitt) zur Reparatur des Filmbands und Ankleben von Startbändern; –– Schere, Perforations-Reparaturklebeband und Startband zur Reparatur ein- bzw. ausgerissener Perforationslöcher und um dem Film am Anfang und Ende einen Schutz zu geben (Anfügen von Allongen) –– Bobbys [Kerne] oder Spulen zum Bewahren des aufgerollten Films; –– Filmdosen aus Plastik, Metall oder Karton; –– Regale: Dosen müssen flach liegen und nicht zu viele aufeinander gestapelt sein; –– Umrolltisch (flach) zur regelmässigen Zustandskontrolle des Films; –– Mundschutz, falls der Film z. B. staubig oder von Schimmel befallen ist.

3.2.3.4   Langfristige Planung der Erhaltung von Filmen Wenn die Möglichkeit besteht, die Filme unter den oben angegebenen klimatischen Idealbedingungen, also kalt oder gefroren, aufzubewahren, können die finanziell aufwändigen Restaurierungs- und Kopierarbeiten den vorhandenen Mitteln entsprechend auf mehrere Jahre verteilt werden. Wenn es der Zustand des Materials erlaubt, sollte vor der Einlagerung eine Benutzungskopie in Dateiformat oder auf Video erstellt werden, damit die Zugänglichkeit des Materials gesichert ist.

Film 

3.2.3.5   Filme duplizieren Welche Art der Duplizierung eines Films auch immer gewählt wird, das erste Gebot ist, dass das Original dadurch keinen Schaden leiden darf. Alles, was in diesem Prozess mit dem Film geschieht, muss umkehrbar und dokumentiert sein. –– Duplizieren von Film auf Film: Das Duplikat muss so nahe als möglich am Original sein. Rekonstruiertes Material muss als solches gekennzeichnet und erkennbar sein. Idealerweise müssen aus einem Duplizierungsvorgang ein Master und eine Vorführ- beziehungsweise Konsultationskopie entstehen, von dem weitere Kopien hergestellt werden können, ohne dass auf das Original zurückgegriffen werden muss. Dieses Vorgehen ist sehr teuer und darum in den meisten Fällen nur für besonders wertvolle Filme möglich. Neuerdings kommt noch dazu, dass es kaum noch Laboratorien gibt, die solche Arbeiten ausführen können, und auch das Rohmaterial wird kaum mehr hergestellt.

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Übersicht: Die folgenden Ausführungen sind dem Kapitel 5 „Duplication“ (S. 41–58) des Film Preservation Guides entnommen.

–– Filme digitalisieren Filme sollten nur auf professionellen Einrichtungen von ausgebildeten Personen digitalisiert werden. Wir beschränken uns darum hier auf die Überlegungen, die Seitens der Institution, die für den Filmbestand zuständig ist, gemacht werden sollten. Kapitel 5 bietet eine Liste der Fragen und Anforderungen eines Auftraggebers an den Dienstleister. Wie bei allen Digitalisierungsprojekten ist auch bei der Filmdigitalisierung zunächst nach dem Ziel zu fragen: was soll die Digitalisierung leisten? Es gibt grundsätzlich zwei Situationen: 1. Der Zersetzungsprozess eines Films ist in einem Stadium, das eine Restaurierung nicht mehr in Frage kommt. Die digitale Kopie wird also in Zukunft den Film ersetzen müssen. 2. Der Film ist in gutem Zustand. Aus konservatorischen und praktischen Gründen muss eine Konsultations- und/oder Vorführkopie hergestellt werden. Im ersten Fall ist es wichtig, dass die Rohdaten eines hoch auflösenden Scans gesichert werden, damit eine möglichst vollständige und unverfälschte Abbildung des Originals erhalten bleibt. Im zweiten Fall gibt es inhaltliche und technische Parameter, die die Form des Digitalisats bestimmen. Ist es die Absicht, den Film auf dem Internet zugänglich zu machen, muss die entsprechende Datei den Möglichkeiten der Übermittlung angepasst werden. Handelt es sich um eine Konsultationskopie eines wissenschaftlichen Films, wird für die Nutzung in vielen Fällen eine wesentlich höhere Qualität notwendig sein. Jedem Digitalisierungsprojekt müssen Überlegungen vorausgehen, wie die entstehenden Datenmengen gesichert werden können. Bei audiovisuellen Dokumenten ist dies wegen der grossen Datenmengen besonders wichtig. Die folgende Übersicht soll einen Eindruck von den entstehenden Datenmengen vermitteln. Der niedrige Wert bezieht sich auf ein für die Sicherung des Dokuments noch vertretbares Format, der höhere Wert für die beste Lösung: –– 35 mm (4:3 Format): 1,1 TB – 6,5 TB pro Stunde –– 16 mm und Super 16mm: 544 GB – 1,7 TB pro Stunde –– 9,5 mm, 8 mm und Super8: 268 GB – 358 GB pro Stunde

Übersicht: Diese und mehr Informationen zur Digitalisierung von Filmen auf der Website: „audiovisual perservation by reto“ www.reto.ch

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

3.3 Video Viele Anwendungsbereiche der Tonaufnahme sind nach und nach an die Videotechnik übergegangen: Ethnologinnen und Ethnologen sind mit handlichen Videokameras unterwegs, Oral History Interviews werden mit Video aufgezeichnet und selbst bei Musikproduktionen aller Genres spielen Bilder eine immer wichtigere Rolle. Die Videotechnik hat sich, nachdem sie sich aus der schwerfälligen Fernsehtechnik der Anfänge zum handlichen, überall einsetzbaren Medium gemausert hatte, neue Anwendungsbereiche erobert, meistens auf Kosten der Filmformate 16 mm und 8mm/Super8: Familienfilm, Amateurfilm, Kunstfilm, aber auch Dokumentationen politischer Ereignisse werden mit Videotechnik aufgezeichnet. Während den sozialen Bewegungen, die zu Beginn der Achtzigerjahre des letzten Jahrhunderts in verschiedenen europäischen Ländern stattfanden, tauschten Aktivistinnen und Aktivisten die Aufnahmen ihrer Veranstaltungen und ihrer mehr oder weniger gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei aus. Als Folge der Popularisierung der Videotechnik sind die Bestände in Bibliotheken, Archiven, Museen und Forschungsinstitutionen sprunghaft gewachsen. Die Menge des produzierten Materials ist neben der Vielfalt und Kurzlebigkeit der Aufnahmetechnik und der oft fehlenden Dokumentation zum Hauptproblem geworden. Riesige Bestände in den verschiedensten Formaten befinden sich in den Archiven der öffentlichen und privaten Fernsehstationen. Diese Bilder prägen seit 50 Jahren wesentlich unsere Sicht und unser Verständnis des politischen, sozialen und kulturellen Geschehens auf der Welt. Sie sind Quellenmaterial unserer jüngsten Geschichte, das für zukünftige Generationen erhalten bleiben muss. Mit der Aufzeichnung bewegter Bilder als Dateien in fast beliebig hoher Auflösung wird in neuester Zeit die Unterscheidung von Film und Video zunehmend problematisch. So werden Filme (bewegte Bilder) heute mehrheitlich aufgenommen und abgespielt, ohne dass man sich mit den Trägermaterialien auseinandersetzen muss: das Einspannen von Filmen in Kameras und Projektoren und das Einschieben von Kassetten in Aufnahme- und Abspielgeräte ist weitgehend vorbei. Entsprechend wird heute der Unterschied zwischen Film und Video von jüngeren Personen kaum noch verstanden. Aber die bewegte Geschichte der elektronischen Aufzeichnung von bewegten Bildern auf Magnetband ist in den Archiven, Bibliotheken und Museen noch unübersehbar präsent: Hunderte oder Tausende meist technisch obsoleter Videoaufnahmen warten darauf, bewertet und allenfalls für die nächsten Generationen erhalten zu werden.

3.3.1 Geschichte und Beschreibung der Materialien Wie beim Film können wir auch für Video die Materialkenntnisse anhand der Geschichte dieser Technik vermitteln. Die Aufzeichnung von bewegten Bildern und Tönen auf Magnetband trat in den Fünfzigerjahren aus der experimentellen in die kommerzielle Phase. Ab 1956 wurde der Wunsch der amerikanischen Fernsehstationen verwirklicht, ihre Sendungen zeitverschoben über den ganzen Kontinent zu senden. Dazu stand ihnen mit der VR-1000 von Ampex ein Videorecorder zur Verfügung, dessen Umfang, Gewicht und Preis allerdings nur den stationären Einsatz in den Studios erlaubte. Auch die 2-Zoll breiten Bänder waren alles andere als handlich und so teuer, dass sie oft mehrfach verwendet wurden, was wiederum zum Verlust zahlreicher Zeugnisse der frühen Fernsehgeschichte führte (Die folgenden Abbildungen stammen von Memoriav, Bern).

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Abb. 27  Quadruplex 2 Zoll

2-Zoll Bänder tauchen heute nur noch selten in Sammlungen auf, und noch seltener sind die Maschinen, mit denen sie abgespielt werden und die Personen, die diese Maschinen bedienen können. Im Laufe der Sechzigerjahre reduzierte sich die Bandbreite auf 1 Zoll – immer noch auf offenen Spulen („open reel“), also nicht als Kassette. Die Bänder vom Typ A (1965 bei Ampex), Typ B (1975 bei Bosch) und Typ C (1978 bei Ampex und weiteren Firmen) sind noch heute in vielen Fernseharchiven und Produktionsfirmen zu finden.

Abb. 28  1 Zoll Typ ABC

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Diese Technologie war teuer und nur beschränkt mobil. Wo Beweglichkeit gefragt war, wurde weiterhin mit 16 mm Film gearbeitet. Aber es war zu erwarten, dass sich dies bald ändern würde. Schon in den Sechzigerjahren begann Video mobiler zu werden und sich neben der professionellen Fernsehproduktion in andere Anwendungsgebiete zu verbreiten. 1969 kam das immer noch auf offenen Spulen, aber mit einem nur noch ½ Zoll breiten Band operierende Bandformat EIaJ von Sony auf den Markt.

Abb. 29  ½ Zoll EIAJ

Ab 1970 wurden die Videobänder in Kassetten eingeschlossen und dadurch kompakter und für den Konsummarkt und den Hausgebrauch verwendbar und erschwinglich. Im professionellen Bereich erschienen 1971 U-Matic von Sony, JVC und Panasonic mit einem ¾-Zoll breiten Band. Im Konsumbereich entstand eine ganze Reihe von kurzlebigen Produkten: VCR von Philips (1970), Cartrivision (AVCO, 1972), V-Card von Sanyo (1972) und auch BetaMax von Sony (1975) , das trotz besserer Qualität den Konkurrenzkampf gegen VHS von JVC und Panasonic (1976–77) verlor und dessen Produktion eingestellt wurde. Diese Bänder waren nur noch ½ Zoll breit. In der zweiten Hälfte der Achtzigerjahre begann Sony mit seiner Betacam-Familie (Betacam SP 1986) für die professionelle Nutzung. Zur gleichen Zeit erschien auch das M-II Format von Panasonic/JVC, das vor allem in Japan und den USA Verwendung fand. Auch die VHS-Familie fand mit S-VHS 1987 eine qualitativ höherstehende Fortsetzung und Sony brachte mit Hi8 (8 mm Bandbreite) 1989 ein Konkurrenzprodukt auf den Markt. Abgesehen von dieser Vielzahl von Formaten gilt es noch zu berücksichtigen, dass es im analogen Bereich verschiedene Fernsehnormen gab, die auch für die Videotechnik galten: PAL, SECAM und NTSC. Die meisten Videodokumente aus dem deutschsprachigen Bereich dürften in PAL aufgezeichnet sein. Wurden amerikanische Geräte verwendet, kann es sich aber auch um NTSC handeln. SECAM kam in Frankreich und in den Ländern des ehemaligen Ostblocks zur Anwendung.

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Abb. 30  U-Matic

Abb. 31  VCR

Abb. 32  Betamax

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Abb. 33  VHS

Abb. 34  Betacam SP

Abb. 35  S-VHS

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Abb. 36  Hi8

Die digitale Aufzeichnung bewegter Bilder auf Magnetband begann mit den professionellen, nicht datenreduzierten Formaten D-1, D-2 (Ampex und andere 1989) und D-3 (Panasonic 1990). Das am meisten verbreitete Kassettenformat wurde aber das von Sony 1993 eingeführte Betacam Digital, das erstmals mit einer Datenreduktionsrate von 1:2 arbeitete. Mit der Verbreitung der digitalen Aufzeichnung von Videosignalen verwischen sich die Grenzen zwischen professionellen, semiprofessionellen und Formaten für das breite Publikum. In den frühen Neunzigerjahren wurde das DV Video-Format entwickelt. DV verwendet eine besondere verlustbehaftete Datenreduktion. 1995 brachte Sony DV auf den Markt mit einem ¼-Zoll Band und einer Kompression von 1:5. Die gleiche Technologie wurde auch von den folgenden Produkten MiniDV (1995 – für Kameras) und DVCAM (1996) für den professionellen Gebrauch angewendet.

Hinweis: Datenreduktion und Datenkompression nennt man die Verringerung der Datenmenge eines digitalen Videosignals durch zusammenfassen beziehungsweise Entfernen von Daten. Bei der verlustfreien Kompression werden keine Datenvernichtet, bei der verlustbehafteten Reduktion gehen Informationen unwiederbringlich verloren.

Abb. 37  Digital Betacam

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Abb. 38  DV

Abb. 39  DVCAM

Abb. 40  DVCPRO

 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

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Von Sony erschien 1999 Digital8 auf dem Markt, das rückkompatibel war mit Video8 und Hi8. Eine Besonderheit war die 2001 von JVC herausbrachte D-VHS, die unkomprimierte Bilder produzierte. Eine Stunde Aufnahme brachte es damit auf stolze 150 Gigabyte. Als Fortsetzung der Beta-Produkte brachte Sony 1996 die Betacam SX auf den Markt und 2001 MPEG IMX, ein Format, das sowohl auf Kassette als auch in Dateiform verwendet werden kann. Schliesslich müssen noch die vor allem für die Veröffentlichung von Filmen entstandenen Plattenformate erwähnt werden. 1978 brachten MCA und Philips die Disco Vision auf den Markt, die später in VLP, Laservision, CD Video und Laser Disc umbenannt wurde. 1980 folgte Thomsom CSF mit einer Videodisc, 1981 RCA mit OED Select Vision und 1983 JVC mit Video High Density.

Abb. 41  Betacam SX

Abb. 42  MPEG IMX

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

Abb. 43  Laser Disc

Hinweis: Abbildungen weiterer Formate sowie eine Beurteilung des Oboleszenzgrads (Obsolescence Rating) finden sich im Video Format Identification Guide. www.videopreservation. conservation-us.org/vid_id/

Ein wirklicher kommerzieller Erfolg war nur der DVD (Digital Video Disc oder Digital Versatile Disc) von 1996 beschieden. Es war ein Hybrid des Multi Media Compact Disc Formats von Sony und Philips und Super Density Formats von Toshiba. Toshiba verlor mit seiner HD-DVD den Konkurrenzkampf gegen Sony’s Blue-Ray. Damit und verstärkt durch die Einführung des hochauflösenden Videos und Fernsehens (HD) verlagert sich die Videogeschichte von der Beschreibung mediumspezifischer physischer Objekte zu derjenigen von Dateiformaten, die auf Chips, Festplatte und optischen Trägern, wie DVD, Blue Ray, oder Magnetband gespeichert werden können. Diese Formen von Dokumenten stellen die Bestandserhaltung vor neue, noch kaum beachtete, geschweige denn gelöste Probleme. In den Beständen von Archiven, Bibliotheken und Museen befinden sich von den genannten analogen Formaten vor allem U-Matic, verschiedene Beta-Formate, VHS und S-VHS sowie Video8 und Hi8. Ab der zweiten Hälfte der Neunzigerjahre entstandene Aufnahmen dürften vor allem in den DV-Formaten vorhanden sein.

Video 

3.3.2 Videos erhalten –– Wie bei allen anderen audiovisuellen Medien ist auch beim Videoband die Lebenszeit beschränkt. Es gibt zwei Gründe dafür: die Zersetzung des Bandmaterials und die technische Obsoleszenz. Es muss darum damit gerechnet werden, dass der Inhalt in regelmässigen Abständen transferiert werden muss. Das gilt für alle Formate, analoge wie digitale. –– Die Zersetzung des Bandmaterials kann durch optimale Lagerbedingungen verlangsamt werden. Gegen die Obsoleszenz, d. h. dass die Geräte zum Abspielen der Bänder und später auch die Ersatzteile dafür vom Markt verschwinden, sind Archivinstitutionen weitgehend machtlos. Es bleibt nur die Lösung, so viele Geräte zu erhalten, dass der vorhandene Bestand noch abgespielt und auf ein neues Format transferiert werden kann. Massgebend ist dabei die Lebensdauer der Abspielköpfe (neben den mechanischen Teilen des Geräts), die wegen der Abnutzung nur eine bestimmte Anzahl Betriebsstunden benutzbar sind, sowie die Verfügbarkeit von fachspezifischem Wissen und entsprechend kompetenten und ausgerüsteten Dienstleistern. Die Massnahmen zur Erhaltung eines Videobestands hängen noch von anderen, mehr Entstehung und Inhalt betreffenden Faktoren ab: –– Handelt es sich um ein Original (wir bezeichnen hier als „Original“ die unveränderte Kameraaufnahme), ein Masterband (die Bearbeitung einer oder mehrerer Kameraaufnahmen) oder eine Kopie. In der Praxis können z. B. ein Familienfilm oder während eines Forschungsauftrags entstandene Bilder unbearbeitete Originale sein. Wenn der Forscher aus seinem Material eine Dokumentation zusammengestellt hat, wäre diese als Master zu bezeichnen. Kopien sind DVDs oder VHS-Kassetten, die im Handel erhältlich waren oder sind, oder Kopien eines Masters für die Konsultation. –– Aufgrund solcher Befunde kann für die Überspielung eine Prioritätenliste erstellt werden, bei der der Charakter der Sammlung und der Sammelauftrag der Institution berücksichtigt werden müssen. –– In vielen Beständen tauchen immer wieder Mitschnitte von Fernsehsendungen auf. Wenn es nicht der ausdrückliche Auftrag der Institution ist, solche Mitschnitte zu sammeln und zu erhalten, sind sie aus den folgenden Gründen nicht erhaltenswert: die meisten (aber lange nicht alle!) Sendungen sind in den Rundfunkarchiven bereits archiviert, und oft ist die Qualität nicht archivtauglich sowie die Situation der Rechte nicht geklärt.

3.3.2.1   Abspielen zur Identifikation des Inhalts Im Gegensatz zum Film auf fotochemischem Träger lässt sich bei Video ohne geeignete technische Hilfsmittel nicht auf den Inhalt zugreifen. Sollte ein entsprechendes Gerät vorhanden sein, sind folgende Sicherheitsmassnahmen zu beachten: –– Das Gerät muss in perfektem Zustand sein. Wurde es länger nicht gebraucht, ist eine Überholung unabdingbar. Geräte müssen regelmässig kontrolliert und unterhalten werden. –– Die Person, welche das Band abspielt, muss mit der Bedienung des Geräts vertraut sein.

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 Materialkenntnisse und materialspezifische Probleme der Bestandserhaltung

–– Die Bänder müssen vor dem Gebrauch auf Beschädigungen und Verunreinigungen untersucht werden. –– Die Bänder müssen nach dem Abspielen immer zurückgespult werden, wenn möglich mit langsamer Geschwindigkeit.

3.3.2.2   Konservierung Bänder und Kassetten müssen möglichst in ihren originalen Verpackungen gelagert werden. Sie sind im Archiv vertikal aufzustellen. Lagerung: Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit Die Trägerschicht von Videobändern besteht meistens aus Polyester und ist damit recht stabil. Die magnetisierte Beschichtung, welche die Information enthält, besteht aber aus einem Gemisch aus Bindemitteln, Gleitmitteln und Weichmachern, die für die Erhaltung nicht unproblematisch sind. Darum wird Raumtemperatur nicht empfohlen. Die Temperaturkategorien kühl (12°) und kalt (4°) bei jeweils maximal 50 % relativer Luftfeuchtigkeit sind problemlos, selbst Tiefkühlung wird empfohlen, doch macht dieser Aufwand wenig Sinn so lange das Material stabil ist. Für CDs und DVDs ist selbst Raumtemperatur tragbar, dagegen sollten sie nicht eingefroren werden. Es sei nochmals daran erinnert, dass in jedem Falle starke Schwankungen der Temperatur und relativen Luftfeuchtigkeit schon wegen der Bildung von Kondenswasser zu vermeiden sind. Transferieren Alle analogen und viele digitale Video-Formate sind heute schon obsolet oder werden es in naher Zukunft. Jeder Bestand, in dem diese Formate vorkommen, muss darum in absehbarer Zeit überspielt werden. Da Videoaufnahmen ähnlich wie Fotografien oft in grossen Mengen vorhanden sind, sind eine sorgfältige Auswahl und strikte Prioritäten notwendig. Die Unterscheidung zwischen Originalen, Mastern und Kopien sowie der Zustand des Trägermaterials und der Grad der Obsoleszenz sind Kriterien, die bei einer solchen Auswahl und Priorisierung angewendet werden müssen. Heute wird man für die Langzeiterhaltung Dateien herstellen. Da diese aber recht umfangreich sein können, muss vorgängig geklärt werden, wie diese Dateien langfristig verfügbar gehalten werden können. Als Richtzahl kann gelten, dass eine Stunde unkomprimiertes Video 100 GB ergibt. Auch bei Videos gilt, dass Überspielungen zum Zweck der Langzeiterhaltung nur in einem professionellen Umfeld vorgenommen werden sollten. Welche Bedingungen beim Einholen einer Offerte gestellt werden müssen, wird im Kapitel 5 dargestellt. Über die technischen Einzelheiten der Digitalisierung von analogen Videos gibt neben den in Kapitel 5 genannten Quellen auch die Website avpres.net/de/Digitalisierung.html Auskunft.

4  Von der Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente zur Bestandserhaltung digitaler Daten Die sogenannte „Florence Declaration“ vom Oktober 2009 hatte zum Ziel, die Grenzen der Digitalisierung besonders im Hinblick auf die Bestandserhaltung bei der Fotografie zu zeigen. Die folgende Überlegung gilt aber auch für Tondokumente, Filme und Videoaufnahmen: „Jede Technologie formt nicht nur die Wege von Übertragung, Konservierung und Gebrauch von Dokumenten, sondern auch den Inhalt.“ Damit ist ein Problem angesprochen, das Richard Wright übersieht, wenn er sagt: „Der Zweck der Bestandserhaltung ist nicht, den originalen Träger der Aufnahme zu erhalten, sondern die Information, die das Medium enthält.“ Da das Medium, ein Film, ein Tonband oder eine Videokassette, nicht nur aus der Information besteht, die es enthält, sondern als Objekt selber Information ist, muss hier davor gewarnt werden, die Situation in dieser Weise zu vereinfachen. Bei audiovisuellen Dokumenten ist allerdings Folgendes zu beachten: Wenn sie an einen bestimmten Träger gebunden sind, eine CD, ein Super8-Film oder eine VHSKassette, sind sie von der physikalischen und chemischen Stabilität dieser Träger und der Verfügbarkeit der Technologie, die es erlaubt, diese Träger zu lesen, abhängig. Beides ist, wie wir mehrmals gesehen haben, langfristig nicht zu garantieren. Für die meisten audiovisuellen Dokumente ist darum die Umwandlung in eine digitale Datei die einzige Chance, langfristig zu überleben. Dabei muss aber die Geschichte des Dokuments, und das heisst auch das Trägermaterial, auf das es aufgezeichnet wurde, dokumentiert werden. War seit der Erfindung der audiovisuellen Medien deren Erhaltung ein interessantes und vielfältiges Spezialgebiet, bei dem es galt, die verschiedensten Trägermaterialien und das darauf analog oder digital aufgezeichnete Signal zu erhalten, findet aufgrund der technologischen Entwicklung ein Paradigmenwechsel statt: Wenn audiovisuelle Dokumente als computerlesbare Dateien entstehen oder in solche umgeformt werden, sind sie nicht mehr von einem bestimmten Träger abhängig. Die Probleme der Bestandserhaltung unterscheiden sich von denen aller anderen digital vorliegenden Dokumente nicht mehr grundsätzlich. Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente wird also früher oder später im Thema Bestandserhaltung digitaler Daten aufgehen. Die Ziele der Bestandserhaltung sind im digitalen Bereich dieselben wie im analogen: Die Dokumente sollen langfristig in ihrer Integrität und Authentizität erhalten bleiben und für die Nutzung zur Verfügung stehen. Im mehr technischen Bereich bedeutet das, dass der „bit stream“, die Folge von Nullen und Einsen, erhalten bleibt und der Code, der diese Nullen und Einsen wieder in für uns erfassbare Objekte umzuwandeln im Stande ist, zur Verfügung steht. Erschwert wird diese Aufgabe durch das technische Umfeld: die sich ständig weiter entwickelnde Hard- und Software. Bei den digitalen audiovisuellen Dokumenten sind die beiden oben genannten Prinzipien der langfristigen Erhaltung und Integrität der Dokumente nicht einfach zu erfüllen. Wie schon erwähnt, entstehen bei der Digitalisierung oder der digitalen Produktion von audiovisuellen Dokumenten grosse Datenmengen. So benötigt Video etwa hundertmal mehr Speicherplatz als Ton, und Film nochmals zehnmal mehr als Video. Dies hat dazu geführt, dass Formate entwickelt wurden, mit denen sich diese Datenmengen reduzieren lassen. Algorithmen entfernen „unnötige“ Ton- und Bildinformationen aus dem Signal und zwar definitiv. Diese Verluste werden zunächst nur beson-

Zitat: Florence Declaration. Empfehlungen zum Erhalt analoger Fotoarchive. www.khi.fi.it/pdf/ florence_declaration_de.pdf Das folgende Zitat enthält eine allzu vereinfachende Sichtweise des Problems: “The preservation requirement is not to keep the original recording media, but to keep the data, the information, recovered from the media” Richard Wright: Preserving Moving Picture and Sound, DPC Technology Watch Report 12-01, March 2012, S. 7. http://dx.doi.org/10.7207/twr12-01

Hinweis: Datenreduktion und Datenkompression nennt man die Verringerung der Datenmenge eines digitalen Videosignals durch Zusammenfassen beziehungswiese Entfernen von Daten. Bei der verlustfreien Kompression werden keine Daten vernichtet, bei der verlustbehafteten Reduktion gehen Informationen unwiederbringlich verloren.

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 Von der Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente zur Bestandserhaltung digitaler Daten

Hinweis: Wichtige Beiträge zu diesem Thema befinden sich auf der Website des Netzwerks NESTOR, insbesondere bei: Andrea Oermann, Gerald Jäschke, Jana Dittmann: Vertrauenswürdige und abgesicherte Langzeitarchivierung multimedialer Inhalte. Nestor-Materialien Vol. 14 (2009). www.langzeitarchivierung.de/ Subsites/nestor/DE/Publikationen/ Materialien/materialien.html Langzeiterhaltung digitaler Daten in Museen. Tipps zur dauerhaften Erhaltung digitaler Daten, 8: Digitale Tondokumente. Langzeiterhaltung digitaler Daten in Museen. Tipps zur dauerhaften Erhaltung digitaler Daten, 9: Digitale Filmaufnahmen. Beide unter: www.langzeitarchivierung.de/ Subsites/nestor/DE/Publikationen/ Infoblaetter/infoblaetter_node.html ;jsessionid=67C5E9B08FDE FD405135318673218607.prodworker2

ders geschulte Ohren und Augen bemerken. Damit wird aber gegen das Prinzip der Integrität des aufzubewahrenden Dokuments verstossen und gegen die Langzeitverfügbarkeit, da diese Formate nur eine beschränkte Lebensdauer haben. Bei der Migration in ein neues Format können durch die neuen Algorithmen die Dokumente weiter beschädigt werden. Es ist also kaum zu verantworten, digitale audiovisuelle Dokumente in datenreduzierten Formaten aufzubewahren, und wenn man es trotzdem tut, sollte man sich der oben genannten Datenverluste sowie der früher oder später auftretenden Modifikationen des Dokuments bewusst sein. Ausserdem wird die kurzfristig erzielte Ersparnis beim Speicherplatz durch den Aufwand, mit dem das in einem kurzlebigen Format aufbewahrte Dokument migriert werden muss, schon bald zu Nichte gemacht. Das zweite Problem betrifft die Formate: Die allgemeine Empfehlung, für die Aufbewahrung digitaler Objekte möglichst offene und langlebige Formate zu verwenden, ist für den Laien im audiovisuellen Bereich schwer umsetzbar. Auch Fachpersonen werden sich dazu nur vorsichtig äussern, da die Festlegung eines international anerkannten Standards ein langwieriges Verfahren ist, das oft mit der technischen Entwicklung nicht Schritt halten kann. Es übersteigt die Möglichkeiten der meisten Archive, Bibliotheken und Museen, den Überblick über diese Entwicklung zu behalten. Nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene ist es möglich, die Grundlagen für verantwortbare Entscheidungen über die Bestandserhaltung der digitalen audiovisuellen Bestände zu erhalten.

5  Beispiel: Erstellen eines Auftrags zur Digitalisierung von Videobändern (Die folgenden Ausführungen gelten mit einigen Anpassungen auch bei Digitalisierungsprojekten für Film- oder Tondokumente.) Viele Institutionen werden selber nicht die personellen und materiellen Ressourcen haben, um ihren Videobestand im Hause durch Digitalisierung langfristig zu sichern. Sie werden sich darum an eine dafür besser ausgerüstete Institution oder ein privates Dienstleistungsunternehmen wenden, das solche Arbeiten anbietet. Mit diesem Vorgehen kann allerdings nur ein Teil der Arbeitslast weitergegeben werden, denn die Qualität des Ergebnisses eines solchen Projekts hängt weitgehend davon ab, wie es vorbereitet wird, wie ein entsprechender Auftrag an eine Institution oder Firma formuliert, wie sein Ablauf verfolgt und das Endresultat kontrolliert wird. Es braucht also in jedem Falle auf der Kundenseite viel organisatorische Arbeit und technisches Wissen, das allenfalls durch das Beiziehen eines vom Dienstleister unabhängigen Experten eingebracht werden muss. Für ein Digitalisierungsprojekt müssen inhaltliche, technische und finanzielle Ziele festgelegt werden. Entsprechend braucht es eine inhaltliche, eine technische und eine finanzielle Planung. –– Für die inhaltliche Planung muss der Bestand ausreichend beschrieben und bewertet sein. Dabei gilt es, die Prioritäten aufgrund der inhaltlichen Bedeutung einerseits und der technischen Situation (Zustand und Obsoleszenz) andererseits festzusetzen. –– Für die technische Planung muss zunächst abgeklärt werden, wie die entstehenden Dateien langfristig gesichert und zugänglich gemacht werden können. Im Weiteren sind die Art, der Zustand und der Umfang des Ausgangsmaterials festzustellen und die Entscheidung über die Zielformate zu fällen. In der Regel wird ein Format für die Langzeitsicherung (Master) und eines für die Nutzung der Dokumente festzulegen sein. Sollten weiter technische Arbeiten, z. B. im Hinblick auf eine Publikation der Dokumente geplant sein, empfiehlt es sich, dafür ein besonderes Master zu erstellen. –– Bei der finanziellen Planung sind nicht nur die Kosten der Digitalisierung zu berücksichtigen, sondern auch die danach wiederkehrenden Kosten zur Sicherung und Vermittlung der entstandenen Daten. Beim Einholen von Offerten bei einem externen Dienstleister (einer Institution oder einem Privatunternehmen, das über die technischen Einrichtungen und qualifiziertes Personal verfügt) müssen folgende Informationen geliefert beziehungsweise eingeholt werden: –– Eine kurze Beschreibung der Institution, die den Auftrag erteilt (Kunde) und des geplanten Projekts. –– Beschreibung des Ausgangsmaterials: Format, Menge, Dauer, Art der Inhalte –– Projektplanung: Dauer, Anfang und Ende des Projekts, Meilensteine. –– Kommunikation: Kontaktpersonen und Zuständigkeiten beim Kunden. –– Kommunikation: Welche regelmässigen Kontakte zwischen Kunde und Dienstleister werden erwartet. (Z. B.: Bestätigung der Ankunft des Transports der Originale, wöchentliche Meldung des Projektstandes.)

Hinweis: Die folgenden Punkte sind zwei amerikanischen, on-line zugänglichen Publikationen entnommen, die noch mehr technische Einzelheiten enthalten: Chris Lacinak: Guide to Developing a Request for Proposal for the Digitization of Video (and More), New York 2013 Paula De Stefano, Kimberly Tarr, Melitte Buchman, Peter Oleksik, Alice Moscoso: Digitizing Video for Long-Term Preservation: An RFP Guide and Template, New York University, 2013

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 Beispiel: Erstellen eines Auftrags zur Digitalisierung von Videobändern

–– Wie soll das Material beim Dienstleister behandelt und aufbewahrt werden. (Z. B. Nachweis der Qualifikation des Personals, das mit den Originalbändern arbeitet, des guten Zustands und der regelmässigen Wartung der Geräte, des Vorhandenseins von sicheren und klimatisch geeigneten Räumen für die Aufbewahrung der Originale.) –– Wie erwartet der Kunde, dass mit Problemfällen umgegangen wird. (Z. B.: Es wird erwartet, dass der Dienstleister Spezialbehandlungen von Bändern mit dem Kunden abspricht.) –– Festlegen, was der Kunde von der technischen Arbeitsweise des Dienstleisters erwartet. Protokolle und Standards, die befolgt werden sollen im Hinblick auf Organisation, Kalibrierung und Einstellung der Geräte. (Z. B.: wie werden die Originale abgespielt, Weg des Signals, Bild- und Tonbearbeitung, Spezifikation des Dateiformats der Kopie, Timecode, Untertitel.) –– Inhalte des Vor- und des Nachspanns (Z. B.: Alle auf dem Vor- und Nachspann des Originals enthaltenen Informationen müssen im Master enthalten sein.) –– Generieren und Benennen von Referenzdateien für die Einstellungen bei der Digitalisierung der Dokumente. (Z. B.: Vorgaben für die Struktur der Directories und Dateinamen.) –– Beschreibung der Ansprüche an die Metadaten: Felder, Vokabular, Definitionen, Kontrollen. Metadaten, die vom Kunden geliefert werden, und Metadaten, die beim Dienstleister erzeugt werden. Festlegen der Form, in welcher die Metadaten vom Dienstleister geliefert werden sollen. Welche Metadaten sollen extern gespeichert und welche in der Videodatei eingeschlossen werden. –– Erwartungen in Bezug auf Qualitätskontrollen beim Dienstleister. Qualitätskontrolle beim Kunden (Stichproben, Checksummen). –– Organisation der Ablieferung der Digitalisate. (Z. B.: der Kunde liefert Festplatten, der Dienstleister behält die Originale und Kopien der Digitalisate auf seinem System, bis die Qualitätskontrolle beim Kunden abgeschlossen ist und die beanstandeten Dateien ersetzt wurden.) –– Hinweise, wie der Dienstleister auf die Ausschreibung antworten soll. (Z. B.: Wir erwarten eine Antwort zu jedem Punkt dieser Ausschreibung.) –– Nachweis der Qualifikation und der Referenzen des Dienstleisters. –– Informationen zur Preisberechnung. –– Wie Fragen der Dienstleister zur Ausschreibung behandelt werden. (Z. B.: Anfragen sind schriftlich an folgende E-Mail Adresse zu senden. Die Antworten werden allen Anbietern zugestellt.) Wir haben hier die Punkte nur so weit beschrieben, als sie für technische Laien verständlich sind. Für die technischen Spezifikationen muss eine Fachperson beigezogen werden. Sie kann den beiden genannten Quellen wesentlich mehr Informationen entnehmen.

6  Beispiel: Erste Arbeiten beim Ordnen eines audiovisuellen Bestands Wir gehen hier vom Fall aus, dass eine Institution den Nachlass einer Person erhält, die in der Produktion audiovisueller Medien tätig war. Der Bestand enthält Papierakten, Bücher, Filmrollen, Tonbänder, Schallplatten, CDs, Videokassetten und DVDs. Um sich eine Übersicht zu verschaffen, muss als erster Schritt ein Verzeichnis erstellt werden, das Art, Menge und Zustand des Materials sowie erste Informationen zum Inhalt enthält. Dieses Verzeichnis dient der Planung weiterer Arbeiten an dem Bestand: Platzbedarf im Archiv, Verpackung, Digitalisierung, Aufwand für Restaurierungen. Damit der Zeitaufwand für die Erstellung des Verzeichnisses nicht ausufert, soll als Regel gelten, dass nur Informationen erfasst werden, die ohne weitere Recherchen und ohne die audiovisuellen Dokumente abzuspielen zugänglich sind. Die Arbeit sollte in einem sauberen, klimatisch stabilen Raum stattfinden, der von den Räumen, in denen das Archivmaterial definitiv gelagert wird, getrennt ist, da ein solcher Bestand in der Regel Staub, möglicherweise auch Sporen von Schimmelpilz enthält.

6.1 Materialien trennen Beim Trennen der verschiedenen Materialien (Papier, Fotos, Film, Magnetband, mechanische und optische Ton- und Ton-Bild-Träger) muss darauf geachtet werden, dass keine Zusammenhänge zerstört werden, die nachträglich nicht mehr oder nur mit grosser Mühe rekonstruiert werden können. Aus konservatorischen Gründen sollte zwar Papier aus Filmbüchsen und Bandschachteln möglichst bald entfernt werden, aber zunächst gilt es, die Zusammengehörigkeit dieser Dokumente so zu dokumentieren, dass sie jederzeit wieder hergestellt werden kann. Sofort ausgeschieden und separat gelagert werden sollten alle jene Dokumente, bei denen Verdacht auf Pilzbefall (Schimmel) oder chemische Zersetzung (z. B. Essigsyndrom) besteht. Dabei ist besonders darauf zu achten, ob allenfalls 35 mm-Filme aus Nitrozellulose vorhanden sind, die wegen Explosionsgefahr nur in dafür besonders geschaffenen Archivinfrastrukturen gelagert werden dürfen. Ausgehend von der Annahme, dass Papier, Fotografien und audiovisuelle Dokumente unter Berücksichtigung der Zusammenhänge getrennt wurden, konzentrieren wir uns im Folgenden auf erste Überlegungen zu den Tonaufnahmen, Filmen und Videos. In einem ersten Arbeitsschritt muss eine grobe Trennung von Tondokumenten, Filmen und Videos vorgenommen werden. Hier kann es bereits zu ersten Schwierigkeiten kommen, wenn z. B. Tonaufnahmen auf Videoband oder DVD vorliegen. Von nun an werden die einzelnen Arten audiovisueller Dokumente getrennt bestimmt. Dabei ist allerdings wiederum zu beachten, dass Zusammenhänge zwischen audiovisuellen Dokumenten verschiedener Art so dokumentiert werden, dass sie jederzeit wieder rekonstruiert werden können. Begleitmaterialien jeglicher Art (Verpackungsmaterial, Begleitzettel, Etiketten etc.) müssen sorgfältig aufbewahrt und ihre Verbindung zum Objekt dokumentiert werden, da sie wichtige Hinweise auf die Geschichte des audiovisuellen Dokuments enthalten können.

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 Beispiel: Erste Arbeiten beim Ordnen eines audiovisuellen Bestands

6.2 Verzeichnis des audiovisuellen Bestands In Tabellenform (z. B. auf Excel) können erste Informationen zu den Dokumenten erfasst werden. Bevor die Arbeit beginnt, muss noch das Vokabular festgelegt werden: Es lohnt sich, für die verschiedenen Trägerarten die gängigen Abkürzungen zu verwenden wie Beispielsweise LP für Langspielplatte. Bei Videokassetten ist die Formatbezeichnung zu verwenden (VHS, U-Matic etc.); Filme brauchen mehr Angaben, z. B. 35 mm, s/w, positiv, stu mm. Für die Zustandsbeschreibung ist ein freies Vokabular zu benützen. Die Dauer ist in Stunden, Minuten und Sekunden anzugeben, wobei nur die auf den Verpackungen oder Spulen angegeben Informationen ohne Kontrolle übernommen werden. In den Spalten sollten folgende Elemente enthalten sein: –– Anzahl Diese Angabe dient in erster Linie der Planung des für die Unterbringung notwendigen Platzes. Eine Opernaufnahme mit 3 Langspielplatten (LP) sollte also als 3 LP gezählt werden, auch wenn sie dokumentarisch gesehen eine Einheit bildet. –– Bezeichnung der Objekte Z. B.: LP; VHS; Film 35 mm, s/w, positiv, stumm. –– Inhalt Hier werden Informationen zum Inhalt des Dokuments wiedergegeben, die den Verpackungen und Begleitdokumenten entnommen werden können. –– Dauer Die Aufnahmedauer ist eine sehr kritische Information, besonders bei magnetischen Aufnahmen, wo mehrere Spurmöglichkeiten und Geschwindigkeiten vorhanden sind. Es sollten in diesem Stadium der Arbeit nur Angaben übernommen werden, die sich auf dem Tonträger befinden. Wenn keine Angabe zur Dauer der Aufnahme vorhanden ist, sollte die Aufnahmekapazität des Trägers (z. B. VHSKassette für 120 Min) dokumentiert werden. –– Allgemeiner Zustand Eine abschliessende Beurteilung des Zustands eines audiovisuellen Dokuments kann nur durch eine Fachperson vorgenommen werden. Es geht hier darum, sofort sichtbare Beschädigungen oder Zerfallserscheinungen zu dokumentieren. Dabei ist vor allem bei Verdacht auf Schimmelbefall Vorsicht geboten, da das Einatmen von Sporen gesundheitsschädigend sein kann. Essiggeruch kann auch festgestellt werden, ohne die Nase in die Filmbüchse zu stecken und dabei möglicherweise schädliche Substanzen einzuatmen. Der Zustand der Dokumente spielt beim Setzen von Prioritäten und Schätzen des Zeitaufwands für eine Digitalisierung eine entscheidende Rolle. –– Abspieltechnik (in der Institution vorhanden oder nicht vorhanden) Für die Planung weiterer Arbeiten ist entscheidend, ob das Dokument vor Ort abgespielt werden kann oder einer spezialisierten Institution übergeben werden muss. Der Umgang mit historischen Abspieltechniken ist komplex und sollte nur spezialisierten Personen anvertraut werden. Die Gefahr, Dokumente durch unsachgemässes Abspielen zu beschädigen, ist sehr gross.



Was kann einer solchen Liste entnommen werden? 

6.3 Was kann einer solchen Liste entnommen werden? Im Folgenden soll gezeigt werden welche Überlegungen aufgrund erster rudimentärer Informationen zu einem Dokument angestellt werden können.

6.3.1 Tondokumente Anzahl

Format

Inhalt

Dauer

Zustand

Technik vorhanden

2

LP 30cm

Giuseppe Verdi: Troubadour (Oper)

180 min

Zerkratzt Staubig

ja

1

Tonband

Tonspur zum Film „Natur“

60 min

Brüchig Klebestellen

nein

1

Kompakt Kassette

Interview Hans Müller

120 min

?

nein

1

DAT

Radiosendung Südwestrundfunk 27.3.1989

60 min

?

nein

Die Doppel-LP mit Verdis Troubadour ist in diesem Bestand eher ein Fremdkörper, es handelt sich ja nicht um eine Schallplattensammlung. Sie könnte aber wichtigen Kontext liefern, wenn es sich herausstellen sollte, dass ein Film mit Ausschnitten aus dem Troubadour vertont ist, die Herkunft der Ausschnitte auf dem Film aber nicht angegeben ist. Das Acetatband hat eine nachgewiesene Querverbindung zum Film. Vielleicht ist es überflüssiges Produktionsmaterial, da der Tonfilm gut überliefert ist. Sollte es sich allerdings herausstellen, dass die Toninformation für den Film noch gebraucht wird, ist Spezialwissen gefragt: die Klebestellen müssen kontrolliert und nötigenfalls ersetzt werden, und da Acetatband oft brüchig ist, braucht es zum Abspielen eine Tonbandmaschine, bei der der Zug auf das Band reguliert werden kann. Eine normale Bandmaschine würde das Band wahrscheinlich zerreissen. Die Kompaktkassette: Auch wenn wir vielleicht noch nicht wissen, wie bedeutend Hans Müller im Zusammenhang mit diesem Bestand ist, müssen wir davon ausgehen, dass es sich hier um eine Originalaufnahme handelt. Da die Kompaktkassette kein archivtauglicher Träger ist, wäre es zu empfehlen, das Dokument so bald als möglich zu digitalisieren. Als Abspielgerät sollte nicht ein beliebiges Kassettengerät verwendet werden, sondern ein professionelles Gerät, das die Kassette „sanfter“ behandeln wird. Umspulen im Schnelllauf ist zu vermeiden, da wir nicht wissen, in welchem Zustand das Band und die Mechanik der Kassette sind. Bei der DAT mit einer Radiosendung kann es sich um einen Mitschnitt ab Radio oder eine von der Sendeanstalt gelieferte Kopie handeln. Hier wäre zunächst festzustellen, ob es sich um eine Sendung handelt, die in direktem Bezug zum Bestand steht, also beispielsweise ein Interview oder ein Feature der Person, um deren Nachlass es sich handelt. Da DAT schon seit einigen Jahren obsolet ist und es nicht sicher ist, ob das Dokument in den Radioarchiven noch existiert, ist eine Umwandlung in eine digitale Datei zu empfehlen.

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 Beispiel: Erste Arbeiten beim Ordnen eines audiovisuellen Bestands

6.3.2 Film Anzahl

Format

Inhalt

Dauer

Zustand

Technik vorhanden

2

35 mm, s/w, Polyester, Lichtton

? Rushes

?

Weisser Belag

nein

1

16 mm, farbig, Umkehr, stumm?

Jubiläum Unternehmen ARAG

30 min

Essiggeruch Rotstichig

nein

1

SEPMAG 16mm

[Ton zum obigen Film?]

[30 min]

Essiggeruch

nein

1

Super8, farbig, stumm

Familie Braun

?

?

nein

Der 35 mm-Film aus Polyester wäre vom Material her wenig gefährdet, ist aber offenbar von Schimmel befallen. Hier ist Vorsicht geboten. Er muss von den anderen Materialien getrennt, kühl und trocken aufbewahrt werden und so bald als möglich einer spezialisierten Person zur Reinigung übergeben werden. Die Aufschrift „Rush“ verweist darauf, dass es sich hier um Rohmaterial für einen Film handelt. Es ist also möglich, dass in dem Bestand der fertig geschnittene Film vorhanden ist, in dem diese Sequenz ganz oder teilweise verwendet wurde. Rushes sind für die wissenschaftliche Untersuchung der Entstehung eines Films sehr interessant. Sie zu erhalten und zugänglich zu machen, ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Es muss von Fall zu Fall entschieden werden, ob sich die Institution diesen Aufwand leisten kann und welchem Zweck er dient. Der 16 mm Film befand sich zusammen mit dem Sepmag-Band in einer Büchse. Das Sepmag-Band hat die Entwicklung des Essigsyndroms beschleunigt. Die beiden Träger sind unbedingt zu trennen, aber so zu kennzeichnen, dass sie wieder zusammengeführt werden können. Mit A/D-Strips ist der Grad der Zersetzung festzustellen. Tendiert der Strip gegen gelb ist rasches Handeln nötig. Der Film sollte so bald als möglich in hoher Qualität digitalisiert werden, da das Original möglicherweise nicht mehr zu retten ist. Da es sich um einen Farbfilm handelt, dessen Farben ausgebleicht sind und der dadurch rotstichig geworden ist, ist die Versuchung gross, mit der Digitalisierung eine Farbrestaurierung zu koppeln. Da diese Restaurierungsverfahren aber immer noch weiter entwickelt werden, sollte zunächst eine 1:1-Masterkopie hergestellt werden und erst danach, wenn dafür überhaupt Bedarf besteht, die Restaurierung an einem Arbeitsmaster vorgenommen werden. Der Super8-Film ist als Objekt nicht gefährdet, kann aber wegen fehlender Abspieltechnologie nicht mehr zugänglich gemacht werden. Da es sich laut den Angaben auf der Verpackung um einen Familienfilm handelt, muss geprüft werden, ob das Dokument von Inhalt her überhaupt zugänglich gemacht werden kann, ohne die Privatsphäre der darin vorkommenden Personen zu verletzen.



Was kann einer solchen Liste entnommen werden? 

6.3.3 Video Anzahl

Format

Inhalt

Dauer

Zustand

Technik vorhanden

10

VHS

Sendereihe Wissenschaft Bayerischer Rundfunk

10x60 min

Gut

ja

1

SVHS

Tanzritual Südafrika

90 min

?

nein

1

U-Matic

Beethoven: Klavierkonzert Nr.3

[37 min ca]

?

nein

20

DVCAM

Werbefilm ARAG

20x60 min

Gut

ja

Die Fernsehsendungen auf den VHS-Kassetten wurden entweder zum persönlichen Gebrauch oder als Dokumentation der eigenen Tätigkeit aufgenommen. Aus den schriftlichen Dokumenten des Nachlasses lässt sich vielleicht entnehmen, an welchen Sendungen die Person direkt beteiligt war. Wenn dies der Fall wäre, würde es sich lohnen, beim Fernseharchiv nachzufragen, ob die entsprechenden Sendungen noch in einem qualitativ besseren Format vorhanden sind. Vielleicht wird ja das Wirken der Person früher oder später in einer Ausstellung, einer Publikation oder einem Feature dargestellt. Dann wäre es nützlich, diese Sendungen in einem publikationsfähigen Format zur Verfügung zu haben. Die VHS als Ausgangsformat für eine Digitalisierung zu verwenden, macht nur dann Sinn, wenn die Sendungen in keinem besseren Format mehr vorhanden sind und sie für die Person, von der der Nachlass stammt, von Bedeutung sind. SVHS ist qualitativ besser als VHS, wurde aber weniger als VHS verwendet. Darum sind die Geräte, mit denen das Dokument abgespielt werden kann, weniger verbreitet als die VHS-Player, die SVHS nicht lesen können. Da es sich nach den Angaben auf der Kassette um ein Unikat handeln dürfte und das Format einen hohen Obsoleszenzgrad aufweist, wäre eine baldige Digitalisierung zu empfehlen. Wenn es sich um eine kleine Kassette handelt, welche in der Kamera verwendet wurde, muss ausserdem berücksichtigt werden, dass das Dokument in Afrika unter ungünstigen klimatischen Bedingungen aufgenommen wurde. Das Band könnte allenfalls unter dem „Sticky Shed Syndrome“ leiden, bei dem sich das Bindemittel des Magnetbands auflöst, was zur Folge hat, dass sich die Magnetschicht während des Abspielens ablöst. U-Matic. Hier besteht die Möglichkeit, dass es sich um einen Konzertmitschnitt mit Bild handelt, aber es könnte auch ein Mastertonband aus der Frühzeit der digitalen Tonaufnahme sein. Einige U-Matic-Bänder altern schlecht. Sollte sich das Band vom Inhalt her für den Nachlass als wichtig erweisen, was sich vielleicht aus der Begleitdokumentation erschliessen lässt, müsste es bald und nach sorgfältiger Untersuchung seines Zustands durch eine spezialisierte Person digitalisiert werden. Bei den DVCAM-Kassetten dürfte es sich um Rohmaterial aus der Kamera für den Werbefilm handeln. Vielleicht enthält eine der Kassetten den fertig geschnittenen Film oder dieser ist in einem anderen Format im Bestand vorhanden. Es ist ein Grundsatzentscheid, ob in diesem Falle das Kameramaterial erhalten bleiben soll. Es ist zu bedenken, dass die Kassetten früher oder später obsolet werden und dann in ein neues Format umkopiert werden müssen. Andererseits kann es sinnvoll sein, im Hinblick auf die Dokumentation der Arbeitsweise der Person, von der der Nachlass stammt, in einem Falle exemplarisch diese Materialien zu erhalten.

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 Beispiel: Erste Arbeiten beim Ordnen eines audiovisuellen Bestands

6.4 Schlussbemerkungen Dies sind nur einige wenige Beispiele für Überlegungen, die im Zusammenhang mit einem solchen Bestand angestellt werden sollten. Meistens ist die technische und inhaltliche Situation audiovisueller Dokumente komplex und von Fall zu Fall verschieden, so dass selten nach einem bestimmten Schema vorgegangen werden kann. Zwischen Tonaufnahmen, Filmen und Videos gibt es grosse Unterschiede hinsichtlich der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Träger, der Formate sowie der Aufnahme- und Wiedergabetechnik. Bei der Bestandserhaltung sind Kompetenzen im Audio-, Video- und Filmtechnikbereich und, wenn es um die Erhaltung digitaler Daten geht, in der Computertechnik erforderlich. Aber es gehören auch spezifische Kenntnisse der Verwaltung der verschiedenen Medien (z. B. im Bereich der Rechte), archiv-, bibliotheks- und museumstechnische Kompetenzen dazu. Für die unerlässliche Bewertung der Inhalte sind Historikerinnen und Historiker der verschiedensten Sparten gefragt. Die Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente kann also nur mit interdisziplinärem Zusammenarbeiten erfolgreich sein.

7  Ethische Grundsätze des Archivierens audiovisueller Dokumente Audiovisuelle Dokumente werden nach verschiedenen Gesichtspunkten gesammelt, erhalten und vermittelt: In Staatsarchiven sind es die Produktionen, die im Rahmen der öffentlichen Verwaltung entstehen, in Nationalbibliotheken die Publikationen der Ton- und Bildträgerindustrie, Rundfunkunternehmen sammeln ihre eigenen Produktionen und audiovisuelle Dokumente der Wissenschaften können in Universitätsinstituten oder Museen untergebracht sein. In vielen Institutionen finden wir Bild- und Tondokumente, die mehreren oder gar allen der genannten Kategorien angehören. Für die Tätigkeit von Archiven, Bibliotheken und Museen gibt es auf internationaler und nationaler Ebene Ethikkodizes. Sie enthalten Grundwerte und Verhaltensregeln des Aufbaus, Erhaltens und Vermittelns von Beständen. Sie stellen Regeln zu folgenden Themen auf: –– –– –– –– –– –– –– ––

Schutz des Sammelguts in seiner Integrität und Authentizität Auswahl, Bewertung und Bewahrung Benutzbarkeit und Verständlichkeit Benutzung gewährleisten Gesetzliche Vorgaben einhalten Interessenkonflikte und persönliche Vorteile vermeiden Systematische Fort- und Weiterbildung Zusammenarbeit

Diese Regeln gelten selbstverständlich auch für den Umgang mit audiovisuellen Materialien. Sie müssen aber mit Rücksicht auf die materiellen und inhaltlichen Besonderheiten der audiovisuellen Kulturgüter ergänzt werden. Besonders ist dabei zu beachten, dass audiovisuelle Dokumente bei kommerzieller Nutzung einen beträchtlichen materiellen Ertrag erbringen können. Dieses Faktum führt zusammen mit der komplexen rechtlichen Situation (Urheber- und verwandte Schutzrechte) dazu, dass Rechteinhaber und die Verwertungsgesellschaften, die sie vertreten, das Verhalten von Archiven genau beobachten. Auf internationaler Ebene haben sich die Association of Moving Image Archivists (AMIA), die Internationale Föderation der Filmarchive (FIAF) und die Internationale Vereinigung der Schall- und audiovisuellen Archive (IASA) mit den ethischen Grundsätzen beim Umgang mit audiovisuellen Kulturgütern beschäftigt. Ausserdem gibt es ethical-principles in der für das Archivieren audiovisueller Dokumente immer noch wegweisenden Publikation von Ray Edmondson, Audiovisual Archiving: Philosophy and Principles, ein Kapitel über Ethik (Edmondson 2004 S. 59–66). Leider sind diese Publikationen und die darin aufgestellten Regeln nur in engeren Fachkreisen bekannt. Das führt dazu, dass Produzierende und andere Rechteinhaber, beispielsweise im Rundfunkbereich oder in der kommerziellen Film- und Tonproduktion, den bewahrenden Institutionen misstrauen und ihre Bestände lieber selber horten. Mit den Problemen der Langzeiterhaltung sind diese Kreise kaum vertraut und diese Aufgabe hat in der Regel auch keine Priorität. Dadurch ist ein wichtiger Teil des audiovisuellen Kulturgutes nicht nur akut gefährdet, sondern auch für die nichtkommerzielle Nutzung nur schwer oder gar nicht zugänglich. Die folgenden Regeln betreffen, wie es auch in den oben erwähnten Ethikkodizes der Fall ist, sowohl Institutionen als auch Personen. In unserem Zusammenhang sind sie in den folgende Rollen anzutreffen:

Hinweis: http://www.amianet.org/about/ mission.php www.fiafnet.org/~fiafnet/uk/ members/ethics.html www. iasa-web.org/ ethical-principles

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 Ethische Grundsätze des Archivierens audiovisueller Dokumente

–– Autorinnen und Autoren beispielsweise von Filmen, Musikwerken, Rundfunkprogrammen, Bearbeitungen; –– Ausführende wie Musikerinnen und Schauspieler; –– Technisches Personal, das für die Aufzeichnung verantwortlich ist; –– Personen, Gemeinschaften, Organisationen oder Firmen, die Inhaber von Urheber- und verwandten Schutzrechten sind; –– Personen oder Organisationen, die Aufnahmen einem Archiv übergeben; –– Archivpersonal, das für die Organisation und Vermittlung der Bestände zuständig ist; –– Technikerinnen und Techniker, die die Erhaltung der audiovisuellen Dokumente und ihre Übertragung auf neue Träger und in neue Formate zu verantworten haben; –– und schliesslich die Nutzerinnen und Nutzer.

7.1 Ethische Grundsätze des Umgangs mit audiovisuellen Dokumenten –– Die bewahrenden Institutionen und ihre Mitarbeitenden tragen die Verantwortung für den Schutz der ihnen anvertrauten Bestände, sowohl der audiovisuellen Dokumente als auch der Kontextmaterialien. Diese sollen in bestmöglichem Zustand an spätere Generationen weitergegeben werden und in einer Form, die so nahe wie möglich den Intentionen der Personen, die sie geschaffen haben, entspricht. Dieser Grundsatz trägt der Tatsache Rechnung, dass audiovisuelle Dokumente oft auf Kontextmaterialien angewiesen sind (Geräte, die den Zugriff auf den Inhalt ermöglichen, Wissen um die Bedienung der Geräte, Bild- und Textinformationen zum Entstehen und zum Inhalt des Dokuments). Des Weiteren wird berücksichtigt, dass audiovisuelle Dokumente wegen ihrer beschränkten Lebensdauer langfristig nicht in ihrer originalen Form erhalten bleiben. –– Das originale Material ist während seiner physischen und chemischen Lebenszeit nach allen Regeln der Kunst zu erhalten. Darüber hinaus ist sein ursprüngliches Format weiter zu respektieren. Es ist nicht immer einfach zu erklären, warum Ton-und Bilddokumente, deren Lebenserwartung beschränkt ist und von denen nach allen Regeln der Kunst eine digitales Abbild erstellt wurde, weiter aufbewahrt werden sollen. Dafür spricht die Tatsache, dass ein Digitalisat nie alle Informationen enthält, die das originale Objekt vermittelt. Ausserdem kann schon nach kurzer Zeit eine bessere Möglichkeit der Digitalisierung oder ein katastrophaler Datenverlust den Rückgriff auf das Original notwendig machen. Der zweite Satz ist im Hinblick auf die Digitalisierung von besonderer Bedeutung, da bei der Digitalisierung zum Beispiel wesentliche Charakteristiken eines auf Nitrozellulose aufgenommenen Bilds verloren gehen können. –– Die Zugänglichkeit der Dokumente ist zu garantieren, wenn sie nicht die Erhaltung des Dokuments gefährdet. Fast alle audiovisuellen Materialien, auch wenn sie sorgfältig und mit Geräten in gutem Zustand abgespielt werden, werden dabei abgenützt. Das Abspielen originaler Dokumente muss darum auf ein Minimum beschränkt werden. Umso wichtiger ist es,



Ethische Grundsätze des Bestandsaufbaus 

dass es digitale Ersatzdokumente, sogenannte Surrogate, gibt, die dem Original so ähnlich wie nur möglich sind. –– Audiovisuelle Archive und ihre Mitarbeitenden sollten ihre Erfahrungen und Informationen, die für den Tätigkeitsbereich von Bedeutung sind, untereinander austauschen. Das Sammeln, Erhalten und Vermitteln von audiovisuellen Dokumenten verlangt viel Spezialwissen, das sich permanent weiter entwickelt. Da die Gruppe der Personen, die in diesem Bereich arbeiten im Vergleich zu anderen Gebieten klein ist, kann der Wissensstand nur durch Austausch und Zusammenarbeit auf dem erforderlichen Niveau gehalten werden.

7.2 Ethische Grundsätze des Bestandsaufbaus In den meisten Fällen wird ein audiovisueller Bestand als Depositum, Schenkung oder Ankauf in ein Archiv, eine Bibliothek oder ein Museum aufgenommen. Im Falle einer wissenschaftlichen Einrichtung kann es auch Forschungsmaterial sein, das im Rahmen von Projekten der Mitarbeitenden des Instituts entstanden ist. Publizierte audiovisuelle Dokumente, die der gesetzlichen Ablieferungspflicht unterliegen, werden in spezialisierten Institutionen oder Abteilungen archiviert. Der Umgang mit ihnen ist in den entsprechenden Gesetzen und Verordnungen festgelegt. Wir werden uns darum hier nicht weiter mit dieser Situation beschäftigen. –– Bevor eine Schenkung oder ein Depositum angenommen oder ein Ankauf getätigt wird, muss abgeklärt werden, woher der Bestand stammt, welches seine Geschichte ist, wie die Rechtssituation ist und unter welchen Bedingungen der Bestand zugänglich gemacht werden kann. Es gilt hier abzuklären, ob der Bestand überhaupt in den öffentlichen Bereich gehört. Bei den heute meist beschränkten Mitteln aufbewahrender Institutionen gilt es darauf zu achten, dass die vorhandenen öffentlichen Kompetenzen und Infrastrukturen nicht zu privaten Zwecken missbraucht werden. –– Die Herkunft und Geschichte eines Bestands muss dokumentiert werden. Für die Erhaltung und Nutzung des Bestands sind diese Daten sehr wichtig. –– Bei Aufnahmen der Oral History, der Ethnologie oder der Sprachforschung muss eine schriftliche Vereinbarung mit den Personen, deren sprachliche oder musikalische Äusserungen auf den Aufnahmen enthalten sind, über die Verwendung des Dokuments vorliegen. Besondere Beachtung ist dabei Aufnahmen religiösen, politischen oder privaten Inhalts zu schenken, deren Zugänglichkeit möglicherweise eingeschränkt werden muss. Da Geräte für Ton-und Bildaufnahmen im Vergleich zu früher erschwinglich und leicht zu handhaben sind, hat sich ihre Nutzung in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, aber auch im Schulunterricht stark verbreitet. Die Regeln, die dabei einzuhalten sind, werden nicht immer respektiert oder sind ganz einfach nicht bekannt. Sie betreffen die Rechte der Personen, deren Äusserungen auf diesen Aufnahmen

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 Ethische Grundsätze des Archivierens audiovisueller Dokumente

enthalten sind, sowie die Erlaubnis aufzunehmen, die Aufnahme langfristig aufzubewahren und sie zugänglich zu machen und zu verbreiten. Werden diese Rechte nicht respektiert, kann es zu Konflikten kommen, die dem Ruf der wissenschaftlichen Arbeit mit audiovisuellen Aufnahmen schaden. –– Bei der Übergabe eines Bestands mit wissenschaftlichen Aufnahmen an eine Institution muss mit einer Vereinbarung dafür gesorgt werden, dass Persönlichkeitsund Datenschutzrechte eingehalten werden. Auch die Aufbewahrungsbedingungen, die Möglichkeiten des Zugangs und die allfällige Übertragung von Rechten sind zu regeln. Es ist wünschenswert, dass Aufnahmen der Oral History von ethnografischen und sprachwissenschaftlichen Forschungen in einer öffentlichen Institution sachgerecht archiviert werden. Ihre Zugänglichkeit und das Recht auf Veröffentlichung muss dabei klar geregelt werden.

7.3 Ethische Grundsätze der Bestandserhaltung –– Erhalten werden müssen das audiovisuelle Dokument und die zugehörigen Kontextmaterialien. –– Sie sind nach dem neuesten Stand des technischen Wissens aufzubewahren. –– Die Materialien sind gegen Beschädigung durch falsche Behandlung zu schützen. –– Das physische Objekt und sein Inhalt müssen vor Modifikationen, Kürzungen, Verfälschungen oder Zensurieren geschützt werden. –– Jede Art von Konservierung, Restaurierung und Übertragung auf einen neuen Träger oder in ein neues Format muss so vorgenommen werden, dass der Informations- und Datenverlust beim Original vermieden oder möglichst klein gehalten wird und Kontextinformationen, in welchen Formaten sie immer vorliegen, erhalten bleiben. –– Originale Träger müssen in benutzbarem Zustand erhalten werden, solange dies möglich ist. –– Restaurierungen des physischen Trägers müssen so vorgenommen werden, dass die Massnahmen keine Schäden verursachen und wenn immer möglich rückgängig gemacht und weitere Restaurierungen vorgenommen werden können. Durch die Verwendung ungeeigneter Chemikalien bei der Reinigung können Tonund Bilddokumente leicht beschädigt werden, wobei der Schaden möglicherweise erst nach einiger Zeit erkennbar wird. Die für jede Restaurierung geltende Regel, dass eine Restaurierung nur so durchgeführt werden darf, dass sie wieder rückgängig gemacht werden kann, gilt auch für audiovisuelle Dokumente. –– Jede Art von Restaurierung des Originals muss nach dem aktuellen Stand des technischen Wissens vorgenommen werden. –– Die Übertragung in ein neues Archivformat muss ohne subjektive Veränderung der Bild- und Tonsignale vorgenommen werden. –– Alle Arten von Signalverbesserungen dürfen nur an einer Kopie der unveränderten Archivkopie vorgenommen werden. –– Alle Erhaltungs- und Restaurierungsmassnahmen, Übertragungen auf einen neuen Träger oder in ein neues Format sowie Langzeiterhaltungsmassnahmen müssen genau dokumentiert werden.



Ethische Grundsätze der Bestandsvermittlung 

–– Wenn einzelne Dokumente oder ein ganzer Bestand aufgrund einer Bewertung aus der Sammlung entfernt werden sollen, muss geprüft werden, ob das Material allenfalls in den Sammelbereich einer anderen Institution gehört. Vor einer Zerstörung sind die Bedeutung und die rechtliche Situation des Dokuments oder Bestands genau zu klären. Die Entscheidung darf nicht von einer einzelnen Person getroffen werden. Das Vorgehen ist zu dokumentieren.

7.4 Ethische Grundsätze der Bestandsvermittlung Die Ethik der Vermittlung von audiovisuellen Dokumenten hat rechtliche und technische Aspekte. Technik: –– Die Nutzung darf die physische Integrität des originalen Dokuments nicht beeinträchtigen. Diese Regel lässt sich in den meisten Fällen nur dadurch einhalten, dass den Nutzenden Kopien zur Verfügung gestellt werden. Der Rückgriff auf das Original sollte nur in begründeten Fällen möglich sein. Rechte: –– Die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer und die Rechte von Personen und Institutionen an einem Dokument müssen gleichermassen berücksichtigt werden. –– Die Nutzerinnen und Nutzer müssen Zugang zu allen Inhalten haben, die für das Dokument von Bedeutung sind. –– Personen und Gemeinschaften, über die im Zusammenhang mit historischen, ethnologischen und linguistischen Forschungen Bild- und Tonaufnahmen gemacht wurden, müssen Zugang zu diesen Dokumenten und das Anrecht auf Kopien haben und über die Nutzung der Dokumente mitbestimmen können. Publizierte audiovisuelle Dokumente sind Produkte kommerzieller Unternehmen, die durch Verkauf und Lizenzierung finanzielle Gewinne erzielen wollen. Auch Aufnahmen, die nicht von kommerziellen Unternehmen produziert und nicht publiziert wurden sind meist mit Urheberrechten verbunden. Das Urheberrecht kennt keine „nichtkommerzielle Nutzung“. Es gibt aber Ausnahmen vom Urheberrecht für Forschung, Bildung und Erziehung. Sie sind von Land zu Land verschieden und die Grenzen ihrer Anwendung oft umstritten. Auch das Erstellen von Kopien zum Zweck der Erhaltung des Werks ist von Land zu Land unterschiedlich geregelt. Sogenannte Kopiersperren können die Migration eines Dokuments auf einen neuen Träger oder in ein neues Format verunmöglichen. Es sollte Archiven erlaubt sein, solche Kopiersperren zu umgehen. Für den Umgang mit Werken, deren Urheber nicht bekannt sind, sogenannte „verwaiste“ Werke, sind Regelungen zurzeit in Diskussion. –– Die Verantwortlichen für audiovisuelle Bestände in öffentlichen Institutionen müssen das geltende Urheberrecht sowie die relevanten personen- und datenschutzrechtlichen Dispositionen kennen und einhalten. –– Das Archiv muss die Nutzerinnen und Nutzer über die gesetzlichen Einschränkungen bei der Benutzung audiovisueller Dokumente informieren.

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 Ethische Grundsätze des Archivierens audiovisueller Dokumente

–– Das Archiv muss sich bei Konflikten zwischen Nutzenden und Rechtinhabern neutral und vermittelnd verhalten. –– Wenn das Archiv sich bei seiner Tätigkeit auf Ausnahmen vom Urheberrecht beruft, muss dies den Kriterien für solche Ausnahmen entsprechend sowie offen und transparent erfolgen.

7.5 Schlussbemerkung Das Erhalten und Zugänglichmachen von Kulturgütern hängt letztlich von politischen Entscheidungen ab. Darum ist es wichtig, dass die ethischen Voraussetzungen für diese Tätigkeit über die Grenzen des Berufsbereichs bekannt gemacht werden. Die Einhaltung der Regeln des Ethikkodex ist nur dann möglich, wenn die Archive, Bibliotheken und Museen über die nötigen personellen und materiellen Ressourcen sowie geeignete Infrastrukturen verfügen. Dafür müssen sich alle an der Erhaltung und Nutzung von Kulturgütern Interessierten verantwortlich fühlen und einsetzen.

8  Literatur und Internet-Links (Auf alle Links wurde im Januar 2014 zugegriffen)

8.1 Bestandserhaltung Giovannini, Andrea: De tutela Librorum, La conservation des livres et des documents d’archives / Die Erhaltung von Büchern und Archivalien. 4. überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, Baden (hier + jetzt) 2010 [französisch und deutsch] Glauert Mario, Ruhnau Sabine: Bestandserhaltung beginnt im Kopf, nicht im Geldbeutel. Zur Einführung. www. Forum-Bestandserhaltung.de/downloads/001_012_Glauert_Ruhnau_Einfuehrung.pdf Hofmann, Rainer: Bestandserhaltung in Archiven Bibliotheken. 3. erweiterte und aktualisierte Auflage, Berlin (Beuth) 2011 Enthält Abdruck relevanter DIN-Normen. Laupper, Hans: „Politik und Praxis der Bewahrung und Erhaltung“. In: Gilbert Coutaz, Rodolfo Huber, Andreas Kellerhals, Albert Pfiffner, Barbara Roth-Lochner: Archivparxis in der Schweiz / Pratiques archivistiques en Suisse. Baden (hier+jetzt) 2007, S.357–372 Internet Links: http://www.forum-bestandserhaltung.de/ http://www.bestandserhaltungsglossar.de/globe.html

8.2 Bestandserhaltung bei audiovisuellen Dokumenten Edmondson Ray: Audiovisual Archiving: Philosophy and Principles, Paris (UNESCO) 2004. Die Studie kann heruntergeladen werden bei: http://unesdoc.unesco.org/images/0013/001364/136477e.pdf. Transfermedia (Hg.): Digitalisierungsfibel, Leitfaden für audiovisuelle Archive. Potsdam ( transfermedia) 2011 Internet Links: www.imagepermanenceinstitute.org www.memoriav.ch https://www.prestocentre.org

8.3 Tondokumente Memoriav-Empfehlungen: Die Erhaltung von Tondokumenten. Empfehlungen, Bern 2008 Das Heft kann heruntergeladen werden bei: www.memoriav.ch International Association of Sound and Audiovisual Archives (IASA). Technical Committee. Standards, Recommended Practices and Strategies: IASA-TC 03: Die Bewahrung von Schallaufnahmen. Ethische Aspekte, Prinzipien und Strategien. Version 3, Dezember 2005. Der Text kann heruntergeladen werden bei: www.iasa-web.org/sites/default/files/downloads/publications/TC03_German.pdf

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 Literatur und Internet-Links

IAS TC-04: Guidelines on the production and Preservation of Digital Audio objects. Edited by Kevin Bradley. Second Edition 2004. Die Publikation kann bei www.iasa-web.org bestellt werden. IASA Special Publications: No. 6: Ethical Principles for Sound and Audiovisual Archives (2010, revised 2011). Die Publikation kann bei www.iasa-web.org bestellt werden. Internet Links: www.fonoteca.ch

8.4 Film Filmarchivierung. Sammeln, Sichern, Sichten, Sehen. Herausgegeben von Manfred Rasch und Astrid Dörnemann im Auftrag des Arbeitskreises Filmarchivierung NRW. Essen, 2011. Memoriav Empfehlung: Film Das Merkblatt kann heruntergeladen werden bei: www.memoriav.ch The Film Preservation Guide. The Basics for Archives, Libraries and Museums, San Francisco (National Film Preservation Foundation) 2004. Die Publikation kann heruntergeladen werden bei: http://www.filmpreservation.org/preservation-basics/the-film-preservation-guide Internet Links: www.reto.ch www.loc.gov/film/filmpres.html

8.5 Video Memoriav-Empfehlungen: Die Erhaltung von Video-Dokumenten, Bern 2006 Das Heft kann heruntergeladen werden bei: www.memoriav.ch Lacinak, Chris: Guide to Developing a Request for Proposal for the Digitization of Video (and More), New York 2013 www.avpreserve.com/wp-content/uploads/2013/10/AVPS_Digitization_RFP_Guide.pdf De Stefano, Paula, Kimberly Tarr, Melitte Buchman, Peter Oleksik, Alice Moscoso: Digitizing Video for Long-Term Preservation: An RFP Guide and Template, New York University, 2013 www.library.nyu.edu/preservation/VARRFP.pdf Internet Links: www.amianet.org www.videopreservation.conservation-us.org/vid_id/



8.6 Ethikkodizes Kodex ethischer Grundsätze für Archivarinnen und Archivare www.ica.org/5555/reference-documents/ica-code-of-ethics.html IFLA Code of Ethics for Librarians and other Information Workers (full version) www.ifla.org/news/ifla-code-of-ethics-for-librarians-and-other-information-workers-full-version Ethische Richtlinien für Museen www.icom.museum/the-vision/code-of-ethics/ AMIA Mission Statement (mit AMIA Code of Ethics) http//www.amainet.org/about/mission.php FIAF Code of Ethics www.fiafnet.org/~fiafnet/uk/members/ethics.html Ethical Principles for Sound and Audiovisual Archives. IASA Special Publications No. 6 www.iasa-web.org/ethical-principles Edmondson Ray: Audiovisual Archiving: Philosophy and Principles, Paris (UNESCO) 2004. http://unesdoc.unesco.org/images/0013/001364/136477e.pdf.

Literatur und Internet-Links 

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9  Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente in spezialisierten Institutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz DEUTSCHLAND Bundesarchiv-Filmarchiv Ferbelliner Platz 3, 10707 Berlin Telefon: 03018/7770-0 Fax: 03018/7770-999 https://www.bundesarchiv.de/bundesarchiv/organisation/abteilung_fa/index.html.de Deutsches Rundfunkarchiv (DRA): Standort Frankfurt Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Standort Frankfurt Bertramstraße 8 D-60320 Frankfurt am Main Tel.: (069) 156 87-0 Fax: (069) 156 87-100 www.dra.de Standort Babelsberg Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv Standort Babelsberg Marlene-Dietrich-Allee 20 D-14482 Potsdam-Babelsberg Tel.: (0331) 58 12-0 Fax: (0331) 58 12-199 www.dra.de Forum Bestandserhaltung: www.forum-bestandserhaltung.de In der Publikation Digitalisierungsfibel, Leitfaden für audiovisuelle Archive. Potsdam (transfermedia) 2011 findet sich ein Verzeichnis „Ausgewählte AV-Archives in Deutschland“ S. 192–227. Es kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass die verzeichneten Archive auch Beratung anbieten. Das Netzwerk Mediatheken (www.netzwerk-mediatheken.de) hat zum Ziel ,„die dezentral-vernetzte Sicherung, Bewahrung, Erschließung und Bereitstellung audiovisueller Quellen und Materialien als bedeutendes Kulturgut für die interessierte Öffentlichkeit, im Speziellen für Erziehung, Unterricht, Wissenschaft, Forschung, Lehre und Kunst“.

ÖSTERREICH Filmarchiv Austria Standort Augarten Obere Augartenstraße 1 e A-1020 Wien Tel.: +43 1 216 13 00 Fax.: +43 1 216 13 00-100 www.filmarchiv.at



Bestandserhaltung audiovisueller Dokumente in spezialisierten Institutionen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz 

Österreichische Mediathek 1060 Wien, Webgasse 2a Tel. +43 1 5973669-0 Fax +43 1 5973669-40 www.mediathek.at Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften Liebiggasse 5, A-1010 Wien Tel. +43 1 4277-29601 Fax. +43 1 4277-9296 www.phonogrammarchiv.at Die Institutionen mit audiovisuellen Bestände sind im Verein Medienarchiv Austria zusammengeschlossen (www.medienarchive.at). Auf der Website befindet sich ein Mitgliederverzeichnis.

SCHWEIZ Memoriav, Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz (Vermittelt Beratung und Kontakte). Memoriav Bümplizstrasse 192 CH-3018 Bern Tel. +41 380 10 80 Fax. +41 380 10 81 www.memoriav.ch Schweizer Nationalphonothek Via Soldino 9 CH-6900 Lugano Tel. + 41 91 961 64 00 Fax. + 41 91 961 64 39 www.fonoteca.ch Cinémathèque Suisse Nationales Filmarchiv Casino de Montbenon CH-1002 Lausanne Tel. +41 21 315 21 70 Fax. +41 21 315 21 89 www.cinematheque.ch Lichtspiel / Kinemathek Sandrainstrasse 3 CH-3007 Bern Tel. +41 31 381 15 05 Fax. +41 31 381 15 41 www.lichtspiel.ch

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Über den Autor

Kurt Deggeller studierte Musikwissenschaft an der Universität Basel. 1984 wurde er mit dem Aufbau und der Leitung der Schweizer Nationalphonothek in Lugano betraut. Ab Beginn der Neunzigerjahre arbeitete er zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus der Nationalbibliothek, dem Bundesarchiv, dem Schweizerischen Filmarchiv und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (SRG) an einer Gesamtkonzeption für die Erhaltung des audiovisuellen Kulturgutes der Schweiz. Die Arbeiten mündeten 1995 in die Gründung des Vereins Memoriav, dessen Leitung er ab 1998 bis zu seiner Pensionierung 2012 innehatte. Auf internationaler Ebene war Kurt Deggeller Vizepräsident und Präsident des Executive Board der IASA (International Association for Sound and Audiovisual Archives). Er vertrat diese Nichtregierungsorganisation auch bei der UNESCO. Als „Convenor“ leitete er das Koordinationsorgan der internationalen audiovisuellen Vereinigungen CCAAA (Co-ordinating Council of Audioviusal Archives Associations).