Belgiens Schuld: Zugleich eine Antwort an Prof. Dr. Waxweiler [Reprint 2019 ed.] 9783111597058, 9783111222073


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German Pages 104 [112] Year 1915

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
1. Die Neutralitätsfrage
2. Die belgische presse
3. Die belgischen Greuel
4. Die belgische Untersuchungskommission
5. Die garde civique und die Zivilkleidung der belgischen Soldaten
6. Der Volkskrieg
7. Die belgische Regierung und ihre Proklamationen
8. Die deutsche Kriegsführung in Belgien
Beigaben
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Belgiens Schuld: Zugleich eine Antwort an Prof. Dr. Waxweiler [Reprint 2019 ed.]
 9783111597058, 9783111222073

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Belgiens Schuld Zugleich eine Antwort an Professor Dr. Waxweiler

Von

Dr. jur. et phil. Richard Graßhoff Rechtsanwalt am Kammergerlcht

Berlin 1-15 Druck und Verlag von Georg Reimer

Alle Rechte, insbesondere daS -er über, sehnn- in fremde Sprachen, vorbehalte«.

Inhalt. Seite

Vorwort...................................................................................... 5 r. Die Neutralitätsfrage ............................................................. 9 2. Die belgische Presse ................................................................. 22 3. Die belgischen Greuel............................................................... 26 4. Die belgische Untersuchungstommission...................... 31 5. Oie garde civique und die Zivtlkleidung derbelgischen Soldaten 44 6. Oer Volkskrieg........................................................................ 53 7. Die belgische Regierung und ihre Proklamationen.................... 64 8. Die deutsche Kriegsführung in Belgien..................................... 80

Vorwort Dle Wahrheit ist eine spröde Schöner sie will sehr lange umworben sein.

Ott zwei Seiten brauste bisher die Flttt der feindlichen

Verleumdungen wegen

der

in Belgien vollzogenen

Kriegsführung gegen Deutschland heran. Zunächst überbot sich die feindliche und eine bestimmte

neutrale Presse in Schmähungen der deutschen Ehre. Mit einer

Gewissenhaftigkeit, die diesen Schandartikeln vielleicht zu viel Ehre antut, ist die deutsche Regierung bemüht gewesen, Auf­

klärung gegenüber den gemeinen Entstellungen der Wahrheit zu schaffen.

Soweit tatsächliche Anhalte in den Behauptungen

gegeben waren, ist man diesen nachgegangen und steht nun vor der Enthüllung, die alle diese Schauermären in ihr Nichts

zurückwerfen wird. Aus der Überfülle des bändereichen Stoffes

greife ich nur wenige — nicht einmal die bezeichnendsten —

Beispiele heraus. Schwelgte der Gosche Courant am 26. November 1914 in

einer Schilderung des Besuches, den der Generalprokurator

am Kassationshof zu Brüssel, Terlinden, nach einer persönlichen

Beschwerde bei dem deutschen Feldmarschall dem ihm von diesem vorgewiesenen Beutelager unter Führung eines Offiziers

abstattete, so erklärt am 21. Dezember 1914 zu gerichtlichem Protokoll Herr Terlinden, daß er niemals mit dem Feldmarschall

gesprochen und auch nie ein Lager mit Kisten und darin befind­ lichen gestohlenen Gegenständen zu Gesicht bekommen habe,

kurz und bündig, daß die ganze schöne Erzählung und seine angeblichen Äußerungen hierzu frei erfunden seien.

6 Las man unter dem 2. Januar 1915 im Journal, daß ein deutscher Heerführer in einer belgischen Stadt die Gemälde

und Antiquitätensammlung des Konsuls von Siam, des Herrn

Robert Ramlo, trotz dessen Protestes stahl, so bescheinigt der Diener Theophil Gillard unter dem 19. Januar 1915, daß

er seit 11 Jahren im Hause des Herrn Ramlo in Diensten stehe

und daß alle Bilder und Antiquitäten unversehrt unter seiner Obhut verblieben seien.

Berichtete unter dem 26. Januar 1915 der Petit Nicois

(Nizza), daß ein deutscher Stab in Gent eine einem Weinhändler abgepreßte Kaution ohne Rechtsgrund einbehielt, so versicherte

der Oberbürgermeister der Stadt Gent, Braun, eidlich unter dem iz. April 1915, daß er die für den Weinhändler Huye de Crome von ihm selbst erlegte Kaution unaufgefordert nach Behebung des Verdachtes der Lieferung von schlechtem,

der Gesundheit schädlichem Weine zurückerhielt und die ganze

Erledigung der Angelegenheit als einwandfrei betrachte. Setzte der Secolo am 31. Januar 1915 den Leichtgläubigen den Bericht vor, daß der Kommandant von Ostende vom

Bürgermeister die Bezahlung der Kosten eines Diners in Höhe

von 37 500 Franken unter der Androhung erzwang, -aß sonst zehn angesehene Bürger erschossen würden, so erklären der

Bürgermeister

Liebaert

und

der

Gemeindesekretär

Thons

von Ostende als Zeugen unter ihrem Eide am 18. Februar 1915,

daß dieser Bericht in keiner Weise der Wahrheit entspreche und daß ein solches oder auch irgendein ähnliches Ansinnen niemals

von einem Ortskommandanten an sie gestellt worden sei. Tischt der Nouvelliste (Lyon) am 9. Februar 1915 der Welt die Fabel auf, daß in Steenhuffel (Brabant) deutsche Soldaten

nach Wegführung aller Männer die Frauen und Mädchen in

der Kirche während dreier Tage und Nächte einschlossen, um die

7 unglücklichen Opfer tu mißbrauchen, so versichern der Pfarrer Jan Frans Somers, dessen Schwester Aurelie Somers und der Bürgermeister Assche am Ort eidlich, daß diese Erzählung

eine glatte Lüge sei.

In dieser Art durchgeführt, füllen die gewissenhaften deutschen Untersuchungen Bände über Bände!

Die zweite

Lügenfabrik eröffnete

suchungskommission.

die belgische

Unter­

Was von ihr als rein politischem In­

strument zu halten und welche Wertschätzung ihren Fabrikaten bei­

zumessen ist, wird in einem Kapitel besonders dargesiellt werden.

Mit der Zeit erschöpft sich selbst die stärkste Greuelphantasie, und was noch schlimmer für den Verfertiger solcher Schilde­

rungen ist, der Nervenkitzel seines Publikums und damit der Absatz seines Werkes versagt.

Wenn jetzt die Berichte von

deutschen Schandtaten immer einförmiger werden und man schließlich so phantasiearm geworden ist, deutschen Offizieren

nachzureden, daß sie 400 Frauen in Antwerpen von der Stadt­ verwaltung zur Befriedigung ihrer Lüste „requiriert" hätten

und ähnliche Plattheiten mehr, so liegt darin das Eingeständnis jener Schwäche, die selbst den alternden Casanova und den

Marquis de Sade befiel. Nun hat man zu einem neuen „geistigen" Schachzuge in

dem Literatenkampfe angesetzt. Man schickt die wissenschaftlichen

Geister vor, die aus Tagebüchern harmloser Kriegsgefangener und aus willkürlich zusammengerafften Zeitungsnotizchen in

strenger Methode des geschulten Gehirns den Deutschen nach­ weisen sollen, daß sie ärger als die Hunnen sind.

Den Reigen

eröffnete der von Frankreich abgesandte Herr Bedier; was

von ihm und seiner Handschriftendeutung zu halten ist, finden ernsthafte Leser in der Kuttnerschen Gegenschrift ausgeführt. Für Belgien trat Herr Waxweiler auf den Plan, dessen bei

Art. Institut Orell Füßli in Zürich soeben erschienenes Werk unter dem Zeichen des Goetheschen Wortes, daß man das

Wahre immer wiederholen müsse, es unternimmt, seine Wahrheit über die Frage der Schuld oder Unschuld Belgiens zu ver­ künden — ein wortreiches Buch, das mit Reden gegen Reden

kämpft und den leicht ju fangen vermag, der blind an den

einfachen Tatsachen vorübergeht. Ich will nur diese Tatsachen —

das im Goetheschen Sinne einzig Wirkliche — aneinander­ reihen; die Dinge sprechen eine zu deutliche Sprache, als daß sie menschliche Redekunst zum Schweigen bringen kann.

Wer

die eigenen Geständnisse der Belgier und die eidlichen Aussagen unserer Soldaten vom höchsten bis zum geringsten Manne

gelesen hat — nicht nur der deutsche, sondern jeder ehrliche Leser — wird sich die Frage nach der Schuld oder Unschuld

Belgiens an seinem Sturze allein beantworten können.

Bei der Wiedergabe des mir zugänglich gewesenen Stoffes habe ich nur einen sehr, sehr kleinen Ausschnitt bringen können.

Dank der unsäglichen Mühe der deutschen Regierung besitzen

wir nicht Hunderte, sondern Tausende von Belegen für den allen Gesetzen der Menschlichkeit hohnsprechenden Volkskrieg, der in

Belgien gegen unsere Truppen geführt worden ist — beschworene

Aussagen nicht nur deutscher Soldaten, sondern auch neutraler und selbst feindlicher Personen.

Die Wahrheit läßt sich nicht im Sturm erobern.

Wenn

Herr Waxweiler und seinesgleichen sich darüber wundern, daß

die amtlichen Stellen in Deutschland gegenüber den Anwürfen

so lange schweigen und vielleicht noch schweigen werden, so mögen sie sich dessen erinnern, baß die Welt den Deutschen neben ihrem Militarismus auch ihre Gründlichkeit zum Dorwurfe macht.

Und nun mögen die Tatsachen sprechen.

J. Die Neutralitätsfrage. Für die Untersuchung darüber, wen die Schuld an dem

derzeitigen,

durch den Krieg

heraufbeschworenen

unseligen

Schicksale Belgiens trifft, spielt der Streit um die Verletzung

der Neutralität eine untergeordnete Rolle.

Die Zerstörung

von Dörfern und Stadtteilen, der Tod so vieler Menschen, die gegenseitigen Vorwürfe über die belgische und die deutsche

Kriegsführung haben unmittelbar mit ihm nichts zu schaffen. Wenn dieser Frage trotzdem von manchen wie auch von Wax­

weiler eine ungebührlich große Rücksicht geschenkt wird, so ge­ schieht dieses offensichtlich aus zwei Gründen: Man glaubt

durch

langatmige

Ausführungen

über

Nebensächliches

die

Blicke von den wichtigen Dingen ablenken zu können und hofft

durch das unavfhörliche Geschrei über den von Deutschland verübten Treubruch das Mitleid der Welt zu erwecken, die

Gegenliebe der anderen garantiert neutralen Völker zu ge­ winnen.

In Wahrheit sind freilich auch hier die Tatsachen, die Belgien belasten und Deutschland entlasten, so außerordentlich einfach,

daß der größte Aufwand an Worten und Spitzfindigkeiten

unnütz vertan wird. Belgien brach seine Neutralität längst, ehe das

deutsche

Heer

den Fuß

auf seinen Boden

setzte.

Man kann alle eine mehrfache Deutung vertragenden Momente

(die Beschlagnahme einer deutschen Schiffsladung, den Besitz

IO

außerordentlich genauer, als vertraulich bezeichneter Gelände­ karten bei englischen Offizieren) beiseite lassen.

Halten wir

uns nur an die beiden Tatsachen, deren Gewicht keine Sophifiik beheben kann.

1. Im Jahre 1906 erörtert der General Ducarne, General­ stabschef der belgischen Armee, in mehreren Unterredungen mit dem englischen Militärattache in Brüssel, Oberstleutnant Barnardiston, die technische Frage einer Landung englischer Truppen und einer gemeinsamen Operation der englischen und

belgischen Heere für den Fall eines deutschen Angriffs auf

Antwerpen und unter der Annahme eines Durchmarsches

durch das belgische Land, um die französischen Ardennen zu erreichen.

Der Belgier arbeitet einen Plan aus, den er dem

Engländer vorlegt und zu dem der Chef des englischen General­

stabes seine Zustimmung gibt. Der Belgier berichtet über alles seinem Kriegsminister.

Deutschland erhält hierüber amtlich

keine Mitteilung.

2. Vor dem Einmarsch, den die deutschen Truppen sich

nach dem 4. August 1914 erzwingen mußten, öffnete Belgien seine Grenze den Franzosen.

Zu 1. Wir wollen alle Vermutungen, die so nahe liegen,

daß sie für den gesunden Menschenverstand sich sofort auf­ drängen, für nichts achten.

Wir wollen annehmen, daß, wie

das Foreign Office in London amtlich von der Zustimmung

seines Generalstabes keine Notiz nahm, was nach englischer Verfassung wegen -er aus dem Parlamentarismus sich er­

gebenden theoretischen Bündnisunfähigkeit Englands eine platte Selbstverständlichkeit ist, so auch die Spitze der belgischen

Regierung beide Augen vor diesen Unterredungen (conversations) zudrückte.

Wir wollen als besonnene Deutsche von

mäßigem Urteil — das uns Herr Waxweiler großmütig im

höchsten Falle der Einsicht zugesteht — die Naivität besitzen,

zu glauben, daß den Unterhaltungen des Jahres 1906 gar keine anderen sich anschlossen und daß das belgische Kriegs­

ministerium bei seiner Verlegung von Brüssel nach Antwerpen so kopflos war, alle diese militärische und politische Frage

betreffenden Dokumente den Deutschen zu überlassen; so genügt doch diese geheime conversation vollauf für den Vorwurf des Neutralitätsbruches.

Garantiert neutral sein heißt: allen Garanten gegenüber in seiner politischen Existenz gleich dastehen.

Niemand hat es

Belgien verübelt, daß es sein Heer vermehrte und seine Festungen

verstärkte.

Das war ja sein gutes Recht.

Sein gutes Recht

wäre es auch gewesen, bei der von Jahr zu Jahr unter den

Großmächten zunehmenden Spannung auf eine gemeinsame weitere Sicherung seiner Neutralitätsgarantie bei allen Ga­

ranten zu dringen, die in einem einheitlichen Grundab­ kommen

ihre

Gewährleistung ausgesprochen hatten.

Wir

Deutsche sind weitherzig genug, dem belgischen Staate zuzu­ gestehen, daß er auch, wenn es ihm beliebte, mit jedem Ga­

ranten einzeln für den Fall der Verletzung seines Gebietes durch den einen oder anderen von ihnen die gleiche Absprache zur

gemeinsamen Verteidigung seiner Neutralität hielt. Hier aber liegt etwas ganz anderes vor: Das belgische

Militär arbeitet technische Einzelheiten gemeinsamer Opera­

tionen mit dem einen Garanten für den hypothetischen Fall aus, daß der andere seiner Dertragspflicht untreu werden sollte. Wo aber bleibt die Vorkehr für den umgekehrten Fall, daß es

England gelüsten sollte, einseitig zu landen?

Seiner Ver­

sicherung, daß es das nie tun würde, stand die entsprechende

Versicherung Deutschlands gegenüber, die hinterher gerade mit so großem Behagen zu Vorwürfen gegen Deutschland aus-

gebeutet wird.

Das heutige belgische Scheltwort vom mein­

eidigen Deutschland war doch damals noch nicht erfunden, und

da man nicht gut annehmen kann, daß der belgischen Militär­ verwaltung — schließlich doch einem Teile der für die Ein­

haltung der Neutralität verantwortlichen Regierung — die Geschichte des modernen Englands völlig unbekannt ist, kann

sich Belgien unmöglich mit dem Glauben rechtfertigen, daß

das biedere Jnselreich — mit seinem damaligen Könige, dem

Einkreiser Eduard VII., an der Spitze — eine solche Tücke nie würde verüben können, während das arge Deutschland (dessen

Wissenschaft und Technik man nach Herrn Waxweiler zu gleicher Zeit voller Freundschaft so begierig war sich anzueignen) auf nichts weiter als Belgiens Untergang sänne.

Vor allem aber

mußte man sich doch fragen: Was sagt Deutschland dazu, hält es sich unter diesen Umständen einseitiger Bevorzugung Eng­

lands — dem man die belgischen Streitkräfte offenherzig mit­

teilte — noch für gebunden an eine solche Garantievereinigung, die für den einen Teil eine societas leonina zu werden drohte;

glaubte man in Deutschland an die Ehrlichkeit Albions?

Die

Frage aufwerfen heißt sie beantworten. Der Hinweis darauf, daß vielleicht und wahrscheinlich

die deutschen Militärattaches in Brüssel auf Hintertreppen etwas von der Unterredung erfuhren und sie belächelten (übrigens

eine nette eigene Würdigung der belgischen Mllitärverwaltung) und auf die ausgebreitete angebliche Spionage aller Garanten

in Belgien, die es auch Deutschland ermöglicht hätte, alles Wissenswerte zu erraten, richtet sich von selbst. Die conversations aber als harmlose Gespräche verstehen, heißt denn doch der

menschlichen Urteilskraft ein salto mortale zuzumutev. Gewiß wird in militärischen und diplomatischen Kreisen manches ge­

plaudert; Gespräche führen aber auch Einbrecher, bevor sie

13

ans Werk gehen. Die tiefsinnige Unterscheidung zwischen Unter­ redung und Abkommen in diesem Falle erinnert mich an eine Strafverhandlung, der ich vor Jahren beiwohnte: Ein Ein­

brecher war während der Abwesenheit der Bewohner in die Räume eingedrungen, hörte bald nach seinem Eintritt die Schritte der Zurückkehrenden, sprang kurz entschlossen in das

Badezimmer, das er verriegelte, um sich sodann zu entkleiden

und in die schleunigst mit Wasser gefüllte Wanne zu setzen — die Diebeswerkzeuge neben sich —; als man die Tür erbrach

und den Mann in dieser Lage fand, entschuldigte er sich, daß er ein Reinigungsbad habe nehmen wollen.

Deutsche Richter von

mäßiger Einsicht haben den Mann verurteilt; ich fürchte, Herr Waxweiler, daß das in jenen Zeiten auch belgische getan hätten. Zwischen conversation und Convention gibt es noch eine con-

spiration, die in beiden oft zu finden ist.

Als Goethe-Kenner

wissen Sie, daß wir Deutsche lügen, wenn wir höflich find; warum sollte also die Norddeutsche Allgemeine Zeitung sich in französischer Sprachfeinheit so ängstlich an die wortwörtliche

Überttagung der conversation halten und nicht gleich aus dem Vordersatz die Schlußfolgerung einer gegenseitigen Ver­ schwörung ziehen?

Sie lassen sich Deutschland allein zur Vernichtung Belgiens

verschwören (sic auf Seite

ioi

der Waxweilerschen Schrift).

Auf Gespräche bei höfischen Empfängen, aus dem Zusammen­ hang gerissene diplomatische Noten, einseitige Aufzeichnungen

über Eindrücke und flüchtige Zeitungsartikel gründen Sie den

Nachweis dieser Verschwörung.

Daß dabei die wunderlichsten

Widersprüche unterlaufen, verschlägt Ihnen nichts: Einmal wird versichert, daß der deutsche Kanzler die finstere Seele sei,

die bewußt die Beraubung Belgiens plane; als es wenige Seilen danach gilt, den englischen Botschafter in Berlin Herrn

14

Goschen zu loben, wird von beiden Männern gesprochen als

solchen, die voller Aufrichtigkeit — erschreckt von der Größe der anbrechenden Weltendämmerung — ihren Schmerz über

das drohende Unheil sich gegenseitig bekennen.

Wir halten

uns einfach an die Tatsache der conversation und bedauern,

an

ihr

nicht

teilgenommen

zu

haben;

Belgien wäre schneller von unsere» Truppen durchzogen worden;

daß Englands Mobilisierung längere Zeit beanspruchte, als die

unsere, war gegenüber der Treulosigkeit Belgiens unser einziges Heil. Zu 2. Der Einmarsch der Franzosen vor dem 3. August

1914 in Belgien ist bündig zu erweisen. Nicht aus den Berichten

deutscher Zeitungen, deren Grundlage der deutsche Leser nicht für authentisch hinnimmt, wie Herr Waxweiler glauben machen

will.

Aus den eidlichen

Bekundungen hierüber

greife

ich

zunächst diejenige eines deutschen Gefreiten heraus; er sagt

folgendes: Ich war vor Ausbruch des Krieges im ganzen etwa sechs Jahre in Belgien aufhaltsam und ernährte mich als Händler und als Arbeiter. In dieser Zeit bin ich auch wiederholt, im ganzen etwa ein halbes Jahr, in Frankreich gewesen. Auch in England «ar ich einmal etwa einen Monat in geschäftlichen Angelegenheiten. Ich habe nun io der Woche vor dem Kriegsausbruch folgende Beobachtungen gemacht. 1. Am Sonntag, dem 26. Juli 1914, besuchte ich die Kirche in dem etwa 5—6 km von meinem Wohnort Boitsfort gelegenen Brüssel. Nach der Kirche sah ich auf dem Boulevard Anspach drei ausländische Offiziere, die zusammen die Straße entlang gingen. Es waren, wie ich bestimmt weiß, zwei franzbfische und ei» englischer Offizier. Soweit ich beim Vor­ beigehen und dann von hinten erkennen konnte, waren die Franzosen Artilleristen. Sie trugen schwarze Röcke und schwarze Hosen, letztere mit roten Streifen und blauer Bise zwischen den Streifen. Die Mützen waren rot, mit zwei Goldtressen. Die Mützen entsprechen der Tafel xil der mir vorgelegten „kurzen Zusammenstellung über die franzöfische Armee", nur waren sie hinten etwas «mgeklappt. Rock und die Hose waren ähnlich wie auf Tafel X, nur meiner Meinung nach nicht dunkelblau, sondern schwarz.

15 Den englischen Offizier erkannte ich an der hohen Mütze und den Litzen am Unterarm. Die Uniform war grüngrau und entsprach der Abbildung Blatt 33 der „kurzen Zusammenstellung über die englische Armee". Welcher Truppe der Engländer angehörte, kann ich im übrigen nicht sagen, ebenso wenig weiß ich, zu welchen Regimentern die drei Offiziere gehörten. Alle drei Offiziere trugen Gamaschen und Sporen. Ein Zweifel ist nicht möglich, da ich die Uniformen der drei hier in Frage kommenden Armeen kenne.

2. Am Mittwoch, dem 29. Juli, habe ich franzöfische Soldaten einzeln und in Gruppen auf dem Boulevard militaire gesehen, die nach dem Artilleriedepot gingen. Ich habe im ganzen acht Mann gezählt. Da die Soldaten zum Artilleriedepot gingen und die herumstehenden Belgier sagten, es wären franzöfische Artilleristen, so nahm ich an, daß die Soldaten dieser Truppengattung angehörten. Offiziere waren nicht dabei. Das Regiment, zu dem sie gehörten, ist mir unbekannt. Die Mannschaften hatten dunkelblauen Rock, rote Hosen, Mütze oben rot, unten blau. Sie trugen Gamaschen ohne Sporen und kein Seitengewehr, wohl aber einen Tornister. Nachdem mir die „Zusammenstellung" vorgelegt ist, erkläre ich, daß die Uniform der Tafel III iu I entsprach, nicht aber der Tafel X zu 2. 3. In den Tagen vom 29. Juli bis 2. August habe ich über Boitsfort täglich je ein Flugzeug gesehen, daö in der Richtung nach Antwerpen zu flog. Es waren Doppeldecker, nach meinem Dafürhalten französische. Ich nehme dies deshalb an, weil ich 1910 bei der Flugzeugkonkurrenz viele französische Flugzeuge in Brüssel gesehen habe, weil damals, wie ich weiß, belgische Flugzeuge überhaupt nicht flogen und weil sie in der Richtung von Charleroi über den Wald her kamen. Andere Merkmale kann ich nicht angeben. Ich bemerke aber, daß ich den Unterschied zwischen französischen und deutschen Flugzeugen auch heute genau kenne und jedenfalls genau weiß, daß es keine deutschen Flugzeuge waren. Die Flugzeuge flogen in etwa 2000 m Höhe."

Man wird diesem überaus sorgfältig unter Vorlage von Bildertafeln vernommenen und selbst seine Worte sorgfältig wägenden Zeugen nicht «ach beliebter Methode Verwechselungen

von Uniformen nachreden dürfen.

Glaubt man aber dem Barbaren nicht, so verweise ich ferner auf die beschworenen Aussagen zweier Neutralen, deren Name auf ihren Wunsch zurückgehalten werden muß, der Diplo­

matie aber jederzeit zur Verfügung steht, und die bekunden, daß ihnen die Bewohner dreier Orte in Belgien in der Gegend

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i6----------

nördlich von Lille versichert haben, daß schon am 30. Juli 1914

die Mobilisierung der belgischen Armee in den Dörfern aus­ gerufen wurde und daß schon am 1. August französische Pa­ trouillen die Grenze überschritten und sich mit belgischen Pa-

ttouillen vereinigt haben; für den einen ihrer Gewährsmänner erklären die Zeugen: „Die Wirtsleute erinnerten sich der vor­

erwähnten Daten so genau, weil ihre Männer (Franzosen) zu jener Zeit, und zwar am 2. August 1914, zur französischen

Armee eingezogen waren." Genügt auch dieses nicht, so werden jedenfalls die eigenen

Aussagen jener gefangenen Franzosen, die den Regimentern angehörten, die die Nordgrenze Frankreichs überschritten, auch Leute von großem Urteil in einige Verlegenheit bringen, wenn sie nach Abschwächung der Beweiskraft suchen. Aus den zahl­

reichen Protokollen nehme ich die folgenden: Es bekundet Julien Requet — fälschlich Louis Bellard

genannt —, Gefteiter im 8. französischen Husarenregiment: „Ich war mit noch zwei Husaren auf Patrouille. Während diese beiden wahrscheinlich gefallen sind, Lin ich unter Verlust meines Pferdes davongekommen, in das nächste Dorf geellt, wo ich mich in einem Hause umkleidete. Ich bin somit allein in Gefangenschaft geraten und kann daher über den Aufenthalt von anderen Kameraden keine Angaben machen. Auf Befragen gab der Genannte an, daß die Mobilisierung seines Regimentes am 30. Juli 1914 erfolgte. Das Regiment verließ die Garnison am zi. Juli und wurde in Hirson um Mitternacht ausgeladen. In Laneuville-aux-Tourneurs, wohin das Regiment noch in der Nacht ritt, blieben wir zwei Tage. Von dort ging es alsdann nach Donchery und am 2. August von hier nach Bouillon. Die Grenze wurde somit am 2. August 1914 nachmittags gegen 5 Uhr überschritten. In Bouillon vereinigten sie sich mit den Dragoner-Regimentern 23 und 27, ferner mit dem 3. Husaren-Regiment. Diese Regimenter sollen auch um die gleiche Zeit die Grenze überschritten haben."

Es erklärt unter seinem Eide Gaston Omer Eugöne Sailly,

im Zivllberuf Friseur in St. Omer, seit März 1913 aktiver

Soldat im 21. französischen Dragoner-Regiment:

17 „Das 2i. französische Dragoner-Regiment wurde von Noyon, seiner Garnison, an einem Lage nach Hirson mit der Dahn geschafft und noch an demselben Lage quartierte sich das Regiment in Dörfern in der Um­ gebung Hirsons ein, die zweite Eskadron, der ich angehörte, in Bossus. Die zweite Eskadron blieb in Bossus einige Tage. Am Abend des letzten Tages befand ich mich etwa zwischen sechs und sieben Uhr in Bossus bei einem Friseur, der auch Tabak verkaufte und eine Schankstube unterhielt. In dem Raum, in dem ich saß, ertönte währenddessen das Klingelzeichen. Der Friseur trat an das Telephon. Es wurde zu ihm gesprochen. Als er den Hörer wieder anhängte, rief er mir zu, ihm sei telephonisch jetzt mit­ geteilt worden, daß in Frankreich soeben die Mobilmachung angeordnet worden sei. Ich weiß ganz genau, baß in der Frühe des folgenden Morgens der Ausmarsch der zweiten Eskadron aus Bossus erfolgte, welche sich mit den anderen Eskadrons in kurzer Zeit vereinigte. Das Regiment machte einen Tagesmarsch bis zu der belgischen Stadt Bouillon, in deren Nähe die belgisch-französische Grenze überschritten wurde. Zugleich mit dem 2i. überschritt auch das 5. französische Dragonerregiment und ebenso ein oder mehrere französische Kürassier-Regimenter, die ich zwar sah, deren Nummer ich aber nicht kenne, zugleich mit Artillerie, deren Regiments­ nummer ich gleichfalls nicht weiß, die französisch-belgische Grenze in Richtung Bouillon. Bouillon wurde also an dem gleichen Tage erreicht, an dessen Morgen das 21. Dragoner-Regiment aus Bossus und den Nachbardörfern ausgeritten war. Das 21. Dragoner-Regiment durchritt Bouillon und übernachtete in der unmittelbaren Umgebung, die zweite Eskadron in einem wenige KUometer entfernten kleinen Kirchendorf. Am nächsten Morgen ritten das eine Brigade blldende 21. und 5. Dragoner-Regiment in nördlicher Richtung weiter nach Belgien hinein. Es waren auch noch andere französische Kavallerie-Regimenter, insbesondere Kürassiere, und Artillerie dabei, die ich nicht näher bezeichnen kann."

Das eidliche Zeugnis des Gustave Cochard aus Rimogne,

seit Herbst 1913 aktiver Soldat im 28. französischen DragonerRegiment, geht dahin: „Am 31. Juli 1914 vormittags 10 Uhr etwa rückten die beiden in Sedan in Garnison liegenden Dragoner-Regimenter, das 28. und 30., ins Feld. Sie ritten zunächst in Frankreich auf der Staatsstraße gemeinsam nach Mouzon, wo sie um die Mittagszeit anlangten. In den Nachmittags­ stunden, etwa zwischen 2 und y23 Uhr, stießen aus anderer Richtung im Orte Mouzon vier Geschütze des in Meziers-Charleville in Garnison liegenden 40. französischen Artillerie-Regiments nebst Munitiouswagen zu ihnen. Darauf setzten sich die beiden Dragoner-Regimenter, zuerst das 28., dann in der Mitte die Geschütze, darauf folgend das 30. Dragonerregiment in Marsch, und zwar zunächst wieder in der Richtung nach Sedan zu. Graßhoff, Belgiens Schuld. 2

i8 Die Dragoner ritten zu viert nebeneinander ohne Marschsicherung. Der dritte Zug der dritten Eskadron, zu welchem ich gehörte, ritt am weitesten vorn. Ich ritt im vierten Glied und konnte daher alles sehen, was an der Spitze der Abteilung vor sich ging. Als die AbteUung auf der Staatsstraße Mouzon—Sedan Lei dem französischen Orte Bazeilles angekommen war, bog sie plötzlich nach Norden ab und nahm den Weg über La Chapelle nach der belgischen Grenze. Die belgisch-französische Grenze wurde am 31. Juli 1914 etwa um 9 Uhr abends oder wenige Viertelstunden danach auf der Straße La Chapelle—Bouillon von den beiden französischen Dragoner-Regimentern und der franzö­ sischen Batterie überschritten.

An der Spitze ritt der meinen Zug befehligende Leutnant Malespieux. Bei diesem meldete sich an der Stelle, wo die Straße La Chapelle—Bouillon die belgische Grenze kreuzt, ein belgischer Brigadier und vier belgische Gendarmen zu Pferde, welche als solche an ihren Uniformen ohne weiteres kenntlich waren. An dieser Stelle warteten bereits der Brigadier und die vier Gendarmen, als wir dort ankamen. Diese fünf Gendarmeriepersonen setzten sich an die Spitze und führten so die Abteilung nach der Stadt Bouillon, welche drei Kilometer von der französischen Grenze entfernt auf belgischem Gebiet liegt. Kurz vor Bouillon trennte sich das 30. Dragoner-Regiment, von der Abteilung, um in der Nähe von Bouillon auf belgischem Gebiet in Quartier zu gehen, so daß nur noch das 28. Dragoner-Regiment und die Batterie in Bouillon einrückten, und zwar am 31. Juli 1914 gegen 10 Uhr abends. Die Spitze des Regiments hielt in der Stadt vor dem Bürgermeisteramt. In dieses trat der meine Eskadron befehligende Kapitän Lainez. Nach einiger Zeit — es kann eine Stunde gewesen sein — brachte aus dem Bürgermeisteramt ein Gemeindediener die Quartierzettel für das 28. Dragoner-Regiment und die Batterie, welche immer noch auf der Straße vor dem Bürgermeisteramt hielten. Mit etwa dreißig andern Dragonern rückte ich darauf sofort in mein Quartier ab, eine in der Stadt liegende Scheune. Die Nacht vom 31. Juli 1914 zum 1. August 1914 verbrachte also das 28. französische Dragoner-Regiment und die französische Batterie in der belgischen Stadt Bouillon, während das 30. Dragoner-Regiment in der Nähe gleichfalls auf belgischem Gebiet die Nacht über in Quartier lag. Die Aufnahme seitens der belgischen Bevölkerung war keineswegs feindlich, sondern im Gegenteil eine sehr freundschaftliche. Nach dem Appell ritt Leutnant Malespieux mit fünfundzwanzig Dragonern, darunter ich, als Patrouille in östlicher Richtung noch vor 6 Uhr morgens ab. Abwechselnd im Schritt und im Trab ging es immer auf der von Bouillon nach Arlon führenden Staatsstraße nach Osten ständig auf belgischem Gebiet vorwärts. Der Ritt dieser Patrouille führte von Bouillon auf dieser Staatsstraße über die belgischen Orte St. CLcile,

19 Chassepierre, Florenville, Pin, St. Vincent, Belle Fontaine, St. Marie nach St. Laurent, welches nach Arlon zu liegt und weiter als vierzig Kilometer von Bouillon entfernt ist. Es wurden am i. August 1914 also mehr als vierzig Kllometer ausschließlich auf belgischem Gebiet in östlicher Richtung zurückgelegt. In St. Laurent traf die Offizierspatrouille von fünfund­ zwanzig Mann nach 9 Uhr abends ein. Leutnant Malespieux ritt nach der Karte; kleinere Patrouillen sandte er unterwegs nicht ab. Etwa eine Stunde später traf das ganze 28. Dragoner-Regiment und die französische Batterie in St. Laurent ein. Wie die Mannschaften sagten, waren sie auf demselben Wege gefolgt, den die Patrouille vorangeritten war. Sie waren mit dem 30. Dragoner-Regiment und der Batterie bis auf kurze Entfernung an St. Laurent heran zusammengeritten, in dessen Nähe sich das 30. Dra­ goner-Regiment von der übrigen AbteUung trennte, indem es sich in ein einige Kilometer von St. Laurent entferntes belgisches Dorf begab. Die zwei Dragoner-Regimenter und die Batterie sind am 1. August 1914 also mehr als vierzig Kilometer in belgisches Gebiet hinein vorwärts marschiert. Als ich am 1. August mit der Offizierspatrouille von fünfund­ zwanzig Mann auf der Staatsstraße Bouillon—Arlon ritt, kam diese Patrouille auf der Tellstrecke Bouillon—Florenville an einer Landstraße vorbei, welche die Staatsstraße Bouillon—Florenville auf freiem Felde kreuzt. Nach meiner Erinnerung folgte etwa 500 m hinter dieser Straßen­ kreuzung eine Ortschaft, die wir wohl in einer größeren Entfernung als 5 km vor Florenville durchritten. Rechter Hand der Staatsstraße hielten, als wir vorbei kamen, an diesem Kreuzungspunkte der beiden Straßen auf der Landstraße drei französische Kavallerie-Regimenter. Die Mannschaften riefen uns zu, daß es das 3. und 6. französische Kürassier-Regiment und das 4. französische Husaren-Regiment seien. Als wir vorbeikamen, setzten sich die drei französischen Kavallerie-Regimenter auch in Bewegung und folgten der Patrouille mehrere Stunden hindurch. Eine größere Anzahl von Kilometern — es können zehn gewesen sein — nach Durchreiten von Florenville bogen die drei Kavallerie-Regimenter, welche wir wohl in den ersten Nachmittagsstunden des 1. August 1914 auf belgischem Gebiet an der Straßenkreuzung trafen, und die uns also mehrere Stunden weit auf belgischem Gebiet folgten, links ab und begaben sich sonach noch weiter nach Belgien hinein. Jeder Irrtum darüber, daß die beiden Dragoner-Regimenter und die Batterie am 31. Juli 1914 abends die belgische Grenze überschritten und sich zum mindesten die ganze folgende Woche nur auf belgischem Gebiet ununterbrochen befunden haben, ist ausgeschlossen, und zwar schon aus folgendem Grunde: Ich hatte einen Urlaub von 14 Tagen nach meinem Heimatsort Rimogne etwa am 20. Juli 1914 eingereicht und genehmigt erhalten, welcher am 1. August 1914 beginnen sollte. Noch am 30. Juli 1914 abends

20 war 60» der Mobilisierung nichts bekannt und ich der Meinung, baß ich am i. August 1914 auf 14 Tage würbe nach Hause fahren können. Noch für den Vormittag des 31. Juli 1914 war für mich die Gesuodheitsbesichtlgung angesetzt, der sich jeder franjöflsche Soldat «nterjiehen muß, bevor er in Urlaub geht. Anstatt, daß ich bann am 31. Juli 1914 »um Arzt und am i. August in Urlaub kam, mußte ich am 31. Juli 1914 plötzlich ins Feld rücken. Das hat sich mir unvergeßlich ins Gedächtnis eingeprägt. Ich wiederhole, jeder Irrtum über meine Zeitangaben ist ausgeschlossen."

Nicht unerwähnt sei, daß auch die belgische Presse den Neutralitätsbruch bestätigt. So bringt die Gajette de Charleroi

vom 30. Juli 1914 eine Mitteilung aus Dinant vom 29. Juli, nach welcher Im gegenwärtigen Augenblick an der Nordgrenze

gegen Belgien wichtige Bewegungen ftanzösischer Truppen

ausgeführt werden und am 28. Juli sieben Sonderzüge mit Soldaten Charleville mit der Bestimmung nach der Grenze verlassen haben; in derselben Nummer berichtet sie, daß sich

seit zwei Nächten ein lenkbares Luftschiff aus Maubeuge über der Gegend von Mons bewege.

Nichts als die einfachste Notwehr vollzog Deutsch­

land,

als

es

seinen

Truppen

den

Einmarsch

in

Belgien erst am 4. August 1914 befahl: Notwehr auch gegen Belgien. Warum warf sich Belgien den anderen Feinden Deutsch­

lands in die Arme? Der Feind selbst gibt unbewußt die Auf­ klärung. Wie so oft, wenn man zu viel beweisen will, ist gerade

Herrn Waxweiler das Mißgeschick widerfahren, stille Gedanken,

erkennbar auch für Leute von mäßigem Urteil zu verraten.

In dem Bestreben, die Beziehungen beider Länder vor dem Ausbruche des Krieges in recht rosigem Lichte zu malen —

worin, wie oben ausgeführt, schon der schlimme Vorwurf einer

Doppelzüngigkeit Belgiens gegen Deutschland erblickt werden muß —, entfährt dem Angreifer deutschen Wesens das Be­

kenntnis: „Deutsche Organisation und deutscher Ordnungsgeist

traten vor allem in jenen mächtigen industriellen Wissenschaften

jutage, die, über Landesgrenzen hinaus sich erstreckend, die Ver­ treter der Metall-, Spiegelglas-, Chemie- und TextUindvstrie

Belgiens, Deutschlands und anderer Länder regelmäßig zu-

sammen beriefen." „Schon seit längerer Zeit verlangte es das Ansehen, daß

der junge belgische Gelehrte eine deutsche Universität besuchte." „Auf dem Gebiete der sozialen Wissenschaften hatte das Austauen

in Belgien sowie in anderen Ländern unter dem Odem deutscher Wissenschaft stattgefunden." „Alle diese Dinge hatten eigentlich an sich selbst nichts Befremdendes, da sich Belgien dem starken

deutschen Einfluß nicht entziehen konnte — aber sie waren neu." Nur neu?

der Neid.

Der Zwillingsbruder der Bewunderung ist

Die würdelose Austreibung der Deutschen aus

Belgien, die Spionenjagd auf jedes deutsche Menschenkind,

von denen die belgische Augustpresse widerhallt, geben uns

diesen Zusammenhang anschaulicher wieder, als die von Herrn Waxweiler an seinen Panegyrikus auf Deutschland angeschlossene

Bankettrede, deren viele vor dem Kriege ja auch in. England auf uns gehalten worden sind.

Belgien — innerlich schon längst hierzu vorbereitet und entschlossen — trat offen auf die Seite der Feinde Deutschlands,

als der Weltenbrand sich entfachte — der Krieg, von dem die

Geschichte wohl einst urteilen wird, daß keiner der Gegner Deutschlands ihn gewollt, aber jeder ihn sehnlichst gewünscht

hat, wobei er am liebsten dem Nachbar es überlassen hätte, den unbequemen Konkurrenten zu erschlagen, bis er sich eines Tages zu seinem Schrecke» selbst in den Donner der Geschütze mitten

hineiagerissen sah. Ist die Neutralitätsftage nur ein Vorspiel, so müssen jetzt

die Akte des eigentlichen Dramas „Belgien" folgen.

2. Die belgische presse. In der Angustpresse Belgiens tritt der erste Drahtzieher auf den Plan, der die Marionetten der Freischärler unter dem

wohlwollenden Auge der Regierung tanzen ließ.

Wer sich der

Mühe unterzieht, die Zeitungen dieser Periode zu lesen, merkt bald, welche ungeheure Verantwortung die Publizistik Belgiens

auf sich geladen hat. Der Löwe von Flandern brüllt durch die Spalten und die Brabanxonne rasselt; die Wissenschaft des

Quartaners aus Cäsars de dello gallico, daß die Belgier die Tapfersten der Gallier seien, schmückt die Leitartikel.

Soweit

diese Ergüsse bestimmt waren, das Heer anzufeuern und das

Vertrauen des Volkes in dieses zu stärken, wird kein Gerecht­

denkender darin etwas Hetzerisches finden, sondern nur die

Eintönigkeit bewundern, in der die Zeitungen nicht müde werden,

diese Kost ihren Lesern aufzutischen.

Neben diesen Rahmen­

artikeln erscheinen dann aber in erschreckender Zahl die Lob­ preisungen der hinterlistigen Überfälle der Bevölkerung auf die

deutschen Truppen, die man als feige Barbaren den gutgläubigen Bürgern und Bauern zu schildern sucht. Das Material ist über­

reich und läßt kein Zweifeln und Deuten daran zu, daß wir es hier mit einer typischen Erscheinung zu tun haben. Herr Wax­

weiler will nur einen Artikel — die bekannte Darstellung der Franttireurs in Herstal — kennen, von der er bescheiden sagt,

daß sie die Erzählung eines holländischen Journalisten sei. Wozu

diese Entstellung, Herr Waxweiler? Sie kennen doch die deutsche Gabe der Organisation, und sollten Sie wirklich glauben, daß

wir die belgische Presse nicht gelesen haben?!

In Hunderten,

in Tausenden von Exemplaren! Verschweigen Sie doch gefälligst

Ihren Lesern nicht, daß dieser „heroische" Widerstand der Be­ völkerung — diese Schießerei und Olgüsse aus der Hand von

23 Frauen und Kindern — das Entzücken der belgischen Blätter

ist, die sie begierig und hurtig aus dem Telegraaf übernehmen: Ich nenne nur Len Burgerwelzijn (Brügge) vom 14. August, den Malin (Antwerpen) vom 13. August, den Pays Mallon

vom 13. August und allein die drei Zeitungen von Charleroi (Gazette, Journal und Le Rappel, sämtlich vom 13. August).

Für unsere Untersuchung ist es an dieser Stelle zunächst völlig gleichgültig, ob die Schilderung übertreibt oder nicht; ich lasse das hier dahingestellt, und nur um nicht die Meinung

von einer Inkongruenz zwischen dem Urteile des Holländers

und den Erfahrungen aufkommen zu lassen, die deutsche Sol, baten mit den Bewohnern in Herstal machten, schalte ich die

eidliche Aussage des Feldwebels August Zielen ein: „Wir marschierten gegen 7 oder 8 Uhr morgens durch bas Dorf Hcrstal, mehrere Männer in Zivilkleidung schossen vom Dachstuhl und aus den Feastern des Kirchturms auf uns mit Pistolen und Gewehren. Ob mit Kugeln oder Schrot und ob mit Jagd- oder Dienfigewehren, weiß ich nicht, da von meiner Kompagnie niemand getroffen wurde. Wir suchten in einem Hause neben der Kirche nach Waffen; in dem Zimmer links zu ebener Erde fanden wir zunächst nur einen alten Mann, der durch Dol­ metscher flämisch sagte, weiter sei niemand im Haus. Im Keller fanden wir jedoch noch einen jungen Mann, sowie eine junge und eine alte Fra« in den Ecken verkrochen, die bei unserem Eintritt die Hände hochhobeo, außerdem zwei oder drei Kinder im Alter von etwa fünf bis zehn Jahren. Auf dem Boden des Kellers lagen eine Menge unfertiger Revolver, an denen noch der Kolben fehlt« und mit denen wir vier bis fünfKartoffelkörbe füllten."

Die Phantasie der belgischen Journalisten schwingt sich aber auch zu eigenen Erzeugnissen in Menge auf.

Man lese:

Gazette de Charleroi vom 11. August: „Der Geist der Revolutionszeiten ist in unseren Landschaften neu erwacht. Ein Hauch des Heroismus hat die Seele» belebt. Man trifft auf den Wegen junge Leute und erwachsene Männer, die einen bewaffnet mit alten Flinten, die anderen mit Jagdgewehren, manche mit Revolvern." Het HaodelSblad von Antwerpen vom 6. August. „Wie wahnsinnig und ohn« Erbarmen wurde gefochten, und auch eines gewissen Teils der Bevölkerung des flache» Landes, deren friedliche

24 Arbeit auf dem Felde gestört ist, bemächtigte flch «tue wahr« Raserei, den vaterländischen Bode» gegen den verräterische« Preußen zu verteidigen.... Aus Kellerfeostero, aus den durch Entfernung von Dachriegeln entstandenen Lücken, aus PrivathSuser», Bauernhöfe« und Hütte» wurde ei« wütendes Feuer auf die anstürmenben Ulanen und Schleswiger eröffnet." Journal de Charleroi vom io. August läßt einen Berichterstatter sagen: „Als ich auf der Rückfahrt von Brüssel durch Waterloo kam, habe ich die ganre Bevölkerung in Waffen gefunden, die einen trugen Flinten jeder Art, die anderen Pistole», Revolver ober einfach Stöcke und Heugabeln, die Frauen sogar waren bewaffnet." De Nieuwe Gazet vom 8. August schwärmt unter der Überschrift „Die Bürgerschaft schießt mit auf den Eindringling": „In Dernot kamen die Vorposten mit de» Bürgern ins Gefecht, die aus den Häusern heraus, von den Dächern herunter und durch die Fenster wie Rasende auf die Eindringlinge schossen. Sogar Frauen schossen mit. Ein achtjehnjähriges Mädchen schoß mit einem Revolver auf einen Offizier... Die Dauern und die Einwohner unterhielten et» regelrechtes Feuer auf die vorstürmenden Deutschen." Journal de Charleroi vom 8. August: «Der Widerstand gegen den Feind unter unserer Landbevölkerung bezeugt das patriotische Empfinden. Der Unwille, der angesichts des Ein­ dringens io belgisches Gebiet alle Herzen ergriffen hat, hat unsere Be­ völkerung der Umgebung zur Erhebung gebracht und sie jetzt mit unseren Truppen vereinigt, um über die Verteidigung des Landes zu wachen. Unsere Bauern sind zu den größten Opfern entschlossen."

Ich betone, daß ich nur wenige Beispiele aus meiner Mappe gebe, um den Leser nicht zu ermüden. Die allgemeinen Aufrufe

an alle Bürger, die Waffen ju ergreifen, reichen bis in den Oktober 1914 hinein (vgl. noch den Artikel in La Metropole,

Antwerpen, vom 7. Oktober 1914: „Zu den Waffen!" „Jeder wehrfähige Mann greife zum Gewehr!!" Barbaren!

„Dient nicht den

Los auf die Feinde!"

Hand in Hand mit den Lobeshymnen auf die tapferen Heckenschützen geht die Bewunderung für die garde civique non active, deren Teilnahme an den Kämpfen offen eingestanden

und gerühmt wird.

Daneben läuft eine würdelose Herab­

setzung der deutsche» Truppen; ich greife, um dem Leser ein

25

schwaches Bild von der Raffiniertheit dieser Verführung der Bevölkerung ju geben, heraus: Het Dlaamsche Heelal vom 29. August 1914: „Die Preußen können nur durch Übermacht siegen. MS Kämpfer sind sie feige. Die Ulanen fliehen sofort, sobald sie auf Widerstand stoßen." Journal de Charleroi vom 10. August 1914; „Man meldet von überall Ulanen. Dor Hunger sterbend ergebe« sie sich auf die erste Aufforderung eines JagdhüterS, eines Feldhüters oder selbst der Dauern." Le Pays Mallon vom 18. August 1914: „Vier verwundete Belgier verließen ihre Betten und verjagten die Ulanen aus Jodoigne." Le Patriote vom 14. August läßt einen belgischen Offizier sich dahin äußern: „Zeigt den Soldaten des Kaisers ein Brot und eine Kaffeekanne und sie werben sich ergeben."

Das Hungerelend der feigen deutschen Soldaten bildet ein

ständiges Kapitel, mit dem dann für den Wissenden seltsam die verschwiegenen Beschwerden der belgischen Soldaten —

unmittelbar nach ihrer Mobilisierung im eigenen Lande fern vom Feinde! — über ihre mangelhafte Verpflegung zusammen­

klingen; so schreibt ein flämischer Soldat, Joseph Bosmans, von dem 2. Grenadier-Regiment der 6. Division an seine Eltern: „Diel Hunger habe ich schon gelitten, liebe Eltern. Dena wo wir sind, ist nichts ju haben; wir liegen hier im offenen Felde und im Walde und da könnt Ihr Euch wohl denken, daß Hunger und Durst mich ständig gequält haben. Ich habe Rüben, die auf dem Felde wachsen, esse» müssen, und wäre ich nicht einiger Äpfel und Birnen habhaft geworben, so hatte ich Hungers sterben müssen. Mit Feldrüben als einziger Nahrung kamen wir abends ii bis 12 Uhr in unsere Stelle, um uns dort schlafen t» legen. Ihr müßt nun nicht erschrecken, liebe Eltern, wenn ich Euch erzähle, daß wir schon nachts um «Uhr aufbrechen und dann marschieren bis in den späten Abend, «ad das alles mit einem bischen trockenen Brotes, nichts weiter. Dom Kriege haben wir noch nicht viel gesehen; nur einmal haben wir bis jetzt schießen müssen, und zwar auf eia deutsches Flugzeug."

Den Beschluß der systematischen Verhetzung der Bevölkerung

durch die Presse bilden die unvermeidlichen Schilderungen deutscher Greuel,

mit denen die staatliche Untersuchungs-

26

kommission voranging und hinter denen die wenigen Stimmen der Anerkennung des Verhaltens der deutschen Truppen schwach verklingen.

Sittlich wie künstlerisch gleich scheußliche Bilder, die von der

deutschen Verwaltung in Antwerpen in dem Patria,Verlage und in dem Verlage De Vlaamsche Volkssuitgaven in großer Menge (bei der Patria allein i8 ooo bunte und 3000 schwarze

Bogen) mit Beschlag belegt wurden, vervollständigen den Hexensabbat, den die Presse veranstaltete und dessen Rück­ wirkung auf die Bevölkerung unmöglich ausbleiben

konnte. Und die belgische Regierung?

Sie ließ

neben die

Wühlartikel ihre hochgelehrten- Erläuterungen über die

kriegsrechtlich

erlaubten

Formen

des

Volks­

krieges setzen; ihre Kommission lieferte der Presse die amtlich abgestempelten Greuelberichte!

Z. Die belgischen Greuel. Die böse Saat ging auf. Der Volkskrieg ist nicht die einzige

Frucht. Auch die Scheußlichkeiten, die eine verhetzte Bevölkerung gegen einzelne verirrte oder verwundete Soldaten verübte, sind

ohne die Auspeitschung der schlimmsten Leidenschaften unfaßbar. Das deutsche Volk denkt zu hoch von dem belgischen Volke, um

diesem die Freveltaten von Bestien zuzurechnen, die künstlich von den intellektuellen Führern gezüchtet wurden. Diese allein beluden sich mit der unauslöschlichen Schande.

Daß die aufgestachelte Raserei des niederen Volkes Ent­ setzliches schuf, ist leider eine nur zu traurige Wahrheit.

Die

Beweise? Mit einem Schreckenskabinett können wir der Seasa-

27 tionslust nicht dienen; unter der Ausrüstung des deutschen

Heeres fehlten in diesem Kriege noch Reagenzglas, Konserven­ büchse und die Wickersheimersche Flüssigkeit, um die abge­ schnittenen

znzuführen.

Gliedmaßen

als

Schaustücke

den

Kriegsmuseen

Die Lazarette nehmen keine Toten auf.

Sollte Deutschland einen zweiten Feldzug gegen die westeuro­

päischen Kulturvölker in Zukunft unternehmen müssen, wird es bei seiner Organisation auch diese für solche Gegner erforder­

lichen Equipierungsstücke nicht vergessen. Die mitleidvolle Mutter Erde deckt die hingeschlachteten Opfer.

Aber fürchterlich klingt das Lied derer, die gerade im

letzten Augenblicke des Verröchelns mit ihren gesunden Augen das Opfer in den tierischen Händen der Henker erblicken mußten. Aus den leider so zahlreichen beschworenen Aussagen

von Gegenwartszeugen setze ich folgende her, indem ich betone, daß diese nur willkürlich aus der großen Schar heraus­

gegriffen sind.

Es bekunden:

Der Wehrmann Koch vom Infanterie-Regiment Nr. 25: „Ich gehörte bis zum 16. August b. I. jur 1. Komp, des Ersatz, Bataillous des Jnf.-Regts.Nr.25. Wir wurde» de» Sanitäts-Autos als Begleitmannschaften |»m Schutz mitgegeben. Die Sanitäts-Autos wurden vom Verein für freiwillige Krankenpflege gestellt und verkehrten iwischen Lüttich und Aachen. An einem Tag in der Zeit vom 10. bis 16. August «ar ich zu einem solche» Auto als Begleitman» kommandiert. Wir fuhren auf das Schlachtfeld in der Nähe deS Ortes Dis«. Dor «ns waren^die

Mannschaften der freiwillige» Krankenpflege ausgeschwärmt, wir folgte» langsam nach. Do» einer Anhöhe konnte ich das vor mir liegende Feld gut übersehen. Ja einer Entfernung von etwa 500 m erblickte ich neben einem verwundeten deutschen Soldaten zwei Frauen in hockender Stellung sitzen. Ich nahm tunächst an, baß die Frauen bei dem Soldaten beteten. Daneben standen drei bis vier Männer. Einer von diese» schoß plötzlich auf mich. Ich erwiderte den Schuß, worauf die Männer und die beiden Frauen fortliefen. Ich ging nun z« dem verwundeten Soldaten heran, welcher aus einer Brusiwunde blutete. Die Hosen waren ihm vorne geöffnet und ;um Teil herunlergetoge». Beim näheren Zusehen stellte ich fest, daß dem Soldaten bas Glied an der Wurzel abgeschaitlen «ar, das Glied

28 steckt« ihm im Monde. Der Mann gab kein Lebensreichen von sich, war aber noch «arm. Der Anblick war mir so schrecklich, daß mir die Träne» hervor, traten. Ich entfernte daS Glied ans dem Munde «nd vergrub eS in der Erde. De« Mann selbst ließ ich liegen, da er jweifellos tot war."

Der Zeuge ist katholischen Glaubens. Ich erwähne -as

wahrhaftig nicht,

um die

Glaubwürdigkeit

hervorzuheben,

notwendig erscheint mir aber die Anmerkung, um dem törichten

Geschwätz von

feindlicher Seite entgegenzutreten, daß das

protestantische Preußen dem katholischen Belgien den Unter­

gang bereiten und ihm allerhand üble Dinge nachreden wolle. Der Reservist Baumann, im Frieden wohnhaft in LeipzigGohlis, äußere Halleschestr. 96, I. Treppe rechts. „Ich gehört« der 4. Komp, des Inf.,Reg. Nr. 106 an. Wir wurden in Prüm in der Eifel auSgeladen und marschierten über Lichtenborn, Bourcy, Ourthe, Dinant, Onhay nach Foffe. Ja den letzten Tagen des August 1914, etwa am 26., war ich mit einem mir nicht dem Namen nach bekannten Rekruten meiner Kompagnie unter Führung des Leut, uaots Schmitt auf Patrouille. In einer kleinen, vielleicht auS 15 Häusern bestehenden Ortschaft, etwa >/4 Stunde von Fosse entfernt, hinter dem dritte» Hause auf der linke» Straßenseite von Foffe her entdeckt« Herr Leutnant Schmitt einen verkehrt aufgehängten Soldaten. Herr Leutnant Schmitt rief den Rekruten und mich (u sich. An einem etwa 30 cm dicken und etwa 15 m hohen alten Weidenbaume, der neben einer Dunglege steht, hing mit dem Kopf nach unten ein Soldat. Bei näherer Besichtigung stellte Herr Leutnant Schmitt fest, daß es ein Husar vom 10. Husaren,Regiment war. Derselbe war mit einem Laoten, riemen an den Füßen an einem Baumast festgebunden. Die Stiefel waren »och an den Füßen und die übrigen Uniformstücke am Leibe; die Kopf, bedeckung fehlte «nd war auch in der näheren Umgebung nicht t» finden; die Lanj« steckte links von dem Weidenbaum in der Erbe. Dem Husaren waren beide Ohren und die Nase glatt abgeschnitten. Herr Leutnant Schmitt durchsuchte die Leiche, nachdem wir sie abgeschoitte» hatten. ES wurden weder Papiere noch eine Erkennungsmarke vorgefunbe». Dom rechten Ohr «ach der linke» Halsseite hatte die Leiche eine Stichwunde wie von einer Laote herrührend; eine Schußverletzung habe ich nicht bemerkt."

Der Reservist Ernst Baldeweg, in Friedenszeiten wohnhaft in Berlin, Rathenowerstr. 37: „Entweder am Sonntag dem 9. August 1914 oder am Montag dem 10. August 1914 habe ich in einer Ortschaft, die noch mit Herve in Belgien

29 zusammenhängt, gesehen, wie ein deutscher Husar mit Händen und Füßen an einen Baum gefesselt war. Es waren ihm durch beide Augen zwei starke lange Nägel durch den Kopf getrieben worden, sodaß er am Baume durch die beiden Nägel aufgespießt war. Der Husar lebte nicht mehr."

Landwehrmann Alwin Chaton, Buchhalter in Emmerstedt

bei Helmstedt: „Während deS Straßenkampfes in Charleroi, als wir die Haupt, straße kämpfend passierten und eine von der Hauptstraße abgehende Neben­ straße erreichten, sah ich, als ich die Straßenecke erreicht hatte und in die Seitenstraße hineinschoß, etwa 50—60 Schritte vor mir auf der Straße einen deutschen Dragoner liegen. Drei Zivilisten waren bei ihm, von denen einer sich über den noch mit den Deinen strampelnden deutschen Soldaten gebeugt hatte. Ich schoß dazwischen und traf den letzteren der drei Zivilisten, die anderen flüchteten. Beim Näherkommen sah ich, daß der erschossene Zivi­ list ein langes blutiges Dolchmesser in der Hand hatte. Dem deutschen Dragoner war das rechte Auge ausgestochen, ebenso das linke, das aber noch an der Kopfseite festhing. Aus der Art der Verwundung war mit Sicherheit zu sehen, daß die Augen nicht im Kampf, sondern mutwillig ausgestochen waren. Der Körper des Dragoners qualmte stark. Er war zweifellos mit einer brennenden Flüssigkeit übergossen und angezündet. Ich habe später noch mehr brennende Leichen gesehen, in deren Nähe sonst kein Feuer war, die also angezündet sein mußten."

Der Reservist Arthur Schöneborn, in Friedensjeiten in Hamm, Mittelstr. 25, wohnhaft: „Bei dem Rückmarsch von Lüttich nach Derviers, unweit Herve, als gerade die Kompagnie Schützengräben ausheben mußte, bekam ich den Befehl, mit ungefähr acht Mann, wobei ich Führer war, diese Arbeit zu sichern gegen feindliche Überraschungen 5—600 m vor der Kompagnie. Auf einmal sagten Kameraden zu mir, daß sich oben aus dem Taubenschlag eines Hauses Hände zeigten, die auf Anruf hochgehalten wurden. Ich ging mit vier Kameraden in das Haus und nahm zwei Männer in Zivll, die auf dem Boden waren, fest und ließ sie der Kompagnie zuführen. Die Frauen der Männer kamen zu mir und baten, dafür Sorge tragen zu wollen, daß ihre Männer nicht erschossen würden, da sie nichts gemacht hätten. Als ich die beiden Frauen zurückbrachte, kam ich an einem Chausseegraben vorbei, in dem ich zwei Kavalleriestiefel fand, in denen noch die abgeschnit­ tenen Beine staken. Da die Flächen glatt durchgeschnitten waren, schien es mir ganz ausgeschlossen zu sein, daß dies eine Geschoßwirkung war, weder vom Infanterie- noch Artilleriegeschoß. Auf meine Frage an die Frauen, die Flämisch sprachen, wurde mir gesagt, daß verschiedene Greueltaten verübt seien von Leuten, die in Häusern gewohnt hätten, 700 m etwa entfernt."

30

Wie wird Ihnen bei dieser Lektüre ju Mute, Herr Wax­ weiler — bei Ihrem gut rheinisch-deutschen Namen?

Mir sind

bei dem Gedanken an die deutschen Mütter, die ihre Söhne

ju dieser Opferung gebaren, ost die Augen feucht geworden,

und die Hand hat sich geballt — nicht gegen die armen Schächer,

die diese Scheußlichkeiten in blinder Wut ausführten, aber gegen die Drahtzieher, die warm in ihren Redaktionssiuben

saßen und den papierenen Löwen von Flandern brüllen ließen.

Auch den versöhnlichen Bildern verschließen wir uns nicht. Wir stellen — zur Ehre des Menschengeschlechtes — fest, daß

hart neben dem Hasse der Würger auch die Liebe in Belgien

wohnte. So möge die eidliche Aussage des Dragoners Wilhelm Kritzel vom Regiment Nr. 17 dieses traurige Kapitel beschließen: „Am 5. August 1914, abends zwischen 6 und 7 Uhr ritten zwei OffiziersPatrouillen des Dragoner-Regiments Nr. 17 in einer Gesamtstärke von etwa 50 Mann auf der Feldmark Neer tzailissen bei Tirlemont über ein Kornfeld. Ich befand mich bei einer dieser Patrouillen. Als wir auf dem Felde abkochen wollten, bemerkten wir, daß Leute (Zivilpersonen) in und bei den Hocken waren, bevor wir abgesessen hatten. Gleich darauf erhielten wir Feuer aus den Hocken. Wir ritten so schnell wir konnten davon. Mein Pferd stürzte vor Erschöpfung. MS ich es noch einmal wieder hoch bekam und weiterritt, bekam ich «inen Brust­ schuß. Unmittelbar vorher sah ich noch, daß verschiedene reiterlose Pferde am Boden lagen. Beim Sturz «ar ich auf das Gesicht gefallen und verlor bas Bewußtsein. Einige Zeit später bemerkte ich im halb bewußtlosen Zu­ stande, baß die Leute um mich waren, sie nahmen mir meine Sachen ab, Helm, Halsbinde, Koppel, Brustbeutel mit 15—16 Mk. und gingen dann wieder fort. Ich verlor darauf bas Bewußtsein wieder. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, bemerkte ich, daß ich allein war und daß ich einen Schnitt am Kehlkopf und einen Schnitt über der Pulsader der linken Hand hatte, durch letzteren Schnitt war eine Sehne zerschnitten. Diese Schnitte müssen mir von den Leute» beigebracht sein, die mich ausgeplündert haben. Ich versteckte mich dann in einem Graben und habe dort vom 5. August bis zum 14. August zugebracht, indem ich mich von Zuckerrüben und rohen Kartoffeln ernährte. t? Am 14. August ging ich, da ich es vor Durst nicht mehr aushalten konnte, in bas Dorf, wo ich mir a«S einem Brunnen Wasser holte. Ein alter Man» gab mir Kaffee zu trinken und Brot zu essen. Dann ging ich.

31 da ich eine Gefangennahme befürchtete, wieder aus dem Dorf hinaus in ein kleines Gehölz. AlS ich es vor Hunger und Durst nicht aushalten konnte, ging ich wieder ins Dorf. Im ersten Hause erhielt ich etwas $11 essen und wurde von dem Hausbesitzer zum Arjt gebracht, wo bereits eiu Dra­ goner von unserer Patrouille, der am 5. August ebenfalls verwundet worden, in Pflege war. Ich wurde dort bis zum 24. August gut gepflegt und behandelt. Inzwischen kamen unsere Truppen, und ich wurde am 25. August nach Lirlemont ins Kriegslazarett gebracht."

4. Die belgische Untersuchungskommission. Am 4. August 1914 rückt das deutsche Heer in Belgien

ein — das Heer des Volkes, dem man allerorten die Palme

der Kultur gereicht hatte.

Gebannt starrten die Augen der

Welt auf das Ringen der Heere um Lüttich und um Metz.

Am 7. August konstituiert der Herr Justijminister Carton de Diard die Untersuchungskommission.

Die Morgenblatter

des 8. August verkünden ihr Erscheinen mit den Worten: Der Herr Justizmtnister Carton de Viard hat soeben hinsichtlich des Völkerrechts eia belgisches DeschwerdekomitL errichtet. Es hat seinen Sitz im Justizministerium. Das Komit-, dessen Vorsitz Herr Carton de Diard übernommen hat, setzt sich aus den Herren van Jseghem, Präsidenten am Kassationshofe, Nys und Derhaegen, Räten am Appellationshof, Catuer und Wodon, Professoren an der Universität Brüssel, zusammen. Dieses Komite ist damit beauftragt, auf Vergewaltigung des Völker­ rechts bezügliche Tatsachen und Nachrichten zu sammeln, die auf unserem Gebiet begangen worden sind oder unseren Landsleuten gegenüber während der Dauer des Krieges. Es behält sich das Recht vor, diese Tatsachen auf dem Wege durch die Presse oder durch andere Mittel zur Kenntnis der öffent­ lichen Meinung zu bringen. Es wird Protokolle über seine Arbeit aufnehmen, um sich derselben zu gegebener Zeit und rechten Ortes im Interesse des Staates zu bedienen. Das Publikum wirb aufgefordert, dem Justizministerium sofort alle von den Deutschen begangenen Fälle von Ver­ letzungen des Völkerrechts mitzutellen."

Wie Pallas Athene dem Haupte des Zeus, entsprang die

Kommission demKopfe eines—Politikers. Vor den deutschen

32 Greueln

boren.

wurde

die

Berichterstattung

über sie ge­

Wer sie unterstützte, verteidigte das Vaterland!

Dem entsprach das weitere Gebaren.

Von allen Seiten

strömten die trüben Kriegsgerüchte dem Sammelbecken zu und wurden von dem Pumpwerk der Kommisiion kritiklos eilfertig

durch die Kanäle der Presse, Einzelschriften und Kommissions­ protokolle auf die Rieselfelder der öffentlichen Meinung geleitet, auf denen die Saat des Entsetzens üppig emporsproß.

In

Hunderitausenden von Exemplaren in allen Sprachen der

Welt — käuflich in Italien für 20 Centesimi, in den Nordreichen

für 20 öre — schwirrten die Protokolle von London aus durch

die Welt; die Sendboten der Kommission bereisten die Länder.

Belgien sang sein Wehelied über Deutschland vor Amerikas Thron. Hier sei einer Vermutung Raum gegeben — der einzigen in diesem Buche. Ich weiß aus dem trefflichen Worte des großen

Descartes, daß der gesunde Verstand dasjenige ist, was in der Welt am besten verteilt ist, weil jedermann meint, damit so gut versehen zu sein, daß selbst Personen, die in allen anderen

Dingen schwer zu befriedigen sind, doch an Verstand nicht mehr, als sie haben, sich zu wünschen pflegen. Nur durch die Anwendung dieser Gottesgabe unterscheiden sich die Menschen.

Ich gestatte

mir in diesem Falle davon folgenden Gebrauch und hoffe zuver­ sichtlich, mich dabei in guter, zahlreicher Gesellschaft von Leuten

zu befinden, die mit ihrem Verstandeswerkzeug die gleiche

Arbeitsleistung vollführen und vollführen müssen, weil wir leider die conversations nicht kennen, die der Gründung der Kommission vorangingen und nachfolgten — ich meine den

Gedankengang: England betreut Belgien militärisch.

Zu seinen Kampfes­

mitteln gehört bei der Macht der Kabel in vorderster Linie die

33 Verbreitung aller deutsche Würde und Ehre schändenden Mel­

dungen auf dem Erdenrund.

Hier bot sich für den Politiker

ein wunderbares Feld. Man braucht nicht einmal anjunehmen, daß in dem Operationsplane des Herrn Ducarne der Volks­ krieg oder mindestens die Tätigkeit der gesamten Bürgerwehr

schon behandelt war. Die Schrecken des Krieges allein genügten, um aus den ju erwartenden Berichten der Flüchtlinge der Welt

eine Schuld des deutschen Heeres vorjugaukeln.

Don England

geht die ungeheure Verbreitung der Erzeugnisse der Kommission aus.

Also ist deren Schaffung ein Instrument der Kriegs­

politik Englands gewesen. Gleichviel. Lassen wir Belgien die Ehre, dieses Instrument zur Benutzung für das In- und Ausland ersonnen zu haben, so trifft die Verantwortung hierfür um so mehr die belgische

Regierung.

Und diese Verantwortung ist eine beträchtliche.

Schon das bloße Dasein und die Publizistik der Kommission

von Anfang des Krieges an mußten -en Schrecken vor der

deutschen Kriegsführung in die Bevölkerung tragen, von der wir nie vergessen dürfen, daß sie 13 % Analphabeten unter

den über 8 Jahre alten Bewohnern zählt. Die Kommission arbeitet prompt.

In der Fixigkeit ist

sie allen von den anderen kriegführenden Mächten weit später eingesetzten Untersuchungskommissionen über; mit der Genauig­ keit aber hapert es bedenklich.

Je mehr eilfertig hergesiellte

Protokolle mir zuflogen, desto anschaulicher festigte sich in meiner

Vorstellung das Bild der suchenden Kinder am Osterfest: Sobald die Kommission ein verstecktes Ei gefunden, zeigte sie es freudestrahlend

dem großen Bruder John Bull und dem Onkel Sam. Daß bei dieser Art des Suchens nur faule Eier zutage gefördert wurden, verschlug nichts; konnte man mit ihnen doch den verhaßten

Gegner bewerfen und ihn in um so übleren Geruch bringen. Sraß hoff, Belgiens Schul-.

3

34 Man kann die Produkte der Kommission in zwei Gruppen

scheiden.

In allgemeine Schilderungen von Missetaten der

Deutschen (Zerstörung von Städten, blutrünstige Proklama­ tionen, Wegnahme von Geiseln, Verwendung von Dum-DumGeschossen) und in einzelne Greuelfälle.

Die letzteren sind

verhältnismäßig sehr gering an Zahl; man überließ die Aus­ schlachtung der über die Gerüchte aufgenommenen Protokolle lieber Privaten, unter denen Herr Pierre Nothomb hervorragt,

dessen „Werk" „La Belgique Martyre“ die Revue des deux Mondes sich nicht scheute in ihrem Januarheft 1915 abzudrucken.

Die deutsche Regierung hat diese Dinge, soweit tarsächliche Anhalte gegeben waren, nachgeprüft; das Ergebnis war das

gleiche wie bei den Pressegreueln.

Es handelt sich überwiegend

um glatte Erfindung, seltener um eine Entstellung harmloser

oder durch den Krieg bedingter Vorgänge.

Ich greife unter

den zahlreichen Aufklärungen auf das Geratewohl heraus: 1.

den neuesten Schlager, den Herr Carton de Diard

erzählen läßt und unmittelbar selbst an die Presse verbreitet:

Die schauderöse Geschichte von dem Fuhrmann David Jordens in Sempst, der, von 30—35 deutschen Soldaten heimgesucht,

von diesen gebunden, mitansehen mußte, daß in einer Ecke des

gleichen Zimmers sein Töchterchen von 13 Jahren durch 5 oder 6 der Barbaren erst gemißbraucht und dann auf ein Bajonett aufgespießt wurde, nach welcher Schreckenstat die Bajonettierung

des neunjährigen Sohnes und die Erschießung der Frau Jordens folgte.

Die Aussage des David Jordens endet mit der Ver­

kündung des Ruhmes der belgischen Soldaten, die zur rechten

Zeit dazwischenkamen, um wenigstens sein teures Familien­ oberhaupt vor dem Tanze auf der Bajonettspitze zu retten, und mit der Versicherung, daß die meisten jungen Mädchen

von Sempst vergewaltigt worden sind.

Über diese Mord-

35 geschichte, die jedem Bänkelsänger die größte Ehre macht, sind

am 4. April 1915 der Gemeindesekretär Paul van Boeckhourt, der Bürgermeister Peter van Asbroeck und der Sohn des

letzteren, Louis van Asbroeck in Sempst eidlich vernommen worden.

Alle erklären übereinstimmend, daß sie den Namen

eines Fuhrmanns David Jordens gar nicht kennen, daß ein

solcher keinesfalls vor dem Kriege in Sempst gewohnt hat und

der Name Jordens dort überhaupt unbekannt ist, daß während des Krieges in Sempst keine Frau und kein Kind unter 14 Jahren

getötet worden sei und daß die Zeugen unbedingt von einem

solchen Vorkommnis etwas hätten hören müssen. 2. Aus dem Aussatze des Herrn Nothomb: In Ternath sollen die Deutschen einen Knaben gefragt haben, welcher Weg nach Gent führe, und als dieser die Frage nicht verstand, ihm

beide Hände abgehauen haben.

Der Bürgermeister Dr. Poodt

in Ternath sagt hierzu unter seinem Eide unter dem ir. Februar 1915: „Ich erkläre, daß hieran kein wahres Wort ist; ich bin

seit Anbeginn des Krieges in Ternath gewesen.

Es ist aus­

geschlossen, daß etwas Derartiges nicht zu meiner Kenntnis gekommen wäre. Die Mitteilung ist erfunden."

Er fügte noch

charakteristisch hinzu: „Ich falle aus den Wolken."

3.

In Beyghem sollen ältere Soldaten unter Führung

des Oberleutnants Kürner ein junges Mädchen ins Pfarrhaus geschleppt und dort vergewaltigt haben.

Zu diesem Vorfälle

wurde Fräulein Josephine de Coninck, auf deren Besuch im

Hause des Pfarrers Heremans in Beyghem sich die Angabe beziehen sollte, am 19. Februar 1915 eidlich vernommen. Unter

Bestätigung des gleichfalls unter Eid gehörten Pfarrers und seiner Schwester erklärte das Mädchen: „Ich kam in die Küche des Pfarrhauses und sprach mit der Schwester des Pfarrers. Dazu kam ein Soldat — der Bursche des Oberstleutnants

36 Körner —, der seinen Arm um meine Schultern legte und mich fragte, ob ich seine Braut werden wollte.

Ich gab ihm jur

Antwort: „Nach dem Kriege"; den Vorfall habe ich nicht als Belästigung aufgefaßt; auch ist mir sonst von deutschen Soldaten

niemals ein Unrecht jugefügt worden." In dieser Art verlaufen die Nachprüfungen der Berichte

über einjelne Schandtaten.

Zur Illustration der Vorwürfe über die Benutzung an­

geblicher

Dum-Dum-Geschosse

diene

folgende

Versicherung

des belgischen Stadtarztes Dr. Paul Dietz in Antwerpen vom 23. Dezember 1914: „Dr. Paul Dietz, MLdecin, Anvers. Ärztliche Bescheinigung. Unterzeichneter, Doktor der Medizin, Chkrurgie und Geburtshilfe, vormals als Arzt des belgischen Roten Kreuzes an der Ambulanz de la rue d«S Cajneinc als Derpfleger belgischer verwundeter Soldaten tätig, be­ scheinige hiermit, in keinem einzigen Falle eine durch Dum-Dum-Geschosse verursachte Verletzung festgestellt zu haben. gez. Paul Dietz SanitätSarzt der Sittenpolizei."

Den Schreckensschilderungen hysterisch verängstigter Per­ sonen über Löwen, Andenne, Aerschot und Dinant genügt es,

folgende

beschworenen

Aussagen

von

Leuten

entgegen­

zuhalten, die die Ruhe auch nicht unter den Bildern des Krieges

verlieren durften und nicht verloren.

Es bekunden:

Für Löwen:

der Rittmeister und Gutsbesitzer Karl Friedrich von Es­

march, im Frieden wohnhaft auf Gut Schönheim, Post Rinkenes,

Kr. Apenrade: „Ich kam am 25. August 1914 als Kommandant des Korpshaupt­ quartiers des IX. Res.-Armeekorps nach Löwen. Wir trafen etwa um 6 Uhr abends mit der Eisenbahn in LLwen ein. Dort luden wir die Pferde und die erst« Staffel aus. Wie sollten nach einer belgischen Husareokaseroe mar, schieren, abfüttern und Quartier nehmen. Auf dem Wege vom Bahnhof zur Kaserne überbrachte mir der Adjutant den Befehl, umzukehren, «eil

37 Alarm geblasen «erbe, da unsere Truppen etwa io km vor der Stadt Im Kampfe lägen. Deshalb sollten die Pferde und die erste Staffel in der Stabt Löwen auf die Place du Peuple gehen, dort abfütlern und danach sollten die Reitpferde auf neue» Befehl nachkommen, b. h. ju den Truppen stoßen. Wir ritten auf de» bezeichneten Platz und nahmen dort Aufstellung. Auf dem Platze stand «och eine Trainkoloaue. Der Platz «ar daher auf allen vier Seiten ziemlich stark mit Fahrjeugen und Pferde» besetzt. All­ mählich brach die Dunkelheit herein. Infanterie-Regimenter marschierten an uns vorbei; sie nahmen an der Südwestseite deS Platzes die Richtung auf bas Rathaus. Da ich nur geringe Stabswachen jur Bedeckung der Handwagen hatte, erbat ich mir von einem der vorbeimarschierenden In­ fanterie-Regimenter eine Kompagnie jur Verstärkung. Ich hatte nämlich Bedenken wegen unserer Sicherheit aus folgendem Grunde bekommen: Anfangs waren die Straßen von Einwohnern belebt, und jwar sehr stark belebt. Gegen Abend hörte plötzlich jeder Verkehr der Einwohner auf. Die Straßen machten einen verödeten Eindruck; dazu fiel mir auf, daß in de» Häusern allgemein die Rolläden herabgelassen wurden. Ich erhielt die Kompagnie und stellte fie an der nordwestlichen Seite des Platzes auf; darauf ritt ich nach der gegenüberliegenden (der südöstlichen) Seite des Platzes, wo der Fultcrmeister seine« Stand hatte, um diesen zur Elle anzuhalten.

Kaum war ich bei dem Futtermelster angekommen, so hörte ich eine Turmuhr schlagen. Ich habe die Schläge nicht gezählt; es können acht oder neu» gewesen sein. Es herrschte bereits völlige Dunkelheit. Im gleichen Augenblick, als ich die Uhr schlagen hörte, sah ich eine grüne Rakete über den Häusern südwestlich des Platzes aufsteigen. In demselben Augenblick oder höchstens wenige Miauten darauf ertönte ein Gewehrfeuer aus der Richtung südwestlich des Platzes. Nach diesem ersten Gewehrfeuer begann ein allgemeines Feuera aus sämtlichen Häusern, die rings um den Platz selbst lagen; die Schüsse wurden auf die deutschen Truppen auf dem Platze gerichtet. Oie Schüsse kamen aus den heruntergelassenen Fensterläden; man sah deutlich das Aufblitzen. Ich wollte nun ju der Kompagnie herunter­ galoppiere», um Anordnungen ju treffen und mußte, da ich nicht zwischen dem ganzen Wagenpark hiadurchreite» konnte, um die Wagen, d. h. um den nordöstlichen. Tell des Platzes herumreiten. Hierbei «urde ich an der nordöstlichen Seite des Platzes vom Pferde geschossen. Ich hörte deutlich das Rattern von Maschinengewehren, und die Kugeln flogen in großer Menge um mich herum. Ich wurde von fünf Schüssen stark getroffen; dazu erhielt ich eine große Menge von Streifschüssen; meine ganze Attlla «ar zerfetzt. Als ich vom Pferde gefallen war, wurde ich von Train­ wagen, deren Pferde infolge der Schießerei scheuten und durchgingen, überfahre» und nach der Ecke des Platzes geschleift, welche die nordöstliche Seite von der nordwestlichen trennt. Ich blieb unter dem Wagen etwa y2 Stunde liegen. Während dieser Zeit verlor ich niemals bas Bewußtsein

38

«ad beobachtete meine Umgebung ganz genau. Fortgesetzt klatschten rings «m mich die Kugeln auf das Pflaster; ich beobachtete deutlich das Abspringen zahlreicher Querschläger. Außerdem hörte ich wiederholt das Platzen von anscheinend schweren Geschossen um mich herum; ich glaubte, daß Artillerie schösse, da diese nicht zugegen «ar, gibt eS hierfür nur die eine Erklärung, daß die Einwohner bei ihrem Überfall auf uns aus den Häusern des Platzes flch auch der Handgranaten bedienten. Die Schießerei wurde erst nach einiger Zeit von unseren Truppen erwidert. Das gegenseitige Schießen dauerte etwa y4 Stunde, während welcher ich unter dem Trainwagen liegen blieb, dessen Hemmschuhkette sich in meinem Gurt verfangen hatte, so baß ich mich allein nicht befreien konnte. Als die Schießerei etwas nachließ, kam mein Bursche zu mir und befreite mich a«S meiner Lage. Er führte mich zu dem Standort meiner Kompagnie auf der Norbwestseite des Platzes und legte mich dort an den Rand des Platzes, indem er mich mit dem Rücken an das Rad eines Wagens anlehnte. Don dieser Lage aus konnte ich sämtliche Häuser der Nordwestseite des Platzes und außerdem die ersten Häuser beobachten, die sich auf den beiden an der Norbwestseite anschließenden Seiten des Platzes be­ fanden. Ich beobachtete hierbei folgendes: Die Kompagnie schoß weiter in die Häuser hinein. Das Feuer der Bewohner verstummte allmählich. Darauf schlugen die deutschen Soldaten die Türen der Häuser ein und steckten die Häuser in Brand, indem sie bren­ nende Petroleumlampen in die Häuser schleuderten oder die Gashähne abschlugen, das ausströmende GaS anzünbeteu und Decken und Vorhänge in die Flammen warfen; hin und wieder wurde auch Benzin als Zündmittel verwandt. Den Befehl zum Anzünden der Häuser erteilte der Oberst v. Stubenrauch, dessen Stimme ich vernahm. Sobald es in den Häusern anfing stärker zu rauchen, kamen die Franktireurs aus ihren Häusern die Treppen herab. Sie hatten noch die Waffen in der Hand, wie ich deutlich gesehen habe: Flinten, Revolver, Militärgewehre und anderes. Mir fiel insbesondere die große Zahl von Revolvern auf. Die Franktireurs waren durchweg üble Gestalten, wie ich sie noch nie in meinem Leben gesehen habe. Sie wurden von den unten stehenden deutschen Posten abgeschoffen. Dabei achteten unsere Leute genau darauf, Frauen und Kinder zu schonen. Sie ließen diese unbehelligt aus dem brennenden Hause heraus. Ich habe nicht einen einzigen Fall gesehen, in welchem eine Frau ober ein Kind hierbei verletzt worden wäre. Die Frauen und Kinder sammelten sich sogar zum Tell um unS auf dem Platze und wurden dort von den deutschen Soldaten sehr gut behandelt. In meiner Nähe stand eine Frau, die einen Kinderwagen mit einem kleinen Kinde bei sich hatte. Die umstehenden Soldaten sprachen der weinenden Frau Trost zu. Ich habe diese Szenen des AnzündenS und Abfangens der Franktireurs etwa % Stunde lang mitangesehen. Daun

39 schaffte mein Bursche ein Auto herbei. Ich wurde zusammen mit anderen Verwundeten in ein Hospital gefahren." Kaufmann Richard

Gruner aus Hamburg-Großborsiel,

Holunderweg 12:

„Ich habe mich nach der Mobilmachung als Kriegsfreiwilliger zur Verfügung gestellt und bin als Kraftwagenführer mit dem Stabe des 9. Reservearmeekorps mit ins Feld gerückt. Am Abend des 25. August 1914 kamen wir nach Löwen. Da ein Ausfall aus Antwerpen angezeigt wurde, so wurden die deutschen Truppen aus Löwen herausgenommeu und, wie ich annehme, gegen diesen Angriff angesetzt. Die Bagage einschließlich der Kraftwagen hielt auf dem Platze, in dessen unmittelbarer Nähe das Hotel Metropole liegt. Es war abends 9 Uhr, als ich eine grüne Rakete aus der Stadt aufsteigen sah. Im selben Augenblick begann aus den den gesamten Platz umgebenden Häusern das Schießen auf uns. Ich hörte auch das regelmäßige tak tat der Maschinengewehre. Wir hatten eine Anzahl Schwer­ verletzter. Die deutschen Soldaten schossen wieder, und es gelang, das Feuer niederzukämpfen; die Häuser, aus denen geschossen wurde, wurden hierbei in Brand gesteckt. Ich hatte den Eindruck, daß es sich um ein planmäßig vorbereitetes Vorgehen handelte. Bis dahin waren wir von der Bevölkerung mit der größten Zuvorkommenheit und Liebenswürdigkeit behandelt worden. Nachdem der Angriff im Innern der Stadt erledigt war, wurden die im Innern der Stadt befindlichen Truppen nach dem Bahnhof zu ge­ leitet. Ich selbst fuhr eine andere Straße den voranfahrenden Wagen nach. Als ich zum Bahnhof gekommen war, hörte ich, daß auch hier ein Angriff der ZivUbevölkerung aus den umliegenden Häusern auf die deutschen Soldaten stattgefunden und abgeschlagen sei. Auch am Bahn­ hofsplatz brannten, wie durch die ganze Stadt Häuser. Zum Bahnhofplatz wurden nun alle die festgenommenen Bürger geführt, dort einem Verhör unterzogen und, sobald ihre Schuld festgestellt war, nach Kriegsrecht er­ schossen. Ich selbst diente bei einem Teil der Verhöre als Dolmetscher. Die Verhöre dauerten die Nacht durch in den folgenden Morgen hinein. Es ist unwahr, daß eine willkürliche Auswahl unter den vorgeführten Personen bei der Anordnung des Erschießens getroffen wurde. Die Verhöre wurden vielmehr streng sachlich durchgeführt. Ich selbst durchsuchte die vorgeführten Personen auf Waffen und habe bei den mir vorgeführten vielfach Waffen gefunden. Es war mir ferner aufgetragen worden, auch darauf zu achten, ob die Dorgeführten verkleidete belgische Soldaten waren, was man an der Erkennungsmarke (Totenmarke) beurtellen konnte. Bei vielen der mir vorgeführten Personen fand ich die militärische Marke in der Tasche oder im Porte­ monnaie vor. Der die Untersuchung leitende Hauptmann Albrecht ging derart vor, daß er befahl, diejenigen unter den Dorgeführten zu erschießen.

40 bei denen entweder eine Waffe oder die Erkennungsmarke aufgefunden wurde oder bei denen durch mindestens zwei Zeugen festgestellt war, baß sie entweder selbst auf die deutschen Truppen geschossen hatten ober in einem Hause ergriffen waren, auS welchem auf die Truppe» geschossen worden «ar. ES ist nach meiner festen Überzeugung vollkommen ausgeschlossen,

daß irgendein völlig unschuldiger Mensch «ms Leben gebracht worden ist; insbesondere tat Hauptmann Albrecht alles in der damaligen Situation Mögliche, um die Soldaten an die Aussage der Wahrheit zu ermahne»; wenn keine Waffe oder keine Erkennungsmarke gefunden war, richtete er selbst nochmals die Frage an die Zeugen, ob sie auch mit Bestimmtheit ihre Bekundungen machen könnte», und wies sie darauf hi», daß von ihrer Erklärung Leben ober Tob eines Menschen abhinge. Erst wenn auf diese Mahnung hin die Soldaten fest bei ihrer Bekundung verblieben, erfolgte der Befehl des Erschießens. Von den Vorgeführien haben viele Zivilisten mir, als sie bemerkten, daß ich Franiösisch sprach, zugerufen, daß sie schuldlos seien und baß ihnen daS Vorgehen gegen die Deutsche» von oben herunter als Verdienst vorgestellt worden sei. Ich blieb bis zum 26. August 1914 nachmittags 4 Uhr in Löwen. Während des 26. August habe ich noch ständig aus de» Häusern hin und wieder feuern sehen und höre»; Kameraden von mir wurden unmittelbar an meiner Seite verwundet; so der Kriegsfreiwillige Wuppermano. Im Laufe des Vormittags des 26. August sprach ich auf dem Dahnhofsplatze, wo sich viele gefangene Frauen befanden, mit zweien von ihnen, die offenbar den gebildeten Ständen angehörten. Die eine war eine Amerikanerin aus St. Louis, sprach mich englisch an und bat mich, st« und eine andere be­ kannte Dame aus der Gefangenschaft zu befreien, da sie unschuldig seien. Sie erzählt mir folgendes: ;'.7j Des Abends seien belgische Soldaten in Iivll in die einzelnen Häuser hineingegangen und seien von den Bewohnern aufgenommen und an die Fenster Herangelaffen worden. Ich will «och hervorhebe», daß wir selbst während der Verhöre auf dem Bahnhofsplatz aus Häusern daselbst beschossen wnrben. Ich entsinne mich besonders des Vorfalles, daß etwa zehn bis zwölf junge Leute mit einer Sportmütze, die oft das Kennzeichen verkleideter belgischer Soldaten war, unmittelbar am Bahnhofsgebäude vorgeführt wurden und daß ich gerade auf dem Wege zu der Visitation dieser Leute aus einem gegen, Lberliegende» Hause beschossen wurde und daß die Dorgeführtea davon, liefen und wir Deutschen Hinterdreinschosse«."

Für Andenne: der Major Friedrich Polentz ans Berlin, Major im 3. Garde-

Regiment ju Fuß:

4i „AlS ich in der zweiten Hälfte des August als Bataillonskommandant Im 2. Garde,Reserve,Regiment durch Belgien marschierte, habe ich wieder, holt wahrgenommen, baß die belgische Zivilbevölkerung sich aktiv an den Feindseligkeiten gegen unsere Trnppen Beteiligt, insbesondere auf unS geschossen hat. Ich hebe namentlich hervor, baß dies in Birbontige Bei Stavelot sowie In Evelette südlich von Anbenne geschehen Ist. Der schwerste Fall hat sich aber In Andenne (zwischen Lüttich und Namnr) zngetragen. AlS wir hier einmarschiert waren, ertönte um %7 Uhr abends plötzlich ein Glockenzeichen vom Kirchturm, darauf wurden in sämtlichen Häusern die eisernen Rolläden heruntergelassen; die Einwohner, die BIS dahin auf der Straße gestanden hatten, verschwanden und eS wurde auf meine Truppen von den verschiedensten Seiten geschossen, und zwar hauptsächlich auS den Kellerluken und auS Öffnungen in den Dächern, die sich die Einwohner durch Emporheben der Dachziegel hergestellt hatten. Außerdem wurde auS zahlreichen Häusern heißes Wasser auf unsere Leute gegossen. Infolgedessen entspann sich zwischen der Zivllbevölkernng und meinen Soldaten, die zu diesem hinterlistigen Überfall keinen Anlaß ge, geben hatten, ein erbitterter Straßenkampf. Daß es sich um «ine wohl, vorbereitete Maßregel handelte, an der sich fast die ganze Bevölkerung der Stadt Andenne und Ihrer Dororte beteiligte, geht auch daraus hervor, daß loo — hundert — meiner Leute allein durch Verbrühung verletzt worden find. Auch die mir In Marschkolonne folgenden Truppentelle sind von der Zivilbevölkerung der Stadt Andenne angegriffen worden. Schon die meinem Bataillon voraufgehenden Telle der Marschkolonne hatten von selten der Zivllbevölkernng ebenfalls Feuer empfangen."

Für das richtige Verständnis der Vorfälle in Lamines

empfehle ich, das eidliche Zeugnis des Arbeiters Graf, eines

Ortseinwohners, zu lesen.

Er erklärt:

„Ich «ohne bereits 13 Jahre hier in Lamines. Am Freitag früh gegen 6% Uhr kamen fünf deutsche Ulanen vor das Stadthaus geritten. Hier in TamineS war Immer erzählt worden, die Deutschen wären vor Lüttich zurückgeschlagen worden. Man hatte zwar auch gehört, daß In der Nähe auch schon Manen gesehen fein sollten, aber man glaubte, eS wären Deserteure. Ich hatte sie vor meinem Hause vorbeireiten sehen, es kamen aber nur vier nach einiget Zelt Im Galopp zurück. Ich hatte In der Zwischen, zeit auch Schießen gehört In der Richtung von dem Stadthaus. Mir ist dann erzählt worben, es sei auS dem Stadthaus oder auS anderen Häusern auf die Ulanen geschossen worden. In erster Linie wurde mir erzählt, baß ein Gendarm von TamineS, der in Zivil «ar, vom Stadthaus herausgekommen und den Ulan, dessen Pferd erschossen «ar, gefangen genommen haben soll.

42 Hier im Orte war damals auch aktive garde civique in ihrer Uniform mit Gewehr; eö muß ungefähr eine Kompagnie gewesen sein. Der Komman­ dant wohnte beim Bürgermeister Guyot. Etwa y4 Stunde, nachdem die Ulanen zurückgesprengt waren, kam Infanterie in den StadtteU, wo ich wohne. Dies ist Braille in der Richtung nach Delaine zu, auf dem linken Ufer der Sambre. Die Infanteristen befahlen, daß alle Leute auö den Häusern kommen sollten. Sie suchten dann mich und noch drei andere aus, die vor dem Stadthaus einen verletzten Radfahrer holen sollten. In der Zwischenzeit nämlich war gleich nach dem Zurückreiten der Ulanen eine Radfahrerabtellung, wie mir erzählt wurde, vor dem Stadthaus ange­ kommen, und von dieser Abtellung wurde dort einer angeschossen. Der Schuß soll aus der Richtung vom Stadthause her gekommen sein. Ich bin dann mit den anderen vor das Stadthaus gegangen und habe den ver­ letzten Radfahrer geholt. Wie wir den Verletzten vor dem Stadthause aufhoben, ging von allen Seiten eine Schießerei los. Die Infanteristen, etwa zwölf Mann, hatten uns vor das Stadthaus begleitet. Es wurde nun nicht bloß in der Richtung der Straße geschossen, sondern von vier Seiten. Von den Deutschen wurde zurückgeschossen. Dies war die eine Seite. Dann wurde aus der Richtung der entgegengesetzten Straße geschossen und ferner aus der Richtung des Stadthauses und aus den Häusern in der Richtung gegenüber dem Stadthaus. Französische Soldaten oder sonstige Leute in Uniform habe ich nicht gesehen, sondern nur Zivllisten. Wir, die wir den Verletzten aufhoben, waren also von vier Seiten im Feuer, und mir ging eine Kugel am rechten Ohr vorbei. Ich habe bald nach diesen Tagen Einwohner sich rühmen hören, wie geschickt sie es gemacht hätten, die Deutschen zu erschießen, ohne daß sie es merkten. In einem Hause in der Nähe der Sambre-Brücke, von Namur aus gerechnet links, wäre versteckt ein französisches Maschinengewehr für Dum-Dum-Geschosse aufgestellt worden, es wäre nur ein kleines Loch versteckt in die Mauer gemacht worden, so daß man es nicht entdecken konnte, aber so, daß die Sambre-Brücke bestrichen wurde. Als dann die Deutschen die Brücke zum Übergang benutzten, sei von dort auö auf sie geschossen worden." Doch genug und übergenug.

sage in unendlicher Reihe.

Aussage reiht sich an Aus­

Um den Leser nicht zu ermatten,

fasse ich mich für Aerschot und Dinant kürzer.

In Aerschot hob der Überfall mit der feigen Erschießung des deutschen Führers, des Obersten Stenger, an, den im Hanse des Bürgermeisters die meuchlerische Kugel aus dem gegenüber-

43 liegenden Hause traf, als er, nichts Böses nach dem steuad-

lichen Empfange durch die Bewohner ahnend, bei geöffneten Balkontüren in seinem Zimmer saß.

Die Augenzeugen beob­

achteten deutlich das Aufblitzen der ersten Salve der Freischärler vom Dache her, die der Ermordung des Obersten galt.

Eine

spätere genaue Ortsbesichtigung, deren Aufzeichnung Bogen füllt, ergab mit Sicherheit die Bestätigung: mehrere Blei­ kugeln waren von außen her in das Zimmer geschlagen und

hatten den Tod des Obersten herbeigeführt.

Nach seiner Er­

mordung begann der Straßenkampf, an dem auch der Sohn

des Bürgermeisters sich beteiligte.

Unter den gefangenen

Freischärlern befand sich ein Seminarlehrer, der dem Ritt­ meister Karge zugestand, daß die Bürger von Aerschot die

flüchtigen belgischen Soldaten bei sich ausgenommen, sie ver­ borgen gehalten und in Zivilkleider gesteckt hätten; er erklärte,

daß diese Soldaten sich fraglos mit der garde civique zu dem

Überfall unter Billigung der Einwohner verbunden hätten. Liest man die fast 200 an Zahl erreichenden beschworenen

Aussagen über die Vorgänge in Dinant, so wird man vom Grausen gepackt.

Die deutschen Soldaten mußten sich den

Abstieg von den die Stadt umgebenden Höhen gegen die Schüsse der Zivilisten aus den Häusern erkämpfen, die nach ihrer eigenen

Bekundung glaubten,

die Soldaten — hangend zwischen

Himmel und Erde — einzeln abschießen zu können.

In den

Straßen von Dinant und an den jenseitigen Höhen der Maas

rangen Zivilisten mit Soldaten; Kinder von 10 bis 12 Jahren waren nach dem Geständnisse eines Bürgers durch ihre Eltern

mit Revolvern versehen worden, um auf die Deutschen zu schießen. Ein Knabe, den man gefangen nahm und wegen seiner

Jugend wieder fteiließ, rühmte sich selbst, fünf Deutsche erlegt

zu haben. Besonders taten sich die bösen Leute von Leffe-Dinant,

44 wie sie der Kindermund selbst in der Presse nennt (De Am-

stelbode,

Amsterdam

Scheußlichkeiten

vom

hervor.

z.

MLrj

1915),

bei

diesen

Deutsche Soldaten wurden

ver­

stümmelt; man fand sächsische Jäger, die mit Füßen an die

Erde gepflockt waren und die bei lebendigem Leibe verbrannt

worden sind.

Das Tal des Todes könnte man die Schluchten

um Dinant wohl nennen; das von der Bevölkerung hinein-

getragene Entsetzen wäre würdig der Aufnahme in die Hölle

Dantes, und nur der Stift eines Goya hätte die Furien in Menschengestalt schildern können. So fügen sich aus den Hunderten von Aussagen unserer Soldaten die Schreckensbllder zusammen, welche die Bevölke­

rung der zerstörten Städte selbst heraufbeschwor.

Männer

hohen und geringen Grades aus allen Berufen und Kon­ fessionen haben diese Zeugenaussagen abgelegt.

Eines war

ihnen allen gemeinsam: der klare Blick für die Umgebung; viele haben an der Front, aus dem Schützengraben zur Ver­

nehmung vorgeladen, angesichts des ihnen wie den schon vor

ihren Augen gefallenen Kameraden vielleicht bald bevorstehenden Schlachtentodes ihre Wissenschaft von den Ereignissen bekannt. Manch einer ist von ihnen gefallen; er durfte mit Valentin

im Faust von sich sagen:

„Ich gehe durch den Todesschlaf Zu Gott ein als Soldat und brav."

Sein Gewissen blieb unbelastet.

5. Die garde civique und die Zivilkleidung

der belgischen Soldaten. Neben dem reguläre» Heer und seinen vielen Freiwilligen verfügte der Staat Belgien verfassungsmäßig bei Ausbruch

45 des Krieges über eine eigenartige Polizeitruppe: die garde civique (Bürgerwehr).

Sie zerfiel in eine aktive und eine in­

aktive. Die aktive bewährte sich auch im Frieden; sie blieb auf

die größeren Städte beschränkt, wo sie bestimmt war, bei Un­

ruhen und sonst zur Erhaltung der Ordnung die städtische Berufspolizei zu ergänzen.

Die Angehörigen dieser aktiven

garde civique trugen, wenn sie zum Dienst aufgerufen wurden, Uniformen, die sie zu Hause jederzeit mit Zivil vertauschen

durften; sie besaßen eine Organisation und unterstanden einer geregelten Führung. Im Volksmunde garde comique genannt,

hat diese Garde in ihren sonntäglichen Übungen nicht nur das

Herz des Volksgenossen, sondern oft auch das des Fremden erfreut.

Die inaktive Bürgerwehr bestand nur dem Buchstaben nach als eine rechnerische Größe, die der Staat jederzeit zur

öffentlichen Hilfeleistung aufrufen konnte. Sie umfaßte in allen kleineren Städten

und auf dem flachen Lande sämtliche

Männer von 20 bis 40 Jahren. Gedacht war sie in erster Reihe zur Unterstützung der berufsmäßigen Landpolizei, der Gendarmerie. In Friedenszeiten hatte man nie daran gedacht,

sich ihrer zu bedienen.

Im Volke war sie, wie alles

Unwirkliche, völlig unbekannt.

Irgendwelche Aus­

rüstung für sie bestand nicht, geschweige denn eine

Organisation, Bewaffnung und geschulte Führung. Als der Krieg ansbrach, besann sich die Regierung auf die Befugnis, die inaktive Bürgerwehr „aufzurufen".

Die Ver­

ordnung lautet dahin: „Angesichts der Artikel 4 nnb 82 des Gesetzes vom 9. September 1897. Angesichts ferner unserer Verordnungen, in denen die Städte und

Gemeinden angegeben sind, in denen die Bürgergarbe aufgerufen ist. Angesichts ferner unserer Verordnungen, in denen die verschiedenen Uniformen der Bürgergarde bestimmt werden.

46

Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß es erforderlich isi, im Interesse der Landesverteidigung sowie der öffentlichen Ordnung alle nicht aktiven Bürgergarden aufzurufen. Auf Anordnung unseres Ministers des Innern haben wir beschlossen und verordnen wir: Art. i. Die nicht aktive Dürgerwehr aller Gemeinden des Königreichs wird auf­ gerufen. Art. 2. Die Leute, die die Bürgergarde bilden und die durch vorstehenden Aufruf aufgerufen werden, tragen in sichtbarer Weise die folgenden Erkennungszeichen: 1. am linken Arm: eine Armbinde mit den Landesfarben, 2. an der Kopfbedeckung: ein Kokarde in den gleichen Farben. Art. z. Unser Minister des Innern ist mit der Ausführung der vorstehenden Verordnung beauftragt worden."

In der Ausführungsverordnung des Ministers des Innern wird in einem Zirkular an die Provinz-Gouverneure folgendes

gesagt: „Ich beehre mich, zu Ihrer Kenntnis zu bringen, daß eine königliche Verordnung vom 5. August 1914 im Interesse der nationalen Verteidigung sowie der öffentlichen Ordnung und Sicherheit alle nicht aktiven Bürgergarden des Königreiches aufruft. Die davon betroffenen Dürgergarden haben sich vor­ läufig selbst mit ihrer Bewaffnung zu versorgen. Andererseits werden diejenigen aufgerufenen Leute, die nicht mit Uniformen versehen sind, vor allem die blaue Bluse tragen, und als Erken­ nungszeichen: 1. am linken Arm eine Armbinde in den Landesfarben, 2. an der Kopfbedeckung eine Kokarde in den gleichen Farben. Das Tragen dieser Abzeichen ist durchaus zwangsweise, damit die in Betracht Kommenden gegebenen Falles die Vorteile der Kriegsgesetze und -gebrauche genießen können."

Beide — Verordnung und Ausführung — erschienen unter dem 7. August 1914 in den Blättern.

Man volke

die

überließ Sorge

also

für

dem

die

ahnungslosen

gehörige

Land­

Bewaffnung,

militärische Ausrüstung und Führung — dem Volke, das gar nicht wissen konnte, woher es die erforderliche Zu­ rüstung und geschulte Führer nehmen sollte.

Waffen besaß

freilich ein jeder Bauer in dem Lande; in der Provinz Lüttich,

der klassischen Stätte der Waffenfabrikation war ein jeder —

47 Frauen und Kinder einbegriffen — in ihrer Handhabe geübt, und — der erste Ansturm des deutschen Heeres mußte ja auf

Lüttich gehen! — Die Kennjeichen und die rechte Führung

mochten dabei fehlen. Charatteristisch für die Art, in der man die Fittion einer

schon früher bewaffneten ländlichen Bürgerwehr im amtlichen Verkehr auftechtjuerhalten sucht, ist das folgende Telegramm

vom 5. August 1914 aus Laeken, sicher eines unter vielen, die in jenen Tagen durch Belgien flogen: ,,A» den Stabskommandante» des GendarmeriebezirkS Lonberzeel. Nehmet ab und schickt an das zentrale Arsenal in Antwerpen alle Pistolen, Brownings, Flinten, Mauser, Karabiner mit Munition, die in dem Bezirke vorhanden stnd — mit Ausnahme der Bewaffnung der garde civique." Kommandant Roch."

In Wahrheit bedeutet also die Bewaffnung der Bürger­

wehr denjenigen Bestand an Waffen im Volke, der nötig war,

alle Männer vom 20. bis jum 40. Jahre unter Waffen ju halten, und nach dem alten Spruche, daß doppelt besser wie einfach

hält, kann man sich ein Bild von dem Umfange der Bewaffnung

der sogenannten nicht aktiven Bürgerwehr leicht machen. Die

daneben angeordnete Waffenabgabe war eine reine

Scharlatanerie. Als solche ist sie denn auch von den unteren Behörden richtig verstanden worden; so verweigerte ein Polizei­ kommissar in Brüssel die Entgegennahme von Waffen mit der

Begründung, daß man nicht alles zu glauben brauche, was man

in der Zeitung lese, wie ein deutscher Kaufmann in Brüssel und dessen belgischer Angestellter eidlich bekundet haben. Die Knappheit der blauen Blusen im Lande räumt das

folgende Staatstelegramm vom 14. (sic) August ein, das der belgische Gouverneur Beco an den Bürgermeister in Tilly sandte: „Laßt telegraphisch das Ministerium des Zauern die Zahl von blauen Bluse» wissen, die für die Dürgerwehr »och »Stig stad."

48

Die Würdigung dieses Telegramms wird durch das Rund­

schreiben des Generalleutnants und Oberkommandanten sämt­ licher Bürgerwehren der Provinzen Antwerpen und Brabant,

des Herrn Coune, vom 12. August an die Bürgermeister er­

leichtert; in dem Rundschreiben heißt es: „Ich habe die Ehre, Sie wissen ju lassen, daß bas Tragen der blauen Stofen für die ländliche Bürgerwehr, die jur Aktivität aufgerufen ist, strenge Pflicht ist. Ich erinnere daran, baß der Ankauf dieser Blusen Sache der Dürgerwehr ist. Die Armbinden und die Kokarden «erden durch den Minister des Innern geliefert, an den man sich unmittelbar wegen dieser Lieferung wenden muß."

Man braucht kein Dichter zu sein, um sich auszumalen,

welche Wirkung dieses unglaubliche Verhalten der Regierung

auf die ländliche Bevölkerung ausüben mußte. Jedes Bäuerlein fühlte sich von seinem Könige zur Verteidigung des Vaterlandes berufen; seine Waffen blieben ihm im Hause und er mochte

damit beginnen, was er wollte; er war ja ein staatlich aner­

kannter Bürgergardist, für dessen weitere Ausrüstung der liebe Himmel schon zu gelegener Zeit sorgen würde!

Für den

Moment genügten ja die Waffe und das Versteck.

Besonnene Belgier von gleich mäßigem Urteil wie wir

Deutsche haben das Unheil wohl erkannt. Durch die Aussagen deutscher Offiziere aufmerksam geworden, haben die deutschen

Behörden für die Einholung ehrlicher Aussagen empörter Belgier Sorge getragen.

Der Leutnant der Reserve Neide vom 6. Husaren-Regiment hat unter seinem Eide bekundet: „Auf Befehl der 12. Kavalleriebrigabe hatte ich den Besitzer des Schlosses Gerlmont, das in der Nähe von Tillet in Belgien liegt — Herrn Fernand du Bus de Warnaffe, Richter am Tribunal de Tournai — zu

vernehmen. Der Genannte teilte mir mit, daß auf Befehl der belgischen Regierung sämtliche Bewohner des benachbarten Dorfes bewaffnet worden

49 seien. Er habe jedoch den ihm bekannten Dorfbewohnern geraten, die Waffen «egrnlegen, um unnötige Schwierigkeiten >u vermeiden*

Herr Fernand du Bus de Warnaffe hat hierju dann unter

seinem Eide erüärt: „Bei Beginn des Krieges hat das belgische Gouvernement den Befehl erlassen, baß alle kleinen Städte und Dörfer die garde civique organisieren sollten, damit «ar gleichzeitig der Befehl gegeben, baß die daju gehörigen Leute bewaffnet würden. Als der Bürgermeister von Tillet, Herr Latour, mir dieses mittellte, habe ich ihm auf das entschiedenste abgeraten, diesem Befehl nachjukommen. Und als er mir sagte, daß die anderen Gemeinden dies täten, habe ich ihm gesagt, er möge Patrouillen gehen lassen, aber diese Patrouillen dürften nicht bewaffnet sein. Es sind dann auch unbewaffnete Patrouillen während der Nächte ausgeschickt worden, well die Bewohner von der möglichen Ankunft der Deutschen, vor denen sie große Furcht hatten, benachrichtigt sein wollten."

Der Oberleutnant der Reserve Gustav

Petersen hatte

ausgesagt: „Während unseres Aufenthalts vom 21. auf den 22. August in dem Schloß des Comte de Villegas in Ganshoven bei Brüssel unterhielt ich mich mit ihm über die Zustände in Belgien, insbesondere über das feindliche Verhalten der Bevölkerung. Derselbe erzählte mir darauf das Folgende: Cs sei ein Glück, daß wir nicht zwei Tage früher zu ihm ins Quartier gekommen wären; denn dann sei auch er verpflichtet gewesen, auf uns zu schießen. Von mir nach dem Grund gefragt, erklärte er das wie folgt: JmFalle einesKrieges bestehe inBelgien die Bestimmung, daß die garde civique mobil gemacht würde, diese bestände aus der männlichen Bevölkerung, welche zu uniformieren, zu bewaffnen und einzuexerzieren sei. Er selber sei für seine Gemeinde Offizier (soweit ich mich erinnere Haupt­ mann) für diese garde civique, was er allerdings erst jetzt bei Aus­ bruch des Krieges erfahren habe. Für die Ausrüstung, Bewaffnung und Uniformierung dieser garde civique sei jedoch nur in den größeren Städten einigermaßen Vorsorge getroffen, während auf dem Lande natürlich für nichts gesorgt sei. Die Bevölkerung habe sich daher einfach der ausgegebenen Anordnung gemäß selb­ ständig mit allen möglichen Schußwaffen bewaffnet und den Krieg auf eigene Faust geführt. So sei es zu erklären, daß andauernd auf uns geschossen sei. Erst vor einigen Tagen habe die Regierung eingesehen, welches Unglück sie mit dieser Anordnung angerichtet habe, und habe Befehl gegeben, nicht mehr auf deutsche Truppen zu schießen, vielmehr solle die garde civique Graßhoff, Belgiens Schuld. 4

nut noch polizeiliche Funktionen ausüben; daher habe di« Schießerei seit zwei Lagen aufgehört. Die Bevölkerung habe geglaubt, rechtmäßig zu handeln. Er selbst habe mit dem Gouverneur von Brüssel gesprochen, damit die gegebene Anordnung zurückgenommen würde, was daun vor t«et Lagen erfolgt sei. Ich habe auch selbst in dem Schlosse Briefbogen gesehen mit dem Aufdruck „Garde civique”, welche der Graf für seine diesbezügliche Korrespondenz benutzte."

Hierzu erklärte daun unter seinem Eide Herr Comte de Villegas: „Ich wohne sonst in Spanien und war zufällig vor Ausbruch des Krieges auf unserem Schloß. Am 21. und 22. VIII. 1914 war Oberleutnant Petersen bei unS «inquartiert, und ich pflog mit ihm tatsächlich das Gespräch, wie er es In seiner Vernehmung vom 24. September 1914 angegeben hat. Was ich Oberleutnant Petersen gesagt habe, bezieht sich auf meine Gemeinde und deren Provinz; wie es in den übrigen war, weiß ich nicht. Am 5. August 1914 kam «in Königlicher Befehl, wonach die ganze garde civique — aktive und nicht,aktive — mobU zu machen sei. Ich betone, die aktive ist die in den größeren Städten von ca. 5000 Einwohnern aufwärts, für welche schon im Frieden Bewaffnung und Uniformierung vorhanden ist und welche auch im Frieden Übungen machen. Die nicht-aktive ist die in den Land­ gemeinden, für welch« nichts vorgesehen ist und welche auch nie ernst genommen wurde. So habe ich z. B. gar nicht er, fahren, daß ich offenbar schon vor Jahren zum Hauptmann in meiner Gemeinde gewählt worben war. Man hat auch nie daran gedacht, daß es zum Krieg kommen und di« garde civique — ins, besondere die nicht,aktive — mllitLrisch verwertet werden würde. Nach dem Dekret vom 5. August wandte ich mich nun an die Regierung in Brüssel mit dem Ersuchen um Waffen und Uniformen für die garde civique. Es wurde uns gesagt, man hätte keine Waffen für uns. Ich habe dagegen protestiert, daß wir mllitärische Dienste tun sollen ohne Waffen, und habe daher meinen Leuten gesagt, daß sie die Waffen hernehmen sollten, «0 sie sie finden. Ich nehme an, daß es in anderen Landgemeinden ebenso war, da die Regierung tatsächlich für nichts gesorgt hatte. Später wurden von der Regierung für die garde civique als Kennzeichen Kokarden, Armbinden und teilweise auch Blusen uns überwiesen. Wenige Tage nach dem 5. August kam die Antwort, daß für die garde civique keine Waffen da wären. Wenige Tage darauf eine weitere Anweisung der Regie, rung, baß Armbinden und Blusen anzulegen seien. Wiederum nach einigen Tagen kam der Befehl, daß die garde dvique In militärischer Beziehung nur Kolonnen und Transporte zu begleiten habe, und schließlich nach einigen «eiteren Tagen, daß sie überhaupt keine mllitärischen Aktionen zu unter, nehmen habe, sondern nur noch ihre polizeilichen Funktionen wie auch im Frieden auSzuüben habe."

5i

Tatsächlich hat die Regierung, wie die letzte Aussage an­ deutet, vom 18. August an versucht, die ländliche Bürgerwehr wieder zur Vernunft zu bringen; man lese die folgende Der-

öffentlichung des Gouverneurs Beco in Le Soir vom 20. August

1914: „Ole Rolle der Bürgergarden. Rundschreiben des Gouverneurs von Brabant an die Bürgermeister der ländlichen Gemeinden der Provinz: Auf die Ditte des Sladthalters und mUitärische» Gouverneurs von Brabant habe ich die Ehre, Sie daran zu erinnern, baß die nicht-aktiven Bürgergarben, die wieder i«r Aktivität übergetreten sind, zusammen eine Behörde bllden, die die Ordnung und Sicherheit in ihren Gemeinden aufrechterhalten solle» und infolgedessen die Pflichten der Gemeinde, beamten übernehmen. Diese Männer können sich selbst bewaffnen, oder unbewaffnet, dem Wunsche des Bürgermeisters entsprechend, der auch die Feldhüter bewaffnen oder nicht bewaffnen kann. Die ländlichen Bürger, garten haben also nicht zu feuern und können nicht zu militärischen Diensten verwendet werden; alle entgegengesetzten Befehle sind aufge,

hoben. Ich bitte Sie, meine Herren, so freundlich zu sein, alle nötigen An, Weisungen zu geben, damit jeder weiß, wie sich die nicht,aktiven Bürger, garden, die wieder zur Aktivität übergetrete» sind, -u verhalten haben. Wir bitten Sie, nach Empfang dieses Schreibens alle Ihre Beamten und im besonderen die Bürgergardea Ihrer Gemeinde davon in Kenntnis zu setze» und außerdem auf den öffentlichen Plätzen auch den Bewohner» aller Ortschaften, die für diese Benachrichtigung in Betracht kommen, durch den Feldhüter de« Inhalt des Schreibens übermitteln zu lassend

Über den Grund dieses Rückzuges kann man geteilter

Meinung sein. Der Zeuge glaubt, daß es die Regierung getan hätte, weil sie einsah, daß sie die organisierte Erhebung der

ländlichen Bürgerwehr doch nicht würde durchführen können. Uns Deutschen wird man gestatten zu glauben, daß der Rückzug

geschah, weil man einerseits gegenüber den von den deutschen Truppen ergriffenen energischen Gegenmaßnahmen die Zweck-

losigkeit weiterer Opferung der betörten Bevölkerung einsah und sich doch noch einiges Gewissen in den leitenden Männern

fand und weil man außerdem der Kommission schon 4*

52 genügend Stoff aus dem Blute der eigenen Bürger

geliefert hatte. Hand in Hand mit der unheilvollen Betätigung der nicht­

aktiven Bürgergarde geht die Umlleidung der belgischen Sol­

daten in Zivilisten, die dann von den Bewohnern der Dörfer und Städte verborge» gehalten und im geeigneten Moment auf die ahnungslos durchmarschierenden Kolonnen der deutschen

Truppen losgelassen werden.

Die beschworenen Aussagen

der deutschen Soldaten sind mit den Schllderungen der Auf­ findung von weggeworfenen Uniformsiücken erfüllt.

Ich will

hiermit den Leser nicht langweilen. Er kann sich das zutreffende Allgemeinbild schon aus den in dem 4. Kapitel mitgeteilten

Aussagen machen.

Wohl aber lohnt es sich, die Geständnisse

der Belgier zu diesem Punkte und deren Auffassung über das Ablegen der Uniformen hier mitzuteilen.

In einem wiederholt durch die belgische Presse gegangenen Artikel, den ich der Fassung des National Bruxellois, Brüssel,

vom 20. August 1914 entnehme, heißt es: „Gin Schlaukopf:

Mao erzählt den Fall eines Soldaten, des jungen Jones, Sohn eines Brüsseler Advokaten, der, als er an den Kämpfen von Lüttich teil­ nahm, in einem gewissen Augenblick die Kameraden aus seiner Kompagnie verlor, er wurde in ein Scharmützel verwickelt und wäre gerade gefangen genommen worden, als eS ihm gelang, sich zu retten. Er stürbe irr das Haus eines Einwohners, wo er sich seiner Soldatenkleidung entledigte."

Im Journal de Charleroi vom 18. August werden die

Abenteuer eines in deutsche Gefangenschaft geratenen belgischen Korporals dem „Avönir" von Arlon nacherzählt; der Korporal

ist bei dem Gefangenentransport entwischt und es gelang ihm, in Clermom-Thimister in Zivil zu schlüpfen; er setzte in bürger­ licher

Kleidung seinen Weg fort.

In der gleichen Zeitung

vom 10. August nimmt ein Berichterstatter die Erzählungen

53 von Soldaten entgegen, die bei Lüttich gekämpft haben; er be­

richtet von dem einen: „Der Dritte war ein Zivilist. Er war gefangen genommen

worden; in ein Dorf geführt, dessen Namen er nicht weiß, ist

er an einer Straßenecke entwischt. Man hat auf ihn geschossen, man hat ihn gefehlt; ein Einwohner hat ihm seine Tür geöffnet;

in

zwei Zeiten drei Bewegungen: er hat sich seiner

Uniform entledigt, er hat eine Jacke angejogen, ist in eine Hose

gehüpft und am selben Abend kam er durch die preußischen

Linien." Man sieht, der Löwe von Flandern ist ein gelehriges Tier, das^in mancherlei Gewänder sich zu hüllen vermag. Mit diesen

Bekenntnissen stimmen auch die Erzählungen der in deutschen Zivllgefangenenlagern internierten Belgier überein, die sich

eines Tages als verkleidete Soldaten bekannten und damit entschuldigten: Sie seien dem Rufe ihrer Offiziere gefolgt:

„Sauve qui perlt; mettez-vous en bourgeois aussitöt que possible.“

Die Bevölkerung machte sich zum Mitschuldigen an dieser

Unsitte.

Soweit

vorsichtige

Soldaten

und

aktive

Bürgergardisten den Zivilanzug nicht im Tornister

bei sich trugen, fanden sie ihn im Bauern- und Bürgerhause vor.

6. Der Volkskrieg. Verheerend wie eine Seuche breiteten sich die hinterhältigen

Eingriffe der Bevölkerung in den ehrlichen Kampf über das Laad aus.

Der böse Geist verschonte kein Mer, Geschlecht

und keinen Beruf.

Vergeblich verhallten die Mahnungen der

Besonnenen. So hören wir ans dem Munde eines Geistlichen

54 die bewegliche Klage, die uns das eidliche Zeugnis des General­

majors Kühne überliefert hat: »Am ly. August lag ich in Hollauge tu Quartier bei dem dortige» CurL. Bei einem Gespräch über das feindselige Verhalten der Belgier gab er mir ohne weiteres |u, daß er gar keinen Zweifel daran hege, daß von Bauern auf unser« Truppen geschossen worden sei. Er bemühe sich dauernd, sowohl in der Kirche, wie privatim, die Leute j» beruhigen und von derartigen Taten abtvhalten, die die schlimmsten Folgen nach flch liehen müßten. Er müsse aber jugebeo, daß er Leute in der Gemeinde habe, auf die er «inen genügenden Einfluß nicht ausüben könne und denen er feindselige Handlungen gegen unsere Soldaten t»trauen müsse. Wie mir nachher gerüchtweise t» Ohren gekommen ist, ist auch kurt darauf von Bewohnern des Dorfes Hollange auf unsere Leute geschossen worden."

So warnt der Beigeordnete in Dolhain als Vertreter des Bürgermeisters, Herr I. Defosses, in einem Aufrufe vom

9. August 1914 die Einwohner mit beredten Worten: „Die ungeheuerlichen Taten, die in der letzten Nacht begangen worben stad, find unserer Bevölkerung nicht würdig. Sie empören jedes gerade Gewissen; denn es ist Verrat, von feiten des Zivils auf das Militär zu schießen; daS ist hassenswert, und eine zivil!fierte Nation darf nicht solche Mittel gebrauchen. Das Ergebnis dieses felgen Eingriffes hat sich «nverjüglich fühlbar gemacht und wir haben die Vernichtung von Gebäude» und bas Ver­ derben der Einwohner zu beklagen. In meinen vorangehenden Bekanntmachungen und besonders in jener vom Sonnabendabend, dem 8. August, habe ich euch die Verderb­ nisse sehen lassen, die wir heute beweinen. Liebe Mitbürger, ich flehe euch an, wieder kühles Blut und Ruhe t» gewinnen; daß ein jeder l» Hause bleibe, daß um 6 Uhr abends die EaftS, Läden und Häuser geschlossen werden und baß die Straße» von Dolhain geräumt «erden, daß, wenn Truppen bei Tag und bei Nacht durchmarschieren, kein Einwohner sich bei ihrem Durchzug leigt, weder in der Tür noch am Fenster, besonders aber kein Flintenschuß, kein Schrei, keine öffentliche Kundgebung. Zeder wahre die Ordnung. Unter diesen Bedingungen allein können wir darauf hoffen, daß wir nicht die Wiederkehr der traurigen Dinge der vergangen«« Nacht und dieses Morgens sehen."

Der Auftuf erwähnt dann die strengen Anforderungen

der deutschen Truppen und schließt mit den Worten: „Liebe Mitbürger, in diesem traurige» Augenblick richte ich einen

55 yet|weifdten Ruf an ener Herz, um dasjenige zu unserer teuren Gemeinde Übrig blieb."

retten, was von

Überall wandelte man die Häuser zu Verstecken für die

heimtückischen Schützen.

Herr Waxweiler meint, daß die von

den tumben deutschen Truppen

beobachteten Schießscharten

harmlose Öffnungen gewesen seien, die — ständig an der Außen­ wand vorhanden — der Befestigung von Gerüstbalken für den Anstrich und sonstige Arbeiten dienten.

Ach nein!

Die Hff-

nungen, welche die deutschen Soldaten in ihren Aussagen

hierüber meinen, dürfen

mit jenen

Friedensgebilden nicht

verwechselt werden. Ich bin in der glücklichen Lage, die eidliche Bekundung eines Neutralen wiederzugeben, der als Landes­

kundiger gewiß allen Respekt verdient und dessen Zeugnis auch sonst ein Schlaglicht auf das Freischärlertum wirst.

Der hol­

ländische Großkaufmann Andre Albert Johann Bos, katholischen

Glaubens und wohnhaft in Amsterdam, bekundet: „Ich fuhr am 9. September 1914 per Auto von Mastricht über Tongern, Tirlemont nach Löwen, wo ich gegen 1 Uhr mittags ankam. In einer Wirtschaft hörte ich von Belgiern, daß eine Bombe in ein deutsches Auto geworfen sei, konnte aber damals nichts Näheres darüber erfahren. Löwen war an diesem Tage schon von den Deutschen besetzt; ich konnte nur bis 3 Uhr nachmittags dort bleiben und wurde von der Kommandantur ver­ anlaßt, abzureisen, weil ein Angriff der Belgier erwartet wurde. Ich blieb die Nacht in Maastricht und wollte am nächsten Tage wieder nach Löwen fahren, kam aber nur bis etwa» hinter Tirlemont, wo ich veranlaßt wurde, umzukehren. Am nächsten Tage fuhr ich mit dem Schiff von Maastricht nach Lüttich. In Visö und Lixhö stieg ich aus und konnte an mehreren Häusern schieß­ schartenartige Löcher von viereckiger Form in verschiedener Zimmerhöhe feststellen, aus denen die Belgier, wie sie mir zugeben mußten, geschossen hatten. Sie sagten erst, die Deutschen hätten zuerst geschossen; ich wies ihnen aber nach, baß die Löcher ausgesägt und so angebracht waren, daß auS einem Zimmer gleichzeitig verschiedene Personen, sei es auf der Erbe liegend, sei eS auf dem Tisch stehend oder auf dem Stuhl sitzend, schießen konnten. In ei» Haus bi» ich nicht hioeingekommen, obwohl ich dafür in LlxhL Geld angeboren habe. Die Löcher waren noch vorhanden, als ich am 20. November 1914 mit meinem Bruder nach Lüttich fuhr. In Lüttich habe ich damals nichts Besonderes festgestellt.

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Am 22. September fuhr ich über Aachen, Maastricht, Tirlemont nach Brüssel und von dort über Mvelles nach Charleroi. Hier hat mir eia alter, dea besseren Kreise» angehöreoder Herr erzählt, daß eine belgische Privat, person bereit gelegen habe, am auf deutsches Militär iu schießen, aber versehentlich «inen Belgier totgeschossea habe. Die Wahrheit dieser Er, zählung wurde mir von dem betreffenden Herrn mit Bestimmtheit ver, sichert. Die Reise nach Charleroi hatte ich »«nächst auf elektrischen «nb Dampfbahnen «ad dann auf einem von mir gemieteten Privatfuhrwerk jurückgelegt. Die Rückreise näch Brüssel habe ich auf dieselbe Weise gemacht «ad auf der Strecke EsplinetteS,Brüssel habe ich auf der elektrischen Bahn gehört, daß ein Mann zu einem andern, wie ich glaube, auf flämisch, das ich als Holländer vollständig verstehe (ich spreche auch fließend Französisch) sagte: „Wenn die Bombe nicht gerade in einen Wagen voll deutscher Offi, tiere geworfen worden wäre, wäre es für Löwen nicht so schlimm gewesen." Oer andere meinte: „Das kann ich kaum glauben." Darauf erwiderte der erste: „Ich war ja selbst dabei." In Ergänjvng bemerke ich noch, daß auf meiner ersten Rückreise von Lüttich »ach Maastricht mir ein Herr auf dem Dampfer „L'hirondelle“ ungefragt erzählt hat, er müsse einen alten Anzug tragen, er habe seine anderen fünf Anzüge freiwillig belgischen Soldaten gegeben, die aus seinem Haus durch den Hiaterausgaog geflohen wären, nachdem sie zu, nächst aus den Feastern stundenlang auf die Deutsche» geschossen hätten, er sei solange im Keller versteckt gewesen. Mit diesem Mann habe ich mich franiöflsch unterhalten."

Man verbarrikadierte die Straßen, in allen Dörfern knallten die heimlichen Schützen.

Aus der unendlichen Fülle

der hierüber gesammelten Belege greife ich als typisch folgende eidliche Aussage eines deutschen Majors heraus: „Am 4. August, 10 Uhr vormittags überschritt die 27. verstärkte Jnfanteriebrigade, »u welcher ich als Bataillonskommandeur gehörte, die belgische Grenj« bei Henry la Chapelle. Dicht hinter der Grenze befand sich eine starke Chauffeesperre aus großen, übereinander geworfenen, frisch gefällten Bäumen bestehend. Beim weiteren Vormarsch auf Lüttich trafen wir bann noch ans zahlreiche solche und ähnliche Sperren, sowie Gräben, die quer über die Straße gezogen waren, um den Vormarsch aufzuhalten. Alle diese Sperren waren ganz frisch angelegt, zum Tell noch unfertig. Da belgisches MUitär diesseits Lüttich nirgends zu sehen «ar, ging für uns daraus schon hervor, daß die Einwohner die Sperren angelegt hatten. Es »tttbe «ns dies auf Befrage» durch Landeseiawohoer bestätigt, welche auSsagten, baß sie von der Regierung (Ortsvorsteher und Gendarm) hierzu

57 veranlaßt worden wären. Die Haltung der Bevölkerung in den Grenzdörfern — besonders in Aubel — war auffallend freundlich. Am Nachmittag Les 4. August hatten wir einen längeren Aufenthalt durch eine über einen Bach östlich JulLmont führende zerstörte Drücke. Ich war Dorhutführer und ließ einen anderen in der Nähe der zerstörten Drücke befindlichen Über­ gang erkunden. Hierbei fiel aus der Richtung eines an diesem Übergang liegenden Gehöftes der erste Schuß auf uns. Wie mir meine Patrouille meldete, war dieser Schuß von einem jungen Bauern, der zu dem Gehöft gehörte, abgegeben. Wir gingen nun über diesen Übergang bis nach Julemont und erhielten dort plötzlich am Eingang ziemlich lebhaftes, aber wirkungsloses Feuer aus den Häusern und Gärten. Nach dem Klang der Schüsse muß es Pistolen- oder Revolverfeuer gewesen sein. Von unserer Seite wurde das Feuer erwidert, und, soviel ich mich entsinne, eine Zivil, person hierbei getötet. Wir blieben während der Nacht in JulLrnont, wo, soweit ich mich erinnern kann, einige Leute festgenommen wurden, in deren Besitz sich Schußwaffen befanden. Ich glaube auch, wie ich hier einfügen will, daß am folgenden Tage der Bürgermeister des Ortes ge­ fangen genommen wurde, kann aber hierüber nichts Genaues sagen. Am 5. früh morgens gingen wir gegen Lüttich (Fort Darchon) vor. Bei der Annäherung an das Dorf Blegny beobachteten wir mehrere Zivilpersonen an einer dort befindlichen Barrikade, die dort in verdächtiger Weise herum­ standen, bei unserer Annäherung aber verschwanden. Kurz darauf eröffnete das Fort Barchon, von welchem aus wir nicht gesehen werden konnten, das Feuer auf uns, so daß wir überzeugt waren, daß zwischen dem Dorf und dem Fort eine Verbindung bestand. Am Nachmittag des 5. entspann sich ein heftiges Gefecht mit der Besatzung von Fort Barchon. Hierbei wurde auf die 4. Kompagnie unseres Regiments zuerst von den Ein­ wohnern geschossen. Bald entwickelte sich eine allgemeine Schießerei in Blegny. Es wurde aus Häusern, Gärten, Hecken überall her auf uns gefeuert. Gegen Abend mit Einbruch der Dunkelheit nahm dieses Feuer derartig zu, daß ernste Gegenmaßregeln getroffen werden mußten. Am frühen Morgen des 6. August wurde das Regiment, während es sich be­ reitstellte, wiederum sowohl im Dorf als westlich davon auf der Chaussee aus Häusern und Hecken lebhaft beschossen. Dieses Feuer in Blegny und unmittelbar bei Blegny kaun nur durch givllpersonen abgegeben sein, da uniformierte Soldaten sich in diesem Bereich, den wir in Besitz hatten, nicht befanden. Am 7. August nachmittags bezog unser Regiment (ohne ein Bataillon) und eine Mörserbatterie Biwak westlich Battiee. Hierbei wurden wir wieder aus Gehöften, Gärten, ganz besonders von einer Grube (Bergwerk) her audauerud beschossen. Auch hier kann das Feuer nur von Zivllpersonen herrühreu, da uniformiertes belgisches Mttitär weit und breit nicht vorhanden war. Gegen Abeud wurde vou anderen Truppen­ teilen Battice in Brand gesteckt."

58 Ein eindrucksvolles Bild von dem Tun und Treiben der Franküreurfamilien entwirft unter seinem Eide der Kraft­

wagenführer Franz Sonnenschein vom Stabe der 19. Reserve­

diviston, der — für einen Engländer gehalten — Gelegenheit hatte, aus der Nähe die „homerischen" Kämpfer zu beobachten: „Ich «ar zu Beginn deö Feldzuges Motorradfahrer beim Reserve, Infanterie,Regiment Nr. 78. Am Tage, als die Division durch Charleroi zog, befand ich mich bei der Kavalleriespihe des Reserve,Dragoner,Regi, mentS Nr. 6. Morgens gegen 8 Uhr gelangten wir nach Jumet. Die Straßen waren angefüllt mit Menschen, die aber bei unserem Näherkommen in den Häusern verschwanden. Bei einer Straßeogabelung teilte sich die Kavalleriespitze. Plötzlich bog aus einer Seitenstraße zur Linken eine fran, zösische Kavallerie,Patrouille in Stärke von etwa 12 Mann, geführt von einem Offizier, in meine Straße ein und ritt im Trabe vor mir die Straße entlang. Ich stoppte mein Rad und stieg sofort ab. Als die Patrouille in meiner Straße erschien, «ar ich etwa 50 m von der Nebenstraße ent, fernl; aus der die Patrouille herauskam. Mehrere Leute der Patrouille drehten sich auf den Pferde» um und schossen Ihre Pistolen auf mich ab, ohne mich zu treffen. Ich nahm meinen Karabiner und schoß mit dem ersten Schuß einen der Reiter vom Pferde, mit einem anderen Schuß verwundete ich den Offizier und sein Pferd, so baß dieses stürzte und der Reiter auf die Erde fiel. Der übrige Tell der Patrouille sprengte nach links um die Straßen, ecke fort. Inzwischen war die Kavalleriespitze nachgekommen. Der auf der Erde liegende verwundete französische Offizier schoß auf uns Deutsche mit seinem Revolver und wurde daher mit einem Kolbenschlag zu Boden gestreckt. Als nun eia größerer Tell noch von dem Dragoner,Regiment vorbeigeritten «ar, begann auf einmal ein heftiges Feuer von allen Seiten. Mein Rad wurde durch einen Schuß unbrauchbar gemacht, und ich mußte zu Fuß durch eine Nebenstraße gehen, um zu meiner Truppe zu gelangen. Ich bemerkte in der Seitenstraße zwei französische Infanteristen (blaue Mäntel, rote Hosen) und ging nun seitwärts durch Hecken und Wiesen, um wieder zur Hauptstraße zu gelangen, durch welche meine Truppe ja marschieren mußte. Ich verirrte mich aber und gelangte auf eine Straße, auf welcher Zivilpersonen standen, und zwar junge und alte Männer und Weiber. Die männlichen Zivilisten waren größtenteils mit Schießwaffen ausgerüstet (Flinten, Jagdgewehre, Revolver, Pistolen). Einige weibliche Zivilisten hatten große Küchen, messet in der Hand. Ich trug eine Schirmmütze, «ad die Leute hielten mich daher für einen Engländer. Als ich nämlich näher kam, riefen sie mir zu: „Anglais, Anglais** und boten mir alle möglichen Erfrischungen an, fleckten mir auch Geld in meine Tasche. Ich ließ die Leute in dem

59 Glauben, baß ich Engländer sei, sonst wäre ich rettungslos verloren gewesen. Ich radebrechte Deutsch und suchte mich mit einigen Leuten, die Flämisch konnten, tu verständigen. Ich gab mich für eine englische Patrouille aus und fragte, wo die Deutschen seien. Die Leute konnten mir das nicht sagen. Man bot mir aber einen Unterschlupf in einem Keller an, für den Fall, daß die Deutschen herankämen. Als ich aus den Gesprächen der Leute merkte, daß fle mich zu einem jungen Mädchen führen wollten, das Eng­ lisch sprechen konnte, tat ich, als wenn ich ihren Vorschlag nicht verstände, gab vor, keine Zeit mehr zu haben, und ging zu einer am Fuße einer Berg­ werkshalde gelegenen, mit Gestrüpp bewachsenen Schlucht. Ich konnte nun in eine andere Straße hineinblicken, wo auch bewaffnete Zivil­ personen umherstanden. Ich wollte warten, bis deutsche Truppen flch zeigten, und wollte mich dann ihnen anschließen. Oie Leute verschwanden ab und an in ihren Häusern, kehrten aber nach kurzer Zeit immer wieder zurück. Ein Teil der Leute flüchtete auch in die Nähe meines Verstecks, ohne mich jedoch zu sehen. Ein dicker belgischer Zivilist im Alter von etwa 50 Jahren lag nicht weit von mir im Versteck. Er.hatte einen großen Trommelrevolver in der Hand. Ich sah auch, wie eine Frau von der Straße her winkte, worauf ein französischer Infanterist ohne Gewehr und Tornister die Straße heruntergelaufen kam und mit der Frau in einem Hause verschwand. Als nun deutsche Artillerie die Straße heraustam, schoß ich den belgischen Zivilisten über den Haufen, gab mich dem heransprengenden Offizier als Deutscher zu erkennen und gab an, daß in dem einen Hause ein französischer Infanterist sei. Ich fand den Infanteristen im Keller in einer Höhlung versteckt. Er hatte außer Seitengewehr keine Waffe bei sich. Er wurde auf eine Protze gesetzt und mitgenommen." Neben dieser Kleinmalerei der fast gemütvoll anmutenden Volksschießerei stehen dann die furchtbaren Szenen gemeiner

Tücke.

Immer dieselbe Erfahrung bekunden die deutschen

Truppen: fteundlicher Empfang wird ihnen am Tage zuteil; die Bewohner bieten Erftischungen an, schleppen Wasser herbei und drängen ihre Gabe fast den Soldaten auf, solange die

Sonne am Himmel steht. Sobald die Dämmerung sich über die Lande senkt, ertönt das Zeichen zum Überfall: Schuß, Glocke oder Rakete.

Keine Kolonne, kein Biwak und kein Verbands­

platz ist vor den tapferen Schützen sicher. Die Verletzungen der deutschen Soldaten weisen den Gebrauch aller möglichen Waffen

----------

nach.

6o

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Es fehlt keine der in dem oben erwähnten

Telegramm

des

Kommandanten

aufgezählten Typen. schüsse beobachtet; die

Roch

liebevoll

Besonders häufig werden Schrot­

Jagdgewehre lieferten aber auch die

Bleikugeln mit ihrer fürchterlichen Dum-Dum-Wirkung.

Die

Lazarette an der Grenze wissen davon zu berichten.

Der praktische Arzt Dr. Molly, Leiter der chirurgischen

Abteilung des Nikolaus-Hospitals in Eupen, erzählt uns unter

seinem Eide: „Fast sämtliche Soldaten, die in den ersten Tagen deS Feldzuges auf der Strecke Eupen—Lüttich verwundet worden sind, sind hier behandelt worden. Es befand sich darunter eine größere Anzahl, deren Verletzungen durch Schrotschüsse verursacht waren. Andere wieder halten Kugelschüsse, bei denen der Verdacht vorlag, baß sie weder durch Schüsse eines belgischen oder eines deutsche« JnfanteriegewehrS verursacht wurden, weil die Einschußöffnung bei weitem größer war, als sie bei Jnfanteriegeschossea zu sein pflegt. ES wurde unter anderen der Musketier Felix Hohmann von der 8. Kompagnie Infanterie-Regiments iz eingeliefert. Er halte eine« Stich von etwa 20 cm Tiefe durch die rechte Bauchseite in die Niere erhalten. Der Stich muß mit einem Stockdegen oder Stilett ausgeführt fein, den« trotz der Tiefe des Stichkanals war die Einstichöffnung nur ein feiner Schlitz von */2 bis höchstens i cm Länge. H. ist geheilt worben. Es befand sich außerdem in der Wunde einer bei dieser Gelegenheit mitgetroffenen Fra» ei« kurzes dickes Messingmantelgeschoß — etwa 9 mm — das in offizielle deutsche Schußwaffen nicht paßt. Der Füsilier Karl Granbisch, 2. Kompagnie Regiments 35, gab bei seiner Aufnahme an, beim Dorübergehen an einer Hecke sei plötzlich aus unwtttelbarer Nähe aus der Hecke ei» Schuß gefallen, der seinen rechte« Arm getroffen habe. Nach meiner Ansicht kann es nur ein Schrotschuß gewesen fein, denn der Arm war bis auf eine fingerdicke Haut­ brücke vollständig abgeschossen, die Wundränder waren sehr stark zerfetzt. Die sofortige Amputation war unvermeidlich."

Von diesem klassischen Zeugen erfahren wir auch, mit welchen

Schwierigkeiten der Abtransport der Verwundeten bei der blinden Schießerei des Volkes zu rechnen hatte.

In Überein­

stimmung mit vielen zuverlässigen anderen eidlichen Bekundungen

6i berichtet Dr. Molly aus eigener Erfahrung, baß er bei seinen Fahrten mit Automobilen bei Ler Beförderung von Ver­

wundeten an drei verschiedenen Stellen, und zwar am Donners­ tag, Freitag und Sonnabend der ersten Kriegswoche beschossen

worden sei; am Donnerstag fielen einzelne Schüsse auf die AutomobUe aus den letzten Häusern von Pepinster. Dr. Molly

bemerkt: „Abgesehen von dem Knallen des Schusses konnte

man durch den Rauch und Feuerschein, der zwischen den Fenster­ läden hervordrang, feststellen, daß nicht mit Militärgewehren

geschossen wurde.

Ferner erblickten wir einmal auf größere

Entfernung einzelne Männer, die bei dem Herannahen der

Sanitätsautos in ein Haus liefen, aus dem dann auf das Auto eine Anzahl Schüsse fielen." Aber nicht nur der Hieb- und Schußwaffen bediente sich die Menge.

Wie für Andenne bezeugt ist, daß die Wütenden

siedendes Wasser auf die deutschen Kolonnen herabgossen, steht

ebenso durch eidliche Aussagen fest, daß in Löwen aus den Fenstern Teer geschüttet und in Dinant Steine geschleudert wurden.

Von dem gewaltigen Umfang des Franktireurunwesens

gewinnt man erst dann eine Vorstellung, wenn man an der Hand der Tausende von eidlichen Bekundungen der deutschen Truppen die Ortschaften zusammenstellt, in denen Freischärler

auftraten. Ich gebe eine solche Übersicht auf Grund des bisher vorliegenden Materials im Anhänge: Nicht

215

Orte

in

sicher

nachweisbarer

weniger

Lage

sind

als

zu

nennen; dazu treten 63 Orte, deren Auffindung auf den mir

zugänglich gewesenen Karten — meist wohl infolge fehlerhafter

Schreibweise — nicht gelang. Heeres

durch

Belgien

Der Weg des

war

für

die

deutschen

Truppen

ein

Leidensweg, der nur durch die stärkste Manneszucht über­

wunden werden konnte.

Ernsthaft zu nehmende Belgier bestreiten das entsetzliche

Gebaren des Volkes nicht, wie wir an den eidlichen Aussagen des Comte de VillegaS und des Herrn Fernand du Bus de War­

naffe gesehen haben.

Die belgische Presse verrät es selbst;

neben den allgemeinen Hetzartikeln bietet sie Einzelheiten über das Freischärlertum an manchen Orten: sie nennt u. a. Lüttich,

Vife, Orsmael, Bernot und Berneau. So liest man im Nouveau Präcurseur (Antwerpen) am 5. August 1914: „Brand und Mord in Vis«. Gestern hat sich eine deutsche Abteilung Dlsss, eines bedeutenden Ortes am rechten Ufer der Maas, bemächtigt. Da hinterrücks aus de« Häusern auf sie geschossen wurde, haben die Deutschen die Häuser angetündet und unschuldiges!) Einwohner aiedergeschossen."

Im Antwerpener Mali» vom 13. August: „Zn Orsmael wurden die drei Brüder SevenauS, die auf die Deutschen geschossen hatten, mit Karabinern getötet, ihre Leiber von kanten durch­ bohrt, ihr Haus in Brand gesteckt."

Der Gegensatz in den Anschauungen zwischen den Partei­

gängern des Herrn Waxweiler, der als ehrlicher Mann zwei Wilddiebe konzedieren will, und uns ist, bei Licht besehen,

nur in der Bezeichnung gelegen, die man den Dingen gibt. Wir Deutsche nennen halt einen hinterlistigen Schurken einen

Schurken, während der gleiche Mensch nach der anderen Ansicht

ein Angehöriger der nicht aktiven Bürgergarde oder ein Freund eines solchen (vielleicht auch eine Freundin), manchmal ein harmloser, sich selbst ins Zivil abkommandierender Soldat und

dessen Quartierwirt ist, der sich gern einmal den Gebrauch der

Waffe vorweisen läßt; daß der hllfsbereite Wirt sie auch prattisch übt, wer will es dem Wißbegierigen verdenken. Erlaubter oder verbotener Volkskrieg?

Soll das wirklich

noch eine Frage sein? Die Haager Landkriegsordnung verlangt klipp und klar: deutliche Abzeichen, offene Waffen und Führer.

Die deutsche Regierung ist so gewissenhaft gewesen und hat sich

63 hin und wieder durch die Truppen auch noch eidlich bestätigen

lassen, daß nichts von alledem zu entdecken war.

Ein deutscher

Major schlägt alle armseligen Ausflüchte unter seinem Eide

durch den gründlichen Bescheid: „I. In der Umgebung von Lüttich fanden feindliche Handlungen durch die Zivilbevölkerung statt, auch nachdem wir die betreffenden Orte in unsere» Besitz genommen hatten; ganj besonders gilt dies auch von Ortschaften, welche in unserem Rücken auf unser« rückwärtigen Der, bindungen lagen, aber durchaus in unserer Macht waren. 2. Ich habe nicht gesehen, baß von den feindlichen Zivilpersonen jemals die Waffen offen getragen worden waren. Die Überfälle geschahen meist heimtückisch und hinterlistig aus Häusern, Gärten, hinter Hecken, nachdem sich die Truppe oder die Kolonnen «ad Trains einige Zeit in oder bei dem betreffenden Ort aufgehalten hatten, ohne beschossen zu werden. 3. Ich habe nicht gesehen, daß Zivllpersone», welche sich an den Feindseligkeiten gegen uns beteiligten, ein bestimmtes, vor allem aber ein aus der Ferne erkennbares Abzeichen getragen hätten. Namentlich haben die bei den Straßenkämpfen gefallenen oder festgenommeoea bei; gischen Zivilpersonen, die ich gesehen, kein solches gehabt. Abteichen habe ich nur ein eintiges Mal gesehen. Ich habe nämlich nur gesehen, daß die aktive gatde civique von Lüttich solche Abtelche« besaß; diese trug sie, als sie nach der Einnahme von Lüttich dort ihre Waffen abgab. Die Abzeichen bestanden in einer Art Uniform. Ob sich diese garde civique vorher am Kampfe betelligt hat, weiß ich nicht. 4. Ich habe nie beobachtet und erfahren, baß an der Spitze der gegen uns feindselig auftretenden Zivilpersonen ei» verantwortlicher Führer gestanden hätte. Ich hatte stets den Eindruck, baß dieses Vorgehen entweder baadenartig oder von Einzelpersonen erfolgte." Wo sind die Namen der Helden, die im Schlafzimmer,

auf dem Heuboden, unter den Dachziegeln, im Kuhstalle und

hinter den Hecken das Kommando hatten?

Es hat sich keiner

gemeldet — weder bei den Truppen noch in den Zivilgefangenen# lagern, in denen sich manche in Zivil gefangene Soldaten offen#

barten, um mit den Kriegsgefangenen vereint zu werden; auch in der eigenen Kriegsliteratur der Belgier verkündet keine Zeile

den nachfolgenden Geschlechtern, wes Name und Art die Recken gewesen sind.

64 Die „deutlichen" Abzeichen — Armbinde und Kokarde — hat kein Deutscher zu Gesicht bekommen; im Dunkel der Nacht

brauchte man sie ja nicht anzulegen. Und die „offenen" Waffen mußten sich die deutschen Truppen hinter den Hfen hervor,,

von den Böden herab, und aus den Kellern herausholen. Bei Tage, als es galt, den Barbaren ein fteundliches Gesicht zu

zeigen, blinkte kein Messer und kein Revolver in der Hand; in der Nacht erst wurden sie ergriffen.

Der flämische Leu hatte mit dem Könige der Wüste den Zug gemein; auch er konnte den Hahn nicht krähen hören, mit dem grauenden Morgen lief er dem Hasen gleich davon.

Sie hoffen auf das Verständnis der Schweiz, Herr Wax, weller.

Diese Zumutung wird das freie Volk der Berge ab­

lehnen, -essen Mannesmut von uns Deutschen

wundert und geschätzt wird.

Erni Winkelried

so hoch be, bewirtete

die österreichischen Ritter nicht, bevor er bei Sem,

pach ihre Lanzen in seine Brust versenkte; die Fähn­

lein

der

aufrechten

dem feindlichen

Schwyzer

Heere,

zeigten

als sie

es

sich ehrlich

bei Morgarten

aufs Haupt schlugen.

Die freie Gasse mußte sich das deutsche Heer durch Belgien bahnen, lindem 'es

seine Jungmannschasten von rechts und

links durch unsichtbare Schützen auf dem Marsche abschießen ließ.

7. Die belgische Regierung und ihre Pro­ klamationen. Der Volkskrieg war ein Programm.

Die Regierung hat

alles getan, den Brand in den Hütten der Bauern und in den Häusern der Städter zu entzünden.

unseres Stoffes unttüglich.

Das zeigt die Gliederung

65 Durch die Presse ließ man dem kleinen Mann die rettende Tar des Freischärlers als unsterbliches Verdienst verkünden.

Die Untersuchungskommission sorgte durch ihre Greuelberichte dafür, daß Angst und Schrecken vor den deutschen Kolonnen

einherschritten; diese wieder erweckten den Fanatismus, der

glaubte, ein dem Daterlande wohlgefälliges Werk durch heim­ liche Vernichtung der Barbaren zu verrichten, und den Fatalis­

mus, der sich gegenüber dem wilden Feinde sagte: lieber heute dir als morgen mir.

Dabei waren diese deutschen Hunnen

feige und bettelten um Gnade, wenn sie die Klauen des flämischen

Leuen zu fühlen bekamen.

Jeder Dauer konnte mit Leichtig­

keit ihrer zehn erlegen — wenn er nur die nötige Vor­ sicht brauchte. Dazu tat die Regierung nichts, um der unwürdigen Be­ schimpfung der ausgetriebenen Deutschen bei Ausbruch des

Krieges entgegenzutteten. Für uns Deutsche, die wir die feind­

lichen unter uns wohnenden Bürger — soweit sie nicht wehr­ pflichtig waren — lange Zeit ruhig ihren Geschäften nachgehen ließen und erst nach Monaten deren Festsetzung als Gegenwehr

gegen

die

schmachvolle

Gefangenhaltung

deutscher

Frauen

und Kinder in Feindesland anordneten, werden die traurigen Szenen immer unverständlich bleiben, die sich in Belgien bei der

Verjagung deutscher Zivllpersonen ereigneten.

Unmittelbar

mag die belgische Regierung hierfür nicht die Verantwortung

ttagen, wenn sie auch in keiner Weise für ausreichende Trans­ portmittel sorgte, die Unglücklichen zwang, von Bahnhof zu Bahnhof unter dem Gespött und dem Gejohle der Menge zu wandern und das letzte Stück Weges zur Grenze unter Preis­

gabe ihrer Habe zu Fuß zurückzulegen. Hunderte von eidlichen Aussagen der Augen- und Leidenszeugen bestätigen die Krän­

kungen in Wort und Tat, die hierbei von belgischer Seite vorG r a ß h o ff, Belgien- Schuld.

5

fielen.

Mittelbar hat die Regierung auch hierbei zur Auf-

peitschung der niederen Instinkte durch ihre ins Groteske ge­ steigerte Spioaenfurcht beigetragen, die fich ungestört in der Presse austobte.

Welche Blüten diese Angst bei den Behörden

zeitigte, kann man aus den Proklamationen ersehen, die nicht

davor zurückschrecken, längst nachdem jeder Deutsche das ungast­

liche Land verlassen hatte, Ausländer und Einheimische zu ver­ dächtigen, die irgendwie mit einem harmlosen Deutschen in

geschäftlicher oder familiärer Verbindung standen.

Man lese

einmal diese Proklamationen im Antwerpener Matin vom

iz., 25. und 28. August 1914.

In ihnen wirb nicht nur jeder

Ausländer, in dessen Wohnung Waffen vorgefunden werden, und jeder Mann, der die Vorschriften über Lichtstgnale nicht

beachtet, sondern rundweg jeder als Spion erklärt, der seit dem 9. August Schriftstücke von deutschen Untertanen erhalten,

diese aber bis zum 26. August nicht abgeliefert hatte, und jeder,

der mit der Vertretung deutscher kaufmännischer oder bürger­

licher Interessen oder der Interessen der Familienangehörige» der Ausgewiesenen beauftragt war, fich aber nicht bis zum 27. August bei dem Staatsanwalt oder bei dem Bürgermeister gemeldet hatte!

Man kann fich unschwer die Gewalt der Ansteckung vor­

stellen, mit der dieses Fieber der amtlichen Stellen auf die Bürger überspringen mußte, die schließlich geneigt wurden, in jedem Deutschen nur noch einen Schwerverbrecher zu erblicken,

den man von Vaterlandes wegen mit allen Mitteln vom Leben zum Tode zu befördern hatte. Verstärkt mußte dieser Eindruck in der Bevölkerung durch

das empörende Betragen werden, das belgisches Militär und die belgischen Zivilbehörden gegenüber den in ihren Macht­ bereich geratenen deutschen Soldaten zeigten und welches offen

67 vor den Bürgern zur Schau getragen wurde.

Aus einem in

deutsche Hände gefallenen Dokumente wissen wir, daß den belgischen Soldaten der schlimme DSlkerrechtsbruch des Parla­

mentärmordes anbefohlen wurde.

Das in der Bedeute du

chemin de fer in Antwerpen aufgefundene, vom belgischen

Generalstab

für

die

Forts-

und

Redoutenkommandanten

verausgabte Schriftstück erllärt am Schlüsse: „Es wird ohne Ausnahme auf jeden feindlichen Parlamentär Feuer gegeben,

der sich irgendeinem Punkte der Umgebung

Festungswerkes nähert."

des

ständigen

Das Schriftstück datiert aus Düffel

vom 28. September 1914. Daß es nur den schon vorher ständig

von der belgischen Armee angenommenen Standpunkt wieder­ holt, zeigt die eidliche Aussage des Studiosus Hans Grabowsky, der seine Leiden als deutscher Parlamentär bei den Belgiern dahin schildert: „Am 25. August sollten Verhandlungen mit der belgische« Regierung im Auftrage Seiner Exzellenz Generalleutnants von Dertrab geführt werden. Da ich der französischen Sprache mächtig war, meldete ich mich freiwillig, um nach Antwerpen i« fahren und diese Verhandlungen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Baron de Drockevtlle zu führen. Es sollte die belgische Regierung veranlaßt «erben, rollendes Material ans Antwerpen herausjulassen, um die Verpflegung der Stabt Brüssel zu erleichtern, da die deutsche Militärverwaltung nicht genug Waggons und Lokomotiven zur Verfügung hatte, um die in St. Trond lagernden Lebens­ mittel nach Brüssel zu befördern. Ich wurde Seiner Exzellenz dem General­ leutnant von Bertrab vorgestellt und erhielt auch den Auftrag, nach Ant­ werpen zu fahre» und dort bei der belgischen Regierung das Nötige zu veranlassen. Ich erhielt einen Ausweis des Bürgermeisters der Stadt Brüssel, des Herr« Max, der mit den zu unternehmenden Schritten einverstanden war, sowie ein Empfehlungsschreiben an den belgischen Ministerpräsidenten, in welchem der Zweck meiner Mission sowie eine Befürwortung des Anliegens standen. Auch dieses Schreiben «ar durch den Bürgermeister Max eigenhändig unterschrieben. Ferner bekam ich einen Brief an das Oberkommando des vor Ant­ werpen operierenden 3. Reserve-Armeekorps. Ich fuhr sofort nach Dieghem, wo das Oberkommando des 3. Reservekorps sich befand. Der kommandie­ rende General, dem ich vorgeführt wurde, wies darauf hin, daß es bereits

5*

68 zu dunkel wäre, um den Auftrag an dem Abend »och auszuführeu. Er riet mir, am nächsten Lag vormittags wiederzukommen. Am 26. August meldete ich mich also wieder bei dem Oberkommando des 3. Reservekorps. Ein Offizier begleitete mich im Kraftwagen bis an die deutschen Vorposten. Don da aus fuhr ich allein weiter; ein weißes Tuch diente als Fahne. Nach ganz kurzer Zeit stieß ich auf belgische Vor­ posten-Kavallerie. Ich zeigte meine Papiere dem Leutnant, dem ich vor­ geführt wurde, vor. Derselbe ließ mich unter Begleitung einem Major zuführen. Die Begleitung war folgende: Vor meinem Kraftwagen ritt links ein Soldat, der mit einem Browning meinen Führer bedrohte. Rechts ein Kavallerist mit Karabiner. Neben meinen Chauffeur und neben mich setzten fich zwei Soldaten mit entflcherten Gewehren. Es wurde der Befehl gegeben, daß wir Schritt fahren sollten, widrigenfalls die Soldaten sofort auf uns schießen sollten. Unter dieser Bedeckung gelangten wir bis zu einem Major. Es folgte ein kurzes Verhör in korrektem Tone, dann wurden mir die Augen verbunden: Ich sollte einem Oberst vorgeführt werden. Don dem Augenblick an wurde ich als Spion und Gefangener behandelt. Ich wurde nach Mecheln geführt. Unterwegs mußte ich zweimal auSsteigen; erst wurde ich einem Oberst vorgeführt, der kein Wort mit mir sprach, dann einem Gendarmerieoffizier, der kurz meine Perso­ nalien aufnahm und versuchte, einige militärische Nachrichten aus mir herauszubekommen, was ihm natürlich nicht gelang. Dann ging die Fahrt weiter. In Mecheln sollte ich einem General vorgeführt werden. Ich mußte aussteigen und wurde in einen Raum geführt, ich vermutete einen großen Saal. Ich hörte, wie eine laute Stimme, die sich wohl an meine Begleitmannschaften wandte, fragte, wer ich sei. Es wurde geantwortet, ich sei deutscher Spion, man hätte mich kurz vor Mecheln aufgegriffen. Die Stimme sagte: „Dann stellt ihn an die Wand, 6 Mann sollen sich fertig machen." Es fielen noch beleidigende Äußerungen und Schmähungen, deren Wortlaut ich mich jetzt nicht mehr entsinnen kann. Ich sagte, es wäre keine Rede von Spion, ich sei als Unterhändler abgesandt und wünsche denjenigen zu sprechen, der hier zu befehlen habe. Darauf wurde ich von den mich bewachenden Soldaten in die Seite gestoßen und auf den Rücken geschlagen. Es folgte ein kurzes Verhör. Mir wurden Handschellen an­ gelegt und ich hörte wie jemand auf flämisch fragte, ob meine Füße auch gebunden werden müßten. Ich wurde plötzlich von einem anderen Offizier kurz verhört, der mir dann auch die Augenbinde abnehmen ließ, ebenso die Handfesseln. Er sagte mir, ich würde nach Antwerpen geführt. Einige Schritte von mir stand ein General. An der Stimme erkannte ich den­ jenigen, der mich bereits vorhin in grober Weise beleidigte und auch er­ schießen lassen wollte. Er hielt wieder eine beleidigende Rede gegen Deutschland und mich persönlich. Er beschuldigte Deutsch­ land, Belgien überfallen zu haben, und erzählte von angeblichen Greueltaten

69

unserer Soldaten. Ferner schimpfte er auf die in Belgien ansässigen Deut­ schen und warf ihnen Undankbarkeit vor, well sie das Land, durch welchesie reich geworden wären, so verwüsteten. Ich antwortete ihm und drückte meine Verwunderung darüber aus, solche gewöhnliche Worte von einem General zu hören. Den Wortlaut der gebrauchten Schimpf­ worte kann ich nicht mehr angeben. Mir wurde die Augenbinde wieder angelegt und in Begleitung von zwei Gendarmen wurde ich per Bahn nach Antwerpen übergeführt. Ich wurde zu Fuß durch Antwerpen geführt, immer mit verbundenen Augen: Das Publikum rief mir Schimpfworts zu und Drohungen. „Schlagt ihn tot, hängt ihn auf." Auf die durch Neugierige an meine Begleiter gerichteten Fragen, was denn los sei, antworteten diese: ich sei ein Spion, und sie rühmten sich, mich gefangen zu haben. Ich nahm an, daß der Pöbel über mich herfallen würde, solche Schmähungen wurden mir zugerufen. Ich wurde tu ein großes Gebäude geführt, wo ich einem Offizier Erklärungen geben mußte. Als ich behauptete, als Unterhändler gekommen zu sein, lachte er mich aus und sagte, ich wäre Spion. Ich wies ihn auf meine Papiere hin. Er sagte, die wären gefälscht oder der Bürger­ meister hätte sie nur geschrieben, durch die Deutschen genötigt und durch Revolver bedroht. Ich sagte ihm, daß ich bei solchen Behauptungen nicht­ mehr zu sagen habe. Ich wurde wieder weggeführt und in ein anderes Gebäude gebracht, wieder zu Fuß und mit verbundenen Augen. Ich sollte in einen Hundestall gebracht werden, das wäre gut genug für einen deutschen Hund, wir täten ja genau so mit unseren Ge­ fangenen. Ich wurde auch in eine Art Stall geführt und sollte mich ent­ kleiden, um durchsucht zu werden. Ein Offizier kam dazwischen, ich wurde in ein Bureau geführt und eingehend verhört. D:e Handschellen wurden mir wieder angelegt und wieder Schmähungen gegen Deutschland ge­ äußert. Dieses Verhör dauerte sehr lange. Es wurden mir auch Protokolle vorgelesen über Aussagen von „Augenzeugen" betreffs Greueltaten, durch deutsche Soldaten begangen; Notzucht junger Mädchen und Nonnen, Morde an Greisen begangen, Abhacken der Hände bei kleinen Kindern. Ferner wurde wieder gesagt, daß ich meine Begleitpapiere selbst angefertigt habe. Auf mein energisches Protestieren antworteten fle: Ja, die Deut­ schen machen alles, um ihr Ziel zu erreichen. Solche Papiere werden angefertigt, um im Falle, baß die Träger gefangen werden, als Ausweis zu dienen. Darauf sagte ich, auf solche Anschuldigungen habe ich nichts mehr zu sagen, und antwortete auch nichts mehr auf weitere Fragen. Dann wurde mir eröffnet, daß ich vor ein Kriegsgericht gestellt werden würde. Darauf verließ der mich verhörende Offizier uvö auf kurze Zeit. Während seiner Abwesenheit hörte ich aus der Unterhaltung, die in flämischer Sprache geführt wurde, daß „mein Fall klar wie der Tag wäre", und der Gendarm, der mich an den Handfesseln festhielt, freute

70 sich darauf, dabei sein i« dürfen, »en» ich erschossen würde. ES wurde wieder versucht, militärische Nachrichten von mir zu erfahren. Um «ich elujuschüchtern, wurde behauptet, daß die Russen vor Berlin siänden «ob bald der Einmarsch von Westen nach Deutschland beginnen würbe. Diese plumpen Behauptungen veranlaßten mich, ihnen übertrieben gute Nach­ richten von unsern Siegen aufzutischeo. Ich wurde geduldig angehSrt. Dan« sagte eine der mich verhSrenben Personen auf flämisch: „Wir find verkauft". — AlS darauf der Offizier zurückkam, befahl er, mir die Hand­ schellen abzonehmea «ab mich in das Gefängnis zu führen «nd mir auf meine Kosten ein gewähltes Abendbrot zu geben. Am 27. August um zirka 12 Uhr wurde ich abgeholt. Meine Augen wurden verbunden und es wurde mir gesagt, ich wäre frei. Im Kraft­ wagen wurde ich weggeführt. Wie lange die Fahrt bauerte, kann ich nicht genau sagen, vielleicht eine Stunde. Dann mußte ich aussteigen und wurde auf «ine Chaussee geführt. Die Augenbinde wurde mir abgenommen und meine Papiere mir ausgehändigt. Der Ausweis deS Bürgermeisters wurde jedoch zurückgehalten, so daß ich, wenn ich wieder in die Hände der Belgier fiel, als Spion erschossen worden wäre, da ich ja nicht mehr bas Gegenteil beweisen konnte. Es wurde mir gesagt, baß ich mich kurz hinter der Front der belgischen Truppen befinde, immer geradeaus gehen müsse und mich die ersten fünf Kllometer nicht umdrehen dürfte, sonst würde ich erschossen. Die Antwort der Re­ gierung sei: „Oie belgische Regierung hat keine Antwort zu geben." Mit den Worten: „Mein Herr, ich bewundere Ihren Mut" durfte ich gehen. Nach kurzem Marsch kam ich in ein zerstörtes Dorf. Einen herumstreifen­ den Kerl, den ich in flämischen Patois anredete, fragte ich, wie das Dorf heiße. Er antwortete: Hofstabe. Ich ließ mir den Weg nach Brüssel zeigen. Nach % Stunde Marsch traf ich de» Kraftwagen des Oberkommandos deS 3. Reserve-Armeekorps. Ich wurde sofort erkannt «nd freundlich mit den Worten ausgenommen: „Wir dachten nicht, daß Sie wiederkommen würden." Ich wurde nach Brüssel gebracht und stattete Bericht ab. Ferner legte ich Beschwerde bei dem Bürgermeister Max nieder, die jedoch ohne Erfolg blieb."

Die in belgische Gefangenschaft geratenen deutschen Militär­ personen überließ man ungescheut der Willkür des Volkes und

der

Soldateska; unter

den zahlreichen

eidlichen

Aussagen

hierüber sei diejenige des Oberarztes Dr. W. vom DragonerRegiment 18 erwähnt: „Ja der Nacht vom 6. auf den 7. August 1914 wurde ich mit zwei Sanitätsunteroffizieren, versehen mit Binde« des Roten Kreuzes und mit de» nötigen vorschriftsmäßigen AuSweiSpapierea, von einem belgischen

7i Gendarmen und zwei Zivilisten in einem Schloß bei Waremmes gefangen genommen. Wir waren Dorthin mit einem Wagen Verwundeter ge­ kommen. Man hielt uns die Pistole vor die Brust, so daß wir uns, da jeder Widerstand nutzlos war, ergeben mußten. Ich wurde gefesselt und mir wurden die Augen verbunden. Auch mußte ich die Stiefel ausziehen. Alle Sachen, die wir außer den notdürftigsten Kleidungsstücken bei uns hatten, wurden uns abgenommen. Ich mußte dann ohne Stiefel zu Fuß bis Waremmes mitgehen, unter Schmähungen der an der Straße marschbereit stehenden Gegner. Don Waremmes aus wurden wir noch in der Nacht mit der Bahn nach Brüssel geschafft, nach­ dem ich meine Stiefel wiederbekommen hatte. In Brüssel brachte uns ein Gefangenenwagen zum Wachtlokal einer Kaserne. Dort wurde ich von den Soldaten durch Schmähreden und Rippenstöße belästigt. Nach halb­ stündigem Warten wurde ich von verschiedenen Offizieren verhört, auch von einem Arzt, der mich ziemlich lange über ärztliche Dinge und die Medi­ kamente, die ich bei mir hatte, aushorchte und die Vernehmung mit den Worten: „Tr£s dien" beendigte. Ein höherer Offizier meinte zuletzt zu mir, man müßte die Ärzte erschießen, weil sie den feindlichen Verwun­ deten mit Morphium hinüberhülfen. Ich verwies demgegenüber auf die Genfer Konvention, worauf er entgegnete: „Wir achten diese, indem wir Sie nicht erschießen, sondern gefangen setzen werden." Ich bemerke dazu, daß die Unterhaltung meist in französischer, aber auch tellweise in deutscher Sprache stattfand. Als ich ihm dann in erregtem Tone vorhielt, daß er mich und den Ärztestand zu Unrecht verdächtige, wurde ich wiederum gefesselt und sofort mit den Sanitätsunteroffizieren nach Brügge befördert. Am 7. August nachmittags 5 Uhr kamen wir dort an. Tobender Pöbel, den die Zivilgarde nur mit Mühe zurückhielt, empfing und begleitete uns. Überall Schreien, Spucken und die drohende Bewegung des Halsabschneidens. Oie Glasfenster des Hotelomnibusses, in dem wir zu einer Kaserne transportiert wurden, wurden mit Steinen und Stöcken eingeschlagen. Die Belästigung ging so weit, daß ein uns begleitender Gendarm drohend mit seinem Karabiner auf die Menge anlegte. In der Kaserne wurden die Unteroffiziere in Baracken, ich in einer Mannschaftsstube des Hauptgebäudes untergebracht. Ich fand dort Leutnant A. von meiner Schwadron vor. Vollkommen ermattet warf ich mich auf einen Strohsack nieder. Leutnant A. rief mir jedoch zu: „Doktor, schreiben Sie noch einige Zellen an Ihre Frau." Ich meinte, das sei nicht so eilig. Er antwortete: „Leider doch, denn in einer Viertel­ stunde werden wir erschossen." Ich fuhr empor und wollte dies nicht glauben. Er wies nun auf das Fenster mit den Worten: „Überzeugen Sie fich selbst." Ich sah hinaus und sah, wie auf dem Kasernenhof zwölf Soldaten unter dem Befehl eines Offiziers ihre Gewehre luden. Hinter dem Tor des Kasernenhofs heulte ein wütender Pöbel. Dazu kam das, was

72 mir Leutnant A. von seinen bisherigen Erlebnissen erzählte. Er berichtete etwa folgendes: „Etwa um 12 Uhr bin ich heute hier in Brügge äuge, kommen, ich wurde sogleich etwa 1% Stunde lang unter dem höhnischen Jubel der Bevölkerung in der Stadt umhergeführt und kam dann in die Kaserne, kaum angelangt, wurde ich herausgeführt und an die Kasernenhofmauer gestellt. Man ließ vor meinen Augen laden und legte an. Daan wurde abgesetzt und ich wieder hineingeführt. Dieser Vorgang wiederholte sich noch zweimal. Unterwegs hatte mir der mich begleitende Hauptmann gesagt: „Vous avez tu6 nos enfants, ▼ous serez tu6s. Vous £tes läches, vous etes des betes, vous serez tuls.“ A. meinte dann, nachdem ich gekommen sei, werde sicherlich Ernst gemacht werden. Ich setzte mich hin und schrieb einen Abschiedsbrief nach Hause, nun auch selbst von unserer bevorstehenden Erschießung überzeugt. Nach kurzer Zeit kam der Offizier, der auf dem Hofe die Mannschaften befehligt hatte, es war auch, wie mir A. sagte, derselbe, der ihn durch die Stadt geführt und mit der Erschießung bedroht hatte, zu uns auf die Stube. Er fragte mich, ob ich auch an eine Erschießung glaube. Ich sagte nein, da dies gegen jedes Völkerrecht verstoßen würde. Er erklärte dann auch, wir würden nicht erschossen werden. Am anderen Tage kamen noch 5 deutsche Offiziere hinzu. Wir wurden dann am folgenden Tage in die Kaserne der Lanciers gebracht, wo wir und die hinzukommenden gefangenen deutschen Offiziere 12 Tage in Einzel­ haft blieben. Ich hatte eine kleine Stube mit einem Fenster, das sofort vernagelt wurde; die Glasscheibe wurde übertüncht. Täglich wurden wir zweimal auf je eine halbe Stunde zum Spazierengehen auf den Kasernen­ hof geführt. Hier konnten wir uns auch miteinander unterhalten. Diese Erholungspause wurde uns aber dadurch gekürzt, daß wir gezwungen wurden, während dieser Zett gemeinsam und in Anwesenheit der Posten das Klosett aufzusuchen. Mußten wir außerhalb dieser Zeit unsere Not­ durft verrichten, so waren wir genötigt, dies in der Stube zu besorgen. Ich bemerke auch noch, daß uns für den ganzen Aufenthalt in der Kaserne die Stiefel abgenommen waren, was höchst quälend war, da die Zimmer mit Steinfliesen belegt waren. Auf eine telegraphische Beschwerde an den König der Belgier erschien eines Tages ein General und besichtigte unsere Quartiere, traf aber keine Änderungen. Am 20. August empfingen wir unerwartet unsere Stiefel wieder. Dann wurden wir eingepfercht in einen Verbrecher­ wagen mit Zellen, zum Bahnhof geschafft und von dort nach Dünkirchen transportiert. Hier wurden wir unter ^Belästigungen der Menge — auch französische Soldaten warfen mit Steinen — auf einen Dampfer geschafft und in sehr engen und unerträglich heißen Kabinen untergebracht. Nach eintägiger Fahrt durch den Kanal erreichten wir Cherbourg.

73

Alle diese Erscheinungen muß man vor Augen haben, um das freventliche Spiel zu durchschauen, das die belgische Regierung mit dem eigenen Volke spielte.

Die unorganisierte inaktive Bürgerwehr bezeichnete man in amtlichen Kundgebungen als mobilisiert.

Man reihte sie

mit kühnem Federstrich unter die Kriegführenden ein und wußte genau, daß die Betörten beim besten Willen sich nicht über Nacht in militärische Kolonnen um­ formen konnten.

Dor der Geschichte wird dieses Brandmal ewig an der

Stirne der belgischen Regierung leuchten.

Ihr schwächlicher

Versuch, sich durch den Hinweis auf ihre Proklamationen über den Volkskrieg zu rechtfertigen, kann bei keinem ernsthaft Prüfenden verfangen. Diese Kundgebungen — im Zusammen­

hang mit den von uns erhärteten Tatsachen gelesen — ver­ stärken vielmehr den Schuldbeweis. Das gilt zunächst von den über die nicht aktive Bürgerwehr

erlassenen Anordnungen.

Mit der letzten hierüber am

18. August 1914 ergangenen gesteht, wie wir sehen,

die Regierung

selbst ein, daß die anfänglich er­

lassenen verfehlt waren, daß sie also vom Volke mißverstanden werden mußten, indem sie die länd­ liche

Bevölkerung glauben machten, sie hätte als

Teil der bewaffneten Macht

und nicht als bloße

Unterstützung der polizeilichen Ordnung zu gelten.

Durch die erste Verordnung hatte man nicht nur zum Behalten, sondern auch zum Beschaffen der Waffen aufgefordert, so daß

die Bürgermeister sich für verpflichtet halten mußten, die Waffen

ihren Gemeindegenossen zu liefern.

Daß das wiederholt ge­

schehen ist, sehen wir aus dem Zeugnisse des Comte de Villegas,

74

und dieses harmoniert mit vielen anderen Bekundungen, von denen ich hier zwei erwähnen will: Die eidliche Aussage des Johann Gotlewski: „Vom November 1911 bis -um Ausbruch des Krieges wohnte ich in Belgien zuletzt im Dorfe RumsLe oder ähnlich, etwa 2 Stunden von Lüttich. Es war am 2., 3. oder 4. August 1914, bevor die Deutschen um Lüttich waren. Da hörte ich, wie sich die Dorfbewohner abends gegenseitig erzählten, daß von der Gendarmerie im Dorfe Dlero Gewehre und Revolver ausgegeben würden. Ich sah auch, daß ein Trupp von 7—8 Mann unser Dorf verließ, die auf flämisch und französisch sich äußerten, daß sie sich von der Gendarmerie Waffen holen wollten, um auf die Deutschen zu schießen. Ich habe dies deutlich verstanden, da ich infolge meines dreiein­ halbjährigen Aufenthalts in Belgien soviel Flämisch und Französisch ver­ stehe. Die Leute gaben auch durch Pantomimen zu verstehen, was sie wollten, insbesondere taten sie auch so, als wenn sie ein Gewehr zum Schuß anlegten. Oie Leute fragten auch mich, ob ich nicht auch mitgehen wollte, mir Waffen zu holen. Am Abend bet Einbruch der Dunkelheit erschienen etwa 350 Mann belgisches Militär bei unserm Haus und nahmen dort Stellung und Deckung. Am andern Morgen kamen schon Deutsche und haben die Belgier nach erbittertem Kampf vertrieben. Etwa 4—5 Tage vor Ablauf des Juli ist auf verschiedenen Zechen, auch auf der meinen, wo hauptsächlich deutsche Belegschaft war, durch die Ingenieure angeordnet worden, daß die Bergleute, die nicht Deutsche waren, nicht einfahren sollten, sondern zum Ausheben von Schützen­ gräben kommandiert wurden. Ich war beschäftigt auf der Zeche Commune der Bergwerksgesellschast Haffard. Am selben Tage, als Bergleute zum Schützengrabenausheben kom­ mandiert wurden, habe ich dabei gestanden, wie Soldaten vor dem Fort Dlero Drahthindernisse anlegten und Schützengräben auswarfen. Gleichzeitig wurden, während ich noch dabei war, in einem Umkreis von 150 oder 300 m des Forts Häuser in Brand gesteckt und gesprengt, um für das Fort ein freies Schußfeld zu schaffen. Cs mögen auf diese Weise etwa 28 bis 30 Häuser niedergelegt worden sein. Ich bin übrigens am 1. August, als ich am Fort Dlero vorbeikam, um nach Dlero zum Arzt zu gehen, von belgischen Soldaten festgenommen, dann aber auf meinen ärztlichen Ausweis hin entlassen worden. Hierbei wurde mir aber gedroht, daß sie mir, wenn ich nochmal vorbei käme, eine Kugel in den Leib schießen würden.

75 Gleich am Anfang, als die Leute sich Waffen holten, erzählte mir einer von diesen, es seien 150000 Franzosen im Anzuge, um Belgien zu helfen, und 100 000 Engländer seien in Antwerpen."

Diejenige des Zahnarztes David Finkelstein: „Ich hielt mich etwa vom 3. bis 5. August auf der Durchreise in Brüssel auf und bewegte mich während dieser Zeit ziemlich viel auf der Straße, da ich allgemein für einen Engländer gehalten wurde, die französi­ sche Sprache einigermaßen beherrsche und mich so vor Angriffen und Be­ lästigungen im allgemeinen für geschützt halten konnte. Bei meinem Umher­ streifen durch die Straßen fiel mir auf, daß vor einem Waffenladen eine Menge Menschen standen. Unter diesen Menschen befand sich eine große Zahl von Leuten, denen ich nach ihrem Äußern nicht die nötigen Mittel zutraute, sich die Waffen selbst zu kaufen. Cs wurde nun von Personen, die durch die Ansammlung aufmerksam geworden waren und gleich mir stehen geblieben waren, erzählt, daß jeder männliche Einwohner Waffen erhalte und sie nicht zu bezahlen brauche. Das war wenigstens der Sinn der Worte, die ich genau nicht mehr wiedergeben kann. Cs fiel hierbei auch noch die Äußerung: „Laß nur die Deutschen kommen, die werden alle zusammengeschossen." In dem Laden herrschte, wie ich beobachtet habe, ein fortwährendes Kommen und Gehen. Ich hatte gleich damals die Befürchtung, daß die Bevölkerung diese Waffen gegen die deutschen Truppen gebrauchen würde. Ich bin nicht erst nachträglich durch die späteren Ereignisse zu dieser Ansicht gelangt. Als ich deutsches Gebiet betrat — es muß das etwa am 6. oder 7. August gewesen sein —, habe ich mich auch zuerst in Goch und dann in Wesel ge­ meldet und bin von einer mllitärischen Dienststelle am Bahnhof — soviel ich weiß, war es das Garnisonkommando — über meine Wahrnehmungen verhört worden. Ich habe hier meiner Befürchtung Ausdruck gegeben und dort auch Mitteilungen über beabsichtigte englische Truppenlandungen gemacht. Es ist dort ein Protokoll mit mir ausgenommen worden."

Noch schlimmer verhält es sich mit den Kundgebungen

der Regierung über den Volkskrieg.

Will man diese richtig

würdigen, so muß man bedenken, daß sie neben den älteren Proklamationen über die nicht aktive Bürgerwehr einhergingen und daher — wenn der Leser sie wirk­

lich für eine Abmahnung halten wollte — durch

diese Lügen gestraft wurden.

Nun lese man sie aber

selbst einmal, und rwar nicht im Auszüge, wie Herr Waxweiler dies zu tun geruht, sondern ganz. Die eine Proklamation vom

76 5. August 1914 — also gleich zu Anfang des Krieges erlassen — stellt eine lehrhafte Umschreibung der Sätze der Haager Kon­

vention über den erlaubten Volkskrieg dar; fie wendet sich als Zirkular an die Bürgermeister und beginnt mit den Worten: „Die deutsche Armee ist unter Verletzung der Verträge, die unsere Neutralität gewährleisten, i» das Land gedrungen. Die belgische Regierung ist entschlossen, die Verpflichtung zn erfüllen, di« auch fle durch diese Verträge elngegaugea ist. Scho» jetzt bereitet fle sich vor, alle Mittel i» gebrauchen, über die sie verfügt. Indem sie diese Aufgabe mit Hilfe der Armee erfüllt, hat fle die Gewißheit, daß alle so stark an ihrem Boden, ihrem Staate, ihrer Unab­ hängigkeit und ihrem Könige, der alles dies personifijiert, hängenden Belgier sich um ihn scharen und ihm begeisterte Unterstützung leihen werden."

Ju dem Zirkular wird dann der Ruf an die Kommunal­ behörden gerichtet, alle Bürger über ihre Pflichten gegenüber dem Daterlande aufzuklären, und hieran schließt sich die Dar­

legung des erlaubten Volkskrieges. Das Zirkular — in franzö­ sischer und flämischer Sprache erlasse» — umfaßt vier große Folioseiten engen Druckes. Ich füge es am Schlüsse des Buches bei. Der einfache Mann — und auch unter den Dorfvorständen

auf dem Lande in Belgien gibt es Leute, die kaum ihren Namen schreiben können — hat sogleich die Empfindung: hier redet jemand von einer Sache, die ihm sehr am Herzen liegt, von

einer Sache, von der der Leser sich ein Bild machen soll, der

früher nie an diese Sache gedacht hak. Was wußte denn aber die belgische Regierung

von der Erhebung des Volkes, als sie diese Zirku­ lare am 5. August 1914 versandte? Die Proklamation

zeigt dieselbe Erscheinung wie die UMersuchungskommission: Ausgearbeitet vor dem Kriege war die Warnung

vor der unerlaubten und die Belehrung über die erlaubte Form des Volkskrieges da, bevor sich das

77 Volk erhob. Die Zirkulare erinnern lebhaft an eine Vorlesung, die ein Winkeladvokat im Verbrecherkreise über das Straf­ recht hält. Noch klarer wird die Absicht, wenn man die in unmittel­

barem zeitlichem Zusammenhänge mit dem Zirkular erlassenen Anweisungen der Kreiskommissare liest. So läßt der Kommissar

des Kreises Brüssel, Baron de Royer de Dour de Fraule, stch

gegenüber den Bürgermeistern seines Arrondissements dahin vernehmen:

Am 5. August: „Sie wissen alle, baß unser Land von den Deutsche« überfallen ist; schon hat ein belgisches Bataillon am Dienstag in DisL eine starke deutsch« Brigade in Schach gehalten. In der schweren Lage, in der wir stecke», müssen die belgischen Farben vor de« Augen der Nation flattern und ein Zeichen der Vereinigung aller Freunde des bedrohten Daterlaudes wie eine sichtbare Offenbarung unseres kraftvollen Willens sein, Belgier und unabhängig |u bleiben. Lassen Sie bi« Nationalfahne auf de» Kircheatürmea, auf Ihrem Rathause und auf den öffentlichen Gebäuden wehen und dort so lange bleiben, bis wir unseren Bode» von der Gegenwart unserer Feinde ge­ säubert haben. Noch mehr: Jeder pflanze fein« Fahne auf, wenn er bat« in der Lage ist. Alle Belgier erheben stch, wir müssen doch siegen! Geben Sie diese Versicherung Ihren Bürgern.

Am 6. August: „Ich habe die Ehre, Sie davon in Kenntnis zu setzen, daß im Inter­ esse der nationalen Verteidigung und der öffentlichen Orb, nung ein königlicher Befehl vom 5. August 1914 die Mobilisierung der nicht-aktiven Bürgerwehr aller Gemeinden angeordnet hat. Diese Bürger­ wehr ist also jetzt mit der Aufgabe betraut, die der erste Artikel des Gesetzes vom 9. September 1897 der aktiven Bürgergarde überträgt: für die Erhaltung der nationalen Unabhängigkeit «ad der Unver­ sehrtheit des Staatsgebietes ebenso zu sorgen, wie über die Aufrechterhaltung der Ordnung «ad der Gesetze zu wache». Entsprechend dem Artikel 2 des oben bezeichneten Königlichen Befehls vom 5. d. MtS. werde» die Männer, welche die Dürgerwehren zusammen­ fetze» und zur Aktivität aafgerufen sind, in der Folgezeit in offener Weise die Zeichen tragen:

78 1. am linke» Arm eine Binde mit den Nationalfarbea; 2. an der Kopfbedeckung eine Kokarde in denselben Farben. Für den Augenblick verteilt man keine Waffe», da die Soldatea dies« zuerst erhalten müssen; bewaffnet die Leut« also »ach besten Kräften und »ach Eurem Ermessen mit offenen Waffen." Sapienti sat. Als dann das Unheil seinen Lauf und dank

der deutschen Kraft einen anderen Verlauf nahm, als die Draht­ zieher sich die Sache gedacht, der Stoff für die Greuelberichte

überdies schon genügend vorbereitet war, blies man ab. Man

schlug Auftufe des Inhalts an: „Der Minister des Innern empfiehlt den Bürgern, wenn der Feind sich in ihrer Gegend zeigt, nicht zu kämpfen; weder Beleidigungen noch Drohungen auszustoßen; sich im Innern der Häuser zu halten und die Fenster

zu schließen, damit man nicht sagen könne, daß eine Heraus­

forderung stattgefunden habe; die Gewalttätigkeit, die von einem einzigen Zivilisten begangen wird, wäre ein wahres

Verbrechen, welches das Gesetz mit Festnahme bestraft und verdammt; denn es könnte zum Vorwande für eine blutige

Vergeltung, für die Plünderung und für die Hinschlachtung

der unschuldigen Bevölkerung, der Frauen und Kinder dienen." Selbst in diesen Proklamationen kann man die doppel­ züngige Redewendung von dem „seul civil“ nicht unter­

drücken, der nicht schießen dürfe — ein Wort, das der einfache

Mann leicht dahin deuten mochte, daß die Schießerei zu

zweit und dritt eine erlaubte sei. Was soll man aber dazu sagen, daß noch am i8. August

1914 die Regierung dazu auffordert, daß möglichst viele Frei­

willige sich in die Bürgerwehren unter Befreiung von der sonst erforderlichen

Kontrolle

wobei Personen vom

des

Bürgerrates

einreihen sollen,

18. Lebensjahre an Zulassung finden

sollen. Mir liegt ein solcher Auftuf des Gouvernements Namur

vom 18. August 1914 vor.

Am gleichen Tage erklärt dieses

79 Gouvernement — offenbar wie alle anderen im Lande — in einem Rundschreiben an die Chefs der Kommunalverwaltungen

der Provinz, daß die Bürgergarde ihren Überwachungsdienst und

die

anderen

Dienste, zu denen sie herangezogen

werden könnte, mit der größten Klugheit versehen möchte. Das Schreiben schließt mit den Worten: „Es kommt sehr darauf an, die Bewegung der befreundeten Truppen nicht ju stören. DaS beigefügte BUd wird ihre Uniformen erkenne» lassen."

Danach rechnet also die Regierung auch am i8. August iyi4 fortgesetzt mit den von den nicht aktiven Bürgerwehren

zu veranstaltenden Überfällen! Was aber soll vollends der von ihr ost in der Presse ver­

kündete Rat, die Häuser zu verrammeln?

Wer sollte denn in

diesen Häusern sich verborgen halten, wenn alle Männer von 20 bis 40 Jahren und wer sich sonst dazu bereit fand, von der Regierung aufgefordert waren, für

die eigene Bewaffnung zu sorgen. Daß das Volk daraus

den Schluß zog, daß sich eben diese Männer in die wohlver­

barrikadierten Häuser zu verfügen hätten, wird niemand wunder­ nehmen.

Nichts ist bezeichnender für das Schuldbewußtsein der

Regierung als das Verhalten der Untersuchungskommission

gegenüber der Frage der nicht aktiven Bürgerwehr. Hat diese Wehr, d. h. haben alle Männer vom 20. bis 40. Jahre, und die freiwillig ihnen sich anschließenden Personen auf dem flachen Lande und in den kleinen Städten geschossen oder nicht? Heraus

mit der Sprache!

Ein beharrliches Schweigen ist die

Antwort; wir können mit dieser zufrieden sein.

8o

8. Die deutsche RrLegsführung in Belgien. Kein Ge­

Das belgische Heer hat sich tapfer geschlagen.

ringerer als der Deutsche Kaiser hat ihm das Lob erteilt. Die

kriegsmäßige Verteidigung von Lüttich wird vor der Geschichte

in Ehren bestehen.

Desto grausiger hebt sich von diesem leuchtenden Hinter­ gründe das dunkle Gemälde der Volkskämpfe ab.

An sie hat

sich der Vorwurf einer grausamen Wendung des Krieges an­ geschlossen — mit Recht: der Vorwurf gegen eine gewissenlose Regierung, die es zu diesem Echlußatte im Drama „Belgien"

kommen ließ. Wir brauchen der Welt nicht mit hochtönenden Worten ju versichern, in welcher Weise das deutsche Heer gewohnt ist,

eine friedfertige Zivilbevölkerung zu behandeln.

Die

auf­

rechten Steine von Brüssel und Antwerpen zeugen für

uns.

Gemeinsam mit der deutschen Gouvernements­

verwaltung beginnen die belgischen Behörden wieder die Ge­

schäfte des Friedens.

Die Briefe, welche die im Lande Ge­

bliebenen an die belgischen Kriegsgefangenen in Deutschland

schreiben, bekunden die Einttacht zwischen der Zivilbevölkerung

der besetzten Gebiete mit den deutschen Truppen.

Der Fluch der Zerstörung fällt auf die Männer, die den ttaurigen Mut besaßen, ein harmloses Volk zu den Waffen zu rufen und ins Verderben zu jagen.

Die deutsche Abwehr

gegen den widerrechtlich geschürten Volksaufstand bediente sich

der vier Mittel, die jeder Feldherr in dieser furchtbaren Lage ergreifen muß, will er sein Heer nicht dem Selbstmorde preis­ geben: i. der Inbrandsetzung der Häuser, aus denen die Frei­

schärler schossen;

8i 2. der Ergreifung der Schuldigen und ihrer mutmaßlichen Helfer zur kriegsmäßigen Aburteilung; .

z. der Festhaltung von Geiseln als Bürgen für das Wohl­

verhalten der Bevölkerung und der Auflage von Strafgeldern

für den erfolgten Überfall; 4. der warnenden Aufrufe, inhalts deren die Einwohner

einer Ortschaft gewärtigen mußten, Unschuldige mit Schuldigen leiden j» sehen, wenn der Franktireurüberfall die Truppen jur Verteidigung jwänge. Es gibt kein Heer in der ganjen Welt, das im­

stande

wäre,

mildere

Maßnahmen

anzuwenden.

Ihre Durchführung rettete Mittel- und Westbelgien

vor der unvermeidlichen Zerstörung, die Straßen­ kämpfe

mit sich bringen mußten.

Die belgische Untersuchungskommiffion hat gedacht, durch eine einseitige Sammlung der deutschen Proklamationen Stim­ mung gegen die deutsche Kriegsführung machen zu können,

wobei es ihr auch nicht auf die Fälschung ankam, in der einen sagen zu lassen, daß wenn man — statt wenn ein Einwohner —

auf die deutschen Truppen schösse, alle Bewohner darunter ju leiden hätten, und in allen Proklamationen sorgfältig jede Stelle auszumerzen, die auf die der Proklamation vorangehende Schießerei der Einwohner hindeutet.

Eine solche Aufzählung

unter Verschweigung der Ausdehnung des Volkskrieges ist

eine böswillige Entstellung der Wahrheit. Den Terror führten nicht diese Proklamationen ein; sie beendigten den Terror der

niederen Instinkte der aufgestachelten Masse.

Wie wenig der

deutschen Kriegsführung daran lag, ihrerseits den Terror ausjuüben, lehrt schon die natürlich von der Kommission unter­

drückte Tatsache, daß die Stadt Wavre die ihr auferlegte StrafGraßhoff, Belgiens Schuld. 6

82

summe nicht zahlen konnte und trotzdem von der angedrohten

Anzündung verschont blieb.

Der Vorwurf der Kirchenbrände prallt an dem Hinweis auf die von den Freischärlern beliebte Bevorzugung der Kirchen­ türme ab, zu denen die Zivilgemeinden die Schlüssel in den Händen hatten; nicht nur zur Beobachtung und

Zeichengebung durch Glockenschlag, auch zum unmittelbaren

Versteck der hinterhältigen Schützen diente die Höhe. Wie wenig Achtung des belgische Heer dem Heiligen entgegenbrachte,

mag der Leser aus dem Briefe ersehen, den ein belgischer Soldat mit Vornamen Jules am 21. August 1914 aus Van Damme, einer befestigten Stellung vor Antwerpen, an einen Angehörigen dahin schrieb: „Mela lieber JosephJ;i

Endlich haben wir mal einen Ruhetag, der erste seit dem Beginn der Feindseligkeiten. Nachrichten erhalten wir von nirgends mehr. Oer von Dir erhaltene Brief war vom 14. August datiert; keiner, dem ich es sagte, wollte es glauben. Ich muß Dir sagen, daß ich mich sehr darüber gefreut habe. Ja meinem letzten Bries habe ich Dir von der Schlacht bei Haelea erzählt. Wir mußten bann im Kugelregen schleunigst fliehen. Wir stad bis zuletzt in Haelea geblieben und haben den Turm der Kirche aagezündet, während sie uns aus 100m nahe waren. Ium Glück für uns, denn der Feind hatte vom Kirchturm eine gute Aussicht auf die Ge­ lände, in die wir unö zurückzogea. Don da sind wir nach Aerschot zurück­ gegangen, um als Ersatz zu dienen. Am folgenden Tag hat sich dort ein ziemlich bedeutender Kampf abgespielt, «0 unsere Truppen sich zurück­ zogen, nicht aus Not, sondern infolge einer Taktik, um die „Boches“ zu täuschen, und sie sind bis jetzt auch darauf reiagefallen. Wir haben große Hoffnung und besonders vielen Mut. Heute sah ich Jacques Jndheu; er hat sich zu den Krankenträgern gemeldet. Wie er mir sagte, bedauert er, noch keiner Schlacht beigewohnt zu haben. Ich habe ihm darauf erwidert, ich wünschte, es ginge ohne Schlachten ab und daß es bald mit dem Krieg ein Ende nehme. Wir haben uns hier hinter die befestigte» Stellungen von Antwerpen zurückgezogen und für den Augenblick nichts zu fürchten. Übrigens sagen alle, daß Antwerpen uneinnehmbar sei, zumal da Lüttich wieder in den Hände» der Franzosen ist. Ich «erde gerufen, lieber Joseph; bald weiteres. Grüße zu Hause."

83 Hunderte von beschworenen Aussagen bekunden die ver, hängnisvolle Bedeutung gerade der Kirchentürme, deren Miß­ brauch seitens der Freischärler lediglich den ZivUgemeinden und nicht etwa der Ortsgeistlichkeit jur Last ju legen ist. Die angeblichen Plünderungen sind — soweit sie nicht

eine glatte Erfindung darstellen — sehr einfach ju erklären: vereinjelte schlimme Elemente unter der Zivilbevölkerung gaben

sich ihnen hin, wie belgische Zeugen vielfach unter ihrem Eide bestätigt haben; für Bise liegt sogar eine von dem Bürgermeister Marie Fayn und dessen Delegierten Louis Roenen-Gathoye aufgestellte Liste der Diebe vor, und die belgische Staatsanwalt­

schaft fahndet unter Bitte um die Mitwirkung der deutschen Gewalt noch nach solchen Missetätern.

Daneben haben die

„Freunde" des belgischen Volkes für die Rettung des nationalen

Vermögens vor dem gefürchteten deutschen Zugriffe gesorgt. Cs bekundet j. B. der Major Krusemarck vom Jägerbataillon

in Lübben: „Ich Bin nach bet Mobilmachung als Kommandeur des 2. Bataillons Reserve,Infanterieregiments 12 ins Feld gerückt. Bereits während der Belagerung von Antwerpen habe ich in verschiedenen Ortschaften Spuren von Verwüstungen durch feindliche Truppen bemerkt. Oie Verwüstungen bestanden im wesentlichen in der Zertrümmerung von Möbeln und son­ stigem Hausrat im Innern von Gebäuden. Nähere Einzelheiten hierüber vermag ich nicht anzugeben, auch weiß ich nicht, inwieweit an diesen Verwüstungen belgische, französische und englische Truppen im einzelnen belelligt waren. Ich nehme jedoch an, daß hauptsächlich belgische Truppen in dieser Beziehung in Frage kommen, da uns meist solche gegenüber lagen. Am 10. Oktober 1914 vormittags rückte ich mit dem 2. Bataillon in die Gegend von Wilryk vor Antwerpen vor, um in dieser Gegend Unter­ kunft zu nehmen. Ich schlug mein Stabsquartier in einem Schlosse da­ selbst auf, wo sich das italienische Konsulat befand. Sowohl das Schloß, als auch alle dazu gehörigen Nebengebäude waren von den Bewohnern völlig verlassen. Gleich beim Eintreffen in das Schloß nahm ich wahr, daß englische Truppen in barbarischer Weise dort gehaust hatten. Wertvolle Kuastgegenstände, große Spiegel usw. waren zerschlagen, und zwar



84

in einer Art und Weise, daß es nur absichtlich geschehen sein konnte. Jnsbe, sondere war in einem größeren Saal, welcher offenbar als Speiseraum gedient hatte, ein großer Spiegel zertrümmert. In demselben Raum lag ferner unmittelbar links neben dem Kamin, auf welchem sie offenbar vorher gestanden hatte, eine große Bronzegruppe auf marmornem Sockel auf dem Fußboden. Der marmorne Sockel war zerbrochen und die Bronze­ gruppe war durch den Fall leicht beschädigt. AuS der Lage der Gruppe unmittelbar neben dem Kamin ging unzweifelhaft hervor, daß die sehr schwere und umfangreiche Bronzegruppe absichtlich und gewaltsam von dem Kamin heruntergeschoben worden ist. Don anderen Offizieren meines Bataillons ist mir mitgeteilt worden, daß in anderen Räumen vielfach ähnliche Zerstörungen stattgefunden haben, ich vermag jedoch hierüber aus eigener Wissenschaft nichts Näheres zu bekunden. Ich habe jedoch in einem Raum, welcher eine Treppe höher lag, selbst wahrgenommen, daß dort sehr wertvolle, gold- und silbergestickte Galauniformstücke des Generalkonsuls auf dem Fußboden zerstreut umher­ lagen, und zwar um einen großen Blechkoffer herum, in welchem sie anscheinend vorher gelegen hatten. Ich habe dann bas ganze Schloß auf­ räumen, die beschädigten Kunstgegenstände, soweit es möglich war, wieder Herstellen und die Galauniform wieder einpacken lassen. Die von mir geschilderten Verwüstungen sind nach meiner Über­ zeugung unzweifelhaft von englischen Heeresangehörigen verübt worden. Zum Beweise hierfür dient folgendes: In einem Raum des Schlosses lagen etwa ein Dutzend Besuchskarten eines englischen Offiziers mit folgen­ dem Aufdruck: „Major E. L. Gerrard. Royal Marine Light Jnfantery." In diesem Raum hat offenbar ein englischer Offizier sich aufgehalten, wie aus Toilettengegenständen, welche sich dort befanden, hervorgeht. In demselben Raume lagen auch gedruckte Formulare nach unserer Art Melde­ karten in englischer Sprache herum, welche jedenfalls für englische Flieger gedient haben. Ich glaube mich auch zu entsinnen, daß die Ausweiskarte eines englischen Fliegers mit Photographie dort lag, weiß dies jedoch nicht mehr genau. In einem Raum lag auch ein Koffer und ein Wäschesack eines englischen Offiziers, in dem Wäschesack befand sich anscheinend als Beutestück ein beschädigter preußischer Jnfanteriehelm. Ich überreiche anbei ein Stück der oben erwähnten Besuchskarte des englischen Majors Gerrard. Mein Gesamteindruck ging dahin, daß die englischen Truppen in dem Schlosse Les italienischen Generalkonsuls durch unser plötzliches Dorrücken überrascht wurden und aus Ärger hierüber sowie über ihre Niederlage bei Antwerpen bei ihrem plötzlichen Abzüge die Beschädigungen verübten. Bei der sich anschließenden Verfolgung der belgisch-englischen Truppen durch uns hörten wir wiederholt in den Ortschaften Klagen von Einwohnern darüber, daß gerade die englischen Truppen in rücksichtslosester Weise vor-

85 gegangen seien und absichtlich Zerstörungen in den Hausern von Zivil­ personen an Möbeln, Wirtschastsgegenständen usw. verübt hatten."

Ein sehr trübes Kapitel bildet endlich die Zerstörungs­ und Plünderungswut der eigenen belgischen Soldaten, über die sich u. a. der Präfekt des Königlichen Athenäums in Mecheln, Herr Ed. Hamels, in einem unter dem 26. September 1914 an den belgischen Kriegsminister gerichteten und in die Hände der Deutschen gefallenen Schreiben

bitter

beschwert; Herr

Hamels versichert, daß alle Möbel von den Übeltätern erbrochen und durchwühlt und ihr Inhalt, soweit er ihnen nicht behagte, herausgeworfen und auf dem Boden jerstreut worden sei und daß sogar die persönlichen Papiere des Herrn Präfekten Gegen­

stand der Aufmerksamkeit der Soldaten gewesen sind.

Den untrüglichen Prüfstein für die Qualität eines Heeres

gibt seine Disziplin und seine Rechtspflege ab.

Um die Größe

dieser beiden im deutschen Heere wirkenden Kräfte zu würdigen,

müssen wir erst einmal die Kulturniederung betrachten, in der

sich die deutschen Feinde bewegen.

Nichts kann für die Leute,

die nicht müde werden, dem deutschen Volke und seinem Heere Barbareien vorzuwerfen, beschämender sein, als der Spiegel, den ihnen ein Neutraler vor Augen hält, der Gelegenheit hatte,

die sittlichen Mächte am eigenen Leibe zu spüren, für die die

Gegner des Deutschtums ihre Lanzen brechen. Der holländische Kaufmann Viktor Schmier, katholischen Glaubens und in Brügge

wohnhaft, hat seine eindrucksvollen Erlebnisse in jenem Zipfel

Belgiens, der zurzeit allein Barbarei

verschont

noch von der deutschen

geblieben

ist, dahin zu Protokoll

gegeben: „Seit meiner frühen Jugend wohnte ich in Antwerpen und bin dort vor 10 Jahren nach Brügge verzogen. Meine holländische Staatsange­ hörigkeit war sowohl den Behörden wie dem großen Publikum wohl be­ kannt. Ich wurde trotzdem am 4. Oktober v.J. festgenommen, und zwar

86 als politisch verdächtig. Man gab mir zunächst keinerlei Grund an, sondern sagte mir, in zwei bis drei Tagen sind Sie wieder frei. Erst in Calais am 21. Oktober 1914 wurde mir durch den dortigen Polizeikommissar milgeteilt, daß ich einen deutschen Namen hätte und mit deutschen sowie österreichischen Firmen Geschäfte mache und deshalb verdächtig sei. In Calais waren wir in einem kleinen Raum eingesperrt, und zwar 11 Männer und 1 Frau. Außer mir und einem in Knocke fest­ genommenen bayerischen Reserveoffizier war noch ein elsaß-lothringisches Ehepaar mit anwesend. Der Mann war Chauffeur. Die übrigen sieben waren belgische Deserteure und sonstiges Gesindel. Der Elsaß-Lothringer war Chauffeur bei einem Herrn Mazy aus Lüttich, der bei Koxyde eine größere Villa hatte. Der Name des Chauffeurs ist Kerr, nähere Personalien sind mir nicht bekannt, könnten sich vielleicht in Lüttich feststellen lassen. In der erwähnten Zelle in Calais wurde nun die Frau deö Elsässers, er fiel durch sein schlechtes Französisch auf,'in unserer Gegenwart und in Gegenwart ihres Mannes in einer Nacht von den sieben Belgiern der Reihe nach gebraucht. Wir, ich meine damit uns vier Ausländer, haben um Hilfe geschrien, nicht nur gerufen, aber ohne jeden Erfolg. Die Wache mischte sich nicht ein, sie drohte mir im Gegenteil, als ich an die Eisenstäbe des vergitterten Fensters ging, mit Erschießen mit den Worten: „Taisez vous sabboches.“ Der Posten legte auf mich an, so daß ich aus Gründen eigenster Sicherheit auf jegliche Intervention verzichten und die Frau ihrem Schicksal überlassen mußte. Nachdem ich in Freiheit gesetzt war, hielt ich mich in Koxyde bzw. Ostduinkerke etwa 4 Wochen lang auf. Dort traf ich u. a. auch einmal in den Dünen, um ein Feuer sitzend, Marokkaner, es waren Gommiers, vollständig Schwarze, Lurbanträger. Ich fragte sie im Laufe des Ge­ spräches, das ich mit ihnen anknüpfte, ob sie auch schon in der Front ge, wesen wären und auch schon auf die Deutschen geschossen hätten. Einer antwortete: „Oh ja", dabei bückte er sich und zog aus seinen weiten Pump­ hosen eine Schnur mit stinkenden Fleischfetzen hervor. Er breitete die Schnur aus und zählte die einzelnen Stücke, es waren, wie ich mich über­ zeugte, weiße, menschliche Ohren, auf. Im ganzen waren es 23 Stück. Er erklärte dabei ausdrücklich, er habe sie den deutschen Verwundeten abgeschnitten. Es war ein äußerst widerlicher und gemeiner Anblick. Ein anderer holte zum Beweise seiner Tapferkeit ebenfalls aus seiner weiten Pumphose einen Männerkopf hervor, den er auf die Hand nahm und mir hinhielt. Die Augen waren geschlossen und voll Sand. Der Kopfwar bartlos und rothaarig. Der Schwarze steckte den Kopf wieder in seine Hose zurück. Beim Gehen sah ich nachher, wie ihm der Kopf um die Knie, kehlen schlenkerte. Als Zeugen dieses Vorganges können noch die Kutscher, söhne Woet, ebenfalls Kutscher, dienen. Beide sind aus Gent. Offiziere waren nicht in der Nähe, daß aber den Vorgesetzten eine derartige Barbarei

87 und eine derartige Schweinerei bekannt sein müssen, ist, als ganz selbst­ verständlich, nicht zu bezweifeln, denn in der ganzen Zivilbevölke, rung war es bekannt. Ich habe gesehen, daß sowohl die belgische wie auch die französische Armee sich wie die Hunnen benommen haben. Wenn man annimmt, daß die Angehörigen dieser Armeen Ansprüche auf Zugehörigkeit zu zivilisierten Staaten erheben wollen, so kann man nur sagen, daß sie noch schlimmer als die Hunnen gehaust haben. Fast alle Häuser und Villen, die von den Besitzern verlassen worden waren, sind ausgestohlen und ausgeplündert. In denselben herrscht ein unbeschreiblicher Schmutz und größtes Chaos. Die Aborte wurden nicht mehr benutzt, weil sie verstopft und die Wasser, spülungen abgerissen waren. Die menschenähnlichen Schweine setzten sich einfach in Zimmerecken. In einer Hotelvilla wurden beispielsweise die Petroleumöfen als Abtritte benutzt. Es ist unmöglich, nähere Einzelheiten zu geben, man könnte tagelang darüber sprechen und schreiben. Ich war Zeuge, wie im „Grand Hotel de la Plage“ in NieuportBains ein Keller geleert wurde von belgischen Soldaten. Einer der Leute, der die Sektflasche nicht aufmachen konnte, nahm sie aus Ärger hierüber und warf sie in die Spiegelscheiben des Lokals, die natürlich zersplitterten. Ein kleiner Häuserkomplex zwischen Woelpen und Ramskapelle sollte für eine Nacht geräumt werden. Eine Frau bat die dort kommandierten belgi­ schen Soldaten, ihre Ohrringe und Schmuck holen zu dürfen. Es wurde ihr abgeschlagen. Als die Frau am Tage darauf wieder zurückkam, war alles aufgebrochen und ausgestohlen. Ich traf sie weinend mit anderen auf der Straße. Dort wurde mir auch von anderen erzählt, die belgischen Soldaten hätten übereinstimmend angegeben, „wenn wir nicht alles nehmen, was wir können, so nehmen es die Franzosen, und wenn die Belgier und die Franzosen es nicht nehmen würden, würden es dann die Deutschen sich holen". Ich war im ganzen 27 Tage in der fraglichen Gegend." Diesem wüsten Bilde stelle man den deutschen Rechts sinn gegenüber, der im Kampfe gegen solche Horden nichts an seiner inneren Kraft verloren hat.

Noch hat kein deutsches Kriegs­

gericht das Beispiel der Franjosen nachgeahmt und fremde Heeresangehörige wegen vermeintlicher im Dienste oder bei Gelegenheit

des Dienstes begangener

Freveltaten

verfolgt.

Wer die über die deutsche Jusiijpflege in den besetzten Gebieten

entstandenen Akten gelesen hat, ist erstaunt über die Fülle der Freisprechungen, die diejenige der VerurteUungen überwiegt;

über Missetaten der Einwohner, die in dem besetzten Gebiete

selbst vorfallen, urteilt das deutsche Gewissen in strenger Sach­

lichkeit! Ein lehrreiches Beispiel der Disziplin — ein Beispiel für

viele! In der Antwerpener, jetzt in London erscheinenden Zeitung

Metropole — einer Quelle für die Sensationshungrigen — las man, was das Pariser Journal unter dem i8. März 1915

übernahm: „In Brasschaet verfolgte ein deutscher Soldat

(un soldat boche) ein Mädchen von 14 Jahren mit seinen Zudringlichkeiten; da sie sich widersetzte, schoß er sie mit seinem Revolver nieder."

Was war geschehen?

Ein Kanonier von

einem Landsturm-Bataillon war am 26. Februar 1915 friedlich

in die Wirtschaft der Maria Jacobs geb. Geuens in Brasschaet

gegangen, hatte mit Wirtin und Wirtstöchterlein geplaudert und ihnen dabei voller Stolz einen neu erstandenen Revolver gezeigt.

Die ungesicherte Waffe entlud sich hierbei; der ver­

hängnisvolle Schuß traf das Mädchen tödlich.

Der Soldat

stellte sich sofort der Militärbehörde, und während

die Presse in neuen Grenellügen schwelgte, ging das deutsche

Gerichtsverfahren seinen prompte» Gang.

Ein Militärarzt

bemühte sich noch am gleichen Tage um die Verletzte; am 27. Februar fand eine gerichtliche Totenschau statt. Im gleichen

Augenblick, da man die deutsche Hunnenwirtschast schmähte, trat der unselige, innerlich ob seiner Tat gebrochene Mann die ihm wegen fahrlässiger Tötung auferlegte Gefängnisstrafe an.

Fragt uns aber jemand, warum unsere Soldaten mit ihrem ehrlichen deutschen Herzen es über sich vermochten, dem widerrechtlichen Volkskriege in Belgien mit aller männlichen

Kraft entgegenzutreten und dieser Hydra die Köpfe bis zum letzten abzuschlagen, so antworten wir mit den Worten unseres

wehrhaften Friedrich von Sallet:

89

„Man kann im Herzen Milde tragen. Und doch mit Kolben drunter schlagen."

Wir sind am Ende unserer Bettachtung.

Vom Ver­

gangenen wenden wir die Blicke in die Zukunft. Der Frühling

zieht ins Land.

Mit nerviger Faust lenkt der deutsche Soldat

hinter der Front die Pflugschar durch Belgiens Felder —

Brot zu schaffen nicht dem deutschen Herde, sondern dem von den eigenen Regierungsgewalten schnöde verratenen und von

deren englischen Freunde dem Hunger geweihten Belgiervolke.

Deutscher Fleiß regt an allen Enden die schlummernde belgische

Seele an, daß sie — wie vor dem Kriege — austaue unter seinem Odem.

Nicht kümmert uns bei diesem Werke der Rohrspatz,

der im Echo beige über die unaufhörlichen Hunnentaten zetert. Wir tragen in uns das Gebot der Pflicht, von der Kant uns

gelehrt, daß nur sie das Erhabene im Menschen ist — der einzige Wert, den sich Menschen selbst geben können.

Der uns auf­

gedrungene Krieg legte uns die Pflicht zum Wirken für die Freiheit

des Vaterlandes, für die Freiheit des Menschengeschlechtes auf.

Wohlan, wir werden sie erfüllen!

Reizt Sie die Aufgabe nicht, Herr Waxweiler, sich aus

Ihrem Otium sine dignitate aufzuraffen und an der Arbeit für das Aufblühen des Belgierlandes teilzunehmen?

Es wird

der Tag kommen, an dem auch Ihr armes, mißleitetes Volk erwachend verstehen wird, zwischen Spreu und Weizen unter

seinen führenden Geistern zu scheiden. Für Deutschland aber gilt: Sit ut est aut non sit.

Erit in aevum I

Beigaben.

Gelte

1. Übersicht der Franktireurorte, nach den belgischen Provinzen geordnet

93

2. Das Zirkular des belgischen Ministers Les Innern an die Gemeinden über den Volkskrieg vom 5. August 1914 (S. 76).......................

97

3. Das Schreiben des Präfekten Hamels über die Plünderung der belgischen Soldaten in Mecheln (S. 85).............................................. 103

4. Das Telegramm des Kommandanten Roch über die Bewaffnung der nicht-aktiven Bürgerwehr (S. 47)................................................ 105 5. Das Telegramm des Gouverneurs Beco über die Beschaffung von blauen Blusen, datiert vom 14. August 1914 (S. 47)................ 107

Die nachgewiesenen Franktireurorte. Provinz Limburg: Montenaeken Neerpelt St. Trond Tessenderloo Tongres

Alken Bassenge Haelen Hasselt Herck-la-Ville Mecheln

Provinz Lüttich: Amry b/Heure-le-Romain Argenteu Aywaille Barchon Basse-Melen Battice Berneau Blegny Bolland Bombaye ChenLe b/Lüttich Clermont Comblain-au - Pont Cornesse Dolhain Esneux Flagotier Ftemalle (Fort) FISron Foret Fraiture Francorchamps Haccourt Hallembaye

Hannut Henri-Chapelle Hermle Herstal Heure-le- Romain Hockay Housse Jalhay Julemont Landen b/Tirlemont Linc6 Lixhe Louveigne Melin Micheroux Merdorp b/Autre-figlise Mouland a/Maas OugrSe Poulseur Roms6e St. Hadelin Soiron Sprimont Stoumont

94 Wandre Waremme Warsage

Theux Trois-Fontaines Vaux et Borset Vise

Provinz Luxemburg: Les Bulles Leglise-Autier Martelange Neufchäteau Ochamps Ourthe Marche Petit- Rosi&re Rossignol Reux b/Marche St. Marie b/Tintigny. St. Pierre Sorinnes Tavigny Tintigny Transinne Vance Vielsalm Villers-devant- Orval

Anloy Ansart Arlon Assenois Anhänge Bastogne Bellefontaine Etalle Ethe Florenville Glaireuse Glaumont Grandmenil Habay-la-Neuve Halleux Hamiprö Hargimont Hollogne b/Marche Hotton Jamoigne

Provinz Antwerpen; fehlt.

Provinz Brabant: Aerschot Bücken Ceroux-Mousty Cortenbergh Diest Dormael b/Tirlemont Elewyt Glabbeck- Suerbempde Gossoncourt-lez-Tirlemont

Grand-Rosi&re Hackendover Heelenbosch b/Tirlemont Herent Hougaerde Limelette b/ Ottignies Linden b/Löwen Löwen Londcrzeel

95 Nethen b/Weerth St. Georges Nosseghem Orsmael b/ Tirlemont Roosbeek (Rosterbeek) St. Vincent

Saventhem Tirlemont Vertryck Wavre

Provinz Namur: Achäne Andenne AnthLe b/Dinant Assesse Biesme Bievre Blaimont Champion b/Namur Ciney Conneux Dinant Evelette Franchimont GochenLe Hastig re Houx La petite Chapelle Les Rivages b/Dinant Lesse b/Dinant

Lustin Malonne b/Namur Marienbourg Mesnil Namur Natoye Neffe b/Dinant Onhaye Pr6 d’Oie b/Natoye Pumode Romeree Rosee St. Gerard Silenrieux Somme Sosoye Spontin Surice Tamines

Provinz Hennegau: Acoz Aiseau b/Tamines Anderhues b/Charleroi Charleroi Chätelet Farciennes b/Pont-de-Loup Fleurus Gerpinnes Gilly Gosselies Gougnies Gouy Havr€ b/Mons

Jumet Le Roux Lessies (Lessines) Lobbes b/Charleroi Marchienne-au-Pont Maurage b/Mons Monceau-sur-Sambre Mons Monti gnies-sur- Sambre Montigny Nimy Pont-de-Loup Plissant b/Binche

96 Roselises Terteres b/Mons

Thieu Wasmes

Provinz Ostflandern: Dendermonde (Termonde) Zant b/Dendermonde.

Melle-Quatrecht

Provinz Westflandern: Becelaere Belleghem Bixschote Dadizeele Hessen Handzaeme Houthem

Kerkhove Ostende Rousselaere Staden b/Rousselaere Thourout- Thorhout Westroosebeke.

Orte mit ungewisser Schreibweise: Anlers Asgreize Baesbinter Bauche Beeheme Betlange Biodantige Bombaye Bousignes Bouosligne-Neuve Büdingen Chevreuse Commllet Convin Corbin Corssum Cuemele Evegnee Evrechaille Frameur Fraudimont Gemechenne Gons

1 Grandmur | Grimbi£mont Grimde Haudiomont Haut-Bois Haut-Prial Havelott b/Huy Hollogne b/Aye Hooge-Beustcl Hymes b/Ouffct La Botte La Fert6 Lakeycourt Le Buily Linseau Lahair Magn^e Maissni Manlay Mariette Navagne Negenwell I Nolumes

97 Oneux Oxelaer Pouilly Reline Rommsdenne St. Blaise Tarnier Tilice Vauvillers

Vauxelles Vignies Vorsage Warby Warfercee Ychippe Zeuze ZuicA.

Circulaire aux autorites communales. Messieurs, L’armee allemande a penetre dans le pays en violation des traites qui garantissent notre neutralite. Le gouvernement beige est decide A remplir les obligations que, lui aussi, a contract6es par ces traites. Des ä present, il seprLpare ä user de tous les moyens dont il dispose. En accomplissant cette Mission avec l’aide de Farmee, il a la certitude que tous les Beiges, si profonddment attacMs A leur sol, A leur nationale, A leur indSpendance, ä leur Roi qui les personnifie, se serreront autour de lui et lui preteront le concours le plus dSvouS. Dans les circonstances actuelles, la täche des autorites communales sera parfois difficile, toujours importante. D'aprSs les lois de la guerre, ces autorites ne sont pas assimilees aux fonctionnaires politiques que la prSsence des armees etrangeres oblige le plus souvent ä se retirer. Elles demeureront donc en place et continueront A exercer leurs fonctions dans PintSret des habitants. Elles ne cesseraient ces fonctions que si l’envahisseur prStendait leur imposer des actes qui seraient directcment contraires ä leurs devoirs de fidSlite au Roi et au pays. L’invasion Strangere jettera l’emoi et le trouble dans la population. Le premier soin des autorites communales sera d’in st r ui re leurs administres des devoirs de tous envers la patrie et de la conduite qu’ils auront A tenir vis-A-vis de l’armee envahissante. (Fest ce qui fait l’objet de la presente circulaire. Aussi longtemps que les troupes LtrangKres n’auront pas pLnLtrL sur le sol de la commune, le bourgmestre apportera le plus grand empresse-

Graßhoff. Belgiens Schuld.

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98 ment A transmettre aux autorites civiles et militaires tous les renseignements qui lui parviendraient sur la marche et Fapproche de Fenvahisseur. II executera ponctuellement et rapidement les ordres qu’il recevrait de ces autorites et il leur pretera toute Fassistance qu’elles rdclameront pour organiser la d&fense nationale. Le passage de militaires isoles ou de troupes de l’armee etrangere sera immediatement signalL aux autoriUs militaires les plus proches. 11 va de soi que les autoritls locales, comme tous les habitants, d’ailleurs, refuseront caUgoriquement de foumir A ces soldats Ltrangers les renseignements qu'ils demanderaient sur la Situation et les mouvements des corps de Farmte beige. Actes d’hostiliU. — D’apres les lois de la guerre, les actes d’hostilit€, c'est-A-dire la rSsistance et Fattaque par les armes, Femploi des armes contre les soldats ennemis isoles, Fintervention di recte dans les combats ou rencontres ne sont jamais permis A ceux qui ne fönt partie ni de Farm6e ni de la gardecivique,ni des corps de volontaires Observant les lois militaires, obLissant A un dies et portant un signe distinctif apparent. Ceux qui sont autorisLs A faire des actes d’hostilite sont qualifiSs belligerants: lorsqu’ils sont pris ou mettent bas les armes, ils ont droit au traitement des prisonniers de guerre. Si la population d’un territoire qui n'a pas encore 4tL occupL par Pennemi prend spontan€ment les armes A Fapproche de Penvahisseursansavoireuletempsde s’organiser militairement, eile sera considerle comme bellig6rante si eile porte les armes ouvertement et si eile se conforme aux lois de la guerre. L’individu isolL qui n’appartiendrait A aucune de ces cat6gories et qui commettrait un acte d'hostilitL ne serait pas consid&re comme belligarant. S* il Ltait pris, il serait trait6 plus rigoureusement qu’un prisonnier de guerre et pourrait meme Ltre mis A mort. A plus forte raison, les habitants du pays sont-ils tenus de s'abstenir des actes qui sont dLfendus meme aux soldats: ces actes sont notamment: employer du poison ou des armes empoisonn6es, tuer ou blesser par trahison des individus appartenant ä Parm&e ou A la nation de Penvahisseur; tuer ou blesser un ennemi qui, ayant mis bas les armes ou n’ayant plus les moyens de se defendre, s’est rendu A discretion.

Passage de FarmLe LtrangLre. R6quisitions. — 5'il y a passage de troupes LtrangLres dans des localitLs oü ne se trouvent pas de dLtachements de FarmLe beige, il est probable que les chefs s’abstiendront de tout acte d’hostilitd et rldameront seulement les vivres et le logement. Les

99 lois de la guerre ne permettent les rAquisitions de cette espece et celles de Services personnels des habitants que pour les besoins du moment des troupes et pour autant qu’elles soient en rapport avec les ressources de la localitA et ne fönt pas participer la population aux operations militaires. Non payees au comptant, elles devront Atre constatAes par des repis. Si les habitants refusaient d’obAir ä ces rAquisitions, il saut prAvoir qu’on les exAcuterait par la force. La population aurait A en souffrir d’avantage. Les commandants de troupes s'adresseront le plus souvent aux autoritAs communales, et celles-ci preteront leur concours afin d'obtenir une juste rApartition entre les habitants, ce qui allAgera les charges. Si, dans les requisitions, les conditions indiquAes ci-dessus n'Ataient pas observAes, les autoritAs communales rAdameraient aupres des chefs militaires et n’agiraient que sous Fempire de la contrainte. En dehors de ces rAquisitions, les habitants ont droit au respect absolu de leur propriAte privAe, de Phonneur et de la personne des membres de leur famille. Si des chefs ou des soldats Atrangers y portaient atteinte, les autorites communales protesteraient Anergiquement. L’envahisseur mettra la main sur les moyens de transport, les voies ferrees, les telegraphes, les telAphones, sans que les autorites locales puissent FempAcher. Le rAglement concernant les lois de la guerre adopte par les puissances a La Haye en 1907, interdit au belligerant de forcer la population L donner des renseignements sur Parmee de son pays et sur ses moyens de defense. Les habitants devront savoir qu'ils sont en droit de refuser de faire rien connaitre ä ce sujet A Penvahisseur et que ce refus leur est imposA dans 1’intAret de la patrie. Toutefois certaincs puissances ayant fait de rAserves sur Fapplication de cette regle, il est possible qu’elle ne re^oive pas son exAcution en ce qui conceme les «guides», que, d’apres les anciens usages de la guerre, les troupes prennent parmi les habitants dans leurs marches A travers un pays Atranger. Les habitants de la commune ne serviront de guide que s'ils y sont contraints par la force. Espions et agents Atrangers. — Les autoritAs communales mettront leurs administrAs en garde contre les espions et les agents Atrangers qui viendraient dans le pays soit pour recueillir des renseignements sur ParmAe nationale, soit pour provoquer des dAmonstrations dans un sens quclconque, chez les habitants, peut-Atre mAme en faveur de PAtranger.

Il est Avident que de semblables dAmonstrations devront Atre empAchAes et sAverement interdites. La population s’abstiendra rigoureusement de toute manifestation qui ne serait pas une manifestation de loyalisme envers le Roi et la Patrie. La prAsence d’agents de cette espAce serait immAdiatement signalAe aux chefs militaires beiges et aux autoritAs

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civiles les plus proches, et les agents eux-memes arretes et livres ä ces autoriUs si on parvient ä les saisir avant FarrivLe des troupes itrangeres. Combats dans la commune. — S’il y a rencontre sur le territoire de la commune entre les troupes Ltrangöres et les troupes beiges, les autorites communales et les habitants preteront L l’armee nationale leur assistance, mais s’abstiendront de toute Inter­ vention individuelle et directe dans la lütte par les armes, qui les exposerait A etre traiUs avec plus de rigueur que les soldats. Les operations militaires comportant des combats causeront ä la propriLtL privLe, aux habitants, aux cultures des dommages qu’on ne pourra empecher. II faudra donc les subir, comme une consequence intvitable de Finvasion. Mais en dehors de ce que commandent les n&cessitls de Fattaque ou de la d£fense, la propriLtL privLe ne peut etre ni dLtruite, ni saisie. Si des exces de ce genre se produisaient, les autorites communales seraient en droit de protester nettement et fermement aupres des chefs militaires qui auraient ordonne ou toUre le pillage ou la devastation. Les habitants rempliront un devoir de patriotisme et d’humanite en portant autant que possible secours aux blessLs pendant et apres les combats. Les autorites communales s’appliqueront a organiser cette assistance de concert avec les mldecins et les agents de Fceuvre de la Croix Rouge. On ne pourra s’opposer ä ce que les edifices publics, si cela est indispensable, servent d’ambulance. Les locaux occupSs par les blesses doivent etre respectes par tous les combattants, mais Fabus des insignes distinctifs de la Croix Rouge est strictement interdit. Ces insignes consistent en une croix rouge sur un drapeau ou un brassart blanc. Occupation permanente. — L’armle etrangere occupera probablement d'une maniere permanente les localites qui sont situees sur ses lignes de communication et eile etendra cette occupation selon les exigences de ses operations militaires. Un territoire n'est considere comme occupe que s*il se trouve place de fait sous Fautorite de Farmee Etrangere; eile doit y etre etablie et en mesure de s'exercer par suite de Fabsence de Farmee nationale. Les fonctionnaires de FEtat beige ne pourront remplir leur mission que pour autant que Fautorite etrangere ne les en empeche pas. Mais les autorites communales doivent rester en place et continuer ä administrer la commune; elles ne cesseront de le faire que si Foccupant exige (Felles un serment ä la puissance ennemie ou une participation aux hostilites, ou un concours qui ne serait pas compatible avec la fidelite due au Roi et au Gouvernement beige, qui demeure toujours le seul gouvernement legitime. Les autorites communales seront ainsi necessairement en. rapports quotidiens avec les autorites gtrangeres. Celles-ci, etant en possession

IOI

du pouvoir, seront tenues de prendre toutes les mesures qui dependent d’elles pour assurer Vordre et la vie publique. Les lois en vigueur dans le pays seront appliquees; dies ne pourront etre modifiees ou abrogees qu’en cas d’empechement absolu de les maintenir. Si des atteintes etaient portds par les troupes cantonnds ou de passage dans la commune, a Vhonneür et aux droits de la famille, ä la vie des individus, ä la propriete privLe, aux convictions religieuses, ä l’exercice du culte, les autorites locales s’adresseraient aux autoritLs Ltrangeres pour qu’il y soit mis fin immLdiatement. Le bourgmestre veillera avec un soin particulier au maintien de Vordre et de la securite dans sa commune. S’il etait necessaire, il demanderait aux autorites etrangeres de lui preter main forte. Si des actes reprehensibles Ltaient commis contre les drangers, les autorites communales ne pouvant en etre tenues pour solidairement responsables, des peines collectives, amendes ou autres, ne pourront etre infligees ä tous les habitants. Le College des bourgmestre et echevins continuera ä percevoir les taxes communales, et il les emploiera ä payer les frais d’administration de la commune. L’armee occupante ne pourra saisir que Pargent, les fonds et valeurs exigibles, les armes et propridd mobilieres de PEtat, de nature ä servir aux opdations de la guerre, les biens des communes et des etablissements consacrd au culte, ä la charite, A la bienfaisance, A Pinstruction doivent etre traites comme la propridS privLe et par consequent etre proteges contre toute Confiscation ou degradation. Si Poccupant preleve les impöts, droits et peages etablis au profit de PEtat, il devra le faire en observant autant que possible les regles en vigueur, et appliquer le produit aux frais d’administration qui daient ä la Charge du gouvernement beige. Il ne pourrait prdever d’autres contributions en argent qu’en les appliquant aux besoins de l’armee et de Padministration du territoire, et seulement sur Vordre ecrit d’un general en chef. Les requisitions en nature pour les besoins des troupes, ou les requisitions de Services permises d’apres les regles indiquees ci-dessus pour le cas de passage des troupes, ne pourront etre rdlamds qu’avec Vapo­ risation du Commandant de la troupe. Elles ne pourront d€passer les ressources de la localite ni entrainer pour les habitants l’obligation de prendre part aux opdations militaires contre son propre pays. Tel serait le cas de la requisition d’ouvriers pour dever des travaux de fortification ou faciliter les opdations de l’armd drangde. Si des routes et des ponts avaient ete detruits avant Vinvasion pour retarder les mouvements de 1’armSe drangöre, les habitants ne se preteront ä leur retablissement que sous l’empire de la contrainte.

102 Les fournitures requises devront etre, autant que possible, pay£es au comptant; sinon dies seront, L la diligence des bourgmestres, constaUes par des re^us, qui devront Igalement etre soldls aussitöt que possible. Pendant Poccupation les voies fernes, les telegraphes et tdlphones demeureront probablement sous le controle exclusif des autoritSs Ltrangeres, qui se rSserveront, dans ce cas, de dderminer l’usage que les particuliers en pourront faire. Les autoritts locales ne seront pas admises A intervenir. Les bourgmestres des localites occupees resteront, dans la mesure oü Poccupant ne s’y opposera pas, en relations avec les autoritls les plus proches du gouvernement national. Dans leurs rapports offidels, ils ne traiteront que des actes administrativ et s’abstiendront d’y faire aucune mention des mouvements des troupes etrangeres, ni d’aucun falt concernant les opdrations militaires. En cas d* occupation, les autoritLs LtrangLres se montreront tres sevAres pour la rLpression de Pespionnage. On qualifie d'espion, celui qui, dandestinement ou sous de faux pr&extes, cherche ä recueillir des informations dans la zone d’operation d'un belliglrant avec Pintention de les communiquer a son adversaire. La rLpression de Pespionnage est particuli&rement rigoureuse. Les autoritLs communales, dans leur conduite, Lviteront de preter a cette accusation; mais elles doivent aussi savoir que le traitement inflig6 aux espions ne peut €tre appliquL que s'il y a dandestinitä. Les militaires et les non-militaires qui recueillent ou portent des renseignements ne peuvent etre traitLs comme espions, mLme dans la zone des opLrations militaires, s'ils accomplissent leur mission sans dLguiser leur qualitä. Si Poccupation venait ä cesser par le fait du dLpart des autoritLs etrangeres, les autoritLs communales en avertiraient immLdiatement les autoritLs militaires beiges les plus proches. Pendant Poccupation, les autoritLs communales ne nLgligeront aucune occasion de rappeler ä leurs administrLs que les rLgles de conduite, exposLes ci-dessus, ont pour but unique d'adoucir les charges et les maux, consLquences inLvitables de la guerre et de Pinvasion; mais qu’elles ne sauraient etre interprLtLes comme impliquant une approbation de cette Invasion, ou comme dLliant du devoir de fidLlitL au gouvernement legitime, qui reste entier pendant la guerre. Le Ministre de PinUrieur.

Paul Berryer.

log

Athenee-Royal Malines. Cabinet du Prüfet.

Malines, le 26 septembre 1914.

Monsieur le Ministre,

Je suis desoll de devoir vous faire connaitre que les Samedi 19 et Lundi 21 septembre, nos troupes du ze de ligne cantonn6es dans nos locaux, ä l’ath&nle, ont pönötrö dans mes appartements prives et y ont enleve ce qui suit: 1. tout le vin, soit environ 350 bouteilles (100 ä 120 bourgogne, mis en bouteille en 1901, 240 L 250 bordeaux (Paullac) „ ,, 1901, valeur................................................................................ 1250 Frcs. 2. provisions de viande salöe, beurre, Sucre, biscuits, valeur .................................................................................... 100 Frcs. 3. tirelire des enfants contenants de 30 ä.................... 40 Frcs. 4. Bottines.......................................................................... 18 Frcs.

ainsi que du linge dont je me permettrai de vous faire connaitre le detail et le montant, dös que ma femme, indisposöe, pourra se faire transporter sur les lieux. Tous les meubles ont ötö forcös et visitts; leur contenu— ce qui ne leur a pas convenu — a ete jet6 et LparpUlö sur les planches. Mes papiers personnels ont ötL l’objet de leur attention. Inutile de vous dire, Monsieur le Ministre, que loges dans les locaux de I’ath6n6e royal, au milieu des troupes qui y ont successivement camp6, nous avons, pendant tout le mois d’aoüt, vöcu une existence des plus agitdes, lorsque, le 28, le 30 bombardement de Malines nous a obligös de confier la surveillance de notre habitation aux soins du concierge et de nous Ltablir momentan6ment & Wavre — Notre-Dame, chez les religieuses ursulines. Cet acte de pillage incroyable, commis sans la surveillance de chefs militaires responsables, a M signalL ä 1'autoritL judiciaire locale, par mon concierge, Demazy, Lambert. Une enquLte a LtL faite et par la police locale et parait-il, par un ou des officiers de l'armöe. J'ai de mon cöte, fait constater les dögats provisoirement et sommairement LvaluLs, le vendredi 25 ct, par MM. les agents judiciaires Van Transsen, Victor, De Konninck, Theodore, Doms, Jacques, accompagnL du serrurier, Van Hoorenbeek, longue nie des Bateaux, 19 Malines. Je me permets, Monsieur le Ministre, de m’adresser ä votre Bienveillance, afin d’etre indemnis6 de ce dommage subi, dommage auquel

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je suis d’autant plus sensible que, par ces temps calamiteux, j'ai la Charge de 8 petits enfants. Veuillez agreer, Monsieur le Ministre, mes plus respectueux hommages.

Le prüfet des Ltudes signe Ed. Hamels. A Monsieur le Ministre de la guerre, Anvers.

31

TELEGRAmiRE —>

ADMINISTRATION DES TELEGRAPHES

Beheer van Telegrafen

Indications de Service les plus usitäes inscrites eventuellement en tete de 1 tätest voorkomende dienstaanwijzingen die, als er sijn, voluit of verhört (T •o Teleg. urgent nn \ Reponse pay^e yn \ Exprds paye np ) U] Dringend teleg. fii \ Antuooord betaald Al { Bode betaald lu j T

L’Etat n'est soumis ä aucune responsabilite ä raison du Service de la corfesp« Luidens art. 6 der wct van l1* Maart 185i, is de Staat geenszins veranti

Depose ä A/gegeven te

( Teleg. avec accusö de röceppp ) tion telegraphique JU j Teleg. met telegrafische ken\ nisgeving van ontvang

( T616g. avec accusö de röcepppp ) tion postal lui \ Teleg. met kennisgeving van f ontvang per post

corfespondance privee par voie telögrapbique (Loi du 1er mars 1851, art.6) verantwoordelijh voor den dienst der besondere telegrammen.

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TELfCRAMHIE

48 ADMINISTRATION DES TELtiCBAtHES

Beheer van Telegrafen

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a ((uur)

Indications de Service les plus usitöes inscrites dvenluellement en töte de l's Meest voorkörnende dienstaanwijfingen die, al3 er zijn, voluit of verkoit. l Tel l Telög. urgent pn 1 Röponse payöe yn ( Exprös payö pp ) t l Dringend teleg. ni j A ntuooord betaald Ar ( Bode betaald iu 1 Tel f 7.

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L'Etat n’est soumis ä aucuno responsabilitö ä raison du Service de la correspo Lviidens art. 6 der wct van ln Maart 1851, is de Staat geenszinz veranfwt

Depose ä A/gegeven te

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TELEGR1IR II est interdit aux

porteurs

d’accepter

aucune grati'fication.

De bestellers mö­

gen geene belooning, hoe ook genaamd.

aanvaarden.

te de l’adresse, en toutes lettres ou en abröge : verhör t vöor hei adres worden geschreven : Teleg. avec aocuaä de räeep( T616g. avec aecusS de rtoeption töldgraphique qaq ) tion postal

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Teleg. met telegrafische kennisgeving van ontvang

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\ Teleg, met kennisg erring van f ontvang per post

orrespondance privee par voie telegraphique (Loi du 1er mars 1851, art. terantwoordelij k voor den dienst der besondere telegrdmmen.

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