Aufschließen, Gewinnen und Fördern : Geschichte des Bergbaus
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Zu der Buchreiche «Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik» Naturwissenschaftliche und technische Gegenstände sind nicht ein­ deutig, sondern vieldeutig. Ihre humanen, sozial- und geistesgeschicht­ lichen Beziehungen zeigen sich nicht in Funktionsbeschreibungen. Ebenso sagt die rein fachliche Darstellung der Geschichte von Natur­ wissenschaft und Technik nichts aus über deren gesellschaftliche, wirt­ schaftliche und allgemein geistesgeschichtliche Voraussetzungen und über die sich ergebenden Konsequenzen. Demgegenüber versucht die gemeinsam vom Deutschen Museum und dem Rowohlt Taschenbuch Verlag herausgegebene neue Buchreihe Kulturgeschichte der Natur­ wissenschaften und der Technik) auch jene Bezüge, welche die Fach­ gebiete übergreifen, zu beschreiben und durch Bilder zu veranschau­ lichen. Die Bände richten sich an Lehrer und Ausbilder; doch sind sie so gestaltet, daß jeder interessierte Laie sie verstehen kann. Es zeigt sich, daß der Weg durch die Geschichte nicht eine zusätzliche Erschwerung des Lehr- und Lernstoffes bedeutet, sondern das Verständnis der modernen Naturwissenschaften und der Technik erleichtert.

Lothar Suhling

Aufschließen, Gewinnen und Fördern Geschichte des Bergbaus

Deutsches Museum

Rowohlt

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Die Buchreihe zur Kulturgeschichte der Naturwissenschaften und der Technik entstand im Rahmen zweier Projekte am Deutschen Museum, die vom Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und der Stif­ tung Volkswagenwerk finanziell unterstützt wurden. Verantwortlich für die Konzeption der Reihe: Bert Heinrich, Friedrich Klemm t, Michael Matthes, Jürgen Teichmann. Die Interpretation der Fakten gibt die Meinung des Autors, nicht die des Deutschen Museums wieder. Redaktion im Deutschen Museum: Bert Heinrich Bildredaktion: Ludvik Vesely Bildrechte: Rolf Gutmann Redaktionsassistentin: Edeltraut Hörndl Diese Veröffentlichung wurde mit Mitteln des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft gefördert.

Originalausgabe Umschlagentwurf: Werner Rebhuhn (Fotos: «Bergmann im Streb», Nachbildung im Deutschen Museum - von Grunow / «Förderturm», Modell im Deutschen Museum - von Grunow) Redaktion: Jürgen Volbeding Layout: Edith Lackmann Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Oktober 1983 Copyright © 1983 by Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg Satz Times (Linotron 404) Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck Printed in Germany 1280-ISBN 3 499 17713 7

Inhalt

Vorbemerkungen

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1. Einführung in ökologische, lagerstättenkundliche und verfahrenstechnische Aspekte des Bergbaus

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Zeittafel

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2. Bergbau in vor- und frühgeschichtlicher Zeit Es begann in der Steinzeit Die Arbeitstechnik des prähistorischen Bergmanns und sein Arbeitsgerät Die Metallzeit setzt neue Maßstäbe Ex oriente lux? Ein frühes Kupferbergwerk in Südosteuropa Bronzezeitlicher Kupferbergbau in den Alpen Bericht aus einem Bergwerk der Bronzezeit: Mitterberg

23 23

26 29 30 33 35 35

3. Antiker Bergbau im Mittelmeerraum Griechischer Bergbau auf Attika Das laurische Montanzentrum als Schatzkammer Athens Die Grubenbaue von Laurion Die Erzgewinnung Die Förderarbeit Grundsätze des attischen Bergrechts Rom und der Bergbau Römischer Bergbau auf der Iberischen Halbinsel Die Römer als gelehrige Montanschüler Prospektion und Schürfarbeit Der Grubenbau Schachtbau und Streckenvortrieb Die Förderung Beleuchtung und Bewetterung Wasserhaltung Zur rechtlich-sozialen Situation im römischen Bergbau

38 39 39 43 45 47 48 49 50 54 55 56 56 58 59 61 64

4. Mittelalterlicher Bergbau in Zentraleuropa Wege der Vermittlung spätantiker Kultur und Technik Der Aufstieg des mitteleuropäischen Bergbaus

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Bergrecht, Bergbaufreiheit und Bergfreiheiten im Mittelalter Das Erbstollenrecht Die Niedergangsphase des Bergbaus im 14. Jahrhundert

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5. Mitteleuropäischer Bergbau der Renaissance Faktoren des montanwirtschaftlichen Aufschwungs seit der Mitte des 15. Jahrhunderts Frühe Bergbauliteratur Der Humanist Georgius Agrícola, der Bergbau und praktische Naturerfahrung «De re metallica libri XII» Weitere Autoren und Titel der frühen Bergbauliteratur Alte und neue Montanzentren und Bergstädte in Zentraleuropa Schwaz, die unerschöpfliche Geldquelle» Oberdeutschlands Die neue Blüte des Bergbaus am Rammeisberg Bergbau und Bergstädte im Oberharz Neuer im Erzgebirge und seine stadt­ geschichtlichen Folgen Einige weitere Montanzentren Renaissance-Bergbau und Frühkapitalismus Bergbau als Quelle fürstlicher Macht Werkzeuge und Maschinen im Renaissance-Bergbau Werkzeuge des Bergmanns vor Ort Fördergeräte zur Streckenförderung Schachtfördermaschinen Haspel und Tretscheibe Pferdegöpel und , dem romanischen Portal. Auf die Zeit um 1200 geht auch der bedeutende Bergbau auf Silber, Kup­ fer und Blei in den Revieren des Oberharzes zurück, wo im 16. Jahrhundert die Bergstädte St. Andreasberg, Clausthal, Zellerfeld, Lautenthal, Wilde­ mann u. a. entstanden. - Im Jahre 1215 erhielten die Grafen von Mansfeld vom Kaiser Friedrich II. ein Lehen auf den Kupferschieferbergbau im Mansfelder Bezirk, der Jahrhunderte später zum wichtigsten Kupferbergbaure­ vier Deutschlands aufsteigen sollte und dies bis heute geblieben ist. Im frü­ hen 13. Jahrhundert wurde ferner das böhmische Bergbauzentrum um Iglau vornehmlich von Bergleuten aus Freiberg und den Alpenländem entwickelt. Iglau hat vor allem durch seine frühen bergrechtlichen Codiftzierungen Be­ rühmtheit erlangt. Auch die reiche böhmische Bergstadt Kuttenberg (Kutnä Hora) erfuhr im 13. Jahrhundert durch den Zuzug deutscher Bergleute ihren großen Aufschwung. Als Produktionszentren von Blei mit überregionaler Bedeutung entwickelten sich seit dieser Zeit namentlich Oberschlesien, wo die Städte Beuthen und Troppau im Bleigeschäft zu Rang und Namen ka­ men, sowie Kärnten mit der Produktion am Bleiberg bei Villach, der zum Herrschaftsbereich der Bischöfe von Bamberg gehörte (Wießner, 1951). Erhebliche montanwirtschaftliche und technische Bedeutung kam außerdem der Ent­ wicklung des mittelalterlichen Zinnbergbaus zu, was vor allem auf die Rolle des Zinns bei der Bronzeherstellung zurückführbar ist. Der nachmals besonders wichtige Zinn­ bergbau bei Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge setzte jedoch erst um etwa 1300 ein. Nach einer langen Blütezeit der Messingindustrie in der Maasgegend und im Aachener Raum während der Römerherrschaft tauchen erst 1344 wieder urkundliche Belege für eine Galmeigewinnung im Gebiet von Aachen auf. Galmei, ein karbonatisches Zink­ erz, lieferte den begehrten Legierungsbestandteil Zink zur Herstellung von Messing (Kupfer-Zink-Legierung). Der Galmeibergbau und mit ihm die Messingproduktion gewann besonders gegen Ausgang des Mittelalters an Umfang, als Messingerzeugnisse (Drahtwaren, Geräte, Waffen, Instrumente) einen schnell wachsenden Markt fanden.

Auf die große Bedeutung klösterlicher Aktivitäten (Benediktiner, Zister­ zienser) für die Entwicklung des mittelalterlichen Bergbaus sei hier lediglich hingewiesen. - Von Ordensleuten stammen auch die wichtigsten Abhandlun­ gen des Mittelalters mit Bezügen zum Berg- und Hüttenwesen (Abb. 31). Die kultur- und technikgeschichtlich wohl interessanteste frühe Enzyklopä­ die des Mittelalters mit dem Titel «De diversis artibus> (= «Diversarium artium schedula>) verfaßte der Benediktinermönch Theophilus Presbyter (Rogerus) in Nordwestdeutschland im frühen 12. Jahrhundert. Sie zeichnet sich 76

u. a. darin aus. daß der Autor aus der Praxis der kunsthandwerklichen und metallurgischen Technik berichtet, deren Berufsgeheimnisse Außenstehen­ den meist nicht zugänglich waren (vgl. Dachwell, 1961). Eine bedeutende Eündstätte mineralogisch-metallurgischen Wissens ist auch das Werk 'De mineralibus et rebus metallicis libri V> des Dominikaners Albert von Bollstädt (1193/1206- 12X0), der als einer der angesehensten Gelehrten des Mittelalters unter der Ehrenbezeichnung Albertus Magnus in die (ieistesgesehichte eingegangen ist. Das um 1256 entstandene Werk ist für unsere Fragestellung schon deshalbwichtig, weil sich der Autor nicht nur auf eine kritische Darstellung tradierten Wissens stützt, sondern sich ausdrücklich auch auf eigenes Erfahrungswissen aus dem Montanbereich beruft, ein in der gelehrten Literatur des Mittelalters seltener lall.

Im Bemühen um die Erkenntnis der realen Welt war Albertus ein Repräsen­ tant jenes glanzvollen Jahrhunderts, das in wissenschaftlicher Hinsicht (Ari-

JBifötoua /jfelbVctoicm.

31: Titelblatt der «Coelifodina». einer Sammlung von Passionsreden mit bergmännischen Bezügen des Johann von Phaltz (Erfurt 1502). Die Berg­ leute in Mönchskutten erinnern an die große Zeit klösterlicher Montanun­ ternehmungen im Mittel alter, wie z. B an das montanwirtschaftliche Wirken der Zisterzienserabteien Walkenried im Harz und Grünhain im Erzgebirge.

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stoteles-Rezeption) ebenso wie in technischer (Bautechnik der Gotik), öko­ nomischer (Stadtwirtschaft) oder politischer (Stauferreich) zu neuen Ufern strebte. Das Anliegen, «sichtbar zu machen die Dinge, die sind, so wie sie wirklich sind», wie es in der berühmten ornithologischen Abhandlung Fried­ richs II. (1198—1250) fallen, d. h. an einen anderen Interessenten verliehen werden konnte. Bevor diese Bestimmungen im geltenden Bergrecht verankert waren, genügte nach altem Gewohnheitsrecht das Finden allein, um das Eigentum an der entdeckten Lager­ stätte innerhalb der üblichen Grenzen der «Fundgrube) zu erwerben. Der spätere Zwang zum Muten bedeutete eine wesentliche Verstärkung der administrativen Berg­ aufsicht. Immerhin wurde dem jeweiligen Finder ein Vorrecht beim Muten einge­ räumt.

Auch dort, wo der Landesherr sich nicht persönlich als Unternehmer im Bergbau betätigte, übte er demnach durch Erlaß von Bergordnungen und deren Durchsetzung mit Hilfe von Bergbeamten unmittelbaren Einfluß auf das Geschehen im Montanrevier aus. Dieses Bergbeamtentum, das sich im Zuge der bergrechtlichen Entwicklung konsequenterweise herausbildete, kann im übrigen als ein sozial- und verfassungsgeschichtlich fundamentaler Ansatz auf dem Weg zum neuzeitlichen Beamtenstaat verstanden werden. Gleichzeitig läßt sich eine Aufwertung im sozialen Status des Bergmanns feststellen, um dessen Fachwissen und Arbeitskraft die Territorialherren nunmehr im eigenen Interesse bemüht waren. Zudem rekrutierten sich die Bergbeamten häufig aus dem Gewerkenstand. Mehr noch: Um Bergleute und Kapitalgeber zur Betätigung im eige­ nen Bergbaugebiet zu bewegen, sahen sich die Landesfürsten in Zeiten montanwirt­ schaftlicher Expansion häufig genötigt, erhebliche Zugeständnisse in Form von Privi­ legien zu machen. Diese sogenannten Bergfreiheiten, die z. T. aus dem Kolonisten­ recht stammten, erhoben den Bergarbeiterstand zeitweise über alle anderen vergleich­ baren sozialen Gruppen (Abb. 33).

Die Obrigkeit befreite die Bergleute nicht nur von Lasten, Abgaben und Diensten, wie sie etwa den übrigen Haus- und Grundeigentümern auferlegt waren, sondern stellte ihnen sogar unentgeltlich Bauland zur Verfügung und

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überließ ihnen Bauholz zum Hausbau. Aus der Art seiner wirtschaftlichen Existenzgrundlage, der früher oder später erschöpften Grube, ergab sich für den Bergmann das Recht auf Freizügigkeit, das selbst Wanderungen über Ländergrenzen hinweg und die Erwerbstätigkeit in auswärtigen Revieren zuließ. Weitere Bergfreiheiten, die dem mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bergmann eingeräumt wurden, waren neben der Einführung einer eigenen Berggerichtsbarkeit die Befreiung vom Militär- und Kriegsdienst - nur in älterer Zeit hatten die Bergleute mancher Reviere dem Landesherrn Heer­ folge zu leisten -, ferner die Befreiung von jeglicher Einquartierung sowie ein allerdings bald wieder aufgehobenes Jagdrecht. Hinzu kam noch eine das übliche Maß überschreitende Zahl an Feiertagen, die sich die Bergleute nach und nach erkämpften. Einschließlich sogenannter Knappenfeiertage gab es

33: Zu den Bergfreihei­ ten, mit denen die (Berg­ werksverwandten» privile­ giert waren, gehörte auch das Recht zum Fisch- und Vogelfang für den Eigen­ bedarf. allerdings nur in den freien Gewässern und auf öffentlichem Grund und Boden (Miniatur im Bochumer Exemplar des Schwazer Bergbuchs von 1556).

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im 16. Jahrhundert für den Bergmann in Kärnten mnd 120 arbeitsfreie Sonnund Feiertage (vgl. a. S. 165 f). In dieser Zeit war es ihm häufig möglich, einem bäuerlichen Nebenerwerb nachzugehen, was ihm über Phasen unzu­ reichender Ausbeute hinweghalf. Für den Territorialherm recht «zweischneidig» war in unruhigen Zeiten das alte Recht des Waffenführens. Es stammt aus der Pionierzeit der bergbaulichen Erschließung entlegener Gebiete. Im politisch und sozial gärenden 16. Jahrhundert wurde das Füh­ ren von Armbrust, Spieß und Barte (Beil) immer mehr eingeschränkt, bis schließlich «nur noch die Paradewaffen - Barten und Hackel - und für die Bergbeamten die Sei­ tenwehr übrig[blieben]» (Winkelmann, 1958, S. 11). Ähnlich verlief die Entwicklung auch bei anderen Rechten des Bergmanns; sie fielen seit dem 17. Jahrhundert im Ver­ lauf der Ausbildung merkantilistischer und kapitalistischer Wirtschaftsformen einer­ seits und der Durchsetzung säkularistischer Bestrebungen andererseits nach und nach den Interessen des Staates und des Kapitals zum Opfer.

Das Erbstollenrecht Nachdem wir soeben die Entwicklung des Bergrechts im allgemeinen und der montanistischen Freiheiten im besonderen in großen Zügen kennengelemt haben, müssen wir uns jetzt noch kurz mit einem Begriff befassen, der in unse­ ren Ohren ebenso befremdlich wie antiquiert klingt: mit dem Erbstollenrecht. Die bergrechtliche Bezeichnung -Stollen weist auf ein unbewegliches Gut hin, an dem ein dauerndes Recht besteht. Dies hat in einer Vielzahl von Bergrechten und Bergordnungen seinen Niederschlag gefunden (Hege­ mann, 1977). Von besonderer Bedeutung für die historische Rekonstruktion dieses Rechtsgutes sind die Joachimsthaler Berggebräuche» von 1556; sie enthalten erstmals das gesamte Erbstollenrecht. Sein Entstehen ist aufs engste ver­ knüpft mit der bergbaulichen Entwicklung, namentlich mit dem Übergang vom oberflächennahen Gangbergbau zum Tiefbau. - Solange man die obe­ ren Teufen der Erzgänge abbaute, waren zur Wasserhaltung meist nur kurze Stollen erforderlich, die von den Zechengewerken selbst vorgetrieben wur­ den. Mit dem Tiefergehen der Grubenbaue mußten die Wasseriosungsstollen nun aber immer länger werden, was das Leistungsvermögen der einzel­ nen Grubengewerkschaften schnell überschritt. So bildeten sich Spezialuntemehmungen, die gegen bestimmte Abgaben und Rechtstitel das Auffah­ ren und den Unterhalt der Stollen übernahmen (Stöllner, Stollengewerk­ schaften). Die hiermit entstehenden Rechtsfragen, insbesondere die Pflich­ ten und Rechte der Stöllner, führten schließlich zur Ausbildung des Erbstollenrechts, das seit dem 13. Jahrhundert schriftlich fixiert wurde. «Das Auffahren von Stollen forderte vom Stöllner den Einsatz erheblicher Geldmittel. Als Anreiz für sein risikoreiches Unterfangen standen ihm gewisse Stollengebühren

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zu: so die Stollensteuer als Vorauszahlung der Zechengewerken, solange der Stollen sich noch außerhalb ihres verliehenen Feldes befand. Im fremden Feld hatte der Stöllner Anspruch auf den Vierten Pfennig, d. h. ein Viertel der Kosten für Löhne und Material ... Weiter gab der Stollenhieb dem Stöllner das Recht, im fremden Feld so viel Erz zu gewinnen, wie er mit einer Bergkratze erreichen konnte. Als wichtigste Stollengebühr stand dem Stöllner der Stollenneunte zu [nach Erreichen des Ziels]: Dabei wurde zunächst der Zehnte für den Landesherrn bezahlt; der Stöllner erhielt dann den neunten Teil der restlichen Ausbeute der entwässerten Grube ... Wurde der Stollen von der Zeche auch zur Förderung benutzt, so stand dem Stöllner zusätzlich die Streckensteuer und ggf. eine Gestängesteuer für Gleisbenutzung zu» (Albiez, 1978, S. 79f).

Dafür war der Stöllner verpflichtet, die Arbeit am Stollen ohne größere Be­ triebsunterbrechung voranzutreiben bzw. eine bestimmte Mindestvortriebs­ strecke im Jahr zu gewährleisten. Der aufgefahrene Stollen mußte einen Querschnitt von wenigstens % x 'Z Lachter (Höhe: Breite) bei einem Gefälle von 1:100 aufweisen und der Grube Wasser- und Wetterlosung bringen (1 Lachter rd. 2 m). - Vermochte der Stöllner nur einen Teil der Bedingungen zu erfüllen, so erhielt er für seinen Erbstollen statt des Stollenneunten ein Wassereinfallgeld. «Das Anrecht auf den Stollenneunten ging verloren, wenn ein tieferer Stollen in das Grubengebäude einschlug; allerdings war meist eine gewisse Erbteufe, z. B. 10 Lach­ ter, vorgeschrieben, um den oberen Erbstollen enterben zu können. Die Erbstollengebühren gingen dann auf den tieferen Stollen über» (Albiez, 1978, S. 80).

Beim Tiefergehen des Bergbaus war freilich je nach Örtlichkeit irgendwann der Punkt erreicht, der nicht mehr von einem Erbstollen unterfahren werden konnte, auch wenn man ihn über viele Kilometer hinweg heranführen wollte. Der Einsatz von Wasserhaitungsmaschinen wurde unumgänglich. Damit aber übernahmen die Zechen die Wasserhaltung wieder mehr und mehr in eigene Regie, womit für sie auch die stark gestiegene Belastung durch die Erbstollengebühren entfiel. Die maschinelle Wasserhaltung so ge­ wissermaßen den Erbstollen (vgl. Abb. 34 mit der Darstellung des Erbstol­ len- und des Tiefbaus im Steinkohlenbergbau an der Ruhr). Das Erbstollenrecht verlor daher in der Neuzeit allmählich an Bedeutung, bis es im 19. Jahrhundert ganz aus den allgemeinen Berggesetzen verschwand.

Die Niedergangsphase des Bergbaus im 14. Jahrhundert Bereits gegen Ende des glanzvollen 13. Jahrhunderts, das nicht nur im Berg­ bau und Hüttenwesen, sondern auch in Wissenschaft und Kunst, in Architek­ tur und Städtebau, in Technik und Wirtschaft eine Blüte wie in keinem der vorangegangenen Jahrhunderte des Mittelalters hervorgebracht hatte, zeig­ ten sich hier und dort erste Anzeichen eines montanwirtschaftlichen Rück84

34: Stationen der Kohlegewinnung an der Ruhr: von der Kohlengräberei in der Pinge zum Tiefbau unterhalb des Erbstollenhorizonts. Der bergmännische Abbau von Koh­ leflözen gilt als eine montanistische Errungenschaft des Mittelalters. Die Kohle diente zunächst vor allem den ärmeren Bevölkerungsschichten als Brennmaterial an Stelle von Holz, aber auch manchen Gewerbebetrieben, wie Kalkbrennereien, Schmieden, Brauereien u, a. Dennoch vermochte die Kohle den Energieträger Holz in Deutsch­ land erst um 1860 zu überholen.

Schlags, vor allem in den älteren Revieren des Edelmetallbergbaus. Dafür waren wohl in erster Linie technische Ursachen, von denen die jüngeren Montanreviere zunächst meist weniger betroffen waren, verantwortlich. Doch kamen gegen Mitte des 14. Jahrhunderts ökonomische und soziale Gründe hinzu, denen sich längerfristig nur wenige Montanbereiche entzie­ hen konnten, wie der mitteleuropäische Zinn- und Eisenerzbergbau sowie der Galmeibergbau im Westen. Äußeres Symptom der Krise, die sich vieler­ orts bis gegen Mitte des 15. Jahrhunderts hinzog, verschiedentlich aber auch darüber hinaus fortsetzte, war neben dem Rückgang oder der gebietsweise völligen Stillegung der Produktion eine Stagnation im Bereich der bergbau­ technischen Entwicklung. Das steht im Einklang mit einer allgemeinen Ab­ nahme der Erfindungsdichte in dieser Zeit. Der Tiefpunkt war etwa um 1400 erreicht. Die Krisenerscheinung betraf demnach nicht nur den Bergbau. Wie aber sah die der Krise vorangehende technologische Entwicklung im Berg­ bau aus? Hatte der Bergbau zunächst die oberflächennahen, im Erzgehalt reichen 85

Imprägnationszonen zum Ziele gehabt, erwuchs aus deren zunehmender Er­ schöpfung allmählich der Zwang, den Erzlagerstätten auch tiefer in den Berg hinein zu folgen. Das hatten wir bereits beim vor- und frühgeschichtlichen sowie beim antiken Bergbau feststellen können (z. B. am Mitterberg; vgl. S. 35 ff). Häufig hatte das Ausräumen einer im Pingenbau erschlossenen Erzlinse das vorzeitige Verlassen der Grube bedeutet, versuchten doch die Berg­ leute darauf an einer anderen Stelle ihr Glück, weil es ihnen bei ihren gerin­ gen Streckenvortriebsleistungen (ca. lcm/Mann und Schicht bei etwa 1,7m2 Querschnitt) und unzureichenden Geldmitteln oft nicht möglich war, tiefer­ gelegene Lagerstätten zu erreichen. Unzulängliche Kenntnisse über das La­ gerstättenverhalten kamen hinzu. Die Erzgewinnung im Schacht-StreckenSystem, d. h. der Übergang zum Tiefbau, der im 12. Jahrhundert in älteren Revieren einsetzte, hatte jedoch zur Folge, daß früher oder später der Grundwasserspiegel unterschritten wurde. Das aber konfrontierte den mit­ telalterlichen Bergmann nunmehr verstärkt mit dem alten bergbaulichen Problem der Wasserhaltung. Eine technische Lösung dieses Problems erfor­ derte in der Regel einen hohen Kapitaleinsatz; der Weg zu einer unterneh­ merischen Konzentration im Bergbau aus technisch-wirtschaftlichen Grün­ den war damit vorgezeichnet. Die nächst der manuellen Schöpfarbeit stärker mechanisierte Stufe der Wasserhaltung bestand im Einsatz von Haspel und Göpel. Hierdurch konnte menschliche Antriebs­ kraft rationeller genutzt bzw. durch tierische ersetzt werden (vgl. S. 143ff). Diese Technik wie auch der Einsatz der Wasserkraft zur Hebung von Grubenwässem mit Hilfe von wasserradgetriebenen Aufzugsvorrichtungen (vgl. S. 146ff) ist wohl man­ cherorts bereits vor der Niedergangszeit des mittelalterlichen Bergbaus zum Einsatz gelangt resp. erprobt worden, doch sind daraus keine stärkeren Auftriebsimpulse mehr für den Bergbau insgesamt erwachsen.

Reichte der Einsatz von Haspel und Göpel auf die Dauer nicht aus, des anfal­ lenden Wassers Herr zu werden, so konnte die Entwässerung der Gruben­ baue überall dort auch durch Stollen erfolgen, wo eine Hanglage und die Tiefe des Grubensumpfes dies zuließen. Solche Stollen zur Wasserlosung (, vgl. S. 83f) führten von der Bergflanke horizontal oder leicht ansteigend in das Berginnere, wo sie die Gruben möglichst unterhalb ihres tiefsten Punktes anschneiden und deren Wasser im freien Fluß aus dem Berg leiten sollten (vgl. Abb. 34). «In Iglau und Kuttenberg lassen sich solche Stollenbauten bis in das 13. Jahrhundert zuriickverfolgen. Außerhalb Böhmens treten sie in den schriftlichen Quellen in der ersten Hälfte des folgenden Jahrhunderts z. B. in Schlesien und Sachsen auf» (Schwarz, 1958, S. 15).

Damit aber war die Bergbautechnik dieser Zeit noch nicht über jenes Niveau hinausgelangt, das uns im antiken römischen Bergbau begegnet war (vgl. S. 61 f). Unter Tage gab es immerhin eine gewisse Verbesserung bei der Gru­ 86

benbeleuchtung durch das Aul kommen der sogenannten I rösch lampe (.Abb, 35). Auch lassen sich Ansätze zur Verbesserung des Wetterwechsels und zur Entwicklung des Markscheidewesens beobachten ( Mark . . hier (irenzc des Gruben le Ides. s gl. S 15‘)II). I )ic eigentliche Arbeit des I lercingcw innens von Erz und (iestein erlolgte jedoch wie eh und je entweder mittels Schlägel und Eisen bei hartem Material (mit oder ohne l euersetzen) oder aber nut I lille von Keilhaue (Abb. 36) oder Judcnhammer. Dazu kamen schließlich noch verschiedene Varianten sowie ergänzende Werkzeuge aus Eisen (vgl.S. 136 ff). Trotz solcher Neuerungen beobachten wir gerade in jenem Bergbausektor die auffallendsten Krisenerscheinungen, der auf technischem Gebiet die Spitzenstellung einnahm, im Edclmetallbergbau. So mußten die Silbergru­ ben im elsässischen Lebertal bereits um 128(1 aufgegeben werden, was ver-

35: Gegen Ausgang des Mittelalters begann sieh int Bergbau die aus Eisenblech gefer­ tigte Iroschlampe gegenüber den zerbrechlichen Ibn- oder den leinen HronzegußLampen durchzusetzen, le nachdem, ob tierisches l eit (l'nschhtl) oder pflanzliches Öl als Brennstoff bevorzugt wurde, unterschieden sich die Hlechlainpen u. a. in Kon­ struktion und I orin (ollene Lampen für den Einsatz von Bett. geschlossene tut ()l); abgebiklet ist hier ein >()llrosch>. 87

36: Bergmännische Gru­ benarbeit mit der Keil­ haue auf Zeirings älte­ stem Marktsiegel von 1284. Wohl schon ein hal­ bes Jahrhundert zuvor stand hier im steirischen Oberland der Bergbau auf Silbererze in Blüte. Er en­ dete 1361 mit einem ver­ heerenden Wasserein­ bruch.

mutlich auf einen großen Wasseranfall zurückgeht. Starke Wassereinbrüche, die für viele Jahrzehnte nahezu eine Halbierung der jährlichen Silbererträge zur Folge hatten, gab es 1348 im Kuttenberger Bergbau. - Schon seit Beginn des 14. Jahrhunderts hatten die Bergwerksbetriebe in der Umgebung von Iglau unter zunehmenden Schwierigkeiten mit den Grubenwässern zu leiden gehabt. Um 1378 waren hier schließlich die Gruben größtenteils ersoffen. Aus dem Stiftungsbuch des Klosters St. Blasien im Südschwarzwald erfahren wir, daß das Bergwerk zu Todtnau im 14. Jahrhundert zu Bruch gegangen sei, weswegen «2(X1 menschen des Bergvolkhs eins tags hab muessen arbait halb abziehen» (Schwarz, 1958, S. 47). Im Oberharz, wo der , die um 1350 Europa durchziehende verheerende Pestepidemie, einen Großteil der Bevölkerung dahinraffte, lagen die Bergwerke, die überdies auch von der Wassernot betroffen waren, seit dieser Zeit still. Kurz darauf widerfuhr das gleiche Schicksal dem Unterharzer Bergbau am Rammeisberg bei Gos­ lar. Versuche zur Trockenlegung der Harzer Bergwerke im späteren 14. Jahr­ hundert blieben offensichtlich ohne Erfolg. 1428 bezeichnete der Rat der verarmten Stadt Goslar das einst weitberühmte Bergwerk vor seinen Toren als «leider gans vorvallen unde vorgan». Auch das Freiberger Revier wurde «von gebrechen und crangheit unser gebirge» empfindlich betroffen, waren

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doch gegen Ende des 14. Jahrhunderts nur noch wenige Gruben in Betrieb (Schwarz, 1958, S. 46). Die erste große Blütezeit des Bergbaus hatte hier bereits gegen 1290 ihren Höhepunkt überschritten. Später suchten dann die Markgrafen von Meißen, die ihre Einnahmequellen versiegen sahen, dem Niedergang entgegenzutreten: «1379 holten sie Fachleute aus Prag und Nürnberg herbei zur Anlage von Wasserkün­ sten, die freilich keinen rechten Erfolg in der Bewältigung der Grubenwässer brach­ ten. 1384 übernahmen sie den alten Fürstenstollen und trieben ihn weiter; andere Stol­ lenanlagen folgten, um die Entwässerung der Gruben zu verbessern. Schließlich wur­ den landesherrliche Beihilfen zum Betrieb privater Gruben gewährt ...» (Fischer, 1965, S. 13).

Trotz aller Bemühungen blieben die Ergebnisse äußerst unbefriedigend. Die Schwierigkeiten lagen letztlich nicht nur im technischen Umfeld; sie sind viel­ mehr als Symptom einer tiefergehenden gesellschaftlichen Stagnation zu be­ greifen, die keineswegs auf Zentraleuropa beschränkt blieb. Beispielsweise gingen auch englische Silberbergwerke (die ) in ihrem Aus­ bringen gegen Mitte des 14. Jahrhunderts beträchtlich zurück. Einschneidende Wandlungen in maßgeblichen Bereichen der Wirtschaft, im Geldwesen, in der Bevölkerung (ihre Zahl sank in Europa vor allem in­ folge von Pestepidemien zwischen 1300und 1400 vonca. 73auf 45 Millionen) und - im Zusammenhang damit - in der Landwirtschaft, spürbare Verände­ rungen in der Struktur von Preisen und Einkommen sowie eine Zunahme von Mißständen im Reich und innerhalb der bestehenden Feudalordnung bieten neben manchen anderen Faktoren Erklärungsmuster für die allgemei­ nen Schwierigkeiten in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. So mußte die Agrarproduktion starke Einbußen durch umfangreiche Wüstungen hin­ nehmen (Tausende von Dörfern verschwanden in dieser Zeit in Deutsch­ land), was die Einkommen der Ritter, Herren und Klöster stark schmälerte. Die Folge war ein vermehrter Druck der Feudalherren auf die abhängige Landbevölkerung. Die Wirtschaft insgesamt litt unter Absatzkrisen, Kapi­ talverschiebungen zugunsten weiträumig operierender Handelsgesellschaf­ ten, ständigen Währungsmanipulationen und einer steigenden Münzverwir­ rung. Die lauter werdenden Forderungen nach einer durchgreifenden Reichsreform, Zurückdrängung des Partikularismus und Verbesserung der Rechtssicherheit erhellen einige der drängenden Probleme in Staat und Ge­ sellschaft dieser Epoche. Die Niedergangs- bzw. Stagnationsphase im Bergbau dauerte - ungeachtet sektoraler und regionaler Unterschiede - hundert bis hundertfünfzig Jahre. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts waren schließlich die aufgetretenen Hemmnisse soweit abgebaut, daß die Depression, die niemals überall und in gleicher Weise wirksam gewesen war, überwunden werden konnte. Damit aber wurde im Bergbau der Weg frei zu einem neuen Aufschwung von unge­ wöhnlicher Intensität und Reichweite. 89

5. Mitteleuropäischer Bergbau der Renaissance

Wenn hier im folgenden vom Bergbau der Renaissance die Rede ist, so soll damit zunächst weniger der bergbauliche Aspekt im kulturgeschichtlichen Begriff Renaissance angesprochen sein als vielmehr der zeitliche Rahmen jener montanhistorischen Epoche an der Wende zur Neuzeit, die etwa von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum Vorabend des Dreißigjährigen Krie­ ges währte. Der zentraleuropäische Bergbau dieser Zeit ist aus makro-ökonomischer Sicht wie­ derum durch einen säkularen konjunkturellen Zyklus gekennzeichnet. Einer Phase qualitativen und quantitativen Aufschwungs nach häufig längerer Depression folgte eine glanzvolle Blüteperiode, die in Zentraleuropa nur noch vergleichbar ist mit derje­ nigen des Steinkohlenbergbaus um 1900. Daran schloß sich seit der Mitte des 16. Jahr­ hunderts erneut eine Phase des Rückgangs an, die allerdings von Region zu Region erhebliche Unterschiede in Umfang, Zeitpunkt und Auswirkungen aufwies.

Ebenso zahlreich wie verschiedenartig waren die Anstöße, die den Erzberg­ bau - und hier vor allem den Silber- und Kupfererzbergbau - im ausgehenden Mittelalter nach Überwindung technischer, kapital- und finanzwirtschaftli­ cher sowie sozialer Schwierigkeiten zu einer stark expandierenden Produk­ tionstätigkeit anregten. Als ein kräftiger Motor der montanwirtschaftlichen Entwicklung fällt wohl die wachsende Finanznot der Territorialmächte, die sich auf veränderten gesellschaftlichen und ökonomischen Grundlagen neu zu formieren und zu zentralisieren begannen, besonders ins Gewicht. Gewaltige Finanzmittel erforderten die zahlreichen Kriege in dieser Zeit des Wandels, wurde doch der massive Einsatz von Menschen (wachsende Söldnerheere) und Material (Schiffe, Artillerie, Festungsbauten...) beinahe zu einer Dauererscheinung. Aus der langen Reihe kriegerischer Ereignisse seien hier einige von überregionaler historischer Bedeutung angeführt: der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich, der im gleichen Jahr endete (1453), in dem Konstantinopel als letzte Ba­ stion des altgewordenen Kaiserreichs am Bosporus dem Ansturm der Osmanen erlag; die Türkenkriege des 15. und 16. Jahrhunderts auf dem Balkan; ferner die vorangegan­ genen Hussitenkriege der Jahre 1419 bis 1436, die den Bergbau im böhmisch-sächsi­ schen Raum ganz unmittelbar in Mitleidenschaft zogen; die Vernichtung der mauri­ schen Königreiche in Spanien im Zuge der Rekonquista und schließlich die Kämpfe um die europäische Vormachtstellung zwischen Franzosen und Habsburgem auf italie­ nischen Kriegsschauplätzen, an deren Ende die Durchsetzung der Hegemonialansprü­ che des Hauses Habsburg stand.

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37: Emsiges Treiben in einem mitteleuropäischen Montanrevier. Bergbauszene aus dem Mittelalterlichen Hausbuch von ca. 14K2, eine der frühesten graphischen Darstel­ lungen dieses Produktionszweiges, die wir kennen.

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Der Zusammenhang zwischen montanwirtschaftlichen Einkünften und poli­ tischer Macht war den Zeitgenossen nicht entgangen, verweist doch bereits 1488 ein unbekannter Schneeberger Gewerke auf den «gemeynen nutz» des Bergwerks für Fürst und Land, um dann fortzufahren: «So man aber findet [fündig wird], so werden die lande dister reicher und können sich irer feynde dißder baß irwern... hette der Konigk van Engelande nicht Berckwerck, er were lengst durch den Konigk von Franckreich vortrieben. Heften die Hungern [Un­ garn] nicht Berckwergk, sie wem langst durch die Thürcken vortrieben. Hette Meissen nicht das Berckwergk zu Freyberg gehabt, Meissen were langst Behemisch worden ...» (Laube, 1976, S. 2).

Es waren indessen nicht nur Verwicklungen der genannten Art zwischen gro­ ßen und kleinen Herrschaften, Fürstenhäusern und Potentaten, die den Fi­ nanzbedarf stark ansteigen ließen und damit den Zwang zur Erhöhung des Geldvolumens verstärkten, sondern auch eine auf breiter Basis zunehmende Handels- und Gewerbetätigkeit, gefördert durch steigende Ansprüche des Renaissancemenschen an Luxusgüter und repräsentative Bauten. Die Folge war in der Regel eine enge wechselseitige Abhängigkeit zwischen fürstlichen und geistlichen Herren und Protektoren einerseits und ihren meist bürgerli­ chen Kreditgebern (Bankiers, Handelshäusern) andererseits. Hinzu kam als ständiges Ärgernis der Betroffenen - aus Mangel an Münzmetall (Silber) eine periodisch wiederkehrende Verringerung des Münzwertes (Erhöhung des Kupfergehalts) mit entsprechenden Münzwiderrufungen. Unter Kaiser Friedrich III. (1440-1493) lösten die «enormen Geldbedürfnisse und eine diesen nicht im mindesten entsprechende Silberproduktion eine ... Ver­ schlechterung der Münzen in Form einer metallnen Inflation aus» (Probszt, 1963, S. 14). Eine drastische Ausweitung dieser Produktion durch Neueröffnung oder Wiederbele­ bung von Bergwerken ebenso wie durch Modernisierung und Weiterentwicklung der Produktionsmittel war folglich ein Hauptanliegen der Zeit an die Montanwirtschaft.

Faktoren des montanwirtschaftlichen Aufschwungs seit der Mitte des 15. Jahrhunderts Wenn «die größten Fortschritte in der Technik der Renaissance auf den eng zusammenhängenden Gebieten Bergbau, Metallurgie und Chemie erzielt wurden» (Bernal, 1970, Bd. 2, S. 373), so ist das kein Zufall. Hier begegnet uns vielmehr ein Phänomen, dessen Äußerungen in der Geschichtsschrei­ bung bislang noch kaum jene Beachtung gefunden haben, die ihrer gesell­ schaftlichen Bedeutung entspräche. Was den Gang der montantechnischen Entwicklung in dieser Zeit besonders auszeichnet, ist der Umstand, daß das 92

15. und 16. Jahrhundert die überwiegend schon früher aufgetretenen techni­ schen Probleme jetzt nicht nur deutlich als solche erkennt, sondern in einer Weise nach Lösungen sucht, wie es in dieser geradezu systematischen Form weder jemals zuvor noch auch lange Zeit danach geschah. Die intensive Nut­ zung der Wasserkraft im Bergbau- und Hüttenbetrieb der Renaissance (Was­ serrad) wirkte «in ähnlicher Weise revolutionierend auf die Technik, wie die Dampfmaschine es 250 Jahre später tat» (Schimank, 1941, S. 103). Als hauptsächliche technische Schwierigkeiten des Bergbaus im Spätmittelaiter seien hier noch einmal stichwortartig zusammengefaßt: - die Grubenentwässerung (Wasserhaltung), das drängendste und am schwersten zu lösende Problem; - die ausreichende Bewetterung (Belüftung) der Grubenbaue, namentlich in Hinblick auf das arbeitsparende Feuersetzen; - die Förderung der Erze und die Befahrung der in größere Teufen vordringenden Baue; - die Verbesserung der Erzaufbereitungsmethoden zur Erzielung besserer Metallaus­ beuten bei geringerem Arbeitsaufwand; - schließlich bei allen Arbeitsvorgängen eine Leistungssteigerung durch Mechanisie­ rung und verstärkte Nutzung verfügbarer Energiequellen.

In allen diesen Punkten kann das Montanwesen der Renaissance bemerkens­ werte Erfolge verbuchen; ihr Einfluß auf die Gestaltung der montanwirt­ schaftlichen Produktionsverhältnisse und die sozialen und betrieblichen Strukturen sind nicht zu unterschätzen. - Welches aber waren die allgemei­ neren gesellschaftlichen Wirkmechanismen, die dieser erstaunlichen neuen Mobilität im spätmittelalterlichen Bergbau Antrieb und Richtung verliehen? Prägendes Element der europäischen Renaissance, des Humanismus und der Reformation ist ein tiefgreifender Strukturwandel in entscheidenden ge­ sellschaftlichen Bereichen. In diesem Prozeß wurde das traditionelle Gefüge der mittelalterlichen Ordnung, die soziale und politische Eu­ ropas (feudale Ständeordnung), ebenso verschoben, ja in Teilbereichen ge­ radezu revolutionär verändert wie das religiöse, kulturelle und wissenschaft­ liche Leben. Ein neues Arbeitsethos und ein verändertes Interesse an der Natur sind Ausdruck einer Emeuerungsbewegung mit profaner Zielsetzung auf verschiedenen Ebenen. Die Rohstoffe der Natur, ihre chemischen und physikalischen Wirkungen, werden mehr denn je zum Gegenstand produkti­ ver Aneignung. - Man kann den dynamischen Charakter der Epoche kaum zutreffender kennzeichnen als durch den Hinweis auf die Aktivität und Er­ neuerungsbereitschaft einer erstarkenden gesellschaftlichen Schicht, der aufstrebenden bürgerlichen Mittelschicht. Sie wurde als Trägerin der ge­ werblichen und industriellen Produktion erstmals in bedeutsamem Maße zum Subjekt der Geschichte. Das Interesse des wirtschaftlich aktiven Bürgers an progressiver Entwicklung des Han­ dels und an Kapitalakkumulation korrespondierte mit seinem Bemühen um die Aus-

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Weitung der Güterproduktion (Verlagswesen) und um Produktivitätssteigerung durch technischen Fortschritt. Im Bereich der gewerblichen Produktion war es besonders das Berg- und Hüttenwesen, das immer mehr Fremdkapital anzog und im Zuge verstärkter Mechanisierung und sozialer Differenzierung eine später auch für andere Produktions­ bereiche richtungweisende Wandlung erfuhr. Die neu errungene ökonomische und technologische Spitzenstellung des Montanwesens fand nicht zuletzt ihren Nieder­ schlag in einer anschwellenden Popularisierungswelle, in der frühen Bergbau­ literatur.

Frühe Bergbauliteratur Vor der Auffindung märchenhafter Schätze in der Neuen Welt galt für Montanuntemehmer und Territorialherren in Deutschland, was Kaiser Karl V. 1525 in einem Edikt zum Ausdruck brachte, daß nämlich «die bergkwerck... in hailigen römischen reich und teutschen landen mer dan sunst an keinem ort in der gantzen christenhait erbaut werden». Hier wurde erstmals in Eu­ ropa aus den skizzierten ökonomisch-sozialen und kulturellen Bedürfnissen heraus das praktische Wissensgut eines bisher kaum be- und geachteten Pro­ duktionszweiges zum Gegenstand einer eigenen Literaturgattung. - Die Po­ pularisierung vollzog sich auf zwei Ebenen, der volkstümlich-praktischen und der wissenschaftlich-pädagogischen. Das wachsende Interesse des wirt­ schaftlich denkenden Bürgers, aber auch der Landesherren an Problemen der Praxis traf zusammen mit einer selbst in Gelehrtenkreisen Fuß fassenden neuen Einstellung gegenüber den mechanischen Künsten>, ja gegenüber der Technik schlechthin: «Man solle sich nicht schämen, Läden und Werkstätten zu betreten und sich dort von den Menschen des praktischen Lebens über ihre Erfahrungen belehren zu lassen», forderte um 1530 der spanische Philo­ soph Ludovico Vives (1492-1540) im Interesse der Naturforschung von den Gelehrten seiner Zeit (Dijksterhuis, 1956, S. 268). In der Tat übte das in einer wachsenden Flut technischer Publikationen neuerschlossene Erfahrungswissen der Praktiker und die daraus resultieren­ den neuen Ideen und Denkanstöße zunehmenden Einfluß auf den wissen­ schaftlichen Geist der Zeit aus. Johann Hubinsack, montankundiger Land­ richter im elsässischen Lebertal und Gewährsmann des Kosmographen Seba­ stian Münster, machte wenig später die «vilerley gebreüchliche instrumenten und eygne namen / die nitt bald ein Schreiber oder gelerter weißt», verant­ wortlich für die bislang spärliche Berücksichtigung des Bergbaus «in den hi­ storien» (Münster, 1553, S. 528). Dennoch hatten erste Druckschriften über die des Bergmanns bereits ein brei­ teres Publikum erreicht. Die Initiative hierzu ging freilich nicht von schriftkundigen Praktikern aus - die Eingeweihten achteten zumeist auf strenge Geheimhaltung ihres Wissens -, sondern von einigen in Bergbauregionen ansässigen und am Bergbau inter­ essierten deutschen Humanisten. Die Vermittlung und Vermehrung von Wissen und

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38: Titelblatt des Bergbüchleins, mit dem Ulrich Rülein von Calw den eigentlichen Anstoß zur Ausbildung einer fachkundli­ chen Literatur zum Bergbau gab. Zusam­ men mit dem seit 1524 gedruckten

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Cum Priuikgio Imperatoris in annos v, & Galliarum Regis ad SeXennium.

40: Titelblatt von Agrícolas montanistischem Hauptwerk , ein halbes Jahr nach dem Tod des Autors bei Froben in Basel in erster Auflage erschie­ nen, 1556.

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Was dann 1556 der Öffentlichkeit übergeben wurde (Abb. 40), umfaßt indes­ sen weit mehr als die Prospektion, Erschließung und Gewinnung von Erzen und anderen Bergbauprodukten (Salz, Bitumen, Schwefel), mehr als ihre Aufbereitung und Verhüttung, mehr als die in Berg und Hütte gebräuchli­ chen Maschinen, Geräte, Öfen und Apparate. Aus dem ersten, zweiten und vierten (= Kapitel) des Werkes erfahren wir auch von der damaligen Diskussion über das Für und Wider des Bergbaus, die manches mit der heuti­ gen Umweltschutzdebatte gemeinsam hat. Ferner werden wir über die prak­ tischen Regeln bei der Aufnahme des Bergbaus informiert und in die Grund­ sätze des Bergrechts eingeführt. Über die allgemeineren Wissensanforde­ rungen an die Bergleute schreibt Agricola in deutlicher Parallele zu Vitruv: «Außerdem muß der Bergmann noch vieler Künste und Wissenschaften kundig sein: zuerst der Philosophie, daß er den Ursprung, die Ursachen und die Eigenschaften der unterirdischen Dinge erkenne ... Zweitens der Medizin, daß er für die Häuer und andere Bergarbeiter sorgen könne, damit sie nicht in Krankheiten verfallen, von de­ nen sie vor anderen bedrängt werden ... Drittens der Astronomie, damit er die Him­ melsgegenden kennenlerne und nach ihnen die Ausdehnung der Erzgänge beurteilen könne. Viertens der Lehre von den Maßen, daß er einerseits messen könne, wie tief ein Schacht zu graben sei, damit er zu dem Stollen reiche, der dahingetrieben wird, und daß er andererseits einer jeden Grube, besonders in der Tiefe, bestimmte Grenzen setze. Sodann soll er auch die Rechenkunst verstehen, damit er die Kosten, die für die Gezeuge und die Arbeiten der Häuer aufzubringen sind, zu berechnen vermag. Ferner die Baukunst, damit er die verschiedenen Kunstgezeuge und Grundbauten selbst ma­ chen oder wenigstens anderen die Art und Weise angeben könne, wie sie zu machen seien. Als dann soll er auch die Zeichenkunst kennen, daß er die Modelle aller Gezeuge abzeichnen könne. Endlich soll er auch des Rechtes, vor allem des Bergrechtes kundig sein, damit er einerseits den anderen nichts wegnehme, andererseits für sich selbst nichts Unbilliges begehre und das Amt übernehme, anderen Rechtsbescheid zu ge­ ben» (Agricola, 1977, S. 1 f).

Ein Wissensprofil dieses Ausmaßes kann sicherlich nicht auf den gemeinen Bergmann gemünzt gewesen sein; angesprochen ist hier wohl eher der Berg­ bausachverständige mit der Qualifikation eines Obersteigers (Hutmanns) oder Bergmeisters. Als umfassendstes und von seiner Systematik her vor­ bildlichstes Werk der bergbau- und hüttenkundlichen Literatur des 16. Jahr­ hunderts ist Agricolas Kompendium des Renaissance-Bergbaus auch später ohne qualitativ vergleichbares Gegenstück geblieben. Mehr als eineinhalb Jahrhunderte lang war es im In- und Ausland das Standardwerk des Montan­ wesens. Aus diesem Werk schöpften eine Vielzahl von Zeitgenossen und Nachfolgern; heute ist es dem Historiker eine technikgeschichtliche Quelle ersten Ranges. Allerdings sollten wir von unserem Autor nicht in allen Punk­ ten ein lückenloses Bild des Montanwesens erwarten, war es doch selbst ei­ nem Agricola, der nach seiner Joachimsthaler Zeit zum Stadtarzt und zeit­ weilig zum Bürgermeister von Chemnitz (heute Karl-Marx-Stadt) berufen 99

wurde, nicht immer möglich, die Schranken der Geheimhaltung und des sub­ tilen Kenntnisstandes der Praktiker zu überwinden. Die Stärke Agrícolas liegt weniger auf der verfahrenstechnisch-methodi­ schen Seite als in der meist sehr genauen und detaillierten Beschreibung der apparativen und instrumentellen Einrichtungen (Öfen, Herde, Werkzeuge, Prüfgeräte ...) und der mechanischen Ausrüstungen (Wasserräder, Göpel, Pumpen, Rühr- und Mahlwerke, Blasebälge, Kräne, Pochwerke, Aufzüge, Grubenwagen ...). Zahlreiche informative Abbildungen belegen die überra­ gende Bedeutung, die Agrícola dem Bereich des Maschinen-, Apparate- und Instrumentenbaus im Montanwesen zumaß. Es ist ein besonderes Verdienst des Gelehrten, einen tiefen Einblick in die praktische Mechanik der Montantechnologie gegeben zu haben. Systematische Darstellungen dieser Art waren es, die seit dem 16. Jahrhundert wichtige Anregungen zur Entwick­ lung der Mechanik zu einer zentralen Disziplin innerhalb der neuzeitlichen Physik gaben (Galileo Galilei, Simon Stevin, Otto von Guericke u. a.). Die im Mittelalter gegenüber den sieben ifbcriv vnb an brr er COictalnz (?>ampf einem beritt« brfc Äupffer# (ärgern*/ 'CieiTing brriiiuiiömö ¿falprter liebem»'auct aller falt-iam 9??incri| (das obige Maß der Kastenbreite nach dem Schwazer Bergbuch beruht vermutlich auf einem Übertragungsfehler). Legt man für Agricola die alte sächsische Elle (= 2 Fuß = 8 Hand = 32 Finger) mit 56,64 cm zugrunde, so

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entsprachen 2i4 Fuß knapp 71 cm. Eine Spanne betrug in diesem System 3 Hand = 21,24 cm. Dieses gut handhabbare Transportsystem von beachtlichem technischen Niveau und ergonomischer Qualität leistete noch für Jahrhunderte seinen Dienst im Bergbau. Wo immer es der Umfang der Abbautätigkeit im Berg möglich oder nötig machte, ließen die beteiligten Gewerken - wie im frühen 16. Jahrhundert jene des Fürstenhaus am Falkenstein bei Schwaz - «die Stollen groß auffahren und mit doppelten Gestängen belegen», damit die aus- und einfahrenden «Truhenläufer» sich nicht gegenseitig be­ hinderten (Schwazer Bergbuch, 1556, S. 150). - Ein derart geräumig ausgebauter Stol­ len war nach dem Urteil Johann Mathesius' «die schönste Kunst auff dem Bergkwerck», ermöglicht er doch nicht nur eine bequeme Erzförderung «mit Truhen und Hunden», sondern auch einen wirksameren Luftaustausch (fol. 204).

Es gab indessen auch ausgedehnte Grubenbaue, wo wegen sehr geringmäch­ tiger Lagerstätten die Abbaustrecken außerordentlich niedrig gehalten wer­ den mußten. Ein Schieben der Karren und Hunde zur Förderung der Berge war hier nicht mehr möglich. Der Transport mußte vielmehr durch Ziehen und Schieben von niedrigen und schmalen, aber sehr langen Kästen auf vier kleinen Rädern () in kriechender Stellung bewältigt wer­ den! Auf diese Art wurde beispielsweise im Mansfelder Kupferschieferberg­ bau jahrhundertelang das Förderproblem gelöst, allerdings mit Hilfe 14- bis löjähriger Jungen, an deren Stelle erst in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Erwachsene traten! «Der Schlepper hatte einen Riemen an den linken Fuß gespannt, woran der Hunt befestigt war; um den rechten Oberschenkel war ein Beinbrett, unter den rechten Oberarm ein Achselbrett geschnallt. Unter mühsamem Vorankriechen zog der Schlep­ per den Strebhunt vom Abbaustreb bis zur Entladestelle hinter sich nach» (Kimbauer, 1941, S. 12).

Allein der Gedanke an das anstrengende Herumkriechen tief unter der Erd­ oberfläche in feuchten und dunklen, rauhwandigen und schlecht belüfteten engen Röhren mit schwerem Ballast am Fuß jagt heute wohl jedem Bergbau­ fremden Schauer des Unbehagens und der Ratlosigkeit über den Rücken. Was veranlaßt Menschen, solche Arbeitsbedingungen zu akzeptieren? Von den Hauern in jenen Gruben, die als traurige Berühmtheit erlangten, weil sich ihnen bei ihrer gewöhnlichen Arbeitshaltung (liegend auf der Seite) allmählich der Hals krümmte, haben wir ja bereits vernommen (S. 43). Was mag in Sinn und Gemüt dieser einsamen Bergleute in ihren Gesteinsverliesen vorgegangen sein? Womit mußte das Eindringen in Plutos Reich erkauft werden?

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Schachtfördermaschinen Die Losungen für das Problem des vertikalen Transports von Fördergut im Bergbau reichten bekanntlich vom individuellen Herauftragen erzgefüllter Säcke oder Körbe über die Handreichung von Mann zu Mann bis zur Seilför­ derung (Aufziehen von Behältern). Die Seilförderung bildete den Ansatz­ punkt für die Bemühungen um eine arbeitssparende Mechanisierung dieses Transportsektors. Der Übergang zum Tiefbau machte das schließlich zur zwingenden Aufgabe.

Haspel und Tretscheibe Als Grundlage aller Vertikalförderung diente selbst noch zur Renaissance der traditionelle Handhaspel. Wie Sebastian Münster in seiner