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German Pages 288 Year 1971
J.
BOESE
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ALTMESOPO ΤΑ MISCHE
WEIHPLATTEN
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Eine sumerische Denkmalsgattung des 3. J a h r t a u s e n d s v. C h r .
von JOHANNES
BOESE
w DE
G WALTERDE GRUYTER · BERLIN · NEW YORK 1971
UNTERSUCHUNGEN ZUR ASSYRIOLOGIE UND VORDERASIATISCHEN ARCHÄOLOGIE (ERGÄNZUNGSBÄNDE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ASSYRIOLOGIE UND VORDERASIATISCHE ARCHÄOLOGIE. NEUE FOLGE) BAND 6
MIT 42 TAFELN, 1 UBERSICHTSKARTE UND 1 ZEITTABELLE
GEDRUCKT MIT UNTERSTÜTZUNG DER ERNST-REUTER-GESELLSCHAFT DER FÖRDERER UND FREUNDE DER FREIEN UNIVERSITÄT BERLIN Ε. V.
D 188 ISBN 3 11 002484 5 © 1971 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung · J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung · Georg Reimer · Karl J. Trübner · Veit Sc Comp. — Printed in Germany. — Alle Rechte der Übersetzung, des Nachdrucks, der photomechanisdien Wiedergabe und der Anfertigung von Mikrofilmen — auch auszugsweise — vorbehalten.
MEINEN ELTERN UND MEINER FRAU IN DANKBARKEIT
Vorwort
An dieser Stelle sei zunächst allen Universitätslehrern gedankt, deren Vorlesungen, Übungen und Seminare ich während meiner Studienzeit besuchen durfte: F. Altheim, K. Bittel, E. Dovifat, J. Friedrich, W. Görler, F. W. Goethert, E. Heinrich, B. Hrouda, W. Koehler, A. Moortgat, U. Moortgat-Correns, H. Rohde ( f ) , W. Schirmer, E. Schmidt, E. von Schuler, R Stiehl und H. Weber. Besonders herzlicher Dank gilt dabei meinem verehrten Lehrer und Doktorvater, Herrrn Professor Dr. Anton Moortgat, der nicht nur durch seine souveräne Vermittlung des Wissensstoffes Interesse und Freude an der Fachdisziplin zu wecken wußte und das Verständnis antiker Kultur und Geisteshaltung näherbrachte und vertiefte, sondern darüber hinaus den Fortgang meiner Studien in jeder Weise förderte, mich zur Mitarbeit an seinen Ausgrabungen, Publikationen und Seminaren heranzog, durch seine ständige Bereitschaft zur Aussprache und Diskussion viele Probleme zu überwinden half und die Fertigstellung meiner Arbeit mit Rat und Mahnung überwachte. Ich will nicht versäumen, bei dieser Gelegenheit den Herren Professoren Dr. R. Hachmann und Dr. W. Orthmann meinen Dank abzustatten, die mir die Teilnahme an ihren Ausgrabungen in Deutschland und im Orient gestatteten und mir somit über die auf der Universität vermittelten theoretischen Erkenntnisse hinaus den Erwerb praktischer Erfahrungen in der Feldarchäologie ermöglichten. Ferner möchte ich mich bei den Herausgebern der „Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie" für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe der „Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie", beim Verlag Walter de Gruyter für die Drucklegung des Bandes, und nicht zuletzt bei der Ernst-Reuter-Gesellschaft Berlin für die Bereitstellung eines nicht unbeträchtlichen Druckkostenzuschusses aufrichtig bedanken.
Inhaltsverzeichnis Vorwort Einleitung
VII 1
I. Kapitel Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit (Die Weihplatten der 1. Übergangszeit und Mesilim-Periode)
7
A. Stratigraphische Probleme Β. Die Weihplatten der „klassischen" Mesilim-Zeit C. Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe" 1. Vergleich dieser Gruppe mit paläographisch gesicherten Bildwerken der 1. Übergangszeit 2. Vergleich mit Darstellungen auf „Steatit-Gefäßen" 3. Vergleich mit Bildern der Vasenmalerei („Scarlet Ware") 4. Vergleich mit bestimmten glyptischen Erzeugnissen der 1. Übergangszeit 5. Konsequenzen für die Datierung der Denkmalsgruppe 6. Auseinandersetzung mit anderen Datierungstheorien
η 8 15 16 17 19 23 25 28
II. Kapitel Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis (Die Weihplatten der altsumerischen Periode aus Susa) . . .
33
A. Übersicht über das Fundmaterial und seine bisherige zeitliche Einordnung B. Der Komplex der ritzverzierten Weihplatten aus Susa 1. 2. 3. 4. 5. 6.
33 35
Die Platte S 1 und das Fragment S 2 Das Plattenfragment S 3 Die PlatteS 4 Die Platte S 5 Das Plattenfragment S 6 Versuch einer stilistischen Einordnung der Gruppe
C. Drei elamische „Curiosa" 1. Das Plattenfragment S 7 2. Die Platte S 8 3. Die P l a t t e S 9 4. Zusammenfassung der Konsequenzen fur die Entwicklungsgeschichte der Gattung im elamischen Bereich
35 36 37 40 42 44
.
46 46 47 50 53
III. Kapitel Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien (Die Weihplatten der 2. Übergangszeit und Ur I-Periode)
54
A. Begriffsbestimmung und Abgrenzung der „2. Übergangszeit" B. Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit 1. Historisch-chronologischer Abriß 2. Kunstgeschichtliche Entwicklungslinien
54 57 58 62
C. Die Weihplatten der Ur I-Zeit 1. Tello (T 1 — 13; Κ 10) 2. Ur ( U 3 - 4 )
66 66 78
X
Inhaltsverzeichnis 3. Nippur (Ν 8-10) 4. Uruk(UKl) 5. Adab (AD 1) 6. Tell Asmar(AS 5) 7. Chafadschi (CN 7) 8. Mari (M 4—7) 9. Kunsthandel (K 11) D. Zusammenfassung und Abgrenzung des Materials Ε. Die Weihplatten der 2. Übergangszeit 1. Tell Asmar (AS 4) 2. Chafadschi a. Temple Oval (CT 3-5) b. Sn-Tempel (CS 7/K 7) c. Nintu-Tempel (CN 2-6) 3. Nippur (Ν 6) . . 4. Kunsthandel (Κ 8-9) 5. Mari (Μ 1 - 3 )
80 84 85 86 88 90 96 97 101 102 104 104 106 107 113 115 117
IV. Kapitel Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung (Die Weihplatten der Akkad-Zeit und neusumerischen Periode) A. KunstgeschichtUche Entwicklungslinien des ausgehenden 3. Jahrtausends B. Die Weihplatten der Akkad-Zeit 1. Nippur ( N i l ) 2. Telk>(T 14-15) 3. Assur(AR 1) 4. Umma (UM 1) C. Die Weihplatten der Gudea-Zeit und der Ur ΙΠ-Periode 1. Tello (T 16-21) 2. Kunsthandel (K 12) 3. Assur (AR 2)
119 119 122 122 125 127 " 129 133 ] 133 136 139
V. Kapitel Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung A. B. C. D. E.
141
Zusammengehörigkeit der Weihplatten mit bestimmten Gebäuden Anbringung der Platten innerhalb der Räume Anbringungstechnik Funktion und Bedeutung^ehalt der Denkmalsgattung Abschließende Zusammenfassung
Katalog der Denkmäler Vorbemerkungen Zur Gesamtanlage und Gliederung des Katalogs Zu den Details und Abkürzungen innerhalb des Katalogs Katalog der Weihplatten Teil Agrab Teil Asmar Chafadschi Temple Oval Sin-Tempel Nintu-Tempel „Häuser" „Angekauft"
141 143 150 155 162
:
165 165 165 167 168 168 170 172 172 174 177 179 180
Inhaltsverzeichnis
XI
Nippur Kisch Fara Ur Susa Mari Tello Kutha Adab Uruk Assur Umma „Kunsthandel" Anhang
181 186 187 189 191 194 196 206 207 207 207 208 209 215
Abkürzungsverzeichnis
220
Register
226
Abbildungen Tf. I-XLII Übersichtskarte mit Angabe der Fundorte von Weihplatten Zeittabelle (Mesopotamien im 3. Jahrtausend)
Einleitung Schon von den frühen Ausgrabungen in Tello, Nippur und Susa her, spätestens also seit dem Ausgang des vorigen Jahrhunderts, ist der wissenschaftlichen Welt aus dem sumerisch-akkadischen Kulturkreis eine Reihe bestimmter, eigenartig geformter Flachbildwerke des 3. vorchristlichen Jahrtausends bekannt, die man heute, nachdem der Denkmälerbestand sich durch die Grabungen der letzten 70 Jahre im DiyalaGebiet, in Nippur, Fara, Kisch, Ur und anderen antiken Städten des Zweistromlandes vervielfacht hat, im deutschen Sprachbereich gewöhnlich unter der Gattungsbezeichnung „Weihplatten", „Weihtafeln" oder auch einfach „Lochplatten" zusammenfaßt, während die englischsprechenden Wissenschaftler im Allgemeinen den Terminus „(perforated) votive plaques" und die französischen den Begriff „plaques votives (perfor6es)" verwenden. Es handelt sich bei den Vertretern dieser Denkmalsgattung durchweg um flache Steinplatten \ deren eine Flachseite durch Glättung und Verzierung zur Schaufläche ausgestaltet ist. Diese hat entweder quadratische oder rechteckige Form, wird in den allermeisten Fällen plastisch, linear oder durch Einlagebänder gerahmt und auf diese Weise von dem manchmal nicht sauber abgearbeiteten, nur unregelmäßig behauenen eigentlichen Plattenrand deutlich abgesetzt. Oft begrenzt die Rahmung aber nicht nur die Schaufläche, sondern zugleich auch die Flächenausdehnung der gesamten Steinplatte selbst. Während die Kanten und Ränder in diesen Fällen meist geglättet sind, blieb die Rückseite fast aller Weihplatten, deren Stärke 2 cm selten unterschreiten, aber auch bis zu 12 cm betragen kann, uneben und wurde nur grob zugehauen. Die Schaufläche selbst, deren Seitenlänge von Fall zu Fall zwischen 10 und 50 cm schwankt, trägt meist einen figürlichen, selten einen ausschließlich ornamentalen Bildschmuck in Relief-, Intarsien- oder Ritztechnik, der im Einzelfall noch durch eine kurze Inschrift bereichert werden kann. Es kommen jedoch auch Platten ohne jegliche Bildverzierung vor, daneben einige weitere Stücke, deren einziger Schmuck, außer der obligatorischen Rahmung, in einer längeren Weihinschrift besteht. Das entscheidende Charakteristikum der gesamten Gattung jedoch, und damit wichtigstes Erkennungsmerkmal und Zuweisungsindiz für die Einzelobjekte, bleibt die in der geometrischen Mitte der Platten angebrachte große Durchbohrung, ein Loch von kreisrundem, quadratischem oder rechteckigem Querschnitt, das zweifellos einst zur Aufnahme eines Stiftes, Nagels oder eines entsprechenden, stabförmigen Gegenstandes gedient haben muß. Der Durchmesser bzw. die Seitenlänge dieses Zentrallochs kann zwischen 2 und 7 cm betragen, je nach der Plattengröße; jedoch überschreiten die Ausmaße der Durchbohrung niemals ein Drittel der Seitenlänge der jeweiligen Platten-Schaufläche. Trotz dieses charakteristischen Zentrallochs, das alle Vertreter der Gattung formal und darüber hinaus auch bestimmungs- und bedeutungsmäßig verbindet, habe ich im Folgenden das erläuternde und präzisierende Beiwort „durchlocht" oder „durchbohrt" („perforated", „perforce") bewußt fortgelassen, weil es den Anschein erwecken könnte, es handele sich dabei um eine sekundäre Bearbeitung der in Frage stehenden Denkmäler. Dagegen ist doch diese „Durchbohrung" - wie wir im Laufe unserer Untersuchungen erkennen werden — keineswegs nachträglich hinzugefügt, sondern ohne Zweifel primär geplant, sowohl im Hinblick auf den ursprünglich hindurchgefiihrten Gegenstand als auch auf die bildliche Ausgestaltung der Schauseite. Ja, bei den frühen Bildplatten hat die Zentralbohrung sogar eine wichtige kompositionsbestimmende Funktion; sie bildet somit nicht nur formal-geometrisch, sondern auch bildlich-gedanklich den „Mittelpunkt" der 1
Eine Ausnahme bilden vielleicht einige wenige Exemplare, deren Werkmaterial mit „Bitumen" oder „bituminöser Stein" angegeben wird (z. B. S 9, Τ 12); auf jeden Fail aber sind auch diese Stücke „steingemäß" bearbeitet, d. h. mit Meißel, Stichel und Hammer skulpiert, und nicht etwa, wie man einmal als möglich angedeutet hat, im Formgußverfahren hergestellt (Dec. 205). Die einzige Ausnahme von der echten Plattenform bildet anscheinend das Denkmal Τ 12, dessen Rückseite in Gestalt einer abgeflachten Pyramide zugehauen ist.
2
Einleitung
Platte, den Angelpunkt im buchstäblichen wie im übertragenen Sinne. Bei der Wortwahl zur prägnanten Benennung unserer Denkmalsgattung habe ich deshalb den einfachen, knappen Begriff „Weihplatte" vorgezogen, weil einerseits die Bezeichnung „Platte" die äußere Gestalt und die Proportionen der Steindenkmäler am anschaulichsten umschreibt, und es sich zum anderen in jedem Fall um religiös-kultische Weihobjekte handelt, sowohl von der ursprünglichen Bestimmung her als auch von dem damit verbundenen Bildinhalt. Soweit Inschriften nachweisbar sind, handelt es sich ausschließlich um Weihtexte, die ein frommer Stifter verfassen ließ, woraus wir mit Sicherheit den devotionalen Charakter der Denkmäler erschließen können. Darüber hinaus lassen die Fundstellen der überwiegenden Mehrzahl der Platten, sumerische Tempelanlagen nämlich, kaum noch einen Zweifel an der kultischen Funktion unserer Denkmalsgattung, an ihrer religiös-magischen Bestimmung. Die Bezeichnung „Weihia/e/n", die des öfteren in der deutschsprachigen Literatur auftaucht, habe ich vermieden, um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen, die sich durch die etymologische Assoziation unserer Denkmalsgattung mit anderen sumerischen, als „Tafeln" apostrophierten Dokumenten ergeben könnten, mit steinernen Gründungstafeln etwa oder mit flachen Tontafeln, die Inschriften oder Ritzverzierungen tragen. Wenn auch schon bald nach dem ersten Auftauchen von Weihplatten oder deren Fragmenten bei archäologischen Ausgrabungen in Mesopotamien die gedankliche, funktionelle und formale Zusammengehörigkeit jener Denkmäler erkannt und ihre Eigenschaft als Vertreter ein und derselben Bildgattung nie angezweifelt worden ist, wenn auch die Fundgruppen bzw. die Einzelstücke zum größten Teil sorgfaltig publiziert und besprochen, ihre Bilder weitgehend richtig geordnet, datiert und interpretiert worden sind, so gibt es doch bisher keine zusammenfassende wissenschaftliche Bearbeitung aller Stücke, eine Untersuchung etwa, die sich ausführlich mit der Entstehung der Gattung, ihrer formalen, stilistischen und bedeutungsmäßigen Entwicklung und all ihren kunst- und kulturgeschichtlichen Aspekten und Problemen auseinandersetzt. Zwar haben verschiedene Forscher im Laufe der letzten 60 Jahre, ausgehend von Fundkomplexen bestimmter Ausgrabungsstätten oder stilistischen Untersuchungen der Bilderwelt gewisser altmesopotamischer Kunstperioden und Kulturstufen, sich mit Einzelstücken bzw. Fundgruppen oder zeitgleichen Exemplaren und deren Gruppierung, Einordnung und Bilddeutung auseinandergesetzt; des öfteren ist auch die Gattung selbst, sei es im Hinblick auf bestimmte Entwicklungstendenzen, sei es in Anbetracht ihrer Bedeutung als Bildquelle für die sumerische Kunstgeschichte überhaupt, im Rahmen größerer kunsthistorischer Werke kurz skizziert worden 2 . Eine systematische Untersuchung aller greifbaren Einzelobjekte in ihrem gattungsgeschichtlichen Zusammenhang fehlt jedoch bis heute; dagegen mangelt es nicht an Deutungsversuchen, sowohl hinsichtlich des Dargestellten und dessen Beziehung zu Kult und Religion wie auch in Bezug auf die Denkmalsgattung selbst und deren ursprüngliche Bestimmung oder Funktion, an Vorschlägen allerdings, die sich nur zu oft widersprechen und zeitweilig recht absurde Blüten treiben (vgl. dazu auch Kapitel V). 2
Die folgende Aufzählung von Publikationen (in der Reihenfolge ihres Erscheinungsjahrs) erhebt keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit; es sind hier lediglich jene Werke zitiert, deren Autoren sich nicht nur über gewisse Einzelstücke oder Fundgruppen äußern, sondern auch gleichzeitig Vorschläge zur Deutung der Gattung und ihrer Bilderwelt, zur einstigen Bestimmung und Anbringung der Denkmäler, zur kunstgeschichtlichen Entwicklung der Denkmalsgattung im Besonderen und der des sumerischen Flachbildes im Allgemeinen vorbringen: Heuzey, Armoiries, 6 ff (1894) Heuzey, Catalogue, 94 ff. 121 ff (1902) Dec. 167 ff. 204 ff (1912) Pezaid/Pottier 54 ff (1913) Meißner, Grundzüge, 11 ff (1915) WVDOG39, 106 f (1922) Contenau, MAO I, 467 (1927) Moortgat, FB 29 ff (1935) OIP 44, 43 ff (1939) Christian, Altertumskunde, 179. 254. 257. 328. 384 (1940) OIP 60, 13 ff (1943) Contenau, MAO IV, 2016 ff (1947) Parrot, Tello, 86 ff. 93 ff (1948) Moortgat, Tammuz, 38 ff. 51 f (1949) Frankfort, A a A 3 2 f (1954) Parrot, Sumer, 129 ff (1960) Amiet, Elam, 174 ff (1966) Moortgat, KAM 36 f. 48. 71 (1967)
Einleitung
3
Erst jüngst haben sich zwei Wissenschaftler wiederum mit bestimmten problematischen Aspekten unserer Weihplatten in kunst- und kulturgeschichtlicher Sicht beschäftigt: D. P. HANSEN im Zusammenhang mit neuem Fundmaterial aus der alten Kultmetropole Nippur 3 und P. R. S. MoOREYim Rahmen einer Abhandlung über altsumerische Ritzzeichnung und Einlagetechniken4. In beiden Fällen jedoch wurde eine vollständige Zusammenfassung des Denkmälerbestandes wie auch eine erschöpfende Behandlung des Fundmaterials weder erreicht noch auch — der Tendenz der Aufsätze entsprechend — überhaupt erstrebt. Immerhin hat gerade HANSEN im Hinblick auf die ursprüngliche Anbringung der Weihplatten, ihre Entwicklungsgeschichte und ihre gedankliche Tradition einige neue Ideen entwickelt und dabei Lösungen vorgeschlagen, die von älteren Vorstellungen über die kulturgeschichtliche Bedeutung unserer Bildgattung zum Teil erheblich abweichen und deshalb auch im Laufe unserer eigenen Bearbeitung auf ihre Glaubwürdigkeit und die Stichhaltigkeit ihrer Hypothesen im Einzelnen sorgfältig geprüft werden müssen (vgl. unser Kapitel V). Aufgabe und Ziel der vorliegenden Untersuchung aber wird es vor allem sein, zunächst das Bildmaterial, soweit es bis heute greifbar ist, möglichst vollständig und geordnet vorzulegen, und darüber hinaus die Ursprünge, Entwicklungsphasen und Blütezeiten der Denkmalsgattung eingehend zu besprechen und die damit verbundenen Probleme zu erörtern, einmal im Hinblick auf die äußere Form der Weihplatten und ihren Wandel im Lauf der Zeiten, auf die Herkunft und kulturelle Zugehörigkeit der Gattung, auf ihre kultische Bestimmung und die Technik ihrer Anbringung im Heiligtum, wie auch hinsichtlich der bildlichen Darstellungen selbst, deren Inhalt und Aussage. Daneben gilt es, zu Einzelfragen Stellung zu nehmen: das Verhältnis der Darstellungskomposition zur Bildfläche, des Bildgehalts zur Plattenfunktion, Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Bearbeitungstechniken und ihre Auswirkung auf die Themengestaltung, geographische wie zeitliche Ausdehnung der Kunstgattung und Rekonstruktionsprobleme. Vieles, was über diese Fragenkomplexe schon erarbeitet worden ist, muß hier, um den inhaltlichen Zusammenhang zu wahren, noch einmal, wenn auch nur skizzierend, wiederholt werden. Einiges hoffe ich modifizieren oder ihm neue Erkenntnisse hinzufügen zu können; anderes wiederum kann nur angedeutet, kurz angeschnitten oder lediglich hypothetisch gelöst werden. Wieder anderes muß in Frage gestellt bleiben, bis uns vielleicht eines Tages neue Funddokumente erschöpfendere und klarere Auskunft geben. Es ist das Verdienst Anton MOORTGAT'S, meines verehrten Lehrers, einen großen Teil unserer Denkmäler unter den verschiedensten Gesichtspunkten ausfuhrlich behandelt zu haben, sowohl in ihrer stilistischen und zeitlichen Abfolge als auch unter dem Aspekt ihrer „Bildgedanken", also der thematischen, kompositionellen und hermeneu tischen Probleme 5 . So kann ich mir in Vielem ein detailliertes Eingehen auf Interpretation und Deutung des Dargestellten ersparen — es wäre ohnehin oft nur zeitraubende Wiederholung —, indem ich auf die betreffenden Abhandlungen MOORGAT'S verweise; in den meisten Fällen läßt sich nämlich seinen Ausführungen kaum Wesentliches hinzufügen oder gar verbessern, trotz der wesentlichen Erweiterung des Denkmälerbestandes durch neues Fundmaterial der letzten Jahrzehnte. Naturgemäß stehen die kunsthistorischen Aspekte der Gattung, stilistische Untersuchungen etwa und die daraus resultierende Feindatierung von Einzelobjekten, Zusammenfassung und Analyse bestimmter Fundgruppen oder Bildkomplexe und deren Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte im Vordergrund meiner Dissertation. So wird es auch verständlich, daß ich auf einige Abteilungen unserer Denkmalsgattung nur kursorisch eingehe, weil ihr innerer und äußerer Zusammenhang gesichert und Datierungs- wie Deutungsprobleme weitgehend gelöst sind (vgl. die Platten der Mesilim-Zeit, Kapitel I B). Andere Komplexe wiederum schienen mir bislang nicht ausfuhrlich genug behandelt, teilweise geradezu vernachlässigt, sodaß ich mich verpflichtet fühlte, sie eingehender zu besprechen, als es zunächst im Rahmen der vorliegenden Arbeit notwendig erscheinen mag (vgl. die Platten der 1. Übergangszeit, Kapitel I C, die Stücke aus Susa, Kapitel II, und das Material der Ur I-Zeit, Kapitel III C). Aber gerade mit Hilfe dieser scheinbar allzu detaillierten Bearbeitung einzelner Objekte oder Objektgruppen glaube ich nicht nur, neue Aufschlüsse gewonnen zu haben über den Charakter und Entwicklungsstand der Gattung zu bestimmten Kunstperioden — wie es mir die Zielsetzung meiner Arbeit vorschreibt —, sondern gleichzeitig auch einige allgemeinere kunstgeschichtliche Zusammenhänge innerhalb dieser Perioden neu zu beleuchten, chronologische Fragen anzuschneiden und vielleicht auch zu klären. Daneben konn3 4 5
Hansen 145 ff (1963) Moorey 97 ff (1967) Moortgat, FB 29 ff. - Moortgat, Tammuz, 38 ff. 51 f. - Moortgat, KAM 36 f. 48. 71
4
Einleitung
te ich mehrere bildliche bzw. formale Rekonstruktionsvorschläge fur bestimmte Denkmäler machen, Fragmente stilistisch miteinander verbinden und im Einzelfall sogar mit Sicherheit zusammenfügen. U m den allgemeinen entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhang der einzelnen Kunstwerke untereinander wie auch der größeren stilistischen Gruppen in ihrer historischen Abfolge zu wahren und gleichzeitig die chronologische Ordnung des Textes selbst nicht zu gefährden, habe ich auf nachgestellte Exkurse oder allzu umfangreiche Anmerkungen verzichtet; deshalb wurden bestimmte Randbemerkungen zum eigentlichen Thema, die mir aber zum Gesamtverständnis nötig erschienen, an jene Denkmäler oder Stilgruppen angeschlossen, die mich zu diesen Überlegungen allgemeiner Art veranlaßt hatten. Desgleichen fand ich es bei einigen Kapiteln angebracht, ihnen gewisse Erklärungen oder sogar Zusammenfassungen voranzustellen bzw. gleich zu Anfang kurz das jeweilige chronologisch-kunstgeschichtliche Gerüst zu umreißen, auf das wir uns im Verlaufe der Untersuchung stützen wollen. Im Ganzen gesehen besteht die vorliegende Arbeit aus drei Hauptteilen : der erste, wichtigste und umfangreichste, der vier Kapitel umfaßt, behandelt die formale und künstlerische Entwicklungsgeschichte der Weihplatten, von ihrem ersten nachweisbaren Auftauchen zu Beginn der frühdynastischen (= altsumerischen) S a Zeit, über ihre großartige künstlerische Manifestation während der Mesilim-Periode (Kap. I) und ihre bild5a
Bei der Nomenklatur der verschiedenen Kulturstufen und Kunstperioden bzw. Stilphasen des 3. Jahrtausends v. Chr. in Mesopotamien habe ich mich weitgehend der von Moortgat, KAM passim benutzten Terminologie bedient, die ihrerseits auf die Perioden-Einteilung bei Moortgat, FB zurückgeht; zum Anwendungsbereich der einzelnen Termini vgl. unsere Zeittabelle am Schluß des Abbildungsteiles und die jeweilige Diskussion der zeitlichen Abgrenzungen zu Beginn der Kapitel I - I V im Text. Im Einzelnen sei dazu angemerkt: zum Begriff „frühdynastisch" als zusammenfassender Bezeichnung des großen Zeitabschnittes zwischen dem Ausgang der sumerischen Frühgeschichte und dem Beginn der akkadischen Herrschaft über ganz Mesopotamien, der aus dem anglo-amerikanischen Sprachbereich übernommen wurde und ursprünglich aus der ägyptologischen Terminologie stammt, heute aber auch weitgehend von deutschsprachigen Archäologen benutzt wird, vgl. schon Moortgat, FB 3. 54; ferner Christian, Altertumskunde, 169; ferner W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 178 ff; neuerdings zusammenfassend und vorwiegend in historischem Sinne D. O. Edzard, Fischer-Weltgeschichte, 57. Wenn ich im Folgenden den Begriff „altsumerisch" dem Terminus „frühdynastisch" vorziehe, so hat das mehrere Gründe: 1. Alle anderen bisher vorgeschlagenen und den verschiedenen Wissenschafts-Schulen jeweils gebräuchlichen Bezeichnungen für diese historische Zeitspanne bzw. Kulturepoche („Zeit der plankonvexen Ziegel", „Präsargonisch", „Archaisch", „Frühdynastisch" oder „Lagasch-Periode") erscheinen mir, wenn sie auch zum großen Teil deckungsgleich mit dem von mir vorgezogenen Terminus „altsumerisch" sein mögen, entweder zu nichtssagend, zu umständlich oder sogar mißdeutbar und irreführend, wenn sie auch keinesfalls als gänzlich verfehlt oder gar sinnlos angesehen werden dürfen (vgl. dazu auch unsere Diskussion der 2. Übergangszeit in Kap. III A). 2. Darüber hinaus ist der Terminus „altsumerisch" m. E. allein schon als Gegenpol, als Pendant zu dem allgemein verbreiteten Begriff der „neusumerischen Zeit" unbedingt erforderlich; auch als Gegensatz zur unmittelbar anschließenden „Akkad-Zeit" scheint mir die Formulierung der „altsumerischen Periode" am sinnvollsten. Dem Wortinhalt widerspricht auch nicht die Tatsache, daß während der „altsumerischen" Zeit zweifellos vorakkadisch-semitische Einflüsse in wechselnd stärkerem oder schwächerem Ausmaß auf Kultur und Kunst des in seiner Gesamtheit zu jener Zeit doch wohl vorwiegend sumerisch geprägten Mesopotamien eingewirkt haben (vgl. dazu Moortgat, KAM 26 ff; ders., BaM 4 (1968) 221 ff; dagegen: D. O. Edzard, Fischer-Weltgeschichte, 61 ff. 69 ff). - Nicht zu verwechseln ist dabei der hier verwendete, archäologisch-kunstgeschichtliche Begriff „altsumerisch" mit der von A. Falkenstein und W. von Soden geprägten, gleichlautenden philologischen Bezeichnung für eine bestimmte Sprachstufe des 3. Jahrtausends v. Chr. (vgl. zuletzt W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 215, Tabelle III). 3. Mit der Bezeichnung „altsumerisch" erreichen wir zudem eine weitgehende Vereinheitlichung der Oberbegriffe und gleichzeitig eine im historischen wie kunstgeschichtlichen Sinne logische Abfolge der Perioden in unserer Terminologie: Frühsumerisch (Uruk VI-IV-/Djemdet Nasr-Zeit) Altsumerisch (1. Übergangs-/Mesilim-/2. Übergangs-/Ur I-Zeit) Akkadisch („Reichsakkadisch" oder „Altakkadisch") Neusumerisch (Gudea-/Ur III-/Isin-Zeit) Es ergibt sich also ein ähnliches System, wie es bei den babylonischen, assyrischen oder elamischen Periodenbezeichnungen üblich ist (alt. . ., m i t t e l . . ., neu . . .). 4. Während A. Moortgat den Begriff „altsumerisch" - allerdings bewußt in Parenthese gesetzt - zunächst nur fur die Ur I-Zeit, d. h. die Kunstperiode zwischen Urnansche und Lugalanda von Lagasch, anwendete (Moortgat, FB 6. 9. 19), setzte er ihn später - vor allem im Gegensatz zu „neusumerisch" - zuweilen mit der frühdynastischen Zeit gleich (Moortgat, KAM 60) und gebraucht ihn neuerdings ausschließlich in diesem Sinn (Moortgat, BaM 4 (1968) 222 f. 228 f.); mit Recht sieht er die mesopotamische Kultur von Uruk VI bis Sargon von Akkad in ihrer Gesamtheit als „sumerisch" an, wobei er die Stileinflüsse semitischer Herkunst keineswegs verkennt oder unterschätzt, und setzt betont die „erste sumerische Hochkultur" (Frühgeschichte, „frühsumerisch") von einer „neuen Blütezeit sumerischer Bildkunst" (Mesilim-Zeit) ab. Zur kulturellen und stilgeschichtlichen Kohärenz von Mesilim-/2. Übergangs-/Ur I-Zeit (unsere „altsumerische" Periode) vgl. Moortgat, KAM 43; der archäologische Begriff „sumerisch" ist im Sinne Moortgats also kein primär ethnisch-philologischer, sondern ein in erster Linie kulturgeschichtlich-kunsthistorischer Terminus, und als einen solchen möchte ich ihn auch in meiner Arbeit verstanden wissen!
Einleitung
5
liehe Umgestaltung in den folgenden beiden Abschnitten (sog. 2. Übergangszeit und Ur I-Periode) der altsumerischen Epoche bis zu deren Ausklang (Kap. III), verfolgt die Entwicklungslinien während der AkkadZeit und der Gudea-Periode bis zum letzten Aufflackern und Erlöschen der Denkmalsgattung zugleich mit dem Ende des sumerisch inspirierten und von der sumerischen Kultur getragenen Kunstschaffens (Kap. IV). Dabei wurde das eigenwillige Entwicklungsstadium, das die Gattung im elamischen Bereich während der altsumerischen Periode erlebt hat, gesondert behandelt und in den chronologischen Zusammenhang eingeordnet (Kap. II). Der zweite Teil, gleichzeitig das Schlußkapitel des Haupttextes, setzt sich dann noch einmal mit den Fragen der Bedeutung, Zweckbestimmung und Anbringung der Denkmäler auseinander und geht dann auf die verschiedenen Theorien ein, die man bisher zu diesem Problemkreis geäußert hat, ohne daß eine in jeder Hinsicht befriedigende und endgültige Klärung erbracht worden wäre (Kap. V ) . Die Materialsammlung, Basis und Ausgangspunkt meiner Untersuchungen, findet sich im dritten Teil. Er umfaßt den Katalog der Einzelstücke, nach Herkunft, Entstehungszeit und Motiven gegliedert und mit sachlichen Angaben, Details zu den Fundumständen oder zur Ikonographie, archäologischem Vergleichsmaterial, einer kurzen Beschreibung des Ganzen und Literaturhinweisen versehen. Gleichzeitig ist jedes in den Katalog aufgenommene Stück in Umzeichnung abgebildet (Tf. I - X L I I ) . Diese Strichzeichnungen erheben keineswegs Anspruch auf künstlerische Qualität oder ideale Wiedergabe des originalen Vorbildes; sie sollen lediglich zur Erinnerung, als Gedächtnisstütze dienen. Diesem dritten Teil angeschlossen sind ferner fas Abkürzungsverzeichnis (gleichzeitig Bibliographie), eine geographische Übersichtskarte der Fundstätten von Weihplatten innerhalb Mesopotamiens und eine ergänzende Zeittabelle mit Angabe der wichtigsten Kulturstufen, Kunstperioden, antiken Stadtstaaten und deren Herrscher im Gebiet des Zweistromlandes während des dritten vorchristlichen Jahrtausends. Ein abschließendes Wort sei noch der Denkmalsgattung selbst gewidmet: wir können die Bedeutung der Weihplatten für die altorientalische Kunst- und Kulturgeschichte nicht hoch genug einschätzen, da sie — zumindest gilt das für die erste Hälfte der altsumerischen Epoche — eine Hauptquelle für unser Wissen von der Flachbildkunst überhaupt, aber auch gleichzeitig von den religiösen Gebräuchen jener Zeiten und von der Ausschmückung sumerischer Heiligtümer darstellt, und weil wir uns ohne ihre Existenz von der altsumerischen Bilder- und Gedankenwelt vor der Mitte des 3. Jahrtausends keine auch nur annähernd so reichhaltige und plastisch greifbare Vorstellung machen könnten, wie es uns mit Hilfe der überlieferten Denkmäler unserer Gattung möglich geworden ist. Aber auch für die späteren Entwicklungsstadien der sumerischen Kunst, in der zweiten Hälfte des 3. Jahrtausends, können die Weihplatten uns neue Anhaltspunkte liefern, unsere Kenntnis von der Flachbildkunst im altvorderasiatischen Raum erweitern und vertiefen, und letztlich auch zum volleren Verständnis mesopotamischer Kultur und Geistesgeschichte einen wertvollen Beitrag leisten. Magcich nun auch das Gesamtbild, das wir im Laufe unserer Untersuchungen von den Weihplatten und ihrer Bedeutung gewinnen werden, durch neu hinzukommendes Bild- oder Schriftmaterial oder durch neue Überlegungen und Rückschlüsse im Einzelnen erweitern, verschieben, modifizieren oder gar in wichtigen Abschnitten korrigieren lassen, so steht davon unabhängig doch eine entscheidende Tatsache fest: Unsere Denkmalsgattung stellt nämlich im Verhältnis zu allen anderen antiken Bildträgern eine der eigenartigsten und eigenwilligsten Erscheinungen dar! Nicht nur ist es ein bemerkenswertes Phänomen, daß'mit den Weihplatten zum ersten Mal in der Geschichte Vorderasiens eine vom Gerät unabhängige Bildfläche geschaffen wurde, gleichzeitig Tempelschmuck, Votivgabe und magisches, religiös-kultisch inspiriertes Bild. Wenn wir die Platten aber in dieser Art richtig interpretieren, wenn wir sie als erste echte „ Wandbilder", die in Sichthöhe im Innenraum eines sumerischen Heiligtums „aufgehängt" waren, verstehen6 — gleichgültig, ob sie nun ursprünglich nur verzierte Halterungen des zentral hindurchgeführten „Nagels", sozusagen schmückendes Anhängsel des eigentlichen kultisch oder architektonisch bedingten Primär-Objekts waren, oder von vornherein ein dem Stift gleichwertiger Grundbestandteil einer religiös gebundenen Bildvorstellung, die Platte und Nagel als gedankliche wie formale Einheit betrachtete —, so dürfen wir die gesamte Denkmalsgattung wohl mit Recht als einzigartige, einmalige Schöpfung altvorderasiatischer Bildkunst bezeichnen, als Unikum innerhalb der Jahrtausende alten Geschichte des kultisch inspirierten Flachbildes. Keine andere Kunstepoche, keine andere Hochkultur, kein anderes Volk und keine andere Weltanschauung hat je, früher oder später, Verwandtes oder auch nur im Prinzip Vergleichbares hervorgebracht. Zumindest was äußere Form, 6
Zu dieser Interpretation vgl. unsere zusammengefaßten Ergebnisse und Konsequenzen in Kapitel V Abschnitt Ε
6
Einleitung
Anbringung und Bildaufteilung angeht, kennen wir wohl kaum etwas Seltsameres als dieses sumerische Tempel-Wandbild, aus dessen Mitte einst ein ornamental oder figürlich bekrönter Nagelkopf hervorgeragt haben muß! Allein diese Tatsache schon gibt uns die Berechtigung, ja, stellt geradezu die Aufforderung an uns, die Entstehung, Entwicklung und Bedeutung dieser Denkmalsgattung im Einzelnen wie im Gesamtbild sorgfältig zu untersuchen, eingehender noch und auf breiterer Basis jedenfalls, als man es bisher unternommen hat.
I. Kapitel Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit (Die Weihplatten der 1. Übergangszeit und Mesilim-Periode)
A. Stratigraphis'che Probleme Mehrfach wurde gerade in jüngeren Publikationen betont, daß es keinen stratigraphischen Beleg für die Existenz von Weihplatten vor der sogenannten ED Ii-Periode gäbe7, das hieße: unterhalb der mesilim-zeitlichen Grabungsschichten sei nie eine Weihplatte oder auch nur ein Fragment der Gattung gefunden worden. Umso mehr verwundert uns dann die Tatsache, daß jene Bildgattung zu Beginn der eigentlichen MesilimZeit plötzlich, scheinbar voll entwickelt und ohne erkennbare Vorstufen, vor uns steht. Wenn wir zunächst einmal von stilistischen Kriterien absehen und auch die Frühdatierung zweier Weihplattenfragmente aus Kisch und Kutha, deren zeitliche Zuordnung wir im Einzelnen noch besprechen müssen8, aus unserer Betrachtung ausklammern, so verdient doch wohl ein wichtiger Faktor rein stratigraphischer Natur unsere Aufmerksamkeit, der bisher anscheinend übersehen worden ist: In der katalogartigen Aufzählung der Funde aus der Schicht Π des „Archaic Shrine" zu TellAsmar im Diyala-Gebiet wird nämlich ein Plattenfragment erwähnt 9 , das dort leider weder abgebildet noch beschrieben ist. Die Fundschicht aber gehört einwandfrei der sogenannten ED I-Periode an und datiert das Fragment somit spätestens in die Übergangszeit zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Zeit (unsere „1. Übergangszeit"). Wir wissen nicht, ob das Bruchstück bildlich verziert ist und wie diese Verzierung aussieht. Aber wenn es auch nicht ausdrücklich als Teil einer „perforated plaque" bezeichnet wird, so dürfen wir e's doch schon allein auf Grund der Definition „plaque fragment", die H. FRANKFORT in der genannten Publikation nur im Zusammenhang mit Weihplatten gebraucht, eindeutig als Teil einer solchen verstehen. Einen Parallelfall zu diesem Fundumstand kennen wir auch aus dem Bereich der Rundplastik, für die uns das DiyalaGebiet sonst ebenfalls nur Beispiele von den frühesten ED Ii-Schichten (= Mesilim-Zeit) an geliefert hat: aus stratigraphischen Gründen muß das leider fragmentarische, in der Sekundär-Literatur wenig beachtete Rundbild eines hockenden Lastträgers, das in der Schicht VI/VII des Sin-Tempels in Chafadschi zum Vorschein kam 1 0 , mit Sicherheit der ED I-Periode zugewiesen werden, also unserer 1. Übergangszeit. In stilistischer Hinsicht möchte man es wegen seiner nicht steingemäßen, geradezu filigranartig durchbrochenen Körpergliederung wohl näher an die Rundbildkunst der Mesilim-Zeit und deren typische Struktur heranrücken, eher jedenfalls, als an die Kunsttradition von Uruk III (= Djemdet Nasr), wie es E. STROMMENGER vorschlägt 11 .
D. P. HANSEN weist in seiner Publikation einiger neuer Weihplatten aus Nippur wiederholt darauf hin 12 , daß uns die Fundschicht einer Weihplatte im günstigsten Fall (es sei denn, es würde jemals eine Platte „in situ" gefunden werden) einen „terminus ante quem" für die Ingebrauchnahme bzw. das Herstellungsdatum 7
Hirmer/Strommenger 63 (zu Tf. 45). - Hansen 148 Anm. 19. - Moorey 99
8
KI 4 (= Tf. XIX,4) und KU 1 (= Tf. XXXIV,1); vgl. dazu den Abschnitt C 6 dieses Kapitels
9
Ο IP 58, 206 (= As. 34:143); vgl. auch im Weihplatten-Katalog unter Teil Asmar (eingenickt)
10
OIP 44, Tf. 69 G (No. 92); das einzige weitere frühe Rundbild aus dem Diyala-Gebiet, eine stehende Frau mit gefalteten Händen, ist durch Fundschicht und Stilzugehörigkeit einwandfrei in die Djemdet Nasr-Zeit datiert (OIP 60, Tf. 1 = Moortgat, KAM 16; Tf. 12)
11
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 15 Anm. 113
12
Hansen 146. 153 Anm. 43
8
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
des Denkmals liefern kann, und auch das nur unter der wichtigen Voraussetzung, daß nicht etwa Einzelstücke oder Fragmente durch sekundäre Störungen - wie Abfallgruben, Brunnenschächte, Fundamentgräben oder auch tierische Höhlengänge — von höheren Schichten in wesentlich tiefere gelangt sind, wie es durchaus immer wieder vorkommen kann. Bei sorgfältigen Ausgrabungen allerdings, wie gerade die der amerikanischen Expedition in Nippur, dürfen wir die letztere Möglichkeit faktisch ausschließen, da man Störungen dieser Art sicher beobachtet und den Datierungswert der Fundstücke aus jenen Bereichen entsprechend modifiziert hätte. Das Gleiche gilt natürlich für eine ganze Anzahl weiterer Grabungen im Zweistromland, besonders die der Amerikaner im Diyala-Gebiet während der 30er Jahre unseres Jahrhunderts, Teil Asmar, Teil Agrab und Chafadschi nämlich, die uns den weitaus größten Anteil aller mesilimzeitlichen Weihplatten geliefert haben. Selbst wenn ich Gefahr laufe, banale Selbstverständlichkeiten neu zu formulieren, sei hier noch einmal ausdrücklich betont, daß gerade büdlich verzierte Kultobjekte aus Stein oder Metall, die auf Grund ihrer längeren Lebensdauer und ihres künstlerischen oder religiösen Wertes durchaus über längere Zeitspannen hin in Gebrauch gewesen sein können, niemals unbedingt herstellungsgeschichtlich zu jener Bau- oder Kulturschicht gehören müssen, in denen sie vom Ausgräber gefunden werden, selbst wenn sie nachweislich in dieser Schicht noch benutzt worden sind. So konnten, um nur ein Beispiel zu zitieren, mehrere Fragmente eines Weihplattenfrieses aus der Schicht VII des Nintu-Tempels zu Chafadschi an ein weiteres Bruckstück des gleichen Bildstreifens angepaßt werden, das aus der Schicht V desselben Heiligtums geborgen wurde (unser Stück CN 2 = Tf. X,2), und auch jene ältere Bauschicht muß nicht zwangsläufig die Herstellungszeit oder erste Benutzungsperiode der Weihplatte selbst repräsentieren! Wenn aber umgekehrt ein Fundobjekt in einer sehr frühen Schicht zum Vorschein kommt, wie eben das Plattenfragment aus dem Archaic Shrine zu Tell Asmar, dann dürfen wir wohl zu Recht annehmen, daß es nicht später als in der schichtzugehörigen Periode, in diesem Falle der Übergangszeit zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Periode, entstanden sein wird, ja, daß es theoretisch sogar einer noch früheren KulturEpoche seine Entstehung verdanken kann. Haben wir somit also die Berechtigung gewonnen, wenigstens ein Weihplatten-Fragment auf Grund seines stratigraphischen Befundes mit Sicherheit spätestens der ED I-Periode zuzuweisen, so müssen wir uns im Folgenden bemühen, die Weihplattenproduktion jener 1. Übergangszeit auch stilistisch zu erfassen. Zuvor aber wollen wir uns noch kurz den „klassischen" Platten der Mesilim-Zeit selbst zuwenden und ihre typischen Stilmerkmale, ihre formalen und ikonographischen Prinzipien anhand des überlieferten Fundmaterials umreißen, ehe wir den Schritt zurück, zur von uns sogenannten „Mesilim-Vorstufe", unternehmen. Bei den Weihplatten der eigentlichen Mesilim-Zeit bietet sich uns nämlich der große Vorteil, daß eine ganze Anzahl der Einzelstücke in stilistischer und manchmal zusätzlich auch noch in stratigraphischer Hinsicht eindeutig datiert vor uns steht und auch das restliche Material mit weitgehender Sicherheit entstehungszeitlich für jene erste große Blütezeit altsumerischer Bildkunst in Anspruch genommen werden kann. Als Ausgangsbasis für die stilistische Abtrennung der Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe" wird diese Untersuchung unerläßlich sein.
B. Die W e i h p l a t t e n der „ k l a s s i s c h e n " Mesilim-Zeit Die Rundbildkunst der Mesilim-Stufe, also des ersten Teiles der von den amerikanischen Ausgräbern des Diyala-Gebietes mit Hilfe sorgfältiger Schichten-Analysen gewonnenen, sogenannten ED Ii-Periode, läßt sich spätestens seit den grundlegenden Untersuchungen von A. MOORTGAT13, H. FRANKFORT14 und neuerdings E. STROMMENGER15 stilistisch genau erfassen, abgrenzen, in ihrer Weiterentwicklung bis hinab zur späten Ur I-Zeit verfolgen und zu den entsprechenden Schichten des Diyala-Gebietes in exakte Verbindung setzen. Wenn wir im Folgenden den Begriff „Stil" hier etwas großzügiger fassen, bezogen auf die vorgriechische Kunst Vorderasiens und nicht im strengen Sinne der klassischen Archäologie, sondern mehr auf Gliederung und Struktur der Einzelformen, vor allem auf Bildkomposition, Ikonographie und Vergleich der Antiquaria 13
Moortgat, FB 24 ff. - Moortgat, KAM 34 ff
14
OIP 44, 19 ff. - OIP 60, 1 ff. - Frankfort, AaA 18 ff
15
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 1 ff
Die Weihplatten der „klassischen" Mesilim-Zeit
9
gerichtet, so läßt sich durchaus eine enge „stilistische" Zusammengehörigkeit feststellen zwischen der Menschendarstellung im mesilim-zeitlichen Rundbild und einer Gruppe von Weihplatten, die uns ebenfalls menschliche Figuren, diesmal im Flachbild, vor Augen fuhren 16 . So kehrt der Typus des stehenden oder sitzenden Menschen im Rundbild, wie er uns ζ. B. in den berühmten Beterfiguren des sogenannten Hortfundes aus dem Square Temple I von Teil Asmar und mehreren mesilim-zeitlichen Sitzbildern aus verschiedenen Heiligtümern des Diyala-Gebietes 17 überliefert ist, in fast identischer Formgebung und Detailausführung auf vielen Weihplatten-Reliefs wieder, als deren markantester Vertreter hier nur die weithin gut bekannte Platte aus dem Temple Oval in Chafadschi (unser Stück CT 2 = Tf. V,2) genannt werden soll. Einzelne Figuren wirken geradezu wie eine direkte Umsetzung des Rundbildes in ein Relief 18 , natürlich bei entsprechender Vereinfachung der rundplastischen Vorlage, einer gewissen Reduzierung, die schon allein durch die isokephalische Komposition der mesilim-zeitlichen Weihplattenfriese und vor allem durch die wesentlich kleineren Dimensionen der menschlichen Gestalten im Flachbild bedingt wird. Zur Bildkomposition, zum thematischen Repertoire und zum Vergleich in stilistischer wie antiquarischer Hinsicht können wir in vielen Fällen auch die zeitgenössische Rollsiegel-Glyptik mit heranziehen, deren Bildstreifen uns trotz ihrer miniaturhaften Dimension wertvolle Aufschlüsse über bestimmte Stiltendenzen des mesilim-zeitlichen Flachbildes vermitteln, die uns in fast identischer Gestalt auch auf einer großen Zahl von Weihplatten jener Periode begegnen, wobei man selbstverständlich berücksichtigen muß, daß die zur Verfügung stehenden Bildflächen beider Denkmalsgattungen in unterschiedlicher Weise angelegt sind (das unendlich fortlaufende Band des Rollsiegelbildes im Gegensatz zum langrechteckigen, zu beiden Seiten durch Rahmung begrenzten Bildfries der Weihplatte), und dadurch unter Umständen eine divergierende Figuren- oder Szenen-Komposition des gleichen Motives erzwingen. Die Steinschneidekunst jener altsumerischen Stilperiode ist heute, dank der zusammenfassenden Untersuchungen von A. MOORTGAT und H. FRANKFORT19, zeitlich wie kunstgeschichtlich genau zu umreißen, sodaß ich jene Stilprinzipien, Motivkreise und ikonographischen Charakteristika hier nicht noch einmal analysieren oder zusammenfassend interpretieren muß. Eine weitere Hilfe bei der Zusammenstellung der Weihplatten aus der „klassischen" Mesilim-Zeit bieten uns unter anderem zwei Reliefdarstellungen auf den Sockeln von Rundbildern, die sowohl durch ihren stratigraphischen Befund als auch durch ihre stilistischen Eigentümlichkeiten zweifelsfrei der mesilim-zeitlichen Kunstepoche zugewiesen werden müssen 20 , und nicht zuletzt die bekannte, rundum mit Reliefbildern ausgestattete Weihkeule des Königs Mesilim von Kisch, die einst in Tello gefunden wurde und der gesamten Stilstufe ihren Namen gegeben hat 2 1 . Stilistische und motivische Entsprechungen finden wir ferner auf mehreren Weihplatten 22 und anderen relief- oder ritzverzierten Kultgegenständen wieder, wie ζ. B. auf einer reliefierten Kalkstein-Pyxis aus dem Inanna-Tempel zu Nippur 2 3 , einem mit Ritzzeichnungen versehenen Pyxis-Deckel aus Teil Agrab 24 oder einer gravierten Lanzenspitze aus Tello 2 5 . Darüber hinaus sind mehrere Weihplatten im Mesilim-Stil auch durch ihre Fundlage in frühen ED Ii-Schichten in ihrer Datierung einwandfrei, geradezu doppelt, gesichert. Zu jenen Weihplatten, deren Entstehungszeit man mit hinreichender Sicherheit mit der Mesilim-Periode identifizieren darf, gehören folgende vollständig erhaltenen oder fragmentarischen Exemplare 2 6 : 16
Vgl. dazu Moortgat, F B 27 ff
17
OIP 44, Tf. 1 - 2 5 . 33 f. - OIP6O, Tf. 3 5 - 3 7
18
Vgl. ζ. B. das Sitzbild OIP 60, Tf. 37 Α. Β mit der Weihplatte AS 3 (Oberfries links). - Form des Zottenrockes: vgl. die Statuette Archaeology 15 (1962) 80, Abb. 7 (zweite von links) mit den entsprechenden Dienergestalten auf den Platten CT 2, CS 4, U 1 und Κ 1
19
Moortgat, VR 9 ff. - Frankfort, CS 44 ff
20
OIP 44, Tf. 6 A. 35 A. - Moortgat, F B 38. 4 1 f. - Moortgat, KAM 41 Abb. 30; Tf. 6 0 (links)
21
Dec. Tf. 1 ter, 2. - Moortgat, KAM 34 f; Tf. 35 f
22
Vgl. zu den Sockelreliefs (liegende Huftiere): CT 2, CS 1, AS 2; („Held" bzw. aufgerichtetes Huftier): F 3, F4, U 2, Ν 3. - Zur Mesilimkeule (Löwen): KI 1, Ν 2, Ν 3, S 3 - 4
23
Archaeology 15 (1962) 80, Abb. 7 (rechts). - The Oriental Institute Report for 1961/62, 18 f (Abb. oben)
24
Christian, Altertumskunde, Tf. 278, 1 a. b
25
Dec. Tf. 5 ter, 1 a. b. c. - Moortgat, KAM 35, Abb. 29
26
Zusammenstellung einer Anzahl dieser Stücke nach dem damaligen Bestand schon bei Moortgat, FB 28 f f ; dort auch die größtenteils noch heute gültige Deutung des Dargestellten u n d Behandlung der Stilfragen (Ikonographie, Komposi-
10
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
Herkunft, Katalognummern und Abbildungen: AG 1 - 5 TellAgrab: Teil Asmar: AS 2 - 3 Chafadschi Temple Oval: CT 2 Sin-Tempel: CS 1 - 6 Nintu-Tempel :CN 1 CH 1 - 4 „Häuser": .Angekauft": CA 1 - 4 Ν 2-5 Nippur: KI 1 - 3 Kisch: F 1-4 Fora: Ur: U 1-2 Susa: S7 Κ 1-6 Kunsthandel:
(= Tf. I-II) (=Tf. 111,2-3) (= Tf. V,2) (= Tf. VII,1-VIII,3) (=Tf.X,l) (= Tf. XIII) (= Tf. XIV) (= Tf. XV,2—XVI,3) (= Tf. XIX, 1 - 5 ) (= Tf. XX) (= Tf. XXI, 1—2) (= Tf. XXIV,1) (= Tf. XXXVII, 1-XL,2)
Wenn auch einige der hier zusammengestellten Stücke auf den ersten Blick nicht ganz genau in das Schema passen wollen, das uns der Großteil jener Platten vor Augen führt, sei es in technischer, thematischer, ikonographischer oder kompositorischer Hinsicht - als eklatantes Beispiel sei hier nur die seltsam anmutende, fast bizarre Darstellung auf dem Plattenfragment Ν 3 zitiert, die sich sowohl in ikonographischen Einzelheiten als auch in Werktechnik, Bildaufbau und -gliederung wie Themenkombination nicht nur von den anderen mesilim-zeitlichen Bildplatten aus Nippur selbst, sondern auch vom Gros des gesamten Denkmälerbestandes jener Stilperiode deutlich abhebt, und trotzdem durch Fundschicht, Bildinhalt und Gesamtstil mit Sicherheit in die Mesilim-Zeit datiert wird —, so stellen sich diese scheinbaren „stilistischen" Unterschiede doch bei näherem Hinsehen zweifelsohne nur als Beispiele für die vielen Variationsmöglichkeiten heraus, die dem sumerischen Flachbildkünstler der damaligen Zeit zu Gebote standen: es handelt sich bei den erwähnten Stücken also lediglich um verschiedene Spielarten ein und desselben großen Kunst- und Kulturkreises, nämlich des mesopotamischen zur Mesilim-Zeit, mögen sie nun im Einzelfalle durch Qualitätsunterschiede, durch Eigenheiten lokal begrenzter Werkstätten oder gar durch verschiedenartige ethnische Einflüsse bedingt sein. Wir können somit bei den Weihplatten der Mesilim-Zeit zwar nicht unbedingt von einer absolut homogenen Denkmalsgruppe sprechen, wie wir es wohl im Grunde von kaum einer Bildgattung des 3. Jahrtausends behaupten dürfen; im Ganzen gesehen aber bietet sich uns doch ein recht geschlossenes Bild von der Weihplattenproduktion während der Mesilim-Zeit, von ihrem inhaltlich-gedanklichen Zusammenhalt und ihren über werkstattbedingte Abweichungen hinaus gleichbleibenden künstlerischen Grundzügen einerseits und von ihrer formalen Variationsbreite andererseits: ein Gesamtbild, das wir im Folgenden zusammenfassend skizzieren und in Bezug auf Werktechnik, Bildgliederung, Themenwahl, Ikonographie und Bildinhalt aufschlüsseln wollen. Wenn wir dabei recht kursorisch vorgehen, besonders was ikonographische, thematische und hermeneutische Probleme betrifft, so scheinen wir dazu auf Grund der bisher vorliegenden sorgfältigen Teilbearbeitungen des Fundmaterials 26 durchaus berechtigt. Werktechniken: Neben spärlichen Resten von Inkrustations-Arbeiten haben wir es bei der Verzierungstechnik der mesilimzeitlichen Weihplatten in der Hauptsache mit den zwei großen Zweigen altsumerischer Flachbildkunst zu tun, nämlich Flachrelief und Ritzzeichnung: Bildtechniken also, die sich zwar deutlich voneinander abheben in ihrer künstlerischen Tendenz und in ihrer Wirkung auf den Betrachter, die aber zweifellos innerlich wie auch rein werktechnisch eng zusammenhängen und wohl zu gleicher Zeit gleichwertig und in gleichem Maße nebeneinander bestanden haben müssen. Dabei scheint die Vorliebe für das eine oder andere tion). Noch eingehendere Interpretation der Bildgedanken und Themenkreise bei Moortgat, Tammuz 38 ff; KAM 36 f; summarische Betrachtung des Fundmaterials aus dem Diyala-Gebiet bei Frankfort, OIP 44, 43 ff; OIP 60, 13 ff. Neue Fundstücke aus Nippur neuerdings bei Hansen 153 ff. — Einige der hier zusammengestellten Exemplare sind auf Grund ihres fragmentarischen Erhaltungszustands zwar nicht mit absoluter Sicherheit, aber doch mit großer Wahrscheinlichkeit dem Umkreis der mesilim-zeitlichen Bildkunst-Periode zuzuordnen (etwa KI 2 - 3 , Ν 5, U 2, Κ 6; vgl. dazu auch unsere Bemerkungen in Kapitel III Abschnitt Ε 2 c (Ende)
Die Weihplatten der „klassischen" Mesilim-Zeit
11
künstlerische Ausdrucksmittel oder deren Kombination in den einzelnen Landschaften oder Werkstätten zu überwiegen; so kennen wir ζ. B. aus den Fundorten im Diyala-Gebiet keine einzige Weihplatte in reiner Ritzzeichnung, während die Städte Nippur, Kisch und Susa27 uns gleich mehrere Exemplare mit Darstellungen in dieser Bildtechnik überliefert haben. Immerhin stellen die Reliefplatten innerhalb der MesilimPeriode den weitaus größeren Anteil des Denkmälerbestandes, was aber keineswegs mit einer generellen Vorliebe für die Relieftechnik in ganz Sumer zusammenhängen oder gar aus weitgehendem künstlerischen Unvermögen zu erklären sein muß — schließlich setzt ein jegliches Flachrelief die geritzte Umriß-Vorzeichnung im technischen Arbeitsvorgang voraus —, sondern eher aus der Tatsache resultieren dürfte, daß sich gerade aus den Werkstätten der Diyala-Orte, die ja allgemein dem Flachrelief den Vorzug gaben, am meisten Einzelexemplare erhalten haben, nämlich über die Hälfte des heutigen Gesamtbestandes, während aus den anderen Fundstätten in Mesopotamien jeweils nur vereinzelte Stücke aus Tageslicht kamen. Darüber hinaus scheint die Ritzzeichnung auf mesilim-zeitlichen Weihplatten auf bestimmte Motivgruppen beschränkt gewesen zu sein oder war doch zumindest mit jenen Themenkreisen besonders eng verknüpft, wie etwa den Darstellungen aus dem Bildzyklus des sogenannten „Figurenbandes" (N 2, KI 1, vielleicht S 4—6). Dieser Umstand schließt natürlich nicht die Möglichkeit aus, daß vergleichbare Motive auch in Relieftechnik wiedergegeben werden konnten (AG 1, F 2 - 4 , U 2). Auf der anderen Seite allerdings kennen wir keine einzige Darstellung des sogenannten „Symposions" auf mesilim-zeitlichen Weihplatten, die in reiner Ritztechnik ausgeführt wäre! All diese Überlegungen sind jedoch, vor allem wegen der ungleichmäßigen Streuung des archäologischen Materials, nur als vorsichtige Hypothesen zu werten; und jede darüber hinausgehende Schlußfolgerung — etwa im Hinblick auf ethnische Verschiedenheit der einzelnen Werkstätten oder gar der Bildhauer, vielleicht auch auf eine genetische Entwicklung von der einen zur anderen Bildtechnik, wie man zunächst durchaus vermuten könnte — erscheint mir beim heutigen Stand der Forschung und des erhaltenen Bildmaterials rein spekulativ. Werkmaterial: Vorwiegend handelt es sich um hellen Kalkstein oder Alabaster bzw. Gipsstein, seltener um dunkle (bituminöse?) Gesteinsarten oder Schiefer. Proportionen: Das Bildfeld ist fast immer annähernd quadratisch angelegt, wobei die Breite der Bildfläche gegenüber ihrer Höhe leicht überwiegen kann. Das Verhältnis von Seitenlänge zu Plattenstärke unterschreitet selten das Maß 10:1, überschreitet aber auch kaum das Maß 20:1. Dimensionen: Höhe bzw. Breite der Gesamtplatte einschließlich Rahmung und eventuelle Randbosse schwankt in den Extremwerten zwischen 13 und 40 cm; das eigentliche Bildfeld ist entsprechend kleiner, gewöhnlich etwa 20 bis 30 cm im Quadrat. Die Plattenstärke variiert zwischen minimal 1,4 und maximal 6 cm; gewöhnlich beträgt sie aber von 2 bis zu 4 cm. Detailmaße: Durchmesser bzw. Seitenlänge des Zentralloches können Maße von 1,4 bis zu 5,4 cm aufweisen, meist beträgt der Spielraum jedoch nur zwischen 2 und 4 cm. Rahmen- bzw. Stegleisten bei Reliefplatten haben eine durchschnittliche Breite von 0,5 bis 1 cm. Die jeweilige Reliefhöhe überschreitet, soweit nachprüfbar, selten das Maß von etwa 0,5 cm. Formale Prinzipien (Gliederung der Schaufläche, Rahmung, Trennstreifen und Zentralbohrung): In den allermeisten Fällen herrscht eine vertikale Untergliederung der Bildfläche in drei horizontal verlaufende, durch Trennleisten oder -linien voneinander abgegrenzte Bildfriese vor, deren mittlerer durch das Zentralloch unterbrochen wird und dadurch praktisch in zwei gleich große, annähernd quadratische Meto27
Dabei sei angemerkt, daß wir bei den ritzverzierten Weihplatten S 1 - 6 aus Susa nicht sicher sind, ob es sich um Exemplare der ausgehenden Mesilim-Zeit oder um etwas später entstandene Stücke (2. Übergangszeit) handelt, die mesopotamische Vorbilder der klassischen Mesilim-Kunst wieder aufgriffen oder nachahmten (vgl. dazu Kapitel II Abschnitt B)
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Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
penfelder zerfällt, was aber nicht immer dem Fluß der bildlichen Darstellung und ihrer Richtungsbezogenheit entsprechen muß (ζ. B. bei der klassischen Platte CT 2). Ausnahmen von der oben genannten üblichen Dreiteilung bilden wahrscheinlich die Stücke KI 1 und vielleicht auch Ν 2, dazu sicher die in ihrer Datierung allerdings nicht exakt festzulegenden Weihplatten S 1—5 aus Susa (= Tf. XXII,1—XXIII,1). Bildfeld bzw. Schaufläche sind immer gerahmt, bei Ritzzeichnungen meist mit einfacher Randlinie, bei Reliefs mit plastischer Wulstleiste bzw. flachem Steg, der fast immer die gleiche Breite wie die Fries-Trennstreifen und die gleiche Erhebung über den umgebenden Reliefgrund wie die Höhe der bildlichen Darstellung selbst aufweist. Auch die Zentralbohrung ist in den meisten Fällen, und zwar quadratisch, eingerahmt, manchmal linear, zuweilen auch plastisch oder sogar in der Verbindung beider Abgrenzungsmittel. Bei einem Teil der Platten (ζ. B. AS 3, CS 5, CN 1, F 1 und andere) hat man außerhalb der Schauflächenrahmung eine mehr oder weniger unregelmäßig gezackte, nur grob bearbeitete Steinbosse anstehen bzw. überstehen lassen. Motivbestand und thematisches Repertoire: Die Bilderwelt der mesilim-zeitlichen Weihplatten bezieht ihre Anregungen in erster Linie aus dem Motivkreis des sogenannten „Symposion", das sich in letzter Konsequenz wohl nur als bildliche Wiedergabe eines kultischen Festmahls mit all seinen rituell bedingten Spielarten erklären läßt 2 8 : es handelt sich dabei um die Darstellung von Bankettszenen in den verschiedensten Variationen; allen gemeinsam ist dann allerdings das Grundmotiv: als Hauptpersonen nehmen an diesem Festmahl meist jeweils ein Mann und eine Frau (Fürstenpaar? Priester und Priesterin, vielleicht als Stellvertreter der Gottheiten?) teil, die sich auf Thronsesseln gegenübersitzen, der Mann meist auf der rechten, die Frau auf der linken Seite des Bildfrieses. Seltener spielen zwei Männer die Hauptrolle (wie ζ. B. auf der Platte Ν 2). Beide Partner halten jedenfalls gewöhnlich Trinkbecher bzw. Saugrohre und Zweige (Wedel?) in den Händen und werden von einer größeren oder kleineren Schar von Untergebenen bedient und unterhalten: Mundschenken, Fächerträger, Musikanten und andere Dienergestalten. Daneben begegnen auf den betreffenden Bildfriesen allerlei Gerätschaften und Mobiliar, wie Speisetische, Mischkrüge, Vorratsgefäße, Gefäßständer und Schemel. Die beschriebene Szene, das eigentliche Kernstück des „Symposion", das wir im Übrigen in ganz ähnlicher Gestalt auch von einer Vielzahl altsumerischer Rollsiegelbilder jener Stilperiode kennen 29 , spielt sich bei den mesilim-zeitlichen Weihplatten vorwiegend im oberen Bildstreifen ab, kann aber auch noch in den Mittelmetopen (ζ. B. bei AG 1, CH 3 und Ν 5) und sogar im unteren Plattenfries wiederholt werden (ζ. B. bei CS 5). Gewöhnlich aber werden die Mittelmetopen von Gabenbringern, Gefäßträgern, Tiertreibern mit ihren Herdentieren, Opferdienern oder anderen Vertretern des Kultpersonals eingenommen, die mit Festvorbereitungen wie Mischen der Getränke oder Ähnlichem beschäftigt sind. Manchmal wird jedoch auch die Bebilderung des Mittelstreifens, in selteneren Fällen sogar die des Unterfrieses (AS 3), auf die heraldische Wiedergabe antithetisch angeordneter Herdentiere beschränkt, meist in Verbindung mit stilisierten Pflanzendarstellungen. Der unterste Fries der „Symposion-Platten" kann die verschiedenartigste Ausgestaltung erfahren: in der Regel steht sein Bildinhalt aber in direktem thematischen Zusammenhang mit dem kultischen Festmahl selbst, indem er nämlich entweder die Vorführung von Kult- bzw. Kampfwagen oder aber eine Bootsszene zur Darstellung bringt, beides bestimmte rituelle Formen einer kultischen Prozession, zu Wasser oder zu Lande. Beide Motive in ihren verschiedenen figuralen Variationen sind als wichtige Nebenszenen zu verstehen und gehören ohne Zweifel zu dem oben erwähnten Zyklus von Bildgedanken, die den großen Komplex des „Symposion" in seinen vielfältigen Aspekten gleichsam ,.illustrieren" können. Nur gelegentlich wird auch im Unterfries einer Weihplatte der Mesilim-Zeit, die das „Symposion" in ihrer Darstellung verherrlicht, ein Zug von Gabenbringern und Tiertreibern vorgeführt (N 5, Κ 5). Ein weiterer Themenkreis, der auf mesilim-zeitlichen Weihplatten-Darstellungen mehrfach, wenn auch nicht allzu häufig begegnet, ist dem Bilderkomplex des sogenannten „Figurenbandes" entnommen 30 , einer 28
Zur Beschreibung und Interpretation des Dargestellten vgl. am besten: Moortgat, VR 12. - Moortgat, Tammuz, 19 ff. 38 ff. 41 ff. - Moortgat, KAM 36 f
29
Vgl. ζ. B. VR No. 101 f; allerdings überwiegt in der mesilim-zeitlichen Glyptik bei weitem das „Figurenband" (Moortgat, FB 35. - Moortgat, KAM 37) Vgl. wiederum am besten: Moortgat, FB 38 ff. 42 f. - Moortgat, VR 11. - Moortgat, Tammuz, 14 f. 46 ff. - Moortgat, KAM 37 f
30
Die Weihplatten der „klassischen" Mesilim-Zeit
13
mythologisch-heraldischen Zusammenstellung von kämpfenden Helden, Tierbändigern, Mischwesen, Hausund Raubtieren, ein beliebter Motivzyklus der altsumerischen Flachbildkunst, der in der mesüim-zeitlichen Rollsiegelglyptik eine Hauptrolle spielt. So kennen wir von einigen Reliefs und Ritzzeichnungen auf Weihplatten jener Kunstperiode die Darstellung von Helden, die Löwen bändigen, von Stiermenschen, von löwenköpfigen Adlern, die über Stieren schweben, und von Kämpfen zwischen Löwen und Rindern bzw. Kapriden oder Zerviden. Gewöhnlich dürften alle drei Friese der betreffenden Platten von mythologischen Bildern dieser Art eingenommen worden sein; leider hat sich kein Stück difeser Motivrichtung vollständig erhalten (F 2 - 4 , KI 1 - 2 , Ν 2, U 2). In einigen Fällen sind Elemente des Figurenbandes allerdings auch mit Bildern des Symposions auf einer Platte verknüpft (AG 1), ja, sogar innerhalb eines Frieses kombiniert (N 3). Diese zunächst nur im bildlichkompositionellen Bereich für uns faßbare Themenverbindung deutet aber gleichzeitig auch auf eine religiösgedankliche Verwobenheit jener beiden Motivkreise, die auf den ersten Blick so gänzlich verschiedenartig anmuten, weil der eine aus dem real-kultischen Bereich des Lebens bezogen ist, der andere dagegen rein mythologisch-transzendente Züge trägt. Daß jedoch beide trotzdem zu einem und demselben sumerischen Bildgedanken-Komplex gehört haben müssen, hat schon A. MOORTGAT in seiner Abhandlung über den Tammuz-Glauben und dessen bildlichen Niederschlag in der altvorderasiatischen Kunst 31 gefordert und doch wohl überzeugend nachgewiesen. Stilistische Prinzipien (Ikonographie und Bildgliederung): Wie oben schon angedeutet, entspricht die Ikonographie der Symposion-Teilnehmer weitgehend dem Menschenbild der zeitgenössischen Rundplastik 32 und soll deshalb hier nur kurz zusammenfassend skizziert werden: Die Männer tragen durchweg einen längeren oder kürzeren Hüftrock, der von einem dicken Wulstgürtel mit Quasten-Abschluß gehalten wird. In den allermeisten Fällen — und bei der thronenden Hauptgestalt immer — ist dieser Rock mit einem Zotten- oder Fransensaum versehen; bei Dienerfiguren kann er auch aus langen, vom Gürtel herab durchlaufenden Zottenreihen bestehen, die in ihrer Mitte auseinanderklaffen und darunter wiederum einen glatten Rockstoff mit abschließendem Zottensaum erkennen lassen (ζ. B. CT 2, U 1). Während die thronenden Männer durchweg eine quergeriefelte oder durch Schrägstrichelung als torsiert gekennzeichnete „Haarperücke" und einen ähnlich charakterisierten, langrechteckigen Bart tragen, der meist mit dem über die Schulter herabfallenden Haupthaar parallel verläuft und zugleich mit diesem auf der Brust waagerecht abschließt, können Diener und Musikanten auch bartlos bzw. kahlgeschoren dargestellt werden 33 . Charakteristisch aber für alle abgebildeten Personen, auch die weiblichen, ist die spitze, lange, schnabelähnliche Nase und die fliehende Stirn, das übergroße, oft kreisrunde Auge, der schmale Mund mit gespitzten Lippen, der geometrisierte Oberkörper, die Arme mit den spitz zulaufenden Ellenbogen, die oft überlängten Beine mit schmaler Fessel und langem, nackten Fuß, der mehrfach mit betontem, unnatürlich hochgewölbtem Spann wiedergegeben wird 34 . Die Kleidung der Frauen besteht meist in einem langen, oft bis zum Knöchel hinabreichenden Mantelgewand aus glattem Stoff, ohne Zottensaum, das nur eine Schulter bedeckt und eine vertikale VerschlußBorte erkennen läßt. Die Frisur entspricht, soweit man erkennen kann, etwa dem Typus, den wir auch von den zeitgenössischen Rundplastiken her gewohnt sind: ein schopfartig aufgebundener Zopfkranz, der manchmal den Nacken freiläßt, zuweilen aber auch schwer auf die Schulter herabfallen kann. Weitere antiquarische Charakteristika sind die konischen Trinkbecher und die zweig- oder quastenähnlichen Wedel, die sowohl von den männlichen als auch den weiblichen Thronenden in der Hand gehalten werden können, ferner die ziemlich stereotype Wiedergabe bestimmter Gerätschaften und ihrer Ausstattung: 31
Moortgat, Tammuz, 47 ff
32
Vgl. dazu E. Strommenger, BaM 1 (1960) 9 ff. 40 ff. - Moortgat, KAM 39 ff
33
Interessant ist in diesem Zusammenhang das bisher anscheinend noch nicht beobachtete Phänomen, daß die Harfenspieler auf mesilim-zeitlichen Weihplatten ihr Haupthaar niemals auf die Brust, sondern durchweg - im Gegensatz zu den männlichen Hauptpersonen des Symposion und den meisten Dienergestalten - auf die Schultern bzw. den Rücken herabfallen lassen (AG 2, CT 2, CS 1, Κ 1, Κ 2), ähnlich wie die Ringkämpfer bzw. Tiertreiber auf den etwas späteren Platten CS 7/K 7, CN 2 und Ν 6
34
Die einzige Ausnahme von diesen trachtgeschichtlichen Grundzügen bildet wiederum das Relief des Plattenfragmentes Ν 3, dessen partielle Abweichung von den klassischen Normen des mesilim-zeitlichen Flachbildes wir aber trotzdem nur als zeitgenössische, vielleicht ethnisch- oder werkstattbedingte Variante verstehen können
14
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
Thronsessel mit konkaver Sitzfläche, massiven Beinen und horizontalen Querstreben, zuweilen in Verbindung mit sanduhr-förmigen Zwischengliedern; mehrsaitige Harfen als Musikinstrumente; nach unten spitz zulaufende Misch- oder Vorratsgefäße mit ausladenden Schultern und enger Halseinziehung, die oft in Standringen aufgestellt sind, auf einen Ständer montiert oder in einer Halterung aus Seilen oder Korbgeflecht befestigt und an einer langen, horizontal gehaltenen Stange getragen werden. Desgleichen sind die Formen der mit vier Equiden bespannten Prozessions-Wagen, deren Wagenkasten mit Felldecken behängt und mit Waffen geschmückt ist, die Gestalt der Kultboote mit ihren hochgezogenen, spitzen Steven, die typische Wiedergabe der Pflanzen mit großen, lanzettförmigen Blättern oder auch sternförmigen Blüten, die Typen der liegenden oder schreitenden Herdentiere so oft und gründlich in mehreren kunstgeschichtlichen Analysen besprochen worden und zudem von der mesilim-zeitlichen Glyptik, von Rundplastik, Großrelief und Ritzzeichnung her so gut bekannt und typologisch eindeutig festgelegt, daß wir hier nicht näher auf die "Einzelheiten einzugehen brauchen. Genannt sei bei dieser Gelegenheit nur die charakteristische Stilisierung der Löwenmähnen in Form von schuppenartigen Viertelkreisen (F 4, KI 1, Ν 2) als typisch mesilim-zeitliches Formindiz 35 , die Gestalt des „Helden" mit konischer Mütze oder Zipfelkappe (F 3) oder die nach dem „chiastischen" (in Art eines griechischen „Chi") Prinzip überkreuzten Raubtiere (F 4). Zur Bildgliederung der Einzelfriese sei erwähnt, daß die lockere Figurenreihung, die selten mit Überschneidungen arbeitet, gewöhnlich aber in strenger Isokephalie durchgeführt und meist axialsymmetrisch ausgerichtet ist, wenn auch nie wirklich eine echte Deckungsgleichheit der beiden Bildhälften angestrebt wird, eines der Hauptmerkmale mesilim-zeitlicher Weihplattenbilder darstellt. Vor allem gilt dieses KompositionsSchema für die jeweiligen oberen Friese mit der Szene des eigentlichen „Symposion", das ja schon vom Thema her, den beiden sich gegenübersitzenden Haupt-Festteilnehmern, eine gewisse spiegelbildliche Anordnung verlangt, die sich ihrerseits an einer gedachten vertikalen Mittelachse orientiert. Allerdings ist dieses Stilprinzip nicht immer und überall konsequent durchgeführt: besonders in den mittleren Bildstreifen, die ja eigentlich in zwei quadratische „Mittelmetopen" zerfallen, und auch im Unterfries ergibt sich oft schon vom Bildmotiv her eine bestimmte durchlaufende Richtungsbezogenheit, die einer allzu strengen Klappsymmetrie zweifellos entgegenwirkt, vielleicht sogar jegliche Zäsur durch eine imaginäre mittlere Vertikalachse bewußt ignoriert. Doch können wir, von wenigen Ausnahmen abgesehen und mehr auf das Gesamtbild als auf den einzelnen Bildstreifen bezogen, durchaus von einer ausgewogenen Komposition und geschlossenen Konzeption der typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten sprechen 36 . Letztlich bestimmend für die Gesamtkomposition und die Frieseinteilung bei all diesen Bilddenkmälern, seien sie nun in Relieftechnik oder in Ritzzeichnung angefertigt, bleibt das oft noch durch erne eigene Umrahmung betonte Zentralloch ; wenn auch die Darstellung selbst nicht — zumindest nicht bei den echt mesopotamischen Weihplatten der klassischen Mesilim-Zeit — direkt kreisförmig um die Durchbohrung herumläuft (diese Möglichkeit wird ja von vornherein durch die vertikale Dreiteilung des Bildfeldes in horizontale Rechteck-Streifen verhindert), so nimmt doch die Anordnung jener Bildbänder, der durchlaufende Oberund Unterfries nämlich und der in zwei Metopen untergliederte Mittelstreifen, sichtbar Rücksicht auf das Zentralloch. Das gilt in gleichem Maße auch für die Verteilung der Figuren und ihren thematischen Zusammenhang. Damit aber rückt die Durchbohrung selbst — oder besser: jener Gegenstand, der sie einst ausfüllte (vgl. dazu Kapitel V, C) — auch gedanklich in das Zentrum der Komposition und bildet sozusagen den geistigen, nicht nur den rein formalen Angelpunkt der gesamten Bildanlage. Es wäre müßig, die reliefierten und geritzten Weihplatten der „klassischen" Mesilim-Zeit hier noch ausführlicher zu besprechen und bei der Analyse ihrer Bilddarstellungen noch mehr ins Detail zu gehen, denn erstens sind Besonderheiten der Einzelstücke im Katalogtext gegebenenfalls angemerkt, desgleichen die Literaturhinweise für die jeweiligen Detailbearbeitungen, und zweitens bilden gerade die Mesilim-Platten, im Gegensatz vielleicht zu ihren Nachfolgern in der zweiten Hälfte des dritten Jahrtausends, die reichhaltigste, geschlossenste und am besten bekannte Gruppe. Ja, wir sind heute sogar in der glücklichen Lage, die Weihplatten der Mesilim-Zeit, da sie uns die ausführlichsten, qualitätvollsten und besterhaltenen Flachbilder 35
36
Vgl. dazu allgemein: Moortgat, FB 26; KAM 35; ferner unsere Bemerkungen über die mesilim-zeitliche Abstraktion bei Tierzeichnungen auf den Ritzplatten S 4 - 5 aus Susa (Kapitel Π Abschnitt Β 3 - 4 ) Zu den allgemeinen Kompositionsprinzipien vgl. Moortgat, FB 42 f
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
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jener Stilepoche liefern, gleichsam als „Leitfossilien" zu benutzen, um andere Bildgattungen besser ordnen und durch stilistischen Anschluß sorgfältiger zeitlich untergliedern zu können.
C. Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe" Von all diesen Weihplatten nun, die wir auf Grund stilistischer Indizien als typisch mesilim-zeitlich erkannt haben, scheint sich eine kleine Gruppe abzuheben, deren Vertreter zwar in Schichten der gewöhnlich als ED II bezeichneten Phase gefunden wurden, in Ikonographie, Thematik und Komposition aber deutlich von den , .klassischen" Stücken der Mesilim-Zeit aus entsprechenden Fundschichten abweichen 37 :
Herkunft, Katalognummern und Abbildungen: TellAsmar (Square Temple I): Chafadschi (Temple Oval I): Nippur (Inanna-Tempel VIII):
AS 1 (= Tf. 111,1) CT 1 (= Tf. V,l) Ν 1 (= Tf. XV, 1)
Wenn diese drei Denkmäler aus verschiedenen Fundorten auch zunächst untereinander in äußerer Form, Thema und Darstellungsweise nicht ausgesprochen homogen wirken, so mag das unter anderem an ihrer unterschiedlichen Herkunft liegen, auch vielleicht an der Willkür des Zufalls, der uns eben gerade nur diese drei Stücke hinterlassen hat, und vor allem — wie wir noch sehen werden — mit jenem gewissen VersuchsStadium erklärt werden, das die Gattung der Weihplatten in ihrer Ursprungszeit hat durchlaufen müssen. Auf keinen Fall kann man jedoch ihre Abweichung von der „Norm" der Mesilim-Platten allein auf das technische oder künstlerische Versagen eines mesilim-zeitlichen Bildhauers zurückführen 38 , sondern wir sollten eher einen stilistischen, entwicklungsgeschichtlichen und somit letztlich auch zeitlichen Unterschied als Ursache jener Divergenz voraussetzen. Zweifellos können wir die Möglichkeit einer zeitlichen Ansetzung unserer drei Platten nach der MesilimZeit ausklammern, da uns die stilistische und thematische Entwicklung der altsumerischen Bildkunst von diesem Punkt an hinreichend bekannt ist und mit den betreffenden Platten-Darstellungen in keiner Weise harmoniert, und weil ja auch die Fundschichten jener Stücke, nämlich die jeweils früheste ED Ii-Schicht, ein nacÄ-mesilim-zeitliches Entstehungsdatum sicher auszuschließen scheint. Wenn wir also allein aus diesen Gründen für die Entstehung unserer kleinen Denkmalsgruppe einen Zeitansatz vor der eigentlichen Mesilim-Zeit fordern, müssen wir einerseits das Typische jener drei Platten und die Wesensunterschiede zwischen ihnen und den charakteristischen Vertretern der echt mesilim-zeitlichen Stilrichtung deutlich herausarbeiten, und andererseits eventuelle Verbindungslinien zum Kunstschaffen des unmittelbar vorhergehenden Zeitabschnittes herzustellen versuchen. Dazu benötigen wir zunächst einen kurzen Uberblick über die bildlichen Charakteristika der kleinen Gruppe:
Zur Bildkomposition und formalen Anlage der Platten: Als einziges der drei Stücke weist die Platte aus Tell Asmar (AS 1) eine Gliederung der Schaufläche in drei Bildfriese auf, wie wir sie von den mesilim-zeitlichen Stücken her gewohnt sind. Das Exemplar aus Chafadschi (CT 1) dagegen hatte anscheinend ursprünglich nur zwei Bildstreifen, denn das quadratisch zu ergänzende Zentralloch befindet sich hier auf einem breiten mittleren Horizontalband, das wohl als Trennleiste zweier Bildfelder zu verstehen ist. Die Weihplatte Ν 1 aus Nippur wiederum läßt überhaupt keine Frieseinteilung erkennen, sondern die bildliche Darstellung „rankt" sich geradezu kreisförmig um das große Zentralloch. Alle drei Schauflächen sind deutlich durch einen verhältnismäßig breiten, leistenförmigen Streifen gerahmt; in zwei Fällen ist außerhalb dieses Rahmens der Steinrand unregelmäßig bossiert stehengeblieben (AS 1, Ν 1). Das zentrale Loch der Platte aus Nippur ist seinerseits wiederum von einem erhabenen Leistenrahmen eingefaßt, im Gegensatz zu dem Fragment aus Chafadschi, wo der breite Friestrennstreifen fast in 37
38
Vielleicht gehört in diese Gruppe noch ein weiteres Reliefplatten-Fragment, diesmal aus dem Nintu-Tempel VII in Chafadschi (CN 1), das sich in dem erhaltenen Rest seiner Darstellung eng an den Mittelfries der Platte AS 1 aus Teil Asmar anzuschließen scheint; genauso gut könnte man es aber auch als qualitätlose Variante des mesilim-zeitlichen Typus einer Dienergestalt mit Herdentier auffassen (vgl. etwa die entsprechenden Motive auf den Platten AG 2, CT 1, Ν 5, Κ 5 etc.); die „Schlange" über dem Rücken des Huftieres wäre in diesem Fall als mißglückte „Pflanze" zu deuten So: Moortgat, Tammuz 43. - Frankfort, OIP 44, 44
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Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
seiner ganzen Breite einfach durchbohrt wurde. Das Zentralloch der Platte aus Teil Asmar ist zwar nur im Ansatz vorhanden, war aber trotzdem von einem erhabenen Rahmenfeld mit linearen Abgrenzungen allseitig umgeben. Soweit erkennbar, wurde in allen Fällen bei der figürlichen Komposition innerhalb des Bildfeldes eine Symmetrie zur vertikalen Mittelachse angestrebt, desgleichen finden wir bei AS 1 und CT 1 ein deutliches Bemühen um Isokephalie, im Gegensatz zur Platte Ν 1, wo allerdings durch die mangelnde Frieseinteilung kein direkter Zwang zu diesem Kompositionsschema vorlag. Zur Thematik: Es begegnen uns hier folgende Motive und Szenenausschnitte: Reihung mehrerer gleichförmiger, in die gleiche Richtung schreitender Männer mit nacktem Oberkörper und einer Art von „Zottenrock" (AS 1, CT 1); Männer mit Zugtieren (Opfergaben? Herdentiere?) an langer Leine, in Richtung des Plattenmittelpunkts gewandt (AS 1); Tier mit Vogel auf dem Rücken (AS 1); „Held" in kurzem Schurzrock mit Fransen (?)-Saum als Löwenbezwinger, und zwei stehende Rinder, antithetisch um eine Pflanze gruppiert (Ν 1). Zur Ikonographie des Menschen- und Tierbildes: Die wichtigsten Merkmale sind: Starre, extrem stereometrische Gliederung des menschlichen Körpers; die Arme bilden zusammen mit den Schultern ein Rechteck oder Quadrat (AS 1, CT 1), der Oberkörper selbst in diesem Falle ein auf die Spitze gestelltes Dreieck, bei Ν 1 ein Rechteck; keine Angabe des Mundes, Kinnes und Halses; besonders stark ausgebildete, schnabelartige Nase und übergroßes, kugelrundes Auge (im Fall von CT 1 ursprünglich mit Kontrastmaterial intarsiert), was den Gesichtern noch stärker als beim mesilim-zeitlichen Menschenbild ein raubvogelähnliches Aussehen verleiht. Bei AS 1 und CT 1 stark schematisierte Haar- und Bartperücke; plumpe, ungegliederte Beine und Füße, ausladende, breite Rockpartie; Tiere jeweils mit unorganisch ansetzenden Gliedmaßen und kaum gegliederter Kopfpartie (AS 1, Ν 1); stereometrische Pflanzenstilisierung (Ν 1). Allgemeine Stilmerkmale: In allen drei Fällen handelt es sich um ein extrem flaches Relief ohne erkennbaren Versuch einer Modellierung oder Kantenabrundung; bei Ν 1 fehlt sogar jegliche Innenzeichnung. 1. Vergleich dieser Gruppe mit paläographisch gesicherten Bildwerken der 1. Übergangszeit Natürlich reichen die soeben zusammengestellten Eigenheiten jener drei Platten, wenn auch eine gewisse Abweichung ihrer Bilder vom Schema der mesilim-zeitlichen Denkmäler dieser Gattung deutlich ins Auge fällt, allein nicht aus, um ihre Eigenschaft als Vorgänger jener Mesilim-Stücke und damit auch ihre Entstehungszeit vor der eigentlichen, voll entwickelten Mesilim-Phase, definitiv zu beweisen. Zur Durchführung unserer Argumentation werden wir uns also im Folgenden gezwungen sehen, bildliches Vergleichsmaterial zur stilistischen Einordnung und Datierung unserer „Mesilim-Vorstufe" heranzuziehen, das aus der sogenannten „1. Übergangszeit" stammt. Leider ist uns aus jener Übergangsperiode zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Zeit zu wenig paläographisch gesichertes Bildwerk überliefert, als daß wir für die drei von uns herausgestellten Weihplatten einen direkten stilistischen Anschluß oder gar eine vollständige bildliche Identität finden könnten: Die Steinstatuette eines nackten Mannes, die mit der Weihinschrift eines Königs von Umma versehen ist und vom Charakter ihrer Paläographie her der ED I-Periode — also der 1. Übergangszeit — zugewiesen werden muß 39 , bringt uns weder vom Motiv (Ruridplastik eines stehenden, nackten Adoranten) noch vom Stil (Annäherung an die mesilim-zeitliche Struktur und Ausdrucksform des Menschenbildes) her bei der Untersuchung unserer kleinen Weihplatten-Gruppe einen Schritt weiter. Auch zwei weitere, durch ihre Inschrift und deren Duktus der ED I-Phase zugeschriebene Denkmäler, die auf jeden Fall der Zeit vor der eigentlichen Mesilim-Periode angehören, die brettartig ausgebildete Figur eines „Imdugud" nämlich aus dem Sin-Tempel VIII in Chafadschi40 und die reliefierte Kalksteintafel mit der „figure aux plumes" aus Tello41, 39 40 41
Zuletzt: W. Nagel, Festschrift Moortgat, 183 Anm. 12 (dort zusammenfassendes Literaturverzeichnis) OIP58, 289 Abb. 204 Dec. Tf. 1 bis, 1 a. b
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
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bieten uns keine direkten Vergleichsmöglichkeiten zur Ikonographie, Thematik und Komposition unserer drei Bilddenkmäler. Ein viertes paläographisch in diese Übergangszeit datiertes Monument, ein rundum reliefverzierter Kalksteinblock, der unter der (an spätere Belehnungsurkunden anknüpfenden) Bezeichnung „Kudurru" aus Larsa (oder Umma?) bekannt geworden ist 4 2 , tendiert in seiner Darstellungsweise der menschlichen Figuren stark zur Bildkunst der Mesilim-Zeit 43 , wenn sich auch in Einzelheiten der Tracht und Frisuren noch deutliche Reminiszenzen an die frühsumerische Kunst-Tradition der Uruk VI—IV- und Djemdet Nasr-Zeit erkennen lassen. Vielleicht dürfen wir in der Armhaltung der menschlichen Figuren mit ihren weit nach außen abstehenden Ellenbogen und in der eigenartigen Ausprägung des Zottensaumes am knöchellangen Hüftrock der männlichen Hauptperson des Reliefklotzes den Hinweis auf eine ikonographische Verbindung mit unserem Plattenfragment CT 1 aus Chafadschi erkennen. Denn gerade die auf den beiden genannten Reliefs identische Zotten-Stilisierung in Form langer, gleichschenkeliger Dreiecke ist in der typisch mesilim-zeitlichen Bildkunst nur äußerst selten zu belegen 44 . Dort herrscht im Allgemeinen eine lanzett-förmige, meist noch mit Innenzeichnung versehene Zotten-Darstellung vor 4 S , die gelegentlich auch zu senkrechten ParallelStrichen (also eher „Fransen" als „Zotten") vereinfacht werden kann 4 6 . Unter den zahlreichen Weihplattenbildern der Mesilim-Zeit aber können wir kein einziges Vergleichsstück zu jenem speziellen Gewand-Typus anführen, der uns auf dem „Kudurru" und dem Relieffragment CT 1 begegnet! Verweilen wir noch einen Moment beim Vergleich jener beiden Flachbildwerke: auf ihrer Darstellung entspricht sich nämlich ferner die stereotype Reihung mehrerer nahezu gleichförmiger, in die gleiche Richtung schreitender männlicher Gestalten, die plumpe, fast ungegliederte Ausbildung der Unterschenkel und Füße wie auch die Umrißform der langen Zottenröcke (auf dem Kudurru: nur die männliche Hauptfigur) in Gestalt eines hochgestreckten Trapezes. Leider lassen sich von den Bildern des Reliefklotzes zu den beiden anderen Weihplatten, die von uns der „Mesilim-Vorstufe" zugewiesen werden, AS 1 und Ν 1, keine unmittelbaren antiquarischen oder stilistischen Verbindungslinien herstellen. Vielleicht jedoch wird uns ein Vergleich dieser Art dadurch ermöglicht, daß wir uns anderen Bildgattungen zuwenden, deren Entstehungszeit oder deren formale Ursprünge zumindest wir in jener Periode des Umbruchs zwischen der frühsumerischen (frühgeschichtlichen) und altsumerischen (frühdynastischen) Epoche ansetzen oder wenigstens vermuten dürfen. 2. Vergleich mit Darstellungen auf
„Steatit-Gefäßen"
Deutlichere Anhaltspunkte für eine kunstgeschichtliche Einordnung unserer kleinen Reliefgruppe bieten nämlich anscheinend die mythologischen Darstellungen auf einigen Exemplaren der sogenannten „SteatitGefäße", einer reliefverzierten Gefäßgattung, deren Vertreter in mehreren Städten des sumerischen Südens und des mittelmesopotamischen Diyala-Gebietes, aber auch in Mari, Susa und anderen Ausgrabungsorten der Peripherie zu Tage kamen; leider ist diese archäologisch wichtige und für die Erforschung der frühen altsumerischen Bildkunst und ihrer bevorzugten Thematik äußerst aufschlußreiche Reliefgattung bisher noch nicht — mit Ausnahme einiger Ansätze und Detailuntersuchungen 47 — in ihrem materiellen Zusammenhang, ihrer ursprünglichen Provenienz, ihrer Ikonographie und ihrer Datierung endgültig bearbeitet worden. Fest steht lediglich, daß einzelne Stücke dieser Art, obwohl nicht unbedingt einheitlich in der Formgebung, in Motiv und Stil der Darstellung, spätestens seit der ED Ii-Periode, also seit der Mesilim-Zeit, im 42
A. Parrot, AfO 12 (1937) 319 ff; Abb. 1 - 7 . - V. E. Crawford, Bulletin of the Metropolitan Museum of Arts, 1960, 245 ff (Abb.). - Moortgat, KAM Tf. 3 1 - 3 4
43
Vgl. Moortgat, KAM 33
44
Statuettenfragment aus dem Nintu-Tempel VI in Chafadschi (OIP 60, Tf. 18 B. C); dort aber waagerechter, linearer unterer Rockabschluß. - In einer späteren Entwicklungsphase auch bei einigen Einlage-Figuren aus Mari, Ur u n d Tello (ζ. B. MAM I, Tf. LVI f)
45
OIP 44, Tf. 9. 11. 14 f. 17 ff. - OIP 60, Tf. 2 - 1 1
46
OIP 44, Tf. 8
47
Christian, Altertumskunde, 255 ff. - Frankfort, AaA 19 f. - Heinrich, Bauwerke, 84 ff. - H. Mode, Das frühe Indien, Stuttgart 1959, 55 f. - P. Delougaz, Iraq 22 (1960) 90 ff. - F. A. Durrani, Stone Vases as Evidence of Connections Between Mesopotamia and the Indus Valley, in: Ancient Pakistan, Bulletin of the Department of Archaeology. University of Peshawar. 1 (1964) 51 ff. - H. Erlenmeyer, AfO 21 (1966) 21 ff
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Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
Diyala-Gebiet und mehreren anderen Grabungsstätten des Zweistromlandes stratigraphisch nachzuweisen sind, und daß ein weiterer Teil der Gattung schon in früher Zeit für äußerst wertvoll angesehen worden sein muß, wie u. a. die zweifellos nachträglich angebrachte Inschrift des akkadischen Königs Rimusch auf einem dieser Gefäße beweist 48 . Neben einigen durchaus sumerisch inspirierten Reminiszenzen in der Bilderwelt jener Steatit-Gefäße (ζ. B. das Motiv des „Mannes im Netzrock" als Schützer der Herdentiere) lassen sich viele Einzelheiten der Darstellung und Komposition nicht allein aus dem Bildrepertoire und der Ikonographie der frühsumerischen Kunst herleiten und verweisen auf außersumerische Stileinflüsse, was wiederum zu der allgemein verbreiteten und auch wohl plausiblen Annahme geführt hat, daß man die Ursprünge dieser Reliefgefäß-Gattung nicht unbedingt im sumerischen Kerngebiet, sondern in östlichen oder südöstlichen „Kulturprovinzen", in Randgebieten also des eigentlichen mesopotamischen Zentrums, zu suchen habe. Diese Theorie, die wir hier allerdings nicht weiter verfolgen wollen, wird noch durch äußere Hinweise, wie die Gefäßformen selbst, das im gesamten Zweistromland nicht anstehende Werkmaterial und die Darstellung nichtsumerischer Architektur-Aufrisse sowie einer fremdländischen Flora und Fauna unterstützt. Weil nun aber — abgesehen von den möglicherweise fremden, außersumerischen Einflüssen — der Bilderschmuck jener Gefäßgattung in mancher Beziehung noch der frühsumerischen Kunst nahesteht, andererseits jedoch in Einzelheiten schon eine gewisse Verwandtschaft mit mesilim-zeitlichen Bildformen und Figurentypen verrät - ohne daß man etwa die Gesamtdarstellungen selbst als typisch für die uns bekannte Flachbildkunst der Mesilim-Zeit bezeichnen dürfte —, scheinen doch die betreffenden Vertreter der Steatitgefäße gerade in kunstgeschichtlicher Hinsicht eine gewisse Zwischenstellung einzunehmen, die für eine Entstehung der Stücke vor der eigentlichen Mesilim-Zeit sprechen könnte. Wenn auch kein einziges Exemplar dieser Gattung bisher in einer Schicht gefunden wurde, die zeitlich vor die ED Ii-Periode zu datieren wäre, so weist doch gerade die deutliche Abhängigkeit einiger ikonographischer und thematischer Details von der frühgeschichtlichen sumerischen Bildkunst („Mann im Netzrock", Gesichtsprofile, Frisuren etc.) und das vom typisch mesilim-zeitlichen völlig abweichende Kompositionsschema wohl darauf hin, daß man zumindest einen Teil jener reliefVerzierten Steatitgefäße entstehungsgeschichtlich eher der ED I-Periode, d. h. unserer 1. Übergangszeit zuweisen sollte, wie es ζ. B. auch E. STROMMENGER neuerdings vorschlägt 49 . Ein fremdvölkischer Einfluß auf sumerisches Kulturgut und eine daraus resultierende gedankliche Synthese, die in einer solchen Gefäßgattung ihren bildlichen Niederschlag gefunden hätte, würde im Übrigen nur zu gut zu einer chaotischen Periode des Umbruchs auf ethnischer und, wohl damit verbunden, kultureller Ebene passen 50 , eines Umbruchs, wie er sich gegen Ende der Djemdet Nasr-Zeit im ganzen südlichen Zweistromland zweifellos vollzogen hat, bis er sich im Laufe der Mesilim-Zeit zu einer geschlossenen künstlerischen Einheit konsolidieren konnte 51 . Diese Umbruchsperiode, eben unsere sogenannte 1. Übergangszeit oder ED I-Phase, die sich deutlich in der zeitgenössischen Tempel-Architektur (Grundriß, Aufriß und Baumaterial des „plankonvexen" Ziegels), Sprache (früheste historische Namens-Inschriften, charakteristischer Schriftduktus) und Bildkunst („BrokatStil" in der Glyptik, „Scarlet Ware" in der Keramik) manifestiert, dürfte demnach auch für die Entstehung unserer eigenartigen Steatitgefäß-Gattung verantwortlich gewesen sein, in deren Darstellungen sich neben typisch frühsumerischen Elementen eine Fülle fremdländischen Bild- und Gedankengutes widerspiegelt, das zu jener Zeit eine kulturelle Brücke schlägt zwischen der am mittleren Euphrat, also im äußersten Westen des mesopotamischen Kernlandes gelegenen Stadt Mari über Sumer selbst bis nach Elam, und vielleicht noch weiter östlich bis zum Indus-Tal und im Süden bis zu den Regionen am Persischen Golf. Natürlich schließt dieser Datierungsvorschlag keineswegs die Möglichkeit aus, daß auch noch während der Mesilim-Zeit, ja, bis in die Ur I-Zeit hinein, Exemplare der Steatitgefäß-Gruppe entstanden sein können, sei es als kontinuierliche Fortsetzung einer älteren Kunsttradition, sei es als spätere Imitation alter Vorbilder zur Deckung eines Bedürfnisses, das sich aus der Kostbarkeit des Materials oder aus der allgemeinen Beliebtheit jener Gefäße gerade in Sumer entwickelt hatte! Genaueres können wir jedoch zur Entwicklungsgeschichte der Gattung zur Zeit nicht aussagen. 48
UE IV, Tf. 36 (U. 231)
49
Hirmer/Strommenger 59 (zu Tf. 38/39)
so
Vgl. dazu Moortgat, KAM 26 ff. 33 f
51
Vgl. dagegen Moorey 103
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
19
Ein Fragment eines solchen Gefäßes aus Adab (Bismaya) 52 mit einer Inschrift des Königs Mesilim von Kisch scheint auf den ersten Blick eine zeitgenössische Anfertigung des Stückes nahezulegen; tatsächlich spricht die auf der Innenseite des Gefäßes angebrachte, flüchtig gravierte Weihung, ähnlich wie die schon erwähnte des Rimusch auf einem Steatit-Bruchstück aus Ur 4 8 , eher für eine sekundäre Inschrift, die Mesilim in ein ererbtes oder erbeutetes wertvolles Gefäß ritzen ließ, ehe er es im Tempel E-sar zu Adab als Weihgeschenk darbrachte. Auch für diesen Steatit-Napf erscheint also eine Entstehungszeit zumindest vor Mesilim selbst wahrscheinlich; ja, sogar ein Herstellungsdatum des Stückes vor der nach jenem König benannten Kunstperiode wäre, nach allem, war wir wissen, durchaus denkbar. Die engen Beziehungen der bildlichen Darstellung zwischen einem dieser Steatit-Gefäße, das aus dem Sin-Tempel in Chafadschi stammt 5 3 , und der Weihplatte Ν 1 aus Nippur, sowohl in thematischer als auch in ikonographischer Hinsicht, hat schon D. P. HANSEN überzeugend herausgearbeitet 54 (Löwenbezwinger; Tracht des Wagenlenkers; Durchbildung der Tierkörper etc.), wobei er allerdings — im Gegensatz zu unserem Vorschlag — die Herstellung des Steatitgefaßes selbst in die Mesilim-Zeit datiert, somit die Platte zeitlich anschließt und den „Stil" beider Stücke als eine zur typisch mesilim-zeitlichen Kunstausprägung parallel verlaufende Sonderentwicklung verstanden wissen will 55 . Wer aber — als Konsequenz unserer vorangegangenen Überlegungen — die Ursprünge jener Gefäßgattung in den kulturellen Bereich der 1. Übergangszeit verlegt, wird auf Grund der genannten bildlichen Übereinstimmungen kaum noch zweifeln, daß wir auch die Weihplatte demgemäß unserer „Mesilim-Vorstufe" zuordnen dürfen. Darüber hinaus möchte ich noch auf zwei weitere Parallelen verweisen, die sich aus einem Vergleich zwischen Darstellungen auf Steatit-Gefäßen und den Bildern unserer kleinen Weihplatten-Gruppe ergeben: Ein in Profilansicht dargestellter Raub(?)vogel, der als Nebenmotiv auf einem Steatitgefäß aus Teil Agrab (?) 5 6 erscheint, begegnet in ähnlicher Gestalt wieder auf der linken Seite des mittleren Bildstreifens der Platte AS 1 aus Teil Asmar, wo er auf dem Rücken eines Rindes (?) hockt. Das seltsame schraffierte Objekt, das auf der gleichen Weihplatte zwischen zwei schreitenden Männern auf dem unteren Fries abgebildet ist und von A. MOORTGAT versuchsweise als Vordersteven eines kultischen Bootes gedeutet wurde 5 7 , könnte genauso gut als eines jener schlangen- oder skorpion-ähnlichen Wesen verstanden werden, die auf den Reliefdarstellungen der Steatitgefäße häufig als Füllsel, aber auch als Hauptmotive auftreten 5 8 . Andererseits hat die Theorie MOORTGAT'S einige Wahrscheinlichkeit für sich, da auf Rollsiegelbildern der ED II—HI-Phase aus dem Diyala-Gebiet mehrfach Boote in ganz ähnlicher Manier dargestellt werden 5 9 . Dann wäre aber wiederum auffällig, daß die Wiedergabe des fraglichen Objekts auf der Platte AS 1 sich so grundlegend unterscheidet von den sonstigen Bootsdarstellungen auf den typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten 60 .
3. Vergleich mit Bildern der Vasenmalerei („Scarlet Ware") Eine zweite bildlich verzierte Gefäßgattung, deren Darstellungen wir mit den Reliefs unserer kleinen Weihplattengruppe in Zusammenhang bringen können, bildet die sogenannte „Scarlet Ware", die sich in ihrer formalen und künstlerischen Entwicklung am besten anhand der sorgfältig erfaßten Schichtenabfolge in den Grabungsstätten des Diyala-Gebietes untersuchen läßt 6 1 . Diese mit polychromer Malerei verzierte Ton52
Banks, Bismya 266 (Abb.). 270. - P. Delougaz, Iraq 22 (1960) Tf. 9 a. b
53
OIP 58, 69 Abb. 63; weitere Literatur bei Hansen 160 Anm. 73
54
Hansen 160 Anm. 73 f (dort auch Beschreibung der Tieikörper)
55
Hansen 161 Anm. 77
56
Christian, Altertumskunde, Tf. 270, 2
57
Moortgat, Tammuz, 43
58
Banks, Bismya, 267 (Abb. oben). - Christian, Altertumskunde, Tf. 270, 2. - UE IV, Tf. 36 (U. 231). - Hirmer/ Strommenger Tf. 38. 39 oben Vgl. ζ. B. OIP 72, Nos. 267. 270. 283. 306. 324. 339. 346
59 60
Unsere Relieffragmente CS 2 - 3 ; die dortige Fundschicht (Sin-Tempel VIII) ist die früheste ED Il-Schicht des Heiligtums! Vgl. ferner die entsprechenden Bootsformen auf den Platten F 1, Κ 2 und K3
61
OIP 63, 60 ff
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Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
ware stellt in gewisser Hinsicht eine Nachfolgerin der vorhergehenden, bemalten Djemdet Nasr-Keramik dar und taucht zum ersten Mal in Schichten der ED I-Periode auf. Die qualitätvolleren Vertreter dieser Gattung tragen auf Bauch und Schulter figürliche und ornamentale Darstellungen, die - durch Rahmenstreifen allseitig voneinander abgegrenzt — einen metopenartigen Charakter annehmen und somit einem Kompositionszwang unterworfen sind, der nicht mehr von den natürlichen Gegebenheiten der Gefäßwandung, ihrer Aufriß-Gliederung und ihren Konturlinien abhängt, sondern in erster Linie von den künstlich, oft ohne Rücksicht auf die Struktur des Gefäßkörpers geschaffenen, rechteckigen oder quadratischen Bildfeldern bestimmt wird. Der typische hellrote Überzug, der seinerseits als Malgrund für die in Gelb oder Weiß aufgetragenen Bildfelder und die darauf wiederum in rötlicher, bräunlicher oder schwarzer Farbe angebrachten figürlichen Darstellungen dient, hat die Ausgräber seinerzeit dazu veranlaßt, die ganze Gefäßgattung als „ScharlachWare" zu bezeichnen. Leider sind gerade die beiden besten und für den angestrebten Darstellungsvergleich wichtigsten Exemplare dieser Gattung, die wir zur Gegenüberstellung benötigen, stratigraphisch und somit auch in ihrer präzisen Entstehungszeit nicht eindeutig festzulegen 62 : während das eine in einer Schuttschicht an der Innenseite der Stadtmauer von Chafadschi zutagekam 6 3 , war das andere zunächst durch Raubgrabungen in die Hände von Kunsthändlern in Baghdad gefallen 64 , wo es dann später für das British Museum in London angekauft wurde. Beide Stücke werden von P. DELOUGAZ mit Vorbehalten der ED Ii-Periode zugewiesen 65 , das zweite vor allem wegen seiner Darstellung, die sich aber — wie wir noch sehen werden — thematisch und stilistisch viel eher an die Reliefs unserer kleinen Weihplatten-Gruppe und einiger früher Steatit-Gefäße anschließen läßt als an die Flachbilder der klassischen Mesilim-Zeit, wie sie uns auf den typischen Weihplatten jener Stilperiode überliefert und zur Genüge bekannt sind. A. MOORTGAT rückt das Gefäß im British Museum, im Rahmen einer Abhandlung über die altorientalische Malerei, zwar auf Grund seiner Thematik, weniger wegen Stil und äußerer Form, in die Nähe der Mesilim-Periode 66 , datiert es aber in anderem Zusammenhang betont eben in die von uns besprochene Übergangszeit zwischen Djemdet Nasr und Mesilim 67 . W. NAGEL ordnet das Stück seiner „Klassischen Scharlachware" z u 6 8 , die in Teil Agrab wie in Teil Asmar nur aus ED I-Schichten bekannt und lediglich in Chafadschi auch noch später zu belegen ist. Immerhin wird auch von P. DELOUGAZ eingeräumt, daß die zwei genannten Scharlach-Gefäße wegen bestimmter formaler und farblicher Eigenheiten auch durchaus noch der ED I-Periode angehören könnten 6 9 ; zumindest aber stehen beide Stücke mit Sicherheit in der Tradition der typischen ED I-Vasen, was sowohl ihre Form, Dimension und Musterverteilung als auch Einzelheiten des ornamentalen und figuralen Dekors angeht. Eine allzufrühe Datierung, nämlich in den Bereich der frühsumerischen Zeit, wie sie unter anderem von E. DOUGLAS VAN BUREN vorgeschlagen worden ist 7 0 , braucht hier wohl nicht mehr diskutiert zu werden 71 . Gerade die enge Verwandtschaft der Vase im British Museum mit einem Gefäß der gleichen Gattung aus Chafadschi, das seinerseits aus stratigraphischen Gründen für die ED I-Periode gesichert ist 7 2 — eine Verwandtschaft vor allem in Bezug auf die Verteilung und Anordnung der Metopenfelder, auf die Anbringung fast identischer Trennstreifen-Muster und auf die Details der Tier-, Pflanzen- und Menschen-Darstellung, die von P. DELOUGAZ als „sheer coincidence", also reiner Zufall abgetan wird 7 3 —, scheint mir doch ein Hin62
Vgl. dazu OIP 63, 6 9 ff
63
OIP 63, Tf. 15. 6 0 - 6 1
64
BMQ 8 (1933/34) 39 f. - OIC 20, 64 f. - OIP 63, Tf. 62. 138
65
OIP 63, 69. 72
66
Moortgat, Malerei, 10 (zu Tf. 8)
67
Moortgat, Tammuz, 36; vgl. dazu auch Moortgat, FB 70
68
W. Nagel, BBV 8, 15
69
OIP 63, 6 9 ff
70
AnOr 18 (1939) 28
71
Vgl. dazu OIP 63, 72 Anm. 120
72
OIP 63, 68; Tf. 1 3 - 1 4 . 59 („Houses 11"; Kh. IX 60)
73
OIP 63, 70
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
21
weis darauf zu sein, daß unser Gefäß, trotz der ungewöhnlich vielfältigen Bildgruppen und des auffälligen Schulterwulstes, durchaus noch innerhalb der ED I-Periode, d. h. unserer 1. Übergangszeit oder „MesilimVorstufe", entstanden sein könnte. Die gleiche Überlegung sollte für das zweite vorhin erwähnte Gefäß von der Stadtmauer in Chafadschi 74 gelten, das von P. DELOUGAZ lediglich auf Grund zweier äußerlicher Formvarianten (Henkel und plastischer Wulst am Schulterknick) der ED Ii-Periode zugewiesen wird 7 5 , obwohl so gut wie alle anderen Indizien — wie er selbst zugeben muß — eine Datierung des Stückes in die voraufgehende ED I-Periode plausibler erscheinen lassen. Wenn wir auch keinen endgültigen Beweis für ein Herstellungsdatum der zwei betreffenden Vasen innerhalb der ED I-Zeit erbringen können, so dürfen wir doch zumindest aus der engen Verbindung unserer beiden Gefäße mit den stratigraphisch gesicherten Vertretern der Gattung aus eben jener Periode schließen, daß auch die bildlichen Darstellungen auf beiden Vasen sowohl thematisch als auch ikonographisch noch in die Zeit vor der endgültigen Manifestierung des Mesilim-Stils gehören, wie wir ihn vornehmlich von den typischen dreistreifigen Weihplatten aus den Stätten des Diyala-Gebietes, hier in der Erscheinungsform des steinernen Flachreliefs, gewohnt sind. Daß ein stilistischer Vergleich zwischen Vasenmalerei und Reliefdarstellung in gewissen Grenzen, unter Wahrung bestimmter Vorbehalte, durchaus berechtigt und erfolgversprechend sein kann, hat D. P. HANSEN in einem speziellen Fall zugebilligt76; ich persönlich möchte die Vergleichsmöglichkeiten auf unsere ganze Reliefgruppe ausdehnen, natürlich unter Berücksichtigung technischer Differenzen und der dadurch bedingten divergierenden Ausdrucksformen. Wenn man nämlich bedenkt, daß die Schaffung von Flachreliefs der genannten Art immer eine lineare Vorzeichnung erfordert, und daß auf der anderen Seite jede altorientalische Malerei letztlich nur eine kolorierte Umrißzeichnung darstellt, wie A. MOORTGAT überzeugend dargelegt hat 7 7 , so erscheinen beide Flachbild-Techniken von der Anlage und Planung her gar nicht so grundverschieden, wie man auf den ersten Blick annehmen möchte. In diesem speziellen Vergleichsfall stehen darüber hinaus sowohl der Steinbildhauer als auch der Gefäßmaler vor demselben künstlerisch zu bewältigenden Problem: beide müssen sich bei der Komposition ihrer Bilder oder Bildzyklen dem strengen Raumzwang einer relativ kleinen Bildfläche unterordnen, die nach allen Seiten hin geradlinig durch Rahmenleisten begrenzt wird. Die auf unseren zwei Scharlach-Gefäßen angebrachten, sorgfältig in Bildgruppen gegliederten und durch gemusterte Rahmen in Metopen unterteilten bildlichen Darstellungen zeigen zwar in Thematik und Komposition einiger Szenen schon eine gewisse Annäherung an typisch mesilim-zeitliche Relief-Motive — man vergleiche ζ. B. die Wiedergabe eines „Symposions" und die anschließende Wagenszene auf dem Gefäß im British Museum mit dem Bildschema der betreffenden Mesilim-Weihplatten! —, jedoch dürfte es sich hier mehr um eine lockere Verbindung, vielleicht um Vorformen oder gar Prototypen handeln; dagegen ist aber u. a. die antithetische Gruppe der von einem „Helden" geschützten Herdentiere, wie sie in nahezu identischer Gestaltung sowohl auf der Londoner Vase, auf der Scherbe eines Steatitgefäßes aus Chafadschi 53 und der Weihplatte Ν 1 vorkommt, auf den charakteristischen Weihplatten der klassischen Mesilim-Zeit innerhalb des Zweistromlandes nicht zu belegen 78 . Vor allem aber sind es ungewöhnliche ikonographische und motivliche Details, die uns dazu veranlassen, die beiden Vasen in die unmittelbare Nähe unserer drei Weihplatten zu rücken, für die wir, wie auch für die Gefäße, einen zeitlichen Ansatz vor der eigentlichen Mesilim-Zeit gefordert haben. Leider begegnet uns auf den Bildern dieser kleinen Reliefgruppe keine Wagendarstellung, die wir mit der entsprechenden Szene auf dem Scharlach-Gefäß im British Museum vergleichen könnten. Desgleichen sind wir nicht in der Lage, die Symposion-Szene, deren Ansatz auf dem Rest des ehemaligen Oberfrieses der Platte AS 1 aus Teil Asmar 74
OIP 63, 69; Tf. 15. 6 0 - 6 1
75
OIP 63, 69
76
Hansen 160 f; Anm. 75
77
Moortgat, Malerei, 10
78
Ein ritzverziertes Weihplattenfragment aus Susa (S 6), wahrscheinlich gegen Ende der Mesilim-Periode oder zu Beginn der 2. Übergangszeit entstanden (vgl. dazu Kapitel II Abschnitt Β 5), zeigt zwar ebenfalls einen „Herdenbeschiitzer" mit zwei antithetisch angeordneten Tieren, aber in anderer kompositorischer Anordnung, anderer Ikonographie und anderem Gesamtstil; die Löwenkampfszenen auf Weihplatten aus Fara (F 4), Teil Agrab (AG 1) und Susa (S 8) nähern sich in ihrer Komposition eher dem Figurenband-Schema als der heraldisch-symmetrischen Gruppe
22
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
gerade noch zu erkennen ist, sicher genug zu ergänzen, um sie in Beziehung zu setzen mit den beiden Symposion-Gruppen auf der genannten Vase. Soviel aber steht fest, daß man die bei einem Vergleich der Vasenmalerei mit den typisch mesilim-zeitlichen Steinreliefs ins Auge fallende Diskrepanz in Bildgliederung und figürlicher Durchgestaltung nicht allein auf Qualitätsunterschiede, technisches Unvermögen des Malers oder auf die Verschiedenheit der Bildträger in Material und Bearbeitungstechnik zurückfuhren darf. Besonders deutlich wird diese Diskrepanz u. a. in der Anordnung der vier Equiden, die den Kultwagen ziehen: während diese auf den mesilim-zeitlichen Weihplatten ohne Ausnahme unmittelbar hintereinander gestaffelt erscheinen, wobei nur das dem Beschauer am nächsten stehende Tier voll ausgebildet ist, die hinter ihm zu denkenden lediglich durch parallel verlaufende Umrißlinien angedeutet werden — ein bildnerisches Prinzip, das spätestens seit der sumerischen Frühgeschichte in der altvorderasiatischen Flachbildkunst zur Wiedergabe einer gestaffelten Tierformation angewandt werden kann 79 —, ordnet der Vasenmaler die Zugtiere räumlich übereinander an, in einem bestimmten Kompositionsschema, das geradezu als ein Typikum der Scharlachware zu bezeichnen ist und ebenfalls häufig auf den Reliefdarstellungen der Steatitgefäße auftritt 8 0 . Das Gleiche gilt für die verschiedenartigen Füllmotive, die sich — zu erklären wohl in erster Linie aus dem Kompositionsprinzip des „horror vacui" — in Form von Skorpionen, Reptilien, Fischen oder Vögeln in die freien Flächen der Bildfelder auf beiden Gefäßgattungen einfügen 81 , während sich Vergleichbares auf den Steinreliefs der reifen Mesilim-Zeit nur äußerst selten nachweisen läßt 8 2 . Ferner fällt die Darstellung des Wagenkastens auf der bemalten Vase, insbesondere die Angabe von zwei Rädern — seien sie nun als „sehbildhafte" Wiedergabe eines zweiachsigen, also vierrädrigen Wagens83 in Seitansicht oder als Bezeichnung eines zweirädrigen Fahrzeugs 84 im parataktischen Sinne zu deuten - völlig aus dem Rahmen der stereotypen, geradezu kanonischen Ausführung des Streitwagens auf mesilim-zeitlichen Reliefbildern 85 . Besonders augenfällig wird eine stilistische Distanz zur Reliefkunst der Mesilim-Zeit auch dann, wenn wir uns der bildlichen Durchgliederung der menschlichen und tierischen Figuren auf der Vasenmalerei zuwenden: Von der auf rein geometrische Formen zurückgeführten Ausbildung des Menschenkörpers und seiner starren Haltung bis zur Wiedergabe der Zug- und Herdentiere mit ihren unorganisch an den langgestreckten Rumpf angesetzten, plumpen Extremitäten läßt sich die Malerei dagegen viel eher in Verbindung bringen mit den Reliefs der von uns herausgestellten kleinen Gruppe der frühesten Weihplatten oder denen auf manchen Steatitgefäßen. D. P. HANSEN hat bei seiner Untersuchung des Exemplars aus Nippur (Ν 1) schon auf die verwandtschaftliche Nähe des dort abgebildeten „Helden" (als Raubtierbezwinger und Schützer der Herdentiere) zum ensprechenden Motiv auf unserer Vasendarstellung hingewiesen86, eine innere Zusammengehörigkeit in Thema, Komposition und ikonographischen Details, die bei näherer Betrachtung nicht zu übersehen ist. Aber damit nicht genug: Vergleichen wir nur die Durchbildung der menschlichen Figuren auf der frühen, für die ED I-Phase durch den stratigraphischen Befund gesicherten Chafadschi-Vase72 und dem oft zitierten Gefäß im British Museum 64 einerseits mit den entsprechenden Gestalten auf den Weihplattenfragmenten aus Chafadschi (CT 1) und Tell Asmar (AS 1) andererseits! Dabei stimmt sogar die Darstellung der Vierfüßler auf dem Mittelfries des letztgenannten Stückes auffällig mit den Equiden und Herdentieren der Vase im 79
Vgl. ζ. B. die Schafe auf dem obersten Fries der bekannten Kultvase aus Uruk: Hirmer/Strommenger Tf. 21 unten
80
Scarlet Ware: OIP63, Tf. 13. 14 Steatit-Gefäße: Syria 30 (1953) 203 Abb. 4. - OIP 58, 69 Abb. 63
81
Scarlet Ware: OIP 63, Tf. 11 ff Steatit-Gefäße: Christian, Altertumskunde, Tf. 270, 2. - OIP 58, 69 Abb. 63. - Hirmer/Strommenger Tf. 2 0 - 2 1
82
Vielleicht Löwenkopf und Fisch auf dem oberen Fries.der ohnehin eigenwillig gestalteten Reliefplatte Ν 3 aus Nippur; auf Ritzzeichnungen begegnen Füllsel, allerdings anderer Art, gelegentlich: Pyxisdeckel aus Teil Agrab (Christian, Altertumskunde, Tf. 278, 1 a. b); Ritzplatten aus Susa (S 3 - 4 , S 6) und Nippur (Ν 2)
83
Vgl. dazu die erhaltenen Original-Fahrzeuge aus Ur (UE II, Tf. 33), Kisch (Langdon, Kish IV, Tf. XXIII f) und Susa (Amiet, Elam, Abb. 103); ferner das Wagenmodell bei Christian, Altertumskunde, Tf. 226, 3
84
Vgl. dazu die rundplastischen Modelle aus Kisch (Christian, Altertumskunde, Tf. 226, 1. 2. 4) und Teil Agrab (OIP 60, Tf. 58 ff)
85
Vgl. W. Nagel, BBV 10, 3. 5 f. - Ähnlichkeit mit dem hier dargestellten Wagen zeigt das entsprechende Motiv auf einer polychrom bemalten Vase aus Susa: Amiet, Elam, Abb. 106 A - D
86
Hansen 160 f; Anm. 75 f. - Allerdings datiert auch er, mit P. Delougaz, die Vase in die ED Ii-Periode!
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
23
British Museum fast genau überein. Auch die Baumstilisierung auf der Nippur-Platte (Ν 1) geht mit der Pflanzen-Wiedergabe auf mehreren frühen Scharlach-Gefäßen nahezu völlig konform 8 7 . Noch typischer für beide Bildgattungen scheint das Motiv des Huftieres mit einem Vogel auf dem Rücken zu sein, das sowohl auf der Weihplatte AS 1 als auch auf einigen Vasen der „Scarlet Ware" begegnet 88 , während man es auf typisch mesilim-zeitlichen Flachbild-Darstellungen vergeblich sucht. Auch die bildliche Wiedergabe des Vogels selbst in Profilansicht mit seinen parallel nebeneinander gestellten Beinen ist in beiden Fällen nahezu identisch, auf den Weihplatten der Mesilim-Zeit dagegen erscheint der Raubvogel oder das als „Imdugud" bezeichnete Mischwesen, der löwenköpfige Adler, ohnehin höchst selten und dann stets nur in Vorderansicht 89 . All diese Analogien geben uns wiederum einen Fingerzeig für die stilistische und somit wahrscheinlich auch zeitliche Einordnung sowohl unserer Reliefgruppe als auch der beiden Scharlachgefäße, deren Ursprünge, wenn nicht sogar ihr Herstellungsdatum, wir in derselben kulturellen Umbruchs- und Entwicklungsphase zu suchen haben, mit der wir auch das Aufkommen der Bauweise mit plankonvexen Ziegeln, die Entstehung eines Großteils der mit mythologischen Reliefdarstellungen verzierten Steatit-Gefäße und nicht zuletzt auch mehrere Gruppen bestimmter glyptischer Erzeugnisse in Verbindung bringen müssen. Unter diesen dokumentieren besonders, neben den typischen Exemplaren des sogenannten „Brokat-Stils" 90 , eine Anzahl von Abrollungen aus den Schuttschichten des Königsfriedhofs von Ur (SIS 4—5)91 deutlich den chaotischen Charakter dieser Übergangsperiode und einen ganz bestimmten Aspekt der zeitgenössischen Flachbildkunst: ein Manipulieren mit althergebrachten und ein Suchen nach neuen Formen und Bildgedanken 92 . 4. Vergleich mit bestimmten glyptischen Erzeugnissen der 1. Übergangszeit In diesem Zusammenhang wollen wir uns noch mit einer bestimmten Gattung von Siegelbildern befassen, für deren Entstehungszeit wir ebenfalls die genannte Umbruchsphase zwischen Djemdet Nasr- und MesilimPeriode in Anspruch nehmen können, und die Beziehung jener glyptischen Erzeugnisse zu den Reliefbildern unserer drei Weihplatten untersuchen. Es handelt sich dabei um eine kleine Gruppe von Rollsiegeln, die A. MOORTGAT in seiner grundlegenden Arbeit über die altvorderasiatische Glyptik 93 zwar unter die Steinschneidekunst der Mesilim-Periode eingereiht hat, in denen er aber deutlich eine Vorstufe in der Entwicklung, einen „Anfang aus dem Nichts", erkennt: ein Ringen um neue Formen und Ausdrucksmöglichkeiten, das schließlich zur Ausprägung des typischen Figurenband-Stils der Mesilim-Zeit geführt h a t 9 4 . Sicherlich steht diese Siegelgruppe inhaltlich und formal der Mesilim-Zeit schon näher als zum Beispiel die Vertreter des „Brokat-Stils" 95 , die in Vielem eine Verschleifung oder ornamentale Stilisierung frühsumerischen Bild- und Gedankengutes darstellen mögen, und zwei weitere Rollsiegelgattungen jener Ubergangszeit, für die U. MOORTGAT-CORRENS einen elamischen Einfluß nachgewiesen h a t 9 6 ; dennoch hebt sich auch unsere Rollsiegelgruppe in bildlicher Hinsicht von den glyptischen Produkten des voll entwickelten MesilimStils sichtbar ab 9 7 . 87
Vgl. etwa OIP 63, Tf. 14
88
OIP 63, Tf. 57. 60 ff
89
Vgl. dazu die Stücke F 2 aus Fara und S 1 - 3 aus Susa; ferner weitere Reliefbilder der Mesilim-Zeit: Mesilimkeule (Dec. Tf. 1 ter, 2) und das Sockelrelief aus Teil Asmar (OIP 44, Tf. 6 A). Ein einziges, flüchtig gearbeitetes Weihplattenfragment aus Susa (S 2) zeigt in Ritzzeichnung unter anderem zwei kleine Vögel in Profilansicht; ein seltsamer Gegenstand am Vordersteven eines Kultbootes auf dem Unterfries einer Weihplatte aus dem Kunsthandel (K 2) könnte vielleicht ebenfalls als Vogel in Seitansicht gedeutet werden. In der frühsumerischen Bildkunst begegnet das Motiv des auf einem Rind hockenden Raub(?)vogels in Profilansicht des öfteren, ζ. B. an einer in Hochrelieftechnik verzierten Gefäßtülle der Djemdet Nasr-Zeit im British Museum (Hall, Sculpture, Tf. II (unten links))
90
Frankfort, CS 39 ff; Tf. IX. - Moortgat, VR Tf. 10 f. - OIP 72, 3. 5. 7 ff. 21 f. 24
91
UE III Tf. 4 ff (Nos. 4 8 - 4 7 6 )
92
Vgl. dazu Moortgat, KAM 33 f
93
Moortgat, VR 9 f
94
Moortgat, VR No. 71 ff
95
Frankfort, CS 39 ff
96
U. Moortgat-Correns, OLZ 54 (1959) Sp. 343 ff. 346
97
Beispiele des „reifen" Mesilim-Stils mit Figurenband in der Rollsiegelglyptik: VR i f. 1 4 - 1 6
24
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
Für die Siegel der hier behandelten Gattung, der wir noch eine weitere Anzahl von Exemplaren aus dem Diyala-Gebiet und anderen Ruinen-Stätten Mesopotamiens zuordnen möchten (s. u.), sollte das gleiche Fazit gelten, das U . MOORTGAT-CORRENS — natürlich in ganz anderem Zusammenhang und mit anderer Begründung - über eine elamisch beeinflußte Rollsiegelgruppe mit bestimmten eigenartigen Tierdarstellungen zusammengefaßt hat 9 8 : daß sie nämlich „am besten in die Zeit zwischen JDjemdet Nasr' und .Mesilim' zu setzen sind, womit nicht gesagt sein soll, daß sie nicht auch noch zur Mesilim-Zeit vorkommen können . . . " . An die von A . MOORTGAT als „Vorstufe" herausgearbeitete Rollsiegelgruppe94 möchte ich, unter anderem, folgende Stücke aus den Grabungen im Diyala-Gebiet anschließen: OIP 72, Nos. 256, 282, 295, 343, 346,498, 571, 879 und 882. Diese Exemplare stammen vornehmlich aus ED Ii-Zusammenhängen, einzelne sind jedoch auch in Schichten der ED Iii-Phase gefunden worden. Wahrscheinlich kann man auch einen Teil der von P. AMIET unter der Sammelbezeichnung „Epoque de transition" zusammengestellten Siegelbilder99 mit unserer Gruppe in enge Beziehung setzen, desgleichen eine Anzahl von Abrollungen aus Ur (SIS 4 - 5 ) 1 0 0 und Fara 101 , auf die ich aber hier wegen ihrer ungenauen stratigraphischen Fixierung, ihres vorwiegend schlechten Erhaltungszustands und der dadurch bedingten Unsicherheit bei den rekonstruktiven Umzeichnungen in den entsprechenden Publikationen nicht näher eingehen möchte. Vielleicht gehört sogar das Siegel OIP 72, No. 214, das aus einer späten Djemdet Nasr-Schicht des SinTempels (IV) in Chafadschi („protoliterate d") stammt, stilistisch schon in die nähere Umgebung der hier behandelten Siegelbilder-Gruppe; seine technische Ausführung scheint sich deutlich von den sonst bekannten Siegeln des Brokat-Stils abzuheben, und auch in der Wiedergabe der Tierkörper zeichnen sich schon gewisse Parallelen zu unserer „Mesilim-Vorstufe" ab. Zwei Stücke aus Fara 102 deuten zwar in ihrer überkreuzten Anordnung von Mensch und Tier schon die Entwicklung zum Figurenband hin an, lassen aber in der körperlichen Durchbildung ihrer Figuren noch die typische Darstellungsweise des klassischen Stils der mesilim-zeitlichen Glyptik vermissen. In welchem Ausmaß wir einen Teil der nordmesopotamischen Rollsiegel des 3. Jahrtausends 103 , deren Kerbstil in Technik und Darstellung entfernt an einzelne Züge unserer „Vorstufe" erinnert, mit dieser in eine direkte kulturelle oder zeitliche Verbindung bringen dürfen, kann erst eine gründliche, systematische Untersuchung des gesamten nordmesopotamischen Siegel-Materials ermitteln, das leider zu einem großen Teil nicht in regulären Ausgrabungen gewonnen wurde, sondern aus Raubgrabungen in den Kunsthandel gelangte 104 . Vielleicht dürfen wir im Zusammenhang mit diesen „Vorstufen-Siegeln" nicht unbedingt von einem ausgeprägten „Stil", von einer homogenen Kunststufe und auch sicher nicht von einem einheitlichen Bildschema sprechen; zu einem geringen Teil mag es sich bei den genannten Stücken auch um qualitativ minderwertige Siegel handeln, die möglicherweise erst zu Beginn oder im Laufe der Mesilim-Zeit geschnitten worden sind — so ζ. B. die Zylinder VR Nos. 74, 75, 77 und 80, die in Motiv (Figurenband), Komposition (Aufrechtstellung der Tierleiber, chiastische Überkreuzung der Figuren) und ikonographischen wie stilistischen Einzelheiten (Kopfbedeckung, Barttracht, geschürzter Schlitzrock, überlängte, geometrisierende Durchformung der Rümpfe und Extremitäten) schon mesilim-zeitliche Anklänge verraten —; im Ganzen gesehen aber reicht das erste Auftreten von Exemplaren dieser Gattung doch wohl in die Ursprungszeit des BrokatStils und der Scarlet Ware, d. h. in die von uns als „Umbruchsperiode" bezeichnete Ubergangsphase zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Zeit, die sich zeitlich wie auch kulturgeschichtlich weitgehend mit der unter dem anglo-amerikanischen Terminus ED I zusammengefaßten Summe von Schichtenfolgen im Diyala-Gebiet bzw. in Nippur deckt, zurück. 98
U. Moortgat-Correns, QLZ 54 (1959) Sp. 349
99
Amiet, Glyptique, Tf. 50 ff. 60 ff
100
UE III, Nos. 213. 2 7 8 - 8 0 . 287. 293 f. 303 ff. 3 2 0 ff
101
Heinrich, Fara, Tf. 47, i; 53, g; 54 c. d. e; 55, b; 57 a. d. h; 58, d. e. f. h. k; 60, n - q ; 65, n. o. Vgl. dazu auch einige der von A. Moortgat als in die „Gärungsperiode" gehörig bezeichneten Beispiele aus Fara und Ur: VR 9
102
Heinrich, Fara, Tf. 48, b. c
103
Vgl. dazu P. Amiet, Syria 4 0 (1963) 57 ff. - P. Amiet, Syria 41 (1964) 189 ff
104
Vgl. dazu auch den Beitrag von U. Moortgat-Correns, ZA NF 23 (1965) 6 ff
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
25
Vergleichen wir nun einige prägnantere Stücke dieser zweifellos vormesilim-zeitlichen Rollsiegelgattung mit den Bildern unserer kleinen Weihplattengruppe, so können wir auch hier wieder Beziehungen stilistischer Art ablesen, die unseren Datierungsvorschlag für die Plattenreliefs unterstützen helfen: Nehmen wir nur die Darstellungen der Rollsiegel VR Nos. 72, 73 und 78, so erkennen wir die gleichen Themata in ähnlicher bildlicher Formulierung wieder, die wir als bezeichnend für die Weihplatten-Reliefs herausgestellt haben: der „Held" als Schützer der Herdentiere zwischen zwei Kapriden, die ihrerseits antithetisch um eine Pflanze gruppiert sind 105 . Auch die Ausformung der Einzelfiguren von Tier und Mensch (geometrische Körpergliederung, Arm- und Beinhaltung, Hörnerform und Kopfdarstellung) und des pflanzlichen Motivs erinnern in Vielem an die Darstellungen auf den Weihplatten Ν 1 aus Nippur und AS 1 aus Teil Asmar einerseits und auf einigen Gefäßen der Scharlachkeramik und der Steatit-Gattung andererseits.
5. Konsequenzen für die Datierung der Denkmalsgruppe Um Mißverständnissen vorzubeugen und um nicht in den Verdacht zu geraten, unsere Überlegungen mit Hilfe von Zirkelschlüssen durchgeführt zu haben, sei hier noch einmal unsere Beweisführung kurz zusammengefaßt: a) Wir haben festgestellt, daß die Existenz von Weihplatten — im Gegensatz zur allgemein verbreiteten Annahme — schon vor der eigentlichen Mesilim-Zeit mit Hilfe stratigraphischer Indizien zu belegen ist. b) Es lassen sich von dem Konvolut jener Weihplatten, die nicht nach Mesilim entstanden sein können, zumindest drei Exemplare absondern, deren Fundlage in Verbindung mit der Thematik, der Komposition und dem Bild-„Stil" ihrer Darstellungen mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Entstehungszeit vor der Mesilim-Periode schließen läßt. c) Der ikonographische Vergleich unserer drei Stücke mit einem aus paläographischen Gründen für die 1. Übergangszeit gesicherten Bildwerk hat einige Übereinstimmungen ergeben. d) Wir haben einen Teil der sogenannten „Steatit-Gefaße" für die gleiche Übergangszeit in Anspruch genommen und wegen der Verwandtschaft ihrer Darstellungen mit denen unserer kleinen Reliefgruppe auch diese selbst entstehungsgeschichtlich jener „Mesilim-Vorstufe" zugeordnet. e) Die Theorie, daß bestimmte, mit polychromer Malerei bildlich verzierte Gefäße der sogenannten „Scarlet Ware" ebenfalls in die Übergangszeit zu verweisen sind, wird durch ihre vom mesilim-zeitlichen Stil abweichende, dagegen mit den·Reliefs unserer Weihplatten in vielen Punkten harmonisierende Darstellungsweise archäologisch unterstützt. f) Die Abrollungen einer bestimmten, als vormesilim-zeitlich erkannten Rollsiegel-Gattung zeigen wiederum gewisse thematische und „stilistische" Verwandtschaft mit den erwähnten Weihplattenbildern und runden so das von uns gewonnene Bild einer Datierung dieser kleinen Gruppe in die Übergangszeit ab. Somit werden wir also wohl nicht umhinkönnen, die Entstehungszeit der drei genannten Denkmalsgattungen (Steatit-Gefäße, Scharlach-Ware und „Vorstufen-Siegel"), nämlich die Übergangsperiode zwischen Djemdet Nasr- und Mesilim-Zeit, auch für das Aufkommen unserer Weihplatten-Gruppe verantwortlich zu machen und in jenen eine Art Vorform und Entwicklungsstufe für alles Spätere zu sehen 106 . Wenn wir auch zur Zeit noch nicht endgültig beweisen können, daß unsere drei Reliefs eindeutig der ED IPeriode zuzuweisen sind, so steht doch zumindest mit Sicherheit fest, daß sie den Anfang einer langen Entwicklungsreihe bilden und deshalb zeitlich noch vor den klassischen Vertretern der Mesilim-Zeit einzuordnen sein dürften, d. h. spätestens an den äußersten Beginn dieser Kunstperiode gehören, während die oben zusammengestellten typischen Platten der Mesilim-Zeit den Höhepunkt einer kunstgeschichtlichen Entwicklung darstellen, die dann im Relief der 2. Übergangszeit und der Ur I-Periode eine andersgeartete Fortsetzung findet. Hier scheint sich die Antwort zu ergeben auf die zu Eingang des Kapitels aufgeworfene Frage, ob eine derart durchgeformte, voll entwickelte, geradezu kanonisierte Bildgattung wie die der mesilim-zeitlichen Weihplatten wirklich keine Vorstufe erkennen lasse! 105 106
Einzelheiten zur Motivgeschichte bei Hansen 158 ff Obwohl A. Moortgat das Aufkommen unserer Denkmalsgattung in die Mesilim-Zeit selbst verlegt (KAM 36), konzediert er im gleichen Textzusammenhang, bei einer kurzen Besprechung der von D. P. Hansen veröffentlichten Nippur-Platten, ein mögliches Entstehungsdatum der frühesten Stücke in der ED I-Periode, d. h. innerhalb der 1. Übergangszeit!
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Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
Um noch einmal dem Einwand zu begegnen, es könne sich bei unseren drei Weihplatten der „MesilimVorstufe" auch lediglich um qualitativ minderwertige Vertreter der mesilim-zeitlichen Flachbild-Gattung handeln, sei hier Folgendes klargestellt: Im Vergleich zu anderen Fundbereichen erscheint die typisch mesilim-zeitliche Reliefdarstellung auf Weihplatten, deren Form und bildliche Komposition, gerade innerhalb des Diyala-Gebietes immerhin so einheitlich, daß wir die beiden Plattenfragmente aus Tell Asmar (AS 1) und Chafadschi (CT 1) in ihrer auffälligen Divergenz zu jener relativ homogenen Gruppe kaum zu lediglich qualitätlosen zeitgenössischen Produkten deklassieren können. Zumindest gewinnt man bei der Betrachtung des Denkmalsbestandes aus den Diyala-Fundstätten den nachhaltigen Eindruck, daß die Weihplatte als wichtige Kultbild-Gattung schon in den frühesten Schichten der Mesilim-Periode eine feste äußere und innere Form angenommen hat, sowohl in Ikonographie und Bildkomposition als auch in den behandelten Themenkreisen, sodaß man schlecht zu gleicher Zeit am gleichen Ort eine derart starke Abweichung von der gültigen Norm erwarten darf. Anders mag der Fall in Nippur gelagert sein, wo der bildliche Befund auch innerhalb der nachweislich mesilim-zeitlichen Flachbfldwerke äußerst heterogen anmutet, was sich wohl am ehesten durch die Eigenschaft der alten Stadt Nippur als religiös-kultisches, weniger als kulturell-machtpolitisches Zentrum erklären läßt, in dessen Heiligtümern sich die Kunstrichtungen der verschiedensten Regionen und Werkstätten vermengen und in den dort geopferten Weihgaben manifestieren107; deshalb darf man auch die Platte Ν 1 aus dem Inanna-Tempel durch den Vergleich mit den anderen frühen Exemplaren der Gattung aus Nippur allein nicht ohne Weiteres als außenstehend und damit der „Vorstufe" zugehörig bezeichnen, sondern erst dann, wenn man sich eine fundierte Vorstellung von allen mesilim-zeitlichen Spielarten der Bildgattung in Thematik, Ikonographie und Komposition verschafft hat. Umgekehrt beweist das Vorkommen einiger mesilimzeitlicher Platten in Nippur, die im typischen „Diyala-Stil" verziert sind (N 4—5), deutlich die geographische Verbreitung dieser „Schule", deren Produkte uns auch aus Fara (F 1) und Ur (U 1) bekannt sind. Aus keiner einzigen der uns bisher greifbaren Kunstströmungen während der Mesilim-Zeit aber ist uns bisher auch nur ein Flachbild-Bruchstück überliefert, an dessen Darstellungsreste sich die Weihplatte Ν 1 in bildlicher Hinsicht unmittelbar anschließen ließe! Wenn wir nun aber die Thematik, Komposition und Ikonographie unserer Weihplatten-Gruppe als Vorstufe zu den typischen Exemplaren der Mesilim-Zeit erkannt haben, müssen wir konsequenterweise auch die Entstehung der Weihplatte überhaupt, in ihrer Eigenschaft als selbständige Denkmalsgattung, spätestens in diese Gärungsperiode vor der eigentlichen Mesilim-Zeit verlegen. Hierfür gilt wohl das gleiche Prinzip, das A. MOORTGAT für die entsprechenden Erzeugnisse der altvorderasiatischen Glyptik jener Übergangszeit aufgestellt hat 108 : deutlich erkennt man das Suchen und Ringen um äußerliche und inhaltliche Formulierung, unter Zuhilfenahme älterer Bildgedanken, fremdländischer Einflüsse und neu erstehender Themenkreise und Stilprinzipien, bis dann — in der Mesilim-Zeit selbst — die Weihplatte jenen festen bildlichen und formalen „Rahmen" (im wörtlichen wie im übertragenen Sinne) gewinnt, dessen Weiterentwicklung wir anhand des von nun an oft durch Inschriften oder bildlich identische Parallelstücke historisch genau datierbaren Materials ohne allzu große Schwierigkeiten bis zum Ende der III. Dynastie von Ur in all seinen kunsthistorischen und gattungsgeschichtlichen Aspekten verfolgen können. Daß die Geschichte der Weihplatten aber umgekehrt wohl nicht bis in die Blütezeit der frühsumerischen Bau- und Bildkunst (Uruk VI—IV- und Djemdet Nasr-Periode) hinaufreicht, scheint vor allem aus dem Fehlen jeglichen Hinweises innerhalb des doch recht reichhaltigen Fundmaterials jener frühgeschichtlichen Epoche, reichhaltig gerade in Bezug auf Kultgerät und Tempelinventar, hervorzugehen. Zwar kennen wir gewisse Züge typisch frühsumerischer Wanddekoration, die im Prinzip eine lockere Verbindung zur Anbringung der späteren Weihplatten erahnen lassen, wie ζ. B. Wandmalerei in Form gerahmter Friese oder Metopenbilder, allerdings in monumentalen Ausmaßen (Teil Uqair)109, Reste von reliefiertem Wandschmuck in Stein oder Ton (Uruk)110, Stiftmosaiken in den verschiedensten Mustern und Materialien111, oder Dekora107
Vgl. Moortgat, KAM 36
108
Moortgat, VR 9 ff
109
JNES 2 (1943) Tf. X ff
110
Die Vertreter dieser Art von Wandschmuck sind in Uruk teilweise noch bis in die frühdynastischen Bauschichten hinein nachzuweisen: UVB 1, Tf. 19 unten. - UVB 2, Abb. 16 ff. - UVB 3, Tf. 18 b. - UVB 11, Tf. 33 f. Heinrich, Kleinfunde, Tf. 4 b; 5 a. b; 7 a; 8 a. b
111
UVB 4, Tf. 8 ff. - UVB 7, Tf. 16 ff. - Moortgat, KAM 10 ff
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
27
tionselemente wie Rosetten und ornamentale Bänder aus Stein und Metall (Uruk, Teil Brak) 112 , die mit Hilfe von Nägeln einer Gebäude- oder Altarwand appliziert wurden; aber gerade das Charakteristikum unserer Platten, eine verhältnismäßig kleine, gerahmte und relief- oder ritzverzierte Steintafel mit zentraler und kompositionsbestimmender Durchbohrung, finden wir in keinem frühgeschichtlichen Zusammenhang des altmesopotamischen Kulturkreises wieder 113 , desgleichen keine Vertiefungen oder andere Anbringungsvorrichtungen an den Wänden und TUrlaibungen der zum Teil noch recht hoch anstehenden Mauern frühsumerischer Kultanlagen114. Auch wäre das sichtlich mühsame Ringen des Steinbildhauers um äußere Form und inhaltliche Formulierung, besonders deutlich spürbar bei der Platte Ν 1 aus Nippur, nur schwer zu erklären, wenn er fertige Vorbilder aus der vorhergehenden frühsumerischen Periode gekannt hätte, seien sie nun bildlicher oder formaler Art gewesen. Wiederum scheinen alle Tatbestände darauf hinzudeuten, daß die Gattung der Weihplatten und die mit ihnen verbundene religiös-kultische Idee (Bedeutung und Anbringung) nur zwischen dem Ausgang der Djemdet Nasr-Zeit und dem Beginn der Mesilim-Zeit entstanden sein kann, eben in jener Periode einer ethnischen, kulturellen und machtpolitischen Umwälzung (ED I) 11S , die wir wohl — statt als „1. Übergangszeit" — deutlicher als „Umbruchsperiode" bezeichnen sollten; damit stände sie nämlich in besserem Gegensatz zu unserer sogenannten „2. Übergangszeit", die von der Mesilim-Periode zur Zeit der I. Dynastie von Ur und der Endstufe der altsumerischen Epoche unter den Ensis und Königen von Lagasch überleitet, wobei sie die beiden Kulturphasen eher verbindet als radikal trennt; denn sie bildet hier nur die Überleitungsstufe einer fließenden, genetischen, fast nahtlos verlaufenden Entwicklung, die erst zu Beginn der altakkadischen Vorherrschaft um 2350 v. Chr. scheinbar abrupt unterbrochen wird (vgl. dazu unser Kapitel III A). Inwieweit wir aber die „Erfindung" der Weihplatte als Kultobjekt und Weihgegenstand den Sumerern selbst, semitischen Einwanderern oder vielleicht sogar einem dritten Volk oder Kulturkreis zuschreiben dürfen, können wir beim heutigen Stand der Forschung und bei der starken Streuung des Gesamtmaterials noch nicht definitiv entscheiden. Wir werden auf dieses Problem noch einmal bei der Behandlung der Weihplatten aus Susa (Kap. II A) eingehen. Fest steht lediglich, daß diese Denkmalsgattung seit ihrem ersten Auftreten im Zweistromland anscheinend charakteristisch sumerisches Kultgerät bildet — wir kennen ζ. B. keine Platten mit typisch akkadischen Darstellungen116 — und wahrscheinlich auch zusammen mit dem Sumerertum untergeht (vgl. dazu Kap. IV C), zumindest aber von diesem Zeitpunkt an (Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr.) ständig an Bedeutung verliert, wenn sie auch, in rein dekorativer Funktion im elamischen und assyrischen Bereich während der 2. Hälfte des 2. Jahrtausends über Jahrhunderte noch bis hinein in die Achämeniden-Zeit ein bescheidenes Nachleben führt 117 . Dort werden diese Epigonen der Gattung — im Gegensatz zu den echten sumerischen Weihplatten — vornehmlich zur ornamentalen Ausschmückung von Palästen verwandt. Es scheint daher müßig, sich im Rahmen dieser Arbeit mit Einzelheiten jener späteren Plattengattung zu beschäftigen, obwohl wir uns mit der Gesamtgruppe der „Ziggatu-Fliesen" wenigstens insofern auseinandersetzen müssen, als wir Rückschlüsse formaler oder anbringungstechnischer Art für die ältere Gattung aus ihnen ableiten können 118 . Das jedoch wird die Aufgabe ernes eigenen Kapitels sein (V).
112 113
114 115
Heinrich, Kleinfunde, Tf. 32. - Iraq 9 (1947) Tf. III ff. - Spätere Stücke ζ. B. in El Obed: UE I, Tf. XXXIV, 1 Mehrere größere Gipstafeln mit Siegelabrollungen, die aus Djemdet Nasr-Schichten in Uruk stammen und auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit den späteren, „echten" Weihplatten aufweisen (drei Siegelstreifen übereinander, kreisrunde Vertiefung auf der Oberfläche), haben gedanklich und bestimmungsmäßig natürlich nichts mit unserer Denkmalsgattung zu tun: UVB 3, Tf. 19 b. - UVB 8, Tf. 5 1 c . - Umzeichnung: UVB 5, Tf. 23 c Vgl. ζ. B. die Ruinen des „Weißen Tempels" in Uruk: UVB 3, Tf. 1 7 b . - UVB 8, Tf. 41 ff Vgl. auch Moortgat, KAM 26. 28 f. 33 f. - M. E. L. Mallowan, CAH I, Chapter XVI, Heft 62, 6 ff. - Dagegen: Moorey 103. - Die englische Bezeichnung „Early Dynastie I", die sich weitgehend, wenn auch nicht exakt mit jener „Umbruchs-Periode" deckt, betont allerdings zu stark und einseitig den „dynastischen" Umschwung!
116
Vgl. dazu die Ansicht Hansen's, der die Existenz von echt akkadischen Bildplatten voraussetzt (Hansen 149); ferner unsere eigenen Schlußfolgerungen in Kapitel IV Abschnitt A
117
Vgl. ζ. B. Andrae, FK 28 ff; Tf. 31 ff. - WVDOG 58, 95; Abb. 38 n. o. - Amiet, Elam, Abb. 201. 300 ff. 339 (?). 383 ff. 407. - Hansen 150
118
Vgl. dazu neuerdings: P. Amiet, Syria 44 (1967) 30 ff
28
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
6. Auseinandersetzung mit anderen Datierungstheorien An diesem Punkt unserer Überlegungen angelangt, müssen wir noch einmal Stellung nehmen zu den Hypothesen einiger Wissenschaftler, die versucht haben, zwei bestimmte Weihplattenfragmente — und damit die Entstehung der Gattung selbst — in die frühsumerische Zeit hinaufzudatieren: Zum einen handelt es sich um das Bruchstück einer ursprünglich wohl dreistreifigen Platte, das in Kisch gefunden wurde und zuerst von E. DOUGLAS VAN BUREN119 auf Grund scheinbarer Ähnlichkeiten der Darstellung mit den Reliefbildern auf der großen frühgeschichtlichen Kultvase aus Uruk 120 der Djemdet Nasr-Zeit zugewiesen worden ist (KI 4 = Tf. XIX,4). Diese Zuschreibung ist dann von P. AMIET in seiner „Glyptique mesopotamienne" noch einmal aufgegriffen worden 121 . Dagegen hat sich wohl zu Recht D. P. HANSEN gewandt 122 , dem sich wiederum P. MOOREY anschließt123. Zweifellos zeigt der Unterkörper des nackten Mannes und der erhaltene Rest der Gewandung einer Gottheit auf dem oberen Fries des reliefverzierten Weihplattenfragments eine vage Verwandtschaft mit entsprechenden Darstellungen aus der frühsumerischen Kunstepoche, aber das gleiche Phänomen begegnet uns auch innerhalb der Ur I-zeitlichen Opferszenen, angefangen von der „Geierstele" aus Tello 124 bis zu den spät-altsumerischen Weihplatten aus Ur (U 4), Nippur (Ν 8, Ν 9), Tello (Τ 10) und Uruk (UK 1). Es scheint sich nämlich vom Ausgang der Mesilim-Zeit an überhaupt eine rückwirkende Tendenz in der sumerischen Bildkunst abzuzeichnen, die von der abstrahierenden, vergeistigten Form zur kraftstrotzenden, lebensnahen, manchmal sogar gedrungenen Fülle zurückfuhrt 125 und dabei Einzelheiten in der Durchbildung des menschlichen Körpers, aber auch ganze Bildkomplexe und ikonographische Schemata der frühsumerischen Kunst wiederaufgreift; ob diese Entwicklung die logische Konsequenz einer gegenläufigen Reaktion auf die mesilim-zeitliche Vergeistigung oder aber ein bewußtes, beinahe „archaisierendes" Zurückgreifen auf das Kunstschaffen der sumerischen Frühgeschichte darstellt, wage ich nicht zu entscheiden. Bestimmte Züge des altsumerischen Gedankengutesund seiner bildlichen Ausformung während der Ur I-Zeit126 möchten fast eine Deutung der dort enthaltenen Anklänge an Frühsumerisches im Sinne einer bewußten Übernahme aus alter Zeit nahelegen127. Entscheidend für die Datierung des Plattenfragments KI 4 aus Kisch scheinen mir Einzelheiten der bildlichen Wiedergabe zu sein, die auch von D. P. HANSEN schon teilweise herausgestellt worden sind 128 und ihn dazu veranlaßt haben, das Relief entstehungsgeschichtlich eher in der „ED"-Zeit (d. h. der frühdynastischen = altsumerischen Periode) als in der „protoliterate period" (d. h. der frühgeschichtlichen = frühsumerischen Zeit) anzusetzen, getreu dem grundlegenden kunstgeschichtlichen Prinzip, daß nicht die ältesten Indizien, sondern das jüngste Kriterium ein antikes Bildwerk datieren. Die Darstellung des liegenden Schafes mit langem, den Körperumriß teilweise verdeckenden Fell, das sich in dieser Form nur auf Ur I-zeitlichen Flachbildern findet, weist schon, zusammen mit der Haltung und Kopfausbildung des Tieres wie auch seiner Funktion als Podest-Träger für eine wohl nur als Gottheit zu bezeichnende Person, auf ein Entstehungsdatum der Weihplatte in eben dieser Zeit. Als überzeugende Vergleiche in ikonographischer bzw. thematischer Hinsicht seien hier nur die Tierbilder auf der „MosaikStandarte" aus dem Königsfriedhof in Ur 1 2 9 , auf mehreren altsumerischen Weihplatten (T 9, Τ 12, Ν 8, 119
AfO 13 (1939/41) 41 Abb. 9. - Frau Douglas Van Buren geht in ihrem Vergleich des Kisch-Reliefs mit den Bildstreifen der Uruk-Vase sogar soweit, daß sie unser Plattenfragment demselben Bildhauer zuschreiben möchte!
120
Heinrich, Kleinfunde, Tf. 2. 3. - Hirmer/Strommenger Tf. 19 ff. - Moortgat, KAM Tf. 19 ff Amiet, Glyptique, 94; Tf. 48 bis, Ε Hansen 148 Anm. 19 Moorey 102 Anm. 47
121 122 123 124
Beste Aufnahme: EPA Tf. 193 G
125
Vgl. dazu Moortgat, KAM 47 Ζ. B. die Gestalt des Gottes Ningirsu auf der Geierstele (EPA Tf. 190 B) und die Hürdenszene auf dem „Melkerfries" aus El Obed (UE I, Tf. XXXI); vgl. dazu Moortgat, KAM 49 f
126
127
128 129
Für die Ur I-zeitliche Rollsiegel-Glyptik allerdings lehnt A. Moortgat die Theorie des bewußten Rückgriffs auf frühsumerische Formen und Stilprinzipien ab und verbindet die naturnahe Plastizität der Siegelbilder mit dem Einfluß vorakkadisch-semitischer Bildkunst (VR 18) Hansen 148 Anm. 19 UE II, Tf. 91
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
29
Κ 9) und vor allem auf einem Rollsiegel der Berliner Sammlung 130 angeführt, dessen Abrollung uns darüber hinaus eine brauchbare Handhabe zur Ergänzung des Podestes mit der thronenden Gottheit in ihrem szenischen Zusammenhang liefert. Der nackte Priester, dessen nicht erhaltenen Oberkörper wir wohl mit Hilfe der Figur des kleineren, kahlgeschorenen Dieners auf dem zweiten, ursprünglich mittleren Bildstreifen der gleichen Platte rekonstruieren dürfen, schließt sich in stilistischer Hinsicht eng an die Darstellungen von libierenden Priestern an, wie wir sie von zahlreichen Flachbildern der Ur I-Zeit, darunter auch einigen Weihplatten, kennen 131 . Wir können die ganze Szene im Geiste am besten ergänzen in Analogie zur Ritzzeichnung einer fragmentarischen Weihplatte aus Nippur (Ν 9): ein unbekleideter, kahlköpfiger Priester, in den Händen die typische, bauchige Libationskanne mit engem Hals und langer Tülle, nähert sich einem Podest, auf das ein thronender Gott im glatten Gewand mit schmalem Saum seine Füße setzt, während wir hinter ihm, auf der linken, nicht erhaltenen Hälfte der Platte, eine weitere Gottheit oder Priesterin (?) rekonstruieren dürfen. Leider können wir nichts über die Thematik des bruchstückhaft erhaltenen Mittelfrieses und des gänzlich verlorenen unteren Bildstreifens aussagen, genausowenig wie über die Bedeutung jener flüchtigen Ritzzeichnung eines liegenden (?) Schafes, die an einer ungewöhnlichen Stelle, nämlich im freien Bildfeld oberhalb des Ansatzes des urspünglichen Zentralloches, angebracht ist, vielleicht als Skizze für eine nicht fertiggestellte Reliefdarstellung. Nachdem wir uns davon überzeugt haben, daß unser Relief mit Sicherheit nicht in der frühsumerischen, sondern während der altsumerischen Periode geschaffen worden ist, so dürfte ferner auch kein Zweifel mehr bestehen, daß es aus der zweiten Hälfte jener Periode, nämlich, wie schon die bisher zitierten Vergleichsstücke deutlich zeigten, aus dem Kreis der Ur I-zeitlichen Bildkunst stammen muß. Auf keinen Fall jedoch kann das Weihplatten-Fragment KI 4 der Mesilim-Zeit angehören; denn weder Thema noch Stil noch Komposition des Reliefbildes würden in die festgefügte Vorstellung passen, die wir von den typischen Vertretern unserer Denkmalsgattung aus dem Bereich der ersten Blütezeit alt sumerischer Bildkunst gewonnen haben. Man braucht nur die Modellierung der muskulösen Beine des nackten Priesters mit ihrer detaillierten, naturgetreuen Angabe der Knie- und Knöchel-Gelenke auf der einen Seite den überschlanken, geometrisierten Menschenbeinen mit ihrer starren Haltung und dem unnatürlich gewölbten Spann ihrer Füße auf mesilimzeitlichen Reliefbildern gegenüberzustellen, um die stilistische Diskrepanz deutlich werden zu lassen. Das zweite Fragment, dem man ein frühsumerisches Entstehungsdatum nachgesagt hat, ist das im Jahre 1934 zum ersten Mal publizierte 132 und von P. MOOREY im Zusammenhang mit frühdynastischen Ritzzeichnungen 133 ausführlich besprochene Platten-Bruchstück aus Kutha(KU 1 = Tf. XXXIV, 1). Daß es sich hierbei um den Teil einer ehemaligen Weihplatte handeln muß, hat MOOREY wohl überzeugend auf Grund des noch sichtbaren Ansatzes einer zentralen Durchbohrung von rechteckigem oder quadratischem Querschnitt nachgewiesen134. Sein Datierungsvorschlag jedoch und die damit verbundenen Konsequenzen fiir die Entstehungsgeschichte sowohl der Weihplatten-Gattung selbst als auch der sumerischen Ritztechnik im weitesten Sinne 135 können hier nicht unbesehen akzeptiert werden. Sorgfältig untersucht wird in dem genannten Aufsatz zunächst die Darstellung einer Tempelfassade mit flankierenden Standarten, sogenannten Bügelschäften, in ihrer motivgeschichtlichen Tradition von der frühsumerischen Zeit an, wobei MOOREY selbst zugeben muß, daß diese Formulierung kultischer Architektur in der altvorderasiatischen Flachbildkunst sich in fast unveränderter Gestalt bis mindestens in die späte Ur I-Zeit nachweisen läßt 1 3 6 . Dabei spricht gerade die symbolhafte Reduzierung der im Original sicher recht aufwendig hergerichteten Tempelfassade auf eine einfache, rechteckige Tür, wie wir sie auf dem Bilde unseres Ritzfragmentes, gleichsam als „pars pro toto", vorfinden, viel eher für eine Ansetzung der Ritzzeichnung in die Ur I-Zeit als eine Datierung in die frühgeschichtliche Epoche, in der eine solche Fassade eines 130
Moortgat, VR No. 144
131
Neben den als Analogie zu der Opferszene selbst zitierten Vergleichsstücken (unsere Exemplare U 4, Ν 8—9, Τ 10 und UK 1) vgl. ζ. Β. UE II, Tf. 102 b. - Delaporte, Bibl. Nat., Tf. II, No. 15
132
Iraq 1 (1934) 123; Tf. XVI b
133
Moorey 97 ff; Tf. XLIII
134
Moorey 98
135
Moorey 103
136
Moorey 99 f
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
30
Heiligtums, selbst auf schlechter gearbeiteten Siegeldarstellungen, fast durchweg in horizontaler und vertikaler Richtung stark untergliedert wird 137 , während vergleichbare Aufrißdarstellungen sakraler Gebäude in der Ur I-zeitlichen Bildkunst einfacher, schematischer und symbolhafter wirken 138 . Eine ähnliche Traditionsgebundenheit herrscht zweifellos auch beim Motiv des Gefäß(?)-Trägers mit nacktem Oberkörper (oder ist er vielleicht gänzlich unbekleidet zu rekonstruieren?), ob wir ihn nun als Hirt mit Stab, wie die später verbesserte Vorzeichnung nahelegt139 oder als Opferdiener mit Gefäß deuten wollen (und somit das links von ihm im Bildfeld erscheinende Schaf nicht als Herdentier, sondern als Opfergabe für ein kultisches Ritual), sodaß eine Entscheidung zwischen frühsumerischem und altsumerischem Entstehungsdatum von diesem Aspekt her äußerst schwer fällt, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird. Auch die bildliche Darstellung des Schafes selbst hilft uns beim Versuch einer genaueren stilistischen Einordnung des Plattenfragments nicht weiter: unter Berücksichtigung der starken zeichnerischen Vereinfachung und des Verzichts auf detaillierte Muskulaturangaben — teils durch die nicht allzu hohe künstlerische Befähigung des Zeichners, teils eben durch die Technik der Steinritzung bedingt — könnte man die vorliegende Wiedergabe des schreitenden Tieres guten Gewissens sowohl an frühsumerische Tierbilder anschließen — als prominenteste Vertreter seien hier nur die Reliefs der Kultvase aus Uruk 120 und die der Alabaster-Mulde im British Museum140 aufgezählt — wie auch an entsprechende Tierdarstellungen in Relief oder Ritzzeichnung von der Mesilim-Zeit an 141 bis hinab zur Ur I-Periode 142 . Dagegen scheinen mir Einzelheiten in der Ikonographie des kahlgeschorenen, bartlosen Mannes mehr in die frühdynastische, also altsumerische Zeit zu tendieren als in die frühsumerische, was ausschlaggebend für eine Entscheidung der Datierungsfrage sein könnte: gerade die von P. MOOREY in diesem Zusammenhang zitierten Rollsiegel- und Steinrelief-Bilder der Uruk IV- und Djemdet Nasr-Zeit143, die zu einer zeitlichen Fixierung der Platte in diese Kulturepoche verhelfen sollen, wie auch die Mehrzahl der glyptischen Erzeugnisse der Frühzeit überhaupt, zeigen den Gefäß-, Opferbinden- oder Stabträger durchweg in einer ganz typischen Oberkörper-Haltung: Beide Arme sind mehr oder weniger parallel zu einander vorgestreckt, wobei sich in der Armbeuge eher ein stumpfer als ein spitzer Winkel ergibt; seltener erscheint die Darstellung eines Mannes, dessen Arme in divergierenden Richtungen vom Körper her auseinandergehen und dabei meist nicht angewinkelt, sondern geradlinig gestreckt sind. In beiden Fällen aber fassen beide Hände das betreffende Gerät 144 . Auf unserem Plattenfragment KU 1 dagegen hält der Kahlgeschorene den Stab bzw. das Gefäß nur mit der rechten Hand 145 , und der Arm fällt von der Schulter an fast senkrecht herab, um sich dann im Ellenbogen wieder im spitzen Winkel nach oben zu richten. Über die Ergänzung des linken Armes können wir zwar nichts Sicheres aussagen; auf keinen Fall aber folgt er einem der beiden erwähnten Schemata der frühsumerischen Zeit. Innerhalb des frühdynastischen Kunstbereichs dagegen ist diese Haltung bei Gabenbringern, Stabträgern und verwandten Figurentypen sehr häufig zu belegen, sie ist geradezu charakteristisch für eine Reihe flachbildnerischer Darstellungen der altsumerischen Epoche, angefangen von mesilim-zeitlichen Steinreliefs146 bis zur Flachbildkunst der Ur I-Zeit 147 , wiewohl auch hier gelegentlich noch die Parallelhaltung der Arme bei Gefäßträgern, vor allem bei libierenden Priestern, vorkommt 148 . 137
Vgl. ζ. B. Amiet, Glyptique, Nos. 200. 202 ff. 214; Tf. 13 bis, A. D. E; Nos. 267 ff. 385 ff. 625. 627. 630 ff. 641 f. 656 ff. 664. 666 ff. 672. 681
138
Rollsiegel: ζ. B. V R N o . 144. - Amiet, Glyptique, Nos. 1106 f. 1139. 1144. 1146. 1148. 1156(!). 1158. 1164. 1218. 1337. 1348. 1361. 1380. Großrelief: Weihplatte U 4 aus Ur. - Hürdentor vom „Melkerfries" aus El Obed (UE I, Tf. XXXI). Ritzzeichnung: Frühdynastischer Gefäßständer aus Ur (UE IV, 78 Abb. 17 b). - Tontafelfragment der 2. Übergangsz e i t ^ ) aus Fara (Heinrich, Fara, Tf. 33 b)
139
Vgl. dazu Moorey 99
140
Amtl. Ber. 1930, l ; A b b . 1 - 3 . - Moortgat, KAMTf. 1 7 - 1 8
141
Vgl. die Weihplatten Ν 2, S 4 - 6 und Κ 5; Ritzzeichnungen aus Fara (Heinrich, Fara, Tf. 28 a. 29 ff)
142
Vgl. UE II, Tf. 91. 97 ff; Einlagen aus Kisch, Mari, Tello etc.
143
Moorey 100 f; Anm. 2 5 - 3 2
144
Besonders deutlich zu erkennen auf einem reliefverzierten Steingefäß-Fragment aus Uruk: Heinrich, Kleinfunde, Tf. 4 a
145
Bei Moorey 98 heißt es fälschlich: „left arm"
146
Vgl. ζ. B. Dec. Tf. 47, 1; Weihplatten AS 3, CS 7, CS 1, CN 3 etc.
147
Vgl. ζ. B. UE II, Tf. 102 b; Weihplatten AS 5, Ν 8 - 9 , AD 1
148
Vgl. ζ. B. die Weihplattenbilder U 4, Τ 10 und UK 1
Die Weihplatten der „Mesilim-Vorstufe"
31
Die Durchbildung des im Profil gegebenen Kopfes ist, was die Schädelform, Augen, Brauen und Ohren angeht, zu stark simplifiziert, als daß wir auf Grund des Gesichtsprofils etwa eine definitive DatierungsAussage machen könnten. Die Vernachlässigung der Mund- und Kinnpartie und das unnatürliche, halslose Aufsetzen des Kopfes auf der Schulter kommt zwar schon — besonders auf qualitativ minderwertigen und flüchtig gearbeiteten Flachbildern - innerhalb der Djemdet Nasr-Kunst vor 1 4 9 , häufiger aber noch seit der Mesilim-Periode150 auf Bildwerken der altsumerischen Kunstepoche. Eine ganz ähnliche Formulierung der Kopf- und Schulterpartie finden wir auf dem frühdynastischen, ebenfalls in Ritztechnik verzierten Plattenfragment S 6 aus Susa wieder; allerdings haben wir es hier mit einem anderen Motiv zu tun, einem nackten „Helden" nämlich, der zwei Kapriden beschützt (vgl. Kap. II B5). MOOREY'S Hauptargument aber zur Frühdatierung unseres Plattenbruchstücks, die Themenkombination des „Opferbingers"1riit einer Tempelfassade sei in dieser Form nur während der J ä t e prehistoric period", also der Djemdet Nasr-Zeit, üblich gewesen, läßt sich leicht mit dem Hinweis auf eine zweistreifige Weihplatte mit Reliefbildern aus Ur (U 4) entkräften, die mit Sicherheit der Ur I-Zeit angehört und sogar innerhalb eines Frieses den von Standarten flankierten Schrein, Opfergabenbringer und einen nackten Priester mit Libationsgefäß vereint. Weiterhin zeigt der Vergleich jener beiden Weihplatten-Friese deutlich, daß die Tempelfassade hier gleichbedeutend mit der Gottheit selbst ist, das eine ein Substitut des anderen. Unter diesem Aspekt erscheinen die vielen nach-mesilim-zeitlichen Weihplatten mit nacktem Opfernden bzw. Tiertn iber und thronendem Gott (N 8, Ν 9, UK 1, Τ 10, KI 4, CN 6 etc.) als Ausdruck der gleichen Idee, nur in anderer bildlicher Formulierung, wobei nämlich hier die anthropomorph dargestellte Gottheit selbst in Erscheinung tritt, während sie auf dem Plattenfragment aus Kutha durch ein symbolisches Gottesbild, den Tempel mit Standarten, ersetzt wird. Wir dürfen uns also wohl zu Recht die Tempelfassade auf dem Plattenbruchstück als bildlichen Stellvertreter für den thronenden Gott vorstellen, den wir sonst auf dem oberen Fries einer Weihplatte der Ur I-Zeit erwarten würden. Weitere Belege für die Verbindung zwischen Schrein und Opfer- oder Herdentier bietet uns auch die Rollsiegelglyptik der altsumerischen Zeit 151 . Wenn wir den kahlköpfigen Mann auf unserer Platte aber nicht mit MOOREY als „offering bearer", sondern in seiner anscheinend primären Bedeutung als Hirt oder Treiber des Herdentieres 152 verstehen, so ergibt sich überhaupt keine Schwierigkeit mehr, bildliche Parallelen dazu in der frühdynastischen Flachbildkunst, gerade auf ritzverzierten Weihplatten 153 , zu finden, obwohl einschränkend betont werden muß, daß die Darstellung einer von Bügelschäften flankierten Tempelfassade gerade auf unserer Denkmalsgattung äußerst selten nachzuweisen ist und uns, außer eben beim Kutha-Fragment, nur noch auf der bereits genannten zweifriesigen Weihplatte U 4 begegnet. Mag unser Plattenbuchstück KU 1 nun dem ersten Höhepunkt der altsumerischen Zeit (Mesilim-Periode) oder deren Ausgang (Ur I-Zeit) angehören — ich selbst möchte mich auf Grund der engen Vergleichsstücke aus der Glyptik für die letztere Möglichkeit entscheiden —, in die frühgeschichtliche Phase der sumerischen Bildkunst (Uruk VI—IV- und Djemdet Nasr-Zeit) wird sie wohl trotz der von MOOREY zusammengetragenen scheinbaren Parallelen nicht zu datieren sein. Dagegen spricht, ganz abgesehen von den oben zitierten engen Verbindungslinien zum frühdynastischen Flachbild, auch die trotz aller bildnerischen Unzulänglichkeiten doch recht sorgfältig ausgeführte Ritzzeichnung in hartem Stein mit anschließender farbiger Kontrastierung der Ritzlinien 154 , wie wir sie meines Wissens in der gesamten frühsumerischen Bildkunst — und man bedenke dabei die Fülle des uns erhaltenen Fundmaterials gerade aus dem kulturellen und politischen Zentrum jener Epoche im sumerischen Süden, Uruk! — nicht ein einziges Mal belegen können. Ferner weisen die sorgfältig gezogenen Parallel-Linien, die sowohl das Bildfeld der Gesamtplatte einrahmen als auch die Bildfriese unterteilen, am ehesten in die Entstehungszeit der Ritzplatten Ν 8 und Ν 9 aus Nippur, und erinnern in gewissem Sinne auch an die Rahmung und Frieseinteilung einiger in der gleichen Werktechnik verzierter Stücke aus Susa (S 1 —S 6), deren früheste Vertreter — wie wir noch sehen werden — ebenfalls 149
Ζ. B. VR No. 33
150
Vgl. die entsprechenden T y p e n auf den Weihplatten AS 3, CT 2, CS 1, CS 7, CN 1, CH 3, CT 3, Ν 5 und Κ 5
151
Vgl. dazu die Rollsiegel VR No. 144. - Delaporte, Louvre II, Tf. 70, 2. - Amiet, Glyptique, Nos. 1158. 1164. 1218. Das leider schlecht und flüchtig gearbeitete Stück aus Kisch (Amiet, Glyptique, No. 1156) scheint geradezu eine direkte Umsetzung des Motivs in die Gegebenheiten der Glyptik darzustellen! vgl. dazu Moorey's Untersuchung über die sekundäre (?) Bearbeitung oder Veränderung der Zeichnung (Moorey 99)
152 153
Vgl. A D 1 und Ν 8; daneben aber auch auf der „Mosaikstandarte" aus dem Königsfriedhof von Ur, u n d auf vielen anderen Bildwerken der altsumerischen Periode
154
Vgl. dazu Moorey 98
Vorstufen und Aufstieg der Gattung zur ersten Blütezeit
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nicht vor Beginn der Mesilim-Zeit anzusetzen sind (vgl. dazu Kap. II B). Auffällig erscheint beim Kutha-Fragment allerdings die Friesabgrenzung in Form zweier parallel-laufender Ritzlinien, die sich sonst nur noch ein einziges Mal belegen läßt, nämlich auf einer der Nippur-Platten, die wir in die Ur I-Zeit datieren müssen (N 8), während bei allen anderen ritzverzierten Weihplatten aus Nippur und Susa die Bildfriese durch eine einzige Linie gegeneinander abgesetzt werden. Diese Tatsache würde in sich, wenn man die verhältnismäßig geringe Zahl der uns erhaltenen Weihplatten mit Ritzzeichnung in Betracht zieht, keinen schlüssigen Beweis für eine Datierung des Exemplars aus Kutha in die Ur I-Zeit liefern. In Verbindung aber mit all den anderen, oben aufgezählten stilistischen und thematischen Kriterien darf sie als zusätzlicher Datierungshinweis und als nachträgliche Bestätigung unseres Vorschlages gewertet werden. Sollten sich eines Tages, durch neugefundene Vergleichsstücke etwa, auch neue Argumente oder Indizien ergeben, die — im Gegensatz zu unseren Erwägungen und Schlußfolgerungen — eine Datierung des Plattenfragments aus Kutha noch vor die Mesilim-Zeit nahelegten, so könnte es sich dabei nur um die äußerste Endphase der frühsumerischen Epoche, wahrscheinlicher noch um die von uns so oft zitierte Übergangszeit zur Mesilim-Periode handeln. Das wiederum würde keineswegs der von uns entwickelten Entstehungsgeschichte der Weihplatten widersprechen, für deren Aufkommen wir ja gerade jene 1. Übergangszeit verantwortlich gemacht haben; im Gegenteil, diese Idee wäre ein zusätzliches Argument für unseren Vorschlag im Hinblick auf die Entstehungszeit der Gattung! Auf keinen Fall jedoch, das sei noch einmal betont, kann die Kutha-Platte, wie MOOREY es fordert, in einer Blütezeit frühsumerischer Bildkunst, wie eben der Djemdet Nasr-Periode, geschaffen worden sein. Doch selbst wenn wir die Datierungs-Theorie MOOREY'S als haltbar unterstellten, schienen seine Konsequenzen aus dieser Annahme keinesfalls stichhaltig, zumindest nicht allein mit Hilfe nur dieses einen, nicht sehr qualitätvoll verzierten Fragments. Seine Hypothese, daß die frühesten Weihplatten, sozusagen die Prototypen der ganzen Bildgattung, zunächst ausschließlich mit Ritzzeichnungen versehen gewesen seien und die ReliefVerzierung erst später, nämlich während der ED Ii-Phase, für unsere Denkmalsgattung übernommen worden sei 155 , verliert sowohl durch unsere vorhergehenden Untersuchungen an den drei Platten der „Mesilim-Vorstufe" aus Nippur, Tell Asmar und Chafadschi (Ν 1, AS 1, CT 1) als auch durch jene Tatsache an Bedeutung und Wahrscheinlichkeit, daß uns eine voll entwickelte Reliefkunst schon in der frühsumerischen Epoche begegnet, die Ritzzeichnung als technisches und künstlerisches Endprodukt dagegen wohl erst seit Beginn der frühdynastischen, also altsumerischen Zeit 156 . Auch die auf Grund paläographischer, stratigraphischer oder kunstgeschichtlicher Indizien in die 1. Übergangszeit datierbaren Flachbildwerke Mesopotamiens 157 zeigen deutlich eine reliefartige Anlage ihrer Darstellungen, zwar nicht im Sinne eines „Reliefs" der klassisch griechisch-römischen Plastik 158 und sicher mit Hilfe einer linearen Vor-„Zeichnung" entworfen, aber doch sichtlich inspiriert von der Tendenz zu einer bewußten Lösung der figuralen Elemente vom Bilduntergrund durch räumliche Hervorhebung („zweischichtiges Flachbild"). Damit steht die uralte Relief-Tradition jedoch in einem deutlichen Gegensatz zur rein linearen Umrißzeichnung oder Gravierung („einschichtiges Flachbild") 159 , in der eine Kontrastwirkung nicht durch dreidimensionale Plastizität, sondern durch farbige Differenzierung der einzelnen Bildelemente auf einer zweidimensionalen Fläche erzielt wird 160 , und der, spätestens von der Mesilim-Zeit an, im Bereich der altsumerischen Flachbildkunst eine besondere Bedeutung zukommt. 155
Moorey 103
156 vgl. dazu auch die Bemerkungen A. Moortgat's über die linear-zeichnerische Ausdrucksform, die insbesondere den Künstlern der Mesilim-Zeit, ihrem Abstraktionswillen und ihrem Bemühen um Entmaterialisierung und Entnaturalisierung des Naturvorbildes bestens entgegenkommt (KAM 35) 157
AfO 12 (1939) 319 ff; Abb. 1 - 7 = Moortgat, KAM Tf. 3 1 - 3 4 . - Dec. Tf. 1 bis, 1 a. b = Moortgat, KAM Tf. 30. Ferner die drei von uns in die 1. Übergangszeit datierten Weihplatten AS 1, CT 1 und Ν 1
158
Zur Definition und Anwendung des Begriffs „ R e l i e f im Bereich der altvorderasiatischen Bildkunst (speziell des altsumerischen Flachbildes) vgl. H. Frankfort, OIP 44, 43
159
Diese von mir in diesem Zusammenhang benutzte Charakterisierung zur bildlichen Trennung von Flachrelief auf der einen und Ritzzeichnung/Zeichnung/Malerei auf der anderen Seite ist nicht zu verwechseln mit der oft angewandten Kennzeichnung der verschiedenen Reliefstile als „einschichtiges" oder „mehrschichtiges" Relief!
160
Natürlich kommen auch in der frühgeschichtlichen Bildkunst Mesopotamiens schon Ansätze zur figürlich gestalteten Ritzzeichnung als künstlerisches Endprodukt vor; man vgl. ζ. B. die halbpiktographischen Schriftzeichen auf dem Täfelchen aus Uruk (UVB 7, Tf. 23 a. b) und einige flüchtig geritzte Rollsiegelwandungen aus dem gleichen Fundort (Heinrich, Kleinfunde, Tf. 19 i; UVB 22, Tf. 18 0
II. Kapitel Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis (Die Weihplatten der altsumerischen Periode aus Susa)
A . Ü b e r s i c h t über das F u n d m a t e r i a l u n d seine bisherige zeitliche E i n o r d n u n g Außer dem eigentlichen sumerischen Kerngebiet im Süden Mesopotamiens und den Regionen um die Mündung des Diyala in den Tigris hat uns auch das elamische Hochland eine ganze Reihe von Weihplatten hinterlassen. Ein großer Teil dieser zweifellos interessanten und in kunstgeschichtlicher Hinsicht bedeutsamen Vertreter unserer Denkmalsgattung aus Elam läßt sich jedoch nicht ohne Weiteres in das von uns gewonnene Bild von den Ursprüngen und den ersten Entwicklungserscheinungen formaler und stilistischer Art zu Beginn der altsumerischen Periode einfügen. Bei flüchtigem Hinsehen könnte man zunächst auf den Gedanken kommen, diese Exemplare seien die eigentlichen Vorgänger, die Prototypen der sumerischen Weihplatten, weniger zwar, was stilistische Eigenheiten, Themenwahl und Bearbeitungstechnik angeht, als vielmehr in Bezug auf ihre Flächenkomposition und Einzelheiten der Bildelemente. Auf den ersten Blick wirken mehrere der elamischen Platten derart eigenständig, um nicht zu sagen: eigenwillig, und in ihrer Bildverzierung teilweise sogar so altertümlich, daß man versuchsweise die Erfindung und früheste Ausprägung der Gattung selbst den einheimisch elamischen Bildhauern zuschreiben möchte; diese „Urform" könnte dann von der sumerisch-semitischen Bevölkerung des Zweistromlandes während der frühdynastischen Zeit aufgegriffen, übernommen und sowohl technisch wie auch bildlich und gedanklich den eigenen Vorstellungen angepaßt worden sein. Ein Verfechter dieser ohne Zweifel zunächst verlockenden Entstehungs- und Evolutions-Theorie 161 könnte zur Verteidigung seines Vorschlages noch das späte Fortleben und die besondere Beliebtheit der sogenannten „Knauf-Fliesen", entfernten Verwandten unserer Denkmalsgattung, gerade im elamischen Raum (Susa, Tschogha Zambil) 1 6 2 und deren Ausstrahlungen, zumindest in technisch-materieller Hinsicht 1 6 3 , auf den assyrisch-babylonischen Kulturkreis als Argument heranziehen. Des öfteren wird ja gerade in der neueren Literatur der elamische Kulturbereich für gewisse frühe Zeitperioden als führend, maßgeblich und einflußgebietend für den mesopotamisch-sumerischen Raum hingestellt und somit, durch Zuschreibung der Erfindung und ersten stilistischen Formulierung wichtiger Bildgattungen an elamische Künstler 1 6 4 , in den Blickpunkt eines etwas übersteigerten Interesses gerückt, nachdem Elam lange Zeit — wohl ebenfalls nicht ganz zu Recht — als immer nur nehmende und niemals gebende „Kunstprovinz" gegolten hat. Bei näherer Betrachtung der hier vorgelegten Einzelstücke aber und bei eingehenderer Untersuchung der Gesamtgruppe elamischer Weihplatten zeigen sich dann doch deutlich gewisse Abhängigkeiten formaler und 161
Als verlockend bezeichne ich diesen Gedankengang besonders deshalb, weil ja schon nachweislich in frühester Zeit, aber auch im weiteren Verlauf des 3. und 2. vorchristlichen Jahrtausends zwischen Elam und Mesopotafnien, speziell dem Diyala-Gebiet, ein auffällig reger Kulturaustausch stattgefunden hat (vgl. auf dem Gebiet der Glyptik dazu etwa U. Moortgat-Correns, OLZ 54 (1959) Sp. 343 ff), der nicht zuletzt auch von Susa aus nachhaltig beeinflußt worden sein muß; und gerade im Diyala-Gebiet werden uns die frühesten Vertreter unserer Denkmalsgattung faßbar!
162
Vgl. ζ. B. Amiet, Elam, 337 f. 391; Abb. 261. 300 ff
163
Vgi
164
Ζ. B. durch Zuschreibung der Rollsiegel-Erfindung: E. Strommenger, Hirmer/Strommenger 20. - W. Nagel, BBV 8, 89
d a z u jig Bemerkungen E. Porada's über die emaillierten Knauffliesen (Porada, Alt-Iran, 63 Anm. 26)
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Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
stilistischer Art von der altsumerisch-vorakkadischen Bildkunst, und diese wiederum legen eine Datierung des gesamten elamischen Platten-Materials in eine Zeitstufe nahe, die auf jeden Fall später anzusetzen ist als jene, in der die von uns als „Vorläufer" erkannten Weihplatten aus dem sumerischen Gebiet entstanden sein müssen, mit anderen Worten: keine der elamischen Weihplatten dürfte älter sein als die Mesilim-Zeit! Es gilt also im Folgenden, die elamischen Vertreter unserer Denkmalsgattung zunächst untereinander und dann im Verhältnis zu der sumerischen Entwicklung stilistisch und somit auch zeitlich möglichst genau zu fixieren; dazu sollten wir uns einen summarischen Überblick über das Fundmaterial verschaffen: Sämtliche „elamischen" Weihplatten stammen aus den französischen Grabungen in Susa, die noch vor dem ersten Weltkrieg stattfanden, und sind erstmalig zusammenhängend von M. PEZARD in seinem Katalog der Altertümer aus der Susiana im Jahre 1913 publiziert worden 1 6 5 . Auf Grund der ungenügenden und zum großen Teil gänzlich fehlenden Schichtenbeobachtungen bei diesen Pionier-Ausgrabungen können wir leider keine stratigraphischen Hinweise für eine zeitliche Abfolge oder Zusammengehörigkeit der Fundobjekte zu Rate ziehen, sondern sind bei Datierungsversuchen allein auf „stilistische" Kriterien angewiesen. Dieser Unzulänglichkeit und Unzuverlässigkeit der Fundangaben muß sich seinerzeit schon M. PFEZARD bewußt gewesen sein, als er in seinem sorgfältigen und detailliert beschreibenden Katalog auf jegliche Herkunftsangabe bei den Einzelfunden verzichtete 1 6 6 . Ein Teil der hier zu besprechenden Denkmäler soll jedenfalls aus der „Favissa" unter dem Fußboden des „Ninchursag-Tempels" stammen 1 6 7 ; in den älteren Grabungsberichten finden wir nur die lakonische Provenienz-Angabe: „trouve au-dessus de la necropole" 1 6 8 . Insgesamt sind bisher neun Exemplare unserer Gattung ausreichend publiziert; M. P£ZARD betont j e d o c h 1 6 9 , daß noch weitere, nicht veröffentlichte Fragmente derselben Art gefunden worden seien. All diese Stücke werden von L. LE BRETON 1 7 0 seiner Phase „Susa D " zugeschrieben; P. AMIET 171 reiht sie seiner „epoque sumero-elamite ancienne" ein und datiert sie durchweg auf 2 7 0 0 v. Chr., was seiner chronologischen Tabelle nach 1 7 2 etwa der Mesilim-Zeit in Sumer entspricht. G. CONTENAU173 setzt sie in zeitliche Entsprechung zu seiner „Periode der Vasen des zweiten Stils" (Susa II); M. PJSZARD174 dagegen hat die Platten aus Susa stilistisch feiner zu untergliedern versucht und unterscheidet zwei Stufen seiner „prfemiöre periode elamite" von der Stilphase „prämiere periode chaldeenne". Von den oben erwähnten neun Exemplaren susianischer Weihplatten möchte ich aus unserer Betrachtung zunächst folgende drei Stücke ausklammern (vgl. Abschnitt C dieses Kapitels): 1. Das Fragment S 7 (= Tf. X X I V , 1 ) mit Resten einer Symposionszene, das in seinem Darstellungscharakter so eindeutig sumerischen Einfluß der Mesilim-Zeit verrät, daß man es am liebsten auch der Herkunft nach ins mesopotamische Gebiet verweisen und als Import- oder Beutestück aus Sumer erklären möchte. 2. Die zweistreifige Platte S 8 (= Tf. X X I V , 2 ) mit „Symposion" und „Löwenjagd", die wegen ihrer deutlichen Abhängigkeit von altsumerischen Vorbildern und ihrer technischen wie künstlerischen Unvollkommenheit vorerst nicht berücksichtigt werden soll. 3. Die Bitumen-Platte S 9 (= Tf. X X I V , 3 ) mit der Darstellung zweier nackter Männer (Priester?), deren Zugehörigkeit zu unserer Denkmalsgattung nicht gesichert ist, weil die Durchbohrung des üblichen zentralen Loches fehlt, die ansonsten aber durchaus, in Form, Dimension, Bearbeitungstechnik, Darstellung und Bildkomposition, unserer Vorstellung von einer „Weihplatte" der spät-altsumerischen Zeit entspricht. 165
Pezard/Pottier 54 ff. 104 (Nos. 3 4 - 4 1 . 203)
166
Vgl. dazu die Bemerkungen M. Pezard's zur Anordnung seines Kataloges (Pezard/Pottier II f)
167
Amiet, Elam, 164
168
MDP13, Tf. XXXVII ff
169
Pezard/Pottier 56
170
L. Le Breton, Iraq 19 ( 1 9 5 7 ) 110 ff; Abb. 43, 9 - 1 3
171
Amiet, Elam, 157 ff
172
Amiet, Elam, 578 f
173
Contenau, MAO I, 4 4 0 ff
174
Pezard/Pottier 54 ff. - Die Bitumenplatte S 9 verweist M. Pezard sogar in seine „I. oder II. elamische Periode" (Pezard/Pottier 104)
Der Komplex der ritzverzierten Weihplatten aus Susa
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B. Der K o m p l e x der ritzverzierten Weihplatten aus Susa Die übrigen sechs Exemplare (S 1—S 6 = Tf. XXII, 1— XXIII,2) haben — trotz scheinbar starker Divergenzen in Komposition, Thema und „Stil" — einige wichtige Fonneigenschaften gemeinsam: es handelt sich durchweg um flache, annähernd quadratische Alabaster-Platten 175 mit relativ großem, ebenfalls quadratischem Zentral-Loch und mit bildlicher Verzierung in linearer Ritztechnik. All diese Stücke sind sorgfältig durch eine oder zwei umlaufende Ritzlinien gerahmt und am Rande glatt abgearbeitet, sodaß in keinem Fall der Stein über den Rahmen hinaus in unregelmäßiger „Bosse" stehen geblieben ist, wie es bei zahlreichen sumerischen Platten vorkommt 1 7 6 . Die zentrale Durchbohrung dagegen wird bei den elamischen Stücken nicht durch eine Rahmenlinie oder -leiste umrissen. Die Platten bewegen sich in Größenordnungen von 13 X 14 cm bis zu knapp 25 cm im Quadrat, und ihre Oberfläche, das Bildfeld, ist vor der Anbringung der Ritzzeichnungen sauber geglättet und poliert worden. Aber über diese mehr werktechnischen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den sechs Weihplatten hinaus zeichnen sich auch mehrere darstellerische Bezüge ab, die eine Platte mit der anderen derart verknüpfen, daß man alle sechs Stücke letztlich als gewisse Einheit zusammenfassen darf. Das will nicht unbedingt heißen, daß man der gesamten Gruppe von vornherein den gleichen Entstehungszeitpunkt zusprechen muß, es läßt sich im Gegenteil eine gewisse Entwicklungslinie verfolgen, die sich aber nur über einen verhältnismäßig kurzen, in sich geschlossenen Zeitabschnitt, eine ganz bestimmte Kulturphase, erstrecken kann, deren Datierung es im Folgenden zu untersuchen gilt. Deshalb werden wir auch, nachdem wir die Einzelstücke der Gruppe in eine gewisse entwicklungsgeschichtliche Ordnung gebracht haben, die jeweiligen Ritzdarstellungen in ihrer eigenwilligen Thematik und Komposition eingehend behandeln und im Anschluß versuchen, durch Stilvergleiche mit sumerischen Flachbildern zu einer zeitlichen Einordnung der Platten zu gelangen.
1. Die Platte S1 und das Fragment S 2 Die Darstellungen ernes Adlers in Vorderansicht, mit ausgebreiteten Flügeln, in Hockerstellung angewinkelten Beinen und tatzenähnlich ausgebildeten Klauen, überlängtem, schlauchartigem Körper und in Profilansicht wiedergegebenem Kopf mit wuchtigem Schnabel und großem, kugelrundem Auge 1 7 7 , sind auf den Bildplatten S 1 (= Tf. XXII, 1) und S 2 (= Tf. XXII,2) nahezu identisch, mit dem einzigen Unterschied, daß auf der Platte S 1 die Federn der Schwingen zusätzlich durch eine Kreuzschraffur angedeutet werden. Desgleichen dürfen wir die axial-symmetrische Anordnung der einzelnen Bildelemente beider Denkmäler gleichwertig nebeneinander stellen, während Komposition und Thematik insofern leicht divergieren, daß auf dem Bruchstück S 2, dessen Zeichnung im Verhältnis zur bildlichen Ausführung von S 1 ohnehin flüchtiger wirkt und keine allzu große künstlerische Qualität verrät, die dargestellten Tierfiguren sich scheinbar ohne Rücksicht auf eine bestimmte Orientierung rund um das zentrale Loch gruppieren, ohne sichtbare Fries- oder Feldeinteilung, die vollständig erhaltene, sorgfältig gearbeitete Platte S 1 dagegen die vier Adler in vier kreuzförmig um die Durchbohrung angeordnete, quadratische Bildfelder hineinsetzt und die verbleibenden vier Quadrate mit einem dekorativen Schraffur-Muster ausfüllt, sodaß jeweils Adler und Ornament alternieren. Interessanterweise ist der untere Raubvogel der Platte S 1 auf den Kopf gestellt, was bei der im Übrigen recht qualitätvollen Ausführung der Zeichnung mit den durch Muschel-Einlagen hervorgehobenen Augen 178 wohl kaum als Versehen des Künstlers oder gar als Anzeichen für mangelhaften kompositorischen Gestaltungswillen zu werten ist, sondern vielmehr als bewußte Betonung des zentralen Loches — besser noch: des verzierten Nagels, der einst die Platte mit der Tempelwand verbunden haben muß — und dessen primärer kultischer Bedeutung. 175
Sowohl M. Pezard als ältester wie auch P. Amiet als jüngster kunstgeschichtlicher Bearbeiter der Ritzplatten sprechen von „albätre", während der Ausgräber J. de Morgan das Werkmaterial als „calcaire blanc" bezeichnet
176
In ihrer Katalog-Reihenfolge: AS 1. 3. 4 ; C S 5 ; C N 1; GH 2; Ν 1; U 4; Τ 1. 2. 6. 9. 10. 11. 14 - 20; UK 1; A R 1. 2; UM 1; Κ 10. 11
177
y g j a u c h j i g eingelegten oder geritzten Augen mit Pupillen-Angabe auf Werken der elamischen Rundbildkunst des frühen 3. Jahrtausends: Amiet, Elam, Abb. 65. 6 9 f. 72. 77. 80. 86
36
Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
Ein vergleichbares Phänomen ist bei dem uns erhaltenen Teil der Darstellung auf dem Fragment S 2 zu beobachten, wo die kleinen Wasser(?)-Vögel178® in Profilansicht gegenüber dem soeben besprochenen Adler mit ausgebreiteten Schwingen um 180° gedreht erscheinen, also ebenfalls „dem Loch zugewandt", und die beiden stark geometrisiert wiedergegebenen Löwen (?) senkrecht zur Plattenbasis angeordnet sind, obwohl ihre Körperhaltung doch wohl eher als „schreitend" zu verstehen ist und nicht, wie wir es auch noch kennenlernen werden (S 4), als „aufgerichtet auf den Hinterbeinen stehend"; so wird also die „Schrittebene" der Tiere von der Vertikal-Achse der Platte gebildet und dadurch wiederum der geometrische Mittelpunkt des Bildfeldes, die zentrale Durchbohrung, kompositorisch besonders eindrucksvoll hervorgehoben. Entfernt erinnert uns dieses Schema an den bildlichen Aufbau der ältesten Weihplatte aus Nippur (Ν 1), in der wir einen „Vorläufer" der klassisch mesilim-zeitlichen Stücke erkannt haben. Vielleicht hat dem elamischen Bildhauer ein ähnliches Vorbild sumerischen Ursprungs bei der Anfertigung seines Exemplars vor Augen geschwebt, vielleicht hatte auch er mit ähnlichen Schwierigkeiten beim Entwurf des beabsichtigten Themas zu kämpfen, was aber nicht bedeuten soll, daß wir beide Platten auf die gleiche stilistische oder gar zeitliche Ebene heben wollen. Auffällig an der bildlichen Gestaltung unseres Fragments S 2 ist auch noch die ornamentale Borte in Form von aneinandergereihten konzentrischen Dreiecken, ein bandartiges Zickzack-Muster, das anstelle einer linearen Rahmung die figürliche Darstellung umfaßt und formale Parallelen auf gemalten Bildern der wohl annähernd zeitgenössischen elamischen Buntkeramik findet 1 7 9 .
2. Das Plattenfragment S 3 Eine mit dem Bildschmuck der Platte S 1 fast identische Komposition und Thematik, aber eine scheinbar völlig andersartige Gestaltung der Einzelformen begegnet uns auf der Ritzzeichnung des Plattenfragments S 3 (= Tf. XXII,3), das sich erfreulicherweise trotz seines bruchstückhaften Erhaltungszustandes mit Sicherheit in seiner ursprünglichen Gesamtform und -darstellung ergänzen läßt 1 8 0 : in den acht um das besonders große, quadratische Zentral-Loch gruppierten, ebenfalls annähernd quadratischen Bildfeldern mit linearer Rahmung wechseln Adler in Vorderansicht mit Rosetten-Mustern ab 1 8 1 . Die Schwingen der Raubvögel allerdings sind diesmal wie Schmetterlingsflügel ausgebildet und mit parallelen Horizontal-Linien schraffiert. Man spürt förmlich das Bemühen des Zeichners, die Konturen der vom Naturvorbild her stern- oder kreuzförmig umrissenen Vogelgestalt dem Rahmenquadrat der metopenartigen Bildfläche anzupassen, und auf Kosten jeder Naturähnlichkeit die Extremitäten des Tieres so zu verzerren, daß möglichst kein leerer Raum am Bildrand verbleibt: das beste Beispiel für eine vollkommene Unterordnung der ursprünglichen Naturgegebenheit unter die strengen Gesetze eines an die Bildfläche gebundenen Kompositions-Schemas! Als Konsequenz dieses Ordnungsprinzips, durch den auf den Künstler einwirkenden „Bildzwang", ist hier aus dem lebendigen Organismus des Vorbildes ein starres, abstraktes Sinnbild geworden, eher heraldisch formulierte Idee als Abbild der Natur. Sieht man jedoch über die unterschiedliche Gestaltung der jeweiligen Flügelpaare hinweg, so zeigen sich bei näherer Betrachtung die Adler auf allen drei Ritzplatten (S 1 —S 3) doch gedanklich und stilistisch eng zusammengehörig: allen gemeinsam ist der überlängte, schlauchähnlich geblähte Rumpf mit hohem, engem Hals und fächerartig sich nach unten entfaltendem Schwanz, der scharfe, vom Kopf nicht abgesetzte Schnabel, das große runde Auge wie auch die bildliche Wiedergabe des Tierkörpers selbst in Vorderansicht mit symmetrisch ausgebreiteten Schwingen und die ins Profil gedrehte Kopfpartie. Wir dürfen sie wohl allein schon aus diesem Grunde, wegen ihrer bildlichen und kompositionellen Verwandtschaft, in die gleiche Stil178
Parallelerscheinungen auf mesopotamisch-sumerischen Weihplatten sind zwar selten, jedoch hin und wieder zu belegen (CT 1. U 2); dagegen ist diese Werktechnik geradezu bezeichnend für die frühdynastische Rundbildkunst bei Tierund Menschenfiguren!
1783
Ein beliebtes Motiv der frühelamischen Rundbildkunst ist der kleine Vogel mit angelegten Flügeln (vgl. Amiet, Elam, Abb. 6 8 - 7 1 . 7 6 - 7 8 . 8 5 - 8 6 ) ; vgl. hierzu auch unsere Anm. 89
179
Vgl. ζ. B. Amiet, Elam, Abb. 100. 101 (hier auf den Adlerflügeln) 180 vgl. die Rekonstruktionszeichnung bei Amiet, Elam, Abb. 126 Β 181
Vergleiche fUr die Rosette mit Kreisrahmung finden sich auch auf der Buntkeramik (Susa De): Amiet, Elam, Abb. 105 A
Der Komplex der ritzveizierten Weihplatten aus Susa
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stufe einreihen; damit rücken auch die Entstehungsdaten aller drei Stücke eng zusammen, wenn sie nicht überhaupt auf ein und denselben Zeitpunkt fallen! Direkte Parallelen für die Verzierungen unserer drei Weihplatten aus Susa lassen sich innerhalb der sumerischen Flachbildkunst schwerlich finden, zumindest was die Bildkomposition und die figürliche Ausgestaltung und spezielle Ikonographie der elamischen Ritzzeichnungen angeht. Der ,,en face" wiedergegebene Adler oder das als „Imdugud" bekannte Mischwesen, der löwenköpfige Raubvogel, begegnen uns zwar häufig in der Rollsiegel-Glyptik 182 und auch, wenngleich seltener, auf größeren Steinreliefs 183 der MesilimZeit, meist allerdings als heraldisches Bildmotiv in Verbindung mit zwei unterworfenen, antithetisch angeordneten Huftieren. Eine gewisse Verwandtschaft der Adler-Darstellung auf dem bekannten Sockelrelief von einer Beterstatuette aus Teil Asmar 184 mit den Raubvogel-Bildern unserer drei Ritzplatten läßt sich nicht verleugnen, vor allem in der hier wie dort wiedergegebenen unnatürlichen Anwinkelung der Fänge (S 1 und S 2) und der schlauchartigen Rumpfbildung. Eine gute Parallele zur Schraffur-Stilisierung der Flügel-Federn (S 1 und S 3) wie auch zur Technik der Ritzzeichnung als künstlerisches Ausdrucksmittel überhaupt bietet sich in einer Tontafel aus der Schuttschicht SIS 4/5 des „Königsfriedhofs" von Ur an, die mit der linear entworfenen Skizze eines Raubvogels geschmückt ist 1 8 5 . Die nächsten Vergleichsstücke, vielleicht sogar direkte Vorbilder zu den Ritzzeichnungen der drei SusaPlatten, müssen wir aber wohl in den Vogeldarstellungen auf der elamischen Buntkeramik des 3. Jahrtausends suchen, auf den Vasenmalereien nämlich der Stufe Susa D B —D d (früher „Susa II") 1 8 6 , die uns nicht nur den Adler in Vorderansicht mit ausgespannten Flügeln, sondern diesen Typus oft auch noch in Verbindung mit kleinen Wasservögeln in Profilansicht präsentieren, teilweise sogar, wie bei den Weihplatten, in rechteckige Metopenfelder eingezwängt. Auf Grund gewisser Beziehungen formaler, farblicher und bildlicher Art zur mesopotamischen „Scarlet Ware" und wegen entwicklungsgeschichtlicher Eigenheiten innerhalb der elamischen Buntkeramik selbst muß die genannte Stilstufe der Vasenmalerei aus Susa grob in die frühdynastische Zeit, genauer noch: in die Nähe der Mesilim-Periode, datiert werden 1 8 7 . Ähnliche Vogeldarstellungen kennen wir von anderen, ebenfalls typisch elamischen Bildträgern, einer Art reliefverzierter, durchweg aus einer bituminösen Masse hergestellter Gefäßständer 188 , deren Bildrepertoire zwar im Ganzen gesehen der mesilim-zeitlichen Kunst sehr nahesteht, was Themenwahl, Komposition und ikonographisches Schema angeht, in antiquarischen Einzelheiten aber schon die Entwicklung zur Flachbildkunst der Ur I-Zeit vollzieht, sodaß sich für diese Bildgattung wohl am ehesten eine Datierung in die Übergangsperiode von Mesilim zur Ur I-Zeit („2. Übergangszeit") empfiehlt (vgl. dazu Abschnitt 3). Somit werden wir auch mit der stilistischen Einstufung unserer drei Weihplatten-Bilder zumindest nicht vor die Mesilim-Zeit heraufgehen dürfen und sie eher an deren Ausgang, vielleicht sogar in den Beginn der folgenden Übergangszeit, setzen müssen.
3. Die Platte S 4 Eine völlig andere Art der Komposition, die mehr noch als die eben besprochenen Weihplatten-Bilder das große zentrale Loch in den Vordergrund stellt und betont, bietet uns die Platte S 4 (= Tf. XXII,4), auf deren Bildfläche die figürliche Darstellung geradezu um den Mittelpunkt „rotiert". Die rechte Hälfte des Ritzbildes nimmt ein auf den Hinterbeinen aufgerichteter Löwe ein, der mit der erhobenen Vorderpranke die Hinterläufe einer Bergziege packt. Die Figur jenes Tieres füllt die linke Bildhälfte völlig aus; der Unterkörper ist nach oben gewirbelt, dem Löwenkopf entgegen, die Vorderläufe auf die untere Rahmenleiste gestemmt, wobei der Körper in seiner Mitte um 180° um seine eigene Achse gedreht erscheint. Ihr Kopf
182 183 184 185 186 187 188
V R Noiu
g0
84
91
99
_ Heinrich, Fara, Tf. 65 a. - OIP 72, Nos. 352. 371. 384. 400. 420. 465. 534
Ζ. B. auf der Oberseite der Mesilimkeule aus Tello: Moortgat, KAM Tf. 36 OIP 44, Tf. 6 A UE III, No. 475; vgl. dazu auch Moorey 102 Anm. 44 Ζ. B. Amiet, Elam, Abb. 97. 101. 105 B. 106 A. 110 Vgl. dazu: L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 115 ff. - W. Nagel, BBV 8, 28. 81 f. - Amiet, Elam, 135 ff. 578 f Amiet, Elam, Abb. 117 A. 118. 119
38
Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
blickt also in Richtung der Löwenbeine und schließt auf diese Weise vollkommen den Kreis der Bewegung, die sich im umgekehrten Uhrzeigersinne um das quadratische Mittel-Loch vollzieht. Der Habitus eines Tieres mit einem gegenüber seinem Unterleib um 180° verdrehten Oberkörper begegnet uns auch, allerdings nicht allzu häufig, auf Bildern der frühdynastischen Glyptik Sumers 189 , dort meist im Zusammenhang mit dem Motiv des Figurenbandes. Bezeichnenderweise erscheint dieses FormulierungsPrinzip auf anderen Werken der altsumerischen Kleinkunst bei solchen Figuren-Gruppen, die in eine quadratische, metopenartige Bildfläche eingepaßt sind 190 . Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser extremen Torsion des Tierkörpers weniger um die bildliche Realisierung einer besonders starken Bewegtheit, um die Wunschvorstellung des Künstlers, der vielleicht die Lebendigkeit des Naturvorbildes durch Übertreibung des Bewegungsmotivs deutlicher zum Ausdruck bringen möchte, als vielmehr um ein primär dem Raumzwang unterworfenes, abstrahierendes KompositionsSchema, das eine bestimmte Form der Raumausfüllung, Symmetrie und Richtungsbeziehung anstrebt. Wir begegnen dem gleichen Formulierungs-Schema, hier in besonders eindrucksvoller Gestaltung, auf einem beidseitig mit qualitätvöllen, sorgfältig ausgeführten Ritzzeichnungen versehenen Pyxis-Deckel aus Teil Agrab 191 , bei dessen figürlichen Darstellungen man übrigens die Möglichkeit einer elamischen Beeinflussung erwogen hat 1 9 2 . Dieses Ritzbild fuhrt uns, neben mehreren Haus- und Wildtieren, einen langgestreckten Löwen mit gespreizten Klauen, eingerolltem Schwanz und einer durch ein Punktmuster stilisierten Mähne und Bauchbehaarung vor, dessen gesamter Oberleib im Verhältnis zum Unterkörper um 180° gedreht ist. Das in künstlerischer wie in werktechnischer Hinsicht äußerst interessante und bedeutsame Bildwerk stammt aus einer ED Ii-Schicht 193 und ist aus stilistischen Gründen der ausgehenden Mesilim-Zeit zuzuweisen. In ihrer ikonographischen Charakterisierung nun steht aber die Löwenfigur auf der Platte S 4 — mit ihrer in konzentrische Kreissegmente (oder Dreiecke) aufgelösten Mähne, die sich bis zum Sprunggelenk der Vorderpranken hinaufzieht und nicht über den Körperumriß hinausgreift, ihren krallenbewehrten Tatzen und dem steil aufgerichteten Schwanz, den henkelähnlich an den oberen Rand der Schädelkalotte angesetzten Ohren und dem weit aufgerissenen Maul — mehreren Löwendarstellungen aus dem sumerischen Bereich, die man mit Sicherheit in die Bildkunst der Mesilim-Zeit verweisen kann 1 9 4 , so nahe, daß man auch die Weihplatte aus Susa nicht von dem klassischen Flachbildstil jener Periode trennen darf, sondern das Stück in deren unmittelbare entwicklungsgeschichtliche und zeitliche Nähe rücken muß. Die bildliche Wiedergabe der Bergziege fügt sich ebenfalls bestens in das ikonographische Schema der Mesilim-Zeit ein. Gewiß ist auf der Platte S 4 die Zeichnung des Raubtieres nicht so liebevoll und - bei aller Abstraktion und Reduzierung der Naturformen auf lineare, geometrisierte Umrisse — detailgetreu ausgeführt wie etwa bei der gravierten Löwengestalt auf der bekannten kupfernen Lanzenspitze, einem Meisterwerk mesilimzeitlicher Flachbildkunst aus Tello 25 ; das mag unter anderem in der Materialverschiedenheit der Bildträger und in der geographischen Distanz der Werkstätten begründet sein. Deutlich aber steht der gleiche Geist, die gleiche gedankliche und bildliche Abstraktion, die gleiche Vorstellungswelt195 hinter dieser schemenhaft konzipierten Wiedergabe eines an sich höchst realen, gefährlichen Raubtieres; sogar die unnatürliche, steil aufgerichtete Körperhaltung der Bestien sind auf Platte und Speerspitze identisch, in beiden Fällen wahrscheinlich bedingt durch den Raum- und Kompositonszwang, desgleichen die Stellung der Hinterpranken, der einen sichtbaren Vorderpranke und der steil aufwärts gerichtete, in seiner Stellung der Kontur189
VR Nos. 90. 112. 128; OIP 72, Nos. 458. 503. 799. - Heinrich, Faia, Tf. 59 i. 54 d. 51 m. 46 f. Der Raumzwang der Rollsiegelfläche verlangt auch keineswegs diese Formulierung, weil hier ja nicht, wie etwa bei den Weihplatten, eine Betonung des Zentralpunktes angestrebt wird; man vgl. dagegen das Siegel OIP 72, No. 824, das U. Moortgat-Correns einer wohl elamisch beeinflußten Gruppe der Diyala-Glyptik zuschreibt (OLZ 54 (1959) Sp. 347; Abb. 7) 190 So ζ. B. auf Muschel-Einlageplättchen aus dem „Königsfriedhof' von Ur (UE II, Tf. 104 = U. 10412. U. 12353) und auf dem Kalkstein-Relieffragment Μ 5 aus Mari; dort ist die Körpertorsion ganz eindeutig durch die quadratische Bildfläche erzwungen! 191 ILN vom 6. 11. 1937, 793 Abb. 6 = Christian, Altertumskunde, Tf. 278, 1 a. b 192 U. Moortgat-Correns, OLZ 54 (1959) Sp. 347 (zu Abb. 8) 193 Vgl. dazu Moorey 102 Anm. 48. - Zur kunstgeschichtlichen Einordnung: die Stilisierung der Mähnenlocken bei den Löwen entspricht nicht mehr ganz dem echt mesilim-zeitlichen Schema (dort schuppenartig angeordnete Dreiecke oder Viertelkreise bzw. wechselseitig schraffierte Dreiecke) und deutet somit schon auf die folgende Entwicklungsstufe (2. Übergangszeit) hin 194 vgl. zusammenfassend: Moortgat, FB 25 f 195
Vgl. dazu Moortgat, KAM 35
Der Komplex der· ritzverzierten Weihplatten aus Susa
39
linie des Rückgrats angeglichene Schwanz des Tieres. Auch die Sicherheit der Künstlerhand bei Entwurf und Linienführung ist bemerkenswert und verbindet beide Flachbildwerke über den ikonographischstilistischen Bereich hinaus eng miteinander. Wenn wir zunächst auch dahingestellt sein lassen wollen, wieweit der elamische Bildhauer einzig und allein von sumerischen Vorbildern und Ideen gezehrt hat, so gelangen wir doch beim Versuch einer stilistischen Einordnung unserer Weihplatte auf keinen Fall in die Entwicklungsperioden vor der reifen MesilimZeit. Setzen wir aber eine künstlerische Beeinflussung des elamischen Zeichners durch sumerische Bildwerke voraus — und das Gebiet um Susa scheint tatsächlich gerade während der frühdynastischen Zeit in mehrfacher Hinsicht stark von Sumer abhängig gewesen zu sein, sowohl politisch als auch kulturell 196 —, so dürfen wir wohl eher mit einer leichten Verzögerung rechnen, bis das mesilim-zeitliche Bild- und Gedankengut sich im elamischen Bereich durchgesetzt hat; ich denke dabei weniger an eine beträchtliche Zeitverschiebung bei der Übernahme fremder Motive und Bildformen gegenüber dem Herkunftsgebiet als vielmehr an die stärkere Traditionsgebundenheit jener adaptierten Formeln im Gastland, wenn sie dort erst einmal Einlaß gefunden und Fuß gefaßt haben. Diese Bildtypen können sich im Ursprungsland inzwischen schon längst weiterentwickelt und stilistisch oder wenigstens antiquarisch abgewandelt haben, während sie zum gleichen Zeitpunkt noch in der „Kunstprovinz" stereotyp in ihrer alten Gestalt tradiert werden oder sich mit einheimischen Bildgedanken und Stilprinzipien vermengen, um unter Umständen mit jenen eine völlig eigenständige, eigenwillige künstlerische Synthese einzugehen. Gleichzeitig können in dieses Konglomerat aus einheimischen Kunstformen und altertümlichen, einst übernommenen Bildschemata auch wiederum Einzelelemente und Formkomponenten einfließen, die ihrerseits schon den Wandlungs- und Entwicklungserscheinungen des ausstrahlenden Kulturkreises Rechnung tragen, also etwa zeitgenössische antiquarische Neuerungen. So erkennen wir ζ. B. an den oben erwähnten reliefverzierten Bitumen-Ständern aus Susa, die in Form, Dimension und Anbringung der Bildfriese wie auch in Themenkreis und Gesamtstil des Dargestellten durchaus homogen wirken und in stilistischer Hinsicht weitgehend mesilim-zeitliche Züge ausweisen 197 — wie etwa schreitende Männer im Zottenrock mit quergeriefelter, langer Haarlocke 198 , liegende und springende Ziegen mit überlängter, schraffurartig stilisierter Halspartie 199 und den uns auch schon von der Susa-Buntkeramik der Stufen D B —D d und mehreren elamischen Ritzplatten her wohlbekannten Adler mit ausgebreiteten Schwingen 200 —, auch einige ikonographische Hinweise auf eine etwas spätere mesopotamische Stilstufe, was dann für unsere endgültige Datierung der Opferständer ausschlaggebend sein muß: Die Darstellung eines schreitenden Löwen zum Beispiel mit abgestufter, zottenartig ausgebildeter Mähne 201 wird man in dieser Charakterisierung nicht mehr der mesilim-zeitlichen Kunststufe zurechnen dürfen 2 0 2 ; ferner finden wir in der typischen mesopotamischen Flachbildkunst jener Periode noch keine Parallelen etwa für die eigenartige Gefieder-Stilisierung des in Vorderansicht gegebenen Raubvogels 203 und den stufenförmig untergliederten Zottenrock einer männlichen Figur 2 0 4 , wie sie auf einigen Bitumen-Ständern im Reliefbild vorkommen. Allein aus diesen wenigen Beispielen läßt sich deutlich ablesen, daß in der elamischen Flachbildkunst während der 2. Übergangszeit, vielleicht sogar bis in den Beginn der Ur I-Zeit hinein, zusammen mit einigen sichtlich durch zeitgenössische sumerische Vorbilder beeinflußten antiquarischen Neuerungen, auch noch echt mesilim-zeitliche Formelemente und Stilrelikte tradiert werden können, die in der altsu196 ygj e t w a (jj e literarisch-mythologischen bzw. echt historischen Belege im „Gilgamesch-Epos" (D. O. Edzard, ZA 53 (1959) 19 ff; Fischer-Weltgeschichte 69. 86); Erwähnung von Siegen über Elam bei Eannatum von Lagasch (z. B. SAK 21 ff (b, 3. 5; c, 2; h, 2) 197 198 199 200 201
Amiet, Elam, Abb. 117-122 MDP13,Tf. XXXIII, 5; XXXV, 4 MDP 13, Tf. XXXIII, 6; XXXIV, 2. 3; XXXV, 3. 6. 7 MDP 13, Tf. XXXIV, 2; XXXV, 2 MDP 13, Tf. XXXIV, 2 (oben)
202
Sie nähern sich eher dem Typus, wie er uns etwa von den Weihplattenreliefs des Urnansche von Lagasch bekannt ist (T 1 - 3 ) ; das Gleiche gilt auch für die Entwicklungsstufe der im Folgenden aufgezählten ikonographischen Eigenheiten auf den Bitumenreliefs (Anm. 203-4)
203
MDP 13, Tf. XXXIV, 2 (unten) MDP 13, Tf. XXXV, 5
204
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Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
merischen Bildkunst des mesopotamischen Kernlandes längst durch die charakteristischen Folgeerscheinungen neuer stilistischer Entwicklungsprozesse abgelöst worden sind, zumindest hier aber inzwischen eine einschneidende ikonographische Umwandlung erlebt haben. Bei unserer Weihplatte S 4 allerdings können wir keine Einzelheit feststellen — mit Ausnahme vielleicht der ungewöhnlichen Bildkomposition —, die sichtbar oder gar auffällig den von uns im I. Kapitel dieser Arbeit umrissenen und abgegrenzten Rahmen des echt mesilim-zeitlichen Flachbildes und seiner typischen Stilausprägung in Sumer, vor allem auf die Gattung der Weihplatten bezogen, sprengen würde. Wir möchten also auch mit der kunstgeschichtlichen Einordnung des Ritzbildes und damit dem Entstehungsdatum der Platte selbst nicht allzuweit von der „klassischen" Mesilim-Zeit abrücken!
4. Die Platte S 5 Thematisch, werktechnisch und stilistisch eng verwandt, aber in der Komposition der figuralen Bildelemente und der Untergliederung der Schaufläche gänzlich von der eben besprochenen Platte abweichend, erscheint ein weiteres, fast vollständig erhaltenes, in seiner Oberfläche allerdings stark verwittertes Exemplar unserer Denkmalsgattung aus Susa, das Stück S 5 (= Tf. XXIII,1). Hier ist die wiederum in Ritzzeichnung ausgeführte Bilddarstellung auf zwei übereinander liegende, langrechteckige Fries-Streifen verteilt: der obere wird von einem im Sprung befindlichen, schräg nach rechts in die Bildfläche hochschnellenden Löwen eingenommen, der erne Ziege angreift und sie an den Hinterläufen emporreißt. In der Löwengestalt finden wir einen sichtbaren stilistischen Anschluß an das entsprechende Motiv auf der Platte S 4, nur sind die Einzelzüge des ebenfalls im Profil gegebenen Kopfes hier noch detaillierter untergliedert; die Mähne, wiederum durch schuppenartig angeordnete, konzentrische Kreissegmente stilisiert, zieht sich auch hier bis zur Bauchpartie hinab und weit an den Vorderpranken empor, ohne dabei über die Konturlinien des Oberkörpers hinauszugreifen. Auch die Durchgestaltung der Körperformen selbst sowohl der Bergziege als auch des Löwen ist — abgesehen von der leicht differierenden Haltung, die durch verschiedene Bewegungsschemata bedingt wird — auf beiden Platten durchaus vergleichbar. Der untere Bildstreifen zeigt zwei absolut gleichförmig wiedergegebene Bergziegen (oder Steinböcke) in spiegelbildlicher, zur Vertikalachse der Platte klappsymmetrischer Anordnung, die einander den Rücken zukehren und jeweils an einer Pflanze fressen: eine Gesamtkomposition, die einem rechteckigen WeihplattenFries viel gemäßer ist als die sonst allgemein übliche und auch im elamischen Kunstbereich des öfteren angewandte, dreiecksförmige Zusammenstellung zweier einander zugewandter Tiere, die, halb aufgerichtet, von einer aus einem Berg hervorsprießenden Pflanze kosten 2 0 S . Geschickt hat es der Künstler verstanden, mit Hilfe dieses speziellen Kompositions-Schemas die schwierige Bildfläche zu meistern, die sich in beiden Friesen durch den Einschnitt des großen Zentral-Lochs ergibt. Diese Unregelmäßigkeit in der Anlage des Fries-Rechtecks ist so gut und unauffällig durch die bildliche Füllung der Felder und das Arrangement der Einzelfiguren ausgeglichen, daß man jene formale Unterbrechung der Schaufläche hier gar nicht als unorganisch empfindet: während das Bildfeld im unteren Streifen durch den Einschnitt einerseits und die hocherhobenen Köpfe der Tiere mit ihrem mächtigen Gehörn andererseits von vornherein ideal ausgewogen erscheint, hat der Bildhauer als Raumfullsel unter der stürzenden Ziege des oberen Frieses eine Pflanze, vor ihr eine Schlange (?) eingefügt. Der in der rechten oberen Friesecke zunächst freigebliebene Zwickel wird von einer Mondsichel (?) ausgefüllt 206 , die zwar nur noch in schwachen Spuren zu erkennen ist, die sich aber doch wohl in Analogie zu einem ebenfalls in Ritztechnik verzierten Weihplattenfragment aus dem Inanna-Tempel (Schicht VIII) zu Nippur (Ν 2 = Tf. XV,2) ergänzen läßt, das im Übrigen eine ganz ähnliche Szene zur Darstellung bringt 2 0 7 . 205
Yg| z u diesem Kompositions-Schema die sumerischen Beispiele UE II, Tf. 97. 98. 104 (Einlagen aus Ur), UE III, Nos. 197. 198. 213. 226 (Siegelabrollungen aus Ur) und Heinrich, Fara, Tf. 60 k (Siegelabrollung ausFara);vgl. ferner: Moortgat, Tammuz, 3 ff
206
Ygj z u m Motiv auch das besonders qualitätvoll gearbeitete Rollsiegel OIP 72, No. 458 aus dem Square Temple I in Teil Asmar (= ED II) mit Verbindung von Löwe und Mondsichel
207
Genaue Beschreibung der Darstellung und kunstgeschichtliche Vergleichsstücke bei Hansen 153. 156 ff
Der Komplex der ritzverzierten Weihplatten aus Susa
41
Aber nicht nur in thematischer, sondern auch in stilistischer Hinsicht bietet jene Nippur-Platte einen ausgezeichneten Vergleich zu unserem Stück aus Susa: bei den Löwenfiguren auf beiden Bildwerken können wir schon von einer echten Identität in Stil und Struktur sprechen! Die Bergziege der elamischen Platte ist auf dem Fragment aus Nippur durch einen Stier ersetzt, der vom Löwen mit der Vordertatze an der Kruppe gepackt wird, während wir uns die zum größten Teil verloren gegangene Szene des einst nach unten hin anschließenden Bildfrieses ebenfalls mit zwei antithetisch angeordneten Steinböcken ausgefüllt ergänzen dürfen, deren gebogene Horner wir gerade noch im Ansatz unter der Fries-Trennlinie, am unteren Bruchrand, ausmachen können. Wahrscheinlich besaß nämlich auch die Platte aus Nippur, wie die aus Susa, ursprünglich nur zwei und nicht drei Bildstreifen, wie D. P. HANSEN vermutet 2 0 8 , der mit Hilfe der Hörner einen „Mittelfries" rekonstruieren will, bestehend aus zwei die zentrale Durchbohrung flankierenden Metopen mit der Darstellung jeweils eines Tierkopfes (in Vorderansicht?); in jedem Fall würde HANSEN damit die Existenz auch eines dritten Bildstreifens, eines „Unterfrieses", voraussetzen. Die Bildanlage spricht jedoch in ihrer überraschenden Analogie zur Zeichnung von S 5 für eine ursprünglich ebenfalls zweistreifige Flächenkomposition. Weitere gut vergleichbare Löwendarstellungen im Flachbild, alle mit Sicherheit — teüs aus stilistischen, teils darüber hinaus noch aus stratigraphischen oder paläographischen Gründen — der mesilim-zeitlichen Kunstperiode zuzuweisen, finden sich auf den verschiedensten Kunstwerken aus allen Teilen des mittleren und südlichen Zweistromlandes, um von der zeitgenössischen altsumerischen Glyptik ganz zu schweigen 209 ; als wichtigste Beispiele seien hier nur aufgezählt: die Weihkeule des Mesilim selbst21 und die kupferne Speerspitze aus Tello 2S , eine Tontafel mit Skizze eines Löwenkopfes in Ritztechnik aus Fara 210 , das Weihtafel-Fragment F 4 (= Tf. XX,4) aus dem gleichen Ort, eine allseitig reliefverzierte Kalkstein-Pyxk aus Nippur 23 , auf deren Darstellungen gleich zweimal ein Löwe auftaucht, und das Bruchstück einer Weihplatte aus Kisch (KI 1 = Tf. XIX, 1), die mit ihrer Ritzzeichnung eines Löwen, der ein Rind verfolgt, zudem noch thematisch wie werktechnisch eine überzeugende Parallele zu den beiden Weihplatten-Bildern aus Susa bzw. Nippur liefert 211 . Wenn wir nicht all diese in den verschiedensten altsumerischen Metropolen ausgegrabenen Bildwerke in ihrer Entstehung auf elamische Vorbilder oder starke künstlerische Beeinflussung aus diesem Kulturkreis zurückführen wollen — was bei der Nippur-Platte Ν 2 zwar zutreffen könnte, jedenfalls nicht unbedingt auszuschließen ist, bei den anderen genannten Beispielen aber höchst unwahrscheinlich anmuten würde —, so müssen wir wohl zumindest die Szene mit dem reißenden Löwen und dessen typische ikonographische Formulierung allein aus stilistischen Motiven dem Bereich der sumerisch geprägten Kultur der Mesilim-Zeit in Mesopotamien zuordnen, eine Forderung, die durch Hunderte von Siegeln und Abrollungen jener Kunstperiode mit fast identischen Löwendarstellungen noch unterstützt wird. Die hier besprochene charakteristische Gestaltung des Raubtieres im Flachbild ist wohl sehr schnell vom elamischen Kulturkreis aufgegriffen und mit dem für dieses Gebiet besonders typischen Motiv der Bergziege oder des Steinbockes verbunden worden, wie wir schon bei der Platte S 4 gesehen hatten, während im sumerisch-mesopotamischen Bereich meist das Rind oder Schaf, also Haus- oder Herdentier, die Rolle der Jagdbeute der Raubkatze übernimmt 212 . Die Figur der schreitenden oder springenden Wildziege findet aber ebenso deutliche Parallelen auch in der altsumerischen Flachbildkunst, wie wir ζ. B. einigen ritzverzierten Tontafeln aus Fara 213 entnehmen können, die wir wohl ebenfalls der ausgehenden Mesilim-Zeit zuweisen müssen 214 . Die Komposition der beiden antithetisch angeordneten, an Pflanzenstengeln knabbernden Ziegen auf dem unteren Fries der Platte S 5 aber lehnt sich doch wohl ganz eindeutig an entsprechende Darstellungen aus dem sumerischen Raum an, und zwar anscheinend gerade an Vorbilder von bildlich verzierten Weihplatten aus dem Diyala-Gebiet. Man vergleiche dazu nur die „Mittelfriese" der beiden Exemplare CS 1 208
Hansen 153
209
Als besonders qualitätvolle Vertreter seien hier nur folgende Rollsiegel genannt: VR Nos. 79. 87; OIP 72, Nos. 458. 801. 883; Hirmer/Strommenger Tf. 42 unten
210
Heinrich, Fara, Tf. 31 1
211
Vielleicht gehört auch das in seiner Oberfläche stark verriebene Plattenfragment KI 2 mit der Reliefdarstellung eines Löwen, der einen Hirschen in die Knie zwingt, in stilistischer Hinsicht zu der ebengenannten Gruppe
212
Vgl. dazu U. Moortgat-Correns, OLZ 54 (1959) Sp. 347 f
213
Heinrich, Fara, Tf. 31 d . g . h
214
Zur Datierung vgl. Moortgat, FB 31
42
Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
(= Tf. VII,1) aus dem Sin-Tempel zu Chafadschi und AS 3 (= Tf. 111,3) aus Teil Asmar, die ohne Zweifel während der Mesilim-Periode entstanden sind. Auf unserer Platte aus Susa erscheint das Thema des unteren Bildstreifens in seiner Konzeption fast wie eine Abkürzung des gerade seit der Mesilim-Zeit besonders beliebten heraldischen Motivs zweier auseinanderstrebender Tiere, die an einer Pflanze fressen, während ein Adler oder „Imdugud" - der hier fehlt und auch wegen der Ausdehnung des Zentral-Lochs gar keinen Platz finden würde — seine Fänge in den Rücken der wehrlosen Tiere schlägt: ein uraltes Symbol für die ständige Bedrohung des irdischen Lebens durch die Macht des Todes, für die Gefährdung des Guten durch das Böse schlechthin 215 . Die gleiche altvorderasiatische Bildidee klingt ja schon beim Motiv des oberen Plattenfrieses an: der Löwe, Personifizierung der das Leben bedrohenden Mächte, überfällt und zerfleischt eine ihm hilflos ausgelieferte Ziege, Sinnbild ihrerseits für die lebenserhaltenen Kräfte der Natur. All diese Hinweise zusammengenommen ergeben wieder das gleiche Bild: auch bei der stilistischen Analyse der Platte S 5 bewegen wir uns immer wieder im Bannkreis der sumerischen Kunst der MesilimZeit, und kein ikonographisches Indiz gibt uns einen Fingerzeig auf eine kunstgeschichtliche Einordnung des Bildes in die unmittelbar anschließende 2. Übergangszeit (als Stufe der Stilentwicklung im Bereich der Glyptik auch „Imdugud-Sukurru"-Periode benannt 216 ), wenn wir nicht bei der elamischen Ausprägung des Mesilim-Stiles prinzipiell mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung gegenüber der sumerischen Stilstufe rechnen wollen, wie wir das versuchsweise bei der Besprechung der Platte S 4 angedeutet haben.
5. Das Plattenfragment S 6 Eine weitere Variationsmöglichkeit beim Komponieren der einzelnen Bildelemente fuhrt uns die Ritzzeichnung der Platte S 6 (= Tf. XXIII,2) vor, deren untere Hälfte leider verloren gegangen ist: es scheint sich diesmal um eine ursprünglich in drei Friesstreifen angelegte Bildverzierung gehandelt zu haben, ein Schema der Schauflächen-Untergliederung also, wie es der weitaus überwiegende Teil aller typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten aus Sumer aufweist. Erhalten geblieben ist hier der ganze obere Bildstreifen, größere Partien des mittleren und — wenn wir die Darstellung richtig deuten — ein winziger Rest des unteren Frieses. Der susianische Künstler hat das Bildmotiv des oberen Streifens streng symmetrisch zur vertikalen Mittelachse der Platte komponiert: ein nackter, bartloser und kahlköpfiger Mann, den wir wohl in Analogie zum thematischen Repertoire der sumerischen Bildkunst als den „Helden" oder „Schützer der Tiere" interpretieren dürfen, hält schirmend seine Hände über die Hörner zweier ihm zugewandter, schreitender Ziegen. Den freien Raum der beiden durch Gehörn und Rücken der Tiere in den oberen Friesecken gebildeten Zwickel füllt jeweils eine vierblätterige Rosette, die, wollen wir sie nicht als rein ornamentale Füllsel deuten, doch wohl als „pars pro toto" für die oft mit diesen Huftieren verbundenen Pflanzen zu verstehen sind, wie sie auf frühdynastischen Weihplatten-Darstellungen (ζ. B. AS 3, CS 1 und CN 4), aber auch auf anderen zeitgenössischen Reliefbildern und Ritzzeichnungen mehrfach vorkommen 217 ; vereinzelt erscheint dort nicht nur die Knospe, sondern auch die rosettenartige Blüte 218 . Andererseits kennen wir eine mehrblätterige Rosette als rein dekoratives Element, ohne sichtbare thematische Beziehung zu äsenden Kapriden, ja schon von der Weihplatte S 3 aus Susa, wo sie sich in vier Metopenfeldern wiederholt, und auch von den Bildern der zeitgenössischen elamischen Buntkeramik 219 . So nimmt es auch nicht Wunder, wenn in dem durch das Zentral-Loch unterbrochenen Mittel-„Fries", den man vielleicht korrekter als doppelte Mittel-,,Metope" bezeichnen sollte, fast genau der gleiche Adler mit ausgebreiteten Schwingen dargestellt wird, wie er uns, zumindest was die Flügelform angeht, schon von den Bildern der Platten S 1 und S 2 her gut bekannt ist, während er uns in Bezug auf Kopfgliederung, Körperumriß und Haltung der Fänge und Klauen mehr an die Zeichnung auf der Platte S 3 erinnert. Hier schließt sich denn auch der Kreis der engen Zusammengehörigkeit unserer sechs ritzverzierten Weihplatten 215 216
217 218
219
Zur Deutung dieses Bildgedankens der altsumerischen Kunst vgl. Moortgat, Tammuz, 52; Moortgat, KAM 35 Zu dieser Perioden-Bezeichnung vgl. Moortgat, FB 33. - Moortgat, KAM 43 ff. 47. - Moortgat, BaM 4 (1968) 229 ff. — Vgl. auch unsere Bemerkungen im folgenden Kapitel III Abschnitt A OIP 44, Tf. 6 A. 35 A. - Christian, Altertumskunde, Tf. 278, 1 a. b. - Heinrich, Fara, Tf. 28 a. 30 k The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18 f (Abb.). - Heinrich, Fara, Tf. 32 f. - Vgl. auch unsere Weihplatten CT 2 und Κ 9 Vgl. Amiet, Elam, Abb. 105 A
Der Komplex der ritzverzierten Weihplatten aus Susa
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aus Susa, die über rein technische und materialgebundene Äußerlichkeiten ihrer Erscheinung hinaus auch noch durch innere, bildliche, d. h. thematische und stilistische Eigentümlichkeiten eng aneinander gekettet und dicht ineinander verflochten sind. Vom ursprünglichen unteren Fries können wir, und zwar an der Bruchstelle direkt unterhalb der allseitig linear gerahmten rechten Adler-Metope, lediglich noch Spuren eines nach links gewandten Menschenkopfes mit halbkreisförmig stilisiertem Auge erkennen, der dem Kopf des nackten „Helden" auf dem Oberstreifen so ähnlich sieht, daß man ihn einer auch in der Bedeutung vergleichbaren Gestalt zuweisen möchte; somit dürfen wir vielleicht auch die gesamte Darstellung, die sich einst auf dem unteren Bildfeld befand, im Geiste als eine mythologische, ebenfalls heraldisch-symmetrische Gruppenszene ergänzen. Nach welchem Schema allerdings diese Komposition angelegt war und wie der Bildinhalt des Motivs selbst zu rekonstruieren wäre, werden wir leider wohl nie erfahren. Nicht ganz so sicher wie bei den im Vorhergehenden besprochenen Susa-Platten (S 1—S 5) können wir die Darstellung unseres Exemplars, soweit sie erhalten ist, auf den ersten Blick aus stilistischen Gründen dem Kreis der mesilim-zeitlichen Kunstperiode zuweisen. Wenn auch das Thema des „Tierschützers" spätestens seit der Frühgeschichte im sumerischen Kulturbereich geradezu ein Zentralmotiv der Bildkunst 220 , besonders der Rollsiegel-Glyptik221 und der fast rundplastisch ausgeführten Hochreliefs auf steinernen Kultvasen der Djemdet Nasr-Zeit 222 , darstellt und sich, in entsprechender stilistischer und kompositioneller Abwandlung jenes uralten Bildgedankens, ebenfalls in der gesamten frühdynastischen Flachbildkunst wiederfindet, so ist doch gerade dieser spezielle ikonographische Typus des nackten, kahlgeschorenen und bartlosen „Helden", wie ihn der Oberfries unserer Ritzplatte präsentiert, schwer innhalb der sumerisch geprägten, mesopotamischen Bilderwelt nachzuweisen. Hier trägt er entweder, wie etwa zur frühgeschichtlichen Zeit in seiner Eigenschaft als Priesterfürst („Königlicher Hirt", Löwenjäger oder Tierbändiger) 223 , lange Haartracht mit oder ohne Wulstdiadem, oft in Verbindung mit scheibenförmigem Kinnbart, dazu den sogenannten „Netzrock" oder doch wenigstens einen breiten Gürtel 224 , oder aber, während der altsumerischen Periode, den Zotten- oder Schlitzrock bzw. einen mehrfach untergliederten Gürtel 225 , und als Haartracht meist die lange, torsierte Haarlocke mit Wellenbart bzw. mehrere aufrecht stehende Locken-Strähnen 226 , dazu oft eine zweizipfelige oder konische Kappe als Kopfschmuck 227 . Lediglich auf einigen qualitätlosen, verschliffenen Siegeldarstellungen Mesopotamiens begegnet auch ein kahlköpfiger Held ohne jegliche Bekleidung 228 . Auf unserer Weihplatte scheinen sich also sumerische mit einheimisch elamischen Bildvorstellungen zu vermischen, was denn auch in den wohl als typisch elamisch zu bezeichnenden Adler-Darstellungen zum Ausdruck kommt. Die Durchbildung des menschlichen Körpers macht, was Gliederung und Umrißform angeht, einen etwas gerundeteren und naturnäheren Eindruck, als wir es von typisch mesilim-zeitlichen Flachbildwerken gewohnt sind; die Stilisierung der Kopf- und Schulterpartie dagegen, wie auch die Haltung der Arme mit den spitzen Ellenbogen und die durch Parallelstriche angedeuteten Finger, passen sich wieder durchaus dem ikonographischen Schema jener Kunstperiode an. Die beiden Ziegenböcke gleichen denen auf der Platte S 5 fast bis ins letzte Detail und runden so unser Bild von der engen stilistischen Verwandtschaft mit den anderen geritzten Weihplatten aus Susa ab. Bemerkenswert an der flüssigen, sicheren und die wichtigsten Charakteristika treffend erfassenden Zeichnung aller 220
Zum Motiv und seiner Bedeutung vgl. Moortgat, FB 63 ff. - Moortgat, VR 6 f. - Moortgat, Tammuz 9 ff. 29 ff. 33 ff. - Moortgat, KAM 19 ff
221
Das prächtigste Stück dieser Art ist wohl immer noch das sogenannte „Preußer-Siegel" (VR No. 29 = KAM Tf. Β, 1) Hall, Sculpture, Tf. II, 3. - OIP 58, 242 Abb. 189. - WVDOG 39, 81 Abb. 60; Tf. 50 a - e Vgl. dazu Moortgat, KAM 21 Anm. 46 VR No. 29. - KAM Tf. A, 4 - 6 . - Vgl. dazu auch die Löwenjagd-Szene auf der frühgeschichtlichen Reliefstele aus Uruk (UVB 5, Tf. 12 a. b = Hirmer/Strommenger Tf. 18 = KAM Tf. 14) und die Steinvasen mit Hochreliefs (Anm. 222; Hirmer/Strommenger Tf. 24-25)
222 223 224
225
Zottenrock bzw. glatter Rock mit Zotten- oder Fransensaum: OIP 72, Nos. 246. 479. - Weihplatten Ν 1 und F 4. Schlitzrock: VR Nos. 75. 81. 83. - Gürtel: OIP 72, No. 245. - VR No. 87. - Moortgat, KAM Tf. D, 2. - The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18 f (Abb.)
226
Heinrich, Fara, Tf. 22 a (= F 4). - OIP 44, Tf. 35 A. - UE IV, Tf. 41 b (U 2). - Moortgat, KAM Tf. D, 2. 3 VR Nos. 8 7 - 8 9 . - Heinrich, Fara, Tf. 51 g. h. i. 1. m. - Reliefierte Pyxis aus Nippur (The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18 f (Abb.) und unser Plattenfragment F 3 aus Fara
227
228
Ζ. B. OIP 72, No. 256
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Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
Tiere ist die Tatsache, daß jegliche Muskulatur- oder Gelenk-Angabe auf den Extremitäten fehlt, auf die bei ähnlich qualitätvollen Darstellungen des sumerischen Kunstkreises, gerade im Bereich der mesilim-zeitlichen Ritztechnik, nur selten verzichtet wird: man vergleiche dazu nur die in Form von Dreiecken bzw. Halbkreisen stilisierte Innenzeichnung der Knie- und Sprunggelenke bei den Tierfiguren auf der Ritzplatte Ν 2 aus Nippur und die entsprechenden Details bei den Tierskizzen auf den Tontafeln aus Fara 2 2 9 . Auch die schon mehrfach zitierten Ritz-Zeichnungen auf dem Pyxis-Deckel von Teil Agrab 191 zeigen bei Löwe, Stier, Steinbock und Antilope eine sorgfältige Angabe der Muskulatur und Gelenke, natürlich in schematisierter, vereinfachter Form. Selbst beim Entwurf so winziger Kunstwerke wie etwa der miniaturhaften Bildflächen der altvorderasiatischen Rollsiegel, haben sich manche altsumerischen Steinschneider bemüht, durch Innenzeichnung und Untergliederung die tierischen oder menschlichen Gliedmaßen in ihrer Funktion und naturgegebenen, plastischen Struktur deutlicher zum Ausdruck zu bringen 2 3 0 . Ein weiteres, auffälliges Phänomen, das allen sechs elamischen Ritzplatten gemeinsam ist, auf sumerischen Flachbildern dieser Zeit dagegen nur höchst selten begegnet, ist das völlige Fehlen jeglicher Angabe von Geschlechtsteilen, sowohl beim nackten Menschen als auch vor allem bei den Huftieren und Raubvögeln. Selbst bei den einfachsten Skizzen, wie bei einigen flüchtigen Ritzungen auf den Fara-Tafein, treffen wir immer wieder deutliche Darstellungen der Genitalien an, desgleichen bei qualitätvolleren altsumerischen Flachbildern natürlich (vgl. ζ. B. das obere Reliefbild von F 3 = Tf. XX,3). Bei dieser Gelegenheit aber sei noch an ein echt sumerisches Reliefbild erinnert, das auf einer allseitig bildverzierten Kalksteinpyxis aus Nippur 231 angebracht ist: hier erscheint tatsächlich ein ganz ähnlich wiedergegebener nackter Held in fast identischer Körperhaltung wie auf der Platte S 6; auch hier fehlt jegliche Angabe von Geschlechtsmerkmalen oder Muskulatur-Stilisierung, wie auch bei den beiden spiegelbildlich angeordneten Rindern, die er schützt. W^nn auch der Held auf der Pyxis mit Zipfelkappe und Gürtel mit Dolch geschmückt ist, so bietet dieses ohne Zweifel echt mesilim-zeitliche Reliefdenkmal doch in kompositorischer, thematischer und stilistischer Hinsicht wohl das beste kunstgeschichtliche Vergleichsstück zum Ritzbild unserer Platte aus Susa und damit auch ein brauchbares Datierungsindiz. Eine weitere enge Verbindung zwischen beiden Flachbildwerken wird darüber hinaus geschaffen durch ein zweites Bildfeld der gleichen Nippur-Pyxis, das Ziege und Rosette in einer Metope vereint; allerdings ist hier das tierische Bewegungsschema ein anderes als auf der Susa-Platte, und die Rosette bildet hier deutlich den organischen Bestandteil einer Pflanze mit langen Blättern, von der die Kapride frißt. Die Löwendarstellungen auf den restlichen zwei Pyxisreliefs sind wiederum eng verwandt mit den entsprechenden Bildern auf den Platten S 4 und S 5. Man wird also die zuletzt behandelte Weihplatte S 6 - trotz der vorhin erwähnten, vielleicht vom Künstler beabsichtigten Detail-Auslassungen und trotz einiger einheimischer, in Ikonographie, Thematik und Komposition von der echt sumerischen Flachbildausprägung leicht abweichender Züge — wohl ebenfalls dem näheren Umkreis der Mesilim-Periode Mesopotamiens zurechnen müssen. Es mag sein, daß sich in der zeichnerischen Darstellung dieses Stückes schon eine gewisse Stilentwicklung anbahnt, die wir im altsumerischen Bereich dann in der Bildkunst der Übergangsperiode von der Mesilim- zur Ur I-Zeit wiederfinden: eine Hinwendung zu stärker gerundeten, naturnäheren Körperformen, zu weicherer Linienführung, zu lebendigerer Gestaltung des naturgegebenen Vorbildes und zu nachdrücklicherer Betonung der organischen Bewegtheit (ich vermeide dabei bewußt den oft benutzten Begriff „Plastizität", weil wir ihn in der Flachbildkunst des Alten Orients nur unter Einschränkungen, und dann nur mit äußerster Vorsicht, verwenden dürfen), eine langsame und Schritt für Schritt vollzogene Auflösung der einstigen mesilim-zeitlichen Starre und Vergeistigung, des strengen, abstrahierenden Formalismus und der Tendenz zur Entkörperlichung, zur Entmaterialisierung des Dargestellten in den Bildwerken jener Kunstepoche 2 3 2 . 6. Versuch einer stilistischen Einordnung der Gruppe Schon die Bergziegen auf den Platten S 5 und S 6 repräsentieren nicht mehr eine bloße geistige Abstraktion, sozusagen die „Idee" eines Tieres, wie es noch bei den Adlern und Löwen der Platten S 1—S 4 229
Heinrich, Fara, Tf. 27 c; 30 d. g. i; 31 c. d
230
Heinrich, Fara, Tf. 48 d; 50 b. c. e. g Sumer 12 (1967) Photo 10 = Archaeology 15 (1965) 80 Abb. 7 (Mitte) = ILN vom 9. 9. 1961, 410 Abb. 16 = The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18 f (Abb. oben)
231
232
Vgl. dazu Moortgat, KAM 41. 47
Der Komplex der ritzveizierten Weihplatten aus Susa
45
der Fall gewesen sein mag, sondern legen eher die Vorstellung von einem lebendigen Organismus, der atmet und sich bewegt, der Darstellungsweise zugrunde, womit natürlich keineswegs eine Identität von Vorbild und Abbild erreicht wird oder auch nur erstrebt ist. Der Abstraktionswille und Formalismus wirkt sich hier wohl mehr auf die bildliche Komposition und die spiegelbildliche Wiederholung des Einzelmotivs, bedingt durch den Raumzwang der Bildfläche und die Tendenz zur heraldischen Formulierung des mythologischen Themas, aus als auf die künstlerische Durchbildung des Tierkörpers selbst, seiner Umrißlinien und seiner Detail-Untergliederung. Unter diesem Aspekt scheinen sich die beiden letztgenannten Ritzplatten-Bilder von den ersten vier Exemplaren aus Susa in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht leicht abzuheben. Andererseits wiederum gehören alle sechs Weihplatten, wie wir im Vorhergehenden schon gesehen haben, aus mehreren anderen Gründen gedanklich und bildlich so eng zusammen, daß wir ungern irgendwo innerhalb dieser dicht in sich verflochtenen Gruppe eine deutliche Zäsur ziehen wollen; ein solch gravierender Einschnitt würde die weitgehende innere und äußerliche Geschlossenheit der ganzen Gruppe sicher zu Unrecht sprengen und dabei Bildwerke in ihrem Zusammenhang auseinanderreißen, die doch wohl ein und derselben Stilstufe angehören müssen und damit auch entstehungszeitlich nicht allzu weit auseinanderrükken dürften. Beim Versuch einer stilistisch/zeitlichen Einordnung in den Ablauf der altsumerischen Bildkunst-Entwicklung werden wir also die ganze Gruppe ritzverzierter Weihplatten aus Susa am besten an das Ende der Mesilim-Periode setzen; vielleicht liegt ihr tatsächliches Herstellungs-Datum auch erst — wenn wir nämlich die oben angedeuteten Entwicklungserscheinungen der Platten S 5 und S 6 in Rechnung stellen und darüber hinaus die Möglichkeit einer gewissen „provinziellen" Verzögerung bei der Übernahme stilistischer, thematischer und formaler Ideen aus Sumer nach Elam berücksichtigen - am Beginn der sogenannten 2. Übergangszeit'. das entspräche, nach der Terminologie für die glyptische Entwicklung Mesopotamiens der „Imdugud-Sukurru"-Periode, nach dem stratigraphischen Schema der amerikanischen Ausgrabungen in Nippur und im Diyala-Gebiet etwa dem Zeitabschnitt zwischen dem Ende der Phase ED II und dem Anfang von ED III a (vgl. dazu unsere Untersuchungen im folgenden Kap. III, Abschnitt Α und E). Eine noch stärkere Einengung und Präzisierung des Entstehungszeitpunktes unserer Weihplattengruppe wäre beim heutigen Stand der Forschung, sowohl was den Denkmalsbestand aus dem sumerischen wie auch das Fundmaterial aus dem elamischen Bereich angeht, rein spekulativ und kaum mit beweiskräftiger Argumentation durchzuführen! Wenn wir aber so die Erkenntnis gewonnen haben, daß diese Gruppe als innerlich weitgehend homogene, in sich geschlossene Einheit zumindest nicht vor der Blütezeit der mesilim-zeitlichen Bildkunst entstanden sein dürfte, können wir auch mit höchster Wahrscheinlichkeit die zu Anfang dieses Kapitels angedeutete Möglichkeit ausklammern, daß die Gattung der Weihplatten selbst im elamischen Kulturkreis zuerst aufgekommen oder entwickelt worden sei und erst von hier aus ihren Weg in den sumerisch-mesopotamischen Kunstbereich angetreten habe. Denn nicht nur die offensichtlich enge formale, stilistische und großenteils auch thematische Abhängigkeit der Susa-Platten von Vorbildern zweifellos sumerischen Ursprungs und die deutliche Verquickung dieser Einflüsse aus Mesopotamien mit einheimisch elamischen Vorstellungen und Bildgedanken, die wir im Vorhergehenden darzustellen versuchten, sprechen für eine Übernahme der Idee zu dieser Bildgattung aus dem sumerischen Kernland, sondern auch die — bei aller künstlerischen Qualität der bildlichen Ausdrucksform und der flüssigen, sicheren Zeichnung — untereinander stark variierenden Kompositions-Schemata, die anscheinend nicht zu einer so einheitlich wirkenden Norm der Bildfeld-Einteilung geführt haben, wie es spätestens seit der Mesilim-Zeit bei den altsumerischen Weihplatten der Fall ist. Zwar erinnert dieses Ringen um kompositorische Formulierung, um selbständige Ausdrucksform und Raumeinteilung im bildnerischen Bereich, entfernt an die bildkünstlerischen Eigenheiten während der Entstehungszeit der ersten sumerischen Weihplatten, an die Darstellungen auf den als Vorstufe zur Denkmalsgattung erkannten Exemplare (Ν 1, AS 1, CT 1); allerdings besteht doch wohl der grundlegende Unterschied zwischen beiden Gruppen darin, daß die susianischen Künstler fertig ausgeprägte Vorbilder aus Sumer gekannt haben müssen, während die Bildhauer der frühesten sumerischen Weihplatten sich sowohl die Gattung selbst, als kultische und gleichzeitig magisch-apotropäische Verzierung der Tempelwand nämlich, wie auch die bildliche Verzierung dieser Votiv-Gegenstände mit figürlichen Motiven mythologischer oder kultischer Natur gleichsam aus dem Nichts heraus erarbeiten mußten, ehe eine festgefugte Ordnung und Bildgliederung sich entwickeln konnte. Dafür spricht im Übrigen auch die Auslassung oder unverstan-
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Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
dene Wiedergabe bestimmter Zentralmotive der typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten, deren Grundideen anscheinend nicht in der elamischen Vorstellungswelt zuhause waren, wie ζ. B. das „Symposion", die Darstellung eines religiös gebundenen Festmahls, wie wir im Folgenden noch sehen werden.
C. Drei elamische „ C u r i o s a " Der Gesamteindruck von einer bestimmten Abhängigkeit der elamischen Flachbildkunst von Vorbildern des sumerischen Kunstschaffens in frühdynastischer Zeit verstärkt sich nämlich noch erheblich bei der Betrachtung der drei übrigen uns überlieferten Weihplatten aus Susa, die wir zu Anfang unseres Kapitels kurz gestreift und zunächst zurückgestellt hatten, weil sie weder zur Gruppe der charakteristischen elamischen Ritzplatten gehören noch überhaupt in sich selbst etwa eine geschossene Einheit bilden. Es handelt sich dabei um drei in sich wiederum grundlegend verschiedenartige Exemplare, die kaum eine innere oder äußerliche Beziehung zueinander erkennen lassen, und deren Bilddarstellung jeweils eine eigenständige, eigenwillige Entwicklungserscheinung präsentiert, die es hier im Einzelnen zu verfolgen gilt.
1. Das Plattenfragment S 7 Wie die Replik einer echt sumerischen Weihplatte der Mesilim-Zeit, wie eine exakte Kopie in Form, Komposition, Thema und Stil, wirkt ein reliefverziertes Plattenfragment aus der Schicht unter dem Fußboden des „Ninchursag-Tempels" in Susa, unser Stück S 7 (= Tf. XXIV,1). Der erhaltene Teil seiner Schaufläche zeigt noch deutlich die rechte Ecke des ursprünglichen Oberfrieses mit den Resten einer „Symposion"-Szene (thronender Mann im Zottenrock, ihm zugewandt ein Ministrant) und im fast vollständig gebliebenen rechten Feld des ehemals mittleren Bildstreifens die Darstellung von Vorbereitungen zu jenem Festmahl (drei Diener mit Mischkrug, Kanne und Bechern, bekleidet ebenfalls mit zotten- oder fransengesäumten Röcken), das sich im oberen Fries abgespielt hat. Den unteren Bildstreifen dürfen wir uns mit einer Wagen- oder Boots-Szene, vielleicht aber auch mit der Wiedergabe eines kultischen Tanzes bzw. Ringkampfes oder mit einer Wiederholung des Symposion-Motivs ausgefüllt ergänzen 233 . Die innere und äußerliche Verwandtschaft, ja, nahezu vollkommene Identität unseres Relieffragments mit einigen typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten mesopotamischer Provenienz, speziell des Diyala-Gebietes, könnte uns zu der wohl berechtigten Vermutung fuhren, daß es sich hierbei ebenfalls um ein in Sumer selbst gefertigtes Exemplar unserer Denkmalsgattung handelt, das als Import oder Beutestück nach Susa gelangt sein muß, wo es dann rund viereinhalb Jahrtausende später von den französischen Ausgräbern gefunden wurde. Denn nicht nur in Leisten-Rahmung und dreistreifiger Bildfeld-Einteilung, in Dimension wie Proportion der ursprünglichen Schaufläche (ergänzte Maße etwa 32 cm im Quadrat) und Werkmaterial (weißer Kalkstein) 2 3 4 , sondern auch in seiner Relief-Technik und vor allem dem eigentlichen „Stil" der Darstellung (Thematik, Komposition und Ikonographie) stimmt das Bild unseres Bruchstücks mit dem mehrerer Weihplatten aus dem Diyala-Gebiet, die ausnahmslos der „klassischen" Mesilim-Kunstperiode angehören, nahezu völlig überein, durch kein einziges Indiz jedenfalls gestört, das wir vielleicht als lokal bedingte, elamische Eigenheit oder als „provinzielle" susianische Formvariante in Anspruch nehmen könnten, als Hinweis etwa auf eine Überarbeitung und formale Veränderung des altsumerischen Bildgedankens oder Motivkreises durch einen zeitgenössischen elamischen Künstler. Besonders ikonographische und antiquarische Einzelheiten, wie Gefäßformen und Haar- bzw. Kleidertracht der Dienergestalten (lange, torsierte Haarlocke, die parallel zum gewellten Bart senkrecht auf die Brust herabfällt und mit jenem dort waagerecht abschließt; der lange, glatte, glockenförmige Rock mit Zotten- bzw. Fransensaum und breitem Wulstgürtel) finden exakte Parallelen auf mesopotamischen Weih233
Rein theoretisch ist auch die Möglichkeit nicht ganz auszuschließen, daß wir in den zwei erhaltenen Friesausschnitten die Reste des ursprünglichen Mittel- und Unterfrieses vor uns haben, da auch eine solche Verteilung der Motive auf einigen mesilim-zeitlichen Weihplatten zu belegen ist (Mittelfries: verkürzte Symposionszene; vgl. etwa die Platten AG 1, CH 3, Ν 5, Μ 1 - 2 )
234
P. Amiet spricht von Alabaster (Amiet, Elam, Abb. 131)
Drei elamische „Curiosa"
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plattenbildern der Mesilim-Zeit, speziell einiger Stücke aus dem Diyala-Gebiet, aber auch teilweise auf anderen Denkmälern der Flachbildkunst jener Periode 235 . Genauso eindeutig in ihrer Zugehörigkeit zur echten Mesilim-Kunst sind aber auch stilistische Details wie die unverwechselbare Physiognomie des Profilgesichts mit langer, schnabelartiger Nase, dünnen, „gespitzten" Lippen und übergroßem, mandelförmigem Auge, die, in Verbindung mit der Gestaltung des menschlichen Körpers und seiner Extremitäten (scharfkantig gewinkelte, stereometrisierte Arme mit spitzen Ellenbogen und winzigen Händen; geometrisierte RumpfForm; starre, eckige Körperhaltung; überlängte Beine und Füße mit durchgewölbtem Spann), zu den darstellerischen Charakteristika des typisch mesilim-zeitlichen Menschenbildes in der Flachbildkunst gezählt werden müssen 236 . Am auffalligsten aber erscheint am Relief unseres Plattenbruchstücks S 7 die spezifische Form des Thrones, mit seinen seitlichen Verstrebungen in Gestalt einer Sanduhr mit geriefelter Abschlußleiste, die in geradezu identischer Wiedergabe auf dem besonders sorgfältig gearbeiteten Plattenfragment AG 4 (= Tf. 11,2) an der entsprechenden Stelle im ehemaligen Oberfries wiederkehrt. Das letztgenannte Stück aber ist ein klassischer Vertreter unserer Denkmalsgattung aus der Blütezeit der Mesilim-Periode, darüber hinaus wohl eines der qualitätvollsten Flachbildwerke dieser Kunstphase überhaupt, zumindest in künstlerischer Hinsicht, wenn man einmal von seinem bruchstückhaften Erhaltungszustand absieht. Eng verwandte Thronformen liefern uns im Übrigen auch noch weitere Bilder echt mesilim-zeitlicher Weihplatten aus den Stätten am Diyala und anderen Kunstzentren Sumers 237 Demzufolge möchten wir unser Bruchstück aus Süsa nicht nur mit höchster Wahrscheinlichkeit einem sumerischen Bildhauer der Mesilim-Zeit zuschreiben und damit jede Möglichkeit einer materiellen Entstehung in Susa oder gar der Mitwirkung einer elamischen Künstlerhand bei der Anfertigung des Reliefs von vornherein ausschließen, sondern noch einen Schritt weiter gehen und die eigentliche Provenienz dieser Weihplatte in eine Werkstatt des Diyala-Gebietes verlegen, dessen Beziehungen zum elamischen Raum um Susa während der frühdynastischen Zeit sich in Form einer gegenseitigen Befruchtung und Beeinflussung auf mehreren Gebieten nachweisen lassen 238 : wechselseitige Beziehungen politischer, kommerzieller und kultureller Natur, die auch schon auf die rein geographische Nähe beider Landschaften zurückzufuhren sein mögen. Diesmal ist die Stoßrichtung des künstlerischen Importes allerdings unzweideutig: hier hat die susianische Kunst nicht nur entlehnt, sondern ein Original übernommen! Auf jeden Fall aber kann über die zeitliche und kunstgeschichtliche Datierung des Bildwerks in die Blütezeit der Mesilim-Periode nicht der geringste Zweifel bestehen.
2. Die Platte S 8
Sichtlich ebenfalls stark von typisch sumerischer Weihplatten-Thematik beeinflußt, aber doch wohl von der Hand eines elamischen und zweifellos erheblich weniger begabten Bildhauers gefertigt, präsentiert sich die Kalkstein-Platte S 8 (= Tf. XXIV,2) aus Susa mit ihren zwei reliefgeschmückten Bildstreifen und dem großen, runden Zentral-Loch. Aber nicht nur die figürliche Komposition ist hier völlig mißlungen — jedenfalls kann sie sich in keiner Weise mit jener wohlproportionierten, ausgewogenen Verteilung der Motive auf den Bildfeldern messen, die uns bei den ritzverzierten susianischen Weihplatten so faszinierte —, sondern auch die bildliche Gestaltung der Einzelfiguren ist richtiggehend „verunglückt", sodaß man erst nach genauerem Hinsehen den Inhalt der Darstellung versteht und das verzeichnete sumerische Vorbild erkennt. Wahrscheinlich ist das Versagen des Bildhauers hier nämlich nicht allein auf handwerkliches Ungeschick und mangelnde künstlerische wie werktechnische Begabung zurückzufuhren, sondern vielmehr auch auf ein eklatantes 235
236
237 238
Mischkrug mit Rührstab (oder Schöpfkelle?): AG 1. - Becher und schlankes Gefäß mit eingezogenem Hals: AS 3, CT 2, AG 2. - Diener im langen Hüftrock mit Zotten- bzw. Fransensaum: CS 1, CH 3, Κ 1, Κ 6 Zum Menschenbild (Physiognomie, Haartracht, Körperstruktur und -haltung): AS 3, CT 2, CS 1, CS 4, CH 1 - 3 , CA 1 - 3 . - Dazu als Beispiel einer anderen Denkmalsgattung: die Figuren des bekannten Sookelreliefs der MesilimZeit aus Tello (Dec. Tf. 1 bis, 2; Tf. 1 ter, 1; Tf. 6 ter, 5; Tf. 47, 1 = Zervos Tf. 5 5 - 5 7 = Hirmer/Strommenger Tf. 44) Vgl. die Reliefbilder der Weihplatten AG 1, CS 7, CN 3, CA 2, Ν 3 und Ν 6 Vgl. dazu auf dem Gebiet der Glyptik: U. Moortgat-Correns, OLZ 54 (1959) Sp. 344 ff. - Politische Berührungspunkte erwähnt in unserer Anmerkung 196
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Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
Mißverständnis der dem Elamier anscheinend nicht von Hause aus vertrauten Bedeutung sowohl der Motivgruppen als auch der Einzelfiguren 239 : Die wohl als männlich zu deutende (bärtige?), thronende Hauptgestalt auf der linken Seite des Oberfrieses, angetan mit einem glatt abschließenden Gewand (Hüftrock?), ist hier offenbar bildlich verschmolzen mit der Figur eines Harfen- oder Leierspielers, der uns in den Symposion-Szenen der sumerischen Flachbildkunst in frühdynastischer Zeit immer wieder begegnet; hier greift er mit der rechten Hand in die vier Saiten des seltsamen Musik-Instrumentes, das sich in dieser Form nirgends sonst belegen läßt und wahrscheinlich auf einem vollständigen Mißverständnis altsumerischer Vorbilder beruht, einer Verständnislosigkeit gegenüber dem thematischen Gehalt wie auch den originalen antiquarischen Details gegenüber. Der Kopf jenes Mannes mit der noch oberhalb der Schulter waagerecht und glatt abschließenden Haarfrisur ist entschieden zu weit nach rechts gerückt, nur um dem trompetenförmig gebildeten „Hals" der Harfe Platz zu machen, der auf seiner rechten Schulter ruht und dort in einen halbkreisförmigen Bogen ausläuft. Seine Linke ergreift einen Becher, den ihm ein rechts vor ihm kniender (oder besser: im KnielaufSchema wiedergegebener) nackter Diener in gleicher Haar- und Bart(?)-Tracht zureicht. Der auf der rechten Friesseite thronenden Frauengestalt mit Becher und Zotten(?)-Rock ist eine nackte Dienerfigur zugewandt, die Hände über der Brust verschränkt und die Beine in den Knien leicht angewinkelt, möglicherweise ein Tänzer (oder eine Tänzerin). Vielleicht stellt allerdings die Beinhaltung des „Tänzers" sowie des „knienden" Dieners, beide in dieser Gestaltung während der altsumerischen Kunstperiode, zumindest aber im typischen Bildrepertoire der frühdynastischen Weihplatten, nicht nachzuweisen, weniger etwa eine spezifisch elamische Ausdrucksform zur Andeutung lebendiger Bewegungs-Schemata dar, als vielmehr ein klägliches Bemühen des „Künstlers", mit der Störung des rechteckigen Bildstreifens durch das große, zentrale Loch fertig zu werden. Die dadurch bedingte vertikale Einengung der Friesmitte und der gleichzeitige Wille zur isokephalen Komposition bzw. Aufreihung der Figuren mag letztlich zu einer solchen „Verkürzung" der Dienergestalten gefuhrt haben. Daß es aber für einen Steinbildhauer jener Zeit, auch im Bereich elamischer Kunstübung, durchaus bessere und elegantere Möglichkeiten zur Überbrückung eines solchen formalen „Engpasses" gegeben hat, beweist allein die großzügige Komposition der Ritzplatte S 5, deren Schöpfer mit mindestens den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und sie dennoch mit künstlerischer Gestaltungskraft scheinbar leichthändig bewältigte. Der Trennstreifen, der die beiden Bildfriese gegeneinander abgrenzt, ist doppelt so breit wie die Rahmenleiste und wird, auch das ein ungewöhnliches Phänomen, von zwei horizontal angelegten Parallelreihen dreiecksförmig eingetiefter Punkte ornamental verziert und dadurch betont hervorgehoben 240 . Im unteren Bildstreifen dokumentiert sich dann erneut die Unfähigkeit des'Steinmetzen, die zur Verfügung stehende Fläche fur die beabsichtigte Darstellung richtig zu nützen und damit die Szene dem Bildfeld harmonisch anzupassen, obwohl er doch gerade für das Arrangement dieses Motivs thematische Vorbilder aus dem Kreis der altsumerischen Flachbildkunst gekannt und auch benutzt haben muß: Ein nackter „Held" mit der oben besprochenen, pagenkopfähnlichen Frisur und Bart (oder soll dieses vertikale, stabförmige Gebilde unterhalb des „Gesichtes" auch hier allein den Hals charakterisieren?) ersticht einen Löwen, der gerade ein vor ihm in die Knie gebrochenes Rind gerissen hat: ein Thema, das in der Formulierung des „Figurenbandes" sich durch die gesamte altsumerische Glyptik hinzieht 241 und sogar noch in der akkadischen und altbabylonischen Rollsiegel-Thematik eine gewisse Rolle spielt 242 , dort allerdings in einem gänzlich anderen, der Rollsiegelfläche angepaßten Kompositions-Schema. In dem hier angestrebten, auf die langrechteckige, seitlich begrenzte Relief-Bildfläche243 zugeschnittenen Figuren-Aufbau erscheint der gleiche Bildgedanke auf dem leider stark zerstörten unteren Fries der 239
240
241 242 243
Zur Bildbeschreibung und -deutung: Moortgat, Tammuz, 48 ff. Dort nicht ganz richtige Interpretation der linken thronenden Hauptgestalt (zwei Figuren, die eine auf dem Schöße der anderen sitzend?), wahrscheinlich auf der undeutlichen photographischen Wiedergabe des Originaldenkmals in MDP 13, Tf. XL, 9 beruhend! Man wird bei dieser Frieseinteilung unwillkürlich an mehrere Stücke der Ur I-Zeit erinnert, auf denen statt eines mittleren Bildstreifens in Höhe des Zentral-Lochs eine verhältnismäßig breite Stegleiste als Friestrennstreifen tritt (U 4, Τ 7, Ν 8). In einem Fall (T 7) dient dieser breite Steg zur Aufnahme einer längeren Inschrift; sollte es sich bei dem Punktornament auf der Platte S 8 vielleicht um Schriftimitation handeln? Vgl. Moortgat, VR 10 f. 13 ff Vgl. Moortgat, VR 20 ff. 30. 42 ff. - Moortgat, KAM 86 Auch zu diesem Kompositionsschema gibt es Beispiele in der altsumerischen Rollsiegel-Glyptik: UE III, Nos. 241-57
Drei elamische „Curiosa"
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Weihplatte AG 1 (= 1,1) aus Teil Agrab, ebenfalls in Verbindung mit dem kultischen Motiv der SymposionSzene 244 . Aber wie elegant hat der sumerische Künstler der Mesilim-Zeit hier das kompositorische Problem gelöst und wie konsequent die ineinander verwobenen Gestalten der Bildfläche untergeordnet, obwohl er in den Details eine gewisse Vereinfachung und bei den Figuren eine stereotype Durchbildung245 an den Tag legt, deren künstlerische Qualität sich in keiner Weise mit den Reliefs der zeitgenössischen Meisterwerke messen kann! Unser elamischer Steinmetz dagegen nimmt zwar eine ganz ähnliche Darstellungsweise zum Vorwurf, ist jedoch anscheinend nicht in der Lage, den Original-Entwurf der altsumerischen Komposition nachzuvollziehen, sodaß im Endeffekt die Szenerie wie ein langgestrecktes Dreieck die rechte Diagonal-Hälfte des Bildstreifens füllt, während der linke obere Zwickel vollkommen leer bleibt. Bei solchem Ungeschick in der Bildaufteilung verwundert denn auch nicht mehr die unorganische Ausbildung der Gliedmaßen sowohl des Löwen als auch des zusammenbrechenden Rindes, und die Unausgewogenheit der tierischen und menschliKörper-Proportionen. Welch ein Qualitätsunterschied zur figürlichen Ausstattung der ritzverzierten SusaPlatten zeichnet sich hier ab! Ob die geriefelte Wiedergabe der Verstrebungen des rechten Thronsessels und die gleiche Charakterisierung des langen Dolches, mit dem der „Held" den Löwen bekämpft, eine bestimmte Materialstruktur (Holz bzw. Feuerstein)246 andeuten oder eine lediglich dekorative Auflockerung der glatten Formen bezwecken soll, muß vorerst dahingestellt bleiben. Dagegen möchte ich in der Gestaltung der Haarfrisuren, die jeweils in Schulterhöhe glatt abschließen, keine Umformung oder Korrumpierung der typisch mesilim-zeitlichen, sumerischen „Haar-Perücke" vermuten, sondern eher die Wiedergabe einer spezifisch elamischen Kopftracht, die an mehreren, annähernd gleichzeitigen Rundbildern dieses Kulturbereiches wiederkehrt247. In diesem Zusammenhang sei an das bekannte Statuettenfragment des Ischpum, Statthalters des altakkadischen Königs Manischtusu in Susa 248 , erinnert, das lange Zeit als zeitgenössisch akkadisches Bildwerk angesehen wurde 249 . Erst E. STROMMENGER hat dieses Oberkörperfragment endgültig durch stilanalytische Untersuchung zeitlich von seiner als sekundär erkannten Inschrift getrennt und es wohl zu Recht entstehungsgeschichtlich der mesilim-zeitlichen Rundbildkunst zugewiesen250. Allerdings nimmt sie eine ebenfalls sekundäre Abarbeitung des nach ihrer Meinung ursprünglich viel längeren Haarschopfes an, die dem Hofbildhauer des Ischpum erst die Möglichkeit verschafft habe, seine Weihinschrift auf dem Rücken der Statuette anzubringen251 . Gerade diese Vermutung aber erscheint mir hier nicht unbedingt zutreffend, zumindest nicht zureichend begründet, da es sich doch allem Anschein nach nicht etwa um eine echt sumerische, in Mesopotamien gearbeitete Statuette, sondern viel eher um ein im Bereich der Susiana entstandenes Bild, aus einer elamischen Werkstatt hervorgegangen also, handeln dürfte, wie schon Form und Haarstilisierung des Bartes nahelegen, und wie es auch von E. STROMMENGER selbst als wahrscheinlich hingestellt wird 252 . Dann aber braucht man beim Ischpum-Torso nicht zwangsläufig eine ursprünglich lang auf den Rücken oder wenigstens auf die Schultern herabfallende Haartracht vorauszusetzen, wie sie einen Großteil der klassischen Beter-Statuetten der Mesilim-Zeit aus Chafadschi, Teil Asmar, Teil Agrab, Nippur und Teil Chuera ziert 253 , sondern könnte sich das Fragment durchaus als ein in seiner bildlichen Gestalt nicht sekundär überarbeitetes Werk einer susianischen Bildhauerschule vorstellen; dabei wäre der vorliegende Haartracht-Typus wohl als einheimisch elamische Modeerscheinung zu deuten, analog nämlich zur Frisur-Wiedergabe auf unserer 244
Zur Themenkombination „Symposion/Figurenband" und zur engen Zusammengehörigkeit beider Bildgedanken zu einem einzigen großen, der sumerischen Vorstellungswelt entsprungenen Bilderzyklus vgl. Moortgat, Tammuz, 47 ff
245
Man beachte ζ. B. die vereinfachende Wiedergabe der Augen, der Frisuren und der Zottenröcke!
246
Diese Theorie wird ζ. B. von M. Rutten, EPA Tf. 178 erwogen
247
Μ DP 13, Tf. XL, 7 - 8 = EPA Tf. 183 A - B . - Amiet, Elam, Abb. 137
248
MDP 10, Tf. 1 ff. - Contenau, MAO II, Abb. 467 f. - Amiet, Elam, Abb. 135 Α. Β
249
Ζ. Β. Contenau, MAO II, 674
250
E. Strommenger, ZA NF 19 (1959) 30 ff; Tf. I—II. - E. Strommenger, BaM 1 (1960) 47 f
251
E. Strommenger, ZA NF 19 (1959) 36. - E. Strommenger, BaM 1 (1960) 48
252
E. Strommenger, ZA NF 19 (1959) 36
253
OIP 44, Tf. 1 ff. - OIP 60, Tf. 1 ff. - Moortgat, KAM Tf. 70 ff. - ILN vom 28. 6. 1952, 1087 Abb. 18. - ILN vom 9. 9. 1961, 411 Abb. 18. - Archaeology 15 (1962) 81 Abb. 8
Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
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Weihplatte S 8 und anderen Menschenbildern, vorwiegend rundplastischer Gestalt 2 4 7 , aus Susa, die ebenfalls während der frühdynastischen Periode entstanden sein müssen. Was nun die Herstellungszeit unserer Weihplatte selbst angeht, so sind wir auch hier wieder auf stilistische und antiquarische Kriterien angewiesen, die wir zu den Entwicklungsphasen der mesopotamisch-altsumerischen Flachbildkunst in Beziehung setzen müssen: Zweifellos haben mesilim-zeitliche Weihplatten als mittelbare Vorbilder für die Reliefgestaltung unserer elamischen Platte gedient; nur unter der Voraussetzung jedenfalls, daß der Steinmetz Vertreter jener Denkmalsgattung und deren typische Bilderwelt gekannt haben muß, wird uns die Darstellung und ihr Gehalt verständlich. Auch der „Stil" — wenn wir bei „provinziellen" Stücken dieser Art, zumal qualitativ so minderwertigen wie jener Platte, überhaupt mit diesem Begriff operieren dürfen - tendiert weitgehend zur mesopotamischen Flachbildkunst jener Periode, wie sie uns auf den reliefverzierten Weihplatten aus Sumer begegnet: Menschendarstellungen mit großem Auge, schnabelartiger Nase und fliehendem Kinn, die isokephale Reihung der Figuren und die Kombination von Symposion- und Tierkampf-Thema. Bildliche Einzelheiten aber wie die Thronformen, der „Zottenrock" der weiblichen Hauptperson, die „kultische Nacktheit" der Dienerschaft und der Typus des Dolches sind Antiquaria, die, wollen wir sie nicht als zeitgenössische elamische Formvarianten erklären, den ikonographischen Rahmen der typisch mesilimzeitlichen Weihplatten sprengen. Sie lassen vielmehr, vor allem in Verbindung mit der Aufteilung der Schaufläche in zwei Friese und der Anlage des breiten mittleren Trennstreifens, mit gewisser Berechtigung, wenn nicht mit Sicherheit, auf eine zumindest etwas spätere Entstehungszeit des Reliefs aus Susa schließen. So werden wir die Platte S 8, in Übereinstimmung mit dem Vorschlag A. MOORTGAT'S254, wohl frühestens in die Übergangsperiode zwischen der Mesilim- und Ur I-Zeit datieren dürfen, besser vielleicht noch in den Beginn der Ur I-Periode selbst, in die Zeit etwa des Urnansche von Lagasch oder der „Königsgräber" von Ur (vgl. dazu unser Kapitel III). In thematischer Hinsicht allerdings ist das Relief nach wie vor kaum aus der mesilim-zeitlichen Bilder- und Vorstellungswelt zu lösen.
3. Die Platte S 9 Weitere Rätsel in Bezug auf Deutung und Datierung gibt uns eine kleine, annähernd quadratische Bitumenplatte aus Susa („bloc sculpte") auf, nämlich unser Stück S 9 (= Tf. XXIV,3), das wir zudem nicht mit letzter Sicherheit als Vertreter der Weihplatten-Gattung identifizieren können. Das durch eine schmale Randleiste allseitig gerahmte Relief zeigt, ohne daß die Schaufläche in mehrere Bildstreifen aufgeteilt wäre, zwei einander zugewandte nackte Männer mit langem, wellenförmig charakterisiertem und weit auf die Schultern herabfallendem Haupthaar, großer, gebogener Nase, betonter Mundpartie mit gespitzten Lippen und rundem, bartlosem Kinn; die beiden Personen strecken sich jeweils eine Hand (vielleicht im GrußGestus erhoben?) entgegen, wobei diese Hände sich berühren, während die andere jeweils in Taillenhöhe angewinkelt ist. Zwischen den Köpfen dieser Männer winden sich zwei gestreifte Schlangen, zu einem symmetrischen, dekorativen „Flechtband" ineinander verschlungen; der Platz zu Füßen der Hauptfiguren wird von einem nach rechts gewandten, kleinen Huftier eingenommen, wahrscheinlich einem Kalb oder einem Zicklein 255 . In den von dieser figuralen Komposition freigelassenen Raum in der geometrischen Mitte der Plattenfläche ist eine unregelmäßig oblonge Vertiefung eingeschlagen, in der ich den Versuch zur Anbringung einer ursprünglich geplanten, zentralen Durchlochung des Bildwerkes erkennen möchte. Daß nämlich die für unseren Denkmäler-Komplex so charakteristischen, gattungsbestimmenden Zentrallöcher in der Reihenfolge des Arbeitsganges tatsächlich wohl meistens erst nach der Fertigung der bildlichen Verzierung gebohrt wurden, hat jüngst P. MOOREY am Beispiel des bereits besprochenen (vgl. Kap. I, Abschnitt 6) ritzverzierten Weihplatten-Fragments aus Kutha (KU 1) nachgewiesen 256 . Anscheinend ist nun in unserem Falle das spröde Werkmaterial 257 beim Anbohren gesplittert, und der susianische Bildhauer hat dann, da die 254
Moortgat, Tammuz, 48
255
Auf keinen Fall aber handelt es sich um einen „Hund", wie ihn P. Amiet erkennen will (Amiet, Elam, 173)
256
Moorey 98
257
Man vgl. dazu die bröckelige, geradezu „blätterteig-ähnliche" Konsistenz des Werkmaterials bei der sog. DuduPlatte (T 12) ausTello: im Fundzustand = Dec. 205 (Abb.); im heutigen Zustand = Dec. Tf. 5 bis, 2
Drei elamische „Curiosa"
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Reliefdarstellung selbst durch dieses Mißgeschick teilweise in Mitleidenschaft gezogen worden war, auf eine weitere Bearbeitung des Stückes, zumindest aber auf die endgültige Fertigstellung des Mittel-Loches, verzichtet. Schon M. PEZARD hat bei seiner Erstbearbeitung der Funde aus Susa jene Bitumenplatte in den Komplex der echten Weihplatten mit zentraler Durchbohrung mit einbezogen 258 : „ . . . tablette analogue ä Celles de pierre (gemeint sind unsere Ritzplatten S 1—S 6); le trou median n'a pas ete acheve ici.". Auch G. CONTENAU schließt sich dieser Theorie a n 2 5 9 . Spätere Bearbeiter des Bildmaterials aus Susa, zuletzt P. AMIET, haben die mittlere Vertiefung in der Relief-Schaufläche dann als Mulde zur Aufnahme von Opfergaben interpretiert 260 , was aber in jedem Fall zur Voraussetzung hätte, daß die Platte ursprünglich in horizontaler Lage, etwa auf einem Altar oder eigens für diesen Zweck errichteten Podest, angebracht "2Λ1
gewesen wäre . Zweifellos kann jedoch die erstgenannte Hypothese mehr Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch nehmen; denn die Bitumenplatte fugt sich in ihren Dimensionen und Proportionen ( 2 0 X 20 cm), in der quadratischen Form der Bildfläche mit ihrer plastischen Rahmenleiste, in der Anlage der Reliefdarstellung, in ihrer Komposition der figürlichen Bildelemente um einen freigelassenen zentralen Raum und in ihrem fraglos aus Kult oder Mythologie bezogenen Motiv durchaus in den formalen und künstlerischen Rahmen unserer Denkmalsgattung ein, wenn auch das Thema selbst keine unmittelbare oder gar identische Parallele in der sumerischen oder elamischen Flachbildkunst des dritten vorchristlichen Jahrtausends, aus deren Bereich das Bitumen-Relief ohne Zweifel stammen mufc, findet und deshalb einige hermeneutische Fragen offenläßt: Handelt es sich hier tatsächlich um zwei nackte Priester mit Opfertier, und weist das Schlangen-Flechtband vielleicht auf ein bestimmtes Gottes-Symbol hin? Oder wollte der Bildhauer hier nur zwei nackte Diener bzw. Opfergaben-Bringer darstellen, sozusagen als stark verkürzende Formulierung einer Festmahlsoder Opferszene, wobei das Flechtband dann nur einer dekorativen Raumausfullung diente? Sollte andererseits etwa einer der uns von einigen mesopotamischen Weihplattenbildern der altsumerischen Zeit wohlbekannten kultischen Zweikämpfe, eine Boxer- oder Ringer-Szene 262 , hier wiedergegeben werden? Oder ist uns in der bildlichen Darstellung in Wirklichkeit die Wiedergabe ernes uns vorerst unverständlichen, historisierenden Geschehens aus dem uns weitgehend noch verschlossenen Bereich der einheimisch elamischen Mythologie überliefert? Vielleicht finden wir einen motivgeschichtlichen Deutungshinweis auf einer ebenfalls aus Susa stammenden, zweistreifigen Siegelabrollung 263 , die durch die Einbeziehung einer Gruppe des „Figurenbandes" in einer für die sogenannte Mesannipadda-Lugalanda-Stufe264 typischen Komposition und Ikonographie wohl eindeutig in den Bereich der Ur I-zeitlichen Bildkunst verwiesen wird. Neben jener charakteristischen Figuren-Kombination und mehreren anderen, stehenden, knienden oder auf Tieren hockenden mythologischen Gestalten (Göttern?), die wohl auf typisch elamische Gottesvorstellungen und Motivkreise zurückzuführen sind, erkennen wir die gleichen langhaarigen, nackten Männerfiguren wie auf unserer Weihplatte, nur mit dem Unterschied, daß sie hier, auf der Abrollung, mit langen Zweigen in den Händen eine auf einem Löwen kauernde Frauengestalt flankieren. Noch deutlicher wird der Vergleich mit der BitumenPlatte bei der Betrachtung einer weiteren Figurengruppe im oberen Siegelstreifen, wo zwei einander zugewandte Gestalten, ein stierköpfiger Mann und ein „Held" mit Horn und langer Haarfrisur, beide in kurzem Schurz, die Arme im gleichen Gestus erheben wie im Bilde unserer Reliefplatte, während zwischen ihnen noch ein Zweig oder Blitz(?)-Bündel zu erkennen ist. 258
Pezard/Pottier 104
259
Contenau, MAO I, 441
260
Amiet, Elam, 173
261
Zur Beweisführung, daß zumindest die sicher als Weihplatten identifizierten Steindenkmäler mit zentraler Durchbohrung keinesfalls horizontal aufgestellt, sondern stets vertikal an der Tempelwand angebracht waren, vgl. unsere Zusammenfassung im Schlußkapitel V Abschnitt Β
262
Zu den altsumerischen Ringkampfszenen vgl. J. Boese, AfO 22 ( 1 9 6 9 ) 30 ff; Abb. 1 ff
263
MDP 12, Abb. 128 = Amiet, Elam, Abb. 156 Α. Β
264
Vgl. dazu Moortgat, FB 6 ff; VR 14 ff; KAM 47. - Bester Vergleich zu der Figurengruppe auf dem Exemplar aus Susa: VRNos. 1 1 3 - 1 1 8
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Eigenentwicklung der Gattung im elamischen Kulturkreis
Eine präzisierte kunstgeschichtliche Einordnung der Bitumenplatte anhand typisch sumerischer Flachbildwerke können wir diesmal weder mit Hilfe der Thematik noch unter Bezugnahme auf die bildliche Komposition gewinnen. Zwar wissen wir durch einige stilistisch sicher fixierbare Weihplatten der Ur I-Zeit aus dem mittleren und südlichen Mesopotamien, daß des öfteren zwei einander zugewandte menschliche Gestalten so auf der Plattenschaufläche angeordnet werden können, daß sie die zentrale Durchbohrung flankieren, wobei ihre Körperhöhe fast die gesamte Bildfeld-Höhe in Anspruch nimmt 2 6 5 ; aber gerade unter den Funden aus Susa hatten wir ja den Beleg, daß eine derartige Aufteilung der Bildfläche in vergleichbarer Form schon gegen Ende der Mesilim-Zeit vorkommt (S 4). Die etwas verunglückte Zeichnung des kleinen Opfer(?)-Tieres erinnert in der Anlage des flachen, kantigen Reliefs, in der Ausführung der Gliedmaßen, besonders der Hufe, und in der Gestaltung des Kopfes an vergleichbare Tierfiguren auf den Relief-Streifen einiger ebenfalls aus Susa stammender Bitumen-Ständer 266 , deren Entstehungszeit wir in der Übergangsperiode zur Ur I-Zeit angesiedelt hatten (vgl. Abschnitt Β 3 dieses Kap.). Das Motiv des Flechtbandes, diesmal allerdings ohne Schlangenköpfe und rein schematisch-ornamental ausgestaltet, begegnet uns sonst auf Weihplattenbildern nur noch einmal, nämlich bei der sogenannten DuduPlatte aus der Zeit des Entemena von Lagasch (T 12 = Tf. XXXI,3), die aber interessanterweise — ein seltener Fall in der Flachbildkunst von Lagasch — genau wie unsere Platte aus Susa aus einer bituminösen Masse gefertigt ist. Jedoch kommen Flechtbänder der verschiedensten Gestalt auf anderen Bildträgern auch schon in wesentlich früheren Kunstperioden Mesopotamiens vor 2 6 7 , sodaß wir auch hier keine endgültige zeitliche Fixierung des Motivs im Hinblick auf die Datierung unserer Weihplatte gewinnen können. So verbleiben uns zur Stilanalyse letztlich nur noch die beiden nackten, nahezu spiegelbildlich gleichen Männergestalten, die sich, angefangen von der „sumerisierenden" Physiognomie, über die Stilisierung der Brust- und Bauchmuskulatur bis zur Schrittstellung der Beine und den naturalistisch gegliederten Füßen, am ehesten in das ikonographische Bild der Ur I-Zeit einfügen, besser jedenfalls als in die Bildkunst der voraufgehenden 2. Ubergangszeit oder gar der Mesilim-Periode268. Die füllige, fast gedunsene Form des Oberkörpers, der Oberschenkel und der Waden, die deutliche Absetzung der gerundeten, massigen Kinnpartie vom feisten, kurzen Hals, die Bartlosigkeit und die mandelförmige Zeichnung des Auges mit langer Brauenlinie finden ihre engsten Parallelen im Bereich der typisch Ur I-zeitlichen Flachbildkunst — man vergleiche dazu allein die Darstellungen auf den Weihplatten Τ 10, UK 1, Ν 8 und Ν 9 —, wenn auch hier der entsprechende nackte Diener oder Priester meist kahlköpfig wiedergegeben ist 2 6 9 (zur Ikonographie des Ur I-zeitlichen Menschenbildes vgl. auch unsere Untersuchungen im folgenden Kapitel III, Abschnitt Β und C!). Auf Grund all dieser Indizien dürfen wir die Bitumen-Platte S 9 wohl mit einiger Sicherheit ebenfalls dem Bildkunst-Bereich der Ur I-Zeit zuweisen und ihr Entstehungsdatum vielleicht sogar in den Ausgang jener Periode verlegen. Damit steht das Reliefdenkmal auch zeitlich am Ende unserer Betrachtung, die eine gründliche Untersuchung der elamischen Weihplatten und ihrer Entwicklungsstufen während der frühdynastischen Zeit zum Ziele hatte. 265
Ζ. B. AS 5 und Τ 10; ähnlich, wenn auch beide Figuren in die gleiche Richtung gewandt sind: CN 7. - Vgl. dazu auch die Zusammenfassung der Charakteristika Ur I-zeitlicher Weihplatten im folgenden Kapitel III Abschnitt D; ferner die Eigenheiten neusumerischer Reliefplatten aus Tello (Kapitel IV Abschnitt C 1)
266
Amiet, Elam, Abb. 120. 122 Α. Β
267
In ähnlicher Form ζ. B. auf einem Rollsiegel aus dem Sin-Tempel VIII in Chafadschi (= ED II): OIP 72, No. 244; ferner auf Siegeln bzw. Abrollungen aus Ur (UE III, Nos. 285 f. 538. 549 0 und Fara (Heinrich, Fara, Tf. 49 a. k. n), auf einer ritzverzierten Tontafel aus Fara (Heinrich, Fara, Tf. 28 b), desgleichen auf Bitumen- bzw. Steatitgefäßen aus Mari (Hirmer/Strommenger Tf. 39 unten. - MAM I, Tf. XLVI oben. XLVII oben. XLVIII). - Zum Motiv selbst vgl. zusammenfassend: E. D. Van Buren, AfO 10 (1935) 53 ff
268
Auf den ersten Blick könnte man auch - in Verbindung mit der langen Haartracht - an frühsumerische Vorbilder denken! Im vorausgehenden Kapitel I (Abschnitt C 6) hatten wir allerdings schon - anhand des Relieffragmentes KI 4 - auf gewisse auffällige Parallelen zwischen Djemdet Nasr-zeitlicher und Ur I-zeitlicher Bildkunst hingewiesen, vor allem in Bezug auf die Darstellung nackter Menschen im Relief, eine Beziehung, die wir nur durch einen bewußten oder unbewußten, aber keinesfalls zufälligen Rückgriff altsumerischer Künstler auf ältere, frühgeschichtliche Formen und Vorbilder erklären können (vgl. dazu neuerdings auch: D. O. Edzard, Fischer-Weltgeschichte, 64. 88)
269
Eine Ausnahme von dieser Regel bildet die Darstellung auf dem Rollsiegel VR No. 144, vielleicht auch die Szene des Oberfrieses auf der Weihplatte U 4
Drei elamische „Curiosa"
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4. Zusammenfassung der Konsequenzen für die Entwicklungsgeschichte der Gattung im elamischen Bereich Den aus Susa stammenden Beispielen unserer Denkmalsgattung konnten wir entnehmen, daß die Entwicklung der Weihplatte im Bereich der Susa-Kultur annähernd parallel zur altsumerischen, vielleicht mit einer jeweils leichten zeitlichen Verschiebung und Verzögerung gegenüber den mesopotamischen Stilstufen, verlaufen ist, daß sich in ihren bildlichen Verzierungen mesopotamische Motive und Stileigentümlichkeiten, mehrfach vermischt mit einheimischen Vorstellungen und Bildgedanken, widerspiegeln, und daß wir wohl nur die weitgehend homogen wirkenden ritzverzierten Platten als typisch elamische Vertreter unserer Gattung ansprechen dürfen, die sowohl in der Schmucktechnik der zeichnerischen, linearen Gravierung als auch in ihrer Themenwahl und figürlichen Komposition eine ganz spezifische, eigenständige Stilausprägung erfahren haben. Diese Gruppe, zweifellos die ältesten Beispiele ihrer Art aus Susa (S 1—S 6) dürften gegen Ende der Mesilim-Zeit oder zu Beginn der Übergangsperiode entstanden sein; ein weiteres, sicher mesilimzeitliches Exemplar (S 7) haben wir als Import aus Mesopotamien erkannt. Die letzten beiden Stücke (S 8 und S 9) mögen etwa zu Beginn bzw. am Ausgang der Ur I-Zeit, und damit auch der altsumerischen Periode überhaupt, geschaffen worden sein. Eine stilistische oder formale Weiterentwicklung können wir in diesem Zusammenhang leider nicht verfolgen, da uns für die anschließenden Kunstperioden der Akkad-Zeit und der neusumerischen Restauration keine Vertreter unserer Denkmalsgattung aus dem elamischen Bereich überliefert sind 270 . Ein Fortleben der Weihplatten auch in Susa noch während der Gudea-Zeit wäre jedoch durchaus vorstellbar — zumindest darf man eine solche Möglichkeit nicht prinzipiell von der Hand weisen —, wenn man die engen kulturellen Beziehungen des elamischen Kunstschaffens, speziell zur Zeit des Puzur-Inschuschinak271, zur Bildkunst der späteren akkadischen Könige bzw. der ersten Fürsten der sogenann.ten II. Dynastie von Lagasch272 in Rechnung stellt, unter deren Ägide ja nachweislich noch vereinzelte Exemplare unserer Denkmalsgattung hergestellt worden sind 273 .
270
271
Man beachte aber die Existenz eines kleinen Löwenkopfes aus Susa (Amiet, Elam, Abb. 178), der aus stilistischen Gründen der neusumerischen Periode zugewiesen werden muß und möglicherweise einst als Bekrönung für den Zentral-Stift einer Weihplatte gedient hat (vgl. dazu unsere Untersuchungen in Kapitel V Abschnitt C) Zur Datierung des Puzur-Inschuschinak (= Kutik-Inschuschinak) vgl. neuerdings zusammenfassend: R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 345 ff
272
Man vgl. ζ. B. den reliefverzierten Block des Puzur-Inschuschinak mit Darstellung eines „Nagelgottes" (Moortgat, KAM Tf. 158) mit Reliefs und Rundbüdern der Gudea-Zeit (Moortgat, KAM Tf. 160. - Cros, NFT 295 Abb. 8 = Parrot, Tello, 178, Abb. 36 f); dazu auch: R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 356 ff. - Moortgat, KAM 61. Zur zeitlichen Stellung des Gudea und des Puzur-Inschuschinak: J. Bottero, Fischer-Weltgeschichte, 117 ff; Zeittafel III. — Zur allgemeinen Zeitstellung der Gudea-Dynastie zwischen den Reichen von Akkad und Ur III: E. Sollberger, AfO 17 (1954/56) 31 ff
273
Allein durch Namensnennung sind mehrere Exemplare sicher datiert: Naramsin (T 14-15); Gudea (T 16. 1 8 - 1 9 )
III. Kapitel Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien (Die Weihplatten der 2. Übergangszeit und Ur I-Periode)
A. Begriffsbestimmung und Abgrenzung der „2. Übergangszeit" Aus der nach den Herrschern der I. Dynastie von Ur benannten Periode altsumerischer Bildkunst sind uns zum ersten Mal in der Geschichte der Weihplatten einige Exemplare überliefert, die Namen und Weihinschriften bestimmter historischer Könige oder Stadtfürsten tragen und somit schon, allein auf Grund unserer bisherigen, wenn auch lückenhaften Kenntnis der altsumerischen Herrscher-Chronologie, mit untrüglicher Sicherheit für diese Entwicklungsstufe auch in kunstgeschichtlicher Hinsicht in Anspruch genommen werden dürfen. Hinzu kommt, daß wir einige weitere Vertreter unserer bildverzierten Denkmalsgattung stilistisch eng an diese inschriftlich datierten Platten anschließen können; andere Stücke wiederum fügen sich mehr aus Gründen einer formalen oder thematischen Verwandtschaft in den Komplex dieser fest datierbaren Gruppe ein. So vergrößert sich langsam, aber stetig der Kreis der innerhalb der Ur I-Zeit entstandenen Weihplatten, und wir gewinnen einen halbwegs brauchbaren Überblick über die bildlichen und typologischen Charakteristika unserer Denkmalsgattung während jener letzten großen Kulturphase der frühdynastischen Epoche. Durch die grundlegenden Untersuchungen von L. HEUZEY, G. CONTENAU, A. MOORTGAT, H. FRANKFORT 2 7 4
und anderen Gelehrten sind wir ja ohnehin bis zu einem gewissen Grade in der glücklichen Lage, die sumerische Bildkunst, und vor allem die Kunst des Flachbildes, in den Grundzügen ihrer ikonographischen, kompositionellen, motivischen und typologischen Erscheinungsformen während jener Periode zu verfolgen und verstreute, zunächst zusammenhanglos erscheinende Einzelwerke in das so geschaffene Gerüst einer Folge von stilistischen Entwicklungsstufen einzuordnen. Bei einer kunstgeschichtlichen Analyse des gesamten überkommenen Materials unserer Bildgattung, das in der Zeit zwischen Mesilim von Kisch und Sargon von Akkad entstanden ist und das es in diesem Kapitel zu behandeln gilt, wird es deshalb günstiger sein, nicht in der chronologischen Reihenfolge vorzugehen, sondern uns zuerst mit den besser und sicherer datierbaren Weihplatten der eigentlichen Ur I-Periode zu beschäftigen 275 und erst dann, wenn wir ein präzises Bild gewonnen haben von den charakteristischen formalen und stilistischen Eigenheiten jener Entwicklungsstufe, uns den Beispielen der voraufgehenden Kunstperiode, der sogenannten 2. Übergangszeit, zuzuwenden, die uns die bisher noch fehlende gedankliche und künstlerische Verbindungslinie herstellen sollen zwischen den typischen Vertretern unserer Denkmalsgattung aus der klassischen Mesilim-Zeit einerseits und auf der anderen Seite den Reliefs der Fürsten von Lagasch, die in den zeitlichen und kunstgeschichtlichen Bereich der I. Dynastie von Ur fallen. Die neuerdings des öfteren angewandte Bezeichnung „Fara-Stufe" oder „Fara-Zeit" für jene Übergangsstufe zwischen Mesilim- und Ur I-Periode 276 möchte ich im Folgenden grundsätzlich vermeiden, da mir dieser Begriff zu ungenau, ja geradezu irreführend erscheint, sobald man ihn als archäologischen, d. h. kunstgeschichtlichen Terminus in die wissenschaftliche Fachsprache einführen will; denn das archäologische 274
L. Heuzey, Dec.; Catalogue. - G. Contenau, MAO. - A. Moortgat, FB; KAM. - H. Frankfort, AaA; OIP 44; OIP 60
275
Nach einer ähnlichen Arbeitsmethode geht A. Moortgat vor, nämlich vom besser bekannten Späteren zum weniger gut bekannten Früheren; vgl. dazu seine Bemerkungen zu diesem Programm: FB 4 f
276
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 23. - Hirmer/Strommenger 23. 65. - R. M. Boehmer, ZA NF 25 (1969) 262 ff
Begriffsbestimmung und Abgrenzung der „2. Ubergangszeit"
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Material, das die deutschen und amerikanischen Ausgräber in Fara, dem alten sumerischen Schuruppak, zu Tage gefördert haben 2 7 7 , reicht von der frühgeschichtlichen Epoche um 3000 v. Chr. bis in das 2. Jahrtausend hinein und ist also weder, wie ζ. B. der Ort Djemdet Nasr, der einer eigenen Kunstentwicklungsstufe seinen Namen gegeben hat 2 7 8 , auf Relikte eben dieser einen, in sich geschlossenen Periode beschränkt, noch etwa, wie im Falle der Grabungen in Uruk und im Diyala-Gebiet 279 , stratigraphisch in eine saubere Folge von Bau- oder Kulturschichten untergliedert, die ihrerseits wiederum mit bestimmten Entwicklungserscheinungen der Paläographie und Sprachstufe, der Tempelarchitektur, der Rollsiegelglyptik oder der Vasenmalerei korrespondieren 280 . Genausowenig gibt uns die Bezeichnung „Fara-Zeit" irgendeinen Hinweis etwa auf das Vorkommen bestimmter, für eine spezielle Phase charakteristischer Bild- oder Typengattungen — in dem Sinne, wie die meisten prähistorischen Perioden des Alten Orients nach der typischen Buntkeramik oder eigenartigen Werkmaterialien einzelner Fundorte benannt sind —, auf ein prägnantes, namengebendes Einzeldenkmal der bildenden Kunst oder gar auf eine historisch fixierbare Herrscherdynastie, die uns, wie ζ. B. in Ur, Akkad, Isin, Larsa, Babylon und Assur, namentlich bezeichnete, für die betreffende Bildkunst-Phase charakteristische Denkmäler hinterlassen hätte. Bestenfalls läßt sich der Terminus „Fara-Zeit" noch auf die Schriftstufe der in jenem Ort gefundenen Tontafeln zurückführen, die aus paläographischen Gründen tatsächlich in den Zeitabschnitt zwischen Mesilim und Urnansche zu datieren sind, und in dieser Hinsicht mag er auf philologischem Gebiet seine Berechtigung behalten. In wieweit aber eine Übertragung des Begriffs auf den Bereich der altsumerischen Bildkunst und ihrer Entwicklungsstufen, die keineswegs immer parallel zu den sprach- bzw. schriftgeschichtlichen Etappen verlaufen müssen und sich auch in diesem Fall nicht unbedingt zeitlich decken, überhaupt zulässig ist, wage ich nicht zu entscheiden 281 . Zwangsläufig sind zwar letztlich alle kunsthistorischen Periodenbezeichnungen künstlich geschaffen, teilweise weit hergeholt und oft ohne innere Beziehung zum Kunstwerk und dem Geist seiner Entstehungszeit, ferner im Endeffekt doch entweder zu vage oder umgekehrt zu stark einengend in Anbetracht der Kontinuität, Traditionsgebundenheit und der geographischen wie ethnischen Variationsbreite einzelner künstlerischer Entwicklungsphasen. Wenn wir aber schon dem ohnehin oft heterogenen, hier überreichen und dort nur spärlich fließenden Material durch künstliche, nachträgliche Gruppierung und aufgepfropfte Sammelbezeichnungen Zwang antun, sollten wir möglichst keine mißdeutbaren, ungenauen oder irreführenden Nomenklaturen beibehalten, geschweige denn solche neu in die wissenschaftliche Terminologie einführen. Aus diesem Grunde möchte ich auch nicht das von den amerikanischen Ausgräbern des Diyala-Gebietes erarbeitete, auf einer Abfolge von Bauschichten basierende Periodensystem (ED I—III) übernehmen, weil dessen Einteilung vor allem nach dem Wandel von Grundriß, Aufriß und Baumaterial der Tempelarchitektur, in Verbindung mit den typologischen Entwicklungsreihen der Buntkeramik, vorgenommen, weniger mit Hilfe der doch im Überfluß vorhandenen und stratigraphisch genau erfaßbaren Erzeugnisse der Bildkunst gewonnen wurde; in Wirklichkeit verlaufen aber die Entwicklungsphasen der Rundplastik und des Reliefs gerade innerhalb der Diyala-Werkstätten durchaus nicht immer synchron mit denen des architektonischen oder keramischen Materials, zumindest jedoch verschieben sich die jeweiligen Zäsuren gegeneinander 282 . Der von A . MOORTGAT geprägte und von einer bestimmenden Rollsiegel-Gruppe hergeleitete Stilbegriff „Imdugud-Sukurru-Periode" 283 entspricht zeitlich wie auch entwicklungsgeschichtlich weitgehend jener 277
Heinrich, Fara. - E. Schmidt, MJ 22 (1931) 193 ff
278
Mackay, Jemdet Nasr
279
UVB. - Heinrich, Kleinfunde (Zusammenfassung der Grabungsberichte bei Hirmer/Strommenger 131). - OIP 44. 53. 58. 60. 63. 72
280
Zudem sind jene Periodenbezeichnungen, die ihren Namen von den Ausgrabungsorten oder bestimmten Kulturepochen beziehen, meist durch eine chronologische Numerierung gegliedert (also etwa: Uruk V I - I V bzw. ED II etc.); ein solches System aber wäre im Falle von Fara weder sinnvoll noch überhaupt durchführbar!
281
Zum Versuch einer Konkordanz zwischen rundplastischen, flachbildnerischen und sprachlich-paläographischen Entwicklungserscheinungen in altsumerischer Zeit vgl. neuerdings: W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 178 ff; dazu auch unsere Anmerkung 326
282
Vgl. dazu zusammenfassend: E. Strommenger, BaM 1 (1960)
283
Moortgat, FB 33 ff
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
Phase eines inneren und äußerlichen Wandels, den die altsumerische Bildkunst zwischen der Mesilim-Zeit und der Ur I-Periode durchmacht, und wäre, als echter kunstgeschichtlicher Terminus, zur Bezeichnung des in Frage stehenden Zeitabschnitts durchaus treffend und berechtigt; weil wir aber innerhalb der Großbildkunst, bei Rundplastik und Flachbild also, relativ wenig von den Charakteristika in Stil, Thematik und Komposition wiederfinden, die gerade für die zeitgenössische Entwicklungsstufe der Glyptik so bezeichnend sind und zu jener Begriffsbestimmung geführt haben 2 8 4 , werde ich im Weiteren auf die vielleicht veraltete und etwas verallgemeinernde, sicher aber zutreffende und unmißverständliche Bezeichnung „2. Übergangszeit" zurückgreifen. Deren Zeitspanne deckt sich, wenn wir sie zu den anglo-amerikanischen Schichtenbezeichnungen in Verbindung setzen wollen, in etwa mit der zweiten Hälfte von ED II und dem Beginn von ED III a; sie umfaßt die Zeit der frühen Herrscher von Mari (Iblul-Il, Itur-Schamagan)285 und Adab (Lugaldalu) 286 , der wichtigsten Beterfiguren aus Assur („Konsistorialrat") 287 , und endet spätestens mit dem Einsetzen der I. Dynastie von Ur, wobei wir die unmittelbar voraufgehenden Fürsten dieser Stadt, die in den „Königsgräbern" beigesetzt sind, eher noch in den kunstgeschichtlichen Bereich der Ur I-Periode einbeziehen wollen, jenes Abschnittes, der in Lagasch spätestens mit Urnansche beginnt 288 . Bei der Begriffsbildung „Übergangszeit" sind wir ferner nicht gezwungen, scharfe Zäsuren nach oben oder unten zu ziehen, die zweifellos im Fluß der altsumerischen Kunstentwicklung auch niemals vorhanden waren. Eine allzu scharfe, punktuelle Abgrenzung einzelner, aufeinander folgender Entwicklungsphasen im Bildkunst-Bereich des Alten Orients wäre ohnehin verfehlt; denn aus Erfahrung wissen wir, daß bestimmte Stilrichtungen sich oft überschneiden, wenn nicht sogar geraume Zeit, selbst innerhalb ein und derselben „Kunstschule", parallel nebeneinander herlaufen, bis dann die eine untergeht und die andere sich zu voller Blüte erhebt 2 8 9 . So kann es durchaus geschehen, daß ein von uns dem Beginn der Übergangsperiode zugeschriebenes Bildwerk tatsächlich noch im Ausgang der Mesilim-Zeit geschaffen wurde, ohne daß dabei der Begriff „Übergangszeit" an Glaubwürdigkeit verlöre; denn gerade am äußersten Ende einer künstlerischen Entwicklungsstufe markieren sich deutliche Zeichen einer Veränderung, eben jenes Übergangs zur folgenden Kunstphase. 284 285
Vgl. dazu Moortgat, KAM 43 f. 47
Zeit des Königs Iblul-il: MAM III, Abb. 57 ff; Nos. 68 f. - Itur-Schamagan: MAM III, Tf. XII f = Hirmer/Strommenger Tf. 91 = Moortgat, KAM Tf. 78 286 Banks, Bismya 185 ff (Abb.) = Zervos Tf. 101 = RLV 7 Tf. 131 = Unger, SAK 70 Abb. 2 = A. Moortgat, BaM 4 (1968) Tf. 36 287 wvDOG 39, Tf. 30 f = Moortgat, KAM Tf. 77. Vgl. zur kunstgeschichtlichen Zusammenfassung jener Entwicklungsstufe auf dem Gebiet der altsumerischen Rundplastik neuerdings: A. Moortgat, BaM 4 (1968) 229 ff; Tf. 3 3 - 3 6 288 „Meskalamdug-Stufe" der Rollsiegelglyptik; vgl. dazu: Moortgat, FB 32; VR 14; KAM 47. - W. Nagel, Orientalia 28 (1959) 149 ff. - R. M. Boehmer, ZA NF 25 (1969) 262 ff. - Mit dieser Einbeziehung der „Meskalamdug-Periode" in den größeren Bereich der Ur I-Zeit stehen wir in einem gewissen Gegensatz zu (u. a.) E. Strommenger, die die Ur IZeit erst nach ihrer „Meskalamdug-Stufe" beginnen läßt, wobei die Phase ED lila gleichzeitig mit der „ImdugudSukurru-Periode" endet (BaM 1 (1960) Tabelle 3). Vgl. dagegen wiederum dasSystem R. M. Boehmer's (ZA NF 25 (1969) 291 Abb. 55), dessen „ED IHa" die „FaraZeit" (hier = „Imdugud-Sukurru-Stufe") und die „Meskalamdug-Stufe" umfaßt, während ED Illb mit der „Ur I-Zeit" gleichgesetzt wird und bei Mesannipadda von Ur beginnt! Die eigentliche Schwierigkeit einer kunstgeschichtlichen Konkordanz der deutschsprachigen und angloamerikanischen Systeme und Periodenbezeichnungen liegt wohl vor allem darin begründet, daß die verschiedenen amerikanischen bzw. englischen Gelehrten in der Untergliederung der Stufe ED III nicht konform gehen; so zieht ζ. Β. H. Frankfort den „Königsfriedhof" von Ur noch zu ED III b, während E. Porada und D. P. Hansen die Phase ED Illb erst nach Aannipadda beginnen lassen; vgl. dazu auch unsere Anmerkungen 326 und 356 289 Genauso gut könnten wir ζ. B., statt der Dreiteilung der frühdynastischen Periode nach der 1. Übergangszeit in Mesilim-, 2. Übergangs- und Ur I-Zeit, auch eine Zweiteilung vornehmen, indem wir den „Schnitt" in der Mitte dieser Entwicklungsstufenfolgen, also etwa zwischen ED IHa und ED Illb (oder innerhalb von ED lila) ansetzen und den früheren Teil der so zerschnittenen 2. Übergangszeit eng an die Mesilim-Periode, den späteren nah an die Ur I-Zeit anschließen; dagegen möchte ich die Abtrennung des summarischen Sammelbegriffs „Fara/Ur I-Zeit", den E. Strommenger eingeführt hat (also letztlich ebenfalls eine Zweiteilung der Epoche ED II/III), schon aus dem Grunde nicht befürworten, weil diese scharfe Zäsur nach der Mesilim-Zeit keinen Spielraum für einen „Übergang" 1äßt, und der gesamte Zeitraum zwischen Lugaldalu und Lugalanda überhaupt nicht mehr untergliedert wird. Wenn wir also nicht das hier benutzte, weitgehend von A. Moortgat erarbeitete Gliederungs-System weiter aufrecht erhalten wollen, könnte man vielleicht auf den in Anmerkung 356 unterbreiteten Vorschlag einer Neuordnung und Neubenennung der altsumerischen Stilperioden zurückgreifen!
Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit
57
Auf der Suche nach einer prägnanteren Bezeichnung könnte man natürlich die hier besprochene Übergangsperiode auch nach einer prominenten Persönlichkeit jener Zeit benennen, die uns ihr Bild und ihre Inschrift hinterlassen hat: sozusagen eine historische Zentralfigur, deren „Porträt" die kunstgeschichtliche Entwicklungsstufe dieses Abschnitts in ihren charakteristischen ikonographischen und strukturellen Zügen am deutlichsten repräsentiert, und die auch zeitlich in etwa den Mittelpunkt jener Periode markiert. Mit dem gleichen Recht, mit dem wir die erste Blütezeit der altsumerischen Kunst nach einem historisch bedeutsamen und gleichzeitig auch kunstgeschichtlichen faßbaren Herrscher, dem König Mesilim von Kisch, benannt haben, dessen reliefverzierte und mit einer Weihinschrift versehene Keule aus Tello uns in prägnanter, unverwechselbarer Gestaltung den Flachbildstil dieser Kunstperiode vor Augen fuhrt 2 9 0 , dürften wir die „2. Übergangszeit" auch mit dem Namen des Königs Lugaldalu von Adab291 belegen, der uns sein Standbild mit inschriftlicher Weihung hinterlassen hat, das allem Anschein nach den rundplastischen Bildstil dieser Übergangsperiode am besten kennzeichnet 292 . Genauso gut könnte man auch eine Benennung nach einem der prominenten Stifter typischer Weihstatuetten aus Mari 293 oder Assur 287 in Erwägung ziehen, die aber durchweg eine bestimmte, wahrscheinlich stark semitisch geprägte Kunstrichtung vertreten und auch rein geographisch, gegenüber dem zentralsumerischen, südmesopotamischen Adab (Bismaya), eine periphere Stellung einnehmen, wenn sie auch künstlerisch auf einer hohen Entwicklungsstufe stehen 294 . Da aber solche neuen Perioden-Bezeichnungen, mögen sie auch sachlich zutreffen und inhaltlich voll gerechtfertigt sein, in unserer durch ständig wechselnde und von Land zu Land variierende „termini technici" schon arg strapazierten Fachsprache eher Verwirrung stiften als zur Klärung-bpitragen, wollen wir im Folgenden auch weiterhin verallgemeinernd von der „zweiten Übergangszeit" sprechen 295 .
B. Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit Ehe wir uns nun mit der kunstgeschichtlichen Klassifizierung unseres Denkmälerbestandes aus dem Bereich der Ur I-Zeit befassen, müssen wir uns noch einmal über den chronologisch-historischen Hintergrund dieser Kunstperiode klar werden, vornehmlich über die zeitgeschichtliche Stellung der Ensis von Lagasch und der Könige von Ur wie über deren wechselseitige Synchronismen. Erst dann können wir von bestimmten, lokal geprägten Stileigentümlichkeiten innerhalb der Lagasch-Bildkunst abstrahieren, besser zwischen qualitativen und stilgeschichtlichen Kunstvarianten unterscheiden und letztlich ein für das gesamte sumerische Gebiet verbindliches Schema der Flachbild-Entwicklung aufstellen, indem wir die charakteristischen und tatsächlich „stilbildenden" Prinzipien aufzeigen, die allen Orten, Werkstätten und Kunstschulen jenes Zeitabschnitts gemeinsam sind: die ikonographischen, kompositorischen und thematischen Grundzüge 296 . Am deutlichsten läßt sich nämlich das Phänomen einer starken künstlerischen Eigenständigkeit gerade an den Flachbildwerken aus Tello, dem altsumerischen Girsu, nachweisen; und ausgerechnet diese Fundstätte, ein Teilgebiet des alten Stadtstaates Lagasch, hat uns den weitaus größten Prozentsatz sämtlicher Ur I-zeitlicher Weihplatten überliefert, darüber hinaus noch die wenigen inschriftlich sicher datierten Exemplare 290
Neuaufnahme bei Moortgat, KAM Tf. 35 f
291
Moortgat, KAM 45; Anm. 166. - Vgl. auch unsere Anmerkung 286
292
Vgl. dazu A. Moortgat, BaM 4 (1968) 229 ff.
293
Neben den unter Anmerkung 285 erwähnten Plastiken seien hier noch die etwa gleichstufigen Figuren des Ebich-il und des Idi-narum aus dem Ischtar-Tempel in Mari genannt (MAM I, Tf. XXVII ff = Moortgat, KAM Tf. 66 = Hirmer/ Strommenger Tf. 88 ff. - MAM I, Tf. XXX = Moortgat, KAM Tf. 64 = Hirmer/Strommenger Tf. 98 0
294
Vgl. dazu Moortgat, KAM 41 f (Mari). 44 f (Mari/Assur). - A. Moortgat, BaM 4 (1968) 230 f
295
Diese terminologischen Schwierigkeiten offenbaren sich besonders deutlich in einem jüngst erschienenen Aufsatz von R. M. Boehmer, ZA NF 25 (1969) 262 ff; Inhalt und Ergebnisse dieses Artikels, der sich mit den Prbblemen der altsumerischen Stilstufen und ihrer Nomenklaturen auseinandersetzt und eine Konkordanz der verschiedenen Systeme zum Ziele hat, konnten hier leider nur teilweise verwertet werden. In diesem Zusammenhang sei nur angemerkt, daß die von R. M. Boehmer vorgeschlagene Gleichsetzung von Mesilim-Zeit = ED II auf die Dauer wohl kaum zu vertreten ist, da sie entweder die Schichtbeobachtung der sorgfältigen Ausgräber des Diyala-Gebietes und deren Definition gewaltsam korrigiert oder aber den kunstgeschichtlichen Erkenntnissen von der altsumerischen EntwicklungsstufenFolge entschieden Zwang antut (zur Erkenntnis, daß die Mesilim-Stufe nur einen Teil von ED II umfaßt, vgl. E. Strommenger, BaM 1 (1960) 1 ff)!
296
Vgl. zu dieser Methode auch Moortgat, FB 6 ff
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
unserer Denkmalsgattung. Darin liegt das eigentliche Problem unserer kunstgeschichtlichen Untersuchungen in diesem Kapitel! Bei der Zusammenfassung und Ordnung der Weihplatten aus Tello und dem anschließenden Versuch, das Bildmaterial anderer altsumerischer Zentren, das dieser Kunstperiode ebenfalls angehören muß, in die Gesamtentwicklung einzugliedern, werden wir also des öfteren gezwungen sein, auch die Darstellungsformen anderer Bild- und Denkmalsgattungen zum Vergleich heranzuziehen, in größerem Umfange jedenfalls, als wir es bei den Weihplatten früherer Zeitstufen benötigten. Denn wir haben es bei den erhaltenen Exemplaren der Ur I-Zeit keineswegs mehr mit einer in sich geschlossenen, weitgehend homogenen Gruppe zu tun, wir können nicht mehr von einem einheitlichen Schema im kompositorischen und thematischen Bereich sprechen wie etwa noch bei den klassischen Weihplatten der Mesilim-Zeit, sondern wir müssen uns hier mit einem äußerst vielschichtigen, heterogenen FlachbildMaterial auseinandersetzen, das uns eine Gesamtbetrachtung, wie wir sie letztlich erstreben, eine typologische Zusammenfassung und kunstgeschichtliche Gliederung auch schon aus dem Grunde erschwert, als die Bildquellen, die nicht aus den Werkstätten von Tello stammen, sehr spärlich fließen und sich auf den ersten Blick nicht ohne Weiteres mit den Werken der Lagasch-Kunst in unmittelbare stilistische Verbindung bringen lassen. Wenn wir also im Folgenden ein chronologisch-historisches Schema der Herrscherfolgen während der Ur I-Zeit aufstellen wollen, werden wir unser Augenmerk in erster Linie auf die zeitlichen Beziehungen zwischen der I. Dynastie von Lagasch und der I. Dynastie von Ur richten. Versuche in dieser Richtung sind im Laufe der letzten fünfzig Jahre immer wieder unternommen worden, mit wechselnden Erfolgen und den unterschiedlichsten Ergebnissen. Man hat dabei das gesamte zur Verfügung stehende archäologische und historische Material von allen Aspekten aus untersucht und die verschiedensten Wege eingeschlagen, um der Lösung der vielen noch offenen Fragen näher zu kommen. So gibt es heute eine ganze Anzahl von Abhandlungen über diesen Problemkreis, die keineswegs von den gleichen Grundlagen und Voraussetzungen ausgehen, aber letztlich doch das gemeinsame Ziel verfolgen, eine gültige historische Chronologie der altsumerischen Periode, insbesondere deren Endphase, wiederzugewinnen: einige Wissenschaftler arbeiten vorwiegend auf paläographischer Basis297, andere wiederum nehmen die überlieferten Königslisten und historischen Berichte zu Hilfe 298 ; daneben gibt es Untersuchungen des stratigraphischen Befundes 299 , der InschriftSynchronismen300 und, nicht zuletzt, die Anwendung der Methode des kunstgeschichtlichen Vergleichs und die Erarbeitung einer entwicklungsgeschichtlichen Stufenabfolge 301 . Ein Teil dieser oft geistreichen Hypothesen hat später eine glänzende Bestätigung erfahren, ein anderer mußte modifiziert oder verworfen werden. 1. Historisch-chronologischer Abriß Bisher steht das chronologische Gerüst der altsumerischen Herrscher-Dynastien — die Abfolge nämlich der einzelnen, namentlich bekannten Fürsten von Ur und Lagasch, von Uruk, Umma und Kisch, und deren historische Parallelität — erst von dem Zeitpunkt an leidlich fest, als Entemena von Lagasch seinen Freundschaftsvertrag und Beistandspakt mit Lugalkiginnedudu von Uruk schließt 302 , d. h., nach der sogenannten „Kurzchronologie", etwa seit dem Jahre 2400 v. Chr. Die Synchronismen der voraufgehenden Herrscher-Generationen des 25. Jahrhunderts in Sumer sind dagegen noch immer nicht so überzeugend gesichert, daß die bisher erzielten Teilergebnisse jede Frage des Historikers zufriedenstellend beantworten, geschweige denn, daß sie ein vollständiges, festgefügtes Gesamtbild der geschichtlichen Zusammenhänge vermitteln könnten. So schwankt beispielsweise die zeitliche Fixierung des Königs Mesannipadda, Gründers seiner Dynastie in Ur, nach den Ansätzen der verschiedensten Gelehrten immerhin zwischen einer historischen Parallelset297
Ζ. B. W. Hallo, AOS 43 (1957) 21 ff. - W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 181 ff. 210 ff
298
Jacobsen, SKL 183 ff. - Th. Jacobsen, ZA NF 18 (1957) 91 ff
299
Ζ. B. Nissen 1 ff. 122 ff Ζ. B. W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 187 ff. 199 ff. 203 ff Moortgat, FB 6 ff; KAM 47 f; Geschichte 236 ff C. J. Gadd, RA 27 (1930), 125 f. - V. E. Crawford, Iraq 22 (1960) 197 ff (dort Literatur bis 1960). - A. Goetze, JCS 15 (1961) 105 ff. - Zur Lesung des Namens vgl. Th. Jacobsen, ZA 52 (1957) 128 Anm. 82
300 301 302
Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit
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zung mit Gursar, dem Großvater Urnansche's von Lagasch 303 , und dem Vorschlag einer extrem späten Datierung, die Mesannipadda als einen jüngeren Zeitgenossen des Eannatum, eines Enkels des Urnansche 304 , erkennen will: es verbleibt also eine Variationsbreite von mindestens vier Herrscher-Generationen, mithin wenn man die einzelnen Regierungs-Spannen im Durchschnitt auf je 20 bis 25 Jahre berechnet — eine problematische Zeitdifferenz von einem knappen Jahrhundert! Die heute noch gültigen, auf kunstgeschichtlicher Basis erarbeiteten Ergebnisse A. MOORTGAT'S305 , die eine Parallelität der Bildkunst in Lagasch zwischen Urnansche und Urukagina einerseits mit der von Ur, von den „Königsgräbern" bis zu Aannipadda gerechnet, auf der anderen Seite, erbracht haben, gehen ihrerseits über eine stilistische Stufengliederung nicht hinaus; sie wollen ja auch keinen punktuellen historischen Synchronismus erbringen, sondern lediglich gewisse Aspekte der altsumerischen Bildkunst in ihrer Entwicklungsgeschichte aufzeigen und, anhand bestimmter, charakteristisch formulierter Bildgedanken, die Gleichstufigkeit verschiedener Werkstätten in Sumer demonstrieren (vgl. dazu auch Abschnitt Β 2 dieses Kapitels!). Die Theorie Th. JACOBSEN'S 3 0 6 , der einen zeitlichen Ansatz des Urnansche nach Mesannipadda vorschlägt, mag für den Lagasch-König etwas zu tief gegriffen sein; vielleicht haben auch einige der hierzu benutzten historisch-philologischen Argumente an Glanz oder Haltbarkeit eingebüßt 307 . Ähnliches gilt für die Untersuchungen von V . CHRISTIAN, C. J . G A D D , M . LAMBERT und anderen Wissenschaftlern308. Umgekehrt wirkt aber eine Datierung des Mesannipadda in die Spätzeit Eannatum 's, wie sie beispielsweise H. J. NISSEN309 neuerdings postuliert, doch etwas erzwungen, zumal, wenn man die daraus resultierende Konsequenz bedenkt: man müßte nämlich unter dieser Voraussetzung innerhalb des kurzen, auf ein Jahrzehnt genau berechenbaren Zeitraums zwischen der Thronbesteigung des Enannatum I. und der Vertreibung des Urukagina aus Lagasch310 - das wären maximal 70, eher aber 60 Jahre — sowohl die erste als auch die zweite Dynastie von Ur in ihrer nahezu gesamten Länge unterbringen311, zumindest aber alle Herrscher über jene Stadt zwischen Mesannipadda und Lugalzaggesi312. Ohne mich für kompetent zu halten, auf NISSEN'S Argumentationen im Einzelnen einzugehen oder eine Korrektur seiner historisch-philologischen Erwägungen vorzunehmen, möchte ich doch sein Endergebnis in Frage stellen oder wenigstens modifizieren, und zwar mit Hilfe eines kurzen kunstgeschichtlichen Exkurses (vgl. Abschnitt Β 2 dieses Kapitels). Zuvor aber sei noch ein rein chronologisches Problem angeschnitten, das die aus NISSEN'S Berechnungen hervorgehenden Konsequenzen in ein zweifelhaftes Licht rückt: die Frage der Herrscher-Generationen! Nehmen wir Entemem von Lagasch und Lugalkiginnedudu von Uruk als ungefähre Zeitgenossen an — auf Grund ihres schon erwähnten Bündnisvertrages müssen sich ihre Regierungsspannen zumindest einige Jahre überschneiden313 — und ferner sogar, um NISSEN entgegenzukommen, Lugalkiginnedudu als den jüngeren der beiden Fürsten, so ergibt sich für die davorliegende Zeit folgendes Bild: zwischen Entemena und Eannatum liegt der Abstand einer einzigen Generation, nämlich der zwischen Onkel und Neffe, während nachweislich mindestens vier, wenn nicht mehr Generationen Balulu, den letzten, von Mesannipadda, 303
Jacobsen, SKL 184 ff; Zeittafel. - Vgl. neuerdings: H. Lewy, Rencontre XV, 14 ff
304
Nissen 127 ff. - In der Mitte zwischen beiden Extremwerten bewegt sich der Vorschlag W. Nagel's (zuletzt: MoortgatFestschrift, 214 Tabelle II), der Urnansche ungefähr mit Mesannipadda gleichsetzt; dieses Ergebnis stimmt im Übrigen annähernd mit unserer Synchronisation der Ur- und Lagasch-Fürsten überein (vgl. dazu auch unsere Anmerkungen 325 und 326)
305
Moortgat, F B 6 ff
306
Jacobsen, SKL 184 f; aufgegriffen und modifiziert von W. Nagel, Orientalia 28 (1959) 145 ff
307
Vgl. ζ. Β. F. R. Kraus, ZA NF 16 (1952) 29 ff
308
V. Christian, ZA NF 4 (1939) 233 ff. - C. J. Gadd, UE I, 125 ff. - M. Lambert, Sumer 8 (1952) 57 ff
309
Nissen 127 ff. 135 ff
310
Vgl. dazu Nissen's eigene Aufstellung der Daten: Nissen 122
311
Laut Königsliste: 171 + 116 = 287 Jahre Gesamtlänge. In Generationen ausgedrückt: I. Dynastie mindestens 3 - 4 , II. Dynastie mindestens 2 - 3 G.
312
Zu den letzten Königen von Ur (bzw. Uruk) unmittelbar vor Sargon von Akkad vgl. zuletzt die zusammenfassenden Erläuterungen von W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 201 ff
313
Zur Problemstellung dieses Synchronismus vgl. auch Nissen 123 ff; Anm. 358 ff
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
dem ersten Herrscher der Ur I-Dynastie, trennen; jener muß nämlich mindestens der Urgroßvater des ersteren gewesen sein. Darf also Mesannipadda trotzdem noch als jüngerer Zeitgenosse des Eannatum gelten? Selbst wenn wir - analog zu den Forderungen NISSEN'S — den König Enschakuschanna™ aus der direkten Herrscherfolge von Ur eliminieren und ihn, als Sohn des Elulu3iS, parallel mit seinem Bruder (?) Balulu von Ur in Uruk regieren lassen316 - damit würde die Machtergreifung Lugalkiginnedudu's in Ur bzw. Uruk unmittelbar auf die Regierungszeit jener beiden Fürsten folgen - ergibt sich eine auffällige zeitliche Diskrepanz, ein eklatantes Mißverhältnis von normaler Abfolge mehrerer Generationen zur geringen Anzahl von Jahren, die dafür angeblich nur zur Verfügung stehen; die gesamte I. Dynastie von Ur hätte demnach nämlich nur von der zweiten Hälfte der Regierungszeit Eannatum's bis zur Mitte der Entemena-Herrschaft gedauert: eine Zeitspanne, die wir beim besten Willen mit nicht viel mehr als vierzig Jahren bemessen können! Gewiß haben wir Belege für extrem lange Regierungszeiten einzelner altvorderasiatischer Herrscher im 3. und 2. Jahrtausend v. Chr. (Sargon 56; Schulgi 48; Rimsin 61; Hammurabi 43 Jahre); gewöhnlich aber verkürzt sich dann naturgemäß die Herrschaftsdauer der vorhergehenden oder nachfolgenden Generation. Nun sind uns aber schon für Entemena durch datierte Tontafel-Urkunden mindestens 19 Regierungsjahre bezeugt — und NISSEN selbst schreibt ihm sogar eine wesentlich längere Regierungszeit (30 Jahre) zu 317 —, sodaß man die von NISSEN ebenfalls sehr hoch veranschlagten Regierungsdaten fur Enannatum I., den Vater, und Eannatum, den Onkel des Entemena (20 bzw. 30 Jahre), doch nur mit einiger Skepsis betrachten kann. Aber selbst wenn wir diese Zahlenangaben als historisch haltbar voraussetzten, verbliebe uns zwischen der Regierungsmitte des Eannatum und der des Entemena nur eine Zeitspanne von bestenfalls 50 Jahren, in die wir die Dauer der gesamten I. Dynastie von Ur hineinpressen müßten: eine unwahrscheinlich anmutende Vorstellung selbst dann, wenn wir den in der „sumerischen Königsliste"318 überlieferten Daten für die Ur IKönige keine beweiskräftige Glaubwürdigkeit beimessen319. Stattdessen sollten wir doch für die I. Dynastie von Ur eine ebenso reguläre Generationenfolge und -dauer erwarten, wie sie innerhalb des gleichen Zeitraums auch für die Herrscherabfolge von Umma belegt ist 3 2 0 ; deren Chronologie, nachprüfbar anhand von eigenen Inschriften der dortigen Könige und von historischen Notizen der Lagasch-Fürsten, überliefert uns, in zeitlicher Parallele zu den vier Herrscher-Generationen in Lagasch von Akurgal bis Enannatum II. (5 Ensis), die Namen von gleichfalls fünf Ensis (Usch bis Gischakidu), von denen nachweislich mindestens drei in einem Vater-Sohn-Verhältnis gestanden haben müssen 321 . Sollten wir demnach nicht viel eher vermuten, daß auch die fragliche I. Dynastie von Ur, deren untere Zeitgrenze ziemlich genau festliegt (spätestens Entemena-Zeit), allein auf Grund ihrer Herrscherzahl (mindestens 5 Herrscher; wenigstens 3 Generationsfolgen) und der damit verbundenen Mindest-Dauer von 80 Jahren mit ihren Anfängen weiter in die Geschichte der Stadt Lagasch hinaufreicht, als NISSEN konzedieren will, also wenigstens bis über Eannatum hinaus? Wenn darüber hinaus einerseits die von NISSEN aufgestellte Forderung zu Recht besteht 322 , daß die zwei zur Diskussion stehenden altsumerischen Herrscher, Mesannipadda und Eannatum, nicht zu gleicher Zeit den Titel „König von Kisch" 323 geführt, ihre Regierungsspannen sich also bestenfalls überschnitten, aber keinesfalls gedeckt haben können, und andererseits Eannatum selber mehrfach betont, er habe Ur besiegt
314
Diesbezügliche Literatur bei Nissen 130; vgl. auch W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 203 f
315
Jaeobsen, SKL 184
316
W. Nagel (Moortgat-Festschrift, 214, Tabelle II) schiebt dagegen Enschakuschanna in Ur zwischen Elulu und Balulu ein
317
Nissen 122 Anm. 345
318
Zusammenfassend: Jaeobsen, SKL 1 ff. 180 ff; Zeittafel
319
Gesamtzahl: 171 bzw. 176 Jahre!
320
Nissen 123
321
Vgl. E. Strommenger, BaM 1 (1960) Tabelle 7. - W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 214 Tabelle II
322
Nissen 127. 133
323
Dazu sei bemerkt, daß sich Eannatum in seinen bisher bekannten Inschriften nie unmittelbar als „Lugal Kischi" titulieren läßt, sondern daß lediglich auf einem einzigen Inschriftkegel erwähnt wird, Inanna habe ihm das „Königtum von Kisch" verliehen (Thureau-Dangin, SAK 23 (6, 4). - Jaeobsen, SKL 155 Anm. 42); dieser Kegel zählt im Übrigen eine Fülle von Kampfestaten und Siegen über große Städte und ganze Völker auf, sodaß seine schriftliche Abfassung wohl eher gegen Ende als zu Anfang der Regierung Eannatum's stattfand, zumindest aber in der Zeit der größten Machtenfaltung des Lagasch-Fürsten!
Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit
61
und zerstört 324 , so erscheint es doch logischer, Mesannipadda vor Eannatum anzusetzen als nach jenem, wie es NISSEN vorschlägt. In Verbindung mit den oben aufgezählten Argumenten, die für eine Frühdatierung des Mesannipadda sprechen, bietet sich deshalb die naheliegende Schlußfolgerung an: der Gründer der I. Dynastie von Ur muß spätestens als älterer Zeitgenosse des Königs von Lagasch eingestuft werden, wenn nicht noch früher! Verfolgen wir das oben besprochene Prinzip der Generationen-Abfolge in Ur und Lagasch nämlich weiter, so würde unser chronologisches Gerüst der altsumerischen Herrscher-Dynastien noch plausibler, wenn wir den Sieg Eannatum 's über Ur in die Regierungszeit des Aannipadda verlegten - jenes Sohnes und Nachfolgers des Dynastiengründers, der sich in keiner seiner überlieferten Inschriften mehr als „König von Kisch" zu bezeichnen wagt — oder sogar erst in den Herrschaftsbereich der nachfolgenden Ur I-Könige, Meskiagnunna oder Elulu; unter dieser Voraussetzung müßte dann Mesannipadda selbst in die Jahrzehnte des Akurgal oder des späten Urnansche hinaufrücken, was nach unserer bisherigen Kenntnis sowohl des archäologischen als auch des epigraphischen Fundmaterials aus jenem Abschnitt der altsumerischen Geschichte durchaus möglich, zumindest aber nicht undenkbar wäre. Unser Vorschlag für eine synchronistische Zeittafel 325 des 25. vorchristlichen Jahrhunderts in Sumer, bezogen auf die beiden Stadtstaaten Lagasch und Ur, sieht also folgendermaßen aus (vgl. dazu auch unsere Zeittabelle am Ende des Abbildungstefls): Lagasch Ur Urnansche Mesannipadda Akurgal Eannatum
Aannipadda Meskiagnunna Elulu
Enannatum I. Balulu Entemena Lugalkiginnedudu Enannatum II. Dabei konzedieren wir ohne Weiteres, daß der Zeitansatz von Mesannipadda und Aannipadda gegenüber den Lagasch-Fürsten um jeweils einen Generationsabstand nach unten verschoben werden könnte; die Herrscher Meskiagnunna, Elulu und Balulu würden in diesem Falle jeweils etwa eine halbe Generationslänge herabrücken 326 . Auch aus dem archäologischen Befund der Grabungen in Mari ergeben sich im Übrigen gewisse Hinweise stratigraphischer bzw. kunstgeschichtlicher Natur, die, in Verbindung mit chronologischen Erwägungen, ebenfalls für die Richtigkeit der oben aufgestellten Synchronismen sprechen, zumindest aber dafür, daß wir Mesannipadda sicher vor und nicht nach Eannatum anzusetzen haben (vgl. dazu Abschnitt C 8 dieses Kapitels). Im Folgenden wollen wir nun noch kurz untersuchen, ob sich dieses zunächst provisorische, auf rein chronologisch-historischen Überlegungen basierende Datierungsschema auch auf die altsumerische Kunst324
325
Thureau-Dangin, SAK 19 (9, 2). 21 (4, 3). 25 (4, 13). 27 f (i, 2, 11). - Auch auf der berühmten Geierstele, die sicherlich kein Fnihwerk des Eannatum darstellt, wird die Niederwerfung Ur's erwähnt; es bliebe also schon aus diesem Grunde kaum Platz für eine Ansetzung des Mesannipadda als „König von Kisch" und damit auch als Beherrscher und Unterwerfer von Lagasch in der zweiten Regierungshälfte Eannatum's!
Vgl. dazu auch die Zeittabellen von W. Nagel, Orientalia 28 (1959) 145 ff; Moortgat-Festschrift, 215 (III). E. Strommenger, BaM 1 (1960) Tabelle 16. - D. O. Edzard, Fischer-Weltgeschichte, 60 326 Vgl. dazu auch unsere eigene Zeitkarte „Mesopotamien im 3. Jahrtausend v. Chr." am Ende des Abbildyngsteils. — Angemerkt sei zu unserer synchronistischen Konkordanz und gleichzeitig zur Gesamttabelle (s. o.), daß sich in etwa das gleiche Ergebnis, ja, sogar ähnliche Zäsuren abzeichnen in den paläographischen, historischen und kunstgeschichtlichen Untersuchungen W. Nagel's, Moortgat-Festschrift, 183 ff; Tabelle I: unsere „Mesilim-Vorstufe" des Kapitels I entspricht ungefähr Nagels Schriftstufe I; seine Stufe II deckt sich - bis auf II, 6 = Lugaldalu - mit unserer Mesilim-Zeit! Nagels III. Stufe dürfte annähernd mit unserer 2. Übergangszeit übereinstimmen, während IV und V den Bereich der Ur I-Kunstperiode umreißen. Interessant ist dabei wiederum die Zäsur zwischen IV und V, die, bezogen auf die Herrscher von Ur und Lagasch, in etwa auch die beiden von uns erarbeiteten (Kapitel III Abschnitt Β 2) kunstgeschichtlichen Entwicklungsstufen „Meskalamdug-Urnansche" und „Aannipadda-Eannatum" voneinander absetzt!
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
geschichte übertragen läßt, genauer: ob unsere Hypothesen mit Hilfe eines stilistischen Vergleichs datierter Bildwerke aus beiden Orten noch unterstützt oder sogar bestätigt werden.
2. Kunstgeschichtliche
Entwicklungslinien
Die inhaltliche und stilistische Kongruenz der Bildkunst von Lagasch zwischen Urnansche und Lugalanda mit jener künstlerischen Entwicklungsstufe, die sich in Ur während der Zeit der „Königsgrüfte" anbahnt und in den bildlichen Relikten der I. Dynastie am deutlichsten abzeichnet, hat A. MOORTGAT schon im Jahre 1935 herausgearbeitet und überzeugend dargestellt 327 , sowohl was die Glyptik angeht 328 , als auch in Bezug auf rundplastische Erzeugnisse, Großreliefkunst, Ritzzeichnungen und Einlegearbeiten, soweit ihm das seinerzeit vorliegende archäologische Material die Möglichkeit dazu bot. Er beschließt jedoch seine auf stratigraphischen, kunsthistorischen und motivgeschichtlichen Kriterien beruhenden Überlegungen, die eine „Gleichstufigkeit der Lagasch-Denkmäler von Urnansche bis Lugalanda mit denjenigen aus dem älteren Königsfriedhof von Ur und vom Tempel in El-Obed" nachweisen 329 , mit dem Hinweis, daß zwar alle ins gleiche Wachstums-Stadium gehören müßten — nämlich das der sogenannten Ur I-Zeit - , sich ihre absolute und relative Zeitstellung aber unter Umständen noch modifizieren lassen werde; er klammert also nicht prinzipiell die Möglichkeit aus, daß sich das rein chronologische Zeitverhältnis der einzelnen Herrscher zueinander, die synchronistische Geschichte von Ur und Lagasch während des 25. Jahrhunderts v. Chr. nämlich, in gewissen Grenzen verschieben könnte 3 3 0 . Wenn wir nun, wie vorhin schon angedeutet, Aannipadda als ungefähren Zeitgenossen des Eannatum ansetzen, so spräche von kunstgeschichtlicher Seite aus nichts dagegen; im Gegenteil, mehrere verschiedene ikonographische Kriterien, die sich in auffälliger Kombination von einem bestimmten Zeitpunkt an sowohl in Ur bzw. El-Obed als auch in Lagasch beim Menschenbild innerhalb der Flachbildkunst, speziell bei der Wiedergabe des menschlichen Kopfes, wiederfinden, lassen gerade jene historische Theorie durchaus begründet erscheinen: In Lagasch, wo wir die Relief-Entwicklung während der letzten Phase altsumerischer Bildkunst am besten und nahezu lückenlos, nämlich anhand einer Reihe von inschriftlich gesicherten, namentlich auf die einzelnen Fürsten datierten Denkmälern aus Tello, verfolgen können, zeigt sich, daß spätestens seit Eannatum im Flachbild ein bestimmter menschlicher Gesichtstypus vorherrscht, der sich bis über die Periode des Entemena hinaus belegen läßt: Das übernatürlich große Auge zeigt — unabhängig davon, ob es zu einem „en face" oder einem in Profilansicht wiedergegebenen Gesicht gehört - in seiner unteren Begrenzung eine nur leicht gebogene, fast waagerechte Linie, während sein Oberlid einen stark überhöhten Schwung aufweist, wobei dessen „Zenit" nicht über dem geometrischen Augenmittelpunkt steht 331 , sondern auffällig weit nach innen, zur Nasenwurzel hin, verlagert erscheint. Bezeichnend für diese Entwicklungsstufe ist weiterhin die charakteristische Form des überdimensionalen Ohres, das hier auf ein gänzlich schematisiertes, ornamentales Gebilde reduziert wird: es besteht aus zwei parallel laufenden Wülsten oder Linienbändern, die sich zur Gesichtsseite hin schneckenartig einrollen und 327 328
Moortgat, FB 6 ff Die stilistische Gleichstufigkeit der Siegelabrollung des Mesannipadda von Ur (UE II, Tf. 207, No. 214) mit denen des Lugalanda: von Lagasch (Allotte de la Fuye, Documents presargoniques I, 1; Tf. 5. 7) ist von A. Moortgat noch mehrfach aufgegriffen, erläutert und betont worden (VR 14 f; KAM 47); sie wird auch durch unsere chronologischen Ergebnisse in keiner Weise angetastet oder gar widerlegt; im Gegenteil, sie stellt auch heute noch das einzig tragfeste kunstgeschichtliche Gerüst für die Stilentwicklung innerhalb der spät-altsumerischen Glyptik dar, ohne daß damit irgend etwas über die Entwicklungsphasen der Relief- oder Rundbildkunst während des gleichen Zeitraumes ausgesagt wäre!
329
Moortgat, FB 9. - Diese Gleichstufigkeit einerseits und die Zugehörigkeit des gesamten Komplexes zu einer großen Entwicklungsperiode altsumerischer Bildkunst gab ihm dann auch das Recht, die gesamte Zeit von Urnansche bis zu Lugalanda (bzw. von Meskalamdug über die I. Dyhastie bis zu Lugalkisalsi) unter dem Sammelbegriff „Ur I-Zeit" zusammenzufassen (VR 14 ff)
330
Moortgat, FB 8
331 Ygj
zu
d i e s e m Phänomen innerhalb der Rundplastik: E. Strommenger, BaM 1 (1960) 43
Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit
63
mit dieser Doppelvolute wohl das „Zäpfchen" symbolisieren; die obere Hälfte der Ohrmuschel ist annähernd halbkreisförmig umrissen, das Ohrläppchen dagegen läuft spitzwinklig nach unten aus 332 . Zum gleichen Gesichtstypus gehört ferner eine vom kurzen Hals scharf abgesetzte, markante UnterkieferPartie, die sich vom kleinen, runden Kinn in weitem Schwung bis zur Spitze des Ohrläppchens hinaufzieht, um von dort aus in einem spiegelbildlich umgekehrten Bogen eine Fortsetzung zu finden, die den Nackenwulst stilisieren soll. Am auffälligsten jedoch und geradezu „typenbildend" erscheint die Konturlinie der übergroßen, leicht gerundeten Nase, die in durchgehendem Schwung, ohne Absatz oder Einziehung etwa in Höhe des inneren Augenwinkels, in die Stirnpartie übergeht, die ausladende Wölbung der Schädelkalotte umreißt und erst vom Ansatz des Nackenwulstes an eine gegenläufige Bogenführung erfährt, die dort gleichzeitig die rückwärtige Begrenzung des Halses markiert. Eine gewisse Gliederung der vorderen, oberen Gesichtshälfte, eine Trennung nämlich von Nasen- und Stirnpartie, wird lediglich dadurch angedeutet, daß an diesem Punkt der fleischig gebildete Nasenrücken in sanftem Bogen in die wulstartig geformte Augenbraue überleitet, die sich von dort, in parallelem Schwung der Rundung des Oberlides folgend, meist bis zum Zenit der Ohrmuschel hinüberzieht. Die Kombination dieser vorwiegend physiognomischen Kriterien, in Verbindung mit den dünnen, zusammengekniffenen Lippen, der kleinen, stark gerundeten Kinnspitze und dem fast halslosen Aufsetzen des schweren Kopfes auf den ebenfalls massig gebildeten Rumpf, hat allein schon, unabhängig von typischen trachtgeschichtlichen oder anderen antiquarisch-ikonographischen Einzelzügen, zu einem ganz charakteristischen Aspekt des altsumerischen Menschenbildes geführt, den wir, in entsprechender Modifizierung, auch beim zeitgenössischen Rundbild wiederfinden333. Dieser Typus nun begegnet uns, zumindest in seiner endgültigen Ausprägung, noch nicht in der Bildkunst des Umansche334 und bei den Menschendarstellungen auf den Kunstwerken des Königsfriedhofs von Ur, sondern taucht zum ersten Mal — wobei wir allerdings einräumen müssen, daß wir weder von Akurgal noch von Mesannipadda sicher datierte Flachbilder mit vergleichbaren Darstellungen besitzen335 — im ReliefBildwerk desEannatum auf 3 3 6 ; er läßt sich innerhalb der eigentlichen UrI-Bildkunst erstmalig an dem Komposit-Relief-Fries mit der bekannten „Meierei-Szene" vom Tempel in El-Obed337 nachweisen, dessen Entstehung wir wohl mit hinreichender Sicherheit in die Regierungszeit des Aannipadda von Ur datieren dürfen 338 . Hier wie dort finden wir in nahezu identischer Formgebung die soeben besprochenen Gesichtstypen, verbunden mit den gleichen, untersetzt und gestaucht wirkenden, voluminös-massigen Körperproportionen. Auch die ikonographische Gestaltung der Rinderköpfe und -hufe, beim Opfertier auf der Rückseite der Geierstele und bei den Herdentieren des El-Obed-Frieses, gleicht einander vollkommen, ferner der glatte Hüftrock mit einem unteren Saumabschluß aus glatten, abgerundeten Zotten, der sich sowohl bei einigen Dienergestalten der Geierstele (Bestattungs-Szene) als auch bei zweien der „Milch-Seier" vom El-Obed-Fries wiederfindet. 332
Diese spezifische Form läßt sich sowohl auf der Geierstele des Eannatum als auch auf einem Weihplattenfragment des Enannatum I (?) am ausgeprägtesten nachweisen (T 11)
333
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 43
334
Zu den inschriftlich datierten „Porträts" des Urnansche selbst vgl. neben den Weihplattenbildern Τ 4 - 7 auch ein Muschel-Einlagefragment aus Tello (Cros, NFT, Tf. II, 1), das uns trotz seines bruchstückhaften Charakters die Ikonographie Urnansche's und seiner Zeit im Flachbild deutlich vor Augen fuhrt und sich kunsthistorisch eng an vergleichbare Darstellungen aus Mari (Einlagefriese aus dem Ischtar- und Ninnizaza-Tempel) und Ur („Königsfriedhof") anschließen läßt!
335
Wir kennen lediglich ein Originalsiegel und eine Abrollung mit Inschriften von Gattinnen des Mesannipadda (unsere Anmerkungen 351 und 354)
336
Vgl. ζ. B. besonders deutlich die gefangenen Feinde im Netz des Ningirsu auf der Geierstele: KAM Tf. 118
337
UE I, Tf. XXXI = Hirmer/Strommenger Tf. 78 = Moortgat, KAM Tf. 122
338
Nicht nur die aus der unmittelbaren Umgebung stammenden, zum Teil inschriftlich auf Aannipadda datierten Kleinfunde, u. a. eine Goldperle (UE I, Tf. XXXV, 2) und ein Gründungstäfelchen aus Marmor (UE I, Tf. XXXV, 5), weisen auf Aannipadda als den Tempelgründer oder zumindest als den Erneuerer des Heiligtums hin, sondern auch das inskribierte Teilstück einer bronzenen Stierfigur (Bauplastik), deren Inschrift erst bei Restaurierungsarbeiten im British Museum zum Vorschein kam und von der Weihung des Tempels durch Aannipadda für die Göttin Ninchursag berichtet (BMQ 4 (1930) 107 f; Tf. LVI a). Auch noch weitere Stierfiguren aus demselben Fundzusammenhang scheinen mit gleichen oder ähnlichen Inschriften versehen gewesen zu sein (ζ. B. UE I, Tf. XXVII ff); man erkennt dort noch die Kartuschen-Einteilung auf den Photographien!
64
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
Im Ganzen gesehen macht der Fries des Aannipadda-Tempels gegenüber den Reliefbildern der EannatumStele sogar eher einen etwas altertümlicheren Eindruck, was aber nicht unbedingt auf ein wesentlich höheres Alter des ersteren zurückzuführen sein muß, obwohl die Möglichkeit durchaus gegeben wäre, in Aannipadda den älteren der beiden Fürsten zu erkennen. Unter der angenommenen Voraussetzung, daß beide Herrscher annähernd gleichzeitig gelebt und regiert hätten, ließe sich jener erste Eindruck von einer leichten bildlichen Differenz auch durch die mindere künstlerische Qualität des Tempelfrieses erklären. Darüber hinaus mag diese Abweichung auch in der Eigenständigkeit der lokalen Werkstätten oder in dem unterschiedlichen Bestimmungszweck der beiden Kunstwerke begründet sein; vielleicht spielt auch die Verschiedenheit der Bildmotive und Bearbeitungstechniken dabei eine gewisse Rolle: /»'erhandelt es sich um eine monumentale, beidseitig in feinster Flachrelief-Technik verzierte Sieges-Stele aus Kalkstein, deren Darstellungen in jeweils mehreren, übereinander geschichteten Bildstreifen die göttliche Unterstützung der militärischen Unternehmungen des Lagasch-Fürsten verherrlichen und eindrucksvoll die Fülle seiner weltlichen Macht demonstrieren sollen, dort um eine friedliche Szene aus dem Leben des Tempelpersonals und der „Heiligen Herde", die, in Kalkstein, Schiefer und Kupferblech gearbeitet, einst weithin sichtbar das Portal eines der Göttin Ninchursag geweihten Tempels schmückte. Auf der anderen Seite werden wir den Supraporten-Fries des Aannipadda aus El-Obed wohl kaum später als die Geierstele des Eannatum aus Tello ansetzen dürfen; denn die menschlichen Gestalten der ,.MeiereiSzene" zeigen noch nicht so ausgeprägt jene untersetzte, plumpe Massigkeit in Rumpf und Gliedmaßen, wie sie die Menschenbilder der Lagasch-Kunst, besonders in der Erscheinungsform des Flachbildes, spätestens seit der Zeit Eannatum's auszeichnet. Auch lassen sich die Rinderfiguren vom Tempelfries und der Habitus der Tempeldiener eher noch an die Darstellungen auf der sogenannten „Mosaik-Standarte" aus dem Königsfriedhof von Ur 3 3 9 anschließen — die nach MOORTGAT auf jeden Fall zeitlich vor der Geierstele einzuordnen ist 3 4 0 — als an entsprechende Motive aus der Zeit nach Eannatum von Lagasch341. Das sogenannte „Imdugud-Relief", ein monumentales, aus Kupferblech getriebenes Bildwerk, das gleichfalls aus dem Aannipadcla-Heiligtum in El-Obed stammt 342 , steht in stilistischer Hinsicht wohl ebenfalls auf einer Entwicklungsstufe mit den Darstellungen des gleichen Motivs aus Lagasch, die in der Zeitspanne zwischen Urnansche und Eannatum entstanden sind. Es hat noch nicht den Grad der ornamentalen Stilisierung von Flügel-, Schwanz- und Körperfedern erreicht, der dann für die Entemena-Zeit typisch werden soll 343 , der sich aber in seinen charakteristischen Grundzügen auch auf der Geierstele, also schon zur Zeit Eannatum's, andeutet 344 . Die Hirschköpfe des Kupferreliefs mit ihren markanten, volutenartig stilisierten Nüstern und der dreifachen Markierung des Brauenbogens lassen sich dagegen von den herrlichen, goldenen und silbernen Tierköpfen aus dem Königsfriedhof 345 kaum trennen, stehen also der Stilstufe der „MosaikStandarte" noch viel näher als der der „Geierstele". Wenn nun dieses mythologische Metall-Relief, genauso wie auch der „Melker-Fries" von El-Obed, tatsächlich im Auftrage des Aannipadda geschaffen wurde - und daran besteht wohl heute kein Zweifel mehr 338 — so muß man die Stilrichtung der ausfuhrenden Künstler doch wohl in die Entwicklungsphase der altsumerischen Bildkunst zwischen Urnansche und Eannatum eingliedern und darf damit auch die Datierung des 2. Königs der I. Dynastie von Ur nicht aus diesem zeitlich-kunstgeschichtlichen Zusammenhang heraus339
UE II, Tf. 9 1 - 9 2
340
Moortgat, FB 8
341
Wie etwa auf der Silbervase des Entemena (Dec. Tf. 43 bis)
342
UE I, Tf. VI = Hirmer/Strommenger Tf. 79 = Parrot, Sumer, Abb. 187. - Die Vergleiche, die A. Moortgat (FB 7) zwischen diesem Kupferrelief und der Gravierung auf der Entemena-Vase (unsere Anmerkung 341 = Moortgat, KAM Tf. 113) anstellt, sind insofern nicht ganz stichhaltig, als ein Großteil dieses fast rundplastisch gearbeiteten Monumentalbildwerkes bei der Auffindung zerstört war und erst später wieder ergänzt worden ist, so auch gerade der Kopf des Mischwesens (vgL UE I, Tf. V, 6 - 1 0 ) , den Moortgat zur stilistischen Untersuchung heranzieht; darüber hinaus sind die Dimensionen, die technische Ausführung, das Werkmaterial und der Bestimmungszweck beider Denkmäler derart verschieden, daß man von einem unmittelbaren Stilvergleich und daraus resultierenden Datierungsrückschlüssen Uberhaupt absehen sollte!
343 Dec. Tf. 43 bis. - Hall, Sculpture, Tf. III unten 344
Dec. Tf. 3 A. 4 B. 4 bis. 4 ter (F 2). - Am ähnlichsten in Körperform und Federstilisierung sind noch die Reliefbilder mit Imdugud-Darstellungen auf den Urnansche-Weihplatten Τ 1 - 3 und auf den etwa gleichzeitigen Mari-Fragmenten Μ 4. 6
345
Ζ. Β. UE II, Tf. 117. - Hirmer/Strommenger Tf. 7 6 - 7 7 . XII-XIII
Chronologische und kunstgeschichtliche Probleme der Ur I-Zeit
65
lösen; zumindest kann Aannipadda unter dieser Voraussetzung noch nicht dem folgenden Zeitabschnitt, der Periode des Enannatum I. oder des Entemena, angehören! Leider ist der Löwenkopf des „Imdugud" auf dem El-Obed-Relief selbst zu schlecht erhalten — um genauer zu sein: zu stark von den Ausgräbern und den Restauratoren des British Museum ergänzt —, um einen unmittelbaren stilistischen Vergleich mit entsprechenden Details der Lagasch-Bildlainst zu ermöglichen 346 Dafür zeigen aber die ebenfalls im Bereich des El-Obed-Tempels aufgefundenen, aus Kupfer über einem Bitumenkern gefertigten Löwenköpfe341, einst Elemente der Fassadenverzierung jenes Heiligtums, in formaler Hinsicht große Ähnlichkeit mit zwei steinernen Löwenköpfen aus Tello 348 , die durch ihre Inschrift eindeutig der Regierungszeit des Akurgal, Sohnes des Urnansche und Vaters des Eannatum, zugewiesen werden 349 : die einzigen bildlichen Zeugnisse im Übrigen, die wir mit absoluter Sicherheit jenem LagaschFürsten zuschreiben können! Allerdings läßt sich innerhalb dieser Denkmalsgattung der rundplastisch gearbeiteten Raubtierköpfe zwischen Urnansche und Entemena keine so deutliche Stil-Entwicklung nachweisen, als daß man hier ein kunstgeschichtlich gesichertes Datierungskriterium vor sich hätte, um die zeitliche Nähe oder sogar Überschneidung von Akurgal und Aannipadda beweiskräftig zu demonstrieren. Alles in allem genommen aber untermauern die im Vorhergehenden mit Hilfe stilistischer Vergleiche sichtbar gemachten künstlerischen Parallel-Erscheinungen in Ur und Lagasch — die sich unabhängig von sonstigen lokal gebundenen Eigenheiten oder qualitativen Unterschieden in der Bildkunstentwicklung beider altsumerischer Stadtstaaten deutlich abzeichnen — unsere mit Hilfe chronologisch-historischer Erwägungen aufgestellte Forderung, Aannipadda von Ur dürfe auf keinen Fall später als Eannatum von Lagasch anzusetzen sein350, und lassen damit unseren Vorschlag einer zeitlichen Relation beider Dynastien, wie wir ihn vorhin in Tabellenform fixiert haben (vgl. Abschnitt Β 1 dieses Kapitels), an Wahrscheinlichkeit gewinnen. Einen unmittelbaren kunstgeschichtlichen Beweis dafür, daß — analog zu unserer historischen Zeittabelle - Urnansche mit Mesannipadda annähernd gleichzeitig regiert haben muß bzw. daß der Fürst von Ur nur wenig jünger als der Lagasch-Herrscher gewesen sein kann, läßt sich auf dem Gebiet der Glyptik, wegen des vollständigen Fehlens fest datierter Rollsiegelbilder aus Tello bis hinab zur Lugalanda/Urukagina-Zeit, zwar nicht erbringen. Es sei hier aber noch auf die stilistische Identität zweier doppelfriesiger Siegelbilder hingewiesen, deren eines der Königin Nintumin (Ninbanda), einer Gemahlin des Mesannipadda, zugeeignet ist und in seinem unteren Bildstreifen ein „Figurenband" mit Löwen und Hirschen zeigt 3 s i . Die gleiche Szene in fast identischer Formgebung, Ikonographie und Komposition begegnet auf dem Unterfries eines Rollsiegels in der Pariser Bibliotheque Nationale 352 , das in seinem oberen Bildstreifen wiederum eine Symposion-Szene zeigt, wie sie uns ganz ähnlich von den Weihplatten des Urnansche (T 4 — 7 ) bekannt ist. A. MOORTGAT geht auf Grund dieser Ähnlichkeit sogar soweit, auch das im Unterfries abgebildete Figurenband als Urnansche-zeitlich anzusprechen 353 ; der daraus für uns resultierende kunstgeschichtliche Schluß kann also nur lauten: Urnansche und Ninturnin (und damit Mesannipadda) stehen in glyptischer Hinsicht auf ein und derselben Stilstufe! Dieser Theorie widerspräche im Übrigen auch keineswegs die frühere Erkenntnis 354 MOORTGAT'S, daß die bekannte Mesannipadda-Abrollung aus Ur in ihrer stilistischen Formulierung des Figurenbandes die letzte Stufe der altsumerischen, echt Ur I-zeitlichen Glyptik einleitet 355 . 346
Wie es A. Moortgat, FB 7, versucht (vgl. unsere Anmerkung 342)
347
UEI, Tf. X f
348
Ungei, SAK No. 1 5 - 1 6 = Parrot, Tello, Abb. 21 d. e (vgl. auch unsere Zusammenstellung der „Nagelköpfe" aus Tello im Katalog-Anhang)
349
Somit besitzen wir also immerhin gewisse, wenn auch aussageschwache Hilfsmittel zur archäologischen und sprachlichschriftlichen Analyse der Zeit des Akurgal von Lagasch, was anscheinend bisher nicht genug beachtet wurde (vgl. ζ. B. das Fehlen der Akurgal-Inschriften bei Thureau-Dangin, SAK)
350
Wohl aber gleichzeitig oder sogar früher! Damit stehen wir im Gegensatz zu H. J. Nissen, der Aannipadda 1 - 2 Generationen nach Eannatum ansetzt!
351
UE II, Tf. 207, No. 216
352
Delaporte, Bibl. Nat. No. 51
353
Moortgat, KAM 47
354
UE II, Tf. 207, No. 214
355
Moortgat, FB 6 ff; VR 14 ff
66
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien C. D i e W e i h p l a t t e n der Ur I - Z e i t
Wenn wir uns nun im Folgenden wieder unserem eigentlichen Thema zuwenden, der Zusammenstellung und Ordnung der Ur I-zeitlichen Weihplatten, wenn wir uns mit der relativen Zeitstellung und stilistischen Einordnung der Einzelexemplare beschäftigen und die generellen Entwicklungslinien der Denkmalsgattung während jener letzten großen Periode der altsumerischen Bildkunst in Mesopotamien verfolgen, werden wir uns immer wieder auf das im vorhergehenden Abschnitt erarbeitete historische und kunstgeschichtliche Gesamtbild stützen und jenes Abfolge-Schema als chronologisch-archäologisches Gerüst all unseren Untersuchungen zugrunde l e g e n 3 5 6 . 1. Tello (T1-13;
Κ10)
Urnansche, König von Lagasch und Stammvater der von ihm gegründeten Herrscher-Dynastie, hat uns insgesamt sieben mit Reliefbildern verzierte Weihplatten hinterlassen, die seinen Namen tragen (T 1 - 7 ) ; diese wichtigen Denkmäler, teils in fragmentarischem Zustand, teils aber auch vollständig erhalten, stammen alle aus Tello und sind von dort durch reguläre Ausgrabungen oder auch Raubgrabungen in die Nationalmuseen von Paris und Istanbul gelangt. Drei der Stücke sind mit der heraldischen Darstellung eines löwenköpfigen Adlers („Imdugud"), der drohend über zwei antithetisch angeordneten Löwen schwebt, versehen (Τ 1—3 = Tf. XXVIII, 1—3) und berichten uns in einer „Standardinschrift" vom Bau des Tempels (oder Palastes?) Tirasch durch Urnansche. Die übrigen vier Exemplare werden vielfach als „Familienreliefs" angesprochen (T 4—7 = Tf. XXIX, 1— X X X , 2 ) und führen uns im Bilde den König als Bauherrn oder als thronenden Herrscher vor, umgeben von seinem Gefolge und seinen Familien-Angehörigen, aus deren Anordnung, Größenverhältnis und Reihenfolge wir eine gewisse Vorstellung von der Hierarchie im Hofstaat eines altsumerischen Stadtfürsten gewinnen können357. 356
Wenn ich nicht im Prinzip jeglicher Umbenennung einmal gefaßter und festgelegter kunsthistorischer Periodenbezeichnungen skeptisch gegenüberstände - es sei denn, jene erwiesen sich im Laufe der Zeit als mißverständlich, unzutreffend, irreführend oder gar grundlegend verfehlt - , so würde ich für die gesamte Periode zwischen Urnansche und Lugalanda/Urukagina - bzw. von Meskalamdug („Königsfriedhof") über die I. bis zur II. Dynastie von Ur - die kunstgeschichtliche Bezeichnung „Lagasch I-Periode" vorschlagen, bezogen auf die I. Dynastie der Lagasch-Fürsten (Urnansche-Dynastie), unter Einschluß der letzten Ensis jenes Stadtstaates unmittelbar vor Sargon von Akkad, die zwar zur direkten Herrschernachfolge in Lagasch, aber nicht mehr zur eigentlichen Familie des Urnansche gehören! Keineswegs zu verwechseln wäre diese Nomenklatur mit V. Christian's „Lagasch-Periode", die, auf Grund der gesamten altsumerischen Funde in Tello gefaßt, auch die Mesilim-Zeit mit einschließt und nur durch ungenaue Zahlenfolgen (I-III) unterteilt wird, die nicht unbedingt mit den künstlerischen Entwicklungsstufen konform gehen! Unsere Lagasch I-Periode dagegen ließe sich wiederum in zwei große Entwicklungsstadien aufgliedern: die „UrnanscheEannatum-Stufe" (in Ur: etwa „Meskalamdug-Mesannipadda-Stufe") und die „Eannatum-Lugalanda-Stufe" (oder: „Entemena-Stufe"), beide bezogen auf das altsumerische Flachbild. Eine stilistische Verbindung zwischen beiden Phasen wird im Bereich der Steinschneidekunst durch das glyptische Entwicklungsstadium der MesannipaddaLugalanda-Siegelstufe geboten! Die stilistische Abfolge der altsumerischen Flachbildkunst ließe sich somit etwa in folgendem Schema erfassen (vgl. dazu auch unsere Zeittabelle am Ende des Abbildungsteils): 1. Obergangszeit (= ED I); „Mesüim-Vorstufe" vielleicht = Ende ED I/Anfang ED II? Mesilim-Periode (= 1. Hälfte ED II) 2. Übergangszeit (= 2. Hälfte ED Ii/Anfang ED lila; entspricht in etwa der „Imdugud-Sukurru"- oder der ,,Fara"-Stufe) Lagasch I-Periode (= Ende ED IIIa/„proto-imperial"); zerfällt in zwei Entwicklungsphasen: A. Meskalamdug-Aannipadda bzw. Urnansche-Eannatum (Ende ED lila?) B. Eannatum-Urukagina bzw. Aannipadda-Lugalkisalsi (ED IIIb/„proto-imperial") 357 vgl. dazu Parrot, Tello, 90 ff; dort auch zusammenfassende Literatur. - Nur einmal, auf der Platte Τ 4 nämlich, wird der Kronprinz und spätere Thronfolger des Urnansche, Akurgal, durch eine besondere Haartracht (im Gegensatz zu den kahlrasierten anderen Söhnen des Königs) hervorgehoben; dort steht er auch unmittelbar hinter der mit einem Zottengewand bekleideten, weiblichen Figur, anscheinend der Tochter Urnansche's, und führt somit die Reihe der Königssöhne an. Auf der Platte Τ 5 dagegen folgt er erst als Vierter einer Prozession, an deren Spitze Lugalezen steht; auf den beiden anderen Familien-Reliefs, Τ 6 und Τ 7, erscheint jeweils Lugalezen im oberen, Akurgal im unteren Bildstreifen der linken Plattenhälfte. Allerdings scheint es doch zu spekulativ, wollte man aus der jeweiligen Stellung des Akurgal in der Rangfolge etwa auf eine relative Datierung der Platten untereinander schließen, obwohl eine solche Überlegung verlockend wäre. Soviel scheint festzustehen, daß Lugalezen neben Akurgal wohl als zweiter Thronprätendent vorgesehen war; anscheinend hat ihn Akurgal jedoch überlebt, denn dessen unmittelbarer Nachfolger auf dem Lagasch-Thron wurde sein Sohn Eannatum. Daß aber eine Thronfolge von Bruder zu Bruder im altsumerischen Stadtstaat durchaus praktiziert werden konnte, beweist das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Enannatum I. und seinem unmittelbaren Amtsvorgänger Eannatum: beide waren Söhne des Akurgal! (Vgl. dazu auch die Regierungsfolge der beiden Brüder Rimusch und Manischtusu, Söhne und Nachfolger des Sargon auf dem Thron von Akkad)
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
67
Über die inschriftliche Nennung einer jeden der abgebildeten Personen — mit genauer Bezeichnung ihres Dienstranges oder Verwandtschaftsverhältnisses zum König — hinaus tragen diese vier Weihplatten noch weitere Beschriftungen, teils zwischen den Figuren auf dem Reliefhintergrund, teils in eigens dafür angelegten Schriftkolumnen oder auf einem Friestrennstreifen angebracht: Inschriften, die ausnahmslos die eifrige kultische Bautätigkeit des Königs verherrlichen und uns neben der Titulatur Urnansche's selbst auch die Namen seines Vaters, Gunidu, und den seines Großvaters, Gursar, überliefern; beide werden allerdings ohne Titelnennung zitiert, sodaß wir wohl zu Recht Urnansche als den ersten Herrscher seiner Dynastie, zumindest als deren ersten „König", ansehen dürfen 3 5 8 . All diese Reliefplatten, auf deren Darstellung wir hier nicht im Einzelnen einzugehen brauchen, da die meisten bereits sehr sorgfältig publiziert und besprochen, die wichtigsten Vertreter der beiden Motivgruppen ohnehin in jedem besseren kunstgeschichtlichen Bildband reproduziert und inhaltliche wie ikonographische Fragen zu den Bildern selbst weitgehend geklärt sind 3 5 9 , lassen sich zwar einwandfrei als Denkmäler der hier zu besprechenden Gattung, allein durch die Plattenform und das obligatorische zentrale Loch, identifizieren, heben sich aber nur allzu deutlich, sowohl was formale Einzelheiten und die kompositorische Aufgliederung der Bildfelder als auch den Stil und die Themenwahl des Dargestellten angeht, von der zuvor behandelten Gruppe der mesilim-zeitlichen Weihplatten ab. Leider kennen wir aus Tello selbst kein Beispiel dieser frühen Spezies, das uns über eventuelle lokal bedingte Varianten der MesilimPlatten aus den Werkstätten gerade dieses altsumerischen Zentrums Auskunft geben könnte. Ehe wir jedoch auf die generellen Unterschiede zwischen den typischen Weihplatten beider Entwicklungsstufen (Abschnitt D) und die formalen wie stilistischen Bindeglieder zwischen beiden Gruppen, die Platten der 2. Übergangszeit nämlich (Abschnitt E), eingehen, wollen wir zunächst die datierbaren Stücke der Ur I-Zeit aus Tello weiterverfolgen und versuchen, einige verstreute Exemplare aus anderen Grabungsstätten bzw. aus dem Kunsthandel in den kunstgeschichtlichen Zusammenhang dieser Periode einzuordnen, um einen besseren Überblick über die Entwicklungsgeschichte der gesamten Denkmalsgattung in Mesopotamien zu bekommen. Das Kalksteinfragment Τ 8 (= Tf. XXX,3) mit den Resten einer mythologischen Szenenfolge, wohl Teil einer reliefverzierten Weihplatte 360 , läßt sich zwar in seinem Bildinhalt nicht unmittelbar an die Urnansche-Platten anschließen, auch finden wir dort keine augenfälligen stilistischen Parallelen; aber sowohl nach seinem Gesamteindruck wie auch mit Hilfe gewisser ikonographischer und motivischer Details können wir es, unter Berücksichtigung seiner minderen künstlerischen Qualität, doch etwa der Zeit des Begründers der Lagasch-Dynastie zuweisen. Der Typus der Götterkrone in ihrer einfachsten Form, als flache Kappe mit zwei großen, halbmondförmig gebogenen Hörnern gebildet, ähnelt am ehesten den Hörnerkronen der thronenden Göttinnen auf den beiden groben Steinstelen des Urnansche aus Ur und El-Hibba 361 . Die physiognomische Durchgliederung der menschlichen Gesichter in Profilansicht, mit der fleischigen, leicht gebogenen Nase, dem großen, mandelförmigen, doppelt umrandeten Auge und dem brezelförmigen Ohr, dem kleinen Mund und dem fliehenden Kinn, paßt durchaus in den Rahmen der Flachbildkunst Sumers während der Urnansche-Zeit, desgleichen — in mehr antiquarischer Hinsicht — der Götterthron mit den senkrechten Parallel-Streben. Die Kopfbedeckung (oder Haartracht?) des mythologischen (?) Fürsten, der in der Szene rechts von der thronenden Göttin mit seiner Keule einen gefesselten, nackten Mann erschlägt, erinnert zweifellos, trotz ihrer flüchtigen, strichhaften Ausführung, an die typisch Ur I-zeitliche Königsfrisur mit nach hinten gekämmten Haarsträhnen oder Zöpfen, die in einem doppelten Knotenschopf enden und durch eingeflochtene Tänien gehalten werden; dieses trachtgeschichtliche Charakteristikum läßt sich während der zweiten Hälfte der altsumerischen Epoche immer wieder belegen: angefangen von der „Goldperücke" des Meskalamdug 358
vgl. dagegen Nissen 122 Anm. 347, mit Literaturhinweisen
359
vgl. schon Heuzey, Catalogue, 91 ff; ferner: Parrot, Tello, 86 f. 90 ff, und unsere Beschreibung und Literaturangaben im Katalog unter Τ 1 - 7
360
Zwar läßt sich kein Ansatz des ursprünglichen Zentral-Lochs mehr erkennen, und auch die obere Rahmenleiste ist nur schwach ausgeprägt; umgekehrt gibt uns die flache Plattenform - um eine „Stele" kann es sich kaum handeln - und die erhaltenen Dimensionen den Hinweis, daß wir es mit dem Rest eines Denkmals unserer Flachbildgattung zu tun haben!
361
Ur: UE IV, Tf. 39 d. - El-Hibba: Sumer 15 (1959) Tf. 1 - 3 ; Sumer 16 (1960) 45 ff; Tf. 1. - Zur Entwicklung der Hörnermütze dieses Typs vgl. auch R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 274 f. 284; Tabelle I, Β 2. C 2 (= Urnansche)
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
aus dem Königsfriedhof von Ur 3 6 2 über Eannatum's Bild von der Geierstele 363 bis zur Rundplastik des Mari-Königs Lamgi-Mari364. Auf keinen Fall kann unser Relief wesentlich später als Urnansche, etwa zur Zeit des Eannatum oder dessen Nachfolger, gearbeitet worden sein: denn über die Flachbildkunst und ihre ikonographischen Einzelheiten jenes zweiten Abschnitts der Lagasch-Dynastie sind wir zu gut unterrichtet, um eine Einordnung des Fragments in diese Entwicklungsphase für möglich zu erachten (vgl. Abschnitt Β 2 dieses Kapitels). Eher noch könnte man einen zeitlichen Ansatz des Stückes vor Urnansche befürworten, wenn man ζ. B. die Hand der thronenden Göttin, die einen Becher hält, betrachtet: er wirkt wie ein Ei im Eierbecher, eine Darstellungsform, die uns auf dem Bruchstück einer Weihplatte der ausgehenden Mesilim-Zeit (oder beginnenden 2. Übergangszeit: CT 3 = Tf. VI,1) aus dem Temple Oval zu Chafadschi begegnet (vgl. Abschnitt Ε 2a dieses Kapitels). Ferner mutet der glatte Mantel des „Königs" etwas ungewöhnlich an für die Urnansche-Zeit, die als Fürstentracht doch schon den mehrfach abgestuften Zottenrock kannte; umgekehrt kann uns vielleicht gerade jenes antiquarische Indiz einen Hinweis darauf geben, daß es sich hier eben nicht um die Darstellung eines real-historischen Herrschers, sondern um eine mythologisch-historisierende Helden- oder Königsfigur handelt. Auf jeden Fall werden wir uns mit der Datierung des Plattenfragments auch nicht allzu weit von Urnansche entfernen dürfen. Dabei muß allerdings die Frage offen bleiben, wie wir uns die Ergänzung der gesamten ursprünglichen Bildfläche in thematischer und kompositioneller Hinsicht vorzustellen haben; nach den erhaltenen Dimensionen zu urteilen, dürfte die Platte nicht mehr als zwei untereinander angeordnete Bildstreifen gehabt haben, deren unterer vielleicht einst ebenfalls von einer mythologischen Szene eingenommen wurde. Das zentrale Loch müßte sich demnach auf einem breiten Friestrennstreifen zwischen beiden Bildbändern befunden haben, in Analogie etwa zur Flächenkomposition anderer Ur I-zeitlicher Weihplatten wie S 8 (= Tf. XXIV,2), Τ 7 (= Tf. XXX,2), Ν 8 (= Tf. XVIII, 1) und U 4 (= Tf. XXI,4). Das Bruchstück Τ 9 (= Tf. XXX,4), durch seine bildliche Verzierung mit mindestens zwei Friesstreifen und seine Umrahmung mit ursprünglich wohl eingelegten, vertieften Leisten eindeutig als Teil einer Weihplatte zu identifizieren, wenn auch der Ansatz des Zentralloches nicht mehr erhalten ist, fällt zwar auf Grund seiner Bearbeitungstechnik, einer sorgfältig ausgeführten Ritz-Zeichnung, und seiner bildlichen Thematik, nämlich eines Zuges von Opfer- oder Gabenbringern, aus dem äußerlichen Rahmen der inschriftlich auf Urnansche datierten Platten, ist aber, innerhalb der Flachbildkunst von Lagasch, wohl doch in die zeitliche bzw. kunstgeschichtliche Umgebung dieses Herrschers einzuordnen; das gelingt uns wiederum mit Hilfe ikonographischer Einzelheiten, wie die menschliche Physiognomie mit der von der Stirnlinie deutlich abgesetzten, leicht geschwungenen Nase, der glatte Hüftrock der Männer mit einem Saum aus lanzettförmigen Zotten, die Haarfrisur und Manteltracht der weiblichen Figur. Noch haben die menschlichen Gestalten nicht die plumpe Massigkeit, die gedrungene Schwere des voluminösen Körperbaus erreicht, der für die Eannatum/ Entemena-Stufe charakteristisch werden soll; noch erinnert der elegante, dem Körperumriß folgende Schwung der Gewänder an typische Darstellungen der 2. Übergangszeit 365 . Umgekehrt löst sich der kahlgeschorene, bartlose Rundschädel des Lammträgers mit den beiden Speckfalten im Nacken und der prägnanten Kennzeichnung des Doppelkinns sichtbar vom physiognomischen Typus der altsumerischen Frühzeit (Mesilim- und beginnende Übergangsperiode). Unserer Ritz-Zeichnung am besten vergleichbar, vom Motiv, aber auch von der Figuren-Reihung und der allgemeinen Ikonographie her, erscheinen mir die Darstellungen auf der „Friedensseite" der Mosaik-Standarte aus dem Königsfriedhof von Ur 3 6 6 . Hier hat man die Körperumrisse der einzelnen Gestalten zwar aus dem weichen Stein geschnitten und silhouettenartig in das bunte Intarsien-Werk eingefügt; die Detailangaben auf der Körperoberfläche jedoch sind — genau wie bei unserer Ritzplatte aus Tello — durch zeichnerische Linear-Gravur erfolgt. Die enge stilistische Verwandtschaft zwischen beiden Denkmälern nun legt wiederum eine Datierung unseres Plattenfragments in die zeitliche Umgebung des Urnansche nahe; möglicherweise liegt seine Entstehungszeit auch noch ein wenig früher. 362
UE II, Tf. 150 = Hirmer/Strommenger Tf. XV = KAM Tf. 86
363
Dec. Tf. 48 bis. - Moortgat, KAM Tf. 119
364
MAM I, Tf. XXV ff. - Hirmer/Strommenger Tf. 100. - Moortgat, KAM Tf. 84
365
Ygj z g di e Statuette des Ur-kisalla aus Chafadschi (OIP 44, Tf. 4 8 ff); zu dieser Entwicklungsstufe vgl. auch Moortgat, KAM 44 f; Abb. 31 f
366
UE II, Tf. 92
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Vermutung aussprechen, daß es sich bei unserer Platte nicht unbedingt um ein in Girsu oder Lagasch gearbeitetes Bildwerk handeln muß, sondern daß sie durchaus ein Importstück oder Beutegut aus einer anderen Werkstätte Sumers darstellen könnte 3 6 7 ; denn sowohl die Gestaltung der Einzelfiguren als auch die Technik der Bildverzierung erinnert in Vielem an Kunstwerke vergleichbarer Art, Dimension und Inhalts, die aus verschiedenen altsumerischen Metropolen Mesopotamiens stammen: Weihplatten aus Nippur (Ν 8 - 1 0 = Tf. XVIII,1-3), Adab (AD 1 = Tf. XXXIV,2) und Uruk (UK 1 = Tf. XXXIV,3), ritzverzierte Einlagen aus Mari 368 und Muschelplättchen bzw. Intarsien-Elemente ausUr 3 6 9 . Gewiß wurde auch in Lagasch die typisch sumerische Kunstform der polychromen, mosaikartigen Einlegearbeit, unter Zuhilfenahme der verschiedensten Werkmaterialien, gepflegt; desgleichen kennen wir eine Anzahl ritzverzierter Kunstgegenstände aus diesem südsumerischen Fürstentum 370 , an der Spitze das Meisterwerk altsumerischer Metallgravierung, die berühmte Silbervase des Entemena 371 . Aber gerade im Bereich der Weihplatten und ihres Bilderschmucks scheint in Tello das Flachrelief dominiert zu haben, von den Anfängen bis hinab zur Gudea-Zeit, und unser Fragment bildet somit ein Unikum innerhalb des überlieferten Denkmälerbestandes von immerhin knapp zwanzig Weihplatten mit Reliefdarstellungen aus dem Fundbereich von Tello 372 . Allerdings steht es auch unter sämtlichen Weihplatten des dritten Jahrtausends überhaupt insofern etwas isoliert, als bisher kein anderes Exemplar unserer Denkmalsgattung bekannt ist, das mit einer vergleichbaren Rahmung und Trennleiste in Form einer halbrund ausgekehlten, ursprünglich wohl mit anderen Kontrastmaterialien ausgefüllten Rinne versehen wäre und gleichzeitig eine linear gezeichnete Bildverzierung aufwiese 373 . In thematischer Hinsicht ergänzen dürfen wir uns die fehlenden Teile unserer Platte — ich möchte dabei am ehesten eine ursprüngliche Teilung der Gesamtschaufläche in zwei breitrechteckige, übereinander angeordnete Bildstreifen rekonstruieren, von denen uns hier nur etwa zwei Drittel des Unterfrieses erhalten sind — wohl entweder mit der Darstellung einer Libation vor einer Gottheit oder mit einer Festmahls-Szene, in deren Mittelpunkt der thronende König steht, vergleichbar also entweder dem Typus der Ur I-zeitlichen Ritzplatten aus Nippur (Ν 8—10) oder dem Komplex der Siegesfeier auf der „Friedensseite" der Mosaikstandarte 366 : zwei Themenkreise, die gleichwohl in der Flachbildkunst derselben altsumerischen Entwicklungsstufe aus Tello, speziell auf Weihplattenreliefs, wiederzufinden sind (vgl. ζ. Β. Τ 4—7 und Τ 10). An dieser Stelle möchte ich kurz auf die reliefverzierte Weihplatte Κ10 (= Tf. XLI,2) eingehen, die zwar durch illegale Grabungen über den Umweg des Kunsthandels in das Britische Museum zu London gelangte und uns somit nicht unmittelbar ihren Herkunftsort verrät, die andererseits durch stilistische und kompositorische Eigenarten ihrer bildlichen Darstellung aber so eng gerade mit den „Familienreliefs" des Urnansche verknüpft ist, daß wir sie — mit A. PARROT374 - ohne Weiteres in den Komplex der frühen Lagasch-Platten einbeziehen und an diesem Punkt unserer Material-Anordnung einreihen dürfen. Die leider stark zerstörte Weihinschrift vermag uns keinen direkten Beweis für die Provenienz unserer Platte zu liefern; desgleichen scheint die technische und künstlerische Qualität des Reliefs nicht das — oft verkannte 375 - Niveau der Urnansche-Tafeln zu erreichen. Die auf der rechten Seite der Schaufläche, fast 367
Man bedenke nur die vielen siegreichen Feldzüge, die allein Eannatum unternommen hat und die sicher mit Mengen von Beutegut verbunden waren, das auf diese Weise in ein Heiligtum von Girsu gelangt sein könnte; genauso gut ist natürlich eine Auftragsarbeit in fremder Werkstätte denkbar!
368
Vgl. ζ. B. MAM I, Tf. LV ff
369
Vgl. ζ. B. UE II, Tf. 102 b. 104 ff. 116
370
Auf Urnansche selbst inschriftlich datiert: Cros, NFT Tf. II, 1. - Ferner: Parrot, Tello, 111 ff; Abb. 27
371
Dec. Tf. 42. 43 bis = Moortgat, KAM Tf. 113
372 vgl. dazu die ganz ähnliche Gesamterscheinung beim erhaltenen Weihplatten-Bestand aus dem Diyala-Gebiet, dessen Einzelstücke — bis auf die Ausnahme CT 3 — durchweg reliefverziert sind (vgl. auch Kapitel I Abschnitt B; III Abschnitt Ε 2) 373
Vielleicht war allerdings der recht breit gehaltene Ritzstreifen der Platte Ν 8, der dort als Rahmung dient, ursprünglich ebenfalls bunt eingelegt, sicher aber zumindest mit einer Farbpaste gefüllt, um den Kontrast zum eigentlichen Bildfeld zu verstärken
374
Parrot, Tello, 90, No. 2
375
Selbst A. Moortgat spricht in diesem Zusammenhang davon, daß die Weihplatten des Urnansche in einer kunstgeschichtlichen Betrachtung kaum einen Platz hätten, so gering sei die Qualität ihrer Ausführung (Moortgat, KAM 48)
70
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
die gesamte Plattenhöhe einnehmend, dargestellte Gestalt eines thronenden Herrschers jedoch , kahlköpfig und bartlos, mit vierfach abgestuftem Zottenrock bekleidet und in der Rechten ein Gefäß (?) haltend, schließt sich in ihrem ikonographischen Schema so eng an die Figur des thronenden Urnansche sowohl auf der Platte Τ 4 als auch auf der Reliefstele aus El-Hibba 361 an, und die in zwei Bildstreifen gestaffelten kleineren Gestalten auf der linken Plattenhälfte erscheinen in ihrer Aufteilung und Größenordnung der Prozession von Kronprinzen, Dienern und Hofbeamten auf den „Familienreliefs" so ähnlich, daß wir die Platte im British Museum nicht nur der Zeit und Stilstufe des Urnansche selbst, sondern darüber hinaus auch der Hand eines Steinmetzen aus dem Werkstatt-Bereich von Lagasch bzw. Girsu zuschreiben möchten. Wenn also nicht Urnansche selbst der Stifter des Denkmals wäre, kämen außer ihm wohl nur noch seine unmittelbaren Vorgänger im Amt des Lagasch-Fürsten oder sein ältester Sohn und Nachfolger, Akurgal, als Auftraggeber in Betracht. Aus dem ikonographischen — man kann schon, trotz schlechten Erhaltungszustandes und minderer Qualität, fast sagen: stilistischen — Befund des Bildwerkes geht zum Mindesten klar hervor, daß unser Relief Κ 10 kaum eine längere Zeitspanne vor oder nach der Regierungsmitte des Urnansche gefertigt worden sein kann. Gänzlich unwahrscheinlich wäre wohl eine Entstehungszeit nach Eannatum. Die oben erwähnte Weihinschrift nimmt den nicht bildlich verzierten Raum oberhalb und unterhalb des großen runden, quadratisch gerahmten Zentral-Loches ein und zieht sich noch weiter nach rechts unter die Füße des Thronenden, wobei dem Betrachter sofort - trotz der schlechten Erhaltung gerade dieser Partien und der fast völligen Unleserlichkeit des Textes — auffällt, daß die kalligraphischen Fertigkeiten des Schreibers in keiner Weise über die künstlerische Begabung des Bildhauers hinausgehen, sowohl was die Einzelform der Keilschrift-Zeichen als auch ihre Anordnung auf dem Bildfeld angehen. Allem Anschein nach läuft die Zeichenfolge von links nach rechts, und die von oben nach unten zu lesenden Kolumnen sind waagerecht unterteilt; damit steht das Schriftschema in einem gewissen Gegensatz zur Zeichen- und Kolumnen-Anordnung entsprechender Weihinschriften auf zeitgenössischen Flachbildern: hier lesen sich die Schriftzeichen fast durchweg von oben nach unten, und die Reihenfolge der einzelnen Kartuschen oder der durch vertikale Trennlinien voneinander abgegrenzten Wortgruppen verläuft meist von rechts nach links 3 7 7 ! In den oberen zwei waagerechten Zeilen der Platteninschrift glaube ich die Reste eines Götternamens, vielleicht aber auch die eines theophoren Personennamens, der mit dem sumerischen Gottesdeterminativ „dingir" beginnt, zu erkennen; sollte es sich hierbei um dNin-gir-su gehandelt haben, so spräche dieser Hinweis auch wieder für eine ursprüngliche Herkunft der Platte aus Lagasch bzw. Girsu (Tello) 3 7 8 . In der Zeile unmittelbar unterhalb der Zentralloch-Rahmung liest man dann noch recht deutlich: „nam-ti-l(a)... na . . " , zu ergänzen wahrscheinlich, unterhalb des Thionsessels, die Formel: „(a-mu-ru)"; dem Sinne nach also: „ . . . für das (sein?) Leben . . . (hat er geweiht)". Das Ganze ist also augenscheinlich die Weihinschrift eines frommen Stifters, der das Relief fur den Stadtgott oder eine andere, persönlich besonders verehrte Gottheit einst hat anfertigen und mit der Bitte um Erhaltung seines Lebens in einem Heiligtum hat aufhängen lassen. Namen und Rangbezeichnung des Weihenden (Fürst? Priester? Hochstehender Beamter?) können wir beim besten Willen nicht mehr ausmachen; ursprünglich müssen diese beiden Angaben unmittelbar über der Lochrahmung gestanden haben. Fest steht aber, daß der Bildhauer unserer Platte ein ungefährer Zeitgenosse des Urnansche gewesen sein und daß auch seine Werkstatt in enger künstlerischer Verbindung mit der des Lagasch-Fürsten gestanden haben muß. Vielleicht könnte eine neuerliche Autopsie des Denkmals, vorgenommen nach sorgfältiger Reinigung der Oberfläche und chemischer Entsinterung des porösen Kalkstein-Materials, eine vollständigere und damit für die Datierung und genaue geographische Zuweisung des Stückes aufschlußreichere Lesung der Inschrift erbringen! 376
Wohl unrichtig bei Parrot (Tello 90), der die thronende Gestalt als Gottheit deutet; dafür gibt es jedoch keine ikonographischen Hinweise, vor allem keine Spur einer Hörnerkrone; auch das abgestufte Zottengewand des Sitzenden widerspricht der typisch Ur I-zeitlichen Göttertracht!
377 vgl. zu diesem Schema - abgesehen von vielen anderen inschriftlich verzierten Flachbildwerken - allein die Ur Izeitlichen Weihplatten CN 7, Ν 8, U 3, Τ 1 - 7 , Τ 1 1 - 1 2 und Κ 11, aber auch schon die früheren Stücke U 2, Ν 6 und Μ 3! 378
Auch anhand einer neuen Photographie, die mir dankenswerterweise von der photographischen Abteilung des British Museum zur Verfügung gestellt wurde, läßt sich über die Inschrift selbst nichts Zusätzliches mehr aussagen; die Reste des Götternamens könnten genauso gut als „dUschumgal" o. ä. interpretiert werden. Mit Sicherheit ließ sich nur die Weihformel „für das Leben" in ihrer Lesung bestätigen!
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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Zweifellos später liegt jedenfalls das Entstehungsdatum der Weihplatte Τ10 (= Tf. XXXI,1), deren reliefverzierte Schauseite uns das Bild einer Libation vor einer thronenden Vegetations- oder Berggöttin (Ninchursag?) vorführt; Bergschuppen charakterisieren sowohl den Thronsessel der Gottheit als auch die horizontale Bodenlinie, auf der sich das Geschehen abspielt und die auch gleichzeitig Standlinie ist für den nackten Priester, der auf der rechten Plattenseite die Trankspende mit Hilfe eines hohen Tüllengefäßes ausführt. In formaler Hinsicht, in Dimension, Proportion und Bildkomposition, entspricht diese Kalksteinplatte durchaus der soeben behandelten, vor allem, was die breite Rahmenleiste und die unregelmäßig über die Rahmung hinaus anstehende Steinbosse angeht, aber auch in Bezug auf das quadratisch gerahmte MittelLoch und die sich fast über die gesamte Bildfeld-Höhe erstreckenden Figuren; ferner scheinen Relieftechnik und mindere künstlerische Qualität weitgehend vergleichbar. In Einzelheiten ihrer ikonographischen Gestaltung jedoch verweist die Platte Τ 10 deutlich in eine etwas spätere, der Urnansche-Zeit unmittelbar nachfolgende Entwicklungsstufe der altsumerischen Flachbildkunst: in di& Periode nämlich zwischen Eannatum undEntemena von Lagasch, das entspräche etwa dem Zeitraum zwischen 2460 und 2400 v. Chr. Zwar begegnet uns der Typus einer thronenden Göttin in Profilansicht, im glatten Mantel mit einfacher Saumleiste, das Gesicht dem Beschauer voll zugewandt, von langen, auf Brust und Schultern herabfallenden, torsierten Haarlocken gerahmt und mit großer Hörnerkappe bekrönt, schon auf den zwei mehrfach zitierten Reliefstelen des Urnansche aus El-Hibba bzw. Ur 361 . Antiquarische Details aber, wie die spezifische Form der Hörnerkrone mit vegetabilischem Schmuck 379 , die aus den Schultern wachsenden Fruchtkolben und die Linienführung der auf der Brust eingerollten Haarlocken datieren unser Relief mit ziemlicher Sicherheit in eine etwas spätere Zeitstufe: eine fast identisch gebildete, thronende Vegetationsgöttin, diesmal allerdings wesentlich sorgfältiger und trotz des härteren Steinmaterials in ihren zeichnerischen Details feiner gearbeitet, finden wir als Reliefschmuck eines heute in Berlin befindlichen Gefäßfragmentes, das durch seine umfangreiche Weihinschrift sicher auf Entemena datiert werden kann 3 8 0 . Der gleiche Typ der Hörnerkrone kommt als Götterattribut nachweislich aber auch schon in der Flachbildkunst des Eannatum vor, allein zweimal auf dessen berühmter „Geierstele" 381 . Auf deren Rückseite nun, die in einem ihrer erhaltenen Bildfriese die kultische Bestattung gefallener Soldaten der Lagasch-Armee zeigt, begegnet uns ferner der gleiche nackte Priester wie auf unserem Plattenrelief, in gleicher Haltung und Körperform, mit dem gleichen Libationsgefäß, das er mit beiden Händen umfaßt 3 8 2 . Auch die hier wie dort wiedergegebenen Opfervasen mit sprießenden Pflanzen und beidseitig herabhängenden Fruchtdolden entsprechen einander nahezu vollständig. Leider ist ausgerechnet der Kopf des Priesters von der Geierstele weggebrochen, und ein direkter physiognomischer Vergleich dadurch unmöglich gemacht; aber die glattrasierten, kahlgeschorenen Schädel der von Raubvögeln zerstückelten Leichen, der im Netz des Ningirsu zappelnden nackten Feinde oder der sorgfältig in einem Sammelgrab aufgereihten gefallenen Lagasch-Krieger383 ergänzen das fehlende Vergleichskriterium zur Priestergestalt des Plattenreliefs ausgezeichnet. Aber nicht nur in dieser Hinsicht verblüfft die physiognomische Verwandtschaft, denn der bartlose Kahlkopf des Priesters auf unserer Weihplatte entspricht — soweit wir seine Detailausfuhrung bei seinem zerstörten Zustand ausmachen können — gleichfalls in allen erkennbaren Einzelheiten genau dem Haupt des Fürsten Enannatum auf dessen Reliefplatten-Fragment Τ 11, das wir im Anschluß besprechen wollen, und weist somit all jene typischen Züge der Gesichtsbildung auf, die wir für die Entwicklungsstufe der altsumerischen Flachbildkunst zwischen Eannatum und Entemena als charakteristische Merkmale des gleichzeitigen Menschenbildes erkannt haben: eine fleischige, leicht gebogene Nase, die in ungebrochenem Schwung in die gerundete, halbkreisförmig umrissene Stirn- und Schädelpartie übergeht; der bis zum spitzen Ohrläppchen führende Bogen des massiven Unterkiefers; der lange, bis zur oberen Ohrmuschel ausgezogene Brauenbogen; der kleine, schmallippige Mund und die fast kugelförmig von der Kinnlade abgesetzte Kinnspitze; die ge379
380 381 382 383
Vgl. dazu die typologischen Entwicklungslinien der Götterkronen, die R. M. Boehmer neuerdings verfolgt und untersucht hat (BJV 7 (1967) 275. 284; Tabelle I, D 5). Ob auch in dem hier besprochenen Fall ursprünglich eine „Idolmaske" den Zentral-Aufsatz zwischen den beiden Hörnern bildete, läßt sich auf Grund des schlechten Erhaltungszustandes des Denkmals nicht mehr genau entscheiden Amtl. Ber. 36, 116; Abb. 44. - Zervos Tf. 99. - Parrot, Tello, 101 f (b). - Moortgat, KAM Tf. 115 Vgl. ζ. B. Moortgat, KAM Tf. 118 Moortgat, KAM Tf. 121 Moortgat, KAM Tf. 118. 120. 121
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
schwungene Speckfalte im Nacken und das fast unmittelbare Aufsetzen des schweren Kopfes auf den ausladenden Schultern (vgl. dazu auch Abschnitt Β 2 dieses Kapitels!). Der nackte Oberkörper des Libations-Priesters auf unserer Weihplatte, mit seiner eigenartigen, zu einer Dreiecksform geometrisierten Andeutung der Schlüsselbein-Brustbein-Partie, findet geradezu klassische Parallelen in der Figur des Entemena-Zeitgenossen Dudu, eines Oberpriesters des Ningirsu-Tempels, auf dessen gleichfalls aus Tello stammender Weihplatte Τ 12, und wiederum in der Fürstengestalt der Enannatum-Platte T l l , andererseits aber auch schon bei einigen Figuren auf der Geierstele des Eannatum, ζ. B. den Korbträgern bei der Gefallenen-Beisetzung 382 . Wir gelangen also beim Versuch einer stilistischen Datierung unserer Platte Τ 10 zwangsläufig zu der Erkenntnis, daß wir ihre Entstehungszeit nur in die Periode zwischen Eannatum undEnannatum II., unter Einschluß der Ensis Enannatum I. und Entemena, einordnen dürfen, in unsere sogenannte „EannatumEntemena-Phase" nämlich; eine noch präzisere Zuweisung an den einen oder anderen dieser LagaschFürsten etwa erscheint unter den gegebenen Umständen allerdings kaum möglich, wäre vielleicht auch im Rahmen unserer kunstgeschichtlichen Untersuchung und des damit verbundenen Aufgabenbereichs, in Anbetracht der geringen Qualität und des schlechten Erhaltungszustandes unseres Reliefdenkmals vor allem, fehl am Platze. Gerade bei der Betrachtung unserer Weihplatte und der sich daraus ergebenden Konsequenzen für die altsumerische Kunstgeschichte verstärkt sich immer mehr der Eindruck, daß die Bildwerke jener Periode so betont von ein und derselben stilistischen Entwicklungsstufe geprägt sind, daß die Zeitspanne zwischen den oben genannten Ensis von Lagasch nicht von allzu langer Dauer gewesen sein kann. Schon von dieser kunsthistorischen Erwägung und Erkenntnis her erscheint die von H. J. NISSEN384 angesetzte Summe von insgesamt mindestens 80 Regierungsjahren, vom Herrschaftsantritt des Eannatum bis zum Tode des Entemena, im Ganzen wohl doch zu hoch gegriffen. Gerade diese, für drei Herrscher aus nur zwei subsequenten Generationen ungewöhnlich lang anmutende Zeitspanne aber brauchte NISSEN für seine Argumentation dringend, um die Unterbringung der gesamten ersten Dynastie von Ur in einem Teil dieses Herrschafts-Abschnitts, nämlich von der Mitte der Eannatum-Regierung bis zur Mitte der Entemena-Herrschaft gerechnet, glaubhaft zu machen: ein Grund mehr für uns, die chronologischen Konsequenzen NISSEN's zumindest mit einiger Skepsis zu betrachten! Das Fragment einer weiteren reliefverzierten Steinplatte, unser Stück Τ11 (= Tf. XXXI,2), trägt in seiner linken Ecke wiederum eine kurze Inschrift, mit deren Hilfe wir den im Bilde dargestellten und zum größeren Teil auf dem Bruchstück erhaltenen kahlköpfigen Fürsten mit nacktem Oberkörper und fein stilisiertem, mehrfach abgestuften Zottenrock als Enannatum, Ensi von Lagasch, identifizieren können. Wenn das Denkmal auch, ohne genauere Provenienz-Angabe, über den Kunsthandel vom Britischen Museum erworben wurde, so ist doch allein schon durch die Fürsten-Titulatur der Inschrift sein Ursprungsort so gut wie gesichert. Auch die stilistische Gesamtwirkung des Reliefbildes fügt sich nahtlos in den Rahmen entsprechender Reliefdarstellungen aus den Lagasch-Werkstätten ein, und die feine Qualität des künstlerischen Entwurfes wie auch die Delikatesse der Oberflächenbehandlung und Innenzeichnung können sich durchaus mit der Bildmodellierung auf dem Meisterwerk jener Epoche, der Geierstele, messen. Ja, unser Fragment gehört zweifellos, zusammen mit jener Siegesstele, der Silbervase des Entemena 3 7 1 und der sogenannten DuduPlatte (unser Stück Τ 12), zu den qualitätvollsten Flachbildwerken Lagasch's, die wir aus der Eannatum/ Entemena-Stufe überhaupt besitzen 3 8 5 , zumindest was ihre technische Perfektion und die elegante Bewältigung des Steinmaterials angeht. Bei dem Problem, ob es sich bei der Abbildung jenes Enannatum, des Stifters unserer Platte, um den ersten oder den zweiten Fürsten dieses Namens handelt, sind wir zunächst auf Vermutungen angewiesen, da der erhaltene Teil der Inschrift den Vatersnamen nicht nennt. Immerhin stehen diese beiden Ensis in einem Verwandtschaftsverhältnis von Großvater zu Enkel. Aus einer ersten Analyse des archäologischen Befundes geht also lediglich hervor, daß unser Relief in der engeren zeitlichen Umgebung des Entemena, oder, noch präziser abgegrenzt: zwischen dem Lebensende Eannatum's und dem Regierungsantritt des Enetarzi, entstanden sein muß. 384
Nissen 122 Anm. 348
385
Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch noch das oben erwähnte Reliefbild auf einer steinernen Kultvase des Entemena zitieren (Anm. 380)
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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Nun wissen wir aber aus den historischen Quellen, daß die Regierungszeit des Entemena-Sohnes Enannatum II. nur wenige Jahre (höchstens sechs)386 betragen haben kann und überdies von ständigen Machtkämpfen mit der immer mehr in den hegemoniellen Vordergrund drängenden Ningirsu-Priesterschaft überschattet war 387 , in noch stärkerem Maße wahrscheinlich als schon die letzten Lebensjahre des Entemena selbst 388 . Man möchte allein aus diesem Grunde ein solch qualitätvolles Werk wie gerade unsere Reliefplatte, auf der sich der Fürst mit Bild und Namen verewigen ließ, ungern mit dem machtpolitisch wohl ziemlich bedeutungslosen Enannatum II. in Verbindung bringen. Dagegen sprechen mehrere Indizien ikonographischer, paläographischer und historischer Art für eine Zuschreibung des Reliefs an Enannatum I.: die stilistische Identität der Menschendarstellung zum Beispiel mit den Gestalten auf der Geierstele — man vergleiche nur die Ohrstilisierung, Augen- und Brauenbehandlung, die Profillinie des Gesichtes und die Feinheit der Zottenwiedergabe auf beiden Flachbildwerken! — rückt unser Plattenrelief in die unmittelbare kunstgeschichtliche Umgebung des Eannatum, was wiederum die Annahme berechtigt erscheinen läßt, Enannatum I., Bruder und Nachfolger des Eannatum, sei Auftraggeber und Stifter des Bildes gewesen. Wir kennen im Übrigen noch ein weiteres Relief, das wir auf Grund einer längeren Weihinschrift mit einem Lagasch-Fürsten namens Enannatum verbinden dürfen; es befindet sich auf der Wandung eines steinernen Keulenkopfes, der ebenfalls aus Raubgrabungen in das Britische Museum zu London gelangte389. Auch hier ist zwar eine ausdrückliche Nennung der Fürsten-Genealogie im Beischrift-Text unterblieben, wohl aber spricht der eigentliche Stifter der Keule, ein hoher Minister, hier von „Enannatum, seinem König" 390 , was doch wohl nur auf den ersten Herrscher dieses Namens gemünzt sein kann; von der Zeit des Entemena an, also auch und gerade für den unbedeutenden Enannatum II., wäre die Titulatur „Lugal" schlechthin undenkbar, zumindest eine für die damalige Situation des Ensitums in Lagasch unverständliche Anmaßung gewesen; erst Urukagina soll sich dann wieder, nach einer Periode interner Wirren und Machtkämpfe, als „König" von Lagasch bezeichnen391. Schon F. T H U R E A U - D A N G I N hat, wohl auch aus den letztgenannten Gründen, die Weihkeule ohne Vorbehalte dem ersten Enannatum zugeschrieben390. Dürfen wir somit ebenfalls die Zuweisung des Keulenreliefs als gesichert voraussetzen, so bietet sich ein stilistischer Vergleich mit unserem Plattenrelief als nächster Schritt zu dessen kunstgeschichtlicher Einordnung an: wenn die bildliche Darstellung des Herrschers auf dem Keulenrelief, der, gefolgt von zwei Hofbeamten, sich der heraldisch-mythologischen Gruppe eines „Imdugud" über zwei Löwen zuwendet, auch etwas gröber und summarisch vereinfacht wirkt und, bei geringerer Detailuntergliederung (Adlerschwingen, Zottenrock), flüchtiger gearbeitet erscheint, so zeigt sich doch im Vergleich mit dem Fürstenbild auf dem Plattenfragment eine so auffällige ikonographische Verwandtschaft, besonders in der betenden Handhaltung und der spezifischen Kopfform, daß wir es wohl in beiden Fällen mit dem „Porträt" der gleichen historischen Persönlichkeit, nämlich Enannatum I., zu tun haben dürften. Darüber hinaus entsprechen, wenn man die Inschriften beider Denkmäler nebeneinander hält, der paläographische Duktus wie auch die Zeichenfolge von Namenszug und Herrschertitel einander vollkommen. Daß es sich bei unserem Relieffragment tatsächlich um den Teil einer Weihplatte, also eines Vertreters der hier zur Diskussion stehenden Denkmalsgattung, handelt, geht wohl überzeugend aus der breiten Rahmenleiste und der am Rand noch anstehenden, nur teilweise geglätteten, unregelmäßig begrenzten Steinbosse hervor; vom Ansatz des ursprünglichen Zentral-Loches läßt sich, zumindest von der Photographie her, nichts mehr erkennen. Wahrscheinlich hat die Durchbohrung sich einst etwa in Höhe des linken Ellenbogens der Herrschergestalt befunden. Bemerkenswert an unserem Fragment ist noch, neben dem verhältnismäßig seltenen Werkmaterial, einem glatten, dunklen Kalkstein, auch seine Dimensionen; wir können die ursprüngliche Bildfläche der Gesamtplatte, unter Zugrundelegung der bekannten Proportionsgesetze des zeitgenössischen Menschenbildes, in 386
Vgl. dazu zuletzt Nissen 121 f; Anm. 344. 349
387
Vgl. dazu Moortgat, Geschichte, 240 f
388
Der Nachfolger Enannatum's II. in der Ensi-Herrschaft, Enetarzi, war schon zu Entemena's Spätzeit Oberpriester des Ningirsu, wahrscheinlich also auch während der kurzen „Regierungs"-Spanne Enannatum's II. selbst (vgl. dazu Thureau-Dangin, SAK 224)
389
Hall, Sculpture, Tf. III unten. - Hirmer/Strommenger Tf. 70
390
Thureau-Dangin, SAK 31 (Enannatum I, c)
391
Thureau-Dangin, SAK 42 ff
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
ihren Ausmaßen auf mindestens 35 cm im Quadrat berechnen. Indes erreichen ja schon einige Platten des Urnansche eine relativ große Flächenausdehnung, nämlich bis zu einer Breite von 50 cm (T 4), sodaß wir auch hier keineswegs ein Unikum vor uns haben. Zur thematischen Ergänzung des Gesamtbildes läßt sich nur soviel vermuten, daß die Gestalt des aufrecht stehenden Fürsten höchstwahrscheinlich die ganze Plattenhöhe beansprucht hat, und die rechte Plattenhälfte entweder durch die Figuren eines oder mehrerer Familienangehöriger bzw. Mitglieder des Hofstaates, wie etwa bei den „Familienreliefs" des Urnansche 3 9 2 , ausgefüllt wurde, oder vielleicht mit mythologisch-symbolischen Darstellungen verziert war, wie sie uns die im Folgenden zu behandelnde Platte des Oberpriesters Dudu vorführt.
Dieses annähernd komplett erhaltene Relief, die Weihplatte Τ12 (= Tf. XXXI,3), aus dunklem, bituminösen Stein gefertigt 393 , stellt scheinbar, im Vergleich zum gesamten Bilderkomplex aller anderen Denkmäler unserer Gattung, ein Unikum in Thematik und Komposition dar. Das Stück stammt aus Tello und wurde im Verlauf der älteren französischen Ausgrabungen im Bereich des Tell K, in der Nähe des „Massiv des Entemena", gefunden. Leider erlitt das empfindliche, brüchige Steinobjekt auf seinem Transport von der Grabung in das Museum, den Pariser Louvre, erhebliche Beschädigungen, sodaß die heutige Bildoberfläche, wie sie sich auf den meisten neueren photographischen Reproduktionen präsentiert, uns weniger vom ursprünglichen Erhaltungszustand verrät, als wir noch auf der alten Photographie bzw. der Umzeichnung eines Abklatsches erkennen können, der seinerzeit unmittelbar nach der Auffindung vom Original abgenommen worden war 3 9 4 . Daraus geht unter anderem hervor, daß das Flechtband im unteren Bildstreifen so gut wie vollständig konserviert war, desgleichen ein Großteil des Priesterkopfes und einige heute weggebrochene Zeichen der Inschrift. In der Tat verblüfft die Kombination der dargestellten Einzelmotive und ihre Anordnung auf der ziemlich genau quadratischen Bildfläche nur auf den ersten Blick. Bei eingehender Betrachtung des Reliefs spürt man deutlich in dem kleinen, metopenartigen Bildfeld mit der Darstellung eines nach links gewandten, liegenden Kalbes eine Reminiszenz an die ursprünglich dreifriesige Aufteilung der wesentlich älteren, typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten: ein kompositionelles wie auch thematisches Relikt aus jener frühen Bildkunstepoche. An Stelle aber eines auf der rechten Plattenhälfte zu erwartenden, formal und inhaltlich korrespondierenden Metopenfeldes nimmt dort die Figur des Ningirsu-Priesters Dudu, mit kahlem, bartlosen Schädel, nacktem Oberkörper, vierfach gestaffeltem Zottenrock und langem Stab in der Linken, als Zeichen seiner Würde 395 , ihren Platz ein und erstreckt sich bis zur oberen horizontalen Rahmenleiste der Platte, also weit in den oberen Bildstreifen hinein. Die dort angebrachte, symbolisch-heraldische Darstellung eines „Imdugud", der über zwei Löwen schwebt und seine Fänge in deren Rücken schlägt, behauptet damit keine zentrale, axialsymmetrische Stellung mehr, wie etwa das gleiche Motiv noch auf einigen der UrnanschePlatten (T 1—3), sondern wird in die linke Hälfte des Oberfrieses gedrängt. Das dreifach untergliederte, in sich zurücklaufende Flechtband in dem diesmal wieder über die ganze Plattenbreite geführten Unterfries kennt zwar in dieser Form auf Weihplattendarstellungen keine unmittelbare Parallele 396 ; die anderen Einzelmotive jedoch, der löwenköpfige Adler über den Raubkatzen, oft als „Wappen von Lagasch" bezeichnet, das liegende Jungrind und der stehende Würdenträger im Zottenrock, bilden spätestens seit der Urnansche-Zeit, besonders in der Bildkunst von Tello, keine ungewöhnliche oder gar unbekannte Erscheinung.
392 vgl. dazu auch die Anordnung der beiden Figuren auf dem Bildfeld der Platte CN 7, deren Entstehungszeit früher als die des Stückes Τ 11 anzusetzen ist 393 vgl. die Angaben zu Werkmaterial und Werktechnik in Dec. 204 ff 394
Heuzey, Armoiries, Tf. II. - Dec. 204 (Abb.). - Heuzey, Catalogue, No. 12 395 Vgl. dazu die wohl neusumerische, leider kopflose Statue des Gottes (?) Alia, mit Stab in den gefalteten Händen (zuletzt: E. Strommenger, ZA NF 19 (1959) 46 ff). Vergleichbares findet sich aber auch schon bei der sog. „Figure aux plumes" aus Tello (Moortgat, KAM Tf. 30) und mesilim-zeitlichen Darstellungen, die einen „Stabträger" in kultischem Zusammenhang zeigen (ζ. B. Hirmer/Strommenger Tf. 44 oben; Weihplatten AG 2, CT 2, CS 1, CH 1 etc.) 396 vgl. jedoch die Reliefdarstellung unseres Stückes S 9 aus Susa, falls es sich hier tatsächlich um ein Exemplar unserer Denkmalsgattung handelt
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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Erwähnenswert wäre zunächst noch, neben dem seltenen Steinmaterial der Platte und ihrer ungewöhnlichen Rückseitengestaltung in Form einer flachen vierseitigen Pyramide 397 , daß diesmal der Stein mit der Rahmenleiste abschließt und auch deren seitliche Begrenzung sorgfältig abgearbeitet und geglättet ist, eine technische Eigenheit, die wir zwar schon von vielen Vertretern unserer Gattung aus der Mesilim-Zeit kennen, bei den Weihplatten der Ur I-Zeit aus Tello aber seltener zu belegen ist. Nicht nur die Fundstelle innerhalb des Stadtgebietes von Tello, sondern vor allem die Weihinschrift und der charakteristische Stil der Reliefdarstellung verweisen die Entstehung unserer Platte eindeutig in die Entemena-Zeit. Sowohl die paläographischen und sprachlichen Eigenheiten des längeren Textes, dessen sorgfältig gezeichnete Schriftelemente sich über den freigebliebenen Reliefgrund, teilweise sogar über das Bildwerk selbst hinziehen, haben schon F. THUREAU-DANGIN bewogen398, das Denkmal in die Zeit des Entemena einzureihen, wie auch die Persönlichkeit des Priesters Dudu selbst, dessen Namensnennung und Titulatur auf mehreren Entemena-Inschriften erscheint 399 . Zwar kennen wir aus anderen historischen Bildund Schriftquellen noch mindestens zwei weitere Personen gleichen Namens schon aus der Zeit des Urnansche 400 , die aber wegen ihrer abweichenden Berufsbezeichnung (Schreiber bzw. hoher Staatsbeamter) und gerade wegen ihrer zeitlichen Stellung als Stifter unserer Weihplatte wohl kaum in Betracht kommen. Wenn also unser Relief nur dem genannten Ningirsu-Priester des Entemena zugeschrieben werden kann, dann spricht besonders die Tatsache, daß ein Mann des „Klerus" ein derart qualitätvolles Bildwerk aus einem, wie aus der Inschrift hervorgeht, eigens importierten Werkmaterial hat anfertigen lassen und es sich darüber hinaus leisten konnte, in einer längeren Inschrift mit keiner Silbe auf den regierenden Herrscher, seinen zumindest nominellen weltlichen Oberherrn Entemena, einzugehen401, für die überraschend hohe Rangstellung eben dieses Priesters und seine anscheinend bedeutende Rolle in der politischen Führung der Stadt Lagasch. Bestärkt wird unsere Vorstellung von der Machtübernahme des Priestertums in Lagasch während der altsumerischen Endphase durch das historisch belegte Faktum, daß sich die letzten Ensis von Lagasch vor der Niederwerfung der Stadt durch Lugalzaggesi, die nicht mehr der von Umansche begründeten Familiendynastie angehören, aus der Priesterschaft des Ningirsu-Tempels rekrutierten 387-388 . Bestätigt wird unsere historische Datierung der Weihplatte in die Regierungsjahre des Entemena mit absoluter Sicherheit durch einen Stilvergleich mit inschriftlich für diesen Fürsten gesicherten Bildwerken402: Die Darstellung des liegenden Jungrindes auf unserer Platte ist - abgesehen von der unterschiedlichen Bildtechnik der linearen Metall-Gravierung — identisch mit den Tieren des Rinderfrieses auf der Schulterpartie der Entemena-Silbervase371, nicht nur in der Haltung und den Proportionen des Körpers, sondern auch in allen Details der Innenzeichnung: Augen- und Brauen-Stilisierung, Halsansatz mit doppelter LinienUmrandung des linken Schulterblattes, die feiste Wamme und der zwischen den Hinterbeinen hindurchgezogene, lange Schwanz, der an der linken Flanke der liegenden Tiere wieder erscheint und sich steil nach oben, bis zum Ansatz der Kruppe, emporzieht, mit seiner typischen, in parallele Wellenlinien untergliederten Quaste. Darüber hinaus lassen sich auch die Darstellungen des gleichen heraldischen Motivs, eines „Imdugud" über zwei spiegelbildlich auseinanderstrebenden Löwen, die auf beiden Bildwerken eine wichtige Rolle spielen, stilistisch nicht voneinander trennen 403 . Alle Einzelheiten wie auch die Gesamtkomposition sind 397 y g j ^azu Dec. 204 ff; Heuzey, Catalogue, No. 12. - Man hat sogar die Theorie erwogen, ob das Relief vielleicht nicht mit dem Meißel modelliert, sondern durch Abguß des flüssigen Bitumens mit Hilfe einer Form-Model hergestellt worden ist (dazu auch unsere Anmerkung 1) 398
Thureau-Dangin, SAK 34 f (Entemena, i)
399
Ζ. B. auf der Silbervase (Thureau-Dangin, SAK 34 f = Entemena, h); auf einem Backstein (SAK 34 f = Entemena, k); auf einem „Feldstein" (Barton, RISA 52 f (7, III), wo Dudu noch als „Diener des Entemena" bezeichnet wird!). Vgl. zusammenfassend auch den Artikel „Dudu" in RLA!
400
Vgl. dazu Sumer 5 (1949) 131 ff; Sumer 13 (1957) 62 ff. - Sitzbüd: Hirmer/Strommenger Tf. 86 f; Moortgat, KAM Tf. 103. — Daneben gibt es noch eine Anzahl weiterer Personen gleichen Namens aus der akkadischen bzw. neusumerischen Epoche (man vgl. nur den letzten Akkad-König Dudu!)
401
Vgl. dagegen Heuzey, Armoiries, 7 f, der in der nicht erhaltenen, rechten oberen Ecke der Platte den Namen des herrschenden Fürsten, also Entemena's selber, ergänzen und den Dargestellten eben mit diesem Ensi, nicht mit Dudu, dem Ningirsu-Priester, identifizieren will!
402
Vgl. dazu auch schon Heuzey, Armoiries, 9 ff (1894!)
403 y g j jjj, G e g e n s a t z dazu die früheren Formulierungen des gleichen Motivs, etwa auf der Mesilimkeule (Moortgat, KAM Tf. 36) oder auf den Platten des Urnansche (T 1 - 3 )
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
nahezu identisch: der in Vorderansicht gegebene Löwenkopf des „Imdugud" mit den henkelartig auf der giebelförmigen Schädelkuppe ansetzenden Ohren, die Stilisierung der Federn und ihre schuppenartige Verteilung auf Körper und Schwingen des Mischwesens, die Löwenfiguren in Schrittstellung, mit wallender, zottiger Mähne, und vor allem die spezifische Gestaltung der Vogelklauen und die Muskulatur-Angaben an sämtlichen Tierbeinen. Die einzigen ikonographischen Abweichungen zeigen sich in den Mähnenlocken des „Imdugud" auf der Silbervase, hier in konzentrische Halbkreise aufgelöst, deren Angabe auf der Dudu-Platte gänzlich fehlt, und in der Kopfhaltung der beiden Löwen: auf dem Plattenrelief schlagen die Raubtiere mit zurückgeworfenem Kopf ihre Zähne in die Flügelfedern des Mischwesens, während sie auf der Vasenzeichnung nach beiden Seiten hin je eine Ziege angreifen. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß sich dieser spezielle Typus des Imdugud-Motivs während der Entemena-Zeit ikonographisch deutlich von der Formulierung des entsprechenden Bildgedankens bei Umansche abhebt, ja, daß sich sogar einige kleine Formvarianten im Vergleich zu den Imdugud- bzw. Adler-Darstellungen unter Eannatum bemerkbar machen 404 . Ein weiteres Vergleichsstück für eine kunstgeschichtliche Fixierung unserer Weihplatte in die EntemenaZeit bietet uns eine in Ur gefundene Diorit-Statue, die, wie wir einer längeren Weihinschrift auf Schulter und Rücken entnehmen können, den Fürsten Entemena von Lagasch selbst darstellt 405 . Die Gestalt des Dudu nun auf seiner Platte erscheint wie eine bildliche Umsetzung jenes rundplastisch angelegten Werkes in ein Flachrelief; man vergleiche nur die Massigkeit des Oberkörpers mit den ausladenden Schultern, den schweren, fleischigen Armen, den spitzen Ellenbogen und der konzentrischen Stilisierung der Brustwarzen, den glockenförmig geblähten, fast bis zum Knöchelansatz reichenden Hüftrock, dessen Stoff durch mehrere, dachziegelartig sich überlappende, horizontale Zottenreihen in feinster Einzelstilisierung charakterisiert ist. Bezeichnend erscheint auch das fast unsichtbare, durch die oberste Zottenstufe überdeckte Gürtelband und die auf das Gesäß herabfallende Gürtelquaste. Unter Berücksichtigung der leicht variierenden Annhaltung (Beter mit gefalteten Händen bzw. Priester mit Stab) und der Verschiedenheit des künstlerischen Ausdrucksmittels (fast lebensgroße Rundplastik bzw. relativ kleines Flachrelief) können wir hier guten Gewissens von einer stilistischen Identität der beiden altsumerischen Menschenbilder sprechen und somit beide dem gleichen zeitlichen und kunstgeschichtlichen Entstehungsbereich, eben der Entemena-Periode, zuweisen 406 . Leider fehlt dem Rundbild der Kopf, und auch das Haupt des Priesters im Relief ist unvollständig erhalten geblieben. Man darf ihn sich wohl in Analogie zum Kopf des Enannatum I. auf dessen Weihplatte (Τ 11) ergänzen, die entwicklungsgeschichtlich praktisch die gleiche Stellung einnimmt und auch eine vergleichbare künstlerische Qualität aufweist. Wenn wir eine noch präzisere, engergefaßte Datierung unseres Reliefs innerhalb der Entemena-Zeit anstreben, dürfen wir es wohl nur in die zweite Regierungshälfte jenes Lagasch-Fürsten setzen; denn auf dem in mehreren Kopien überlieferten Freundschaftsvertrag des Entemena mit dem Ensi Lugalkiginnedudu von Uruk, etwa in der Regierungsmitte des Lagasch-Herrschers abgeschlossen407, figuriert der Name des Oberpriesters Dudu noch nicht 3 0 2 . Dagegen hat sich ein gewisser Ene(n)tarzi38S, wahrscheinlich der spätere Ensi von Lagasch, Nachfolger Enannatum 's II. und Vorgänger des Lugalanda, schon spätestens seit dem 19. Regierungsjahr des Entemena als Oberpriester des Ningirsu in Lagasch etabliert 408 . Damit verbliebe für die Amtsdauer des Dudu in jener kultischen Rangstellung ein Zeitraum von höchstens 10 Jahren! Nach einer interessanten Theorie von M. LAMBERT409 wäre Enetarzi sogar ein Sohn des Dudu und der Vater des späteren Ensi Lugalanda gewesen; es habe also auch unter den Ningirsu-Priestern, die im Laufe 404
Ein ausführlicher Exkurs über die ikonographische Entwicklung der „Imdugud"-Darstellung im Flachbild von Urnansche bis Entemena würde hier zu weit führen; es sei deshalb nur angemerkt, daß sich die Formgebung auf der Entemena-Vase und auch auf der Reliefkeule des Enannatum selbst schon von dem Typus des gleichen Motivs auf der Geierstele des Eannatum abzuheben scheint, besonders, was die fast halbkreisförmige Einziehung der Flügel zum Halse des Mischwesens hin angeht. Es wäre eine lohnende Aufgabe, einmal die typologische Entwicklung allein dieses Bildgedankens von seinen Anfängen bis zur Spätzeit zu untersuchen und die leichten ikonographischen Abwandlungen in der Form- und Federstilisierung im Laufe der altsumerischen Periode genau zu verfolgen, um damit unter Umständen noch feinere Datierungsmöglichkeiten für die einzelnen Entwicklungsstufen jener Kunstepoche zu gewinnen!
405
UE IV, Tf. 40. - Vgl. auch Moortgät, KAM 45; Tf. 87 f
406
Vgl. dazu auch die Anmerkungen zur Dudu-Platte bzw. zur zeitgenössischen Rundplastik bei Moortgat, KAM 45. 48 Vgl. dazu Nissen 123 ff; Anm. 358 ff (mit Literatur) Vgl. Nissen 121 Anm. 343 M. Lambert, ArOr 23 (1955) 562
407 408 409
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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der letzten Jahrzehnte zwischen dem Ende der Urnansche-Dynastie und dem Aufstieg der Eroberer Lugalzaggezi und Sargon in Lagasch die Macht ergriffen und die Ensi-Herrschaft usurpierten, eine gewisse genealogische, dynastische Verbindung bestanden. Wie dem auch sei, mit Sicherheit allein scheint jedoch festzustehen, daß der Stifter unserer Weihplatte nur während der zweiten Regierungshälfte des Entemena Oberpriester des Ningirsu-Tempels gewesen sein kann, womit es uns tatsächlich gelungen ist — ein seltener Fall im Verlauf unserer Untersuchungen! —, die Herstellungszeit eines altsumerischen Reliefbildes praktisch auf ein Jahrzehnt genau zu bestimmen, nämlich die Spanne etwa zwischen den Daten Entemena 10 und Entemena 18 (kurz vor 2400 v. Chr.). Jeder Versuch einer noch stärkeren Einengung des Entstehungsdatums jedoch, mag er auch noch so verlockend sein, wäre reine Spekulation und vorläufig nicht beweiskräftig zu untermauern! Zum Abschluß unserer Betrachtungen zur Dudu-Platte sei noch vermerkt, daß sich im Louvre ein bisher nicht in bildlicher Wiedergabe publiziertes Bruchstück einer reliefverzierten Weihplatte aus schwarzem Kalkstein (?) befindet 410 , das gleichfalls aus den älteren französischen Grabungen in Tello stammt. Die Darstellung soll noch Reste eines „Imdugud"-Flügels zeigen, in womöglich noch feinerer und sorgfältigerer Ausführung als das entsprechende Motiv auf der soeben besprochenen Platte Τ 12. Handelt es sich hierbei möglicherweise um Überbleibsel einer Doublette zur Weihplatte des Dudu, oder vielleicht sogar um ein weiteres Fragment der Enannatum-Platte, deren linke obere Ecke uns in dem Bruchstück Τ 11 im Britischen Museum erhalten ist? Das Plattenfragment Τ13 (= Tf. XXXI,4), das letzte Bildwerk, das wir bei einer Besprechung der Weihplatten von Tello noch erwähnen wollen, stammt aus den Grabungen von G. CROS und ist von A. PARROT mit Vorbehalten unter die Vertreter unserer Denkmalsgattung eingereiht worden 411 . Von den erhaltenen Dimensionen und der Art der Leistenrahmung her möchte man dieses KalksteinRelief mit der Darstellung eines nackten Opferdieners oder Priesters (?), der in jeder Hand ein Bündel Fische trägt 412 , nicht unbedingt zur Gattung der Weihplatten mit zentraler Durchbohrung rechnen; es könnte sich allerdings um ein später überarbeitetes und geglättetes Bruchstück einer größeren Weihplatte handeln, das sekundär mit einem Loch auf der linken Seite des Bildfeldes und einem undeutlich geritzten Keilschriftzeichen (?) auf dem linken Unterschenkel des Fischträgers versehen worden ist 413 . Das Werkmaterial jedoch in Verbindung mit der flachen Plattenform und die ganze Anlage des Reliefbildes mit seiner plastischen Rahmung rücken das Denkmal in unmittelbare Nähe unserer Gattung, sodaß wir es ungern von den Weihplatten selbst trennen oder gar gänzlich aus unserer Betrachtung ausklammern wollten. Auch das Bildmotiv wäre in diesem Rahmen durchaus denkbar. Die stark korrodierte und ohnehin flüchtig gearbeitete Darstellung des nackten Mannes, dessen Kopf zudem abgeschlagen ist, gibt uns keinen exakten stilistischen Datierungshinweis. Auf Grund der Körperproportionen, der Beinstellung und der anatomischen Struktur der nackten Gestalt in Verbindung mit der vorliegenden Thematik können wir das Relief mit hinreichender Sicherheit dem Bereich der Ur I-zeitlichen Flachbildkunst, der Periode also etwa zwischen Urnansche und der Gründung des altakkadischen Großreiches, zuweisen 414 . Aus dem Komplex der im Vorangegangenen besprochenen Flachbildwerke aus Tello oder dessen unmittelbarer Umgebung, die wir zumeist überzeugend als Vertreter unserer speziellen Denkmalsgattung identifizieren konnten und die darüber hinaus durchweg dem Bereich der Ur I-Zeit und deren künstlerischer Entwicklungsstufen angehören, ergäben sich allein schon wichtige Hinweise auf die typische formale und thematische Bildkonzeption der altsumerischen Weihplatten aus jener Periode; wir könnten bereits einige interessante Rückschlüsse ziehen auf den inneren und äußerlichen Wandel einerseits, dem unsere Gattung im Laufe der frühdynastischen Zeit unterworfen war, und auf die traditionellen Elemente andererseits, die 410
Dec. 209; Heuzey, Catalogue, 125 f (No. 13)
411
Parrot, Tello, 94 f (No. 5)
412
Vgl. zum Motiv des Fischträgers unser mesilim-zeitliches Fragment Ν 4. - Ur I-zeitliche Parallelen ζ. B. auf der „Mosaik-Standarte" aus Ur (Friedensseite, Mittelfries = UE II, Tf. 91). - Allgemein zur Motiventwicklung vgl. auch Kapitel III Abschnitt Ε 2 a (CT 3)
413
Zum Fall einer späteren Überarbeitung eines reliefverzierten Weihplattenfragments vgl. auch die beiden Stücke AS 4 und CN 6 aus der 2. Übergangszeit
414
Zur Ikonographie des nackten Gabenbringers vgl. die Besprechung der Platte Τ 10; theoretisch aber wäre auch eine Datierung des Stückes Τ 13 in den Bereich der neusumerischen Flachbildkunst durchaus denkbar!
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
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auch die spätesten Weihplatten gedanklich oder bildlich eng mit den frühesten verbinden. Ehe wir aber eine Gesamtbetrachtung anstellen und uns anschließend mit den Beispielen unserer Denkmalsgatttung aus der 2. Übergangszeit befassen, wollen wir zunächst versuchen, durch Vergleiche mit den Stücken der Ur I-Zeit aus Tello auch die annähernd gleichzeitigen Weihplatten oder deren Überreste aus anderen Stätten Sumers stilistisch einzuordnen und dadurch einen besseren und zusammenfassenden Überblick über das derzeit verfügbare Gesamt-Material dieser letzten Entwicklungsphasen altsumerischer Flachbildkunst zu gewinnen. Wir werden bei dieser Untersuchung am günstigsten in geographischer Reihenfolge vorgehen, bei den zentralsumerischen Städten oder Stadtstaaten im Süden Mesopotamiens beginnend nach dem Norden und Westen voranschreitend, deren Metropolen während der frühdynastischen Zeit sowohl politisch als auch kulturell stärker als der Süden vom vorakkadischen Semitentum geprägt zu sein scheinen und deshalb manchmal auch eine etwas andersartige Parallelentwicklung innerhalb ihrer Flachbildkunst erkennen lassen.
2. Ur(U
3-4)
Ein kleines, stark beschädigtes Relieffragment aus blaugrauem Kalkstein, unser Exemplar U 3 (=Tf. XXI,3), das im Füllschutt des neusumerischen „Gigparku" zu Ur aufgefunden wurde, gibt uns gerade noch die Reste mehrerer nach rechts schreitender menschlicher Figuren, in zwei übereinander liegenden, horizontalen Bildstreifen angebracht, zu erkennen, dazu noch Spuren einer längeren Inschrift, die die kultische Bautätigkeit eines Fürsten (?) rühmt. Zwar läßt sich das Stück nicht mit letzter Sicherheit als Teil einer Weihplatte bestimmen, seine bildliche Darstellung aber schließt sich thematisch und stilistisch durchaus an die Reliefs mehrerer Platten aus Tello an; L. WOOLLEY bezeichnet das Bruchstück direkt als eine „Replik" der Urnansche-Tafeln und rückt es damit, im Hinblick auf Entstehungszeit und ursprüngliche kultische Bestimmung, ganz in die Nähe unserer Denkmalsgattung 415 . E. SOLLBERGER vermerkt bei seiner Untersuchung der älteren Inschriften aus Ur sogar ausdrücklich, daß es sich hier um das Fragment einer „plaque" handelt, im Gegensatz zur Angabe „votive stela" in Katalog und Abbildungsteil der Originalpublikation 416 . Zweifellos sprechen auch der breit anstehende, leistenförmige Rahmen und der schmale, plastische Fries-Trennstreifen sowie die Dimensionen der Figuren (etwa 8 cm Höhe) viel eher für ein Weihplattenrelief als für die Bildverzierung einer monumentalen altsumerischen Stele. Zeitlich werden wir unser Fragment wohl am besten in der Periode zwischen Urnansche und Eannatum ansetzen dürfen; das entspräche, übertragen auf die historischen Verhältnisse und den Entwicklungsstand der Flachbildkunst in Ur selbst, in etwa der Zeitspanne zwischen den „Königsgräbern" und Aannipadda, also der altsumerischen Stilstufe kurz vor und zu Beginn der I. Dynastie von Ur 3 5 6 . Der sprachliche und paläographische Charakter der Inschrift wie auch vor allem die gleichförmige Reihung der Figuren in ihrer typischen Zottenstoff-Tracht weisen mit Sicherheit zumindest in den größeren Rahmen der Ur I-Zeit: die wohl als männlich zu identifizierenden Gestalten des Oberfrieses tragen, ganz ähnlich wie ζ. B. Eannatum auf seiner Siegesstele, einen schweren, langen Hüftrock, aus mehreren horizontal abgestuften Reihen lanzettförmiger Zotten gebildet, und dazu einen mantelartigen Überwurf aus geflammten Zotten über der linken Schulter. Leider sind gerade die Köpfe der schreitenden Männer zu schlecht erhalten, um uns einen detaillierten Aufschluß zu geben über die ursprüngliche Gesichtsform und Frisur, die uns ihrerseits sicher einen genaueren Datierungshinweis hätten bieten können. Der allgemeine Erhaltungszustand der Reliefoberfläche ist im Übrigen gerade hier, in der oberen Partie des Fragments, so bedauernswert, daß wir nicht einmal definitiv entscheiden können, ob es sich bei den Figuren nicht vielleicht auch um Frauendarstellungen handelt, die während der Ur I-Zeit des öfteren ein Zottengewand mit freibleibender rechter Schulter tragen 417 . Allerdings sind auf unserem Plattenbruchstück doch wohl die Stoffarten von Hüftrock und Überwurf deutlich verschiedenartig charakterisiert, was am ehesten auf eine Männertracht schließen läßt. 415
U E I V , 47
416
E. Sollberger, Iraq 22 (1960) 75 (No. 84)
417
Vgl. dazu die trachtgeschichtlichen Erwägungen bei der Besprechung der Plattenfragmente CN 6 und CN 7! Ferner: Frauenstatuette aus Ur (UE IV, Tf. 37 oben)
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Der untere Bildstreifen dagegen fuhrt uns mit Sicherheit Frauen vor, mit einem Zottenmantel angetan, der beide Schultern bedeckt. Ihre Haartracht besteht in einer kompliziert aufgebundenen Schopf-Frisur mit herabfallender Haarsträhne, wie sie des öfteren auch an rundplastischen Werken der Ur I-Periode vorkommt 418 . Aus Ur selbst kennen wir eine kleine, alabasterne Frauenstatuette mit ähnlicher Haar- und Kleidertracht 419 , die in einem Grab des „Königsfriedhofs" gefunden wurde (PJ/B. 36); ihr Fundzusammenhang legt ebenfalls eine Datierung in die nähere zeitliche bzw. kunstgeschichtliche Umgebung des Urnansche nahe. Dagegen erinnert die Feinheit der Zottenausbildung, die Körperproportionen und die leichte Überschneidung der aufgereihten Figuren auf unserem Plattenrelief schon mehr an bestimmte stilistische Züge auf Bildwerken der Eannatum-Zeit;man denke nur an die Soldaten-Phalanx auf der Geierstele 363 . L. WOOLLEY geht beim Versuch einer thematischen Rekonstruktion des ursprünglichen Gesamtbildes soweit, daß er die Platte in unmittelbarer Analogie zu den „Familienreliefs" des Urnansche ergänzt 415 : in beiden Friesen habe jeweils auf der rechten Seite ehemals der König selbst gestanden, nach links gewandt, um die kultische Prozession seiner Familienangehörigen oder Hofbeamten zu erwarten, oder der König habe vielleicht die gesamte rechte Plattenhälfte über die Höhe beider Bildfriese in Anspruch genommen (vgl. dazu die Bilder von Τ 4—7 und Κ 10). Man könnte aber genauso gut auch an eine kultische Szene denken, in der sich eine Reihe von Tempeldienern, Priestern oder frommen Betern einer Gottheit nähern und jener ein Libations-Opfer darbringen (vgl. dazu U 4 und Ν 8). Ein gutes Beispiel für die bildliche Reduplikation einer Herrscher- oder Priestergestalt in Verbindung mit Opferszenen und einer Phalanx von Adoranten liefert uns nämlich ein weiters Flachbildwerk aus Ur, die vollständig erhaltene Reliefplatte U 4 (= Tf. XXI,4), die keinen Zweifel läßt an ihrer Zugehörigkeit zur hier behandelten Denkmalsgattung: ein breiter Trennstreifen mit relativ kleinem quadratischen Loch hebt die beiden langrechteckigen Bildstreifen voneinander ab, und eine umlaufende, schmale Wulstleiste rahmt die gesamte bildlich verzierte Schaufläche, an deren rechter und linker Seite jeweils noch ein Rest des Werksteinblocks übersteht. In der Darstellung des oberen Frieses libiert ein nackter Priester, vielleicht hier der Herrscher selbst in kultischer Funktion, vor einem rechter Hand thronenden Gott. Den Priester begleiten drei Frauen, vom linken Plattenrand auf die Opferszene zuschreitend, alle mit dem gleichen langen Überwurf aus glattem Stoff, der beide Schultern bedeckt und nur die betend auf der Brust gefalteten Hände freiläßt, bekleidet, alle mit der gleichen Frisur, langen Haarlocken mit Wulstdiadem, geschmückt. Derselbe nackte Opfernde führt die gleiche kultische Handlung auch in der Mitte des unteren Bildstreifens aus; diesmal aber ist der mit Binden bekränzte Altar (oder Opfergefäß?), auf den der Priester seine Trankspende ausgießt, vor der Fassade eines Tempelschreins postiert, der seinerseits von zwei „Bügelschäften" flankiert wird. Hinter dem Priester, auf der linken Plattenhälfte also, erkennt man zwei Gabenbringer, eine Frau und einen kahlgeschorenen Mann mit einem Lamm in den Armen; dazu erscheint, als Anführerin des Prozessions-Zuges, noch eine dritte, wiederum weibliche Gestalt, die zwar genau wie die Frauenfiguren des Oberfrieses gekleidet und frisiert ist, diesmal aber dem Betrachter ihr Gesicht in Vorderansicht zuwendet. Man hat diese Frau als „Nin-Dingir", als Gottesbraut des Mondgottes Nannar in Ur, gedeutet, die vielleicht durch eine besondere Zeremonie, eine rituelle Opferhandlung hier in ihr kultisches Amt eingeführt wird 4 2 0 . Der thronende Gott wäre dann Nannar, der Hauptgott des Stadtstaates von Ur persönlich, der standartenbewehrte Tempel sein Heiligtum in Ur. Ein interessantes und in seiner Art einmaliges Phänomen im Bilde unserer Reliefplatte ist wohl die in beiden Friesstreifen absolut identische Ausrichtung und Anordnung der Einzelfiguren, die aber nicht unbedingt von einer inhaltlichen Identität beider Szenen herrühren muß, sondern auch, und vielleicht eher noch, durch die Vorliebe des altorientalischen Flachbildkünstlers für das bildliche Nebeneinanderstellen verschiedener, nicht unbedingt zeitgleicher Ereignisse in einer Art kinematographischer Abfolge erklärt werden kann, wobei die Hauptperson jeweils die gleiche bleibt, oftmals auch in Hinsicht auf Habitus, Funktion und 418
Vgl. ζ. B. Frauenstatuette im British Museum (Hall, Sculpture, Tf. VI oben = Zervos Tf. 133 = Parrot, Sumer, Abb. 151 = Hirmer/Strommenger Tf. 106 f = Moortgat, KAM Tf. 94)
419
UE IV, Tf. 37 oben; allerdings ist hier die rechte Schulter vom Zottengewand freigelassen
420
Zuletzt A. Moortgat, KAM 48. - Vgl. dazu auch die Darstellung der Sargon-Tochter Encheduanna als Nin-Dingir des Nannar, auf deren „Relief-Diskus" aus Ur (UE IV, Tf. 41 d = Moortgat, KAM Tf. 130); zum Bildnistypus des gleichen Motivs in späterer Zeit vgl. unsere Bemerkungen zu der neusumerischen Platte Κ 12 (Kapitel IV Abschnitt C 2)
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Aktion, und zumindest das gedankliche, meist aber auch das geometrische Zentrum der Einzelszene im Rahmen jener bildlichen Erzählweise bildet 421 . Über eine Datierung der Weihplatte in den kunstgeschichtlichen Bereich der Ur I-Zeit kann in stilistischer Hinsicht kaum irgendein Zweifel bestehen, wenn sie auch, wie schon die oben besprochene Platte U 3, im „Gigparku" der nachakkadischen Periode aufgefunden wurde. Wir können ihre zeitliche Stellung innnerhalb dieses Abschnitts der altsumerischen Epoche sogar noch präzisieren: denn alle Antiquaria und stilistischen Kennzeichen weisen auf die späte Ur I-Zeit hin, auf die Kunstentwicklungsstufe zwischen Eannatum und Lugalanda. Wahrscheinlicher noch wäre ein Entstehungsdatum zur Zeit des Entemena oder sogar noch etwas später: die massige Schwere der Einzelfiguren, insbesondere der weiblichen Gestalten und des Gottes, die leichte räumliche Überschneidung bei der Figurenstaffelung, Haar- und Kleidertracht der Frauen 422 , das En-face-Bild der „Nin-Dingir"423, die Form der göttlichen Hörnerkrone424, der Typus des Thronsessels, die Opfervase mit Bindenbekränzung425 und die Gliederung der Tempelfassade426, zusammen mit der Thematik einer Libationsszene in Verbindung mit Adoranten, nacktem Priester und anthropomorpher Gottheit, all das läßt sich nicht trennen vom typischen Bild- und Gedankengut der Entemenazeit in Lagasch. Wenn wir diese Erkenntnisse auf die historische Entwicklung in Ur übertragen wollen, hieße das etwa, daß die Platte wahrscheinlich unter den letzten Herrschern der I. Dynastie oder vielleicht auch erst nach der Machtergreifung des Lugalkiginnedudu in jener Stadt entstanden sein dürfte. 3. Nippur (Ν 8-10) Auch das kultische Zentrum Sumers, die heilige Stadt des Windgottes Enlil, hat uns nur wenige Weihplatten hinterlassen, die wir mit Sicherheit auf Grund stilistischer Indizien in den kunstgeschichtlichen Bereich der Ur I-Zeit verweisen dürfen. Diese zahlenmäßig zwar geringen Relikte unserer Gattung aus Nippur verdienen aber nicht nur wegen ihrer hochstehenden künstlerischen Qualität, sondern auch wegen ihrer Darstellungstechnik, einer feinen linearen Ritz-Zeichnung, unsere besondere Aufmerksamkeit: Die vollständig erhaltene Platte Ν 8 (= Tf. XVIII, 1) besitzt eine annähernd quadratisch angelegte Grundfläche mit allseitig glatt abgearbeitetem Rand, der noch durch eine parallel umlaufende Strichrahmung betont wird. Die im Oberfries angebrachte Inschrift, deren einzelne Zeichen-Kolumnen sich weitgehend den von der bildlichen Darstellung ausgesparten Zwischenräumen einfügen, in einem Falle aber auch dem Rock einer Götterfigur einbeschrieben sind, besagt, daß unser Denkmal von einem Großkaufmann Ur-Enlil (vielleicht dem späteren Ensi von Nippur gleichen Namens?) der Göttin NINNI-EDIN geweiht wurde 427 . Zwei parallele Ritzlinien trennen den oberen vom unteren Bildstreifen und werden in ihrer Mitte von dem großen, runden Zentral-Loch unterbrochen, das seinerseits tief in beide Friese hineinschneidet. Geschickt aber hat der Graveur unserer Platte diese Störung des breitrechteckigen Bildfeldes kompositorisch gemeistert, indem er die beiden, einander den Rücken zukehrenden, nackten Priestergestalten, die jeweils mit einer Libationskanne in der Hand vor einen thronenden, bärtigen Gott treten, auf ein linear angedeu421
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423
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425
Vgl. dazu schon in der frühsumerischen Flachbildkunst die „kinematographische" Bilderzählung auf der bekannten Jagdstele aus Uruk (UVB 5, Tf. 12 a. b = Hirmer/Strommenger Tf. 18 = Moortgat, KAM 21; Tf. 14) Zur Tracht und Haarfrisur der Frauen vgl. ζ. B. die weiblichen Statuetten der Ur I-Zeit bei Moortgat, KAM Tf. 94. 99 f. 101 f Zur Frisur der Nin-Dingir vgl. ζ. B. die ,,en face" gegebenen Köpfe von Göttinnen auf dem Gefäßfragment des Entemena in Berlin (Moortgat, KAM Tf. 115) und auf den Weihplatten Ν 10 und Τ 10 Zum Typus der Hörnerkrone vgl. R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 275; Tabelle II, Abb. D 7; dort übrigens anscheinend nicht ganz richtig umgezeichnet! Zur Opfervase vgl. die entsprechenden Darstellungen auf der Geierstele (Moortgat, KAM Tf. 121) und auf den Weihplatten Τ 10 und Ν 11
426
Zur Tempelfassade: eine mit der im Unterfries der Weihplatte U 4 dargestellten durchaus vergleichbare Tempelfassade, deren Tor ebenfalls von „Bügelschäften" flankiert ist, begegnet uns auf dem bereits mehrfach erwähnten Rollsiegel VR No. 144 in Berlin (aus Umma stammend? Vgl. dazu Moortgat, VR 17. 96; KAM Tf. Ε 4); auch vom Gesamtmotiv und von der Darstellung des thronenden Gottes her läßt sich das Siegel stilistisch und zeitlich eng an unsere Weihplatte anschließen. A. Moortgat will auch in dem Gott des Berliner Siegels, wie auf U 4, den Mondgott Nannar wiedererkennen (VR 17) und sieht in der starken Plastizität der Figuren schon ein Anklingen kommender akkadischer Bildkunst; die Götterkrone gehört noch zu dem Typus mit vegetabilischen Ornamenten (vgl. R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) Tabelle I, Abb. C. D 5), ist selbst aber bei Boehmer o. c. leider nicht verzeichnet!
427
Thureau-Dangin, SAK 158 f (1)
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tetes Podest gehoben hat; dieses geht nach beiden Seiten hin in den Rocksaum der Götterfiguren über. Dadurch ist gleichzeitig eine Isokephalie von Göttern und Menschen erreicht. Im unteren Bildfries treiben zwei Opferdiener, der eine mit einem Gabenkästchen auf dem Kopf, der andere mit langem Stab in der Rechten, zwei Ziegen in langhängendem Fell vor sich her, dem linken Plattenrand zu, wobei Tier- und Menschenköpfe wiederum annähernd in gleicher Höhe liegen, während die niedrigeren Tierkörper in der Fries-Mitte dem großen, halbkreisförmigen Einschnitt des Zentralloches scheinbar zwanglos Raum verschaffen. Man vergleiche zu diesem Kompositionsprinzip den Unterfries auf der ebenfalls ritzverzierten Weihplatte S 5 (= Tf. XXIII, 1) aus Susa, deren Bildhauer das Problem der eingekerbten Friesfläche auf ganz ähnliche Art löste (Kap. II Abschnitt Β 4). Zum Bildinhalt des Oberfrieses der Nippur-Platte sei noch vermerkt, daß hier sicher nicht die Wiedergabe zweier verschiedener Priester und verschiedener Götter vom Künstler beabsichtigt sein dürfte; es handelt sich vielmehr um die heraldische Reduplikation des Einzelmotivs einer Libation, aus Gründen einer symmetrischharmonischen Bildgestaltung des Gesamtfrieses. Vielleicht finden wir in der vorliegenden Figurenanordnung auch noch formal-kompositorische Anklänge an die Aufgliederung der älteren „Symposion"-Szenen auf den mesilim-zeitlichen Weihplatten, in denen die thronenden Hauptpersonen je eine Friesecke einnahmen, während die Gruppen der Mundschenken, Diener und Musikanten sich — vom Zentrum des Bildstreifens aus gesehen — jeweils nach rechts oder links den Thronenden zuwandten: ein uraltes Kompositions-Schema also, das in seiner streng axial-symmetrischen, fast spiegelbildlichen Ausrichtung der Figurengruppen dem breitrechteckigen Bildfeld am ehesten gerecht wird. Die Zugehörigkeit unserer Weihplatte aus Nippur zum Kreis der Ur I-zeitlichen Flachbildkunst steht außer Zweifel. Auch die paläographischen Indizien sprechen — nach F. THUREAU-DANGIN 4 2 8 — für ein Entstehungsdatum des Bildwerkes während der Herrschaftsdauer der Urnansche-Dynastie in Lagasch. Über Thematik und Komposition hinaus sind jedoch auch die ikonographischen Details der Darstellung so bezeichnend, daß wir uns an eine engere Begrenzung des Zeitraumes wagen dürfen, in dessen Verlauf die Platte entstanden sein muß: Die Göttertracht, ein Wickelrock aus glattem Stoff, ist ein sicheres Indiz für die Zeit um oder nach Umansche, desgleichen der lange, auf der Brust horizontal abschließende Kinnbart und die typische Haltung der Arme mit abgespreizten, spitzen Ellenbogen und gefalteten Händen. Als Datierungskriterien noch überzeugender erscheinen die göttliche Hörnerkrone und der aufgebundene, doppelvolutenartige Haarknoten, die wir in fast identischer Formulierung auf der Geierstele des Eannatum — dort allerdings noch viel feiner und sorgfältiger untergliedert — wiederfinden. Für eine zeitliche Einordnung der Ritzzeichnung in dessen nähere Umgebung sprechen ferner die menschliche Augenform mit dem zur Nasenwurzel hin verlagerten „Zenit" des Oberlid-Bogens, der Habitus des nackten Priesters und auch der Typus der Libationskanne. Die Profillinie der Gesichter ist dagegen noch nicht, wie es von der Zeit Eannatum's an in der altsumerischen Flachbildkunst üblich wird, in einem leicht gekrümmten Bogen von der Nasenspitze bis über die Stirn hinaus durchgezogen, sondern in Höhe etwa der Nasenwurzel scharf geknickt. Auch die Stilisierung der Ohren hat noch nicht jenen Grad ornamentaler Auflösung erreicht, wie sie die Lagasch-Künstler spätestens seit Eannatum praktizieren, sondern ähnelt eher der entsprechenden Formulierung der menschlichen Physiognomie auf den Urnansche-Reliefs. Für die schreitenden Ziegen des Platten-Unterfrieses finden wir eine exakte bildliche Parallele auf der Mosaikstandarte aus dem „Königsfriedhof" von Ur, bis hin zur Fellstilisierung und Körperüberschneidung der Tiere nahezu identisch 429 . Der nackte Priester begegnet uns in vergleichbarer technischer wie künstlerischer Ausführung auf einem geritzten Muschelplättchen, das ebenfalls aus Ur stammt 4 3 0 ; hier wie dort hält er die hohe Libationskanne mit langer, enger Tülle, schmalem Hals, ausladendem Bauch und hohem Standfuß in der einen, eine flache Schale in der anderen Hand. Auch die anatomische Gliederung des Körperbaus, die Stilisierung der Details und die Physiognomie des bartlosen, kahlgeschorenen Kopfes stimmen beim Vergleich der beiden Priestergestalten fast vollkommmen überein. Wenn man nicht wüßte, daß die zwei Denkmäler aus verschiedenen Orten stammen, könnte man sich fast versucht fühlen, beide 428
Thureau-Dangin, SAK 159 Anm. 1
429
UE II, Tf. 91 = Zervos Tf. 76 = Hirmer/Strommenger Tf. 72 oben UE II, Tf. 102 b = Zervos, Tf. 95; zur allgemeinen Entwicklung des Motivs, des Bildstils wie auch der Werktechnik während jener Periode vgl. auch Moortgat, KAM 48; Anm. 198-202
430
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Stücke ein und derselben Werkstatt, vielleicht sogar der gleichen Meisterhand, zuzuschreiben 431 . Somit werden wir unsere Weihplatte wohl am besten in den zeitlichen Bereich der Bildkunststufe zwischen Umansche und Eannatum einbeziehen müssen. Die stärkste Affinität zu den Weihplatten aus Tello selbst zeigt sich in einem Vergleich mit dem Ritzfragment Τ 9, dessen oberer Fries sehr wohl, in thematischer Analogie zur Nippur-Platte, mit einer Libations-Szene rekonstruiert werden könnte. In der Ritztechnik selbst wie aber auch in der Profilzeichnung der Menschengesichter offenbart sich die Wesensgleichheit beider Denkmäler. Als thematische Entsprechung zum Oberfries der Nippur-Platte könnten wir unter anderem das möglicherweise etwas jüngere Relief Τ 10 heranziehen. Von der gleichen Künstlerhand stammen könnte eine weitere ritzverzierte Weihplatte aus Nippur, die uns leider nur zur Hälfte erhalten ist, unser Exemplar Ν 9 (= Tf. XXIII,2). Diesmal aber hat der Bildhauer — oder, besser gesagt: der Zeichner — die zur Verfügung stehende Schaufläche in drei horizontale Bildstreifen unterteilt: der Ansatz des relativ kleinen, runden Zentral-Lochs läßt sich an der unteren Bruchkante im ehemals mittleren Fries noch deutlich erkennen. Der ursprünglich nach unten anschließende dritte Bildstreifen ist vollständig weggebrochen, ferner fehlt das linke Viertel von Mittel- und Oberfries. Während im mittleren Fries zu beiden Seiten der Durchbohrung jeweils eine männliche Figur („Held"?) mit Bart, aufrecht stehenden Locken und Krummholz in den Händen abgebildet war, der sich je einer äsenden Antilope zuwendet — beide Frieshälften sind, soweit sich noch erkennen läßt, spiegelbildlich gleich —, präsentiert uns der Oberfries die eigentliche Hauptszene: wiederum, wie schon bei der Ritzplatte Ν 8, die Trankspende eines nackten Priesters mit Tüllenkanne und flacher Schale vor einem thronenden Gott, in einer womöglich noch feineren künstlerischen Detaillierung und ausgefeilteren Ritztechnik. Die Gottheit selbst, durch ihren langen Bart und die Angabe des Schläfenlöckchens als männlich gekennzeichnet 432 , trägt einen lang auf Schultern und Rücken herabfallenden Haarschopf, bekrönt von einer mächtigen Hörnerkappe, und einen knöchellangen, glatten Hüftrock mit einfacher Saumborte. Der kastenförmige Thronsessel ist mit einer zottenstoffartigen Drapierung überdeckt 433 . Allem Anschein nach hat sich die Darstellung dieses Gottes auf der linken Plattenseite noch einmal wiederholt, denn wir können im Rücken des nach rechts gewandten Opferpriesters noch den Unterkörper einer identisch gekleideten, ebenfalls nach rechts gerichteten thronenden Gestalt erkennen. Zweifellos gehört unser Fragment in den gleichen Zeitabschnitt sumerischer Kunstentwicklung wie die vorher besprochene Platte Ν 8, und noch deutlicher zeigt sich hier die enge Verwandtschaft mit der Flachbildkunst um Eannatum: so ist die Form der Hörnerkrone auf der Ritzzeichnung absolut identisch mit dem Typus der Götterkappe auf der Geierstele und anderen zeitgenössischen Denkmälern 434 ; formale Übereinstimmungen ergeben sich ferner in der Augen- und Ohrenform, in der schematischen Angabe der Brustmuskulatur und in der Schrittstellung des nackten Priesters 435 . Für die „Helden"-Gestalten des Mittelfrieses finden sich ikonographische Vergleichsmöglichkeiten in der Rollsiegel-Glyptik der sogenannten „Mesannipadda/Lugalanda-Stufe" 436 ; ein ähnlicher Figuren-Typus begegnet uns in der Flachbildkunst von Tello 437 , Mari 438 und Ur 4 3 9 während der „Königsgräber-Zeit". Auf 431
432
Umgekehrt könnte gerade diese stilistische Identität von Flachbildwerken aus den verschiedensten Fundstätten für eine überregionale Verbreitung der einzelnen Kunststile und -techniken im altsumerischen Mesopotamien sprechen! Man vgl. dazu nur etwa die Göttergestalten auf der Platte Ν 8 aus Nippur mit denen auf einem geritzten Muschelplättchen aus Ur (Zervos Tf. 102) Zur Verbindung von langem, rechteckigem Kinnbart und Schläfenlöckchen vgl. ζ. B. die Figur des Gottes Ningirsu auf der Geierstele des Eannatum (Moortgat, KAM Tf. 118), die Ikonographie des sogenannten „Lugalkisalsi-Typus" (Moortgat, KAM Tf. 81-83) und eine Anzahl männlicher Statuetten aus Mari (Hirmer/Strommenger Tf. 96 ff) und Assur (Moortgat, KAM Tf. 77)
433
Eine Parallele für den mit Zottenstoff behängten Götterthron bietet uns wiederum das Rollsiegel VR No. 144 (Moortgat, KAM Tf. Ε 4), dessen Götterfigur auch eine durchaus mit Ν 9 vergleichbare Hörnerkronenform aufweist! 434 vgl. ζ. B. das reliefierte Gefäßfragment des Entemena in Berlin (Moortgat, KAM Tf. 115); zum typologischen Entwicklungsstadium jener reich verzierten Hörnermütze vgl. auch R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 275; Tabelle I, Abb. D 5 435 Ygj dazu auch unsere Bemerkungen zum entsprechenden Motiv auf der Platte Τ 10 (Kapitel III Abschnitt C 1, Anm. 382 f) 436 437 438 439
Vgl. dazu Moortgat, FB 6 ff; VR 14 ff (No. 113 ff) Parrot, Tello, Abb. 27 j . k Vgl. ζ. B. unser Plattenfragment Μ 7 UE II, Tf. 99 a (Mitte)
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der Mosaikstandarte kommt der Mann mit aufrechtstehenden Locken und Kinnbart als Opfertier-Treiber vor 440 . Alle diese Vergleiche festigen unsere Vorstellung von der Entstehungszeit der Nippur-Platte Ν 9: sie muß zwischen der Periode des „Königsfriedhofs" und der I. Dynastie von Ur liegen, d. h. zwischen U,mansche und Eannatum! Auffällig an unserer Ritzplatte ist neben der dreistreifigen Komposition, einem bildlichen Ordnungsprinzip, dessen Ursprünge in der Mesilim-Stufe zu suchen sind, auch das Maßverhältnis von horizontaler zu vertikaler Plattenkante, das wir durch die Ergänzung der Gesamtdarstellung zurückgewinnen können: wenn wir die linke thronende Gestalt in Analogie'zur rechten Götterfigur vervollständigen und das Zentral-Loch als geometrischen Mittelpunkt der Vertikalachse betrachten, so ergibt sich ein ursprüngliches BildflächenFormat von etwa 28 zu 20 cm, ein Hochreehteck also und nicht, wie wir es bei der überwiegenden Mehrzahl 441 aller Weihplatten gewöhnt sind, ein quadratisches oder breitrechteckiges Gebilde. Wir müssen allerdings mit der Möglichkeit rechnen, daß der untere Fries der Nippur-Platte ursprünglich niedriger gewesen sein könnte als der oberste; die Schaufläche selbst wäre in diesem Falle tatsächlich annähernd quadratisch zu ergänzen, die Durchbohrung aber wäre dann wiederum im vertikalen Sinne nach unten dezentralisiert angebracht gewesen! Ein drittes kleines Steinfragment aus Nippur, Ν10 (= Tf. XXIII,3), das ebenso wie die beiden zuletzt besprochenen Denkmäler mit feiner Ritzzeichnung versehen ist, zudem noch mit Vertiefungen zur Aufnahme von Einlagen oder Farb-Paste 442 , möchte ich gleichfalls als Überrest einer Weihplatte identifizieren, wenn auch am intakten oberen Rand keine Spur einer ursprünglichen Rahmenlinie mehr zu erkennen ist. In seiner Erstpublikation wird der Fund als Bruchstück einer „Early Dynastie gypsum plaque" aufgeführt und hebt sich durch sein Werkmaterial, einen feinkörnigen Gipsstein, schon von den Muschel- und Knochenritzungen, meist ehemalige Einlageplättchen, aus dem gleichen Fundzusammenhang ab 4 4 3 . In ihren Dimensionen entspricht die „en face" dargestellte weibliche Gottheit, die in der Linken zwei Keulen trägt und aus deren Schultern je zwei weitere Waffen dieser Art erwachsen, genau dem Größenformat der thronenden Götter auf den Ritzplatten Ν 8 und Ν 9; somit wird auch die Weihplatte Ν 10 ursprünglich etwa 20 bis 25 cm im Quadrat gemessen haben. Das Fehlen einer linearen Rahmung der Bildfläche, wie sie hier vorzuliegen scheint, wäre im Übrigen kein Gegenbeweis zu einer Rekonstruktion als Weihplatte, denn auch auf dem Fragment Ν 9 zum Beispiel war die Ritzzeichnung nach rechts hin bis zum geglätteten Plattenrand herangeführt, ohne jegliche Andeutung einer Rahmenlinie 444 . Die Gesamtdarstellung unserer Platte, oder doch zumindest ihres obersten Frieses, sollten wir wahrscheinlich analog zu den anderen Ritzplatten aus Nippur ergänzen: eine thronende Göttin, vielleicht Inanna selbst in ihrem Aspekt als kriegerische Gottheit, der sich ein Priester nähert, um ihr ein Trankopfer zu spenden. Vielleicht könnte man auch eine thematische Verbindung herstellen zu der Ritzzeichnung der wohl erst zur Akkad-Zeit entstandenen Ritzplatte Ν 11 (= Tf. XVIII ,4), indem man die Gottheit mit einem Altar oder Opferständer zu einer Szene zusammenfaßt, die das Ziel einer Gruppe von Adoranten oder niederen Gottheiten bildet (vgl. dazu Kap. IV Β 1). Einer kunstgeschichtlichen Einordnung der erhaltenen Ritzzeichnung stellen sich kaum Schwierigkeiten entgegen: auf Grund der auffälligen ikonographischen Verwandtschaft unserer Göttin mit den Vegetationsgottheiten auf der Reliefplatte Τ 10 wie auch auf dem bereits mehrfach zitierten reliefverzierten Vasenfragment des Entemena in Berlin 380 , einer stilistischen Übereinstimmung, die bis in die Einzelheiten der Hörnerkrone, der Frisur und Manteltracht geht, die sich aber auch in der Ähnlichkeit der Körperhaltung und der Anordnung der Attribute zeigt, scheint für eine Datierung des Nippur-Fragments nur der Zeitabschnitt zwischen Eannatum und Entemena in Frage zu kommen, die letzte Entwicklungsphase also der altsumerischen Flachbildkunst vor dem Einsetzen der altakkadischen Stilrichtung. 440 441
UE II, Tf. 9 1 - 9 3 = Zervos Tf. 73. 75. 78 (Ausschnitte) Vgl. als weitere Ausnahme aber ζ. B. die formale Rekonstruktion der Kutha-Platte (KU 1), die - falls sie sich als richtig erweisen sollte - ebenfalls ein hochrechteckiges Bildfeld liefern würde!
442
Vgl. zu dieser wohl typisch sumerischen Kombination von Ritzzeichnung und flächigen Intarsien ζ. B. ein Muschelplättchen aus Ur (UE IV, Tf. 38, Mitte rechts (U. 2926) = Zervos Tf. 102), ferner eine Fülle kleinerer Intarsienfiguren, die selbst teilweise wiederum mit anderen Materialien eingelegt waren: MAM I, Tf. LV; UE IV, Tf. 38, zweite Reihe von oben, rechts (U. 12326), und die Einzelfiguren auf der „Mosaik-Standarte" (UE II, Tf. 91 ff)
443
ILN vom 6. 9. 1958, 388, Abb. 13. 15. 16
444
Auch die Fragmente CT 3 und UK 1 lassen keine lineare Bildfeldbegrenzung erkennen!
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
4.
Uruk(UKl)
Das einzige, leider nur fragmentarisch erhaltene Exemplar unserer Denkmalsgattung aus Uruk, das Bruchstück UK 1 (= Tf. XXXIV,3), das immerhin die Benutzung von Weihplatten auch in dieser uralten südlichen Metropole Sumers beweist 4 4 4 3 , ist durch seine Bearbeitungstechnik und die bildliche Darstellung so eng gerade mit den Ur I-zeitlichen Ritzplatten aus Nippur verknüpft, daß wir es ohne Zögern der gleichen kunstgeschichtlichen Entwicklungsstufe zuweisen können; diese aus stilistischen Gründen vorgenommene Datierung des Denkmals in den Bereich der altsumerischen Flachbildkunst kurz nach der Mitte des dritten vorchristlichen Jahrtausends wird durch seine Fundlage in einer frühdynastischen Schicht des Nordosthofes von Eanna noch zusätzlich bestätigt. Die ursprünglich wohl annähernd quadratisch umrissene, ritzverzierte Kalksteinplatte mit kreisrundem Zentral-Loch und einer seitlichen breiten, falzartigen Bosse läßt zwar in ihrem heutigen Erhaltungszustand keine deutliche Frieseinteilung, etwa durch horizontale Ritzlinien oder Trennbänder, mehr erkennen; höchstwahrscheinlich aber war die Schaufläche einst in drei Bildstreifen untergliedert, wie bei der Platte Ν 9 aus Nippur, mit deren Ritzbildern sie auch in thematischer, kompositioneller und ikonographischer Hinsicht die engsten Verwandtschaftsbeziehungen aufweist: Direkt über der Zentralbohrung steht wiederum ein nackter Priester, der, diesmal mit beiden Händen, eine Tüllenkanne zur Libation erhebt: ein Körperhaltungs-Schema, das uns ζ. B. auf den Ur I-zeitlichen Weihplattenbildern Τ 10 und U 4 schon begegnete. Er wendet sich nach links, der vertikalen Bruchkante des Fragmentes zu. Davor erkennt man noch die Reste eines skorpionschwanz-ähnlichen Gebildes, das wir wohl nur als Teil einer Opferbinde deuten können, die ihrerseits von einem Altar, einem Libationsbecken, einer Kultvase oder einem Opferständer herabgehangen haben m u ß 4 4 5 . Im Rücken des libierenden Priesters, also in der rechten oberen Plattenecke, wird schemenhaft noch eine sitzende anthropomorphe Gestalt sichtbar, die wir auf Grund ihres glatten, einfach gesäumten Hüftrockes und der gefalteten Hände wohl mit Sicherheit als thronende Gottheit identifizieren dürfen, auch wenn vom Kopf und der obligaten Hörnerkrone nichts mehr erhalten ist. Somit können wir auch nichts über die Geschlechtszugehörigkeit der Götterfigur aussagen; ihre Thronfassade ist jedenfalls in einer Art gegliedert, wie wir sie in vergleichbarer Form auf der Reliefplatte Τ 4 des Urnansche wiederfinden; es handelt sich in diesem Falle um drei untereinander angeordnete, sanduhrförmige Seitverstrebungen, die in ihrer Einzelzeichnung ein wenig an entsprechende Thronstützen in der mesilimzeitlichen Flachbildkunst erinnern (vgl. ζ. B. das Relieffragment AG 4). Spuren einer Ritzzeichnung unterhalb der thronenden Gestalt, etwa in gleicher Höhe mit dem ZentralLoch, lassen eine Szene mit Pflanze und Tier vermuten, die wohl einem nicht näher bestimmbaren Mittelfries angehörte. Nähere Details sind jedoch beim besten Willen nicht mehr auszumachen. Der ehemalige Unterfries ist, wie auch praktisch die ganze linke Hälfte der Weihplatte, vollständig weggebrochen. Allein aus der Figur des nackten Libations-Priesters jedoch, seinem Gesichtsprofil, seiner Körperhaltung und anatomischen Umrißzeichnung, in Verbindung mit der typischen Form des Gießgefäßes und dem Typus der thronenden Gottheit, geht eindeutig hervor, daß unsere Weihplatte dem Bildkunst-Bereich der 4443
Neuerdings kennen wir ein weiteres Fragment unserer Denkmalsgattung aus Uruk, das allerdings auf dem zu einer Hälfte erhaltenen Teil seiner geglätteten und mit einer breiten Wulstleiste gerahmten Schaufläche weder bildlich verziert ist noch durch eine Inschrift näher bezeichnet wird, und uns somit keine neuen kunsthistorischen oder gattungsgeschichtlichen Aufschlüsse vermitteln kann: (UK 2) UrukOa XV 4, aus dem Stampflehm-Gebäude (W 21 656) Frühdynastische Schicht „Deutschland" (Heidelberg, Universität ?) UVB 24, 36; Tf. 21 c. Linke (oder obere) Hälfte einer unverzierten Weihplatte mit kreisrundem Zentral-Loch und breiter Rahmenleiste Roter Stein H. 13,5; B. 7;L. 4,7; Ε. B. ca. 13 „Hälfte einer roten polierten Steinscheibe in Form der sogenannten Weihplatten". Altsumerische Zeit
445
Vgl. dazu die Gestalt der Opferbinden, die von einem Ständer herabhängen, auf einem geritzten Muschelplättchen aus Ur (UE II, Tf. 102 b) sowie auf der früh-akkadzeitlichen Platte Ν 11
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mittleren Ur I-Zeit entstammen muß, konkreter gesprochen: der Entwicklungsstufe um Eannatum von Lagasch. Das Fehlen weiterer Belege für die Existenz unserer Denkmalsgattung aus dem sumerischen Kultzentrum Uruk 4 4 4 a dürfte im Übrigen kaum auf eine mindere Beliebtheit dieser speziellen Tempel-Dekoration gegenüber den nördlicheren Städten Sumers zurückzuführen sein, sondern erklärt sich wohl hauptsächlich aus der Tatsache, daß gerade hier bisher keine größeren Kultanlagen der frühdynastischen Zeit gefunden oder zumindest systematisch ausgegraben worden sind, in deren Innenräumen wir eine gewisse Anzahl von Beispielen unserer Bildgattung vermuten, ja sogar erwarten dürften. Überhaupt scheinen ja unter den Kleinfunden von Uruk die Relikte frühdynastischer Bildkunst recht spärlich gesät, was angesichts der politischen Bedeutung Uruks gerade in der ersten Hälfte der altsumerischen Periode, der Mesilim-Zeit, auf den ersten Blick verwundert 446 , vor allem, wenn man im Gegensatz dazu die fast unüberschaubare Vielfalt und Menge der frühsumerischen Fundstücke aus Uruk bedenkt. 5. Adab (AD 1) Ein ähnliches Phänomen begegnet uns bei dem archäologischen Fundmaterial aus der altsumerischen Stadt Adab, dem heutigen Bismaya, in deren Tempelareal während der Grabungen um die Jahrhundertwende nur ein einziges Steinfragment, unser Stück AD 1 (= Tf. XXXIV,2), zutage kam, das man guten Gewissens als Splitter einer Weihplatte deklarieren kann. An seinem äußeren rechten Rand erkennen wir noch die Rahmenleiste des ursprünglich quadratisch oder rechteckig umrissenen Zentral-Loches, und an der oberen Bruchkante zeigt sich ein linear begrenzter Fries-Trennstreifen, sodaß wir es bei unserem Teilstück sicher mit dem linken Feld des ehemaligen Mittelfrieses zu tun haben. Die in Ritztechnik ausgeführte Darstellung führt uns einen kahlköpfigen, bartlosen Mann mit nacktem Oberkörper und knielangem Rock aus langen, von der Hüfte herabfallenden Zotten vor, der ein Herdentier, wohl ein Rind, mit einer Art Krummholz 447 vor sich her treibt, in Richtung auf die linke Bruchkante zu, während seine linke Hand den Schwanz des Tieres packt. Spuren von Bitumen und rotem Farbstoff in den Ritzlinien beweisen, daß sich die Zeichnung einst in farbigem Kontrast vom hellen Steinuntergrund abhob: ein künstlerisches Ausdrucksmittel zur Verdeutlichung des dargestellten Bildes im Übrigen, das wir wohl generell für die meisten in Ritztechnik verzierten Weihplatten des 3. Jahrtausends v. Chr. voraussetzen dürfen, wenn sich auch bei den einzelnen Denkmälern nicht immer solche Farbreste noch erhalten haben 4 4 8 . Einer groben zeitlichen Einordnung des Fragmentes in den großen Rahmen der altsumerischen Bildkunst steht wegen seiner allgemeinen stilistischen Grundzüge nichts im Wege; die exakte Festlegung des speziellen Entstehungsdatums dagegen fällt hier nicht ganz so leicht: den Typus des Zottenrockes zum Beispiel kennen wir seit der Mesilim-Zeit als Bekleidung von Personen niedriger Stellung, Dienerschaft und Kultpersonal; allerdings sind dort die vom Gürtel aus durchlaufenden Zotten meist viel stereometrischer, lanzettförmiger ausgebildet, während sie hier eher wie weiche, gerippte Blätter über die Hüften der Figur herabfallen. Der Kontur des Oberkörpers und Kopfes, das mandelförmige Auge mit Pupillenbohrung, das kleine, gerundete, deutlich vom massigen Unterkiefer abgesetzte Kinn und Gestus wie Habitus des „Tiertreibers" selbst finden ihre engsten Parallelen wiederum in den Bildstreifen der „Mosaik-Standarte" aus Ur 4 4 9 ; der gleiche physiognomische Typus begegnet auch auf dem schon erwähnten Muschelplättchen mit nacktem Priester aus der gleichen Fundstätte 430 und auf anderen ritzverzierten Intarsien aus Mari 4S0 und dem Diyala-Gebiet 451 , auf denen teilweise auch die gleiche knopfartige Stilisierung der Brustwarzen vor446
Man denke nur an die halb mythologisch verbrämte, zur anderen Hälfte aber historisch glaubhaft überlieferte Geschichte der mächtigen Uruk-Könige nach der „Sintflut" (vgl. dazu auch D. O. Edzard, Fischer-Weltgeschichte 68 f); archäologisch nachweisbar ist ζ. B. die bautechnische Glanzleistung des riesigen Stadtmauer-Gürtels von Uruk, deren Errichtung dem Gilgamesch zugeschrieben wird, auf jeden Fall aber in die Mesilim-Zeit gehört (vgl. Moortgat, KAM 28 f; Abb. 20)
447
Zur Form dieses „Krummholzes" vgl. auch die Geräte der „Helden" auf dem Mittelfries der Platte Ν 9 Vgl. dazu allgemein: Moorey 98 ff. 102 Vgl. am besten wiederum Zervos Tf. 70 ff MAM I, Tf. LV f. - MAM III, Tf. LX ff
448 449 450 451
OIC 17, 67 Abb. 57 rechts
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
kommt. Mit Ausnahme der Pupillenangabe entpricht die Gesichtszeichnung des Adab-Fragments in allen wesentlichen Einzelheiten der menschlichen Physiognomie auf den Reliefbildern des Urnansche, vornehmlich auf den Weihplatten Τ 4 und Τ 6. Leider ist zuwenig von unserer Platte aus Adab erhalten geblieben, um definitive Aussagen über die ursprüngliche Gesamtthematik und Gesamtkomposition ihrer Schaufläche machen zu können. Wir werden aber nicht fehlgehen in der Annahme, daß ihr einstiger Bilderschmuck im Hinblick auf Friesgliederung und Motivwahl weitgehend dem der Platte Ν 9 entsprochen haben dürfte. Wir hätten also im ehemaligen Oberfries wohl die Libation vor einer oder mehreren thronenden Gottheiten zu ergänzen. Für das Adab-Fragment möchte ich eine Datierung in fan Beginn der Url-Zeit vorschlagen, also etwa in die Periode der „Königsgräber" und des Urnansche von Lagasch. Ein etwas früherer Ansatz des Stückes, nämlich in den Ausgang der 2. Übergangszeit, erscheint aber ebenfalls nicht ganz ausgeschlossen. In den gleichen Abschnitt altsumerischer Bildkunst-Entwicklung dürfte ein weiteres Fragment einer ritzverzierten Steinplatte gehören, das sich im Iraq Museum zu Baghdad befindet 4 5 2 . Weil dieses Stück jedoch keineswegs mit Sicherheit als Teil einer Weihplatte zu identifizieren ist, haben wir es nicht in unseren Katalog aufgenommen. Auf die in anderem Zusammenhang (Kap. I Abschnitt C 6) ausführlich besprochenen Weihplattenfragmente KI 4 und KU 1 brauche ich hier nicht mehr einzugehen: auf Grund ihrer Thematik und ihrer allgemeinen stilistischen Ausgestaltung werden wir beide wohl ebenfalls der Ur I-Zeit zuzuweisen haben. Zeitlich noch exakter lassen sich diese Stücke wegen der geringen erhaltenen Darstellungsreste, ihrer zweifellos minderen künstlerischen Qualität und dem Mangel an genau entsprechendem, datierbarem Vergleichsmaterial jedoch nicht klassifizieren. 6. Tell Asmar (AS 5) Die Grabungen im Diyala-Gebiet haben uns — im Vergleich zu den zahlreichen Belegen für unsere Denkmalsgattung aus der Mesilim-Zeit — nur sehr wenige Weihplatten überliefert, die wir mit Hilfe stilistischer Kriterien relativ sicher in den kunstgeschichtlichen Umkreis der I. Dynastie von Ur einbeziehen können. Während aus dem Areal des Schara-Tempels zu TellAgrab kein einziges Exemplar aus dieser letzten großen Entwicklungsstufe altsumerischer Bildkunst nachzuweisen ist, kennen wir aus Teil Asmar wenigstens ein Stück, dessen Entstehungszeit wir wohl in jene Periode verlegen müssen: unsere Platte AS 5 (= Tf. IV,2). Gefunden in der letzten Schicht (III) des sogenannten „Single Shrine", des baugeschichtlichen Nachfolgers also des „Square Temple" („Abu-Tempel"), wurde unsere Weihplatte von H. FRANKFORT zunächst als „höchstwahrscheinlich akkadisch" angesprochen 453 , wohl eher aus Gründen des stratigraphischen Befundes („proto-imperial") denn aus kunstgeschichtlichen Motiven. E. STROMMENGER bezeichnet das Denkmal dagegen als allgemein „frühdynastisch", legt sich dabei aber auf keine nähere Einordnung fest 4 5 4 . Trotz ihrer geradezu barbarisch anmutenden Reliefdarstellung — die spärlichen Reste von Weihplatten aus Teil Asmar erreichen ohnehin nicht jene künstlerische Qualität, wie sie die meisten Exemplare der Mesilim- und 2. Übergangszeit aus Chafadschi und Teil Agrab aufweisen — bietet diese Weihplatte doch einige interessante Aspekte: die Bildfeld-Umgrenzung ist nämlich nicht, wie bei den Reliefplatten allgemein üblich, durch eine erhabene Rahmenleiste markiert, sondern vertieft gearbeitet und anschließend mit einer bituminösen Masse verschmiert, in die dann dreieckige Muschel-Splitter, zu einem ornamentalen Bandmusterangeordnet, eingelegt wurden. Die bildlichen Darstellung selbst, in roher Flachrelief-Technik ausgeführt, zeigt uns zwei einander zugekehrte menschliche Gestalten, deren Figuren die ganze Höhe der gerahmten Bildfläche ausfüllen und gleichzeitig das große Zentral-Loch — wie der Plattenumriß selbst ein Quadrat mit leicht abgerundeten Kanten 452
Dargestellt ist eine Frauengestalt mit gabelartigem Gerät in der Hand; links Rest einer linearen Rahmung; auch hier wiederum Kombination von Ritzzeichnung und Flächen-Einlage (Haarfrisur): Guide Book to the Iraq Museum, Baghdad 1966, Abb. 19. Vielleicht gehört auch das Steinplattenfragment RA 48 (1954) 142 Abb. 1 zu unserer Denkmalsgattung; es trägt die Darstellung eines schreitenden Opferdieners (?) mit Kultgerät (Standarte?). Zu beiden Ritzzeichnungen vgl. unsere Anmerkungen im Anschluß an die Platte Κ 10 im Katalog!
453
OIP 44, 43. 47
454
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 13 Anm. 97
Die Weihplatten der Ur I-2eit
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und Ecken — flankieren: ein Motiv, das uns, zumindest von der Komposition der Bildelemente her, die Verbindungslinie zu einigen Ur I-zeitlichen Platten aus Tello herstellt. Gewiß muß man H . F R A N K F O R T Recht geben, wenn er zum Gestus der Personen und einigen Trachteigenheiten keine direkten Parallelen innerhalb der (damals bekannten) frühdynastischen Bildkunst zu finden glaubt 453 . Seine Konsequenz allerdings, das Relief müsse deshalb einem akkadischen Bildhauer zugeschrieben werden, dürfte heute nicht mehr aufrecht zu erhalten sein. Auch sein Vorschlag, die rechte, wohl männliche Gestalt als Gottheit, vielleicht sogar Tischpak, den Hauptgott der Stadt Eschnunna (Teil Asmar), zu erklären, entbehrt auf Grund der Bekleidung und fehlenden Hörnerkrone wie auch der Bartlosigkeit des Dargestellten jeder Berechtigung. Vielmehr erinnert der Mann, der eine Art Stab 4 5 5 in der Rechten hält, mit seinem nackten Oberkörper und dem von einem breiten Wulstgürtel zusammengehaltenen, knielangen Rock, der seinerseits aus einer Reihe lang durchlaufender Zotten gebildet ist, eher an die Figuren von Opferdienern oder Gabenbringern, jedenfalls niedrig gestellter Personen innerhalb kultischer Szenen, wie wir sie von mehreren altsumerischen Flachbildwerken kennen (vgl. ζ. B. unser Plattenfragment AD 1 und die älteren Stücke Ν 4—5 und CS 7/K 7). Ebenso spricht die Profilzeichnung des Gesichtes, die Haltung der Arme und die Muskulatur-Stilisierung des Oberkörpers - ganz abgesehen von dem antiquarischen Indiz des Zotten-Hüftrocks — viel eher für ein Ur I-zeitliches als ein altakkadisches Entstehungsdatum unseres Reliefbildes. Durchaus vergleichbare, ebenfalls in die zweite Hälfte der frühdynastischen Zeit datierbare ikonographische Züge weist die dem Manne zugekehrte weibliche Gestalt auf: seltsam erscheinen allerdings ihre langen, wie vom Wind nach hinten gewehten Haare, die, von einer Tänie gehalten, wohl eine zurückgekämmte Frisur mit aufgebundenem Schöpf kennzeichnen sollen. In der erhobenen Linken hält die Frau einen großen, eiförmigen, durch zwei waagerechte Parallelstreifen untergliederten Gegenstand, vielleicht ein Deckelgefäß oder einen Korb. Sie ist bekleidet mit einem Mantel aus glattem Stoff, der die rechte Schulter freiläßt und in einem breiten Zottensaum etwa in Knöchelhöhe endet. Nun finden wir aber gerade diese spezielle, hier verwandte, charakteristische Form der oben halbkreisförmig abschließenden Einzel-Zotten auch auf mehreren rundplastischen Bildwerken der Ur I-Zeit wieder: bei einem Hockerbild aus der Endphase dieser Epoche, heute in der Ny Carlsberg-Glyptothek zu Kopenhagen aufbewahrt 456 , begegnet uns ein Rocksaum mit unverkennbar der gleichen, schematischen Zottenstilisierung. Eine wohl etwas früher anzusetzende Frauenstatuette im British Museum 457 zeigt darüber hinaus nicht nur die gleiche Manteltracht wie unsere Reliefgestalt, sondern auch ihre Frisur könnte dem ungelenken Steinmetzen, der die Weihplatte einst verfertigte, als Vorbild gedient haben. Noch älter in ihrer Datierung dürfte eine männliche Beterstatuette aus dem Ninni-zaza-Tempel in Mari 458 sein, deren Hüftrock von einem durchaus vergleichbaren Zottenabschluß gesäumt wird; man vergleiche dazu auch ein weiteres Statuettenfragment mit ganz ähnlicher Tracht aus demselben Fundbereich 459 . Ebenfalls aus Mari stammt ferner eine flachbildnerische Parallele zur Manteltracht unserer Reliefdarstellung, diesmal eme geritzte Muschel-Einlage in Gestalt eines bewaffneten Kriegers 460 , die wohl einst zu einem längeren, mehrfigurigen Intarsien-Wandfries gehört hat. Das Gesamtthema der Weihplatten-Darstellung aus Teil Asmar dürfen wir vielleicht als Abkürzung einer Adorations-Szene oder eines kultisch-rituellen Festes verstehen, von dem nur zwei der Beteiligten (Opfernde? Priester, in Vertretung des Götterpaares? Gabenbringer?) abgebildet wurden. Möglicherweise ist der kastenförmige Gegenstand zwischen den beiden Personen, direkt unterhalb des Zentral-Loches, als Altar oder Opferständer zu erklären, auf dem die Geräte oder Weihgeschenke, die gerade herangebracht werden, deponiert werden sollten. Eine Deutung der Szene als mythisches oder historisches Geschehnis dagegen halte ich für abwegig; desgleichen erscheint eine Interpretation der Relieffiguren als Stifter des Denkmals ausgeschlossen, weil jene zumeist in betender Haltung dargestellt werden. 455
Wohl keine Axt, wie H. F r a n k f o r t annimmt (OIP 44, 47)
456
Zervos Tf. 123 = Moortgat, KAM Tf. 107
457
Hall, Sculpture, Tf. VI oben = Hirmer/Strommenger Tf. 106 f = Moortgat, KAM Tf. 94
458
MAM III, Tf. XX
459
MAM III, 115 Abb. 162
460
MAM I, Tf. LV = Hirmer/Strommenger Tf. 74
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
Wir können somit unsere Weihplatte auf Grund ihrer Thematik, Ikonographie und Komposition, in Verbindung mit ihrer in akkadischer Zeit unüblichen Rahmung durch Einlageplättchen, wohl mit ausreichender Berechtigung in die Reihe der im Vorhergehenden zusammengestellten Exemplare unserer Gattung aus der Ur I-Zeit einfügen, vielleicht am besten in die Endphase dieser Entwicklungsstufe 461 .
7. Chafadschi (CN 7) Eine weitaus sorgfältiger gearbeitete Weihplatte — wenn auch nicht gerade ein künstlerisches Meisterwerk ihrer Zeit und Werkstatt — ist bei den amerikanischen Ausgrabungen in Chafadschi zutage gekommen und soll uns hier besonders interessieren, weil sie zu den wenigen Exemplaren unserer Denkmalsgattung aus dem Diyala-Gebiet zählt, die in den in diesem Abschnitt unseres Kapitels behandelten zeitlichen Zusammenhang gehören: Diese große, reliefverzierte und mit einer längeren Inschrift versehene Kalksteinplatte, CN 7 (= Tf. XII,3), stammt aus der Schicht VII des sogenannten Nintu-Tempels und konnte aus vielen zerstreuten Bruchstücken fast vollständig wieder zusammengesetzt werden 462 . Für die Ausgräber war das Relief seinerzeit weniger aus kunstgeschichtlichen Gründen als vielmehr insofern von größter Bedeutung, daß sich aus der inschriftlichen Weihung an NINTU eben jene Gottheit ermitteln ließ, die höchstwahrscheinlich einst im Tempelareal der Fundstätte verehrt worden ist 4 6 3 . Beim Versuch einer zeitlichen Einstufung der Platte aus Chafadschi stellen sich uns weitaus weniger Schwierigkeiten in den Weg als etwa bei dem Stück AS 5; denn allein aus der doch wohl primären, d. h. von vornherein zum Relief gehörigen Inschrift können wir einige wichtige Datierungshinweise entnehmen: nach der sorgfältigen Untersuchung der Weihinschrift in sprachlicher wie paläographischer Hinsicht durch Th. JACOBSEN dürfte die Platte nicht vor dem Zeitalter des Königsfriedhofs von Ur, aber auch nicht viel später als Eannatum von Lagasch anzusetzen sein 464 ; ihr Entstehungsdatum müßte also etwa in der Zeitbereich der I. Dynastie von Ur fallen! Die Fundschicht der Platte, die letzte, späteste Bauphase jenes Heiligtums, wird nun allgemein der sogenannten „ED III a-Periode" zugerechnet 465 ; der stratigraphische Befund erscheint somit, allerdings nur auf den ersten Blick, nicht unbedingt deckungsgleich mit der auf philologischem Wege gewonnenen Datierung des Denkmals, jener zeitlichen Abgrenzung der Sprach- und Schriftstufe. Tatsächlich aber ist uns in diesem Falle jedoch nicht einmal ein stratigraphischer „Terminus ante quem", das heißt: eine architektonische „Versiegelung" der Bauschicht, durch einen weiteren Fußboden etwa, gegeben, da die Reste des NintuTempels VII dem Verfall preisgegeben und im Laufe der Zeit lediglich mit Schutt aufgefüllt worden waren, bevor die spätere Häuser-Siedlung das ganze Areal überzog 466 . Die Platte könnte also durchaus erst nach Ablauf der ED III a-Periode entstanden und erst nachträglich in jene Schuttfiillung gelangt sein. Somit gewinnen wir aus der Fundschicht selbst zwar keinen direkten, bindenden Datierungshinweis, es ergibt sich aber auch kein innerer Widerspruch zur philologischen Zeitbestimmung 467 . Am leichtesten aber und am sichersten gelangen wir zu einer zeitlichen Einengung des Entstehungsdatums unserer Weihplatte wiederum mit Hilfe kunstgeschichtlicher Vergleiche: die Reliefdarstellung umfaßt, wie wir es auch schon von der Platte AS 5 her kennen, nur zwei menschliche Gestalten, die in voller Höhe über die gesamte Bildfläche geführt sind, diesmal allerdings nicht einander zugekehrt, sondern beide nach 461
Diese Endphase Ur I-zeitlicher Kunstübung kann allerdings, wie wir am Beispiel des ritzverzierten Fragments N i l noch sehen werden (Kapitel IV Abschnitt Β 1), durchaus noch in den rein zeitlichen Bereich der akkadischen Oberherrschaft über Sumer hinübergreifen, zumindest in deren Beginn; ein ähnliches Phänomen kennen wir auch bei der Rollsiegelglyptik der ausgehenden „Mesannipadda-Lugalanda-Stufe" (vgl. dazu Boehmer, EGA 7 f f )
462
Neuerdings ist diese Platte in ihrer ursprünglichen Form mit Hilfe von Gipsfüllungen ergänzt worden (vgl. das Museumsphoto bei F. Basmadschi, Sumer 7 ( 1 9 5 1 ) Tf. III, 3)
463
OIP 58, 82. 2 9 0 ff
464
OIP 58, 2 9 2 f
465
Vgl. dazu die Tabelle 2 bei E. Strommenger, BaM 1 (1960); dort ist aber schon deutlich durch einen Pfeil die Fortdauer der Schicht bis in die nächstspätere Entwicklungsphase angedeutet!
466
Vgl. OIP 58, 82
467
Nach unserem eigenen Vorschlag für eine Perioden-Konkordanz (Anmerkung 3 5 6 ) überschneidet sich E D l i l a in seiner Endphase ohnehin mit dem Beginn von Ur I („Lagasch I")!
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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links schreitend. Räumlich getrennt werden sie durch das große, mit einer breiten Stegleiste annähernd quadratisch gerahmte Zentralloch. Die gleichfalls ziemlich genau quadratförmig angelegte Schaufläche selbst wird rundum von einem erhabenen Wulstrahmen eingefaßt, der seinerseits gleichzeitig den äußeren Plattenrand bildet; man hat diesmal also jeglichen Rest einer ursprünglich überstehenden Steinbosse anscheinend allseitig glatt abgearbeitet! Die linke Figur, ein bartloser, kahlgeschorener Mann, durch den typischen Gestus der über der nackten Brust gefalteten Hände als Beter gekennzeichnet, trägt einen knöchellangen, in fünf Horizontalreihen untergliederten Zottenrock, während die rechte Gestalt in ihrer Geschlechtszugehörigkeit auf den ersten Blick nicht sicher zu identifizieren ist. Sie trägt einen ebenfalls aus Zottenstoff geschneiderten, langen Mantel mit schmaler, glatter Umschlagborte, der den linken Arm bis zur Hand bedeckt, die rechte Schulter und den rechten Arm aber freiläßt, und auf dem bartlosen Kopf eine Art Kappe, deren vertikale Strich-Schraffur wohl eine Fellmütze andeuten soll 4 6 8 . Eine Haartracht jedenfalls, speziell eine weibliche, kann hier doch wohl kaum gemeint sein: eine solche bildliche „Vergewaltigung" der typischen Frauenfrisuren jener Zeit, ein derart krasses Mißverständnis der rundplastischen Vorbilder oder gar die völlige Unfähigkeit des Steinmetzen in technischer oder künstlerischer Hinsicht etwa, jene Tracht im Flachbild halbwegs erkenntlich wiederzugeben, würde wohl nur schlecht zur sorgfältigen Stilisierung der Zottengewänder und zur detaillierten Ausarbeitung der Gesichter und Gliedmaßen passen! Andererseits scheint die Manteltracht selbst zunächst eher auf ein weibliches Kleidungsstück zu deuten, wie es u. a. bei einer Tochter des Urnansche auf einem seiner „Familienreliefs" (T 4 ) im Bilde vorgeführt wird 4 6 9 . Man vergleiche ferner nur die rundplastischen Beispiele aus dem Diyala-Gebiet selbst, die, durch ihren stratigraphischen Befund gesichert, unseren Zottenmantel als Frauentracht schon spätestens seit dem Ende der ED Ii-Periode (= Beginn der 2. Übergangszeit) belegen 470 . Aus dem Nintu-Tempel selbst stammt eine Frauenstatuette in absolut identischer Tracht und Haltung 471 . Die Haarfrisur ihres glücklicherweise erhalten gebliebenen Kopfes jedoch läßt sich kaum mit der „Kopfbedeckung" unserer Relieffigur in Verbindung bringen. Eine weitere rundplastische Parallele für die Mantelkleidung finden wir übrigens auch an einer leider kopfloser Statuette aus dem „Single Shrine" I in Teil Asmar 4 7 2 . Belege für einen ähnlichen Zottenmantel als altsumerische Männertracht sind zwar entschieden spärlicher, aber doch keineswegs ungewöhnlich oder gar unbekannt: denken wir nur an die wichtige Statuette des Königs Lamgi-Mari aus dem Ischtar-Tempel zu Mari 4 7 3 , weiterhin an das bronzene Beterstandbild in der Schimmel-Collection 474 und an die wahrscheinlich wesentlich jüngere, nämlich neusumerische Rundfigur des Gottes (?) Alla aus Tello 4 7 S . Auch innerhalb der Reliefkunst der altsumerischen Periode bieten sich mehrere Hinweise antiquarischer Art an, ζ. B. im Bilde des später noch zu besprechenden Weihplattenfragmentes CN 6 aus dem Nintu-Tempel, das entstehungsgeschichtlich wohl noch der 2. Übergangszeit angehört und uns den fraglichen Mantel als Bekleidung eines durch seinen langen Bart doch wohl eindeutig als männlich gekennzeichneten Gottes vorführt (vgl. Abschnitt Ε 2 c dieses Kapitels!). Eine endgültige Beantwortung unserer trachtgeschichtlichen Frage — ein ähnliches Problem tauchte ja schon bei der Besprechung der Platte U 3 auf 417 — muß also zunächst offen bleiben. Schon H. FRANKFORT hat die Reliefplatte aus Chafadschi auf Grund ihrer Fundlage und ihrer äußerlichen Verwandtschaft mit den Familienbildern des Urnansche von den vielen älteren Exemplaren 468
Ygj
469
Am deutlichsten zeigt sich diese Modeerscheinung bei den vielen rundplastisch gearbeiteten Beispielen von sitzenden Paaren, wo der Mann meist einen Hüftrock trägt und die Frau einen Mantel, der nur die eine Schulter bedeckt (vgl. etwa MAM I, Tf. XLII = Hirmer/Strommenger Tf. 94)
allc)1
j j g Diskussion dieses trachtgeschichtlichen Details bei H. Frankfort, OIP 44, 50
470
Ζ. B. OIP 44, Tf. 80 (= Sin-Tempel IX)
471
OIP 44, Tf. 72 f
472
OIP 44, Tf. 63
473
MAM I, Tf. X X V f = Hirmer/Strommenger Tf. 100 = Moortgat, KAM Tf. 84
474
Fogg Art Museum of Harvard University, Norbert Schimmel Collection. Ausstellungskatalog, Mainz 1964, No. 55. Allerdings muß bei dieser Metallplastik die Frage offenbleiben, ob es sich auch wirklich um ein altsumerisches Original oder vielleicht um eine geschickte Fälschung handelt!
475
Zuletzt bei E. Strommenger, ZA NF 19 (1959) 46 ff. Die Interpretation des Dargestellten als Gottheit, vorgenommen auf Grund der Sockelinschrift, will mir allerdings nicht recht einleuchten; mir ist jedenfalls kein einziges alt- oder neusumerisches Bild eines männlichen Gottes - und stehe er noch so niedrig innerhalb der Hierarchie des sumerischen Pantheons — bekannt, dessen Gesicht bartlos wäre!
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aus dem Diyala-Gebiet zeitlich wie stilistisch abgegrenzt 476 . Tatsächlich stimmt die Darstellung in ikonographischer wie "auch thematischer Hinsicht weitgehend mit den Weihplattenbildern jenes Lagasch-Fürsten überein. Zwar handelt es sich beim Stifter der Chafadschi-Platte wohl nicht um einen Stadtfursten oder gar Landeskönig 477 , auch ist die verwandtschaftliche oder rangmäßige Relation der beiden vorgestellten Personen hier nicht ohne Weiteres ersichtlich, aber sowohl die gemeinsame Blick- und Schrittrichtung und die Höhe der Figuren im Verhältnis zur Bildfläche wie auch die charakteristische Haltung mit betend gefalteten Händen entspricht zweifellos dem Kompositionsprinzip und figuralen Schema der Urnansche-Reliefs. Man ist geneigt, sich die beiden Personen als frommen Stifter und Priester vorzustellen, wie sie sich in demütiger Geste dem Gotte oder dem obersten weltlichen Herrscher nähern, der hier selbst allerdings nicht bildlich in Erscheinung tritt: das Ganze also als Abbreviatur des typisch Ur I-zeitlichen Motivs, in dem eine Gottheit oder ein Fürst kultische Verehrung genießen. Darüber hinaus weisen alle ikonographischen Details der Darstellung in die Entwicklungsstufe altsumerischer Flachbildkunst zur Zeit des Urnansche: der mehrfach abgestufte, bis zu den Waden reichende Zottenrock, der Typus der gefalteten Hände und vor allem wieder die Durchbildung des menschlichen Gesichtes in Profilansicht: das durch zwei konzentrische, volutenartig geschwungene Wülste stilisierte Ohr mit deutlicher Angabe des „Zäpfchens", das große, mandelförmige, doppelt umrahmte Auge mit lang ausgezogener Brauenlinie, der schmallippige, gespitzte Mund, das kleine gerundete, deutlich vom Schwung des kräftigen Unterkiefers abgesetzte Kinn und der kurze Hals auf den weit ausladenden Schultern. Wir werden bei einer zeitlichen Einengung des Entstehungsdatums unserer Weihplatte aber kaum weiter als bis zu Eannatum hinabgehen dürfen, da sich ja spätestens zur Regierungszeit jenes Lagasch-Fürsten — zumindest in der Flachbildkunst von Tello selbst — schon der leichte ikonographische Wandel in der Profilgesichts-Darstellung des Menschenbildes vollzogen hat, dessen physiognomische Charakteristika wir im Abschnitt Β 2 dieses Kapitels bereits ausführlich besprochen haben. Unser kunstgeschichtlich begründeter Ansatz des Reliefs in den Umkreis der Urnansche-Bildkunst, d. h. in den Beginn der eigentlichen Ur I-Zeit, deckt sich auch genau mit den paläographischen Konsequenzen der Weihinschiift und weitgehend mit dem stratigraphischen Befund.
8. Mari (M 4-7) Außer einigen wenigen reliefgeschmückten Steinfragmenten, die man mit Sicherheit als Teilstücke von Weihplatten identifizieren kann (M 1—2), und dem Rest eines dritten Exemplares, das anscheinend ohne bildliche Verzierung geblieben und lediglich mit einer Weihinschrift versehen war (M 3), haben uns — nach den bisher erschienenen Vorberichten und Gesamtpublikationen jedenfalls zu urteilen - die verschiedenen Kultanlagen von Mari (Ischtar-, Dagan-, Ninchursag-, Schamasch-, Ischtarat- und Ninni-zaza-Tempel)478 scheinbar keine weiteren Vertreter unserer Denkmalsgattung hinterlassen 479 . Die eben erwähnten spärlichen Überreste dürften im Übrigen aus der 2. Übergangszeit stammen (vgl. dazu Abschnitt Ε 5 dieses Kapitels), die ja im Bereich der statuarischen Plastik und der Muschel-Einlagetechnik gerade in den genannten Heiligtümern in so überreichem Maße kunstgeschichtlich belegt ist, sowohl was die Quantität des zu Tage geförderten archäologischen Materials als auch die überwiegend hochstehende künstlerische Qualität der bildlichen Darstellungen angeht 480 . Nun sind uns aber seit der Entdeckung und teilweisen Freilegung des sogenannten „Palais presargonique" (ΡΡχ bzw. PP 2 ), unterhalb des neusumerisch/altbabylonischen Königspalastes gelegen, aus dem dortigen Zerstörungs- und Füllschutt des oberen Palastes (PP2) einige verstreute Relief-Bruchstücke überliefert (M 4—7 = Tf. XXVI, 1-4), die, wenn nicht alles täuscht, wohl nicht nur zu einem einzigen Objekt (oder zumindest zu völlig gleichartigen Denkmälern aus ein und derselben Werkstatt bzw. von der gleichen Meister476
O I P 4 4 , 43
477
Zumindest ist keine entsprechende Titulatur vorhanden; lediglich die Genealogie des Stifters wird angegeben (vgl. OIP 58, 290 ff)
478
MAM I. - MAM III. - A. Parrot, Syria 21 (1940) 1 ff; Syria 31 (1954) 151 ff; Syria 32 (1955) 185 ff
479
Vgl. dazu zuletzt A. Parrot, MAM III, 187 f
480
Zur statuarischen Plastik der 2. Übergangszeit aus Mari vgl. neuerdings A. Moortgat, BaM 4 (1968) 227 ff
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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hand gefertigt) gehört haben müssen, sondern darüber hinaus wahrscheinlich als Teile einer oder mehrerer Weihplatten identifiziert werden können 481 . Es handelt sich hierbei im Ganzen um fünf isoliert publizierte, flache Gipsstein-Fragmente (darunter ein größeres, das schon durch den Ausgräber seinerseits aus drei Partikeln zusammengesetzt worden ist), von denen sich anscheinend mindestens drei Bruch auf Bruch zusammenfügen lassen. Die übrigen zwei Splitter sind durch Material, Bearbeitungstechnik, Bilddimensionen, Stil und Thematik der Reliefdarstellung so eng mit den vorhergehenden verknüpft, daß wir uns alle Einzelteile, wenn sie schon nicht zu einem einzigen Denkmal gehört haben sollten, doch wenigstens als das Werk ein und derselben Künstlerhand vorstellen dürfen. Am Rande vermerkt sei noch das auffällige Phänomen, daß laut Fundbericht auf einem der Fragmente noch Spuren einer ursprünglichen Silber-Plattierung zu erkennen waren. Die Überziehung eines Steinreliefs mit einer Edelmetall-Folie nun ist innerhalb der altvorderasiatischen Flachbildkunst des dritten vorchristlichen Jahrtausends nicht allzu häufig zu belegen 482 . An einem späteren, neusumerischen oder altbabylonischen Fragment mit der Darstellung einer stehenden Göttin jedoch finden wir die gleiche Verzierungsart, diesmal eine Silber-Teilplattierung auf Kalkstein-Untergrund, wieder 483 . Da auch dieses Stück in Mari aufgefunden wurde, stellt sich die Frage, ob wir es bei dieser speziellen Technik der Steinrelief-„Veredelung" vielleicht mit einer lokal begrenzten, vorwiegend in Mari selbst ausgeübten Handwerkskunst zu tun haben. Am Hauptfragment Μ 4 (= Tf. XXVI, 1) erkennen wir deutlich zwei übereinander angebrachte, jeweils durch eine schmale, plastische Leiste umrahmte, quadratische Metopenfelder mit sorgfältig gearbeiteten, in flachem Relief gehaltenen mythologisch-heraldischen Darstellungen: Oben: Ein bärtiger, langlockiger „nackter Held" in Vorderansicht hält seine ausgestreckten Arme über zwei aufrecht stehende, formal identisch gebildete menschengesichtige Stiere. Unten: Ein löwenköpfiger Adler schwebt drohend über zwei liegenden, spiegelbildlich gleich geformten und angeordneten Steinböcken und schlägt seine Fänge in deren Rücken. "Während die Steinplatte an ihrem gesamten linken Rand und an der unteren Metopenbegrenzung glatt entlang den Rahmenleisten abgearbeitet ist, steht nach oben und nach rechts hin der Stein über die Leisten hinaus bis zu den zufälligen Bruchkanten an, und in der Spitze der obersten Kante können wir noch den Ansatz der Rahmenleiste einer weiteren Bildmetope ausmachen. Somit müssen das einstige Gesamt-Monument in seiner vertikalen Ebene ursprünglich mindestens drei übereinanderliegende Metopenfelder geziert haben. Zwei weitere Fragmente, die sich mit Sicherheit Bruch auf Bruch zusammenfugen lassen und so drei Viertel einer weiteren gerahmten Metope bilden, unser Stück Μ 5 (= Tf. XXVI,2), sind mit der Darstellung eines bärtigen „Helden", diesmal mit zur Seite gewandtem Kopf und Stierhörner-Bekrönung, verziert, der seinerseits zwei Löwen an den Hinterpranken emporreißt, während die Raubtiere ihre Zähne in die Schenkel ihres Bezwingers schlagen. Dieses zusammengesetzte Relief wiederum paßt, soweit wir anhand der photographischen Erstpublikation seiner beiden Einzelteile erkennen können, mit seiner linken Bruchkante ziemlich genau an die untere Metope des größeren Fragments Μ 4 mit dem Bilde des „Imdugud". Die Richtigkeit dieser Zusammenfügung scheint sich durch die nach unten hin glatt abschließende Metopenleiste von Μ 5 zu bestätigen; nach oben und rechts hin dagegen steht der Steinuntergrund wieder über den Reliefrahmen hinaus an. Das Fragment einer weiteren Relief-Metope, Μ 6 (= Tf. XXVI,3), deren bildliche Darstellung identisch in Stil, Komposition und Thematik, ja, geradezu deckungsgleich ist mit dem „Imdugud"-Bildfeld von Μ 4, zeigt einen nach unten und rechts hin sauber begrenzten Leistenrahmen, der hier gleichzeitig den Plattenrand bildet. Man wird das Stück also, wenn auch die linke Bruchkante nicht unmittelbar an Μ 5 anpaßt, in die rechte untere Ecke der ehemaligen (zunächst noch hypothetischen) Gesamtplatte placieren dürfen, wobei seine bildliche Ausgestaltung mit deren linken unteren Eckmetope korrespondieren würde, in klappsymmetrischer Anordnung zur gedachten vertikalen Mittelachse des einstigen Gesamtdenkmals. 481 482
483
Vgl. dazu neuerdings eine Bemerkung A. Parrot's (AAS 17 (1967) 5 Anm. 14) Wir kennen allerdings auch einige mit Goldfolie überzogene Rollsiegel aus Ur (UE II, Tf. 142, Nos. 10. 11. 21. 56); zur Technik der Metallplattierung im alten Mesopotamien generell vgl. J. Boese/U. Rüß, RLA III, 7, 522 f („Goldschmiede-Techniken") MAM II, 3, Tf. XV = Hirmer/Strommenger 89; Tf. 168 rechts
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Das letzte bisher gefundene (oder zumindest publizierte) Teilstückchen Μ 7 (= Tf. XXVI,4) bietet uns wiederum die Reste einer mythologischen Szene, durch die quadratische Bildfläche zu einer heraldischsymmetrischen Komposition gezwungen: ein nackter, diesmal bartloser „Held" in Profilansicht, mit einer Haarfrisur aus steil aufrecht stehenden, an ihrer Spitze eingerollten Lockensträhnen geschmückt, umfaßt mit ausgebreiteten Armen schützend den Hals zweier aufgerichteter Hirsche, mit punktierter Fellstilisierung, die ihn, wiederum in spiegelbildlicher Anordnung, flankieren und ihm ihre Köpfe zuwenden; wir haben es hier, bei identischem Stil und gleichem Kompositionsschema wie auf den Metopenbildern von Μ 4 und Μ 5, mit einer dritten Formvariante jenes uralten sumerischen Bildgedankens zu tun, der den Schutz der positiven irdischen Werte, des Lebens schlechthin (vertreten durch Herdentiere und die schwachen Geschöpfe der Wildnis), vor den bedrohlichen Mächten des Jenseits, dem Inbegriff des Todes (symbolisiert durch Raubtiere und phantastische Mischwesen), durch eine überirdische, mythologische Heroen-Gestalt (den „Helden" der sumerischen Bildkunst) zum Ausdruck bringt 4 8 4 . Für dieses Fragment bleibt nur noch eine Anordnung oberhalb von Μ 6, als rechte Mittelmetope der Reliefplatte nämlich, übrig, sowohl aus Gründen der thematischen Korrelation und der kompositorischen Ausgewogenheit, als auch bedingt durch die Tatsache, daß unser Reliefbruchstück nach rechts hin glatt abschließt, während an der linken Bruchkante der Stein weit über die Rahmenleiste hinausragt, und sich nach oben hin sogar noch der Ansatz eines weiteren Randwulstes abzeichnet, den wir nur als Teil der Rahmenleiste eines einst darüber gelegenen Metopenfeldes erklären können. Somit sehen wir uns jetzt in der Lage, das Gesamtmonument mit hinreichender Sicherheit formal wie thematisch zu rekonstruieren: es muß sich ursprünglich um eine flache, quadratische Steinplatte mit den Maßen (ca.) 18 X 19 cm gehandelt haben, die in neun voneinander durch eigene Rahmung abgesetzte Metopenfelder unterteilt war; wahrscheinlich hat jeweils das Bild eines Tierbändigers oder -beschützers mit der Darstellung eines „Imdugud" über Kapriden alterniert, sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung (vgl. dazu unseren Rekonstruktionsvorschlag in Photomontage auf Tf. XXVII). Es erhebt sich nun die entscheidende Frage - und wir haben für eine Beantwortung zunächst nur Indizien, keine schlüssigen Beweise —, ob es sich bei unserem Denkmal tatsächlich um eine Weihplatte handeln könnte, unter der Voraussetzung nämlich, daß die Mittelmetope ausgespart, also nicht reliefverziert, sondern stattdessen mit einer Zentral-Durchbohrung versehen gewesen wäre. Immerhin nähme unsere Platte dann innerhalb des großen, vielseitigen Komplexes unserer sumerischen Bildgattung eine Sonderstellung, zumindest in kompositorischer Hinsicht, ein, wenn sie auch kein formales Unikum darstellen würde: so haben wir ja bereits bei einigen ritzverzierten Weihplatten aus Susa (S 1, S 3) die metopenartige Anordnung mehrerer alternierender, quadratischer Bildfelder rings um ein ebenso großes, quadratisches Zentral-Loch kennengelernt (vgl. Kap. II Abschnitt Β 1.2). Die Fundlage innerhalb eines Palast-Areals, also eines in erster Linie profan ausgerichteten Gebäudekomplexes, hat insofern keine negativen Auswirkungen auf unsere hypothetische Deutung der Relieffragmente als Weihplatten teile, als es sich ja um verstreute, also unter Umständen verschleppte oder verworfene Scherben innerhalb des Füllschuttes einer durch Feuer gewaltsam zerstörten Residenz handelt. Zudem ist die Existenz kultischer Anlagen, in deren Bereich unsere Fragmente — wenn es sich tatsächlich um Weihplattenbruchstücke handelt — ja ursprünglich gehört haben müßten (vgl. dazu unsere Bemerkungen im Schlußkapitel V, Abschnitt A), auch innerhalb von Profanbauten und Stätten königlicher Macht-Dokumentation — in Form von Hauskapellen oder kleinen Tempelschreinen etwa — durchaus vorstellbar und spätestens seit der neusumerischen Periode sogar architektonisch nachzuweisen. Warum sollte die gleiche religiöse Bezogenheit einzelner Profanbau-Trakte nicht auch für die frühdynastischen Mari-Paläste gelten, die schon allein durch ihren Grundriß- und Aufriß-Plan mit vielfältiger Nischen-Gliederung an Fassaden und Innenwänden die kultisch-mythische Bedeutung des altsumerischen Herrschertums betonen, trotz ihres zweifellos primär weltlichen Residenz-Charakters? Formulieren wir die Fragestellung negativ: um welche der uns bisher bekannten Gattungen altsumerischer Flachbildkunst könnte es sich bei unserer Metopen-Tafel denn sonst handeln, wenn wir eine Identifizierung als Weihplatte ablehnten? Eine Deutung als Teil eines reliefvierzierten Gefäßes scheidet von vornherein aus, desgleichen entfällt schon aus Gründen der Dimension und äußeren Gestalt der Platte jede Mög484
Zur Deutung dieses und der anderen hier besprochenen Bildgedanken vgl. die Untersuchungen A. Moortgat's (FB 10 ff; Tammuz, 9 ff)
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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lichkeit, das fragmentarische Denkmal etwa mit einer reliefierten Stele in Verbindung zu bringen. Am nächsten läge eine Erklärung der Reliefbruchstücke als Einlageplättchen, die entweder zum „Fries" einer Wanddekoration 485 gehört oder als bildliche Verzierung von kultischen Geräten - Musikinstrumenten, Spielbrettern, Schminkkästen oder Weihrauch-Pyxiden 486 — gedient haben könnten. Dagegen aber spricht erstens die Tatsache, daß wir es hier mit mehreren, zusammenhängend aus einem Werkstück gearbeiteten Metopenfeldern zu tun haben, was bei den üblichen Mosaikbildern oder Einlageplättchen so gut wie niemals zu beobachten ist; dort sind die quadratischen, rechteckigen oder halbkreisförmigen Metopen einzeln gearbeitet. Noch häufiger wurden die Einzelfiguren der Darstellung jeweils silhouettenartig ausgeschnitten und dann in ein oder mehrere andere Materialien verlegt 487 . Gerade aber diese kleinen Einlageplättchen auf Musikinstrumenten und Spielbrettern weisen meist nur eine Ritzzeichnung oder ein nur minimal überhöhtes, gekerbtes Flachrelief auf und sind zudem zu ihrem überwiegenden Teil aus Muschelmasse oder Knochen geschnitten. Unsere steinerne Reliefplatte dagegen kann allein auf Grund ihres wohl beträchtlichen ursprünglichen Gewichtes wohl kaum als „Intarsie" zur Verzierung eines Schallkastens, Spielbrettes oder einer anderen verhältnismäßig fragilen Rahmenkonstruktion gedient haben, sondern bestenfalls noch als „Wand-Einlage", d. h. als Teil einer Architektur-Dekoration! Wegen der allseitigen Begrenzung unserer Platte durch abschließende Rahmenleisten jedoch erscheint eine Ergänzung zu einem umlaufenden „Wandfries" auch nicht gerade naheliegend: dort handelt es sich, jedenfalls bei den uns bekannten Überresten altsumerischer Wandintarsien, um Reihen horizontal laufender, langrechteckiger Bildstreifen historischen, historisierenden oder kultisch-rituellen Inhalts, niemals um karreeförmig angeordnete, quadratische Metopenbilder mit heraldisch-mythologischer Thematik! Es bleibt letztlich als einzig plausible Lösung die Interpretation unserer Reliefbruchstücke Μ 4—7 als Teile einer oder mehrerer Weihplatten mit zentraler Durchbohrung, die ursprünglich in die Innenwand eines Sakralbaus (oder Heiligtums innerhalb eines Palastes) eingelassen und durch einen großen, durch das MittelLoch hindurchgefuhrten und fest in der Mauer verankerten Nagel mit ornamentaler oder figürlicher Bekrönung symbolisch fixiert waren. Wenn wir somit die gattungsgeschichtliche Zugehörigkeit der Relieffragmente aus dem Palast von Mari mit hinreichender Sicherheit geklärt haben, müssen wir nun noch unsere kunstgeschichtliche Einordnung der Stücke in die Ur I-Zeit begründen. Das sollte uns jedoch angesichts der im Einzelnen verhältnismäßig gut erhaltenen, sehr detailliert und geradezu liebevoll ausgearbeiteten Reliefbildchen und ihrer stilistischen Eigenheiten nicht allzu schwer fallen; vergleichen wir unsere Metopen-Darstellungen nur mit den Einlageplättchen auf einigen Spielbrettern und Leier-Schallkästen aus dem Königsfriedhof von Ur 4 8 8 : nicht nur Bildstil und Thematik der mythologischen Szenen und deren figurale Komposition erscheint teilweise nahezu identisch, sondern auch die rem formale Kombination quadratischer Bildflächen über- und nebeneinander, jede durch Rahmenleisten sorgfältig von den anderen abgesetzt, und die symmetrische Gesamtanordnung jeweils alternierender Bildmotive bietet sich bei den genannten Intarsienwerken aus Ur zu einem idealen kunstgeschichtlichen Vergleich an. Ferner begegnet uns der Typus des nackten „Helden" mit aufrechtgestellten, geradezu „gesträubten" Locken, der zahme Tiere schützt oder Raubtiere bekämpft, in nahezu gleicher bildlicher Formulierung auf den besten Exemplaren derjenigen Glyptik-Gattung, die wir aus stilistischen Gründen eng an das Rollsiegel des Meskalamdug anschließen müssen 489 . Andererseits läßt sich 485
486
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488 489
Etwa im Sinne der Wandeinlagen im Palast von Kisch (vgl. dazu neuerdings zusammenfassend Moorey 104 ff; im Einzelnen: Langdon, Kish I, Tf. VI, 1. XIII, 1. XIV, 1. XXXVI, 1. 3. XXXVII-XLIII); ferner entsprechende Intarsien aus Mari selbst (vgl. neuerdings zusammenfassend mit Rekonstruktionsvorschlägen: P. Calmeyer, Rencontre XV, 161 ff) Wie sie uns am besten und qualitätvollsten, dazu noch in zahlenmäßiger Menge und überraschender Variationsbreite aus dem Areal des „Königsfriedhofs" in Ur belegt sind (vgl. etwa UE II, Tf. 91-100. 103 ff); dabei muß es sich keineswegs primär um Kultobjekte handeln. Durch ihre religiös gebundene Bilderwelt jedoch und durch ihre Designation als Grabbeigaben gewinnen sie eine über ihre weltliche Primärfunktion hinausgehende, kultisch-religiöse Bedeutung Wie es sowohl bei den zitierten Objekten aus Kisch und Ur (Anmerkungen 485 und 486) der Fall ist, als auch bei entsprechenden Überresten aus Tello (Parrot, Tello, 113 Abb. 27), Nippur (ILNvom6. 9. 1958, 388 Abb. 13. 15. 16) und dem Diyala-Gebiet (OIC 19, 25 Abb. 25); zur äußeren Form und kompositionellen Gestaltung jener altsumerischen Bildfelder vgl. auch Moortgat, FB 10 ff Ζ. B. UE II, Tf. 98. 100. 104 UE II, Tf. 196 f. - Vgl. dazu Moortgat, FB 32; VR 14. - Sogar schon etwas eher, innerhalb der „Imdugud-SukurruGruppe" der Glyptik (FB 33 f; VR 13 f), begegnen uns Prototypen dieses „Helden", wenn wir nicht noch weiter in die Frühgeschichte, zu reliefverzierten Steingefäßen der Djemdet Nasr-Zeit, zurückgreifen wollen (vgL unsere Anmerkung 222)
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annähernd der gleiche, schlanke Helden-Typus auch noch auf einigen Abrollungen der MesannipaddaLugalanda-Stufe nachweisen 490 . Die Entstehungszeit unserer Relieffragmente aus Mari liegt also mit großer Wahrscheinlichkeit am Beginn der Ur I-Periode; sie fällt entweder auf die Regierungsspannen des Dynastie-Begründers Mesannipadda und seines Sohnes Aannipadda oder sogar auf die der unmittelbar voraufgehenden, in den ,JCönigsgräbem" bestatteten Fürsten von Ur. Wir werden mit einer Datierung unserer Platte wohl kaum in die Zeit nach Eannatum hinabgehen dürfen, während dessen Herrschaftszeit die altsumerische Bildkunst — nachweisbar zumindest an den Flachbildwerken aus Tello selbst — eine gewisse Wandlung durchmacht und zu einer neuen, charakteristischen Formulierung des Menschenbildes gelangt, wie wir sie gerade auf dem Gebiet des Flachbildes anhand der inschriftlich datierten Weihplatten der Lagasch-Fürsten genau verfolgen konnten (vgl. Abschnitt Β 2 und C 1 dieses Kapitels); dieser ikonographische — oder, wenn man will: stilistische — Wandel scheint hier, auf den Mari-Reliefs, noch nicht eingetreten, wie wir unter anderem der geradezu grazilen Schlankheit der anthropomorphen Figuren und vor allem der physiognomischen Ausprägung der Profilgesichter bei den ,.Helden" auf den Bruchstücken Μ 5 und Μ 7 entnehmen können. Auch die Stilisierung des „Imdugud" auf den Fragmenten Μ 4 und Μ 6 erinnert uns noch eher an die flachbildnerische Ausformung des gleichen Motivs bei Urnansche (ζ. B. auf den Weihplatten Τ 1—3) als an entsprechende Darstellungen der Eannatum/Entemena-Stufe 403 ' 404 . Die anscheinend starken und engen kulturellen Beziehungen zwischen Ur und Mari gerade während der frühen Ur I-Zeit, die in der stilistischen Verwandtschaft der Flachbilder aus dem Königsfriedhof mit den Relieffragmenten aus dem frühdynstischen Mari-Palast ihren künstlerischen Niederschlag gefunden haben, sollten uns allerdings nicht mehr verwundern, nachdem sich schon auf anderen Bereichen der Bild- und Baukunst wie auch durch das überlieferte Inschriften-Material bemerkenswerte Parallelen zwischen beiden Städten abgezeichnet haben 491 . Darüber hinaus werden wir durch einige wichtige Fixpunkte der ansonsten recht spärlichen historischen Überlieferung aus jenen Tagen mit sehr frühen politisch-wirtschaftlichen Kontakten zwischen jenen beiden altsumerischen Zentren konfrontiert, die sicher nicht zuletzt auch für den erwähnten Bild- und GedankenAustausch, eine gegenseitige Beeinflussung also auch auf kultureller Ebene, verantwortlich gemacht werden müssen. Denken wir nur an den durch eine zeitgenössische Inschrift belegten Synchronismus zwischen Mesannipadda, dem Dynastien-Gründer der Herrscherfolge von Ur I, und (G)ansud, wohl dem Fürsten gleichen Namens von Mari 492 , der in der „sumerischen Königsliste" ebenfalls als Stammvater seiner Dynastie figuriert493! Mehr noch als eine rein historische Gleichzeitigkeit kann man hier erschließen: eine anscheinend systematische Kontaktpflege nämlich zwischen beiden Fürsten, die sich vor allem in der Deponierung von inskribierten Weihgaben der zwei Könige in einem Heiligtum der Hauptstadt des jeweiligen anderen, befreundeten Monarchen äußert 494 . In eben diese Periode der intensiven Freundschaftsbeziehungen 495 zwischen der politischen Spitze des zentralsumerischen Ur und dem Herrscherhaus des stark 490
Moortgat, FB 6 f; VR 14 ff; Boehmer, EGA 3 ff
491
Vgl. dazu ζ. B. A. Parrot, Iraq 22 (1960) 124 ff; W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 185 f (dort auch Literaturverzeichnis). - Am bezeichnendsten für die engen Beziehungen zwischen Mari und Ur auf dem Gebiet der Flachbildkunst während der frühen Ur I-Zeit erscheint mir die frappierende Ähnlichkeit in Motiv, Werktechnik und Bildstil zwischen einem Muschelplättchen mit Krieger-Darstellung aus Ur (UE IV, Tf. 38 (U. 12326)) und einem Einlageplättchen gleichen Werkmaterials aus Mari (MAM I, Tf. LV = Hirmer/Strommenger Tf. 74); dabei ist natürlich nicht gesagt, ob es sich jeweils um Importware, Beutestücke, fremde Weihgeschenke oder Bildwerke ortsansässiger Künstler im Stil einer fremden Werkstatt handelt!
492
Der Name wird in lautlicher Hinsicht auf die verschiedensten Arten gelesen: AN.SUD; DINGIR.SUD; AN.BU; Il-bu; Il-su; Il-schu; Ili-scher etc. - Zur Lesung vgl. zuletzt: W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 185 f; H. Lewy, Rencontre XV, 14 ff; G. Dossin, MAM IV, 53 ff Jacobsen, SKL 103. 133 Perle des Königs Mesannipadda von Ur aus Mari: Syria 42 (1965) Tf. XV (Mitte); neuerdings: MAM IV, 54 Abb. 37; Tf. XXI f. - Keulenkopf mit Reliefverzierung und Inschrift eines Anbu (?) aus Ur: UE II, Tf. 183. - Steinschale mit Inschrift einer Tochter Anbu's aus Ur: UET I, No. 12. - Zur Frage der Identifizierung der jeweiligen Stifter vgl. zusammenfassend wiederum W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 185 f Damit stehen wir im Gegensatz zur Meinung H. Lewy's (Rencontre XV, 15 f), die eine zeitweilige Oberherrschaft Mari's über Ur gerade zu dieser Zeit postuliert! Μ. E. L. Mallowan dagegen sieht in der Perle aus dem „Schatzfund" (Anmerkung 494) wohl zu Recht gerade den Beweis freundschaftlicher Beziehungen zwischen beiden Königen zu jenem Zeitpunkt (CAH I, Kap. XVI (Heft 62) 11)
493 494
495
Die Weihplatten der Ur I-Zeit
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westsemitisch geprägten, Hunderte von Kilometern weiter nordwestlich am mittleren Euphrat gelegenen Mari, zu Beginn der eigentlichen „Ur I-Zeit", werden wir auch das Entstehungsdatum unserer reliefverzierten Plattenfragmente aus dem „Palais presargonique" verlegen dürfen. Über den soeben angeschnittenen philologisch-historischen Aspekt der frühen Mari-Ur-Synchronismen, ihre Problematik und die daraus möglicherweise resultierenden schwerwiegenden Konsequenzen für die geschichtlich-dynastische Entwicklung der altsumerischen Stadtstaaten noch vor der Mitte des dritten vorchristlichen Jahrtausends, ist in jüngster Zeit, gerade infolge der neuesten archäologischen Funde in Mari, mehrfach diskutiert worden 496 . Wir wollen hier in einem kurzen Exkurs nur eine der vielfältigen Auswirkungen jener Erkenntnisse auf die politische Geschichte der Stadt Mari - und nicht zuletzt auch auf unser ganzes chronologisch-kunstgeschichtliches Gerüst der altsumerischen Perioden-Abfolge - herausgreifen, eine historische Konsequenz, die sich aus dem oben erwähnten Synchronismus Mesannipadda-(G)ansud, in Verbindung mit dem archäologischen Befund in Mari, Ur und Tello, und anderen inschriftlichen Quellen zu historischen Ereignissen jener Zeit ergibt: Bemerkenswert erscheint mir in diesem Zusammenhang nämlich die Tatsache, daß wir aus dem fast überreichen Schatz von Bildwerken, die uns die Paläste und Tempel von Mari hinterlassen haben, kaum ein einziges Monument besitzen, das wir aus stilistischen Gründen mit Sicherheit der Endphase der Ur I-Zeit, der von uns herausgearbeiteten charakteristischen Entwicklungsstufe zwischen Eannatum und Lugalanda von Lagasch („Eannatum/Entemena-Stufe"), zuweisen können 497 . Diese auffällige Erscheinung könnte den unvoreingenommenen Beobachter der historischen Entwicklung in Mari mit gewisser Berechtigung zu der Annahme bewegen, daß die totale, gewaltsame Zerstörung der Stadt - die sich an allen profanen oder kultischen Bauwerken des 3. Jahrtausends feststellen läßt, deren unübersehbare Spuren die gesamten altsumerischen Schichten buchstäblich mit einem Leichentuch aus Schutt und Asche überziehen und deren verheerende Auswirkungen wohl erst durch die neusumerischen Statthalter von Mari halbwegs beseitigt worden sind - nicht, wie man in letzter Zeit vorschlägt498, erst auf Lugalzaggesi von Umma/Uruk oder Sargon von Akkad zurückzuführen sei, sondern vielleicht schon durch Eannatum von Lagasch verursacht wurde 499 , der ja in einer eigenen Inschrift 500 von einem Sieg über Mari berichtet, der durchaus eine solche vollständige physische Vernichtung der Stadt zur Folge gehabt haben könnte. Zudem kommen wir mit dem letzten König der Mari-Dynastie501, wenn wir den Zeitangaben und Herrscherfolgen der „Königsliste" wenigstens in diesem Punkt einige Glaubwürdigkeit beimessen, ferner den (G)ansud des MesannipaddaSynchronismus' mit dem Ansud der Königsliste identifizieren und demzufolge beide Dynastien mit ihrer jeweiligen Herrscher-Generation in zeitlicher Abfolge parallel nebeneinander stellen, etwa in die Regierungszeit des Elulu502, was wiederum - unserer eigenen chronologischen Aufstellung nach - etwa der zweiten Regierungshälfte des Eannatum entsprechen würde (vgl. Abschnitt Β 2 dieses Kapitels und die Zeittabelle am Schluß des Abbildungsteils!). Das wohl gewaltsame Ende der Mari-Dynastie fiele demnach also in die Zeit des alten Eannatum, eben jenes mächtigen sumerischen 496
A. Parrot, Syria 42 (1965) 220 ff. - Η. Lewy, Rencontre XV, 14 ff. - Μ. Ε. L. Mallowan, CAH I, Kap. XVI (Heft 62) 11. - Auf die erst jüngst erschienene Publikation von A. Parrot, Le tresor d'Ur (MAM IV) kann ich hier im Einzelnen nicht mehr eingehen. Es sei jedoch angemerkt, daß die gesamte Glyptik des Schatzfundes, wie auch die anderen Weihgegenstände, innerhalb ihrer jeweiligen Gattung nahezu homogen erscheinen und wahrscheinlich allesamt aus der Zeit des Mesannipadda von Ur stammen, der sie in Mari als Geschenk für die Göttin Gal darbrachte. Fast alle Stücke finden enge oder lockere Parallelen unter den Funden aus dem „Königsfriedhof" in Ur. Die Rollsiegel aus dem „Tresor" entsprechen in stilistischer Hinsicht weitgehend den bekannten Stücken aus den „Königsgräbern", die sich um das Siegel der Königin Schubad (Puabi) gruppieren bzw. der sogenannten „Ninturnin-Stufe" (vgl. etwa UE II, Tf. 193, 16; Moortgat, FB Tf. II, 4. XI, 1. 2; allgemein: Moortgat, VR 14 0- Die Konsequenz aus diesem archäologischen Befund wäre - unter der Voraussetzung natürlich, daß Mesannipadda tatsächlich der Stifter des gesamten Hortfundes zu Mari gewesen ist - die Forderung, der König von Ur sowie sein Partner in Mari (Ansud?) dürften nicht allzuweit von der Zeit der „Königsgräber" (Meskalamdug/„Schubad"), und damit auch von Urnansche von Lagasch, entfernt sein; ich verwies auf diese letztere kunstgeschichtliche Parallelität schon bei der Besprechung des NinturninSiegels (Anmerkungen 351 ff)! Zur Glyptik des Schatzfundes aus Mari: MAM IV, 33 ff; Abb. 21 ff; Tf. XVIII ff 497 Von den rundplastischen Erzeugnissen der Mari-Werkstätten (vgl. ζ. B. die große Anzahl von „Beterstatuetten" aus den dortigen altsumerischen Heiligtümern) erscheint mir die Figur des Königs Lamgi-Mari aus dem Ischtar-Tempel (MAM I, Tf. XXV f) typologisch und stilistisch als eines der jüngsten Bildwerke vor der Akkad-Zeit (zur stilistischen Einordnung vgl. auch Moortgat, KAM 45); trotzdem dürfte diese Statuette etwa zur Zeit des Urnansche, auf keinen Fall aber nach Eannatum entstanden sein! 498 Vgl. dazu A. Parrot, Syria 30 (1953) 220; MAM I, 40 f; Iraq 22 (1960) 125; Syria 44 (1967) 9 ff 499 Vor Jahren hat A. Parrot selbst diese Theorie vertreten: Syria 16 (1935) 137; Syria 17 (1936) 2; Syria 18 (1937) 57. - Neuerdings entscheidet sich auch M. E. L. Mallowan für jenen Zeitpunkt der Zerstörung: CAH I, Kap. XVI (Heft 62) 11. 51 ff so ° Thureau-Dangin, SAK 23 (7, 2). - Barton, RISA 34 f (VI-VII) 501 Von Th. Jacobsen als „ . . . ni" gelesen (SKL 103) 502 Zur Person des Elulu (Elili(na)) vgl. Jacobsen, SKL 95. 184 Anm. 42; Nissen 127. 130. - Zur ungefähren Zeitstellung im Verhältnis zu den Lagasch-Fürsten vgl. auch W. Nagel, Moortgat-Festschrift, 214 (Tabelle II). Die Königsliste gibt für die Gesamtdauer der Mari-Dynastie (Ansud bis.. . ni) die Summe von 136 Regierungsjahren an. Lassen wir diese versuchsweise mit der Thronbesteigung des Mesannipadda beginnen (wobei wir Ansud und Mesannipadda als exakte Zeitgenossen voraussetzen), so gelangen wir mit dem Regierungsende des. . . ni (also der Zerstörung Mari's und seiner Dynastie) etwa in das 20. Herrschaftsjahr des Elulu. Selbstverständlich muß eine derartige Zeitbestimmung allein auf Grund der Angaben in den Königslisten zunächst spekulativ bleiben; in Verbindung mit den kunstgeschichtlichen Konsequenzen jedoch gewinnt sie an Glaubwürdigkeit!
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Fürsten, der - wenn man seinen eigenen Angaben trauen darf und sie richtig interpretiert — jene Stadt nach einem vernichtenden Sieg dem Erdboden gleichmachte! Zwar muß diese historische Hypothese zunächst einen spekulativen Anschein behalten; einem Angriff auf unsere Theorie jedoch unter der Begründung, der seit Eannatum belegbare ikonographische Kanon der Flachbildkunst aus Tello sei weitgehend auf die dortigen Werkstätten beschränkt und nicht für das in geographischer Hinsicht weit entfernte Mari verbindlich gewesen, könnte man ohne Weiteres entgegenhalten, daß sowohl zur Mesannipadda-Zeit wie aber auch während der altakkadischen, neusumerischen und altbabylonischen Periode die höfische Bildkunst Mari's sich unmittelbar, ohne nennenswerte Verzögerung, dem jeweiligen zeitgenössischen Rahmen anpaßt, sich weitgehend an den zentralmesopotamischen Bildvorstellungen und den dort vorherrschenden stilistischen Entwicklungsstufen orientiert, und sich letztlich, bei allen lokal bedingten Besonderheiten und eigenwilligen, semitisierenden Einzelzügen, generell dem sumerisch-akkadischen Vorbild unterordnet. Warum aber sollte dann ausgerechnet in der Periode zwischen Eannatum und dem Beginn der altakkadischen Vorherrschaft die Künstlerschule von Mari sich den Einflüssen aus dem auch politisch bedeutsamen Süden Sumers widersetzt und in einem „antiquierten" Stil weitergearbeitet haben? Es sei denn, eine tiefgreifende Katastrophe, die Vernichtung nämlich des gesamten Stadt-Areals, habe, in eben jener Epoche der ständigen Machtkämpfe zwischen den rivalisierenden altsumerischen Stadtstaaten und Kleinfürstentümern, jeder umfangreicheren künstlerischen Produktivität ein Ende gesetzt und jede machtpolitische oder kultische Aktivität, die eigentlichen Triebfedern jeglicher antiker Großbildkunst, im Keime erstickt! Nur unter dieser Voraussetzung ließe sich das gänzliche Fehlen spät-altsumerischer Bildwerke („Eannatum/Entemena/Lugalanda-Stufe") zwischen der Blütezeit der Mesannipadda/Ansud-Phase („Urnansche/EannatumStufe") und dem zaghaften Einsetzen „reichsakkadischer" Plastik bzw. Kunsthandwerks („Sargon-Stufe") in Mari plausibel erklären! Fassen wir noch einmal kurz die Argumente zusammen, die - aus den verschiedensten Überlegungen nach archäologischen, philologischen und historischen Gesichtspunkten gewonnen - für eine vollständige politische und materielle Zerstörung Mari's durch Eannatum selbst sprechen: 1. Das Fehlen jeglicher Kunstwerke der ausgehenden altsumerischen Periode, die stilistisch mit Sicherheit in die Entwicklungsphase zwischen Eannatum und Lugalanda einzureihen wären. 2. Unübersehbare Spuren einer tiefgreifenden, gewaltsamen Zerstörung des gesamten Stadtgebietes, die sich in Form einer einzigen, großen Schuttdecke über Paläste und Heiligtümer legt. 3. Die schriftlich niedergelegte Behauptung Eannatum's von Lagasch, daß er - zur Zeit seiner größten Machtfülle, auf der Höhe seines Ruhmes und seiner politischen Erfolge - neben vielen anderen großen Städten auch Mari „in seiner Gesamtheit" besiegt habe. 4. Die auf Grund des Mesannipadda/Ansud-Synchronismus in Verbindung mit den Regierungsdaten der „Königsliste" vorgenommene Berechnung, daß das Ende der Mari-Dynastie tatsächlich etwa in die Regierungszeit des Eannatum fallen müßte. Wenn auch als Einzelaspekt nicht immer beweiskräftig, so weist doch die Summe der Indizien auf die Wahrscheinlichkeit und Glaubwürdigkeit unserer Hypothese hin. Damit aber hätten wir gleichzeitig einen zusätzlichen stratigraphischen Beweis gewonnen für die von uns zu Anfang des Kapitels (Abschnitt Β 1) aufgestellte chronologisch-historische Forderung, Mesannipadda von Ur müsse früher anzusetzen sein als Eannatum von Lagasch. Denn jener wertvolle Sammelschatz 4 9 6 , der unter anderem die Perle mit der Weihinschrift des Ur-Fürsten enthielt, war seinerzeit vor dem Heer des heranrückenden Zerstörers innerhalb des altsumerischen Mari-Palastes verborgen worden und wurde später vom Ausgräber unter dem Verwüstungsschutt gefunden. Mfesannipadäa müßte also früher als Eannatum gelebt bzw. regiert haben. Zumindest aber könnte er unter diesen Umständen keinesfalls ein jüngerer Zeitgenosse des Lagasch-Fürsten gewesen sein!
9. Kunsthandelf Κ11) Im Rahmen einer katalogartigen Aufzählung aller greifbaren Weihplatten der Ur I-Zeit wäre hier noch das nahezu vollständig erhaltene Exemplar Κ 11 (= Tf. XLI,3) zu erwähnen, das über den Kunsthandel in eine französische Privatsammlung gelangte und, unter Verzicht auf jegliche Bildverzierung, lediglich mit der längeren Weihinschrift eines altsumerischen Stifters an die Göttin Ninschubur503 versehen ist. Aus diesem Keilschrifttext geht einwandfrei hervor, daß die Weihung des Denkmals an die Gottheit ausdrücklich mit der Bitte um Erhaltung des Lebens verknüpft war. Die Rahmung der zentral durchbohrten, annähernd quadratischen Steinplatte wird durch zwei parallellaufende, plastische Wulstbänder markiert, die die sorgfältig geglättete, eigentliche Schaufläche — diesmal statt eines „Bildfeldes" ein „Schriftfeld" — von dem unregelmäßig ausgezackten, nur grob bearbeiteten äußeren Plattenrand abgrenzt. Paläographischer Duktus und sprachlicher Charakter der zweifellos zugehörigen Inschrift verweisen das Denkmal in die Zeitstufe etwa des Urukagina und des Lugalzaggesi, in den Ausgang der Url-Periode also. Das Fragment eines ähnlichen Stückes, allerdings wahrscheinlich noch früher zu datieren (M 3), hatten wir schon bei der Besprechung der Funde aus Mari gestreift (s. o. C 8; vgl. auch Abschnitt Ε 5 dieses Kapitels); aus der Akkad- und Ur Iii-Zeit kennen wir mehrere Vertreter dieser bildlosen Inschrift-Platten (ζ. B. Τ 14—15, AR 1—2). Darüber hinaus gibt es nachweislich schon seit der Mesilim-Zeit sowohl im Diyala-Ge503
Zu dieser Gottheit vgl. M. Lambert, RA 4 2 (1948) 197 f
Zusammenfassung und Abgrenzung des Materials
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biet 5 0 4 als auch in Nippur 5 0 5 Beispiele dafür, daß Weihplatten auf jede Art von Bilderschmuck verzichten können und lediglich durch ihre Zentralbohrung, in Verbindung meist mit einem quadratisch angelegten, reliefierten oder intarsierten Rahmenband, als Vertreter unserer Denkmalsgattung kenntlich sind 5 0 6 (vgl. ζ. B. unser Stück Ν 7 aus Nippur = Tf. XVII,2). Wenn wir der Theorie D. P. HANSEN'S folgten und seinen Vorschlag übernähmen, daß unsere Gattung, zumindest in ihrem Anfangsstadium, lediglich rein funktionellen Zwecken, als bauliches Element nämlich in Verbindung mit Türverschlüssen, gedient habe, wäre jene verzierungslose Gruppe unserer Platten die primäre, normale Grundform, und die später hinzugekommene Ausschmückung mit Bildzyklen kultischen oder mythologischen Inhalts ein sekundärer Luxus, entstanden aus der Vorliebe für Flachbild-Dekoration, und kein gedanklicher Grundbestandteil, kein immanenter Wesenszug unserer Denkmalsgattung 5 0 7 ! Nach allem aber, was wir bisher gesehen haben und noch über die Weihplatten erfahren werden (vgl. dazu Kapitel V), dürfte diese Vorstellung von der Entstehung und ersten Entwicklung der Gattung wohl kaum zutreffen, ja, sie wäre, allein in Anbetracht der frühesten Bildplatten der „Mesilim-Vorstufe", schlechthin undenkbar! Mit mindestens dem gleichen Recht könnten wir nämlich auch die Theorie aufstellen, daß die frühen, scheinbar leergelassenen Platten-Schauflächen aus Chafadschi und Nippur, die durchweg noch keine Inschrift tragen, ursprünglich ebenfalls bildlich hätten verziert sein können, und zwar mit farblich aufgetragenen Darstellungen 508 . Das malerische Element, die künstlerische Realisierung einer Bildvorstellung mit Hilfe nicht-plastischer, lediglich auf Farbkontrasten beruhender Ausdrucksmittel, begegnete uns ja bereits nicht nur in der zeitgenössischen Buntkeramik, sondern auch bei einigen farblich differenzierten Ritzplatten und schon bei den frühsumerischen Monumentalmalereien auf Tempelwänden 5 0 9 . Die oben besprochene Platte Κ 11 ist ferner insofern für unsere Untersuchung von einiger Bedeutung, als sie nahelegt, daß die doppelte Wulstrahmung der Schaufläche wohl nicht erst, wie HANSEN annimmt 5 1 0 , in der Akkad-Zeit aufkommt, sondern anscheinend schon zur späten Ur I-Zeit nicht unbekannt war. Von der Akkad-Zeit an, und vor allem im Verlauf der anschließenden neusumerischen Kunstperiode, darf diese spezielle Rahmenform dann allerdings als Typikum bezeichnet, ja, bei einigen Fragmenten sogar als einziges Kriterium zur Identifikation gewertet werden. Ein weiteres interessantes Faktum, das wir der Weihinschrift selbst entnehmen können, hatte ich oben schon angedeutet: genau wie bei der wohl noch einige Generationen älteren Platte Κ 10 (vgl. Abschnitt C 1 dieses Kapitels), schließt auch hier der Auftraggeber des Denkmals in seine Weihung an die Gottheit das Gebet für sein Leben mit ein; das bedeutet doch wohl, daß die Weihplatte selbst spätestens seit der Ur IZeit als Substitut des Stifters aufgefaßt werden kann, das stellvertretend für den Beter bei der Gottheit ständig um Schutz für Leib und Seele fleht!
D. Z u s a m m e n f a s s u n g u n d A b g r e n z u n g des Materials Unser Ziel bei der Material-Zusammenstellung und der anschließenden Detailuntersuchung aller uns aus dem Bildkunst-Bereich der Ur I-Zeit überlieferten Weihplatten war es gewesen, nicht nur einen allgemeinen Uberblick zu bekommen über stilistische Eigenheiten und thematische Ausdrucksformen dieser Flachbildgattung während des letzten großen Abschnittes der altsumerischen Periode, sondern auch die gerade für 504
Ζ. Β. O I P 5 8 , 65. 6 8 Abb. 61
505
Hansen 147 Anm. 11 f; Tf. I f
506
Vgl. dazu Hansen 147 (2)
507
Hansen 152 f
508
Das m u ß natürlich nicht heißen, daß auch sämtliche Reliefplatten einst durch zusätzliche Bemalung farblich differenziert waren; zumindest haben sich, soweit mir bekannt ist, bisher keine Farbreste an den Fragmenten dieser G a t t u n g nachweisen lassen. Umgekehrt wäre eine solche Vorstellung im Prinzip nicht ganz abwegig, da wir ja - ganz abgesehen von den farbig kontrastierten Ritzzeichnungen der altsumerischen Periode, die zum Teil sogar mit Flächen-Intarsien kombiniert sind - durchaus Beispiele für eine partielle Bemalung von Reliefwerken oder rundplastischen Erzeugnissen der Bildkunst des 3. Jahrtausends v. Chr. kennen (ζ. B. WVDOG 39, Tf. 28 c; OIP 44, Tf. 1 - 1 2 ) , ganz zu schweigen von den ursprünglich wohl durchweg kolorierten Reliefplatten der neuassyrischen Paläste! Vgl. zu diesem Problem auch E. Strommenger, BaM 1 (1960) 36
509
Ζ. B. bei dem Djemdet Nasr-zeitlichen Heiligtum von Tell Uqair (JNES 2 (1943) Tf. X - X I I )
510
Hansen 149; vgl. dazu auch Christian, Altertumskunde, 328. 384; Moortgat, KAM 71
98
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
jene Zeit typische formale und inhaltliche Konzeption der Weihplatten selbst festzustellen, die räumliche Unterteilung der Schaufläche, die Komposition der einzelnen Bilddarstellung und die Kombination der Motivgruppen. Vor allem galt es dabei, den äußeren und den innerlichen Wandel dieser Gruppe gegenüber den mesilim-zeitlichen Exemplaren herauszuarbeiten, um dadurch mit größtmöglicher Sicherheit jene Stücke zeitlich einordnen zu können, die uns sowohl das stilistische als auch formale Bindeglied zwischen beiden großen Entwicklungsstufen herstellen: die Weihplatten der sogenannten 2. Übergangszeit (vgl. dazu Abschnitt Ε dieses Kapitels). Fassen wir deshalb noch einmal kurz zusammen, was sich als Konsequenz aus den soeben besprochenen Exemplaren der Ur I-Zeit ergibt, natürlich unter der gegebenen Einschränkung, daß ein gewisser Teil unserer Ergebnisse und Folgerungen zunächst hypothetisch bleiben muß und eine ganze Anzahl von Fragen offen läßt; eine endgültige Klärung aller kunsthistorischen und gattungsgeschichtlichen Probleme, die mit der Entwicklung der Weihplatten gerade während der Ur I-Zeit verknüpft sind, dürfte beim heutigen Stand der Forschung noch nicht im Bereich des Möglichen liegen. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, daß das vorliegende Material nicht einmal dreißig Einzelobjekte aus jener Periode, davon viele nur fragmentarisch erhalten, umfaßt, die durch ihre starke geographische Streuung auch entsprechend unterschiedliche, werkstattbedingte Besonderheiten, zumindest stilistischer Art, aufzuweisen haben, und darüber hinaus selbst innerhalb ein und desselben Fundbereichs in ihrer künstlerischen Qualität, ihrem Bildaufbau und ihrer Motivkombination keineswegs immer homogen erscheinen; noch weniger macht die ganze Gruppe der Ur I-Platten etwa einen geschlossenen Eindruck, wie wir ihn von dem überwiegenden Teil der mesilim-zeitlichen Exemplare gewonnen haben. Hinzu kommt das bereits zu Anfang des Kapitels (Abschnitt B) angedeutete, einen summarischen tiberblick erschwerende Faktum der etwas einseitig belasteten Materialquellen: daß nämlich der Löwenanteil der besprochenen Gruppe aus den Werkstätten von Girsu (Tello), also aus dem Bereich von Lagasch stammt 511 , während die anderen Zentren altsumerischer Bildkunst jeweils nur ein oder zwei, zudem noch teilweise qualitätlose oder stark beschädigte Exemplare zum Gesamtbild beigesteuert haben. Im Folgenden geben wir in Stichworten eine statistische Übersicht über jenes Gesamtbild der Ur I-zeitlichen Weihplatten, zunächst bezogen auf deren äußere Form und technische Details:
Werkmaterialien: Kalkstein, Alabaster, Gipsstein, Marmor oder „Bitumen"; durchweg also „weiche" Gestemsarten, im Gegensatz etwa zu Basalt, Diorit oder Granit.
Dimensionen: Höhe 15 — 40 cm; Breite 14 — 50 cm; Dicke 2 — 1 7 cm; Durchmesser bzw. Seitenlänge des ZentralLochs 2 - 6 cm.
Äußerer Umriß und Proportionen: Plattengrundfläche meist annähernd quadratisch, teilweise breitrechteckig, selten hochrechteckig; mehrfach unregelmäßig gezackter, roh belassener oder nur grob bossierter Steinrand außerhalb des Bildrahmens 512 . — Verhältnis von Seitenlänge zu Plattenstärke immer größer als 2 :1; Relation von Breite zu Höhe maximal 1,5 : 1.
Plattenrahmung und -durchbohrung: Schauflächen-Begrenzung durchweg rechtwinklig-stereometrisch; in Einzelfällen bildet der glatt abgearbeitete Plattenrand oder die durch einen Absatz vom Bildfeld getrennte Randbossierung selbst den „Rahmen"; sonst meist flache, erhabene Leiste, schmales Wulstband oder einfache bzw. mehrfache Ritzlinie; daneben, wenn auch seltener, vertiefte oder intarsierte Rahmenleiste. — Zentral-Loch von kreisrundem Querschnitt oder annähernd quadratisch mit abgerundeten Ecken; oft nicht gesondert umrahmt. 511
Einige Besonderheiten der Lagasch-Platten, vor allem in Bezug auf die Themenwahl, im Gegensatz zu anderen altsumerischen Weihplatten, hat A. Parrot in seiner katalogartigen Zusammenfassung des Materials aus Tello schon herausgestellt: Parrot, Tello, 94
512
Die Bezeichnung „forme ovale" für die Platte Τ 6 bei Parrot, Tello, 91 bezieht sich lediglich auf die äußere Umrißform der Randbosse, die selbst jedoch - zumindest auf beiden Seiten - durch einen deutlichen Absatz von dem eigentlichen, breitrechteckigen Bildfeld abgehoben wird!
Zusammenfassung und Abgrenzung des Materials
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Techniken der Bildverzierung: Überwiegend flaches Relief (Reliefhöhe bis zu 1 cm); daneben auch Ritz-Zeichnung, teilweise mit Intarsien kombiniert; Linien der Zeichnung ursprünglich farbig vom Steinuntergrund abgehoben. Keines dieser rein technisch-formalen Kriterien ist so schwerwiegend, daß es einen generellen, grundlegenden Unterschied zur mesilim-zeitlichen Weihplatten-Konzeption darstellt; vielleicht ist die Plattenstärke und das Gesamtformat im Durchschnitt etwas gewachsen. Anders verhält es sich dagegen mit der Verzierung
der Schaufläche selbst, mit bildlichen Darstellungen und Inschriften: Inschriften: Etwa die Hälfte der uns bisher bekannten Ur I-zeitlichen Weihplatten ist mit Inschriften versehen, zum Teil sogar mit längeren Texten religiösen Inhalts: Weihung des Denkmals an eine Gottheit mit der Bitte für das Leben des Stifters oder seiner Angehörigen, Berichte von kultischer Bautätigkeit; im Einzelfall auch nur Inschrift ohne jegliche Bilddarstellung. Dabei können die Schriftzeichen, in gerahmte Kolumnen gruppiert oder lediglich durch Vertikalstriche getrennt, in den bildfreien Raum gesetzt werden, gleichzeitig aber auch die figürliche Darstellung überziehen oder sogar schräg zur Bildachse verlaufen 513 .
Themenkreise der bildlichen Darstellung: Es begegnen Szenen aus dem „Tammuz"-Zyklus, wie auch im „Figurenband" der zeitgenössischen Glyptik (entsprechende Motive kennen wir auch von anderen Flachbildgattungen der altsumerischen Kunst): Ein „Held" im Kampf mit wilden Tieren, als Schützer der schwachen Geschöpfe; mythische Kampf(?)szenen in Verbindung mit Göttergestalten; heraldische Bildkontraktionen wie etwa der „Imdugud" über liegenden Tieren: Alles in Allem der Spiegel eines Ausschnitts der mythologisch-κligiöseη Vorstellungswelt Sumers. Vorwiegend aber handelt es sich bei den Weihplatten-Bildern der Ur I-Zeit um kultisch-rituelle, historisierende Szenen und Szenen-Folgen, wie wir sie ebenfalls auf den zeitgenössischen Rollsiegeln, Einlagefriesen, Reliefstelen und anderen flachbild-verzierten Denkmälern finden: in erster Linie die Libation eines Priesters vor einer Gottheit oder deren Substitut; daneben Darstellungen des Stifters, oft des Stadtfürsten selbst mit seiner Familie und Gefolgschaft, wobei er als Beter, Bauherr oder thronender Herrscher auftreten kann, das letztere eine formale Reminiszenz an das „Symposion" der Mesilim-Zeit, allerdings in gewandelter äußerer Gestalt und wahrscheinlich auch veränderter geistesgeschichtlicher Bedeutung; Heranschaffung von Opfergaben, Tieren, Speisen oder Getränken für das betreffende Festmahl oder die rituelle Kulthandlung. Es kommt auch die Kombination von kultischen und mythologischen Szenen vor (T 12, Ν 9, UK 1), wie sich ja in den Libations-Darstellungen ohnehin die Vorstellung von einem real-historischen Opfergeschehen, das sich im sumerischen Heiligtum tatsächlich vollzogen haben muß, mit der in die Bildersprache umgesetzten Idee vermischt, daß die Gottheit selbst bei diesem Vorgang zugegen sei, die zwar anthropomorph gebildet ist, in ihrer Bedeutung jedoch nur transzendent-geistig verstanden werden darf.
Bild-Komposition: Nur selten noch können wir eine in drei Horizontalstreifen untergliederte Bildfläche nachweisen, wie sie etwa in der Mesilim-Zeit allgemein üblich war; in diesem Fall ist der mittlere Fries wesentlich schmaler als der obere. Teilweise wird aber auch der Mittelfries gänzlich ausgelassen, oft zu Gunsten einer erheblich verbreiterten mittleren Trennleiste: eine zweistreifige Bildkomposition also. Ein erheblicher Anteil der Ur I-zeitlichen Weihplatten zeigt überhaupt keine Frieseinteilung mehr: es wird jeweils nur noch eine einzige Szene dargestellt, deren Einzelfiguren die gesamte Bildfeld-Höhe in Anspruch nehmen. Mehrfach liegt aber auch eine gänzlich unsymmetrische Bildgliederung vor, sowohl was die Gestaltung des Einzelfrieses angeht (gleiche Blickrichtung aller Figuren; keine spiegelbildliche Korrespondenz der 513
Das gibt uns wiederum einen deutlichen Hinweis auf den Entstehungsvorgang, daß nämlich die Inschrift nicht nur erst nach der Fertigstellung der Bildverzierung, sondern sicher auch meist von anderer Hand angebracht wurde als jene!
100
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
beiden Frieshälften rechts und links der vertikalen Mittelachse) als auch in Bezug auf die Gesamtkomposition der Schaufläche: so kann die linke Plattenhälfte drei, die rechte nur zwei Bildstreifen tragen, oder es sind links zwei übereinander liegende Bildfelder angebracht, während rechts überhaupt keine Friesunterteilung vorliegt.
Neben den zwangsläufigen stilistisch-ikonographischen Veränderungen der Bildelemente gegenüber denen der Mesilim-Kunst offenbaren gerade die beiden zuletzt genannten Aspekte der Ur I-Weihplatten, Themenwahl und bildlich-formale Komposition, am deutlichsten die tiefgreifende Entwicklung — sei sie nun nur durch künstlerisch-bildliche oder vielleicht auch durch inhaltlich-gedankliche Wandlungserscheinungen bedingt —, die unsere Denkmalsgattung seit der Mesilim-Zeit durchgemacht haben muß. Gewiß zeigen sich noch Relikte der ursprünglichen dreifriesigen Komposition, wie ζ. B. in der seltsam unsymmetrisch aufgebauten Bildfeld-Gliederung der Dudu-Platte (T 12), sicher lassen sich auch thematische Verbindungslinien ziehen von dem mesilim-zeitlichen Symposion-Zyklus zu gewissen kultischen Szenen auf Ur I-zeitlichen Weihplattenbildern, in denen der König als Teilnehmer und Vorsitzender eines Festmahls erscheint, und bestimmt werden auch einzelne Bildelemente in fast unveränderter Gestalt über Jahrhunderte tradiert (ζ. B. das liegende Huftier und der Lammträger). Bezeichnend jedoch für einen grundlegenden Wandel gegenüber den geradezu klassischen Exemplaren aus der Mesilim-Zeit ist letztlich ein wichtiges Fazit, das wir — trotz der Streuung und ungleichmäßigen Verteilung des erhaltenen Bildmaterials in geographischer und qualitativ-künstlerischer Hinsicht — aus der summarischen Betrachtung der Ur I-zeitlichen Weihplatten ziehen können: allem Anschein nach tritt nämlich die Bedeutung der zentralen Durchbohrung in den Hintergrund der Komposition und wird nicht mehr so stark wie zur Mesilim-Zeit durch die Bild-Anordnung betont oder gar hervorgehoben. Mit einem Wort: das Mittel-Loch erscheint, trotz teilweise beträchtlichen Durchmessers und manchmal recht sorgfältig ausgeführter, plastischer Umrahmung, nicht mehr kompositionsbestimmend, im Gegenteil, bei einigen Platten wirkt es fast unorganisch, geradezu störend! Man empfindet die Durchbohrung wie ein traditionelles Relikt, ein formales Überbleibsel, das in eine neue Zeit verschleppt worden ist, dessen ursprünglicher Bedeutung und Herkunft man sich aber nicht mehr überall bewußt ist. Die bildliche Darstellung nimmt manchmal kaum mehr Rücksicht auf die Durchbohrung, die dadurch einen fast sekundären Charakter gewinnt, und die antithetischen, das Loch einst flankierenden und betonenden „Mittel-Metopen" verschwinden. All das gilt besonders für die späteren Stücke der Ur I-Zeit, aber auch schon bei Urnansche ist der Kompositions-Umschwung eklatant. Die Tendenz dieser Entwicklungslinie macht sich dann noch deutlicher auf den Bildplatten der neusumerischen Periode bemerkbar (vgl. dazu unser Kapitel IV), wo die Zentralbohrung die szenische Darstellung geradezu durchschneidet und, nachweislich zumindest in einem Fall (T 16), die Konturlinien der Gestalten in Mitleidenschaft zieht. Dabei muß zunächst die Frage offenbleiben, ob hier nicht, zusammen mit jener formalen Verschiebung der bildlichen Komposition und mit der thematischen Verlagerung der Bildmotive, und damit ihres geistigen Gehalts, seit der Mesilim-Zeit, auch ein gewisser Bedeutungswandel der Weihplatte selbst, vielleicht sogar ihrer kultischen Bestimmung, Hand in Hand gegangen sein könnte. Das soll natürlich keineswegs heißen, daß die späteren Platten etwa nicht mehr durch einen ornamental oder figürlich bekrönten Stift symbolisch in der Tempelwand fixiert gewesen wären. Inwieweit man sich aber zu dieser Zeit noch an die ursprüngliche, magische Bedeutung jenes Nagels, an seine gedankliche Beziehung zur Weihplatte selbst und deren Darstellungs-Themen, und an seine anscheinend primäre kultische Rolle erinnerte, muß dahingestellt werden. Die Beantwortung dieser entwicklungsgeschichtlichen Fragen wird auch in Zukunft so lange problematisch bleiben, bis vielleicht eines Tages neues Fundmaterial uns definitive Aufschlüsse vermitteln kann. Zur Zeit jedenfalls reicht unsere Materialkenntnis und unser Wissen um das kultisch-religiöse Leben und Denken im altsumerischen Kulturkreis des dritten Jahrtausends einfach noch nicht aus, um gültige Schlüsse auf alle Aspekte der damaligen Bilder- und Vorstellungswelt zu ziehen! Wir können vorläufig nur den äußerlichen Wandel der Denkmalsgattung zur Kenntnis nehmen, die Entwicklungserscheinungen verfolgen und kunstgeschichtliche Überlegungen anstellen.
Die Weihplatten der 2. Übergangszeit
101
Vielleicht trifft D . P . H A N S E N den Kern der Sache514, wenn er die Möglichkeit einräumt — die allerdings einigen seiner späteren Konsequenzen zu widersprechen scheint515 —, daß noch im Verlauf der altsumerischen Epoche, spätestens also zur Ur I-Zeit, die eigentliche, ursprüngliche Bedeutung der Weihplatten verblaßte, verloren ging, und daß jene letztlich nur mehr dekorativen Zwecken dienten, natürlich immer noch innerhalb eines Kultbaus angebracht, immer noch mit religiösen Bildern ausgestattet und immer noch als Weihgeschenk an die Gottheit gedacht, als fromme Stiftung eines Fürsten, Priesters oder hochgestellten Privatmannes, wie schon die Gebetsform der Inschriften verrät. Die endgültige Bedeutungsverflachung und Verfremdung der einstigen kultischen Bestimmung zu einem rein dekorativen Architektur-Element, und damit der Verlust jeglichen Votiv-Charakters, zeigt sich dann — nach einem letzten Aufleben der Denkmalsgattung während der neusumerischen Periode — in den KnaufFliesen der assyrischen Königspaläste, wo diese Epigonen unserer altsumerischen Bildplatten in ornamentaler Reihung die Wände verzieren und sogar als Füll-Ornamente in die zeitgenössische Wandmalerei aufgenommen werden516 (vgl. auch Kap. V). In Verbindung mit allen gesicherten Fakten und Feststellungen, die wir unserer Bearbeitung des Ur Izeitlichen Weihplatten-Materials entnehmen konnten, und mit Hilfe allgemeiner Kenntnisse der altsumerischen Flachbildentwicklung in ikonographischer und antiquarischer Hinsicht überhaupt, sollte es uns nunmehr nicht allzu schwer fallen, in Form eines kunsthistorischen Rückgriffs die Weihplatten der 2. Übergangszeit, in ihrer Eigenschaft als verbindende Elemente zwischen den Vertretern der mesilim-zeitlichen Gattung und denen der Ur I-Periode, zu identifizieren, systematisch zusammenzustellen, zu ordnen, im Einzelnen zu untersuchen und ihre Datierung in jene Entwicklungsstufe genau zu begründen:
E. Die Weihplatten der 2. Übergangszeit Von den Ausgrabungen an den Tempelanlagen des Diyala-Gebietes sind uns mehrere Exemplare unserer Denkmalsgattung bekannt, die aus ED II/III-Schichten stammen und sich in Komposition und Thematik ihrer Schauflächen-Verzierung weitgehend dem Bildschema der mesilim-zeitlichen Weihplatten unterordnen, in einigen ikonographischen Details jedoch über dieses Schema hinausgehen und auch in der stilistischen Formulierung des Dargestellten eine Tendenz in Richtung auf die Flachbildkunst der Ur I-Zeit hin verraten. Weiterhin gibt es einige Stücke, leider meist nur fragmentarisch erhalten oder zumindest in ihrer Oberfläche stark beschädigt, die auch schon in thematischer Hinsicht — unter Beibehaltung der traditionellen Untergliederung des Plattenfeldes in drei horizontal übereinander angeordnete Bildstreifen — einige Abwandlungen oder sogar Neuerungen gegenüber dem älteren, charakteristischen Bildgedankengut der klassischen Mesilim-Kunst erkennen lassen. All diese Weihplatten, denen sich noch weitere Beispiele mit vergleichbaren Bildprinzipien aus anderen Grabungsstätten anschließen lassen, werden durch ihre kunstgeschichtliche Stellung zwischen den eigentlichen Mesilim-Platten und den Vertretern der späteren, Ur I-zeitlichen Gattung, in die 2. Übergangszeit zu verweisen sein. Einen Teil von ihnen müssen wir im Hinblick auf die Bildmotive und deren Formulierung noch ganz eng mit der mesilim-zeitlichen Flachbildkunst verknüpfen, während andere Stücke wiederum entwicklungsgeschichtlich schon fast auf einer Stufe mit den frühen Ur I-Platten stehen oder doch zumindest als deren unmittelbare künstlerische bzw. zeitliche Vorläufer betrachtet werden dürfen. Der stilistische Übergang in der Bildkunst bleibt natürlich fließend, sodaß wir im Einzelfall nicht immer mit letzter Sicherheit entscheiden können, ob das eine oder andere Exemplar noch der Ausgangsphase der Mesilim-Zeit angehört oder vielleicht schon den Beginn unserer Übergangsperiode markiert. Genauso gut wäre es umgekehrt denkbar, daß einige der hier eingeordneten Stücke in Wirklichkeit erst zu Anfang der Ur I-Zeit geschaffen worden sind! S14
Hansen 152
sls
Wenn er nämlich andererseits gerade die Urbedeutung der Denkmalsgattung, ihre primäre Funktion und Bestimmung, aus der Inschrift eines relativ späten Stückes wie der Dudu-Platte (Τ 12) in Verbindung mit einer noch viel späteren Textpassage bei Gudea erschließen will (Hansen 151 0- - Vgl. dazu auch unsere Bemerkungen in Kapitel V Abschnitt D Andrae, FK Tf. 31 ff; OIP 40, Tf. 90
516
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
1. Tell Asmar (AS 4) Während uns der Schara-Tempel zu TellAgrab nur mesilim-zeitliche Weihplatten bzw. deren Fragmente überliefert hat und, soweit wir sehen, kein einziges Beispiel der 2. Übergangszeit oder der Ur I-Periode — bis auf wenige Ausnahmen gilt das Dominieren mesilim-zeitlicher Bildrelikte auch für die dort gefundene statuarische Rundplastik —, kennen wir aus dem nicht weit entfernten Teil Asmar wenigstens eine, wenn auch nur zur Hälfte erhaltene und in ihrer Oberfläche stark korrodierte Weihplatte, deren Entstehungszeit man wohl nur in jener Übergangsperiode zur Ur I-Zeit ansetzen darf: es handelt sich dabei um zwei größere, nicht unmittelbar zusammenpassende, aber zweifellos zu einem einzigen Denkmal gehörige Relieffragmente aus Kalkstein, die im „Single Shrine" I des „Abu-Tempels" zum Vorschein kamen: unser Stück AS 4 (=Tf.IV,l). Die stilistische und somit zeitgeschichtliche Einordnung dieser Weihplatte bereitet uns zunächst einige Schwierigkeiten: zwar hält sich die kompositiorische Aufteilung der Bildfläche - trotz des schlechten und fragmentarischen Erhaltungszustandes steht nämlich fest, daß es sich um eine ursprünglich in drei Bildstreifen angelegte Schaufläche gehandelt haben muß — wie auch die Rahmung und die Friestrennstreifen durchaus noch in der mesilim-zeitlichen Tradition, die Darstellung selbst dagegen, ihre eigenwillige Thematik und eigenartigen antiquarischen Details, geben einige Rätsel auf und lassen sich mit den wohlbekannten Bildgedanken der Mesilim-Kunst und ihrer charakteristischen ikonographischen Formulierung nicht mehr ohne Weiteres vereinbaren: Während sich von den Menschenfiguren in den beiden „Metopen" des von der primären, winzigen Zentralbohrung mit ihrer breiten Rahmung unterbrochenen Mittelfrieses — der dritte, ehemals unterste Fries fehlt im Übrigen leider gänzlich — kaum noch genügend erkennen läßt, um einen ikonographischen oder thematischen Anhaltspunkt oder gar einen konkreten Datierungshinweis zu liefern, zeigt der zum größten Teil erhaltene, wenn auch schwer beschädigte, zerbrochene und zudem von einem großen, wohl sekundär gefertigten, runden Loch gestörte obere Plattenfries auf seiner linken Hälfte deutlich eine Symposion-Szene: Vollständig erhalten geblieben ist die linker Hand thronende, weibliche Hauptgestalt im langen, glatten Mantel mit breitem Saum 517 , mit erhobener rechter Hand, in der sie wohl ein Trinkgefäß gehalten hat. Von dem ihr einst gegenüber sitzenden, männlichen Festteilnehmer sind nur noch einige Partien des Unterkörpers, Spuren des Oberkörpers, die Konturlinie des Kopfes und der würfelförmige Hocker zu erkennen. Das zwischen beiden Gestalten zu ergänzende, große Gefäß, vielleicht ein Pithos mit Saugrohren oder ein Mischkrug518 - möglicherweise hat es sich auch um einen Speisetisch oder vergleichbares Gestell gehandelt — ist durch einen etwa 5 cm breiten Bruch verlorengegangen, dessen Dimensionen wir ziemlich exakt auf Grund der ehemaligen Zentralstellung beider Durchbohrungen in Verbindung mit der horizontalen Gesamtausdehnung der Plattenfläche errechnen können 519 ; die Figuren eines oder mehrerer Diener bzw. Mundschenken oder Musikanten, die wir in Analogie zu den echt mesilim-zeitlichen Weihplattenbildern an dieser Bruchstelle ebenfalls hätten erwarten können, würden in einer solchen Rekonstruktion schon aus räumlichen Gründen keinen Platz mehr finden! In der rechten, nicht ganz bis zum äußersten Rand der Darstellung erhaltenen Frieshälfte — die rechte Rahmenleiste fehlt völlig — schließt sich, teilweise durch das sekundär gebohrte Loch in Mitleidenschaft gezogen, ein nach rechts gerichteter Priester oder Diener an, der sich seinerseits einem großen „Tisch" mit Tierbeinen und Zottenbehang zuwendet. Auf diesem Gestell, wahrscheinlich als eine Art Kultbett zu verstehen, zeichnen sich die Umrisse zweier aufeinander liegender menschlicher Gestalten ab; allem Anschein nach handelt es sich hier um die bildliche Wiedergabe des sogenannten „hkrosgamos", einer kultischrituellen „Heüigen Hochzeit"520. 517
Wegen der starken Korrosion der Reliefoberfläche läßt sich nicht mehr genau erkennen, ob es sich hier um einen Zottensaum handelt oder nicht; das Gleiche gilt übrigens auch für den Hüftrock des stehenden Opferdieners oder Priesters rechts der Symposion-Szene
518
Zu diesem speziellen Aspekt des Symposion vgl. ζ. B. die Darstellungen des gleichen Motivs auf den Weihplattenfragmenten Ν 3 aus Nippur und CS 5 aus Chafadschi, beide aus der Mesilim-Zeit stammend Möglich wäre auch eine Rekonstruktion der Szene ganz ohne trennendes Element: beide Figuren hätten sich dann unmittelbar gegenüber gesessen, ein Schema, wie es ζ. B. die rechte Mittelmetope der Platte Ν 5 erkennen läßt Zu diesem Thema, seiner Deutung und seiner Beziehung zum Symposion vgl. H. Frankfort, Iraq 1 (1934) 8 f; Anm. 3; Moortgat, Tammuz, 49 f; P. v. d. Meer, Mededeelingen 7, 224 f; Boehmer, EGA 121
519
520
Die Weihplatten der 2. Übergangszeit
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Leider können wir wegen der starken Oberflächen-Versinterung, deren Spuren unser Plattenfragment wie ein Spinnennetz überziehen und die erhaltenen Darstellungsreste nur noch als schwache Schemen erahnen lassen, keine Aussagen über antiquarische Einzelheiten, etwa Details der Kleidung und Frisuren, noch über das ikonographische Gesamtbild, etwa physiognomische Eigenheiten, machen, die uns vielleicht wichtige stilistische Datierungsaufschlüsse vermitteln würden. Auch die Gestalt des assistierenden Priesters ist zu stark zerstört, um uns bei einer stilistischen Klassifizierung des Reliefs helfen zu können. Exakte thematische und kompositioneile Parallelen aber zu der kultischen Szene selbst finden wir auf zwei Rollsiegel-Bildern, ebenfalls dem Diyala-Gebiet entstammend, wieder 5 2 1 , beide wohl erst nach der eigentlichen Mesilim-Zeit entstanden. Wesentlich spätere thematische Analogien bieten uns die fast „pornographisch" anmutenden Darstellungen jenes Rituals auf altbabylonischen Terrakotta-Täfelchen des 2. Jahrtausends 522 wie auch auf einigen der mittelassyrischen Bleiplaketten aus den jüngeren Ischtar-Tempeln von Assur 5 2 3 . Das gleiche Motiv, diesmal allerdings in die transzendente Sphäre übersetzt und sozusagen nur „symbolisch" angedeutet, begegnet uns ferner auf einem Gudea-zeitlichen Weihplatten-Fragment (T 18 = Tf. XXXIII,3), das den „hieros gamos" auf göttlicher Ebene widerspiegelt: hier sitzt die Göttin Bau (Baba) in inniger Umarmung auf dem Schoß des Gottes Ningirsu 524 , während das Bild unseres Weihplatten-Frieses aus Teil Asmar einst in ziemlicher Direktheit den realistischen Vorgang einer körperlichen Vereinigung zwischen Priester und Hierodule, stellvertretend fur Gott und Göttin, geschildert haben dürfte. Die Bedeutung der Reihe von tropfenförmigen Gegenständen (Gefäße?), die den Bildraum über jener rituellen Szene auf der Teil Asmar-Platte füllen, und des nach rechts hin anschließenden Gestells mit quadratisch gegliedertem Aufbau, ebenfalls auf Tierfüßen montiert, muß zunächst unklar bleiben; vielleicht handelt es sich insgesamt um kultisches Gerät, Tempelinventar oder Architektur-Schmuck des TempelInnenraums, in dem die rituelle Handlung vollzogen wurde. Oder sollten hier lediglich symbolische oder rein dekorative Füllsel den freigebliebenen Raum der Bilfläche zwischen der Kultszene und dem oberen Plattenrahmen überbrücken? Einen unmittelbaren thematischen Vergleich zum „hieros gamos" auf Weihplatten der Mesilim-Zeit können wir bisher nicht aufführen; einen gewissen Beleg für die Zurückdrängung der sonst zumeist den gesamten Oberfries beherrschenden Symposion-Szene auf eine Zweiergruppe in der einen Frieshälfte, zugunsten anderer kultischer oder mythologischer Bildgruppen, finden wir nur noch auf dem oberen Streifen einer Reliefplatte aus dem Inanna-Tempel zu Nippur (Ν 3), die wir sowohl aus stratigraphischen als auch stilistisch-ikonographischen Beweggründen der mesilim-zeitlichen Entwicklungsstufe der altsumerischen Kunst zuweisen müssen. Aber wenn wir auch von der thematischen Seite und von der Frage der Bildfries-Gliederung her allein, schon aus Mangel an datiertem Vergleichsmaterial, ein mesilim-zeitliches Entstehungsdatum für unsere Platte AS 4 nicht unbedingt ausschließen können, so bietet uns die Darstellung der thronenden Frauengestalt doch einige ikonographische Hinweise, die eine kunstgeschichtliche Einordnung des Reliefs in die 2. Übergangszeit nahelegen: nicht nur der beide Schultern bedeckende, lange glatte Mantel mit seinem der Körperbiegung folgenden Verschluß-Saum, auch die Haltung der rechten Hand, die physiognomische Wiedergabe des Profilgesichtes und vor allem die Haartracht der Frau lassen sich auf den charakteristischen, fast stereotypen Symposion-Szenen der Mesilim-Zeit noch nicht belegen und verweisen somit die Weihplatte selbst mit hoher Wahrscheinlichkeit in die nachfolgende Übergangs-Periode zur Ur I-Zeit. Rundplastische Gegenstücke zu jenem Frauenkopf mit „Turban"-Frisur, sämtlich mit Sicherheit erst in die 2. Übergangszeit zu datieren, kennen wir sowohl aus dem Nintu- und Sin-Tempel in Chafadschi als auch aus dem Schara-Tempel zu Teil Agrab 5 2 5 . Frauenfiguren des gleichen ikonographischen Typus', vor allem was 521
OIC 17, Abb. 42 = OIP 72, Tf. 34 (No. 340). - Frankfort, CS Tf. XV, 1 = OIP 72, Tf. 53 (No. 559)
522
Opificius, Terrakottarelief, 166 ff (No. 604 ff)
523 w v d O G 58, Tf. 45. 46 η 524
Yg] dazu Moortgat, KAM 71, Anm. 326. - Vielleicht dürfen wir auch das leider stark zerstörte Bildfeld im oberen Halbrund der Urnammu-Stele (Vorderseite) entsprechend ergänzen (Nannar und seine göttliche Gemahlin Ningal) und nicht, wie L. Legrain vorschlägt (RA 30 (1933) 111 ff; Tf. I), als Göttin mit dem König Umammu selbst auf dem Schöße; vgl. dazu auch unsere Bemerkungen in Kapitel IV Abschnitt C 1, Anmerkungen 654. 655 525 O I p 4 4 ) x f 7 2 - 7 3 . 87 G. H.; OIP 60, Tf. 4 3 - 4 4 . Vgl. dazu auch E. Strommenger, BaM 1 (1960) 21 f
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
die Ähnlichkeit der Frisur und Manteltracht angeht, findet man auch unter den rundplastischen Relikten aus Assur (archaische Ischtar-Tempel) und Mari (Ischtar-Tempel) 526 , die ebenfalls weitgehend der Periode zwischen Mesilim und der I. Dynastie von Ur entstammen 5 2 7 . Die Fundschicht unseres Relief-Fragments (ED III) grenzt dessen Entstehungszeit zwar nach unten hin leider nicht genau ab; nach allem aber, was wir von den Weihplattenbildern der ausgeprägten Ur I-Kunst wissen, dürfte unser Exemplar aus Teil Asmar in kunstgeschichtlicher und gattungsgeschichtlicher Hinsicht noch nicht ganz auf deren Stufe stehen und somit ein etwas früheres Entwicklungsstadium repräsentieren. In Verbindung mit den oben zusammengestellten ikonographischen Kriterien und dem Vergleich mit den erwähnten, thematisch und kompositionell eng verwandten Rollsiegel-Bildern scheint es also am vernünftigsten, die Weihplatte selbst ebenfalls, wie auch jene Siegelabrollungen, in die 2. Übergangszeit zu datieren.
2. Chafadschi a) Temple Oval (CT 3 - 5 ) Das Weihplattenfragment CT 3 (= Tf. VI,1) aus dem Temple Oval zu Chafadschi bildet zweifellos ein Unikum innerhalb seiner Gattung, zumindest im Vergleich mit dem entsprechenden Fundmaterial des gesamten Diyala-Gebietes, und zwar nicht nur durch sein ungewöhnliches Werkmaterial (harter grüner Schiefer) und die, vielleicht eben dadurch bedingte, seltsame Technik seiner Bildverzierung (extrem flaches, kaum überhöhtes Relief in Verbindung mit reiner Ritzzeichnung), sondern auch durch thematische und ikonographische Besonderheiten seiner bildlichen Darstellung. Der Ansatz eines verhältnismäßig großen, kreisrunden Loches ohne plastische oder lineare Umrahmung, das lediglich durch eine vertikale Ritzlinie von der rechten Mittel-Metope räumlich abgesetzt wird, weist unser Bruchstück eindeutig als Teil einer Weihplatte aus, wenn wir auch eine seitliche Rahmenleiste oder -linie zur Abgrenzung der Bildfelder auf dem rechten Plattenrand vermissen; diesen partiellen Verzicht auf gesonderte Randbetonung allerdings konnten wir gerade an ritzverzierten Weihplatten der frühdynastischen Zeit mehrfach nachweisen (ζ. B. bei Ν 9 - 1 0 und UK 1). Der Unterkörper eines thronenden Mannes, der sich auf der oberen rechten Ecke der Platte noch erhalten hat, beweist uns, daß der obere Fries ehemals von einer Symposion-Szene eingenommen wurde, wie sie sich in nahezu identischer Form im Unterfries wiederholt, wo sich ein rechter Hand thronender, männlicher Festteilnehmer von einem kahlgeschorenen Diener ein Trinkgefäß reichen läßt. Die rechte Mittelmetope führt uns ebenfalls einen Festdiener vor, der an einem langen Stab, wohl dem Jagdspieß selbst, über der rechten Schulter einen riesigen Fisch heranschleppt und dabei noch mit der linken Hand auf dem Kopf einen großen Kasten und ein Netz (?) balanciert, das wir vielleicht, in Verbindung mit Fisch, Harpune und Kasten, als Reuse deuten dürfen. Der Mann trägt als einziges Bekleidungsstück einen weit ausladenden, etwa knielangen Hüftrock aus glattem Stoff; es fehlt dabei jede Angabe eines Gürtels oder einer Saumborte. Das thematische Gesamtbild und auch die Friesaufteilung (Alternieren von Festmahls-Szenen mit Gabenbringern) passen auf den ersten Blick vorzüglich in den Bildgedanken-Kreis der typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten. Auch Haar- und Barttracht der thronenden Symposianten, eine quergeriefelte „Perücke" mit zweisträhnigem Haarschopf, der bis auf die Brust herabreicht, und ein kreuzweis schraffierter, langer Brustbart, erinnern den Betrachter zunächst an die bekannte ikonographische Formulierung der Männergestalten auf mesilim-zeitlichen Symposion-Szenen. Aber schon in diesem Punkt zeigen sich auch die ersten antiquarischen Divergenzen zu der kanonischen Frisur-Wiedergabe auf den Plattenreliefs der Mesilim-Zeit: der Bart fällt nämlich in unserem Falle nicht, wie sonst allgemein üblich, parallel zur Haarlocke senkrecht auf die Brust herab, sondern knickt etwa in Kinnhöhe von der „Perücke" ab und verläuft schräg nach vorn, von der vertikal fallenden Haarlocke wegstrebend. 526
Assur: WVDOG 39, Tf. 37 a - c ; zur Frisur: o. c. Tf. 46 a - h . 47 g. - Mari: MAM I, Tf. XXXVI, links unten. XXXVIII, unten. XXXIX, links unten. XL
527
Die gleiche oder zumindest eine sehr ähnliche Manteltracht wird auch von mehreren weiblichen Gestalten auf der Ur I-zeitlichen Weihplatte U 4 getragen. Zur Datierung der genannten Statuetten-Gruppen aus Mari und Assur vgl. neuerdings A. Moortgat, BaM 4 (1968) 229 ff
Die Weihplatten der 2. Übergangszeit
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Weitere wichtige ikonographische Indizien, die nicht recht in das mesilim-zeitliche Bildschema passen wollen, bieten die eigenartige Thronform und die massigen, getadezu aufgeblähten Hüftröcke der einzelnen Festteilnehmer: während uns der Thronsitz mit sichtbarer Abrundung der vorderen Ecke und der mehrfachen, vertikalen Leistenuntergliederung auf den Darstellungen der typisch mesilim-zeitlichen Flachbilder bisher nicht begegnet ist, können wir diese, oder jedenfalls eine ganz ähnliche, formale Konstruktion seit der 2. Übergangszeit und vor allem im Laufe der Ur I-Zeit gerade auf Denkmälern unserer Bildgattung relativ häufig belegen (vgl. Ν 8, Κ 10, Τ 4, Τ 8, S 8; vgl. auch CN 6). Gänzlich ungewöhnlich wirkt die Stilisierung des Hüftrockes: der übliche breite Wulstgürtel mit seiner auf das Gesäß herabfallenden Stoffquaste fehlt völlig, desgleichen ein deutlich abgesetzter oder gar ornamental verzierter Rocksaum; stattdessen ist der Gewandstoff der beiden Gestalten des unteren Frieses durch viele kleine, senkrechte Striche als fellartig charakterisiert. Bei der thronenden männlichen Hauptfigur des Oberfrieses wird die gleichfalls vorhandene Strich-Stilisierung noch durch mindestens drei horizontale Querlinien untergliedert, sodaß diese Rockform fast wie die vereinfachende, zeichnerische Skizzierung eines mehrfach in waagerechter Ebene abgestuften Zottenrockes anmutet. Dieser trachtgeschichtliche Typus der altsumerischen Männerbekleidung aber begegnet uns in der Rund- und Flachbildkunst Mesopotamiens erst von der 2. Übergangszeit an, also noch nicht zur eigentlichen Mesilim-Zeit528; auch dieses Phänomen dürfen wir somit als Hinweis darauf werten, daß unsere Reliefplatte wohl erst nach der eigentlichen Mesilim-Kunstperiode entstanden sein wird. Außergewöhnlich erscheint im Übrigen auch die Gestalt des Fischträgers auf der erhaltenen Mittelmetope: wir kennen zwar aus der frühdynastischen Flachbildkunst verschiedene Darstellungen von Jägern, Hirten oder Opferdienern mit Stab, Korb, Kasten oder Fischen — die verschiedensten Variationen finden sich allein schon auf den Denkmälern unserer Gattung (N 8, Τ 4, CS 7, Τ 13, Ν 4) 412 - aber gerade der hier vorliegende Figuren-Typus, mit geschulterter Harpune, an der noch der aufgespießte Fisch hängt, und mit dem übrigen Angelgerät beladen — anscheinend Jäger und Gabenbringer in einer Person — ist anderweitig bisher nicht nachzuweisen; somit kann uns diese Szene zwar vom Motiv her nicht als unmittelbares Hilfsmittel für eine Feindatierung unseres Plattenfragments dienen. Die gestaucht wirkende, geradezu aufgedunsene Gestalt des Fischträgers selbst aber macht nicht den Eindruck, als sei sie in der Blütezeit der Mesilim-Bildkunst entstanden, sondern zeigt in ihrer Gesamtanlage und einigen stilistischen Details schon eine Tendenz zu jener Formulierung des Menschenbildes, die ihren entwicklungsgeschichtlichen Höhepunkt in der Ur I-Zeit erreicht. Zu einer entstehungsgeschichtlichen Abgrenzung unseres Denkmals gegenüber jüngeren Kunstperioden verhilft uns letztlich die stratigraphische Aussage seiner Fundschicht innerhalb des „Temple Oval": nach H. FRANKFORT entspräche T.O.I der sogenannten ED Ii-Periode 529 ; E. STROMMENGER setzt die Schicht mit ED II/III a gleich 530 . Die Weihplatte, zu der unser Fragment einst gehörte, kann also aus stratigraphischen Gründen kaum später als zu Beginn der 2. Übergangszeit gefertigt worden sein! Und genau in diesen Abschnitt der altsumerischen Kunstgeschichte möchte man unser Relief auch in stilistischer Hinsicht datieren, auf Grund seiner unzweifelhaften Abhängigkeit von mesilim-zeitlicher Thematik und Bildgliederung einerseits und der etwas jünger erscheinenden ikonographischen Varianten und antiquarischen Neuerungen andererseits: an das äußerste Ende der Mesilim-Periode nämlich oder in die Anfänge jener Entwicklungsstufe, die später zur Bildkunst der Ur I-Zeit überleitet. Unter den Skulpturenfunden des Temple Oval begegnen uns zwei weitere, wesentlich größere Weihplattenfragmente (CT 4 - 5 = Tf. VI,2-3), die aus den Schichten I—II bzw. II stammen und sich, ahnlich wie das zuvor besprochene Stück CT 3, schon durch ihr Werkmaterial und ihre eigenartige Bearbeitungstechnik von der überwiegenden Mehrzahl aller uns bisher bekannten Exemplare der klassischen MesilimPeriode abheben 531 ; unter gewissen Vorbehalten möchte ich auch diese beiden Bruchstücke der 2. Übergangszeit zuordnen. Es handelt sich in beiden Fällen um die Reste von dreifriesigen Weihplatten aus dunklem, bituminösem Stein von ursprünglich jeweils knapp 40 cm im Quadrat, deren bildliche Darstellung, Rahmung und Fries528
Vgl. dazu E. Strommenger, BaM 1 (1960) 41
s29
OIP 44, 9 (Tabelle)
530
BaM 1 (1960) 20 (Tabelle 2)
531
Intarsierte Weihplatten sind aber hin und wieder ebenfalls in Fragmenten zu belegen, vgl. OIP 58, 176. 189 (Teil Asmar); OIP 60, 37 (Chafadschi)
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
trennstreifen in roher Form vertieft eingemeißelt waren, um bunte Einlageplättchen oder Mosaiken aufzunehmen; die einstige Gesamtwirkung muß also den Bildern etwa der „Mosaikstandarte" von Ur oder denen einiger Einlagefriese aus dem Palast von Kisch 532 sehr nahe gestanden haben. Das besser erhaltene, seinerseits aus mehreren Fragmentsplittern zusammengesetzte Exemplar CT 4 (= Tf. VI ,2) war auf allen drei langrechteckigen Friesen seiner Schaufläche mit Reihen von linkshin schreitenden Kapriden verziert: im oberen wohl Antilopen, im mittleren Steinböcke oder Mufflons, im unteren Bildstreifen wahrscheinlich Bergziegen; die Tierfiguren innerhalb eines Frieses waren anscheinend völlig gleichförmig gebildet. Ob sich auf den Friesenden der verlorenen rechten Plattenhälfte noch jeweils ein Hirt oder Tiertreiber befand, oder ob der Zug der Tiere über die gesamte Breite des Streifens lief, läßt sich heute nicht mehr entscheiden. Über den Bildinhalt des kleineren Fragments, CT 5 (= Tf. VI ,3), das uns gerade noch die rechte untere Ecke einer Weihplatte mit spärlichen Resten des ehemaligen Mittel- und Unterfrieses erkennen läßt, können wir auf Grund des schlechten Erhaltungszustandes und der ohnehin nur flüchtig gebohrten Umrißformen der Einlage-Vertiefungen keine genauere Aussage machen; möglicherweise war im unteren Bildstreifen eine Phalanx von Huftieren, diesmal nicht in loser Aneinanderreihung, sondern in einer jeweils sich überschneidenden Staffelung, wiedergegeben, wobei die Tiere möglicherweise ihre Köpfe auf den Rücken zurücklegten (?)· Jeder Versuch einer „stilistischen" Einordnung dieser beiden Bildwerke wäre von vornherein aussichtslos, da uns in diesem Punkt nur die - leider nicht erhaltenen - figürlichen Einlagen selbst, wahrscheinlich aus hellem Kalkstein, Muschel oder Perlmutt gearbeitet, weiterhelfen könnten 5 3 3 . Zu einem hypothetischen Ansatz der Platten in die Übergangszeit sehe ich mich lediglich veranlaßt durch das ungewöhnliche Thema, die in der typischen Mesilim-Bildkunst sonst nicht zu belegende Reihung schreitender Tiere, über alle drei Bildstreifen verteilt, durch die einseitige Richtungsbezogenheit der Figuren und die durchlaufende Bahn des Mittelfrieses, die hier zweifellos nicht in zwei korrespondierende, spiegelbildlich gleiche „Mittel-Metopen" aufgeteilt ist. Die einst kompositionsbestimmende Bedeutung des Zentrallochs scheint hier, soweit wir jedenfalls anhand der kleinen, ungerahmten und von der Bilddarstellung nicht abgesetzten Durchbohrung des größeren Fragments (CT 4) beurteilen können, schon in den Hintergrund zu treten. Desgleichen weist auch die Bildgliederung der Friesstreifen selbst nicht mehr die symmetrische Ausgewogenheit der klassisch mesilim-zeitlichen Weihplatten auf. Theoretisch wäre es natürlich trotzdem denkbar, daß beide Stücke noch in der Mesilim-Zeit selbst gearbeitet worden sind, und ihre Darstellung als starke Vereinfachung des ursprünglichen Bildgedankens eines Festmahls, in dreifacher Wiederholung, aufzufassen wäre, in der eben nur ein Teilaspekt, nämlich die Herde von Opfertieren, bildlich abgehandelt wurde. Ein ähnlicher, wenn auch in Werktechnik, Figurentypus und Frieskomposition nicht identischer Fall liegt bei einer zweifellos mesilim-zeitlichen Weihplatte aus Teil Asmar (AS 3) vor 5 3 4 , wo das Thema liegender Herdentiere sich in zwei der drei Bildstreifen wiederholt, diesmal allerdings in spiegelbildlicher Klapp Symmetrie zur vertikalen Mittelachse der Platte. Leider verhilft uns auch der stratigraphische Befund in unserem Falle nicht zu einer definitiven Klärung des Entstehungsdatums, denn die Schichten I—II des Temple Oval lassen eine Datierungsspanne von der Mesilim-Periode bis zur Ur I-Zeit offen. Fest steht lediglich, daß beide Stücke, auf Grund ihrer engen materiellen, größenmäßigen, bearbeitungstechnischen und wahrscheinlich auch thematisch-kompositionellen Verwandtschaft, wohl zu gleicher Zeit und in der gleichen Werkstatt von Chafadschi gefertigt worden sind. b) Sin-Tempel (CS 7/K 7) In die ausgehende Mesilim-Zeit oder in den Beginn der anschließenden Übergangsperiode gehört eine zu vier Fünfteln erhaltene Weihplatte aus dem Sin-Tempel (Schicht IX) in Chafadschi, unser Exemplar CS 7 532 533
Vgl. ζ. B. Moortgat, KAM Tf. 41
Zwar kennen wir einige verstreute Einlageplättchen aus den Fundstätten des Diyala-Gebietes (Teil Asmar: OIC 19, 25 Abb. 25; Chafadschi: OIP 60, Tf. 67 F), aber Tierfiguren der hier vorliegenden Art fehlen im Bereich des Temple Oval völlig; dagegen sind die Muschelornamente einer intarsierten Schieferplatte angeblich fast vollständig aufgefunden worden (OIP 58, 176. 189) 534 Ygj j a z u a u c h Moortgat, Tammuz, 42 f
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(= Tf. IX,1), das mit Hilfe des im Iraq Museum zu Baghdad aufbewahrten Relieffragments Κ 7 (= Tf. XL,3) vollständig ergänzt werden kann (Photomontage der Rekonstruktion CS 7/K 7 = Tf. IX,2). In einem kleinen Aufsatz habe ich vor kurzem die Zusammengehörigkeit beider Teilstücke zu beweisen und meinen Datierungsvorschlag fur die Gesamtplatte näher zu begründen versucht 535 . Wenngleich sich die Reliefbilder jenes Denkmals, vom Thema her gesehen, ganz eng an den bekannten Zyklus mesilim-zeitlicher Bildgedanken anschließen - die Darstellung zeigt das klassische „Symposion" im oberen Fries, in der Mitte einen Zug von Gabenbringern und im unteren Bildstreifen eine Musikszene mit Harfenspieler und Tänzer, dazu einen kultischen Ringkampf so weisen doch einige ikonographische Details, wie die Kahlköpfigkeit und Bartlosigkeit der männlichen Hauptperson, der ungewöhnliche HaarlockenTypus der Musikanten und Ringkämpfer wie auch die Frisur der Frauengestalten, und darüber hinaus die nicht mehr ganz starr-symmetrische Balance der einzelnen Bildstreifen auf ein etwas jüngeres Entstehungsdatum des Reliefs. Auch die durchlaufende, in ein und dieselbe Richtung orientierte Reihe der Gabenbringer, die in ihrer Anordnung kaum Rücksicht auf das zentrale, nur durch zwei dünne vertikale Ritzlinien „gerahmte" Loch zu nehmen scheinen, datiert unser Stück mit Sicherheit frühestens in den Ausgang der eigentlichen MesilimPeriode, deren typische Weihplatten die Zentraldurchbohrung über deren formal-funktionelle Bestimmung hinaus ja auch zum gedanklichen Mittelpunkt der bildlichen Gesamtkomposition erhoben; wahrscheinlicher noch wäre ein Entstehungstermin unseres Reliefs im ersten Abschnitt der 2. Übergangszeit, das entspräche dem 2. Teil der sogenannten „ED Ii-Periode". c) Nintu-Tempel (CN 2 - 6 ) Nicht nur thematisch, sondern auch stilistisch eng verwandt mit der Platte CS 7/K 7 aus dem Sin-Tempel IX erscheint mir, wenn wir einmal von seinem bedauernswerten Erhaltungszustand absehen, ein Relieffragment mit der Darstellung dreier Gruppen von Ringkämpfern, das aus dem Nintu-Tempel (Schicht V bzw. VII) in Chafadschi stammt und einst den untersten Fries einer Weihplatte bildete: unser Stück CN 2 (= Tf.X,2) 5 3 6 .. An diesen aus vier kleineren Bruchstücken fast vollständig wieder zusammengesetzten Bildstreifen läßt sich vielleicht nach rechts oben hin das seinerseits in zwei Teile zerbrochene Relieffragment CN 3 (= Tf. X,3) anpassen, das in Werkmaterial, Dimensionen und Verzierungstechnik mit dem „Ringer-Fries" bestens übereinstimmt, ebenfalls im Areal des Nintu-Tempels geborgen wurde, und uns die rechte Hälfte des Mittelfrieses einer Weihplatte vorführt; dieses „Metopen"-Bild zeigt einen Diener vor einem großen Mischkrug. Weiterhin hat sich an unserem Fragment noch ein Rest des ehemaligen Oberfrieses erhalten, der den Unterkörper eines thronenden Mannes, bekleidet mit einem zottengesäumten Hüftrock, erkennen läßt. Unter der Voraussetzung, daß unser Rekonstruktionsvorschlag den wahren Sachverhalt trifft, wäre also auch für diese Platte das Thema des Symposion im oberen Fries nachgewiesen, was wir im Bilderzyklus der Mesilim-Platten des Diyala-Gebietes auch gar nicht anders erwartet hätten. Die ursprüngliche Annahme H. FRANKFORT'S, daß wahrscheinlich einige der in OIP 44 Tf. 108 Β abgebildeten Relieffragmente, darunter das soeben besprochene, zusammen mit der Ringerszene zu ein und derselben Weihplatte gehört hätten 5 3 7 , ist allerdings später — seltsamerweise von ihm selbst - in Frage gestellt 538 und von E. STROMMENGER sogar gänzlich abgelehnt worden . Zur Verteidigung unserer eigenen Hypothese sei Folgendes angeführt: zwar sind die Bruchkanten beider Plattenteile, wenn sie auch weitgehend zusammenpassen, an der Stelle des vermuteten „join" zu stark von Verwitterungserscheinungen zerfressen, um einen letzten Beweis der Zusammengehörigkeit erbringen zu können; die Breite jedoch der Rahmenleiste wie auch des Friestrennstreifens stimmt in beiden Fällen überein, desgleichen Proportion und Physiognomie der menschlichen Figuren, ferner die Reliefhöhe und auch die räumliche Entfernung vom rechten Plattenrand bis zur Rahmung der Zentralbohrung, deren Ansatz auf 535
J. Boese, AfO 22 (1969) 30 ff; dort auch detaillierte Beschreibung der Darstellung (32 ff)
536
Zur Deutung der Ringkampfgruppen und ihrer Beziehung zum Kult vgl. Moortgat, Tammuz, 50 f; Opificius, Terrakottarelief, 235 f; J. Boese, AfO 22 (1969) 36
s37
OIP 44, 44. 78 (No. 189)
538
OIP 60, 33 (No. 313)
539
BaM 1 (1960) 19 Anm. 146 (Ringerfries = mesilim-zeitlich!); o. c. 20 Anm. 157 (übrige Fragmente = ,,Fara-/Ur IZeit"!)
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beiden Stücken noch deutlich zu erkennen ist. Darüber hinaus scheint sich, wenn wir die Darstellung an dieser leider erheblich verwitterten Stelle richtig deuten, noch ein Teil des Standringes für das oben anschließende Mischgefäß auf dem Bruchrand oberhalb des Ringerfrieses erhalten zu haben; ein ganz ähnlicher Krug mit Standring findet sich in genau entsprechender Position auf der rechten Mittelmetope einer zweifellos mesilim-zeitlichen Weihplatte aus Tell Agrab (AG 1 = Tf. 1,1). All diese Vergleichskriterien, in Verbindung mit der Identität von Werkmaterial und Bilddimension bei beiden Teilstücken, ihrer engen thematischen Zusammengehörigkeit und der Analogie des Gesamt-Themas mit dem der Platte aus dem Sin-Tempel IX, sollte uns genügende und berechtigte Veranlassung geben, die genannten Fragmente in direktem Provenienz-Zusammenhang zu sehen, zumindest aber eine unmittelbare bildliche und gedankliche Verbindung zwischen beiden Stücken herzustellen. Ob dagegen ein weiteres Relieffragment aus dem Nintu-Tempel, CN 4 (= Tf. X,4), auf dem man noch den Kopf einer wohl aufgerichtet dargestellten Ziege und Reste von Pflanzenblättern erkennt, sich ursprünglich ebenfalls an unsere Platte anfugte und dort einen Teil der linken Mittelmetope bildete, wie ich es versuchsweise in einer Rekonstruktions-Montage (= Tf. XI) zusammengestellt habe, muß zunächst dahingestellt bleiben. Immerhin entsprechen auch hier Proportion und Dimension sowohl der Bildfläche selbst als auch ihrer Einzelelemente, Größenmaße des Friestrennstreifens und der nach rechts hin ansetzenden breiten Lochumrahmung, und selbstverständlich auch die Konsistenz und Oberflächenstruktur des Werksteins, den formaltechnischen Voraussetzungen fur eine materielle Zusammengehörigkeit mit der in Frage stehenden fragmentarischen Weihplatte CN 2/3. Und wenn wir die auf dem Ringkampf-Fragment, direkt oberhalb des Trennstreifens, im Ansatz erhaltenen Darstellungsspuren richtig als Tierhuf (links) und Bergschuppen, aus denen eine Pflanze erwächst (rechts), gedeutet haben, würde sich das zur Diskussion stehende Fragment auch in thematischer Hinsicht unserem Rekonstruktionsvorschlag bestens einfügen: als Gesamtbild ergäbe sich eine auf den Hinterläufen aufgerichtete Ziege, die an einer Bergpflanze frißt: gewiß auf den ersten Blick eine scheinbar ungewöhnliche Themenwahl, wenn man die rein kultisch zu interpretierende Darstellung der rechten Mittelmetope bedenkt, als isolierter Bildgedanke aber der mesilim-zeitlichen Weihplatten-Thematik durchaus nicht wesensfremd, geschweige denn dem Motivbestand anderer Flachbildgattungen jener Periode 5 4 0 . Da der linke Teil der Metopenfläche einschließlich der linken Rahmenleiste weggebrochen ist, könnten wir an dieser Stelle eine weitere Pflanzen- oder Blütenstaude ergänzen. Mit dem gleichen oder vielleicht noch besserem Recht dürfte man aber auch an eine Rekonstruktion in Analogie zum Plattenfragment U 2 aus Ur denken, das durch seine Abbildung eines „Helden" mit einer Kapride dem rein mythologischen Bildrepertoire angehört; umgekehrt sollten wir in Erwägung ziehen, den fehlenden Bildteil mit der Gestalt eines Tiertreibers oder Opferdieners auszufüllen, was der Szene einen eher kultisch-rituellen Anstrich gäbe und am besten zum Bildinhalt der korrespondierenden Mittelmetope auf der rechten Seite passen würde: die Verbindung von Dienerfiguren und pflanzenfressenden Huftieren innerhalb eines Bildfeldes begegnet uns ja des öfteren gerade auf Mittelmetopen mesilim-zeitlicher Weihplatten (ζ. B. CT 2). Eine stichfeste Ergänzung des fraglichen Plattenausschnitts ist jedoch nicht zu erzielen. Vielleicht böte sich dazu die Spur einer Möglichkeit, wenn einmal sämtliche Reliefsplitter aus dem betreffenden Grabungsareal, die in den Magazinen der verschiedensten Museen verscharrt sind, der Wissenschaft durch bildliche Publikation zugänglich gemacht würden 541 . Oberhalb der besprochenen Szene hat sich auf unserem Fragment noch die Trennleiste und ein Rest des einstigen Oberfrieses erhalten; man sieht gerade noch den Thron einer nach rechts gerichteten Menschengestalt, die durch den unter ihre Füße geschobenen, mit Kreuzschraffur verzierten Schemel sicher als weiblich gekennzeichnet wird. Die spezielle Thron- und Schemelform dieses Reliefstücks sowie der Sitz der männlichen Hauptperson auf dem rechts angepaßten Plattenfragment (CN 3) aber entsprechen nahezu vollkommen der ikonographischen Differenzierung zwischen Frauen- und Männer-Sessel auf der Symposion540
Zwar finden wii auf Weihplattendarstellungen selbst selten aufrechtstehende Ziegen (U 2, Ν 3), dafür umso mehr liegende oder schreitende Tiere, die meist an Pflanzen knabbern (AS 2 - 3 , CT 2, CS 1 etc.); vgl. dagegen die mit CN 4 annähernd identischen Figurenschemata auf Rollsiegelbildern der Epoche („Figurenband", ζ. B. VR No. 101) wie auch auf anderen Flachbildgattungen, wie ζ. B. einem reliefverzierten Kultgefäß aus Nippur (The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18 f (Abb. oben)) 541 Ygj ( j a z u u n s e r e Bemerkungen im Anschluß an die Stücke aus dem Nintu-Tempel zu Chafadschi im WeihplattenKatalog (nicht bildlich publizierte Fragmente)
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Szene der Platte CS 7/K 7 aus dem Sin-Tempel IX, sodaß wir auch in dieser Beziehung — falls unsere Rekonstruktion zutrifft - eine auffällig enge thematische und stilistische Verbindung zwischen beiden Weihplatten herstellen können. Das Konzept der Figuren-Anordnung im oberen Bildstreifen zeigt gleichfalls deutliche Übereinstimmungen: in beiden Fällen steht der Thron der weiblichen Gestalt nicht unmittelbar in der linken Friesecke, sondern ist weiter zur Mitte gerückt, um einer hinter dem Thron placierten Dienerin Platz zu machen 542 . Doch darin erschöpfen sich die Parallelerscheinungen noch nicht: auf beiden Reliefplatten tragen die kahlköpfigen Diener einen glatten Rock ohne Zottensaum, von einem Wulstgürtel über der Hüfte gehalten, beide Male ist die männliche Hauptperson des „Symposion" mit einem langen Hüftrock bekleidet, der durch eine Reihe glatter, unten lanzettförmig zugespitzter Zotten gesäumt wird. Mithin dürfen wir wohl beide Weihplatten, wenn nicht sogar derselben Bildhauer-Werkstatt innerhalb Chafadschi's, so doch zumindest der gleichen Entstehungsphase zuweisen, nämlich der zweiten Hälfte der „ED II"-Periode, d. h. der ausgehenden Mesüim-Zeit oder der beginnenden 2. Übergangszeit. Ein späterer Zeitansatz scheint ausgeschlossen, da die Fundumstände eines Teilfragments unserer Ringkampfszene CN 2 (Nintu-Tempel, Schicht V = ED II) eine Datierung der Gesamtplatte in jüngere Entwicklungsstufen, etwa nach ED III, schon aus stratigraphischen Gründen untersagen 543 . Auf das Phänomen der bemerkenswerten, fur das mesilim-zeitliche Weihplattenrelief scheinbar ungewöhnlichen Bewegtheit und geradezu „naturgetreuen" Wiedergabe der Ringkampfgruppen, im Gegensatz etwa zur schematischen Starre der Symposion-Szenen und ihrer Einzelfiguren 544 , als mögliches Kriterium für einen einschneidenden Umschwung der Stilentwicklung und damit für ein jüngeres, nach-mesilim-zeitliches Entstehungsdatum des ganzen Denkmals, möchte ich hier nicht eingehen, da ein bestimmtes Bewegungsschema durchaus motivgebunden sein kann, selbst einer sonst starr-geometrisierenden Formen zugeneigten Entwicklungsstufe keineswegs wesensfremd zu sein braucht und somit nicht unbedingt für den zeitlichen Ansatz in eine spätere (sprich: naturalistischer formulierende) Stilepoche ausschlaggebend sein muß. Es genügt zu wissen, daß unsere beiden Weihplatten aus Chafadschi (CS 7/K 7 und CN 2/3/4) in ihrer bildlichen Ausschmückung anscheinend den Endpunkt jener Stilentwicklung markieren, die uns zum ersten Male in der altmesopotamischen Kunstgeschichte eine bildlich greifbare Synthese aus traditionellem sumerischen Gedankengut und möglicherweise semitisch beeinflußtem Formgefühl vermittelt: die „klassische" Bildkunst der Mesilim-Zeit, deren Höhepunkt, deren vergeistigte Intensität und vergeistigende Schaffenskraft zur Entstehungszeit unserer Reliefs zweifellos schon überschritten war. Hier bahnt sich im Kern schon eine künstlerische Entwicklung an, die in der Folgezeit von den Übergangserscheinungen zur Bildkunst der Ur I-Zeit hinführt, die im Laufe einer stetig stärker betonten Tendenz zur Verkörperlichung der naturgegebenen Einzelformen zwar zu einer äußerlich geschliffeneren, ausgefeilteren Formsprache gelangt, deren geistiger Gehalt sich aber anscheinend in gleichem Maße verflacht und deren Aussagekraft zu stagnieren beginnt, um sich schließlich in leblosen Bildschablonen zu erschöpfen. Aus der Schicht VII des gleichen Heiligtums, dem Nintu-Tempel in Chafadschi, stammt ein weiteres Weihplatten-Fragment, dessen Reliefverzierung uns in die Lage versetzt, jene Entwicklungsstufe altsumerischer Bildkunst, die von der Mesilim-Periode zur Ur I-Zeit überleitet, in stilistischer wie auch thematischer Hinsicht eindrucksvoll zu demonstrieren: unser Exemplar CN 6 (= Tf. XII ,2). Erhalten ist die linke Seite eines Weihplattenfrieses, an dessen linker und unterer Kante sich noch die leistenförmige Begrenzung des Bildfeldes abzeichnet. Die Reliefdarstellung selbst, zweifellos schon im Altertum sekundär überarbeitet 545 , führt uns in der linken Fragmenthälfte eine thronende Gestalt vor, die durch ihre Hörnerbekrönung eindeutig als Gottheit ausgewiesen wird. Rechts davon können wir noch 542
Wie es u. a. schon bei der geradezu „klassischen" Mesilim-Platte CT 2 der Fall ist; vgl. dazu auch J. Boese, A f O 22 (1969) 37 f
543
Zu der überraschend engen stilistischen und inhaltlichen Verwandtschaft der Bilder zweier Weihplatten, die in verschiedenen Tempelarealen gefunden wurden, vgl. auch E. Strommenger, BaM 1 (1960), wo auf die enge Beziehung zwischen einigen rundplastischen Erzeugnissen der Tempelschichten Nintu V/VI und Sin IX hingewiesen wird; sollten die betreffenden Stücke, also auch unsere beiden Weihplatten, vielleicht in derselben Bildhauerwerkstatt geschaffen worden sein?
544
Vgl. dazu auch meine Bemerkungen in AfO 22 (1969) 31 f. 36 f
545
Vgl. dazu Iraq 6 (1939) 69
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schwache Spuren einer schreitenden menschlichen Figur erkennen, wohl die eines nackten Opferdieners oder Priesters, der dem Gotte den Rücken zukehrt. Sein in Schrittstellung zurückgesetztes rechtes Bein wird zwar zum größten Teil vom Zottengewand der Gottheit überlagert, sein Fuß jedoch ist noch deutlich zwischen den weit auseinanderstehenden Beinen des Thronenden sichtbar. Ein späterer Bildhauer hat allem Anschein nach versucht, diesen Teil der inzwischen zu Bruch gegangenen, originalen Weihplatte insofern für den kultischen Gebrauch zu retten, daß er die Göttergestalt als eigenständiges Bild isolierte, die Figur des nackten Priesters, der sich ursprünglich ohne Zweifel mit einer Libationskanne in den erhobenen Händen einem weiteren thronenden Gott oder dessen Kultsymbolen zuwandte, oberflächlich wegmeißelte und die rechte Bruchkante leidlich begradigte. Dabei erhebt sich allerdings, zumindest von der soeben rekonstruierten thematischen Original-Konzeption her, die Frage, ob es sich bei unserem Bildausschnitt wirklich um den unteren Fries einer mehrstreifigen Weihplatte gehandelt haben muß, wie H. FRANKFORT546 und P. DELOUGAZ547 als erwiesen betrachten. Beide Forscher gehen wohl von der stillschweigenden Voraussetzung aus, daß die erhaltenen Bildbegrenzungsleisten tatsächlich das ehemalige Rahmenprofil repräsentieren. Genausogut vorstellbar aber wäre auch eine Interpretation des unteren Wulstbandes als ursprünglicher Friestrennstreifen, der zu einem einst noch darunter befindlichen Reliefbild überleitete. Die nach der ersten Zerschlagung der Gesamtplatte möglicherweise noch anstehenden Reste dieses unteren Bildstreifens könnten dann von jenem zweiten Bildhauer abgearbeitet worden sein, der auch die obere Rahmenleiste entfernte und die rechte Fragmenthälfte retuschierte. Bei dieser Hypothese gehe ich von der Erkenntnis aus, die wir aus der Betrachtung aller vergleichbaren Szenen auf Weihplattenbildern der frühdynastischen Zeit gewinnen konnten: das Opfer vor einer Gottheit wird entweder im Oberfries abgebildet oder füllt, unter Verzicht auf jegliche Friesuntergliederung, die gesamte Bildfläche der Platte 548 . Nur ein einziges Mal können wir, bei der Ur I-zeitlichen Platte U 4 nämlich, den Fall belegen, daß sich eine derartige Opferszene auch im unteren Fries wiederholt, diesmal allerdings ohne die bildliche Präsenz der anthropomorphen Gottheit, die hier lediglich durch die Fassade ihres Tempelschreins und zwei Standarten symbolisch vertreten wird. Eine endgültige Klärung dieses mehr formalen Rekonstruktions-Problems wird sich allerdings erst durch eine genaue Autopsie des Relieffragments CN 6 erzielen lassen. Viel interessanter dagegen und bedeutungsvoller für unsere kunstgeschichtlichen Untersuchungen erscheinen mir Einzelheiten der erhaltenen Reliefdarstellung selbst: Nicht nur die seltsame Form der Hörnerkrone 549 , sondern auch die Haar- und Barttracht des Thronenden fallen aus dem Rahmen der uns bisher bekannten ikonographischen Typen, sei es nun bei mesilim-zeitlichen Fürsten- oder Ur I-zeitlichen Götterbildern. Bemerkenswert ist ferner die Tatsache, daß der durch seinen langen Kinnbart zweifellos als männlich charakterisierte Gott einen in mehrere Zottenreihen abgestuften Mantel trägt, der die rechte Schulter freiläßt und in dieser Form gewöhnlich als Frauentracht angesehen w i r d 4 6 9 - 4 7 2 . Diese scheinbare Diskrepanz zwischen typisch männlicher Haar- und Barttracht einerseits und typisch weiblich anmutender Körperbekleidung auf der anderen Seite hat nun einige Wissenschaftler zu der Annahme geführt, es handele sich in unserem Falle um die Darstellung ernes zweigeschlechtlichen Gottes, der hier beide Aspekte in einer Person vereinige 550 . Wir hatten jedoch dieses antiquarische Problem schon ausführlich diskutiert bei der Besprechung einer Ur I-zeitlichen Weihplatte, die ebenfalls aus dem Nintu-Tempel stammte (CN 7), sogar aus der gleichen Schicht VII, und hatten darauf hingewiesen (vgl. dazu Abschnitt C 7 dieses Kapitels), daß die erwähnte Zottenmanteltracht, die nur eine Schulter bedeckt, durchaus auch von männlichen Personen getragen werden k a n n 4 7 3 - 4 7 5 . Ohne diese spezielle Interpretationsfrage eingehender zu verfolgen, wollen wir uns jetzt wieder der stilistischen Datierung unseres Fragments zuwenden: wenn auch sowohl die Physiognomie des Thronenden, 546
OIP 60, 16. 34 (No. 315) Iraq 6 (1939) 69 f 548 Ygj z ρ ν g _ i o , Τ 8. 10, UK 1, KI 4; allerdings kennen wir auch Fälle, in denen die thronenden Hauptpersonen des „Symposion", die normalerweise im Qberfries zu finden und vielleicht als formale oder sogar gedankliche Vorgänger des thronenden Gottes zu verstehen sind, auch im Unterfries noch einmal wiederholt werden (CT 3, CS 5, Ν 6). Im Mittelfries treten sie des öfteren zusätzlich auf (ζ. B. AG 1, CH 3, Ν 5 etc.) 547
549
Leider bei R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 273 ff nicht behandelt, erwähnt oder abgebildet!
550
Vgl. dazu Iraq 6 (1939) 70
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mit seiner überlangen, schnabelartigen Nase, dem fast rautenförmig geometrisierten Auge, den unnatürlich gespitzten Lippen und dem senkrecht herabfallenden, unten waagerecht abschließenden, strähnigen Bart, als auch die Haltung des rechten Armes, der auf dem Schoß ruht und einen pflanzenzweigartigen Wedel hält, durchaus noch mesilim-zeitliche Stiltraditionen verraten, so ist doch allein schon durch die bildliche Wiedergabe einer Göttergestalt in eben dieser Form ein „terminus post quem" - nach der eigentlichen Mesilim-Periode nämlich - gegeben und für die Entstehungszeit unseres Reliefs als gesichert vorauszusetzen; denn das Motiv eines thronenden Gottes in anthropomorpher Gestalt, mit einer Hörnerkappe bekrönt, ist innerhalb der altsumerischen Flachbildkunst bisher nicht vor Beginn der 2. Übergangszeit nachzuweisen5 51 . Ferner fällt das Haupthaar des Gottes nicht, wie bei den meisten männlichen Symposion-Teilnehmern auf typisch mesilim-zeitlichen Weihplatten, senkrecht auf die Brust herab, parallel zum langrechteckigen, dort meist wellenförmig stilisierten Bart, sondern wird in Form einer kompliziert geflochtenen, durch Bänder zusammengehaltenen Frisur bis weit auf den Rücken herabgeflihrt, wobei ihr Schwung der Umrißlinie von Hals und Schulter folgt: wir haben es hier anscheinend mit einem unmittelbaren Vorläufer der späteren Götterfrisuren zu tun, die uns in ziemlich einheitlicher Formulierung auf einer Anzahl Ur I-zeitlicher Weihplatten (U 4, Ν 8, Ν 9) begegnen552. Darüber hinaus bietet uns das Reliefbild eine ganze Reihe ikonographischer Details, die sich durchweg nicht vor dem Beginn der 2. Übergangszeit in der altsumerischen Flachbildkunst belegen lassen. Ein Teil dieser „Antiquaria" hat aber noch nicht die typologische Entwicklungsform der eigentlichen Ur I-Kunst erreicht; dieses Faktum, in Verbindung mit den oben erwähnten mesilim-zeitlichen Stilrelikten, ermöglicht uns eine zeitliche Einengung des Fragments und macht gleichzeitig ein Entstehungsdatum innerhalb der 2. Übergangszeit höchst wahrscheinlich: Zu diesen Datierungskriterien gehört die eigenartige Form des Thronsitzes mit seinen parallelen VertikalStreben 553 , der Typus des in vier Horizontal-Reihen gestaffelten Zottenkleides554, die Kombination der zwei Götterwaffen, Keule und Krummholz, und letztlich, als motivisches Indiz, auch die Pose des Gottes, wie er diese seine attributiven Insignien in der erhobenen linken Hand hält 555 . Auch den Typus der göttlichen Hörnerkrone müssen wir entwicklungsgeschichtlich zwar sicher nach der Mesilim-Zeit, zugleich wohl aber auch noch vor dem Komplex der charakteristischen Ur I-zeitlichen Göttermützen ansetzen, wie ihn uns die Flachbildkunst zwischen Urnansche und Entemena überliefert hat S 5 6 . Um unseren Datierungsansatz noch einmal stilgeschichtlich zu überprüfen, brauchen wir das Relief nur neben eine der typischen Ur I-zeitlichen Weihplatten mit Darstellung eines thronenden Gottes (vgl. etwa die entsprechenden Szenen auf Ν 8, Ν 9 und U 4) zu halten, und wir werden deutlich den zeitlichen Abstand, das höhere Alter also der Chafadschi-Platte, gefühlsmäßig erfassen. Wenn wir somit aus ikonographisch-stilistischen Beweggründen einen Bildhauer der 2. Übergangszeit für die Schaffung unseres Reliefbildes verantwortlich machen dürfen, so ergeben sich wichtige thematische Konsequenzen für die bildliche Entwicklungsgeschichte der ganzen Denkmalsgattung zwischen Mesilim- und Ur I-Zeit aus dem oben rekonstruierten Gesamt-Motiv des Weihplattenfrieses selbst: einem thronenden Gott in Verbindung mit einem libierenden Priester. Nach allem, was wir bisher wissen, löst diese Bildvorstellung von einer kultisch-rituellen Opferszene, durch die persönliche Teilnahme des anthropomorph gebildeten Gottes in den metaphysischen Bereich transponiert, im Laufe der 2. Übergangszeit den ursprünglich zentralen Bildgedanken-Kreis der Mesilim-Periode, das „Symposion", als Weihplattenverzierung ab, um dann im Ur I-zeitlichen Kunstbereich zu einem der wichtigsten Zentralmotive unserer Bildgattung — neben der Darstellung des fürstlichen Stifters oder mythologischer Heraldik - aufzusteigen. Das eigentliche Symposion 551
Vgl. dazu die Beispiele in der Glyptik der sogenannten „Fara-Stufe" bei R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 274
552
Daneben aber auch auf anderen Denkmalsgattungen der Flachbildkunst jener Zeit, wie ζ. B. auf dem Rollsiegel VR No. 144
553
Vgl. die Bemerkungen und Vergleichsstücke zur Thronform der Platte CT 3 (Kapitel III Abschnitt Ε 2 a)
554
Wie E. Strommenger für die Trachtgeschichte der altsumerischen Zeit noch einmal nachgewiesen hat, taucht die Form des mehrfach gestaffelten Zottengewandes erst in der 2. Übergangszeit auf (BaM 1 (1960) 39. 41); vgl. dazu auch Moortgat, KAM 44 f
555
Eine vergleichbare Waffenkombination finden wir ζ. B. auf der Ritzplatte Ν 10; zum Gestus vgl. ζ. B. die Darstellung des Gottes Ningirsu auf der Geierstele (Moortgat, KAM Tf. 118)
556
Zur Typologie vgl. wiederum R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 284 f; Tabelle I, Abb. C. D
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dagegen, vom Bildinhalt her im Wesentlichen auf die Wiedergabe bestimmter altsumerischer Kultrituale beschränkt, verschwindet nach der Übergangszeit fast vollständig aus dem Motivbestand der Weihplattenbilder, wenn auch die Grundidee des „Festmahls" in Verbindung mit der Darstellung des königlichen Herrschers bis in die Ur I-Zeit hinein tradiert wird 5 5 7 . Ja, Spuren des alten Motivs tauchen sogar noch im Themenrepertoire neusumerischer Weihplattenreliefs auf, allerdings in einer derart starken bildlichen Veränderung und gedanklichen Umsetzung, daß wir den traditionellen Kern, den nunmehr wohl in Vergessenheit geratenen Prototyp des „Symposion", nur noch mit äußerster Mühe herauszuschälen vermögen 558 . Bei unserem Relieffragment aus dem Nintu-Tempel nun — und das ist das Entscheidende — haben wir es allem Anschein nach mit einem der ersten, frühesten Vertreter des Libations-Themas auf Weihplatten zu tun, der die lange Entwicklungsgeschichte dieses wohl echt sumerischen Bildzyklus' historisch einleitet und gleichzeitig jenen Bildgedanken in stilistischer und motivgeschichtlicher Hinsicht erstmalig formuliert; ja, vielleicht haben wir es hier tatsächlich mit einem echten Prototyp dieses Themas innerhalb der gesamten frühdynastischen Flachbildkunst Mesopotamiens überhaupt zu tun! Bei dieser Gelegenheit sei noch auf die interessante Tatsache verwiesen, daß die Göttergestalten auf Ur Izeitlichen Flachbildwerken fast ausnahmslos ein Gewand aus glattem Stoff tragen, während die thronende Gottheit hier mit einem mehrfach abgestuften Zottenmantel bekleidet ist; anscheinend spiegelt sich in dieser antiquarischen Eigenheit eine ganz bestimmte, zeitgebundene Bildvorstellung von der Göttertracht, die wir vielleicht als charakteristisch für den Beginn der 2. Übergangszeit verstehen dürfen. Seltsam erscheint ferner auch die starke bildliche Überschneidung der Figur des Opferpriesters mit dem thronenden Gotte, eine kompositorische Verschachtelung, die wir auf entsprechenden Szenen der Ur I-Bildkunst in dieser speziellen Formulierung nicht mehr nachweisen können. Zum Komplex derjenigen Weihplatten, die in den Werkstätten des Diyala-Gebietes zu Beginn der 2. Übergangszeit verfertigt wurden, darf man vielleicht noch ein weiteres Relieffragment aus dem Nintu-Tempel (Schicht VI) rechnen, das durch den viertelkreisförmigen Ansatz einer ehemals zentralen Durchbohrung mit Sicherheit als Teil einer Weihplatte identifiziert werden kann: unser Bruchstück CN 5 (= Tf. XII,1). Erhalten blieb lediglich das rechte Drittel des ursprünglich oberen Bildstreifens und ein Rest des darunterliegenden Mittelfries-Teiles. Oberhalb und unterhalb des schmalen Trennstreifens zeichnen sich noch — trotz der stark versinterten Reliefoberfläche — die Konturen schreitender Rinder ab, die aber nicht, wie etwa die Kapriden der einst intarsierten Bitumen-Platte CT 4 aus dem Temple Oval (vgl. Abschnitt Ε 2 a dieses Kapitels), jeweils in die gleiche Zielrichtung orientiert, sondern „bustrophedon" angeordnet sind, d. h.: die Rinder des oberen Frieses wenden sich nach rechts, das im Mittelstreifen sichtbare Tier nach links, dem Zentral-Loch zu. Mit der genannten Weihplatte aus dem Temple Oval steht unser Fragment aber nicht nur durch die Verwandtschaft im Hinblick auf das bildliche Gesamt-Thema, mehrere Reihen schreitender Herden- oder Opfertiere nämlich, sondern auch durch die gleiche kompositionelle Vernachlässigung der ungerahmten ZentralDurchbohrung in enger gedanklicher Beziehung und damit wohl auch auf der gleichen kunstgeschichtlichen Entwicklungsstufe. Diese formalen wie thematischen Übereinstimmungen berechtigen uns, mit einiger Wahrscheinlichkeit auch das Fragment CN 5 aus dem Nintu-Tempel entstehungsgeschichtlich der frühen Übergangszeit zuzuweisen; leider läßt sich über die künstlerischen Details der stark zerstörten Darstellung keine präzise Aussage mehr machen, die unseren Datierungsvorschlag auch auf stilistischer Grundlage erhärten könnte. Umgekehrt verbietet uns die stratigraphische Einordnung der Fundschicht (Nintu-Tempel VI = ED II), das Relief später als in den Anfang der 2. Übergangszeit zu datieren. Zwei weitere Weihplattenfragmente aus Chafadschi, die H. F R A N K F O R T einst mit dem Ringkampf-Fries aus dem Nintu-Tempel (CN 2) in Verbindung brachte 559 , die in Wirklichkeit aber höchstwahrscheinlich nicht zu jener Platte gehören (CS 6 bzw. CH 2 = Tf. VIII,3 bzw. Tf. XIII,2), widersetzen sich auf Grund ihres schlechten Erhaltungszustandes und der geringen Ausschnitte der ursprünglichen Reliefdarstellung (thronende Frau bzw. liegendes (?) Rind) jeglichem Versuch einer Stilanalyse und Feindatierung. E. STROMMENGER setzt beide, zusammen mit dem größeren Bruchstück CN 3, das wir mit dem Splitter 557
Ygj dazu ( j a s Reliefbild der Weihplatte Τ 4 des Urnansche; ferner die Darstellung der „Siegesfeier" auf der Mosaikstandarte aus dem Königsfriedhof in Ur; Hunderte von Rollsiegeln der Königsgräber-Zeit (ζ. B. UE II, Tf. 193 ff; VR No. 134 f f ) ; innerhalb der Glyptik auch als kleinere Gruppe während der Akkad-Zeit (VR No. 190 f )
ss8
Vgl. dazu Moortgat, Tammuz, 19 f; A n m . 4. - Opificius, Terrakottarelief, 235
Die Weihplatten der 2. Übergangszeit
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CN 4 und der Ringerszene CN 2 zu einer einzigen Weihplatte ergänzt haben, in den Entstehungsbereich ihrer „Fara/Ur I-Zeit" (das entspräche unserer 2. Übergangszeit + Ur I-Zeit) 5 6 0 , während wir beide Stücke versuchsweise noch in die Mesilim-Periode selbst datiert haben. Vielleicht gehört auch noch der eine oder andere Reliefsplitter aus Chafadschi oder anderen altsumerischen Fundstätten des Zweistromlandes, den wir in unserem Katalog mit dem Datierungsvermerk „MesilimZeit" versehen haben (ζ. B. CS 5, CH 4, CA 1, CA 4, KI 2, KI 3, U2 und Κ 6), tatsächlich schon an die Schwelle zur 2. Übergangszeit. Da wir an ihren spärlichen und verschliffenen Darstellungsresten aber keine echten Wandlungserscheinungen bildlicher oder kompositioneller Natur, im Vergleich zum klassischen Flachbildschema der Mesilim-Platten und zu deren charakteristischen Stil-Eigentümlichkeiten, feststellen konnten, haben wir auf eine eingehende Untersuchung und eine letztlich haarspalterische Analyse jener Bruchstücke verzichtet. 3. Nippur (N 6) Von den zahlreichen, bisher leider nur zu einem geringen Teil publizierten Weihplatten aus den amerikanischen Nachkriegsgrabungen in Nippur 561 dürfen wir zumindest ein Exemplar, zugleich eines der besterhaltenen und qualitätvollsten Stücke aus diesem alten sumerischen Kultzentrum überhaupt, entstehungsgeschichtlich an den Beginn der 2. Übergangszeit stellen: die Platte Ν 6 (= Tf. XVII,1). Es handelt sich hier um die aus dem Inanna-Tempel stammende, in mehrere Fragmente zerbrochene, von den Ausgräbern aber fast vollständig wieder zusammengesetzte „Lumma plaque", so genannt, weil eine kurze Weihinschrift auf ihrer rechten Mittelmetope uns den Namen des Stifters, eines gewissen Lumma, überliefert hat. In meinem schon zitierten Aufsatz über „Ringkampfdarstellungen" 535 bin ich kurz, in Verbindung mit der Platte CS 7/K 7 aus dem Sin-Tempel IX und deren Stileigentümlichkeiten, auf die stilistische Datierung auch dieses Nippur-Reliefs eingegangen und habe es ebenfalls an den Ausgang der Mesilim-Zeit bzw. den Beginn der Übergangszeit gesetzt, im Gegensatz zu D. P. HANSEN, der das Denkmal in die Endphase der „ED III a"-Periode, damit also in den Anfang unserer Ur I-Zeit, datiert und seine Reliefdarstellung mit den Mosaikbildern der „Standarte" aus dem Königsfriedhof von Ur in enge stilistische Verbindung bringt 5 6 2 . Das ausfuhrlich im Bilde geschilderte „Symposion" auf dem Oberfries der Nippur-Platte, das große, rechteckige, von einer breiten Leiste umrahmte Zentral-Loch und die beiden spiegelbildlich gleichen Mittelmetopen, jeweils mit Opferstier und Tiertreiber verziert, sind thematische Komponenten bester mesilim-zeitlicher Weihplatten-Tradition, ebenso, wie auch die dreistreifige Gesamtkomposition der Schaufläche, die Bildgliederung innerhalb der Friese und die meisten ikonographischen Details der figürlichen Darstellung durchaus noch dem Bereich der mesilim-zeitlichen Flachbildkunst angehören könnten: Thronform; Arm- und Beinhaltung der agierenden Personen; Typus der dargestellten Kultgeräte; Bekleidung der Frauen mit glattem, bortengesäumtem Mantel; Tracht der männlichen Figuren, ein von einem Wulstgürtel gehaltener Hüftrock, der entweder in einen sorgfältig stilisierten Zottensaum ausläuft oder zusätzlich noch mit langen, vom Gürtel aus durchgehenden Zottenpaaren versehen ist. Lediglich in der Haar- und Bartlosigkeit der auf der linken Seite des Oberfrieses thronenden männlichen Hauptgestalt und in der Frisur der „Tiertreiber", einem lang auf die Schulter herabfallenden Haarschopf 5 6 3 , deutet sich ein gewisser trachtgeschichtlicher Wandel und damit vielleicht auch eine geringe Zeitdifferenz gegenüber den charakteristischen Weihplattenbildern der Mesilim-Zeit an. Diese beiden antiquarischen Indizien nun, in Verbindung mit einer ungewöhnlich weichen Reliefmodellierung und einer partiellen Auflockerung des 559 O I P 4 4 , 44. 78 (No. 189) 560
BaM 1 (1960) 2 0 A n m . 157
561
Uber die Menge des gefundenen und die im Verhältnis dazu geringe Quantität des veröffentlichten Materials: Hansen 146 Hansen 163 f
562 563
Eine ganz ähnliche Frisur tragen die Ringkämpfer auf dem Relieffragment Κ 7 (zur Platte CS 7 gehörig); wahrscheinlich die gleiche Haartracht weisen auch die Ringerfiguren auf dem annähernd gleichzeitigen Fragment CN 2 auf (ein Splitter dieser Szene wurde übrigens in der Schicht V des Nintu-Tempels, also in einer ED Ii-Schicht, gefunden !). Nach Angaben D. P. Hansen's soll der rechte Stiertreiber der Platte Ν 6 kahlgeschoren und bartlos sein (Hansen 155); aus der Photographie des Denkmals (Hansen Tf. VI) geht jedoch in allen sonstigen Details eine geradezu klappsymmetrische Identität beider Figurengruppen in den Mittelmetopen hervor, sodaß wir auch beim rechten Mann mit der gleichen Haar- und Barttracht rechnen dürfen, wie sie der linke trägt!
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starren mesilim-zeitlichen Figurenschemas — man beachte nur die fließenden Rundungen der Körperkonturen und die fast lebensnahe Aktionswiedergabe sowohl beim linken Symposion-Diener als auch bei den Hirten und Rindern in den Mittelmetopen! —, rücken die Reliefbilder der „Lumma-Platte" in stilistischer Hinsicht in die unmittelbare Nähe der beiden Weihplatten mit Ringkampf-Szenen aus Chafadschi (CS 7/K 7 und CN 2/3/4), und damit wohl auch entstehungsgeschichtlich an die Schwelle von der Mesilim-Periode zur 2. Übergangszeit564. Die szenische Aufgliederung des „Symposion" auf der Nippur-Platte, die den thronenden Mann in die linke Frieshälfte verweist, während die weibliche Hauptfigur in der rechten Ecke erscheint, ist zwar nicht allzu häufig innerhalb der Weihplattentradition zu belegen, aber dennoch keineswegs so ungewöhnlich, wie D. P. HANSEN es darstellt 565 ; als analoge Beispiele für jene Figurenanordnung seien hier nur die Relieffragmente AS 2, CA 1 und CA 3 aufgeführt. Um wieviel seltsamer mutet dagegen die szenische Kombination einer anderen Reliefplatte aus dem gleichen Tempelareal in Nippur (Ν 3) an, die zweifelsfrei aus stratigraphischen wie stilistischen Gründen der klassischen Mesilim-Kunstperiode zugewiesen werden muß, wenn auch einzelne ikonographische Züge einen fast fremdartigen, vielleicht semitisch oder allgemein nordmesopotamisch beeinflußten Charakter zur Schau stellen 566 : hier wird das Festmahl von zwei Männern, ohne Teilnahme eines weiblichen Wesens, gefeiert, die gemeinsam, mit Hilfe langer Saugrohre, aus einem großen Mischkrug trinken! Im Gegensatz zu diesem thematischen „Außenseiter" wirkt das Personen-Arrangement der „LummaPlatte" lediglich wie eine bedeutungslose Formvariante des klassischen „Banketts"; man wird jene FigurenUmstellung kaum als gravierenden bildlichen oder gar inhaltlichen Wandel des Symposion-Zyklus werten dürfen. Falls das untere, dreiecksförmige Fragment mit der Darstellung zweier Symposion-Gruppen — sofern wir das verschliffene und verwitterte Bild richtig deuten - wirklich zu unserer Weihplatte gehört, was bisher nicht unbedingt als erwiesen gelten darf 5 6 7 , wäre die Nacktheit des zwischen zwei thronenden Gestalten stehenden Dieners (Priesters?) vielleicht ein weiterer Hinweis auf ein Entstehungsdatum des Gesamtreliefs nach der eigentlichen Mesilim-Zeit568; denn nackte Festteilnehmer begegnen uns auf keiner der bisher publizierten Weihplatten jener Periode. Möglicherweise täuscht uns aber auch die photographische Wiedergabe des Bildwerks 569 , und der Mann ist tatsächlich bekleidet. Die rechts thronende weibliche Figur jedenfalls trägt den gleichen Mantel wie ihr Äquivalent im Oberfries, und auch die Thronform ist in beiden Fällen identisch: eine leicht konkave Sitzfläche, von zwei Vertikalstützen getragen; in halber Höhe eine Horizontal-Strebe, die durch ein sanduhrförmiges Element mit der Sitzfläche verbunden ist. Es handelt sich hier um eine für die Mesilim-Bildkunst typische Sesselgestalt570. Eine weitere, zu zwei Dritteln erhaltene Weihplatte aus Nippur (Ν 5 = Tf. XVI,3) ist in ihrer Oberfläche zu stark korrodiert bzw. abgerieben — sie wurde in sekundärer Verwendung als Türangelstein benutzt — und darüber hinaus photographisch zu schlecht reproduziert, als daß wir definitive, beweiskräfti564
Allein das wäre ein Grund, mit der Datierung der Lummaplatte Ν 6 nicht so weit hinunter zu gehen, wie es D. P. Hansen durch seinen Vergleich mit der Mosaikstandarte versucht (Hansen 163 f. 166; vgl. dazu auch J. Boese, AfO 22 (1969) 37 f; Anm. 41 ff); so begegnet uns ζ. B. der mehrfach gestufte Zottenrock des Hauptteilnehmers am Festmahl auf der „Standarte", hier wohl der siegreiche König von Ur selbst, bei den drei zur Diskussion stehenden Reliefplatten (CS 7/K 7, CN 2/3/4, Ν 6) noch nicht!
565
Hansen 164 Anm. 98
566
So finden wir die eigenartigen „konischen Kappen" und aufgebundenen Schlitzröcke der Festteilnehmer auf EinlageFriesen aus Mari und Kisch wieder (MAM I, Tf. LVI; Langdon, Kish I, Tf. XXXVI. XXXIX; vgl. auch P. Calmeyer, Rencontre XV, 161 ff), die möglicherweise auf semitische Kunstströmungen zurückzuführen sind (vgl. Moortgat, KAM 34 ff); desgleichen erinnert der Typus des mit dreiecksförmigen „Fenstern" durchbrochenen, sanduhr-ähnlichen Gefäßständers stark an Originalstücke dieser Geräte-Gattung aus dem semitischen Norden und Westen Mesopotamiens, wie ζ. B. Assur (WVDOG 39, Tf. 18 (24, 15). 19 (37. 43. 48)), Tell Chuera (A. Moortgat, AGF.WA Bd. 14, Abb. 16. 25; MFO Heft 4, Abb. 25. 26) und Mari (MAM I, Tf. LXXI, b)
567 vgl. zu dieser Frage Hansen 154 f 568
569
Einer der frühesten Vertreter dieses Typus eines unbekleideten Priesters oder Opferdieners dürfte der Adorant vor dem thronenden Gott auf der Platte CN 6 sein, die wir in die frühe 2. Übergangszeit datiert haben!
Leider nur ein einziges Mal bisher büdlich publiziert (Hansen Tf. VI) 570 Vgl. dazu die Bemerkungen zur Ikonographie der Platte S 7 aus Susa; dort auch Vergleiche zu dieser speziellen Thronfassade (Anmerkung 237)
Die Weihplatten der 2. Übergangszeit
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ge Rückschlüsse auf eine genaue zeitliche Zuordnung ziehen könnten. Fest steht, daß Motiv und Bildgliederung weitgehend dem Prinzip der „klassischen" Mesilim-Platten entsprechen: der oberste Fries trug sicher eine Symposionszene, die sich auch auf der rechten Mittelmetope in verkürzter Form wiederholt, und im unteren Bildstreifen ist ein Zug von Gabenbringern, Trägern und Tiertreibern dargestellt. In Verbindung mit allen erkennbaren ikonographischen Details, die ebenfalls in die Mesilim-Zeit weisen (Zottenrock der Dienerschaft, glatter Hüftrock mit Zottensaum beim Symposianten, menschliche Physiognomie und Umriß des schreitenden Huftieres) möchte ich die Entstehungszeit jener Weihplatte noch in der Mesilim-Periode selbst vermuten. Vielleicht steht sie aber auch schon, wie die zuletzt besprochenen Exemplare, an der Schwelle zur nächsten Entwicklungsphase, der 2. Übergangszeit.
4. Kunsthandel (K 8-9) Will man für die stärker gerundeten Konturen der etwas fulliger wirkenden und gleichzeitig in ihrer Aktion bewegter als in der Mesilim-Zeit erscheinenden Figuren und deren im Verhältnis zum Körper etwas zu massig geratenen Köpfe auf der Nippur-Weihplatte Ν 6 das Einsetzen einer neuen Stilentwicklung, eben der übergangszeitlichen Bildkunst, verantwortlich machen, könnte man mit gleichem Recht das Fragment einer sorgfältig modellierten Weihplatte im Iraq Museum zu Baghdad, unser Exemplar Κ 8 (= Tf. XL,4) in den Beginn jener Übergangszeit datieren. Leider kennen wir den Ursprungsort dieses Stückes nicht, da es durch Raubgrabungen über den Kunsthandel in das Baghdader Museum gelangte. Die Komposition der in drei horizontale Bildstreifen aufgegliederten Schaufläche wie auch Thematik und Ikonographie der Reliefdarstellung — soweit wie sie jedenfalls aus den erhaltenen Resten rekonstruieren können — knüpfen zwar deutlich an die klassische Ausgestaltung der mesilim-zeitlichen Weihplatten an. Die füllige Gestalt aber der thronenden Frau mit ihrer kompliziert untergliederten Haartracht, dem relativ kleinen Auge und dem kompakten, stark gerundeten Kinn, die als einzige Figur der ehemaligen Symposionszene des Oberfrieses erhalten blieb, weist eher in die oben angedeutete Entwicklungsrichtung der altsumerischen Bildkunst. Diese führt uns eine graduelle Auflösung der mesilim-zeitlichen Starre und Vergeistigung, der entkörperlichenden Abstraktion und Stereometrisierung der naturgegebenen Formen, vor Augen, zugunsten einer stärker in den Vordergrund drängenden Plastizität der Bildelemente (sofern dies im Rahmen der altmesopotamischen Flachbildkunst überhaupt möglich ist) und eines gewissen „Naturalismus" in der Wiedergabe der lebenden Organismen. Die stilistische Entwicklungsstufe der Übergangsperiode leitet dann zu Beginn der Ur I-Zeit über zu einer statischen, gestauchten Massigkeit und Blockhaftigkeit vor allem der Menschenfigur, nicht nur im Bereich der Rundplästik allein, sondern auch im Flachbild, um schließlich in einer gewissen Formelhaftigkeit zu erstarren 571 . Dieses soeben kurz charakterisierte Stilprinzip der 2. Übergangszeit spiegelt sich anscheinend auch in der Figur des liegenden Stieres wider, dessen Vorderteil uns noch im Rest der linken Mittelmetope erhalten geblieben ist: sein gewaltiger Schädel wie auch die kurzen, fast plumpen Beine und die mächtige Wamme erinnern in ihrem Gesamtbild nur noch schwach an die Stiltradition mesilim-zeitlicher Tierformulierung. Die weiche Modellierung allein, wie auch die fast stufenlose Abrundung der plastisch-erhabenen Bildelemente zum Reliefgrund hin, die an unserem Fragment Κ 8 besonders auffällig in Erscheinung tritt, darf allerdings nicht als einziges Kriterium für eine Datierung des Bildwerks nach der Mesilim-Zeit ausschlaggebend sein, da eine ähnliche Feinmodellierung schon auf einigen anderen, gleicherweise äußerst qualitätvoll gearbeiteten Relief-Bruchstücken aus dem Diyala-Gebiet begegnet (AG 3—4, CA 2), über deren echt mesilimzeitlichen Ursprung kein Zweifel bestehen kann. Erst der im Vorhergehenden herauskristallisierte, leichte ikonographisch-stilistische Wandel bei Tier- und Menschenbild hat uns letztlich dazu veranlaßt, das Fragment im Iraq Museum der 2. Übergangszeit zuzuweisen572. 571
Zur allgemeinen stilistischen Entwicklung der altsumerischen Rundskulptur vgl. zusammenfassend E. Strommenger, BaM 1 (1960) 36 ff; zu den Grundzügen und Tendenzen der Stilentwicklung sumerischer Bildkunst nach der MesilimZeit überhaupt vgl. zuletzt Moortgat, KAM 44 ff
572
Unter diesem Aspekt der „Naturnähe", plastischen Durchmodellierung der Einzelformen und Abrundung der mesilimzeitlich-geometrisierenden Starre der Konturen, in ihrem gleichzeitigen Auftreten an einem einzigen Bildwerk als Datierungskriterium für die folgende Entwicklungsstufe gewertet, könnte man — das sei am Rande vermerkt — in Erwägung ziehen, auch die Relieffragmente F 3 und F 4 aus Fara wie auch das Stück KI 2 aus Kisch an das äußerste Ende der mesilim-zeitlichen Kunstperiode bzw. an den Beginn der 2. Übergangszeit zu setzen, Reliefbilder also, die wir zunächst dem Bereich der Mesilim-Bildkunst zugeordnet hatten!
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Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
Ein weiteres Relieffragment unbekannter Herkunft, Κ 9 (= Tf. XLI,1) das seit Jahrzehnten im Pariser Louvre aufbewahrt wird, läßt sich auf Grund stilistischer Indizien ebenfalls, diesmal mit noch größerer Sicherheit, in die Übergangsperiode nach der Mesilim-Zeit datieren. Es handelt sich gleichfalls um das Bruchstück einer in drei Bildstreifen unterteilten Weihplatte, von der in diesem Falle nur das rechte Drittel erhalten blieb: die vollständige Mittelmetope, der Ansatz des oberen und eine etwas größere Ecke des unteren Frieses stehen uns für eine kunstgeschichtliche Analyse zur Verfügung. Von der Bildflächen-Aufgliederung her noch durchaus in mesilim-zeitlicher Tradition befangen, zeigt unser Plattenfragment allein in seiner Thematik schon eine gewisse Abweichung vom typischen Bildrepertoire jener Kunstepoche: während die bildliche Füllung des Mittelstreifens zwischen gerahmtem Loch und rechter Rahmenleiste, eine kauernde, nach rechts gerichtete Ziege neben Pflanzen und Blüten nämlich, sich vom Motiv und seiner Anordnung auf der Bildfläche her noch weitgehend dem mesilim-zeitlichen Schema unterordnet, gibt das Fehlen einer Symposionszene im Oberfries zu ersten Bedenken Anlaß; wir erkennen dort noch die zwei Vorderfüße eines nach rechts schreitenden Huftieres: vielleicht der Rest einer Reihe von Herdentieren, einer ursprünglichen Hirten- oder Opferszene. Das bildliche Relikt vom unteren Plattenfries, ein nach links gerichteter, kahlköpfiger und bartloser Mann mit nacktem Oberkörper, hinter ihm ein Bündel aus vertikalen Stäben mit doppelter HorizontalKerbung etwa in Halshöhe des Mannes, deutet vielleicht auf eine ursprüngliche Hürdenszene hin, wie wir sie etwa vom Supraporten-Fries des Ninchursag-Tempels in El-Obed kennen 573 . Auch hier handelt es sich also um eine für das mesilim-zeitliche Flachbild, insbesondere für die zeitgenössische Weihplatten-Verzierung, höchst ungewöhnliche Thematik. Der letzte Rest eines Zweifels aber an unserer Datierung der Platte in eine nachmesilim-zeitliche Kunstperiode verfliegt, wenn wir die ikonographische Gestaltung der liegenden Ziege betrachten: ihre Körperhaltung mit dem aufgerichteten Kopf und dem aufgestützten linken Vorderbein kommt zwar in ähnlicher Form während der ganzen altsumerischen Epoche auf Flachbildern mit entsprechenden Tierdarstellungen vor; aber weder die schraffurartige Innenzeichnung des Tierkörpers, die wohl das lange, strähnige Fell 574 zum Ausdruck bringen soll, noch die Wiedergabe des langen Bartes, der die Nüstern wie ein Maulkorb umspannt, oder die Augenstilisierung mit dem waagerechten Unterlid und dem halbkreisförmig überhöhten Oberlid wollen zu den gewohnten Kapriden-Bildern der Mesilim-Kunst passen. Auch die horizontale Schraffierung der verästelten Pflanze, deren Stengel, Blätter und Blüte die Metopenfläche förmlich überwuchern und fast den gesamten Reliefgrund hinter der Ziege ausfüllen, läßt sich in dieser Form während der Mesilim-Zeit noch nicht belegen. Dagegen kennen wir aus den nachfolgenden Entwicklungsphasen der frühdynastischen Bildkunst genügend Beispiele ganz ähnlicher, fast identischer Pflanzen- und Tiergestaltung, sodaß wir unserer zeitlichen Einordnung des Reliefs sicher sein dürfen: auf jeden Fall ist seine Entstehung nach der Mesilim-Zeit anzusetzen, es kann also frühestens in die 2. Übergangszeit gehören!
Als prägnante Vergleichsstücke möchte ich nur die beiden, zu Füßen eines Götterthrones kauernden Mähnenschafe auf dem Ur I-zeitlichen Rollsiegel VR No. 144 zitieren, deren Körperhaltung sowie Hörnerund Bartform unserer Reliefdarstellung in fast allen Einzelheiten genau entspricht. Stilistisch verwandt sind ferner die in Komposit-Technik, d. h. aus verschiedenen wertvollen Materialien zusammengesetzten, rundplastisch gearbeiteten Ziegenböcke aus dem „Königsfriedhof" von Ur 5 7 5 , wie auch die Darstellung ähnlicher Kapriden auf den Einlagefriesen der berühmten Mosaikstandarte aus demselben Fundbereich 429 . Die gleiche Bartgestaltung finden wir auch an einigen Rinderköpfen aus dem Bereich der Rundbildkunst wieder, die durchweg ein nachmesilim-zeitlichen Entstehungsdatum haben 5 7 6 . Bezeichnend für die Stilentwicklung des altsumerischen Menschenbildes nach der Mesilim-Zeit erscheint mir auch die Profilansicht des kahlköpfigen Dieners im unteren Fries unseres Relieffragments, insbesondere die physiognomischen Charakteristika: das „plankonvex" geformte Auge, die Doppelvolute der Ohrmuschel, die geschwungene Linie des Nasenrückens, der „lächelnde" Mund und das von jenem deutlich abgesetzte, 573
UE I, Tf. XXXI = Hirmer/Strommenger Tf. 78 Mitte und unten = Moortgat, KAM Tf. 122
574
y g ] ^azu auch die Fellstilisierung des liegenden Tieres unter dem Thronschemel auf dem Plattenfragment KI 4; ein ähnliches Phänomen auch auf dem Unterfries der Ritzplatte Ν 8 und der „Friedensseite" der Mosaikstandarte (UE II, Tf. 91 = Zervos Tf. 76)
575
UE II, Tf. 87 ff = Hirmer/Strommenger Tf. 80. XIV
576
UEII, Tf. 107. 110. 114 f. 117; OIP 60, Tf. 46 ff
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gerundete kleine Kinn. Insgesamt handelt es sich hier also um eine ikonographische Erscheinungsform, die den frühen Ur I-zeitlichen Bildwerken der sumerischen Reliefkunst nicht mehr allzu ferne steht. Trotzdem werden wir das Weihplattenbruchstück wohl am besten, vor allem auf Grund seiner starken kompositorischen Abhängigkeit von mesilim-zeitlichen Vorbildern, noch vor Beginn der eigentlichen Ur IZeit einordnen und es einem Bildhauer der 2. Übergangszeit zuschreiben. Während die ersten der in diesem Abschnitt unseres Kapitels (E) zusammengestellten Exemplare noch meist das äußerste Ende der Mesilim-Periode bzw. den Beginn der 2. Übergangszeit markierten, steht dieses Relief wahrscheinlich eher am Ende jener Entwicklungsphase, an der Schwelle zur Ur I-Zeit nämlich, und verdeutlicht so noch einmal anschaulich den nahezu nahtlosen Übergang von der einen zur anderen altsumerischen Stilstufe: den ununterbrochenen Fluß der Entwicklung in kunsthistorischer wie auch in gattungsgeschichtlicher Hinsicht.
5. Man (M1-3) Zum Schluß seien noch einige ebenfalls zu unserer Denkmalsgattung gehörige Reliefbruchstücke erwähnt, die im Ischtar-Tempel zu Mari gefunden wurden und sich zu zwei größeren Fragmenten zweier verschiedener Weihplatten zusammenfügen lassen: M i und Μ 2 (= Tf. XXV,1—2). Beider Darstellungen geben uns, soweit sie erhalten sind, Ausschnitte von Symposion-Szenen wieder, die sich jeweils in zwei Friesen wiederholen. In beiden Fällen hat es sich ursprünglich wohl um allseitig gerahmte und durch Horizontal-Leisten in drei Bildstreifen unterteilte Kompositionen gehandelt; bei einem der Stücke (M 2) ist in der linken unteren Ecke noch der Ansatz eines rechteckigen oder quadratischen Zentral-Lochs zu erkennen, das allerdings, wie es scheint, hier nicht von einer plastischen Rahmenleiste eingefaßt war. Für meinen Vorschlag nun, beide Exemplare in die 2. Übergangszeit zu datieren, sind einige ikonographische Details der Reliefbilder verantwortlich, die trotz der mesilim-zeitlich wirkenden Gesamtkonzeption der Schaufläche und der dazu passenden Thematik des „Symposion" für ein etwas späteres Entstehungsdatum sprechen: der kastenförmige, an seiner Fassade nicht durch Streben oder Stützen untergliederte Hocker der männlichen Hauptperson auf dem Bruchstück Μ1 (= Tf. XXV, 1), der in mehrere horizontale Zottenreihen gestaffelte Hüftrock der thronenden Männergestalt auf dem Fragment Μ 2 (= Tf. XXV,2), und vor allem die Haar- und Bartlosigkeit sämtlicher erhaltener Festteilnehmer. Auch die Physiognomie der menschlichen Figuren und deren Handhaltung, desgleichen die verhältnismäßig breiten Rahmenbänder und Trennstreifen auf Μ 1, dürfen wir nicht mehr als typisch mesilim-zeitlich bezeichnen. Ein Ansatz unserer beiden Weihplattenreste in die Übergangszeit zur Ur I-Periode würde im Übrigen auch gut zu dem Gesamtbild passen, das wir von der künstlerischen Produktivität der Mari-Werkstätten gewonnen haben: wir dürfen nämlich gerade jene Übergangsperiode als die Blütezeit der altsumerisch-westsemitischen Bildkunst in Mari betrachten, wie uns ein Großteil aller rundplastischen und flachbildnerischen Kunstwerke aus dem Heiligtum der Ischtar und dem Doppeltempel der Ninni-zaza und Ischtarat eindrucksvoll bezeugt 5 7 ! In diesem kunstgeschichtlichen Zusammenhang müssen wir wohl unsere beiden Reliefplatten sehen, auch wenn sie nicht die gleiche technische Perfektion und hohe künstlerische Qualität auszeichnet, die wir von den geschnitzten Kalkstein- und Muschelintarsien aus den Heiligtümern von Mari gewohnt sind. Leider gibt das schon bei unserer Besprechung der Ur I-zeitlichen Überreste unserer Denkmalsgattung aus Mari (Abschnitt C 8 dieses Kapitels) erwähnte Weihplatten-Bruchstück Μ 3 (= Tf. XXV,3) aus dem Ninnizaza-Tempel, das wahrscheinlich ebenfalls der 2. Übergangszeit angehört, in bildlicher Hinsicht nichts her, da es sich anscheinend um ein lediglich mit einer Weihinschrift verziertes Exemplar handelt. Der einzig erkennbare Schmuck seiner Schaufläche ist ein vertieft ausgehobenes Rahmenband, das ursprünglich wohl mit andersfarbigen Materialien eingelegt war. Eine genaue zeitliche Festlegung des Entstehungsdatums können wir auf Grund der Inschrift ebenfalls nicht gewinnen. Immerhin ist unser Plattenfragment insofern von einigem Belang für unsere Untersuchungen, als es deutlich die Existenz von Weihplatten ohne jeglichen Bilderschmuck mit gleichzeitiger Weihinschrift schon lange vor der Akkad-Zeit auch im westmesopotamischen Bereich des altsumerischen Kulturkreises bezeugt. Mit der Betrachtung der Mari-Fragmente haben wir den bisher bekannten Bestand an Weihplatten aus der gesamten altsumerischen Epoche weitgehend umrissen und kunsthistorisch wie entwicklungsgeschicht577
Vgl. dazu wiederum den Aufsatz A. Moortgat's, BaM 4 (1968) 227 ff
118
Weiterentwicklung der Gattung im altsumerischen Mesopotamien
lieh ausgewertet. Wir wollen uns im Folgenden dem Weiterleben unserer Denkmalsgatttung während der altakkadischen und neusumerischen Zeit zuwenden und versuchen, einen Überblick über jene formalen, bildlichen und inhaltlichen Veränderungen zu gewinnen, denen unsere Platten innerhalb des sumerischakkadischen Raumes gegen Ende des dritten vorchristlichen Jahrtausends unterworfen sind.
IV. Kapitel Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung (Die Weihplatten der Akkad-Zeit und der neusumerischen Periode)
A. Kunstgeschichtliche Entwicklungslinien des ausgehenden 3. Jahrtausends So reichhaltig und vielfältig sich das Konvolut von meist bildlich verzierten Weihplatten aus altsumerischer Zeit präsentierte, und so umfassend der entwicklungsgeschichtliche Überblick war, den zu gewinnen uns die Menge der überlieferten Bildreste ermöglicht hatte, so spärlich fließen umgekehrt unsere Quellen zur Erkenntnis des späteren Fortlebens unserer Denkmalsgattung. Besonders dürftig ist unser Wissen von der Weihplatten-Produktion während der Akkad-Zeit. D. P. HANSEN widmet dem Material aus dieser Epoche eine kurze Untersuchung578 und identifiziert noch einmal stichhaltig die beiden Schieferplatten Τ 14—15 aus Tello als Vertreter unserer Denkmalsgruppe579. Allerdings bilden diese beiden, zwar mit Rahmung, Zentralbohrung und Inschrift, aber bis auf drei kleine, eingeritzte Symbole nicht mit einer bildlichen Darstellung versehenen Exemplare HANSEN'S einzige Belegstücke für die gesamte Periode der altakkadischen Königsdynastie. Bei sorgfältiger Sichtung aller bisher publizierten Plattenbruchstücke finden sich jedoch darüber hinaus noch einige weitere, wenn auch nur fragmentarisch erhaltene Weihplatten, deren Entstehungszeit wir wohl in die Akkad-Periode verlegen müssen (vgl. dazu Abschnitt Β dieses Kapitels). Zwar läßt sich HANSEN'S Hypothese, auch zur Akkad-Zeit habe es figürlich verzierte Weihplatten gegeben, keineswegs entkräften; im Gegenteil, sie wird durch das ritzverzierte Fragment N i l hinreichend untermauert. Ob aber zu jener Zeit auch Exemplare unserer Gattung mit echt akkadischem Flachbildschmuck — wie ihn etwa, typisch und unverwechselbar in Stil und Thematik, die Siegesstelen der Herrscher über das damalige Weltreich, und die Tausende von Rollsiegeln jener Epoche vorfuhren — geschaffen worden sind, muß weiterhin fraglich bleiben; zunächst müssen wir die Existenz solcher Platten jedenfalls anzweifeln; sie erscheint nach allem, was wir von sumerischer und akkadischer Kunst und Kultur wissen, letztlich kaum vorstellbar (s. u.). Der offensichtliche Mangel an akkad-zeitlichen Weihplatten überhaupt innerhalb des gesamten überlieferten Denkmälerbestandes könnte durchaus - auf den ersten Blick jedenfalls - darauf zurückzuführen sein, daß unsere Kenntnis von „reichs"-akkadischer Großplastik in Rund- oder Flachbild fast ausschließlich auf den von späteren elamischen Königen nach Susa verschleppten Beutestücken beruht, und daß die kunstgeschichtliche Auswertung dieser mehr oder weniger zufallsbedingten Anhäufung heterogenen Raubgutes, unter dem sich leider keine Weihplatten befanden, eher sporadische Schlaglichter auf die typisch akkadische Großbildkunst wirft als sie in ihrer ganzen Großartigkeit zu erhellen und wieder zum Leben zu erwecken. Das politische und wohl auch kulturelle Zentrum der Sargon-Dynastie, Akkad selbst, das uns sicher Aufschluß über die meisten noch offenen Fragen zur altakkadischen Kunstgeschichte geben könnte, wurde dagegen bis heute noch nicht gefunden bzw. identifiziert. Ähnlich verhält es sich mit weiteren Ballungszentren akkadischen Kunstschaffens, wie etwa Sippar und Kisch, deren akkad-zeitliche Besiedlungsschichten von den sporadischen Ausgrabungen kaum oder gar nicht erfaßt worden sind. Desgleichen sind Großbildwerke in echt akkadischem Stil unter den Fundstücken des sumerischen Südens äußerst selten, und auch 578
Hansen 149
579
Zur Identifizierung vgl. ferner Christian, Altertumskunde, 328; Parrot, Tello, 134; Moortgat, KAM 71
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Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
in den nord- und westmesopotamischen Grabungsstätten kamen nur wenige, verstreute Funde dieser Art zum Vorschein. Somit bleibt — bis zu neuen Fundergebnissen in dieser Richtung — das Problem bestehen, wieweit die vom König „diktierte" akkadische Großbildkunst in ihren Stileigentümlichkeiten, ihrer mitreißenden Dynamik in Ausdruck und Bewegung und ihrer charakteristischen Thematik überhaupt Eingang in die Werkstätten des seit Jahrhunderten sumerisch geprägten südlichen Zweistromlandes gefunden hat. Lediglich die akkadische Glyptik hat sich — wie das meist auf dem Gebiet der Kleinkunst und des Kunsthandwerks der Fall ist — überraschend schnell und machtgreifend im gesamten Zweistromland verbreitet, und ihr typischer Stil sich nachweislich auch in peripher gelegenen Städten durchgesetzt, deren Bildhauerwerkstätten ansonsten auch während des akkadischen Imperiums noch teilweise in altsumerischer Stiltradition weitergearbeitet haben müssen. Ja, im Denkmalsbestand einiger sumerischer Fundstätten scheint sich sogar eine durchgehende künstlerische Stilentwicklung, zumindest innerhalb der statuarischen Rundplastik, abzuzeichnen, die nahtlos — und scheinbar bis auf wenige, rein antiquarische Neuerungen unberührt von der akkadischen „Reichskunst" - von der Ur I-zeitlichen Ausdrucksform zur Kunst der Gudea-Zeit überleitet und so die frühdynastische Tradition mit den restaurativen Kräften der neusumerischen Bildkunst verbindet: man vergleiche nur die Menschenbilder in ihrer kunstgeschichtlichen Entwicklung von der Statue desEntemena über die des Salach („Sa-ud", „Diutu") und des Lupad zur „Statue de Clercq", zum Bilde des Urbaba (Ur-Bau) und den Figuren des Gudea5*0, um die gleiche geistige und bildnerische Tendenz in der Formgebung festzustellen, die gleiche blockhafte, statische Ruhe und Geschlossenheit des betenden Menschen mit gefalteten Händen nachzuempfinden, die dem Künstler jeweils vorgeschwebt haben muß, die gleiche Verinnerlichung und Andacht vor der Gottheit, die auch durch die dem besonders harten, dauerhaften Werkmaterial gerechte („steingemäße") Arbeitstechnik, die die menschlichen Gliedmaßen nur wenig, fast reliefartig vom Untergrund befreit, zum Ausdruck kommt 5 8 1 . Es fällt dem Betrachter schwer, innerhalb dieser Reihe von wohl echt sumerischen Rundbildwerken, die sich im Übrigen noch beliebig erweitern ließe, eine strenge Zäsur zu ziehen, die etwa einen künstlerischen Einfluß oder gar Einbruch akkadischer Form- und Stilprinzipien kenntlich machen könnte. Bestenfalls wäre bei den späteren Stücken dieser Entwicklungskette noch eine akkadische Einflußnahme festzustellen im Hinblick auf antiquarische Details, wie trachtgeschichtliche Eigenheiten, besser also: Mode-Erscheinungen, sicher nicht aber in wichtigen ikonographischen Komplexen, wie Arm- und Handhaltung und vor allem der menschlichen Physiognomie. Um nun wieder auf unsere Denkmalsgattung zurückzukommen: gerade im Zusammenhang mit den soeben angedeuteten kunstgeschichtlichen Erwägungen erscheinen nämlich die Schlußfolgerungen H A N S E N ' S in Bezug auf die Weihplattenbilder nicht ganz stichhaltig 578 ; er möchte seine Hypothese von der Existenz figürlich verzierter akkadischer — und damit meint er doch wohl: mit in typisch akkadischem Stil gehaltenen Darstellungen versehener — Weihplatten und deren Gebrauch als Tempeldekoration auch in akkadischer Zeit und in akkadischen Heiligtümern dadurch erhärten, daß er auf das Vorkommen von bildverzierten Exemplaren in der folgenden, neusumerischen Periode hinweist. Diese letztere, unbestrittene Tatsache aber, durch Weihplatten-Reste aus Tello mit Bild und Inschrift des Gudea und seiner Götter zweifelsfrei belegt, möchte uns gerade im Gegenteil dazu veranlassen, in der vielfachen Wiederholung ähnlicher Platten - im Gegensatz zum vollständigen Fehlen echt akkadischer Bildplatten — eben jene künstlerische Tendenz einer neusumerischen „Renaissance" zu erkennen, die sich in den meisten Denkmalsgattungen speziell während der Gudea-Zeit bemerkbar macht, ja, geradezu der Bildkunst jener Periode ihren geistigen und formalen Stempel aufdrückt: ein zweifellos ganz bewußter Zurückgriff auf altsumerisches Bild- und Gedankengut, der sich neben dem rein künstlerischen Bereich auch in der „Restaurierung" und besonderen Pflege der sumerischen Sprache äußert 5813 , ein unverkennbares Zurückgreifen auf Formen und Formeln der vorakkadischen Bild-, Schrift- und Sprachkunst, eine Verlebendigung und neue 580
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 32 Anm. 259; 33 Anm. 264; 34 Anm. 270; 81 Anm. 500; 63 Anm. 392; 64 Anm. 396 ff. - Neue Abbüdungen: Entemena: Moortgat, KAM Tf. 8 7 - 8 8 ; Salach: Hirmer/Strommenger Tf. 104; Lupad: Moortgat, KAM Tf. 108; Urbau: Moortgat, KAM Tf. 164; Gudea: Hirmer/Strommenger Tf. 130 ff; Moortgat, KAM Tf. 165 ff. - Zum Problem der stilistischen Entwicklung und der Bezogenheit auf altsumerische Ausdrucksformen vgl. Meißner, Grundzüge, 33 ff; Moortgat, KAM 68
581
Vom Kunstprinzip der „steingemäßen" Bildhauerarbeit bzw. der bewußten Abkehr davon zu bestimmten Kunstperioden vgl. am besten Moortgat, KAM 38 f. 45. 68
s81a
Zur historischen Ausprägung der neusumerischen Restauration vgl. am besten Moortgat, Geschichte, 272 ff
Kunstgeschichtliche Entwicklungslinien des ausgehenden 3. Jahrtausends
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Beseelung aber nicht nur des Bildes selbst, sondern auch des altsumerischen Kultes, seiner Gerätschaften und Rituale. Das Ganze ist aber wohl nicht nur als Selbstbesinnung auf die sumerische Kultur, auf eine über tausend Jahre alte, immer wieder neu geformte und dennoch stabile Substanz kulturellen Erbes zu verstehen, sondern vielleicht auch gleichzeitig als eine nur temporär unterdrückte, nach dem Erschlaffen akkadischer Macht mächtig aufbrechende Reaktion gegen jene mehr oder minder gewaltsam aufgepfropfte, von Staats wegen diktierte akkadische „Reichskunst", „Reichssprache", „Reichsreligion" und den akkadischen Königskult mit seiner Vergöttlichung des lebenden Herrschers. Somit muß das Fehlen von echt akkadischen Bildplatten nicht unbedingt, wie oben schon als möglich angedeutet, allein durch den Mangel an Funden aus dieser Epoche überhaupt begründet sein; das Phänomen läßt sich genauso gut aus einem gewissen Desinteresse des „reichsakkadischen" Künstlers bzw. dessen Auftraggebers, des akkadischen Großkönigs selbst, erklären, einem Mangel an Verständnis sowohl für die Gattung selbst — als typisch sumerisches Tempelinventar mit symbolischer, magischer und dekorativer Bedeutung — als auch für die auf echt sumerischen, kultisch-mythologischen Vorstellungen beruhende, charakteristische Bilderwelt, deren Thematik, deren ikonographisch-stilistische Form und deren spezifische Ausdrucksweise. Unsere Deutung der Weihplatten als echt sumerisches Kultgerät (vgl. Kapitel V Abschnitt E) gewinnt an Wahrscheinlichkeit, und unser Eindruck, es handele sich bei den Gudea-Platten um eine bewußte Wiederaufnahme einer vorakkadischen Bildkunst-Tradition, verstärkt sich, wenn wir das plötzliche und nahezu spurlose Verschwinden unserer Denkmalsgattung zugleich mit dem Nachlassen neusumerischer Restaurationsbestrebungen, etwa zur Zeit des Untergangs der III. Dynastie von Ur, konstatieren: die späteste datierte Weihplatte, die uns erhalten ist, stammt von einem Statthalter des Königs Amarsin (AR 2). Das rein formal-ornamentale Nachleben unserer Platten in den assyrischen und elamischen „Knauffliesen" kann uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß mit dem Sumerertum zugleich auch eine seiner interessantesten, charakteristischsten Bildgattungen, eben die zentral durchbohrte Weihplatte, abstirbt: ein ganz ähnliches Phänomen, wie wir es bei einer anderen echt sumerischen Kunstform, nämlich der sogenannten „Beterfigur", beobachten können. Die entwicklungsgeschichtlichen Parallelen zwischen diesen rein äußerlich zwar so verschiedenartigen, innerlich aber keineswegs nur durch ihre gemeinsame Eigenschaft als Weih- und Kultobjekt verbundenen Denkmalsgruppen sind ohnehin auffällig: nicht nur gehören beide zum geradezu klassischen Inventar des sumerischen Tempels und sind mit ihm genauso eng verbunden wie etwa die Cella oder der Altar, sondern auch die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte beider Gattungen ist in künstlerischer wie auch in rein zeitlicher Hinsicht nahezu deckungsgleich 582 . Das Einsetzen neusumerischer Restaurationsbemühungen im Bereich der Großbildkunst, basierend auf altsumerischer Tradition (besser noch: in direkter Anknüpfung an die Kunstprinzipien der Ur I-Zeit), läßt sich auf dem Gebiet der anthropomorphen Rundskulptur spätestens seit Urbaba (Ur-Bau), dem Schwiegervater Gudea's von Lagasch, nachweisen 583 . Nach dem neuesten Stand der historisch-chronologischen Forschung aber müssen wir den Ensi Urbaba wohl als Zeitgenossen oder spätestens als unmittelbaren zeitlichen Nachfolger des letzten akkadischen Königs, Schudurul (Schunaran), ansetzen 584 ; auf jeden Fall fällt seine Regierungszeit mitten in jene chaotische und historisch noch nicht in vollem Umfang erfaßbare Periode der Beherrschung Nordmesopotamiens durch die Horde der Gutäer, wilder Bergstämme aus den nordöstlichen Randprovinzen des Zweistromlandes, deren Könige sich zeitweilig als die legitimen Nachfolger der akkadischen Weltherrscher auffaßten und titulieren ließen 585 , was ihnen posthum zu einer Aufnahme in die sogenannte „sumerische Königsliste" verhalf, obwohl nachweislich zumindest die ersten Guti-Fürsten Zeitgenossen und Vasallen der letzten Akkadkönige aus der Sargon-Dynastie waren. Sicher haben sich nun in die konventionelle, von reichsakkadischen Stilprinzipien weitgehend unberührt gebliebene, echt sumerische Großbildkunst dieser Periode im Süden des Landes, vor allem auf dem Gebiet der statuarischen Plastik wiederum, trachtgeschichtlich-antiquarische Eigentümlichkeiten akkadischer 582
Zum Typus der „Beterfigur" vgl. E. Strommenger, BaM 1 (1960) 63; Moortgat, KAM 36. 44. 47. Zum Absterben jener Denkmalsgattung spätestens seit der altbabylonischen Periode vgl. Moortgat, KAM 92. 102
583
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 63 f; Moortgat, KAM 68 Vgl. dazu: E. Sollberger, AfO 17 (1954/56) 45 (Tabelle). - J. Bottero, Fischer-Weltgeschichte, 92 (Zeittafel III). A. Falkenstein, AnOr 30, 1 ff. 15. - R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 375 (Tabelle) Vgl. dazu: Jacobsen, SKL 113-121. - Moortgat, Geschichte, 269 ff. - J. Bottero, Fischer-Weltgeschichte, 95 ff. Moortgat, KAM 60 f
584
585
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Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
Provenienz, mehr allerdings durch zeitgebundene Mode als durch inneren Gehalt oder künstlerischen Zwang bedingt, eingeschlichen, die wir dann auch noch unter Gudea wiederfinden, desgleichen sicher einige Bildmotive akkadischen Ursprungs, wie ζ. B. die sogenannte „Einführungsszene". Aber auch noch lange nach dem mehr oder weniger gewaltsamen Ende akkadischer Vorherrschaft auf politischem Gebiet werden bestimmte Ausdrucksformen und Bildgedanken der alten „Reichskunst" tradiert, vornehmlich allerdings im Bereich der in Serien produzierten Massenware, der keineswegs immer minderwertigen Kleinkunst586. Ja, unter den späteren Königen der III. Dynastie von Ur und deren politischen Nachfolgern, den Herrschern von Isin, können wir deutlich eine doppelte, oft an ein und demselben Kunstwerk vereinte Form künstlerischer Retrospektive und formalen Rückgriffs auf Früheres beobachten: tint Restauration — um das Wort „Renaissance" zu vermeiden - sowohl altsumerischen als auch altakkadischen Bildgutes, oder wenigstens deren äußeren Erscheinungsbildes in Ikonographie und Thematik 587 . Zumindest äußerlich ist somit in dieser Endphase sumerisch-akkadischer Kultur, kurz vor dem Anbruch eines neuen Zeitalters, dem Altbabylonischen, eine Synthese dieser beiden, in Herkunft und Tendenz so verschiedenartigen Kunstströmungen geschaffen worden, von denen die altorientalischen Künstler der folgenden tausend Jahre immer wieder zehren werden, wenn sie sich auch der eigentlichen Grundsubstanz, der scheinbar unerschöpflichen Quelle, die aus den beiden großen Zweigen altvorderasiatischen Kunstschaffens im 3. Jahrtausend v. Chr. erwächst, nicht mehr bewußt sein mögen. Wenn wir all diese Betrachtungen zugrundelegen und uns darüber hinaus bewußt sind, daß Verschmelzungen beider großen Kunstzweige nicht erst gegen Ende der Ur HI-Zeit, sondern auch schon Jahrhunderte früher auftreten können — ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die bis in winzige Details gehende stilistische Übereinstimmung zwischen Rund- und Flachbildwerken des Gudea mit einem Relief aus der Zeit Puzur-Insehuschinaksss&, eines Fürsten von Susa, der, wenn R. M. BOEHMER'S chronologische Hypothesen zutreffen, ein ZeitgenosseNaramsin's oder Scharkalischarri's und somit sicherlich als zeitweiliger Vasall jener Akkad-Könige auch von deren „Reichskunst" beeinflußt worden wäre 589 —, so wird uns begreiflich, daß in Anbetracht des geringen und äußerst heterogenen Materials, das uns zur Verfügung steht, beide Kunstströmungen, die sumerische und die semitisch-akkadische, trotz zunächst grundlegender Verschiedenheit in Tendenz, innerer Konzeption und äußerer Ausdrucksform, teilweise schon zur Akkad-Zeit ineinander verwoben sein können und deshalb, zumindest im Einzelfall, nicht immer präzise voneinander zu trennen sind. Aus diesem Grunde möchte ich auch im Folgenden die Weihplatten-Überreste vom Beginn der AkkadZeit bis zum Ausgang der neusumerischen Periode geschlossen in einem Kapitel abhandeln, diese künstliche Zusammenfassung aber dann durch eine relative chronologische Absetzung der Einzelstücke voneinander und die Untersuchung ihrer jeweiligen kunstgeschichtlichen Zugehörigkeit, soweit dies möglich ist, modifizieren.
B. Die Weihplatten der Akkad-Zeit 1. Nippur (Ν 11) Die Identifizierung des ritzverzierten Kalksteinfragments Ν11 (= Tf. XVIII,4) ausNippur als oberer Fries einer zentralgelochten Weihplatte ist zwar auf Grund der photographischen Abbildungen allein nicht sicher durchzufuhren. Jedoch wird das Stück in den meisten Publikationen, die es erwähnen, wohl zu Recht stillschweigend zu unserer Denkmalsgattung gezählt 590 . Ob die Bezeichnung „fragment of a perforated plaque", die Η . V. HILPRECHT in diesem Zusammenhang benutzt 591 , auf eine sekundäre Durchbohrung 586
Zu Erscheinungen dieser Art im Bereich der Glyptik vgl. Boehmer, EGA 40 ff; Anm. 172 ff. - Zur Übernahme altakkadischer Motive vgl. Moortgat, VR 27 ff
587
E. Strommenger, BaM 1 (1960) 69. 84 f. - Moortgat, KAM 60. 67 ff
588
Μ DP 6, Tf. 2 = Moortgat, KAM Tf. 158; daneben etwa die gudea-zeitlichen Stücke Cros, NFT 295 Abb. 8 und Moortgat, KAM Tf. 160. - Vgl. dazu auchE. Strommenger, BaM 1 (1960) 80; Moortgat, KAM 61; R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 356 ff; vgl. auch unsere Anmerkungen 271 und 272
589
Dazu: R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 345 ff
590
Meyer, Sumerier, 98. - L. Legrain, MJ 20 (1929) 231 (Tf. VIII B). - Christian, Altertumskunde, 328
591
Hilprecht, Explorations, 474
Die Weihplatten der Akkad-Zeit
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am linken Plattenrand zurückzufuhren ist, oder ob der Ausgräber das Fragment seinerzeit schon auf Grund der Bruchkanten im Sinne der hier besprochenen, echten Weihplatten mit Zentral-Loch ergänzte, läßt sich nicht eindeutig feststellen. Nach rechts und unten hin scheint jedenfalls, nach den vorliegenden Photos zu urteilen, tatsächlich ein Bruch vorzuliegen, der eine Ergänzung des Monuments als dünne, quadratische Steinplatte durchaus plausibel machen würde. Das ursprünglich wohl ebenfalls quadratische Zentral-Loch hätte dann unterhalb der thronenden Göttin gesessen, und die Originalplatte wäre in zwei bis drei horizontale Bildstreifen aufgeteilt gewesen. Es besteht wohl kein Anlaß, wegen des Fehlens einer Rahmenlinie oder -leiste am erhaltenen linken und oberen Plattenrand eine Identifizierung des Fragments als Weihplattenrest von vornherein abzulehnen; denn gerade bei Ritzplatten hat der altvorderasiatische Künstler im Einzelfall auf eine Gesamtrahmung der Schaufläche verzichtet (vgl. ζ. Β. Ν 9 und CT 3). Zur Aufnahme des Bruchstücks Ν 11 in unseren Katalog jedoch hat mich vor allem die auffällige Verwandtschaft des Bildes selbst mit den Darstellungen auf anderen ritzverzierten Denkmälern bewogen, die ihrerseits eindeutig als Weihplatten zu erkennen sind und ebenfalls aus Nippur stammen (N 8, Ν 9, und wahrscheinlich auch Ν 10). Die Platte, zu der unser Fragment einst gehört haben muß, setzt augenscheinlich nicht nur die Tradition einer für Nippur charakteristischen, altsumerischen Bildhauerwerkstatt fort, die sich auf ritzverzierte Weihplatten spezialisiert hatte, sondern rettet auch thematische und ikonographische Eigentümlichkeiten jener Schule aus dem Bereich der Ur I-zeitlichen Flachbildkunst hinüber in den Beginn einer neuen Ära altmesopotamischer Geschichte, der Zeit akkadischer Vorherrschaft nämlich auf politischer und künstlerischer Ebene. Ritzzeichnungen als Endprodukt künstlerischen Ausdruckswillens sind uns aber bisher innerhalb der vom altakkadischen „Reichsstil" geprägten Flachbildkunst nicht begegnet 592 . Hier handelt es sich darüber hinaus noch um eine spezifische Variante der Ritztechnik, eine lineare Gravierung nämlich in Kombination mit flächigen, aufgerauhten Vertiefungen einzelner Details zur Aufnahme farblich kontrastierender Intarsien, ein Verbindung von Zeichnung und Einlegearbeit, die wir guten Gewissens als echt und typisch sumerisch ansprechen dürfen. Wir hatten diese Kunstform schon beim Plattenfragment Ν 10 kennengelernt, desgleichen bei einer Fülle von Ritzzeichnungen auf Stein, Knochen und Muschel aus den verschiedensten Kultstätten Sumers. In unserem Falle sind nur die Frisuren beider Göttergestalten und der Bart des männlichen Gottes vertieft gearbeitet, die gesamten übrigen Bilddetails durch lineare Ritzung wiedergegeben.
Der thematische Mittelpunkt der Friesdarstellung von N i l , soweit sie uns erhalten blieb, eine thronende Göttin nämlich, vor der verschiedene Kultgeräte aufgebaut sind, hält sich denn auch — bis auf winzige Einzelheiten — weitgehend in den Grenzen jener Vorstellung, die wir von den Hauptpersonen auf entsprechenden Ur I-zeitlichen Ritzplatten gewonnen haben. Aber schon die beiden Figuren auf der linken Frieshälfte, ein Lammträger, der von einem Gott an der Hand in Richtung auf die Göttin zu geführt wird, sprengen den thematischen Rahmen der uns bisher bekannten frühdynastischen Bildmotive. Wir haben es hier zweifellos mit dem Thema der sogenannten „Einführungs-Szene" zu tun, das uns zum ersten Mal auf akkadischen Rollsiegelbildern begegnet. Zwar mag es bildliche Vorläufer dieses mythischen Rituals schon aus altsumerischer Zeit geben 5 9 3 ; dort sind es jedoch Götter, die sich an den Händen fassen. Wir wissen ebenfalls nicht, wieweit jene Darstellungen wirklich als Prototypen für die eigentliche Einfiihrungs-Szene gewertet werden dürfen; wahrscheinlicher ist eine Erklärung des hier, auf N i l , vorliegenden Motivs als echt akkadische Erfindung und Ausformung. Ungewöhnlich an der kompositorischen Aufgliederung der Personen auf unserer Ritzzeichnung aus Nippur erscheint allerdings — gerade im Gegensatz zum Schema der akkadischen Einführungs-Szene —, daß die thronende Göttin dem Opfernden und seinem göttlichen Vermittler buchstäblich den Rücken zukehrt. Diese merkwürdige Situation ist vielleicht dahingehend zu deuten, daß die weibliche Göttergestalt sich ursprünglich einem weiteren Beter, Priester oder Gott zuwandte, der einst das heute weggebrochene rechte Drittel des Bildstreifens, jenseits der Kultgeräte, in Anspruch nahm. Seltsam mutet ferner die Tatsache an, daß der einführende Gott den Kopf zu seinem Schützling, dem Tierträger, zurückwendet, als ob er sich vergewissern wolle, ob jener ihm auch wirklich folge! 592
Vgl. dazu Moorey 97. 107
593
Vgl. ζ. B. ein ritzverziertes Muschelplättchen aus Ur: UE IV, Tf. 38 Mitte rechts = Zervos Tf. 102
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Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
Genauso verwirrend und zwiespältig wie das thematische Gesamtbild und die Komposition der Einzelfiguren erscheint mir — vor allem in Hinblick auf eine zeitgeschichtliche Einordnung des Plattenfragments — auch das Nebeneinander verschiedener ikonographischer Eigentümlichkeiten, von denen einige geradezu als bezeichnend für die altsumerische Bildkunst-Tradition gelten dürfen, andere hingegen deutlich eine Beeinflussung durch akkadisches Kulturgut voraussetzen: Der „Opferständer" mit herabhängenden Binden, ganz rechts im Bild, mehrfach fälschlich als „gebärende F r a u " 5 9 4 , aber schon vom Ausgräber richtig als Kultgerät gedeutet, findet seine engsten antiquarischen Parallelen im Bereich der altsumerischen Flachbildkunst 5 9 5 , am deutlichsten zu belegen auf einem unbestreitbar frühdynastischen Rollsiegel im Louvre 5 9 6 , auf dessen reichverzierter Bildfläche auch ein Lammträger auftaucht. Die Opferbinden oder Fruchtdolden, die das Gerät bekränzen, lassen sich am besten mit denen auf dem Unterfries der Weihplatte U 4 vergleichen, die ihrerseits neben anderen Beter- und Priestergestalten wiederum einen Opfertierträger zur Darstellung bringt. Die Opfervase mit Blumen, auf der Zeichnung von N i l links vom Ständer angeordnet, begegnet uns ebenfalls mehrfach auf Ur I-zeitlichen Flachbildern, in besonders ähnlicher Gestalt aber auf der Reliefplatte Τ 10 und auf dem Fragment mit der „Gefallenen-Bestattung" von der Geierstele 382 . Die Gestalt der Göttin selbst, die auf einem Schwimmvogel, wohl einer Gans 5 9 7 , anstelle eines Sessels thront, ist in ihren voluminösen Umrißformen, ihrem typischen Gestus — die linke Hand hält einen Becher in die Höhe, die auf den Schoß gesenkte Rechte faßt einen Zweig oder Wedel, der fast wie ein Fisch geformt ist — und der Physiognomie ihres Gesichtsprofils vollkommen in sumerischer Manier gestaltet; auch ihre Frisur mit Stirnlöckchen, aufgebundenem Haarknoten und lang bis auf die Taille herabhängendem, unten eingerollten Zopf entspricht durchaus unserer Vorstellung von einer altsumerischen Frauengestalt, wenn auch eine thronende Göttin - insbesondere auf Weihplattenbildern - zu dieser Zeit gewöhnlich dem Betrachter ihr Gesicht voll zuwendet (vgl. ζ. Β. Τ 10, Ν 10). In der Charakterisierung des Göttergewandes zeigt sich dann allerdings ein Kleidertypus, der uns aus dem Repertoire der Ur I-zeitlichen Bildkunst bisher nicht bekannt ist: auf den ersten Blick möchte man an ein Wickelgewand, eine Art Schaltracht, denken. In Wirklichkeit aber wird es sich hier um ein langes Kleidungsstück aus glattem Stoff mit breitem Fransensaum und einem Schulterüberwurf handeln, der seinerseits in gleicher Weise wie der Gewandsaum falbelartig stilisiert ist. Nicht nur bleibt dabei die rechte Schulter unbedeckt, wie wir es bei entsprechenden Figuren altsumerischer Göttinnen nur selten nachweisen können, sondern auch die Form der welligen, parallellaufenden Fransen oder Falbeln taucht in der altvorderasiatischen Flachbildkunst doch wohl erst im Laufe der Akkad-Zeit auf. Ein weiteres Indiz, und wohl das bezeichnendste von allen, für eine Beeinflussung unseres Künstlers durch zweifellos akkadische Vorbilder bei der Wiedergabe einzelner Detailformen aber bietet uns die Hörnerkrone der Göttin: hier haben wir es mit einem Typus zu tun, dessen genetische Grundlagen zwar sicher schon in der Ur I-Zeit gelegt wurden; man vergleiche dazu nur den Mittelaufsatz der Krone, in Form einer hörnerbewehrten Idolmaske gebildet, mit entsprechenden Darstellungen von göttlichen Kopfbedeckungen auf anderen Werken der altsumerischen Flachbildkunst 5 9 8 . Nur ist in unserem Falle die Maske selbst, wohl wegen der miniaturhaften Dimensionen der Ritzzeichnung, ohne Gesichtsdetails belassen worden. Die Stellung der drei Hörnerpaare jedoch und ihre Anordnung übereinander, wobei nur das untere Paar aus der Kronenbasis, die beiden höheren aber aus dem Mittelaufsatz entwachsen, entspricht einem Kronentyp, den wir nicht vor der Stufe Akkadisch I a, also der frühen Sargon-Zeit, belegen können, zumindest nicht innerhalb der datierten Glyptik 5 9 9 . 594
Falsch ζ. B. bei Meyer, Sumerier, 98 (mit Hinweis auf H. Schäfer). - Unentschieden: Pritchard, ANEP 321 (No. 601). - Richtig bei Hilprecht, Explorations, 474; L. Legrain, MJ 20 (1929) 231 595 vgl. ζ. B. ein ritzverziertes Muschelplättchen aus Ur: UE IV, Tf. 102 b = Zervos Tf. 95. - Rollsiegelbilder: Amiet, Glyptique, No. 1180; VR No. 102; Porada, Corpus I, No. 105 596 Delaporte, Louvre II, Tf. 70, 2 597 vgl. dazu das neusumerische Sitzbild einer Göttin mit Gans aus Ur: AJ 6 (1926) Tf. 51 a. b. - Zu diesem Figurentypus vgl. ferner Opificius, Terrakottarelief, Nos. 243-251; Tf. 253. - Zur Deutung und Identifizierung vgl. Opificius, Terrakottarelief, 211 ff; Anm. 77 ff. - Dazu auch Boehmer, EGA 81 598 Vgl. etwa unsere Weihplattenbilder Ν 8 - 1 0 , Τ 10 und U 4. - Ferner die Götterkappen auf der Geierstele (Zervos Tf. 106), eine Ritzzeichnung aus Ur (Zervos Tf. 102) und das reliefverzierte Gefäßfragment des Entemena in Berlin (Zervos Tf. 99). - Zur allgemeinen Typologie vgl. R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) Tabelle II, Abb. D 8. 9 599
Vgl. dazu R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) 277; Tabelle III, E/14
Die Weihplatten der Akkad-Zeit
125
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für die Hörnermütze des männlichen Gottes, der den Opferbringer in die heilige Sphäre einführt: hier haben wir eine Formvariante des gleichen Kronentyps vor uns, der von Akkadisch I a an nachweisbar ist 6 0 0 . Der Hüftrock dieses Gottes wiederum, ein glatter, von einem schmalen Gürtel gehaltener Wickel- oder Schlitz-Rock mit kurzem Fransensaum, steht ganz in der ikonographischen Tradition der Ur I-Zeit, wenn er auch als Göttertracht in jener Periode bisher noch nicht zu belegen ist. So sind ζ. B. mehrere Figuren auf der „Mosaikstandarte" aus Ur mit einem solchen Schurzgewand bekleidet: einmal Lastträger und Tiertreiber auf der sogenannten „Friedensseite" und zum anderen ein „Held" oder Tierbändiger auf der einen Schmalseite des Denkmals. Während sich gleichfalls die Haartracht und der langrechteckige Kinnbart des Gottes noch formal dem alt sumerischen Bildkanon unterordnen, gibt des Gottes zurückgreifender Arm mit dem fast rechtwinklig geknickten, unnatürlich emporgerissenen Ellenbogen, und seine Finger, die den Opferbringer am Handgelenk packen, ein typisch akkadisches Bewegungsschema wieder, einen charakteristischen Gestus, der gerade in den Einführungsszenen auf den entsprechenden Rollsiegelbildern immer wieder auftaucht, aber auch später von den neusumerischen Reliefbildhauern, zusammen mit dem Motiv selbst, übernommen wird 601 . Ungewöhnlich für die echt sumerische Wiedergabe menschlicher Anatomie muten auch die schlanken, weit auseinanderstehenden Beine des Gottes sowohl wie auch des kahlköpfigen, bartlosen Opferbringers an, der eine Ziege auf den Armen trägt und mit einem glatten Hüftrock mit schmalem Fransensaum bekleidet ist: in beiden Fällen läßt der kurze Schurz genug von den Beinen erkennen, um deutlich festzustellen, daß sie trotz ihrer Schlankheit muskulös, fast weich modelliert und anatomisch weitgehend naturgetreu gezeichnet sind. Der kahlrasierte Kopf des Tierträgers deutet auf die ehrwürdigen, ursumerischen Kultvorstellungen hin, die in dem Künstler noch lebendig gewesen sein müssen. Meist ist nämlich der sumerische Priester so dargestellt, vor allem, wenn er sich der Gottheit nähert oder eine andere kultisch gebundene Opferhandlung vollzieht. Auch die Flachbildkunst der neusumerischen Restauration wird später diesen Typus des kahlgeschorenen Beters, Priesters oder frommen Fürsten übernehmen. Genauso ist das Böckchen selbst, das sein Träger mit dem rechten Arm an die Brust drückt, in dieser Gestalt spätestens seit der altsumerischen Epoche zu belegen, wie überhaupt das Motiv des Tierträgers als Opferbringer von der Mesilim-Zeit an, im Wandel der Zeiten ikonographisch leicht variierend, in der altvorderasiatischen Bildkunst tradiert wird 6 0 2 . Allerdings findet dieser Bildgedanke auch in akkadischer und neusumerischer Zeit eine adaequate Würdigung und hat vielleicht letztlich - über viele gedankliche und formale Umwege natürlich - sogar noch indirekt auf unsere christliche Bildvorstellung vom „Guten Hirten" eingewirkt. Zusammenfassend läßt sich über die kunstgeschichtliche Zugehörigkeit und über die Entstehungszeit unseres Plattenfragments N i l also Folgendes aussagen: wir haben es bei Entwurf und Zeichnung zweifellos mit dem Werk eines sumerischen oder zumindest in sumerischer Tradition aufgewachsenen und schaffenden Künstlers zu tun, der in Nippur zu Beginn der akkadischen Vorherrschaft über Mesopotamien tätig gewesen sein muß. Wegen dieses interessanten kunstgeschichtlichen Aspektes haben wir uns auch so ausgiebig der Besprechung und stilistischen Feindatierung des Plattenbruchstücks gewidmet. Bei den nun folgenden Exemplaren können wir in dieser Hinsicht wesentlich knapper zusammenfassen und kursorischer vorgehen, da sie uns keinerlei Bildverzierung auf ihrer Schaufläche hinterlassen haben, und ihre zeitgeschichtliche Fixierung lediglich aus dem Datierungswert der Inschriften oder der formalen Plattengestaltung resultiert. Erst das Bruchstück aus Umma (UM 1) und die Weihplatten des Gudea von Lagasch liefern uns dann wieder bildliche Darstellungen, mit denen wir uns auch im kunstgeschichtlichen Sinne eingehender befassen müssen. 2. Tello (T
14-15)
Einen sicheren Anhaltspunkt für ihre Datierung liefern uns die beiden zu Anfang des Kapitels schon erwähnten, großen Schieferplatten Τ14 und Τ15 (= Tf. XXXII) aus Tello, deren Schauseite jeweils lediglich 600
Vgl. dazu R. M. Boehmer, BJV 7 (1967) Tabelle III, E/14
601
Vgl. ζ. B. die Fragmente zweier Gudea-Stelen in Berlin: Meyer, Sumerier, Tf. VII = Moortgat, KAM Tf. 189-90. Ferner unsere Weihplattenfragmente Τ 16-17; Gudea-Siegel: Parrot, Tello, 203 Abb. 43 a. c. f Zum Typus des Tierträgers vgl. Boehmer, EGA 111 Anm. 20; J. Boese, AfO 22 (1969) 34 Anm. 18
602
126
Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
durch eine längere, sorgfältig gezeichnete und in hochrechteckige Kolumnen unterteilte Inschrift verziert ist. Im Falle von Τ 14 sind dem Schriftkomplex noch drei kleine, eng nebeneinanderstehende und völlig gleichartig gebildete Streitäxte in feiner Umrißzeichnung beigefügt. Der Text weiht die annähernd quadratischen, in ihrer Mitte durchbohrten Steinplatten dem vergöttlichten KönigNaramsin selbst bzw. einem seiner Söhne, den der akkadische Herrscher als Ensi von Tutub eingesetzt hatte. In beiden Fällen ist die Inschrift in der oberen Hälfte des Plattenfeldes angebracht und in akkadischer Sprache abgefaßt 603 . Beide Platten sind einander in Werkmaterial, Dimensionen, äußerer Umrißform, Bearbeitungstechnik, Kalligraphie und Weihungstendenz so ähnlich, daß wir sie ohne Weiteres für das Werk ein und desselben Bildhauers bzw. Schreibers halten möchten, zumindest aber für Produkte der gleichen Werkstatt und des gleichen Jahrzehnts, genauer: der Spätzeit von Naramsin's langer Regierungsperiode·, denn auf der Platte Τ 15 tritt als Stifter ein Enkel jenes großen Königs von Akkad in Erscheinung603®. Der Verzicht auf jegliches szenische Bildwerk, sei es nun kultisch-mythologischen oder historischen, die: Herrschermacht dokumentierenden Inhalts, zeigt bei diesen ansonsten recht qualitätvoll gearbeiteten Steintafeln, daß der akkadische Steinmetz die ursprüngliche Tendenz und Bedeutung der sumerischen Bildgattung entweder nicht kannte, nicht begriff oder aber bewußt umgestaltete, um vielleicht sogar einen veränderten Sinngehalt hineinzulegen, oder daß die eigentliche, ursprüngliche Funktion der Denkmäler schon zur Zeit Naramsin's im akkadischen Kunst- und Kulturbereich verblaßt war. Möglicherweise spiegelt sich in der Konzeption der vorliegenden Monumente aber auch die Übernahme nur eines ganz bestimmten Aspektes unserer Gattung durch die Akkader: die bildlose Inschriftplatte, die auch schon, wenn auch nur sporadisch, in altsumerischer Zeit zu belegen ist (M 3, Κ 11). Die Sichtfläche beider Platten, sorgfältig geglättet und poliert, wird jeweils von einer doppelten Wulstleiste umrahmt und auf diese Weise von dem nur grob bearbeiteten, in der Bosse stehengebliebenen, gezackten Plattenrand abgegrenzt, der seinerseits ja ohnehin vom Putz der Tempelwand verdeckt werden sollte 604 . Wir hatten bei anderer Gelegenheit (vgl. Kapitel III Abschnitt C 9) schon hervorgehoben, daß dieser doppelte Wulstrand wahrscheinlich - im Gegensatz zur landläufigen Vorstellung 605 — keine Erfin603
Zur Inschrift vgl. Thureau-Dangin, SAK 166 f; Parrot, Tello, 134 603a jjj e r einzufügen wäre das Fragment einer weiteren Inschrift-Platte aus Ur, das zwar schon vor 40 Jahren geborgen wurde und ins Britische Museum gelangte, aber meines Wissens weder von den Ausgräbern noch jemals später als Teil einer Weihplatte identifiziert worden ist. Soweit mir bekannt ist, existiert bisher keine photographische Abbildung des Denkmals; lediglich die Inschrift ist in Autographie publiziert. Bei einem Aufenthalt in London im Juli 1970 konnte ich mich anhand des ausgestellten Objektes davon überzeugen, daß es sich zweifelsfrei um ein Exemplar unserer Denkmalsgattung aus der zweiten Hälfte der Akkad-Zeit handelt: das mit den Platten Τ 14/15 formal, inhaltlich und entstehungszeitlich eng verwandte Stück weist deutlich die Reste einer doppelten Wulstrahmung auf, die die sorgfältig polierte Schaufläche mit der Inschrift von der unregelmäßig gezackten Randbosse abgrenzt: (US) Ur Kampagne 1930/31 Oberfläche des Hofes 2 des Nabonid-Palastes (?) London, British Museum (Β. M. 122935) S. Smith, BMQ 6 (1931) No. 3, 81 (62). - Ε. Sollberger, AfO 17 (1954/56) 27 f (d). - H. Hirsch, AfO 20 (1963) 23 (d, 1, e). Obere Hälfte einer Weihplatte mit Doppelwulstrahmung, grob zugehauener Randbosse und längerer Weihinschrift Stein Maße? Inschrift (in der oberen Hälfte der Schaufläche angebracht): Weihung des Ischt(up-ilum), eines „Palastaufsehers" (?), an die Gottheit Nin. EZEN + LA für das Leben des Naramsin, „Gottes" von Akkad, und das der Enmenanna (S. Smith, a.a.O. - E. Sollberger, a.a.O. - H. Hirsch, a.a.O.). Zur Fundstelle vgl. die Angaben C. J. Gadd's, zitiert bei E. Sollberger, o. c. 27. Zur Beschreibung des Denkmals: „A broken stone socket (?)" mit einer Inschrift „within a raised frame on the surface" (C. J. Gadd, zitiert von E. Sollberger). — Zur Paläographie der Inschrift: is of importance because the signs are not the characteristic monumental signs of the period, but more closely resemble those of the Gudea-Third Dynasty of Ur writing." (S. Smith). Zur Identifizierung der Enmenanna als Tochter des Akkad-Königs Naramsin (auf der Inschrift unserer Platte vergöttlicht!) und als Mondpriesterin (Nin-Dingir, „Gottesbraut") in Ur vgl. das Rollsiegel bei E. Sollberger, o. c. 27 (c); dort auch Näheres zur Datierung und Funktion der Naramsin-Tochter. — Zur Gottheit Nin. EZEN + LA vgl. auch unsere Platte UM 1 (Kap. IV Β 4) und Anmerkung 628. Akkad-Zeit 604 Ygj dazu Hansen 147 (1). 149; ferner unsere Bemerkungen in Kapitel V Abschnitt C 605
So noch: Moortgat, KAM 71
Die Weihplatten der Akkad-Zeit
127
dung akkadischer Weihplatten-Hersteller gewesen sein dürfte, sondern spätestens schon während der Endphase der Ur I-Zeit zur Rahmung unserer Denkmäler benutzt werden konnte (vgl. Κ 11). Allerdings scheint dann von der Akkad-Zeit an diese Rahmenform charakteristisch, geradezu verbindlich für die Vertreter unserer Denkmalsgattung zu werden; ja, der Doppelwulst-Rahmen darf sogar, wie D. P. HANSEN erst neuerdings wieder angedeutet hat 6 0 6 , von der Gudea-Periode an als sicheres Hilfsmittel zur Identifizierung fragmentarisch erhaltener Reliefplatten herangezogen werden. Wir kennen jedenfalls bisher kein Belegexemplar für zentralgelochte Reliefs oder Inschriftplatten aus akkadischer oder nachakkadischer Zeit, das nicht jenen Doppelwulst oder zumindest einen Breitrahmen mit Mittelkerbe aufweist.
3. Assur (AR 1) Die gleiche Form der Flächenbegrenzung, der Umrahmung eines geglätteten Feldes also in Gestalt einer doppelten Wulstleiste — hier wohl eher als ein in seiner Mitte gekerbtes, breites Band anzusprechen —, weisen zwei flache Gipsstein-Fragmente aus Assur auf, die sicher ursprünglich zu ein und demselben Denkmal gehörten, nämlich zu der Weihplatte AR 1 (= Tf. XXXV, 1). Deutlich hebt sich am oberen Rand des größeren Bruchstücks der Ansatz des ehemaligen Zentral-Lochs ab: eme wohl quadratisch zu ergänzende Durchbohrung der Platte, mit leicht gerundeten Ecken. Aus der im Grabungsbericht 607 publizierten, unscharfen Photographie des Objekts geht nicht eindeutig hervor, ob sich die beiden Fragmente direkt, Bruch auf Bruch, aneinanderfügen lassen. Unter der Voraussetzung, daß die Perforierung ernst in der geometrischen Mitte eines annähernd quadratischen Plattenfeldes angebracht war, wie wir es wohl auf Grund der meisten zeitgenössischen Parallelen erwarten dürfen, können wir das kleinere Stück am besten als linke untere (oder aber als rechte obere) Ecke der Gesamtplatte ergänzen. Das größere Fragment jedenfalls stellt mit Sicherheit das untere, mittlere Drittel der Weihplatte dar, wie aus den Resten der Rahmung in Verbindung mit dem Lochansatz und der Orientierung der darunter angebrachten Schriftkolumnen einwandfrei hervorgeht. In dieser vollständig erhaltenen, achtzeiligen Weihinschrift berichtet uns ein gewisser Ititi, der auch den Namen semes Vaters, Itiinlaba, nennt und sich selbst als „pa" (= ugula, (w)aklum = Vorsteher? Hier vielleicht im Sinne von „ensi" = ischschiakum?) ohne Angabe eines Herrschaftsbereichs, etwa Assur selbst, bezeichnet 608 , daß er die Platte „als Beutestück" aus Gasur (dem späteren Nuzi, heute Yorgan Tepe) der Göttin Inanna (= Ischtar) zum Geschenk dargebracht habe. Es könnte sich also durchaus um eine Sekundär-Inschrift handeln. Diese Theorie scheint insofern recht plausibel, als die anderen Inschriftplatten der Spätzeit 609 , die beiden „Naramsin-Platten" aus Tello (T 14-15) und die des Zariqum aus Assur (AR 2), im Gegensatz zur Ititi-Platte, in ihrer oberen Hälfte beschriftet sind, und das sicher primär. Vielleicht hat auf dem entsprechenden, leider nicht erhaltenen Teil unserer Weihplatte aus Assur einst die Weihung emes Gasur-Fürsten gestanden. Es wäre allerdings auch denkbar, daß die Herstellung der Platte von Ititi selbst in Auftrag gegeben und lediglich zur Erinnerung an den siegreichen Beutezug des Stifters in den Südosten seines Landes später der Ischtar geweiht worden wäre. Eine Parallelerscheinung formaler Art hatten wir schon bei der zweifellos altsumerischen Weihplatte Μ 3 aus Mari kennengelernt (vgl. dazu Kapitel III Abschnitt Ε 5); dort war die wohl als zugehörig, also primär zu verstehende Weihinschrift ebenfalls auf der unteren Hälfte der sonst anscheinend unverzierten Schaufläche angebracht worden. Ititi, der Sohn des Ininlaba, ist uns — falls es sich überhaupt um einen Assur-Fürsten handelt — weder aus der historischen Überlieferung bzw. der assyrischen Königsliste noch von anderen inschriftlich verzierten Denkmälern aus dem alten Assur selbst bekannt. Nach den paläographischen und sprachlichen Kriterien, die uns die Inschrift bietet, können wir diese — und damit wohl auch den Schriftträger selbst — zeitlich in die Akkad-Periode einordnen 610 . Zweifellos ist der Text in gutem Akkadisch abgefaßt, und die Wendung 606
Hansen 150 607 WVDOG 39, Tf. 64 a. b 608
Zum Titel „ p a " vgl. Labat 135 (No. 295); W. Hallo, JNES 15 (1956) 220 Anm. 3
609
Auch die Weihinschrift der bildlosen Ur I-Platte Κ 11 zieht sich über das obere Drittel und die rechte Hälfte des mittleren Drittels der Schaufläche hin!
610
Vgl. ζ. B. neuerdings: D. Oates, Studies in the Ancient History of Northern Iraq, London 1968, 22 Anm. 6. 23 (Tabelle): „akkadian governor"!
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Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
„ . . . als Beutestück . . . aus . . . hat er geweiht" taucht in ähnlicher Form bei Inschriften des Sargon-Sohnes Rimusch auf, die in Nippur und Ur gefunden wurden 611 . Der Schriftduktus, wenn auch nicht so sorgfältig ausgeführt wie ζ. B. auf den „Naramsin-Platten" aus Tello, entspricht ebenfalls weitgehend „reichsakkadischer" Kalligraphie612. Darüber hinaus sprächen die stratigraphischen Indizien — falls die Bruchstücke wirk» lieh, was aus W. A N D R A E ' S Fundnotizen 613 nicht eindeutig hervorgeht, aus der Schicht G des IschtarTempels stammen sollten - durchaus für eine Datierung unserer Weihplatte in den Bereich der Akkad-Zeit. Wenn wir die Persönlichkeit des Ititi im historischen Sinne auch nicht direkt fassen können, so sei doch bei dieser Gelegenheit ein Rollsiegel erwähnt, das aus dem Kunsthandel stammt und sich heute in der amerikanischen Newell-Sammlung befindet 614 . Die Inschrift nennt hier den Sohn eines Ititi als Besitzer des Siegels. Nun ist die Siegeldarstellung selbst aber, eine klassische „Einfuhrungs-Szene", stilistisch mit Sicherheit der Ur Iii-Zeit, dem Bereich der vollausgeprägten neusumerischen Bildkunst also, zuzuweisen: sie erscheint geradezu identisch mit entsprechenden Rollsiegelbildern aus der Zeit Α marsin 's, des dritten, und Schusin's, des vorletzten Königs der III. Dynastie von Ur 615 . Dieses Faktum stände dann jedoch in einem erheblichen Kontrast zu unserer vorläufigen Datierung der Ititi-Platte aus Assur, wollten wir in den beiden Ititi nur eine einzige Person sehen. Denn handelte es sich tatsächlich beim Stifter der Assurplatte um denselben Mann wie den Vater des Siegelbesitzers, müßten wir unsere Weihplatte — analog zur kunstgeschichtlich gesicherten Einordnung des Siegelbildes - frühestens in die Zeit des Schulgi oder des Α marsin umdatieren, entgegen allen oben besprochenen Überlegungen, die für einen altakkadischen Entstehungszeitpunkt der Ititi-Platte sprechen. Der Name selbst aber dürfte gerade im nördlichen Mesopotamien nicht allzu selten gewesen sein 616 , und darüber hinaus unterscheidet sich bei gleicher Schreibweise des Eigennamens das Schriftbild beider Objekte so stark, daß wir ohne Weiteres zwei verschiedene Personen zufällig gleichen Namens annehmen dürfen, die zu verschiedenen Zeiten gelebt haben: der eine während der Akkad-Zeit, der andere etwa zwei Jahrhunderte später als Zeitgenosse der mächtigen Könige von Ur III. In diesem Zusammenhang sei noch an die Nennung eines Ititi auf dem berühmten Obelisken des Manischtusu aus Susa617 erinnert; jener Mann wird dort (Kolumne 16, 9) als Vater eines Nabium (Naneum? Nadeum?) bezeichnet und wäre somit selbst wohl ein Zeitgenosse etwa des Rimusch oder des Sargon gewesen. Dieser Ititi käme vielleicht als Stifter der Assur-Platte in Betracht, eher jedenfalls als der neusumerische Siegelbesitzer gleichen Namens! Auf jeden Fall gehört unsere Weihplatte AR 1 in den zeithchen Bereich nach der altsumerischen Epoche, und ihre Besprechung damit auch in dieses Kapitel. Da das Monument uns ohnehin wegen des völligen Mangels an bildlicher Verzierung keine kunstgeschichtlichen Aufschlüsse in Hinsicht auf die bildhafte Entwicklung unserer Denkmalsgattung zu Ende des 3. Jahrtausends zu geben vermag, seien zum Abschluß nur noch drei Aspekte genannt, die unserer Platte doch einen gewissen historisch-kulturellen Wert zumessen: Erstens bezeugt sie den Gebrauch von Weihplatten auch für den Norden Mesopotamiens - mag sie nun aus Assur selbst oder aus Nuzi stammen — zu einer Zeit, die sicher noch vor dem Entstehungsdatum der zweiten in Assur gefundenen Lochplatte, der des Zariqum (AR 2), liegt. Zum Zweiten bietet sie neben der Speerspitze des Manischtusu618, dem Stelenfragment des Naramsin aus Pir Hüsseyin619, der Gründungsurkunde des Königs von Urkisch und Nawar 620 , der Samarra-Tafel621 und einigen wenigen anderen verstreuten Ob611
Dort in Verbindung mit dem Sumerogramm NAM.RAG (schallatu); hier: in(a) schalat! - Zu den Rimusch-Inschriften: Thureau-Dangin, SAK 162 f (c); L. Legrain, UET I, No. 10
612
Zur Inschrift neuerdings: R. Borger, Handbuch der Orientalistik I, Ergänzungsband 5, 1. Abschnitt, 1. Teil, 1. Zu Inschrift und Datierung vgl. ferner: H. Lewy, CAH Heft 53, 8 f
613
WVDOG 39, 53; MDOG 49 (1912) 27
614
O I P 2 2 , No. 131
615
Vgl. Moortgat, VR 28 ff; Tf. 35, No. 259
616
Vgl. zur Silbenreduplikation in der nordmesopotamischen Namensgebung: B. Landsberger, ZA 35 (1924) 220 ff
617
MDP 2, 17; Tf. 3
618
W. Andrae, MDOG 73 (1935) 2; E. Weidner, AfO 15 (1945/51) 85
619
E. Unger, Die Entdeckung der Stele des Naramsin in Pir Hüseyin, 1 ff; Moortgat, KAM Tf. 153
620
A. Parrot/J. Nougayrol, RA 42 (1948) 1 f f ; Abb. 1 ff
621
F. Thureau-Dangin, RA 9 (1912) 1 ff; Tf. I
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jekten eine der frühesten überlieferten, vollständigen Weihinschriften aus dem assyrisch-nordmesopotamischen Raum überhaupt 622 . Und drittens liefert sie uns die schriftliche Bestätigung für die ohnehin wahrscheinliche Hypothese, daß schon spätestens zu jener Zeit das Heiligtum, in dem sie zwar nicht mehr „in situ" gefunden wurde, in dem sie aber sicher einst als Wandschmuck gedient hat, der großen Göttin Ischtar (Inanna) geweiht war: eine kultische Bestimmung, die der Tempel bis weit in das 1. vorchristliche Jahrtausend hinein beibehalten sollte. Hier haben wir einen erneuten Beweis für die starke Kontinuität altvorderasiatischer Kultbräuche, für die Traditionsgebundenheit religiöser Vorstellungen, die Jahrtausende überdauerten, obwohl sie ständigen Umwälzungen ethnischer, dynastischer und künstlerischer Art unterworfen waren 6 2 3 .
4. Umma (UM 1) Das Steinfragment UM 1 (= Tf. XXXVI), aus arabischen Raubgrabungen in Djocha, dem alten Umma, in den Pariser Louvre gelangt, gibt sich uns sofort und über jeden Zweifel erhaben als Teilstück einer ehemaligen Weihplatte zu erkennen: erhalten blieb die obere Hälfte einer mit figürlichem Reliefschmuck und längerer Weihinschrift versehenen Platte, die deutlich an ihrer unteren Bruchkante die Konturen der ursprünglichen quadratischen Zentralbohrung sichtbar werden läßt. Die Schaufläche selbst wird wiederum durch ein doppeltes Wulstband (oder, wenn man so will: eine erhabene, breite Leiste mit Mittelkerbe) umrahmt und auf diese Weise von dem nur unregelmäßig behauenen, teilweise roh belassenen äußeren Plattenrand abgegrenzt. Die in Flachrelief-Technik ausgeführte Bilddarstellung, in ihrer Oberfläche und den Details der Innenzeichnung leider stark abgeschliffen und verwittert, läßt uns noch die Reste zweier einander gegenübersitzender, anthropomorpher Figuren erkennen, die jeweils mit einer Hand einen konischen Becher in Gesichtshöhe erhoben halten. Der größte Teil der linken Figur ist durch den Bruch verlorengegangen; lediglich ein Abschnitt des Kopfes und die Hand mit Trinkgefäß blieb erhalten. Mit Hilfe ihrer hohen Hörnermütze aber, die mit mindestens drei enganliegenden Hörnerpaaren und Scheibenbekrönung an der Spitze verziert ist, können wir jene Gestalt ohne Schwierigkeiten als thronende Gottheit identifizieren. Über die ihr zugewandte, sitzende Gestalt können wir immerhin soviel aussagen, daß sie ein langes, mantelartiges Gewand trug, das wahrscheinlich die linke Schulter und Brusthälfte bedeckte, während allem Anschein nach die rechte Schulter nackt blieb und das Gewand schräg über die rechte Brusthälfte geführt war. Allerdings könnten die an dieser Stelle gerade noch erkennbaren Fransen (vielleicht gerippte Stoffborte oder Reste eines Falbelgewandes?) auch als Bartlöckchen gedeutet werden. Es läßt sich hier also nicht definitiv entscheiden, ob es sich bei der thronenden Figur um ein männliches Wesen handelt, oder ob vielleicht doch die Wiedergabe einer Frauengestalt beabsichtigt war, wie F. T H U R E A U - D A N G I N seinerzeit annahm 624 , der an der verschliffenen Schädelkalotte einen „Schleier" zu erkennen glaubte. Mit Sicherheit scheint lediglich festzustehen, daß auf der rechten Bildhälfte keine Gottheit dargestellt gewesen sein dürfte; denn es fehlt hier die obligatorische Hörnerkappe, wie sie der gegenübersitzende Gott trägt. So verbleibt uns nur noch eine Deutung der Figur als Priester(in) bzw. Herrscher; oder sollte sich der eigentliche Stifter der Platte, ein Hofschreiber namensNigdupae, hier selbst im Reliefbild, seinem Gotte gegenübersitzend, verewigt haben? Schon wegen der starken Verwitterung des Reliefs und der nahezu völligen Zerstörung jeglicher Bilddetails werden wir kaum auf dem Wege einer Stilanalyse Aufschlüsse über eine genaue kunstgeschichtliche und zeitliche Einordnung unserer Weihplatte gewinnen. Lediglich die formale Gestaltung der Götterkrone mit eng anliegenden Hörnerpaaren und Scheibenbekrönung läßt sich bei einem Datierungsversuch auf ikonographischer Basis verwerten. Dieser Typus ist nämlich bezeichnend für die Flachbildkunst der GudeaPeriode und der anschließenden Ur Iii-Zeit, begegnet aber auch schon, wie R. M. BOEHMER erst kürzlich 622
Weitere inskribierte Gefäße u n d andere Denkmäler: R. Borger, Handbuch der Orientalistik I, Ergänzungsband 5, 1. Abschnitt, 1. Teil, 2 (c). - Zu den frühesten Herrschernamen a u s j e n e m geographischen Raum vgl. W. Hallo, JNES 15 (1956) 220 ff
623
Ein weiteres Beispiel für die Verehrung der gleichen Gottheit an ein und derselben Stelle über drei Jahrtausende hinweg bietet uns der Inanna-Tempel in Nippur (D. P. Hansen/G. F. Dales, Archaeology 15 (1962) 65 f f )
624
RA 9 (1912) 74
130
Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
nachwies 625 , in ganz ähnlichem Aufbau bei Götterbildern in der „reichsakkadischen" Glyptik und auf Reliefs des Puzur-Inschuschinak von Susa, wie ja auch das sogenannte „Neusumerische" oder „Toga"Gewand 626 , mit dem anscheinend die rechte Figur unseres Plattenbildes bekleidet ist, schon innerhalb der späteren akkadischen Rund- und Flachplastik vorkommt und nicht erst, wie man lange Zeit annahm, während der frühen neusumerischen Periode als modischer Trachtwandel in Erscheinung tritt. Somit können wir die Entstehungszeit unseres Reliefs allein von der Bildanalyse her zunächst nicht weiter einengen als auf die lange Spanne zwischen der Naramsin-Scharkalischarri-Stufe621 und dem Ausgang neusumerischer Stileinflüsse im 2. Jahrtausend. Zu einer präziseren zeitlichen Festlegung unserer Weihplatte verhelfen uns dann aber die paläographischen, sprachlichen und historischen Datierungskriterien, die aus einer Untersuchung der ausfuhrlichen Weihinschrift resultieren. Dieser Text, eine in klassischem Sumerisch abgefaßte Weihung des Schreibers Nigdupae an die Gottheit Nin-ezen- la(?)62S für das Leben seines Königs Scharatigubisin und dessen Familie, ist in sorgfältiger Kalligraphie ausgeführt und zum großen Teil in linear begrenzte, parallel laufende, hochrechteckige Kolumnen eingetragen. Diese füllen fast die gesamte oberhalb der Reliefbilder ausgesparte Schaufläche, nehmen dabei aber auf die bildliche Darstellung deutlich Rücksicht, indem sie die Konturen der thronenden Gestalten nicht überschneiden. Andererseits hat der Schreibkünstler jeden nur erdenklichen freien Platz, zwischen Arm und Körper der Thronenden und sogar auf der schmalen Lücke zwischen der rechten Figur und der Doppelwulst-Rahmung, genutzt, um neben der Weihinschrift selbst auch noch die Namen der anscheinend recht zahlreichen Familienmitglieder des Stifters unterzubringen; in der Nähe der heutigen unteren Bruchkante hat er dann auch, wahrscheinlich aus Gründen des Platzmangels, seine sonstige Rücksichtnahme auf die Reliefdarstellung aufgegeben und einige Schriftzeichen auf die Gewandung der sitzenden Figur übergreifen lassen. Die Stadt Sagpakabdu (Sag-rig) 629 , eine bisher zwar nicht sicher identifizierte, aber immerhin auch aus anderen Schriftdokumenten belegte Ortschaft in der näheren Umgebung von Umma, ist innerhalb des Textes lediglich als Heimat des Stifters Nigdupae genannt 630 . Es darf also keineswegs als erwiesen gelten, daß der König Scharatigubisin Herrscher ausgerechnet dieser doch wohl recht unbedeutenden Kleinstadt gewesen sein muß! Genauso gut können wir ihn uns als Fürsten von Umma selbst oder vielleicht sogar als Regenten eines größeren Städtebundes im südlichen Mesopotamien vorstellen — darauf deutet schon sein anspruchsvoller, wenn nicht anmaßender Titel „Lugal" —, als einen nicht unbedeutenden Herrscher im sumerischen Süden jedenfalls, dem hier von dem örtlichen Archivar einer politisch abhängigen kleinen Stadtgemeinde kultischer Tribut gezollt worden ist in Form einer schriftlichen und bildlichen Votivgabe für des Königs Leben. F. T H U R E A U - D A N G I N nun hat diesen König Scharatigubisin — von Th. J A C O B S E N übrigens als „Muatigubisin" gelesen631 — in die „Dynastie" dergutäischen Fürsten einreihen wollen 632 , die seit der mittleren Akkad-Zeit immer wieder mit ihren Horden ins Land eingebrochen waren und so erne der Hauptbedrohungen akkadischen Machtanspruches bildeten, später sogar, wenigstens im Norden und Osten Mesopotamiens, eine jahrzehntelange Fremdherrschaft ausübten und erst von einem Uruk-König namens Utuchengal, dem Zeitgenossen und Oberherrn des späteren Begründers der Ur III-Dynastie, Urnammu, endgültig vertrieben wurden. Zeitgeschichtlich würden dieser Datierungstheorie weder die Reliefikonographie und der Inschriftcharakter noch die formale Gestaltung der Platte mit ihrer unverwechselbaren Umrahmung widersprechen. Th. JACOBSEN hat jedoch den Einordnungsvorschlag T H U R E A U - D A N G I N ' S insofern modifiziert, als er Scharatigubisin nicht unmittelbar zu den Königen der Guti zählt, vor allem auf Grund 625
Boehmer, EGA 57; R. M. Boehmer, BJV 7 ( 1 9 6 7 ) 278 f. 290; Tabelle IV, Abb. J / 2 4 - 2 8 ; R. M. Boehmer, Orientalia 35 ( 1 9 6 6 ) 3 5 8 Anm. 3
626
Vgl. zu diesem Terminus E. Strommenger, BaM 1 ( 1 9 6 0 ) 51 ff; R. M. Boehmer, Orientalia 35 ( 1 9 6 6 ) 3 6 0 ff
627
Zu dieser Bezeichnung vgl. Moortgat, KAM 56 ff. - Bei Boehmer, EGA 34 f. 39 ff. 194 zusammengefaßt: NaramsinSchudurul = Akkadisch III
628
Zu dieser Gottheit vgl. M. Lambert, RA 4 7 ( 1 9 5 3 ) 12 f; E. Sollberger, AfO 17 ( 1 9 5 4 / 5 6 ) 28 (1); dort Weihinschrift für diese Göttin aus der Naramsin-Zeit (o. c. 27 f)
629
Neue Lesung und Lokalisierungsversuch: M. Lambert, RA 4 7 ( 1 9 5 3 ) 11 ff
630
Thureau-Dangin, RA 9 ( 1 9 1 2 ) 74 f; Barton, RISA 171; Jacobsen, SKL 120 Anm. 308
631
Jacobsen, SKL 120 Anm. 3 0 8
632
F. Thureau-Dangin, RA 9 ( 1 9 1 2 ) 76
Die Weihplatten der Akkad-Zeit
131
der „Königsliste", in der dieser Name nicht auftaucht 6 3 3 ; wohl aber konzediert JACOBSEN, daß der in Frage stehende Fürst durchaus ein lokaler Regent zur Zeit der sogenannten IV. Dynastie von Uruk gewesen sein könne, was chronologisch gesehen wiederum genau in die Zeit der ausgedehntesten Gutäer-Herrschaft fiele 634 . Auf jeden Fall muß die historische Persönlichkeit des Scharatigubisin irgendwo in dieser Zeitspanne, zwischen Scharkalischarri von Akkad und Gudea von Lagasch nämlich, anzusetzen sein. Somit werden wir also — von philologisch-chronologischer Seite her — auch das Entstehungsdatum der Umma-Platte selbst innerhalb jenes Zeitraums zu suchen haben. Bei einer solchen Einengung der Datierungsspanne — gegenüber unserer Unsicherheit bei der rein kunstgeschichtlich-archäologischen Zuweisung des Reliefs - gehen wir natürlich von der allerdings äußerst wahrscheinlichen Voraussetzung aus, daß Bildplatte und Weihinschrift zum gleichen Zeitpunkt entstanden sind. Nun kennen wir, ähnlich wie im Falle der Ititi-Platte aus Assur (AR 1), ein Rollsiegel 635 , dessen Inschrift uns ebenfalls den Namen eines Scharatigubisin, diesmal als „Sohn des Königs" apostrophiert, überliefert. Im Gegensatz zu unseren Schwierigkeiten bei der Identifizierungsfrage der beiden Ititi dürfen wir in diesem Falle aber wohl kaum mit einer zufälligen Namensgleichheit zweier völlig verschiedener historischer Personen rechnen, sondern können guten Gewissens beide Erwähnungen auf ein und dieselbe Herrschergestalt beziehen, zumal die Namensbildung selbst eine recht ungewöhnliche, seltene und nicht in allen Elementen sicher zu deutende Form wiedergibt 636 , und darüber hinaus in beiden Fällen die königliche Stellung des Genannten gesichert ist. Das Rollsiegelbild selbst aber zeigt zwei Tierkampf-Gruppen im Stile der Stufe Akkadisch III: einmal einen „Helden" mit Schlitzrock und konischer Kappe im Kampf mit einem Rind, daneben ein weiteres Rind, das von einem Löwen angefallen wird. R. M. BOEHMER gibt bei seiner Untersuchung des Stückes zu, daß er das Siegelbild stilistisch am liebsten in die Akkad-Zeit datieren würde, wenn er nicht überzeugt wäre, daß der in der Siegel-Legende genannte Königssohn zeitlich später anzusetzen wäre 6 3 7 . Zu dieser historischen Feststellung sieht er sich eben durch die Weihplatte des Scharatigubisin veranlaßt, die er aus ikonographischen Gründen der Gudea-Periode zuweist. In seiner später erschienenen Abhandlung über die zeitgeschichtliche Stellung des Puzur-Inschuschinak von Susa innerhalb der sumerisch-akkadischen Chronologie 638 hat B O E H M E R dann aber selbst daraufhingewiesen, daß gerade der zur Debatte stehende Hörnerkronen-Typus schon in der Stufe Akkadisch ///vorkommt 6 3 9 . Somit steht also auch einer von uns nunmehr noch enger gefaßten Datierungstheoric nichts mehr im Wege, die den König Scharatigubisin selbst ebenfalls ans Ende dieser Periode der akkadischen Bildkunst-Entwicklung setzen will. Am besten vorstellbar wäre ein Ansatz der Regierungsspanne seines Vaters, dessen Namen wir zwar leider nicht kennen, der sich aber ebenfalls als „König" titulieren ließ und aus dessen Herrschaftsbereich das Rollsiegel stammt, etwa in jener chaotischen Interregnums-Periode nach dem gewaltsamen Ende Scharkalischarri''s („ . . . wer war König? Wer war nicht König . . . ?"), in der Zeit also der ersten erfolggekrönten gutäischen Invasion. Scharatigubisin selbst müßten wir dann den unmittelbar folgenden Jahrzehnten zurechnen. Es empfiehlt sich, in ihm einen Zeitgenossen des Akkad-Königs Dudu zu sehen, der seinerseits zweifellos nicht immer in der Lage gewesen sein dürfte, die Verselbständigung der südsumerischen Kleinfürstentümer und Stadtstaaten zu verhindern 640 . Wir können uns ohne Weiteres vorstellen, daß in dieser allerletzten Phase eines „reichsakkadischen" Herrschaftsanspruchs, in der die ohnehin schon geschwächte Vormachtstellung und die politische Einflußnahme 633
Zur Reihe der Gutäer-Könige vgl. Jacobsen, SKL 116 ff; W. Nagel, BaM 1 (1960) 95; Tabelle 17; J. Bottero, FischerWeltgeschichte, 92 (Tabelle). 95 ff
634
Vgl. dazu etwa die Zeittafel bei Jacobsen, SKL (Anlage). - Auch M. Lambert (RA 47 (1953) 12) datiert die Platte in das Ende der Akkad- bzw. in die Guti-Zeit!
635
Boehmer, EGA Nr. 798 (= Abb. 271); Inschrift: o. c. 165
636
Zur Namenslesung vgl. Jacobsen, SKL 120 Anm. 308; M. Lambert, RA 47 (1953) 12 f; Boehmer, EGA 165 (dort Literatur)
637
Boehmer, EGA 40 f; Anm. 170
638
R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 345 ff
639
R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 358. - Die Krone der Gottheit auf dem Umma-Relief entspricht, soweit wir erkennen können, in allen Details der des „Nagelgottes" auf dem Reliefklotz des Puzur-Inschuschinak von Susa (MDP 6, Tf. 2. 2 a = Moortgat, KAM Tf. 158), den R. M. Boehmer (o. c. 375, Tabelle) wiederum in die Zeit des alten Naramsin oder die des Scharkalischarri datiert!
640
Vgl. dagegen R. M. Boehmer (EGA 41 Anm. 170), der nicht glaubt, daß unter den Akkad-Königen Dudu und Schudurul sich ein südmesopotamischer Fürst eines sumerischen Stadtstaates „Lugal" = „König" zu nennen wagte!
132
Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
des akkadischen Herrscherhauses auf den sumerischen Süden des Landes ständig weiter abnahm, ein lokaler Kleinfürst oder erst recht der Oberkönig eines Städtbundes sich den Titel „Lugal" zuzulegen wagte, vor allem dann, wenn auch schon sein Vater und Amtsvorgänger sich so titulieren ließ. Wenn wir allerdings bedenken, daß nach den neuesten Erkenntnissen der chronologischen Forschung die Gudea-Periode fast unmittelbar an die Zeit akkadischer Vorherrschaft anschließt, ja, daß Urbaba (Ur-Bau), Ensi von Lagasch und Schwiegervater Gudea's, heute schon als späterer Zeitgenosse des letzten akkadischen Königs, Schudurul (Schunaran), angesehen wird 5 8 4 , so wäre die Problemstellung, ob wir es nämlich bei unserer Weihplatte mit einem spätakkadischen oder mit einem früh-neusumerischen Produkt zu tun hätten, letztlich gegenstandslos: denn allem Anschein nach überschneidet sich, zumindest im Bereich der Bildkunst, die letzte Phase rein akkadischer Formen und Vorstellungen mit dem Aufkommen „neusumerischer" Restaurationsbestrebungen, wenn nicht sogar überhaupt, parallel zur gesamten „reichsakkadischen" Kunstepoche, eine bewußte, ungebrochene, echt sumerische Kunsttradition bestanden hat, wie wir es schon zu Anfang dieses Kapitels (Abschnitt A) angedeutet haben. In jedem Falle dürfen wir die Entstehungszeit unserer Weihplatte mit der sogenannten „Guti-Periode" identifizieren, der Zeitspanne also etwa zwischen Scharkalischarri von Akkad und Utuchengal von Uruk641. In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, daß die Platteninschrift in reinem Sumerisch abgefaßt ist - ein weiterer Hinweis auf die Schwächung akkadischer Einflußnahme auch auf dem sprachlichen Sektor - , der Name des Königs allerdings seine etymologische Wurzel im semitischen Sprachbereich hat. Noch eine interessante Tatsache, die uns durch die Umma-Platte UM 1 vermittelt wird, und zwar im Hinblick auf ihre bildliche Darstellung, sei hier angemerkt: das Thema, ein „Symposion" zwischen Gottheit und Sterblichem (Fürst? Priester?), liefert uns einen wichtigen Beleg dafür, daß der Bildgedanke des kultischen Festmahls auch nach dem Ende der Url-Zeit keineswegs gänzlich verlorengegangen ist, gerade in Hinsicht auf die Bildverzierung von Votivobjekten unseres Genres; dabei soll selbstverständlich nicht außer Acht gelassen werden, daß dieser Themenkreis naturgemäß im Laufe seiner langen Geschichte gewissen inhaltlichen Akzentverschiebungen und auch formalen, entwicklungsgeschichtlich bedingten Veränderungen unterworfen gewesen sein muß. Einen Beweis für das Fortbestehen jenes Bildzyklus' noch lange nach der altsumerischen Epoche, gleichzeitig aber auch eine thematische Brücke zu noch späteren Kunstäußerungen, erbringt uns ja schon die akkadische Rollsiegel-Glyptik, die, vor allem gerade während der Stufe Akkadisch III, nicht selten das „Symposion" in den szenischen Mittelpunkt ihres Bildrepertoires rückt 642 . A. MOORTGAT nennt als einziges Beispiel für die Tradierung dieses Motivkreises auch noch in der neusumerischen Periode die Reliefdarstellung auf unserem Weihplattenfragment Τ 18 (= Tf. XXXIII,3) 643 - die Göttin Bau (Baba) auf dem Schöße des Ningirsu —, das uns einen bestimmten Aspekt des Tammuz-Zyklus, zu dem zweifellos auch das eigentliche Symposion gehört, vor Augen führt: den „hieros gamos", diesmal von den höchsten Gottheiten persönlich vollzogen (vgl. dazu Abschnitt C 1 dieses Kapitels; ferner Kapitel III Abschnitt Ε 1: unser Kommentar zur Platte AS 4). Beim Relief des Plattenfragmentes UM 1 aber handelt es sich sogar um eine echte „Trinkszene", eine Fortführung und Erweiterung jenes uralten sumerischen Bildgedankens, der gerade auf den frühdynastischen Weihplatten, besonders auf denen der Mesilim-Zeit, so vielfältigen künstlerischen Niederschlag gefunden hat. Legen wir diese Erkenntnis zugrunde, so könnten wir uns durchaus vorstellen, daß auch die thronende Priesterin auf dem neusumerischen Weihplattenfragment Κ 12 (= Tf. XLII) ursprünglich einen Becher in der leider abgebrochenen rechten Hand hielt und somit als Teilnehmerin an einem Symposion, vielleicht ebenfalls in Verbindung mit einem ihr gegenübersitzenden Gott, fungierte (vgl. dazu Abschnitt C 2 dieses Kapitels), wenn wir die Plattendarstellung nicht mit D. P. HANSEN644 als Rest einer Einfuhrungs-Szene deuten wollen, deren kultisches Ziel die thronende Gestalt selbst gewesen wäre. In Anbetracht der ikonographischen Kriterien aber, die jene Figur eher als Priesterin denn als Göttin designieren - wie auch HANSEN zugeben muß —, scheint dessen Rekonstruktion wohl kaum plausibel: die Zentralfigur, das ei641
Die „Guti-Periode" schließt also in diesem Fall zeitlich die Herrschaft Urbaba's, Gudea's und Umingirsu's mit ein!
642
Vgl. ζ. B. Boehmer, EGA 115 ff; Abb. 666 ff
643
Moortgat, Tammuz, 19 Anm. 4
644
Hansen 150 f; Anm. 30
Die Weihplatten der Gudea-Zeit und der Ur Iii-Periode
133
gentliche Ziel der Kultprozession wie auch der Einfuhrungs-Szene ist - soweit wir es jedenfalls aus den erhaltenen Darstellungen neusumerischer Flachbildkunst beurteilen können - immer entweder die Gottheit selbst oder der vergöttlichte Oberkönig des Landes 6 4 5 , und nicht die Priesterin oder „Gottesbraut", auch wenn diese letztere Gestalt innerhalb des sumerisch-akkadischen Kultrituals zeitweilig durchaus gottähnliche Verehrung genießen konnte. Wir werden auf dieses Identifizierungsproblem noch kurz bei der Behandlung der soeben zitierten Platte Κ 12 zu sprechen kommen und zur szenischen Rekonstruktion des ehemaligen Gesamtbildes Stellung nehmen.
C. Die Weihplatten der Gudea-Zeit und der Ur HI-Periode 1. TeBo
(T16-21)
Den weitaus größten Teil aller erhaltenen Weihplattenreste aus neusumerischer Zeit haben uns wiederum die französischen Ausgrabungen in Tello, dem alten Girsu, geliefert; leider handelt es sich allerdings durchweg um Fragmente, denn kein einziges Exemplar konnte vollständig geborgen werden. Die betreffenden Fundstücke aus Tello sind hier mit ten Katalog-Nummern Τ16-21 (= Tf. XXXIII, 1 - 6 ) bezeichnet. Schon V . CHRISTIAN hat im Rahmen seiner großen kunstgeschichtlichen Untersuchung des sumerischakkadischen Kulturkreises 646 einige gudea-zeitliche Relieffragmente, die bis dahin (und auch später noch) gewöhnlich als „Stelen-Bruchstücke" etikettiert worden waren 6 4 7 , als Teile von Weihplatten erkannt und damit die Fortexistenz unserer Denkmalsgattung auch während der neusumerischen Periode überzeugend nachgewiesen; und erst jüngst hat sich D. P. HANSEN der Mühe unterzogen, den erhaltenen Denkmalsbestand neu zusammenzustellen und noch weitere Einzelfragmente, auf Grund ihrer Doppelwulst-Rahmung oder erkennbarer Mittel-Loch-Ansätze, unmittelbar an jene kleine Gruppe anzuschließen 648 . Eine weitausholende Begründung unserer Katalogisierung wäre also nur eine Wiederholung der sorgfältigen Arbeit HANSEN'S und erübrigt sich hier. Man wird dem heutigen Materialbestand auch vorläufig kaum Neues hinzufügen können, zumindest nicht ohne neue Fundergebnisse aus antiken Ruinenstätten mit Gudea/Ur Iii-zeitlichen Besiedlungs-Schichten, es sei denn, daß eines Tages die in den Magazinen des Louvre und vor allem des Istanbuler Museums schlummernden, zum größten Teil gar nicht oder nur in kurzen schriftlichen Notizen publizierten Relieffragmente aus Tello, unter deren großer Anzahl sich zweifellos auch Weihplattenreste verbergen, neu gesichtet, wissenschaftlich bearbeitet und dann in guter bildlicher Wiedergabe veröffentlicht werden sollten. Als Ersatzlösung in dieser Richtung habe ich im Katalog-Anhang zu den Weihplatten aus Tello (T 1—21) versucht, mit Hilfe der Angaben im „Catalogue" von L. HEUZEY und im Textband der „Decouvertes en Chaldee" diejenigen Relieffragmente wenigstens tabellarisch zu erfassen, fur die eine Identifizierung als Weihplatten-Bruchstücke, auf Grund ihrer Bilddimensionen, der Steinstärke, einer Doppelwulst-Rahmung oder eines Lochansatzes, in Frage kommt. Ohne auf jedes Relief im Einzelnen einzugehen, wollen wir im Folgenden kurz die Gruppe der neusumerischen Weihplatten aus Tello zusammenfassend betrachten, die nicht nur in den ungefähren zeitlichen bzw. kunstgeschichtlichen Bereich der Gudea-Periode gehören, sondern sogar, wie uns die teilweise erhaltenen Beischriften verraten, zum größten Teil von jenem Lagasch-Fürsten persönlich gestiftet worden sind. Er selbst tritt innerhalb der szenischen Darstellungen mehrfach bildlich in Erscheinung (T 16 = Tf. XXXIII, 1; Τ 17 = Tf. XXXIII,2), und zwar in wohl rituell bedingter Kahlköpfigkeit und Bartlosigkeit, die beide ebenfalls Charakteristika für die rundplastisch ausgeführten Bildnisse jenes Herrschers bilden; hier wie dort ist er mit dem typischen, fransensaumverzierten „Toga-Gewand" bekleidet. Ein Priester oder eine un645
Vgl. die Bemerkungen zur Glyptik jener Periode und die Zusammenstellung des Motivbestands bei Moortgat, VR 29 f. - Eine einzige Ausnahme wird von E. Strommenger, BaM 1 (1960) 78, zitiert: ein bisher unpubliziertes Rollsiegel der neusumerischen Zeit im British Museum zu London nämlich, auf dessen Darstellung eine Frauengestalt im Falbelgewand, auf dem Kopfe statt einer Hörnerkrone lediglich ein Wulstdiadem, thronend einen eingeführten Beter empfängt!
646
Christian, Altertumskunde, 384
647
Vgl. ζ. B. Genouillac, Telloh II, 34 f; Parrot, Tello, 175 Abb. 35; 183 Abb. 38 (jeweils Bildunterschriften!)
648
Hansen 1 4 9 - 1 5 1
134
Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
tergeordnete Gottheit fassen Gudea bei der Hand und führen ihn zu seinem höchsten Gott, der, auf einem hochlehnigen Sessel thronend, die Verehrung des demütig sich nähernden Fürsten huldvoll entgegennimmt (T 18 = Tf. XXXIII,3; Τ 19 = Tf. XXXIII,4). Die zwar mit dem göttlichen Falbelgewand bekleidete, aber nicht mit der Hörnerkrone, dem typischen, geradezu obligatorischen Attribut alt- wie neusumerischer Gottheiten, geschmückte Vermittler-Gestalt auf dem Plattenfragment Τ 16 ist, wie auch ihr Schützling Gudea, den sie seinem Gotte zuführt, kahlgeschoren und bartlos dargestellt; bei dieser Person wird es sich also eher um einen Oberpriester als um den Gott Ningischzidda selbst handeln, dessen Name in der Schriftkartusche oberhalb seines Kopfes erscheint, was wiederum A. P A R R O T zu jener Interpretation veranlaßte, obwohl er sich der ikonographischen und damit hermeneutischen Problemstellung durchaus bewußt war 6 4 9 . Das Gesamtmotiv selbst, das kultisch-mythologische Thema der sogenannten „Einführungs-Szene", wird uns auch durch die zeitgenössische Rollsiegel-Glyptik häufig belegt 6 5 0 ; am deutlichsten jedoch und am besten geeignet zur bildlichen Demonstration der früh-neusumerischen Großreliefkunst läßt sich die künstlerische Gestaltung jenes Bildgedankens verfolgen an den verschiedenen monumentalen Reliefstelen des Gudea, deren Überreste allerdings nur in jämmerlich zerschlagenen Bruchstücken auf uns gekommen sind und somit lediglich einen schwachen Abglanz der einst sicher großartigen Gesamtwirkung vermitteln können 6 5 1 . Hier nimmt die Einfuhrungs-Szene meist den obersten Bildfries, genauer: das obere Halbrund, die „Stelenkrone", ein. Stilistisch und inhaltlich stimmen unsere Weihplatten-Reliefs nun vollkommen mit jenen Stelenbildern überein, ja, mit Ausnahme der durch das quadratische Plattenformat einerseits und durch das halbkreisförmige Bildfeld der Stelenkrone auf der anderen Seite leicht differierenden kompositionellen Ausgestaltung der Szene können wir mit gutem Recht bei den Plattenbildern von verkleinerten Stelenreliefs sprechen! Aus diesem Grunde brauchen wir uns auch nicht mit einer erneuten stilistischen Analyse dieser gudeazeitlichen Flachbildgruppen auseinanderzusetzen: beide Reliefgattungen repräsentieren in nahezu identischer Formulierung das typisch neusumerische Flachbildwerk, dessen äußere Form und thematischer Gehalt zwar in Einzelheiten noch von akkadischen Kunstströmungen beeinflußt sein mag, das uns im Ganzen gesehen aber eine bewußte „Restaurierung" altsumerischer Tradition vorführen will, eine Geisteshaltung, die sich ebenfalls noch deutlich in den Bildfriesen der etwas späteren Urnammu-Stele aus Ur widerspiegelt 6 5 2 . Auf deren Vorderseite, und zwar in den Bildresten der ehemals halbkreisförmigen Stelenbekrönung, finden wir übrigens das gleiche mythologische Motiv wieder, das uns — nur in enger gedanklicher Verbindung mit dem Thema der „Einführungs-Szene" zu verstehen — auch schon auf dem Relieffragment Τ 18 begegnete: ein Götterpaar in liebevoller Umarmung. Bei der Weihplatte aus Tello sind es die obersten Stadtgottheiten des Lagasch-Distriktes Girsu: die Göttin Bau (Baba) sitzt auf den Knien ihres göttlichen Gemahls, des Ningirsu 6 5 3 , und beide empfangen, vereint in dieser Pose — einem fast „familiären" Aspekt des „hieros gamos" den sich ehrfürchtig nahenden Stadtfürsten, hier doch wohl Gudea selbst, den wir uns, vielleicht in Begleitung eines einführenden Vermittler-Gottes, auf der linken, leider nicht erhaltenen Plattenhälfte ergänzen dürfen. Auf dem vorderen, oberen Halbrund der Urnammu-Stele erkennt man rechter Hand noch die Reste einer thronenden Gottheit, deren Hörnermütze oberhalb ihrer Scheibenbekrönung noch eine liegende Mondsichel trägt 6 5 4 ; es handelt sich hier also wohl um Nannar selbst, den Mondgott und gleichzeitig ranghöchsten Stadtgott von Ur, dem der König Urnammu in respektvoller Haltung entgegentritt. Vor der prunkvollen Fassade des Thrones, auf dem der Gott Platz genommen hat, zeichnen sich noch zwei herab649
650 651
652 653
654
Parrot, Tello, 184 (zu Abb. 38 a) Anm. 186; vgl. dazu auch Hansen 149 Anm. 25; ferner unsere Bemerkungen zur Platte Κ 12 (Kapitel IV, Abschnitt C 2) Vgl. Moortgat, VR 27 ff; No. 250 ff; zur Gudea-Glyptik vgl. zusammenfassend Parrot, Tello, 201 f; Abb. 43 a. c. f Katalogartige Zusammenfassung bei Parrot, Tello, Abb. 35 e. 36 b. d. j. 37; Tf. XX, b. - Vgl. auch Moortgat, KAM 71 ff L. Woolley, MJ 16 (1925) 48 ff; L. Legrain, MJ 18 (1927) 74 ff; L. Legram, RA 30 (1933) 111 ff; Tf. I f Die Identifizierung der Gottheit ist durch erhaltene Inschrift-Reste gesichert (Heuzey, Catalogue, 141 f (No. 25); Parrot, Tello, 173). - Zu den motivgeschichtlichen Aspekten des Themas vgl. Moortgat, Tammuz, 19 Anm. 4; KAM 71 MJ 18 (1927) 82 (Abb.); RA 30 (1933) Tf. I
Die Weihplatten der Gudea-Zeit und der Ur HI-Periode
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hängende Füße ab, die wir nur als zu einer Person gehörig rekonstruieren können, die einst auf dem Schöße des Gottes gesessen h a t 6 5 5 ; und wer anders alsNingal, die göttliche Gemahlin des Nannar, hätte dieses kultisch-mythologische Privileg für sich in Ansprch nehmen dürfen? Die ursprüngliche Flächendimension der Gudea-Platten mit Einfuhrungs-Szene (T 16—19) schwankt zwischen 25 und mindestens 50 cm im Quadrat. In allen Fällen wird das eigentliche Bildfeld von einem doppelten Wulstband gerahmt. Das zentrale Loch dürfte — in Analogie zum Fragment Τ 16, an dem als einzigem sich übrigens ein Teil der hier kreisrunden mittleren Durchbohrung erhalten h a t 6 5 6 - jeweils zwischen einführendem Vermittler und thronendem Hauptgott gesessen haben. Soweit anhand der leider durchweg stark zerstörten Stücke feststellbar, zog sich die Reliefdarstellung, d. h. die Höhe der einzelnen Figuren, fast über die ganze vertikale Ausdehnung der Schaufläche und ließ dabei meist nur oben einen schmalen Horizontal-Streifen frei zur Aufnahme der Weihinschriften, die in erster Linie die Namen der verehrten Gottheiten und den des frommen Stifters, nämlich Gudea's von Lagasch selbst, nennen. Das Bruchstück Τ 17, auf dem als einzigem sich kein Inschriftrest mehr erhalten hat, darf man guten Gewissens, auf Grund seiner motivlichen und stilistischen Identität mit den namentlich beschrifteten Weihplatten und Stelen des Gudea, ebenfalls einem Bildhauer aus der Umgebung jenes Fürsten zuschreiben 6 5 7 . Zwei weitere Relieffragmente aus Tello, die wir zwar nicht mit letzter Sicherheit als Weihplattenreste in Anspruch nehmen können, die jedoch wohl zu Recht von D. P. HANSEN658 auf Grund einer quadratischen Zentralbohrung (?) bzw. eines Doppelwulst-Rahmens unserer Denkmalsgattung zugerechnet worden sind und vielleicht sogar einst zur gleichen Reliefplatte gehört haben (T 20 = Tf. XXXIII,5; Τ 21 = Tf. XXXIII,6) 6 5 9 , zeigen nun ein anderes Darstellungsmotiv, das aber gedanklich durchaus zu jenem großen kultischen Themenkreis passen würde, als dessen Teil wir auch die „Einfuhrungs-Szene" verstehen müssen: Anbetung und Opfer des Menschen vor der Gottheit. Hier handelt es sich um eine Reihe schreitender Huftiere (T 21) und um einen Opferdiener, der ein Rind vor sich her, der Opferstätte zu treibt (T 20). Der Zug von Opfertieren, ein schon aus der altsumerischen Flachbildkunst wohlbekanntes Motiv, das dort meist im Rahmen einer Symposion-Feier oder in Verbindung mit Libations-Szenen begegnete, bildet auch hier einen bestimmten Aspekt der kultischen Verehrung ab, die Gudea oder ein anderer neusumerischer Herrscher von Lagasch seinem Gotte in Form eines Tieropfers zollt 6 6 0 . Direkte Parallelen aus dem Bildrepertoire der Gudea-Stelen selbst können wir zwar nicht beibringen; wir wollen hier aber nur an die um wenige Jahrzehnte jüngere, monumentale Relief-Stele des Urnammu erinnern, deren Rückseite uns unter anderem auch die Opfervorbereitungen beim sumerischen Kultritual in allen Einzelheiten schildert (Schlachtung der Opfertiere, Melkszene etc.) 6 6 1 . An diesem Beispiel zeigt sich deutlich die enge gedankliche Verbindung zwischen einer realen Opferhandlung und der mythisch-historisierenden Begegnung des Königs mit seinen Göttern, die ihrerseits auf der Stelen-Vorderseite ausführlich ins Bild gesetzt worden ist 6 5 2 . Mögen die Reliefs der beiden Fragmente Τ 20 und Τ 21 auch nicht unbedingt im Auftrage des Gudea selbst angefertigt worden sein, so gehören sie stilistisch doch zweifellos in den Kreis der neusumerischen Flachbildkunst. Man halte nur die typischen Rinder-Darstellungen der frühdynastischen Zeit gegen die Wiedergabe der hier gezeigten Opfertiere, um sofort und deutlich — trotz des schlechten Erhaltungszustandes unserer beiden Reliefs — die strukturellen Unterschiede zu spüren. Allein das Bewegungsschema des fast naturgetreu erfaßten und wiedergegebenen „Laufschritts", die feine, nahezu „plastische" Durchmodellierung der Köpfe und der Rumpfmuskulatur, und ikonographische Details wie Hörnerform, Wamme und 655
656
657 658 659 660 661
Damit stehen wir im Gegensatz zu L. Legrain (RA 30 (1933) 112 f), der in der thronenden Gottheit Ningal selbst erkennen will, und die Gestalt auf ihrem Schöße als „göttliches Kind", vielleicht Urnammu selbst oder dessen Sohn und Nachfolger Schulgi, deutet! Aber allein die szenische Aufgliederung des nächstfolgenden Bildfrieses (vgl. Moortgai, KAM Tf. 194), der glücklicherweise in weiten Partien erhalten und vollständig rekonstruierbar ist, läßt auch für die Stelenkrone nur den Analogieschluß zu, daß rechts die männliche, links dagegen die weibliche Gottheit saß! Zur Beweisführung, daß es sich bei jenem Zentral-Loch um eine primäre Durchbohrung handelt, vgl. Hansen 150 Anm. 26 Vgl. zu dieser Zuschreibung schon Meyer, Sumerier, 51 Anm. 1; ferner Parrot, Tello, 173 Hansen 150 (2). (5) Vgl. Genouillac, Telloh II, 34; Parrot, Tello, 174. 184; Hansen 150 Anm. 29 Vgl. dazu auch Moortgat, KAM 71 MJ 18 (1927) 87 (Abb.). 97 (Abb.)
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Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
Beinbehaarung der Rinder lassen keinen Zweifel aufkommen an einem neusumerischen — oder doch zumindest nach-altsumerischen - Entstehungsdatum der Plattenfragmente 6 6 2 . Zu diesen beiden Bruchstücken sei fernerhin angemerkt, daß die erhaltenen Darstellungsreste nur einen Ausschnitt der ursprünglichen Bebilderung der Platte(n) wiedergeben. Ob nun der obere Teil des Plattenbildfeldes seinerzeit mit einer längeren Inschrift ausgefüllt oder ob dort möglicherweise eine weitere Reliefszene angebracht war, läßt sich wegen des fragmentarischen Charakters der Stücke nicht mehr einwandfrei rekonstruieren. Allerdings ist an dem Exemplar Τ 21, an dessen oberer Bruchkante nämlich, kein Überbleibsel eines ehemaligen Friestrennstreifens wahrzunehmen, den wir doch normalerweise in Höhe des quadratischen Lochansatzes erwarten müßten, wenn die Platte einst wirklich mit zwei übereinander liegenden, breitrechteckigen Bildstreifen verziert gewesen wäre. Wir möchten ohnehin bei reliefierten Weihplatten aus neusumerischer Zeit kaum mehr mit einer Friesunterteilung der Bildfläche rechnen, die doch schon seit Beginn der Ur I-Zeit auf den Vertretern unserer Denkmalsgattung immer mehr in den Hintergrund trat zugunsten einer Überziehung des gesamten Bildfeldes mit nur einer geschlossenen szenischen Darstellung, und uns von der Akkad-Zeit an sonst überhaupt nicht mehr auf flachbildgeschmückten Weihplatten begegnet 6 6 3 . Im Prinzip ist die Möglichkeit, daß es auch noch zu Gudea's Zeiten zweifriesige Platten gegeben haben könnte, jedoch nicht ganz auszuschließen. Zu unserer vorhin durchgeführten, zusammenfassenden Charakterisierung der äußeren Gestalt gudeazeitlicher Weihplatten aus Tello läßt sich noch Folgendes hinzufügen: alle erhaltenen Exemplare sind mit einem überstehenden Bruchrand außerhalb der eigentlichen Bildfeld-Rahmung versehen; in einem Fall (T 16) ist diese unregelmäßig gezackte, nur grob behauene Bosse sogar noch mehrfach von kleinen, runden Löchern durchbohrt, die dazu gedient haben müssen, jenen Teil der Platte, der ja ohnehin durch den von allen Seiten bis zur Doppelwulstrahmung herangeführten Wandputz kaschiert wurde und somit flir den Betrachter gar nicht sichtbar war, mit Hilfe kleiner Nägel oder Dübel noch dauerhafter und fester in der Tempelwand zu verankern (vgl. dazu ausführlich Kapitel V Abschnitt Β und C).
2. Kunsthandel (K 12) Stilistisch einwandfrei dem Bereich der neusumerischen Bildkunst zuzuweisen ist die Reliefdarstellung einer thronenden Frauengestalt, die sich auf dem hochrechteckigen Steinfragment Κ 12 (= Tf. XLII), der rechten Hälfte einer kleinen schwarzen Steatit-Platte, erhalten hat. Leider kennen wir nicht die Provenienz dieses meisterhaft gearbeiteten, feinen Bildwerkes, das schon um die Jahrhundertwende über den Baghdader Kunsthandel in den Pariser Louvre gelangte. Ohne Zweifel bildet dieses Fragment, wie erst kürzlich E. STROMMENGER und D. P. HANSEN noch einmal konstatierten 6 6 4 , den Teil einer ehemaligen Weihplatte. Wenn auch der Ansatz der Zentralbohrung nicht mehr auszumachen ist, wenn auch die rekonstruierte Flächenausdehnung des einstigen Gesamt-Bildfeldes relativ klein erscheint, nämlich knapp 15 cm im Quadrat, und wenn auch das kostbare Werkmaterial praktisch ein Unikum innerhalb unserer Denkmalsgattung darstellt, so muß uns allein die flache Tafelform und die quadratisch zu ergänzende Plattenfläche in Verbindung mit der doppelten Wulstrahmung als Identifizierungskriterium für die Weihplatten der Akkad/Ur HI-Zeit hier genügen. Das Fehlen der sonst üblichen Randbosse außerhalb der Bildflächen-Rahmung mutet zwar zunächst ungewöhnlich an, ist aber vielleicht durch den Willen des Künstlers zu besonderer Feinheit und sorgfaltiger Abarbeitung aller Unregelmäßigkeiten zu erklären. Auf keinen Fall könnte dieses Faktum als Gegenbeweis für eine Deutung als WeihplattenFragment gewertet werden! Auch hier ist, wie bei der Umma-Platte und einigen der Gudea-Weihreliefs, die dargestellte Figur nicht ganz bis zum oberen Wulstrand herangeführt, um Platz für die zu dieser Zeit wohl schon obligatorische Weihinschrift freizulassen. In unserem Falle hat sich von der ursprünglich sicherlich wesentlich umfangreicheren Legende nur noch eine einzige Kolumne, am oberen Teil der linken Bruchkante, erhalten, die uns 662
Zur stilistischen Einordnung der Tiergestalt auf Τ 21 vgl. auch die Bemerkungen bei Heuzey, Catalogue, 159 (No. 41)
663
Wenn wie einmal von der frühakkadischen, in altsumerischem Stil gearbeiteten Ritzplatte N i l absehen, die ursprünglich mit mindestens zwei breitrechteckigen Bildstreifen verziert war (Kapitel IV Abschnitt Β 1)
664
Ε. Strommenger, Hirmer/Strommenger, 80 (zu Tf. 129 rechts); Hansen 150 f (7)
Die Weihplatten der Gudea-Zeit und der Ur HI-Periode
137
eine Weihung an Ninsun erkennen läßt. Diese Gottheit, innerhalb des sumerischen Pantheons als Mutter des Gilgamesch aufgeführt, wurde auch im Territorium von Lagasch verehrt 6 6 5 , vornehmlich von Gudea selbst; und ein weiterer neusumerischer Fürst des gleichen Stadtstaates, wahrscheinlich kurz nach Gudea's Regentschaft anzusetzen 666 , trägt sogar ihren Namen. Somit wäre eine Herkunft auch dieser Platte — zumindest von ihrer kultischen Zuordnung her - aus der Ruinenstätte von Tello durchaus denkbar, wenn auch nicht stichhaltig zu beweisen 6 ^ 7 . Allerdings stellt jedoch die thronende Frauengestalt auf der rechten, uns erhaltenen Plattenhälfte wohl nicht die inschriftlich erwähnte Göttin selbst dar, wie mehrfach von wissenschaftlichen Bearbeitern des Stückes vermutet worden ist 6 6 8 , sondern höchstwahrscheinlich eine dieser Göttin geweihte Priesterin oder „Gottesbraut". Zwar trägt die Thronende das für Göttergestalten seit der Akkad-Zeit charakteristische, geradezu designierende „Falbelgewand"; ihr Kopf aber ist nicht mit einer Hörnerkrone geschmückt, wie wir es bei der Bildwiedergabe einer altvorderasiatischen Gottheit des 3. Jahrtausends — sei sie auch noch so niedrig in der Hierarchie des sumerisch-akkadischen Pantheons eingestuft — erwarten dürften, ja, verlangen müßten! Stattdessen wird hier der in gleichmäßig gewellten Parallelsträhnen vom Scheitel bis weit über die Schultern herabfallende Haarschopf lediglich durch ein breites Wulstdiadem gehalten 6 6 9 . Diese Frisur und ihr Tänienschmuck aber, in Verbindung mit dem mehrfach abgestuften Falbelgewand, sind bezeichnende ikonographische Kriterien fur die Bildnisse sumerisch-akkadischer Priesterinnen oder Gottesbräute. Man vergleiche zu diesem Haartracht-Typus nur die Gestalt der ,Jfin-Dingir" auf der Ur Izeitlichen Weihplatte U 4, zum Gesamtbild etwa die Figur der Sargon-Tochter und Mondgott-Priesterin Encheduanna auf deren „Relief-Diskus" aus U r 6 7 0 , das Sitzbild der Enannatuma, Gottesbraut des Nannar, mit Weihung an dessen Gemahlin Ningal, ebenfalls aus dem Gigparku in Ur 6 7 1 , und zahlreiche weitere Bildwerke der Rund- und Flachplastik, die ähnliche Persönlichkeiten darstellen, aus Tello, Ur und anderen Kunstzentren Sumers 672 . Auf jeden Fall lassen sich genügend typologische Parallel-Erscheinungen nachweisen, die eine Identifizierung der zur Debatte stehenden Frauengestalt nicht nur ermöglichen, sondern sogar trachtgeschichtlich-ikonographisch weitgehend absichern 673 . D. P. HANSEN hat sich ebenfalls mit diesem hermeneutischen Problem auseinandergesetzt, ohne letztlich eine Entscheidung zu fallen, ob wir die auf unserem Plattenfragment Dargestellte nun als Göttin oder als Priesterin deuten sollen 674 . Eine ganz ähnliche Frage hatte sich übrigens schon gestellt, als wir die kahlköpfige männliche Figur im göttlichen Falbelgewand auf der Reliefplatte Τ 16 behandelten, eine in ihrer Be665 y g l Parrot, Tello, 306; zusammenfassend: A. Falkenstein, AnOr 30, 108 (50) 666 Ur-Ninsun; zur Zeitstellung vgl. E. Sollberger, AfO 17 (1954/56) 36. 45 (Tabelle): „Schulgi-Zeit" 667
Genauso gut könnte man jedoch auch an eine Herkunft des Fragmentes aus Uruk denken (vgl. dazu A. Falkenstein, AnOr 30, 108) oder eine Zuweisung des Reliefs an eine Bildhauerwerkstatt in Ur in Erwägung ziehen; denn dort hat sich ja Umammu - wie es für Usurpatoren typisch ist - als „Sohn der Ninsun" und damit als Sproß göttlicher Ahnen ausgegeben, um seinen politischen Machtanspruch auch religiös zu untermauern und seine Machtergreifung in Ur nachträglich zu rechtfertigen (vgl. dazu D. O. Edzard, Fischer-Weltgeschichte, 133)
668
Hsuzey, Catalogue, 145 f; Contenau, MAO II, 752; M. Rutten, EPA Tf. 243 C (Bildunterschrift); Pritchard, ANEP 309 f (zu Abb. 512); A. Falkenstein, AnOr 30, 108 Anm. 7; E. Strommenger, Hirmer/Strommenger, 80 (zu Tf. 129 rechts)
669
Rundplastische Bildvergleiche, deren Deutungsschwierigkeiten und Datierungsprobleme werden ausfuhrlich abgehandelt von E. Strommenger, BaM 1 (1960) 77 f. 84. - Bezogen auf die späteren Tonreliefs: Opificius, Terrakottarelief, 213; No. 268 ff; zum Figurentypus vgl. auch E. Strommenger, Hirmer/Strommenger, 80 (zu Tf. 129). 82 (zu Tf. 142) AJ 6 (1926) Tf. LIV b; MJ 18 (1927) 238. 241 (Abb.); UE IV, Tf. 41 d; Pritchard, ANEP Abb. 606; Moortgat, KAM Tf. 130
670
671
AJ 6 (1926) Tf. LII a; MJ 18 (1927) 224. 226. 228 (Abb.); Zervos Tf. 114; Moortgat, KAM 71; Tf. 183
672
Ζ. B. Statuette aus dem Kunsthandel (Paris, Louvre): EPA Tf. 222 Α. Β = Hirmer/Strommenger Tf. 142 rechts. Alabaster-Köpfchen aus Ur: AJ 6 (1926) Tf. LXII = MJ 18 (1927) 221 (Abb.) = UE IV, Tf. 43 unten = Moortgat, KAM Tf. 131
673
Im Gegensatz dazu sind nämlich die bisher bekannten und in ihrer Identifizierung gesicherten Darstellungen weiblicher Gottheiten aus dem sumerisch-akkadischen Kulturkreis, auch der geringsten innerhalb des hierarchisch gestaffelten Pantheons, mit einer ein- oder mehrfachen Hörnerkappe ausgezeichnet: vgl. dazu das Plattenfragment Τ 18; ferner: Parrot, Tello, Abb. 35 b. 36 h. 37 r. o. 42 c; desgleichen die Göttinnen auf der Urnammu-Stele aus Ur (RA 30 (1933) Tf. I f), auf dem „Bassin" des Gudea aus Tello (Unger, SAK 98 Abb. 47; Moortgat, KAM Tf. 188) und auf dem Reliefklotz des Puzur-Inschuschinak aus Susa (MDP 6, Tf. 2; Moortgat, KAM Tf. 158); weiterhin das Sitzbild einer Göttin mit Inschrift des Puzur-Inschuschinak aus Susa (zusammenfassend und mit angesetztem Kopf publiziert: A. Spycket, Syria 45 (1968) 67 ff); zum Bereich der Glyptik vgl. VR Nos. 243. 250. 2 5 9 - 2 7 9 .
674
Hansen 150 f; Anm. 30
138
Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
deutung zunächst dubiose Vermittler-Gestalt, die dort den Fürsten Gudea zu seinem Hauptgotte hinführte. Auch hier hatte H A N S E N eine definitive Beantwortung offengelassen 675 . In beiden Fällen nun tragen die in Frage stehenden Figuren zwar das Falbelgewand, das gewöhnlich nur Göttergestalten auszeichnet und jene von den Sterblichen unterscheidet; es fehlt ihnen beiden aber der charakteristische göttliche Kopfschmuck, die Hörnerkrone: tatsächlich bilden also wohl beide nicht nur rein ikonographisch eine Zwischenstufe zwischen Gott und Mensch, sondern auch ihre inhaltliche Bedeutung wird in jener Mittler-Rolle zwischen Irdischen und Überirdischen zu suchen sein, wie sie eben von einer hochstehenden Persönlichkeit aus der Priesterschaft repräsentiert wird. Aus diesem Grunde möchte ich auch nicht, wie D. P. HANSEN vorschlägt 676 , die „Ninsun-Platte" im Sinne einer „Einführungs-Szene" ergänzen, sondern lieber, wie schon bei der Besprechung des Umma-Fragments (UM 1) angedeutet, als Darstellung eines „Symposion" interpretieren, bei dem die Priesterin — vielleicht gleichzeitig auch die Stifterin der Weihplatte selbst — der auf der leider nicht erhaltenen linken Bildhälfte thronenden Göttin Ninsun gegenübergesessen hat. Zur Frage der Herkunft unseres kleinen Relief-Meisterwerkes und zu dessen Feindatierung sei noch angemerkt, daß gerade die besser gearbeiteten Flachbilder der eigentlichen Gudea-Zeit aus Tello selbst fast durchweg feine, wellenförmig charakterisierte Falbelbahnen an den Götterkleidern aufweisen, während das Gewand der Priesterin auf der Ninsun-Platte durch mehrere Horizontalreihen glatter, hochrechteckiger Falbeln gekennzeichnet wird. Wenn wir daher die Umgebung des alten Lagasch als Ursprungsort unserer Weihplatte annehmen wollen, werden wir vielleicht deren Entstehungsdatum etwas später als Gudea, etwa zur Zeit der Oberherrschaft der Ur III-Könige über Lagasch, ansetzen dürfen. Genauso gut könnte jedoch auch ein Bildhauer aus Ur selbst oder einer anderen neusumerischen Werkstatt des südlichen Mesopotamien jenes qualitätvolle Relief geschaffen haben 6 6 7 . Frisur und Haarschmuck der Priesterin begegnen uns in der altvorderasiatischen Bildkunst spätestens seit akkadischer Zeit, desgleichen das aus mehreren schmalen Ringen bestehende und den Hals direkt unterhalb des Kinnes eng umschließende Kollier, und das durch einen breiten, doppelten Kragensaum nach oben abschließende Falbelgewand mit mehrfacher horizontaler Abstufung 677 . Ikonographische Prototypen, die auf eine kontinuierliche, genetische Entwicklung jener Priestertracht hinweisen, lassen sich — zumindest in Bezug auf Frisuranordnung und Wulstdiadem — bereits in noch früheren Stadien mesopotamischer Bildkunst, nämlich schon spätestens zu Ende der altsumerischen Periode, feststellen 678 . Die Summe aber aller hier verkörperten ikonographischen Ausdrucksmittel und Besonderheiten, in Verbindung mit der feinen Profilzeichnung des Frauenkopfes und speziell der Form des Thrones mit hoher, leicht nach hinten geschrägter Rückenlehne, geschwungener, in einen Tierkopf (oder eine Volute?) auslaufender Sitzfläche und stämmigen, geraden Beinen, können wir am besten innerhalb der gudea-zeitlichen Bildkunst und darüber hinaus bis in die Zeit der Könige von Ur III und Isin belegen 679 . Leider ist nicht genug von der Weihinschrift erhalten, um zu entscheiden, ob diese in sumerischer oder akkadischer Sprache abgefaßt war, was uns unter Umständen auch einen mittelbaren Datierungshinweis hätte bieten können. Zusammenfassend dürfen wir wohl aber konstatieren, daß unser Relief höchstwahrscheinlich im Verlaufe der neusumerischen Kunstperiode geschaffen worden ist, die sich — historisch gesehen — etwa von Urbau/ Gudea bis Lipitischtar von Isin/Abisare von Larsa hinzieht 680 , und in technischer wie auch künstlerischer 675
Hansen 149 Anm. 25
676
Hansen 150 f; Anm. 30
677
Zum Beispiel auf dem Diskus der Encheduanna (Moortgat, KAM Tf. 130) u n d an dem Köpfchen aus Ur (Moortgat, KAM Tf. 131); zur Datierung des letzteren in die Akkad-Zeit vgl. Moortgat, KAM 54
678
vgl. ζ. B. die plump-massige Frauenstatuette im British Museum (Hall, Sculpture, Tf. V u n t e n = Zervos Tf. 124 f = Hirmer/Strommenger Tf. 110 f = Moortgat, KAM Tf. 101 f); ähnlich auch eine weitere weibliche Statuette aus Tello (Dec. Tf. 1 ter, 3 a. b = Moortgat, KAM Tf. 99 f); vgl. ferner auch die Frauengestalten auf der Reliefplatte U 4 aus Ur
679
Vgl. dazu die Verzierung der Sitzflächen mit Tierköpfen (?) auf Reliefstelen: Urnammu-Stele (MJ 16 (1925) 48. 4 9 (Abb.)); Stele aus Susa (EPA Tf. 247 = Zervos Tf. 231 = Moortgat, KAM Tf. 210). - Verzierungen in Form eines Tierkopfes am Ende der Rückenlehne k o m m e n schon bei Gudea vor: Fragment einer Reliefstele mit Bild des thronenden Gottes Ningirsu (Dec. Tf. 22, 5)
680
vgl. dazu E. Strommenger, BaM 1 (1960) 77; Moortgat, KAM 60. - Zur zeitlichen Abgrenzung der neusumerischen Glyptik vom Altbabylonischen vgl. W. Nagel, AfO 18 (1957/58) 319 ff; selbstverständlich überschneiden sich die glyptischen Stilgruppen, u n d das Gleiche dürfte auch für das Gebiet der Großplastik, d. h. für Rundbild u n d Relief, gelten!
Die Weihplatten der Gudea-Zeit und der Ur Iii-Periode
139
Hinsicht eines der qualitätvollsten Werke der uns zur Verfügung stehenden Flachbild-Denkmäler aus jener Epoche überhaupt darstellt: ein Meisterstück des Bildhauer-Handwerks, das sich in jeder Beziehung durchaus mit den feinsten Stelenreliefs des Gudea oder anderen hervorragenden neusumerischen Skulpturen messen kann. Wir müssen auch aus diesem Grunde zutiefst bedauern, daß die Ninsun-Platte nur in so bruchstückhaftem Charakter auf uns gekommen ist!
3. Assur (AR 2) Zum Schluß unseres Kapitels sei noch eine weitere, diesmal vollständig erhaltene Weihplatte aus Assur erwähnt, die außer ihrer langen Inschrift mit Weihung an die Göttin Ischtar und Erinnerung an einen Tempelbau keinerlei Bildverzierung trägt: unser Exemplar AR 2 (= Tf. XXXV,2). Über seine Zugehörigkeit zu unserer Denkmalsgattung kann kein Zweifel bestehen: ein quadratisches Loch durchbohrt das Zentrum der eigentlichen Schaufläche, des „Schriftfeldes" also, das seinerseits durch eine breite, erhabene Leiste mit Mittelkerbe gerahmt und dadurch von dem nur roh bossierten, mit sechs kleinen, runden Löchern versehenen äußeren Plattenrand abgegrenzt wird. Die Legende selbst nennt Zariqum, Statthalter in Assur unter der Ägide des Amarsin (Bursin), des drittletzten Königs der Ur III-Dynastie, als Stifter der Platte 681 . Jener Lokalfürst, Vasall des mächtigen Reiches von Sumer und Akkad, hat das Objekt einer Göttin, die er als „Herrin des Palastes" bezeichnet (gemeint kann hier doch wohl nur Ischtar selbst sein), zum Geschenk gemacht, als er ihren Tempel „baute", d. h. als er das schon spätestens seit frühdynastischer Zeit bestehende Ischtar-Heiligtum zu Assur restaurieren oder wiederaufrichten ließ. Hieraus ergibt sich, wie auch schon aus den „Familienreliefs" des Urnansche in Bild und Schrift hervorging, eine gewisse gedankliche und auch materielle Beziehung zwischen Weihplatte und kultischer Bautätigkeit, was aber auf keinen Fall heißen soll, daß es sich bei diesem unseren, zweifellos kultisch gebundenen Votiv-Gegenstand oder gar bei all den anderen Bild-.oder Schriftplatten der alt- und neusumerischen Zeit etwa jemals um eigentliche Gründungsbeigaben oder -opfer gehandelt habe, wie erst neuerdings wieder, in geradezu anachronistischem Zurückgriff auf ältere Deutungshypothesen, von Μ. E. L. MALLÖWAN als ursprünglicher Bestimmungszweck für unsere Denkmalsgattung vorgeschlagen wird 682 . Denn gerade bei der Zariqum-Platte zeigt sich nur allzu deutlich, daß sie einst in vertikaler Position an einer Wandfläche angebracht gewesen sein muß; wozu hätte man sonst mehrere Dübellöcher in der Randbosse gebraucht, wenn nicht zur zusätzlichen Verankerung des Kultobjekts in jener architektonischen Konstruktion, in die sie eingebettet war: eben die innere Mauerseite eines altmesopotamischen Heiligtums. Völlig unverständlich und unnötig aber wären die Randbohrungen, wenn die Platte als „Gründungsbeigabe" gedacht war und etwa in horizontaler Lage im Tempelfundament beigesetzt worden wäre, wie es andererseits mit Sicherheit für die kleinen metallenen oder steinernen Gründungstäfelchen der Ür HI-zeitlichen Herrscher von Mari683 zutrifft, die zwar manchmal mit den nicht bildlich verzierten Exemplaren unserer Gattung eine entfernte formale Ähnlichkeit aufweisen können, tatsächlich aber mit der hier behandelten Denkmalsgruppe der eigentlichen Weihplatten gedanklich und bedeutungsmäßig kaum etwas gemeinsam haben (vgl. dazu die ausführliche Begründung in Kapitel V Abschnitt B). Darüber hinaus können wir jedoch von der Zariqum-Platte, schon wegen der Tatsache ihrer „provinziellen" Herkunft und wegen des Fehlens jeglicher Bildverzierung, keine neuen Aufschlüsse oder umwälzenden Erkenntnisse über die Geschichte, d. h. die innerliche oder äußere Entwicklung unserer Denkmalsgattung gewinnen. 681
Zur Inschrift vgl. R. Borger, Handbuch der Orientalistik I, Ergänzungsband 5, 1. Abschnitt, 1. Teil, 2 (mit Literatur). - Zur historischen Einordnung, zur Persönlichkeit und zur Namensform des Zariqum vgl. D. Oates, Studies in the Ancient History of Northern Iraq, London 1968, 23 (Tabelle). 26. 28; W. Hallo, JNES 15 (1956) 220 ff. - Aus der letztgenannten Untersuchung geht unter anderem hervor, daß unsere Weihplatte AR 2 höchstwahrscheinlich innerhalb der ersten vier Regierungsjahre Amarsin's geschaffen wurde; denn spätestens seit dem 5. Jahr des Ur III-Königs bis hinein in das 4. Jahr des Schusin ist Zariqum (falls es sich um die gleiche historische Persönlichkeit handelt!) nicht mehr Statthalter in Assur, sondern als „Ensi von Susa" belegt (o. c. 221 0 ; damit hätten wir die Entstehungszeit des Denkmals - ähnlich wie bei der Dudu-Platte Τ 12 ausTello - auf einige wenige Jahre geschichtlich eingeengt!
682
Μ. E. L. Mallowan, CAH I Kap. XVI (Heft 62) 36; vgl. dazu auch unsere Untersuchungen in Kapitel V Abschnitt Β
683
Ζ. Β. Syria 21 (1940) Tf. II. IX. X
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Auflösungserscheinungen, letzte Blüte und Absterben der Gattung
Die eigentliche Bedeutung des Stückes für unsere Untersuchung liegt wohl eher darin, daß die AssurPlatte AR 2 das bisher jüngste sicher datierbare Original-Exemplar der Gesamtgruppe darstellt und deshalb auch am Abschluß unserer Katalogzusammenstellung anzutreffen ist. Die Vermutungen D. P. HANSEN'S, der auf Grund eines vertieften Wandabdrucks bzw. einer in die Wand eingelassenen runden Tonscheibe im altbabylonischen Palast von Mari die Fortexistenz der Weihplatten, als Architektur-Dekoration oder als in funktioneller Verbindung mit einer Tür stehende Bauelemente, erkennen will, scheinen mir nicht stichhaltig genug, um eine echte Tradierung der Gattung noch zu altbabylonischer Zeit für den Archäologen greifbar zu machen 6 8 4 . Wie HANSEN selbst zugeben muß, sind bisher keine Originalstücke aus jener Periode bekannt geworden 6 8 5 . Damit soll nicht etwa prinzipiell die Möglichkeit eines sporadischen Fortlebens formaler Relikte ausgeklammert werden, im Gegenteil: irgendwo könnte es ja eine Traditionsbrücke gegeben haben, die von unseren „klassischen" Weihplatten des 3. Jahrtausends zu den sogenannten „Knauffliesen" überleitet, die ihrerseits etwa seit der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends im assyrischen und elamischen Bereich als Bauornamentik nachzuweisen sind, dort aber meist Palast-Innenräume zieren und sogar innerhalb der Wandmalerei des 1. Jahrtausends zeichnerisch-dekorativ imitiert werden 6 8 6 . Vorerst aber gibt es keine schlüssigen archäologischen Anhaltspunkte für die Existenz einer solchen „Übergangs-Gattung", und insofern muß jede Hypothese in dieser Richtung notgedrungen spekulativ ausfallen. Für unsere Untersuchung einer kunstgeschichtlichen und bedeutungsmäßigen Entwicklung der ursprünglichen Denkmalsgattung erübrigt sich ohnhin jede ausgedehnte Erörterung dieses Problems, bis vielleicht eines Tages neues Fundmaterial die eine oder andere Theorie untermauert. Mit HANSEN'S weiteren Folgerungen stimme ich jedenfalls überein und bin ebenfalls der Meinung, daß spätestens zur altbabylonischen Zeit (Zimrilim-Palast in Mari) die Ur-Bedeutung und eigentliche kultische Funktion unserer Gattung verlorengegangen ist, und - falls es „Übergangsformen" tatsächlich gegeben haben sollte und nicht die Knauffliesen nach längerem Hiatus einen späteren „Rückgriff auf altsumerische Kunst-, Kult- und Architektur-Traditionen darstellten — diese „Ziggatu-Platten", ihres ursprünglichen Gehalts und Bestimmungszwecks entkleidet, zur bloßen Bauornamentik und serienmäßigen Wanddekoration herabgesunken waren. Damit aber hat die Denkmalsgattung der „ Weihplatten ", wie wir sie φ unserer Betrachtung
verstanden wissen wollen, zu dieser Zeit längst aufgehört zu existieren!
684
MAM II, 1, 210 f; Abb. 244. - MAM II, 1 , 1 0 3 ; Abb. 105. - Zusammenfassend: Hansen 152 Anm. 40
685
Hansen 152 Anm. 39
686
Palastschmuck in ornamentaler Reihung: vgl. ζ. B. Wandabdrücke entsprechender Stücke bei Andrae, WA Tf. 76 a. Imitation in der Wandmalerei: OIP 40, Tf. 89. 90; F. Thureau-Dangin u. a., Arslan-Tash, BAH XVI, Paris 1931, Tf. XLVIII
V. Kapitel Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
A. Zusammengehörigkeit der Weihplatten mit bestimmten Gebäuden Abgesehen von einigen Fragmenten, die als Streufunde in Schuttschichten, Suchgräben oder dicht unterhalb der jeweiligen Hiigeloberfläche zum Vorschein kamen 687 oder aber in sekundärer Verwendung (Baumaterial, Türangelstein etc.) angetroffen wurden 688 , stammen die allermeisten der in regulären Grabungen gewonnenen Weihplatten aus kultischen Gebäuden oder deren Nebenräumen, wenn auch leider bisher kein einziges Exemplar „in situ", d. h. an der Stelle seiner ursprünglichen Anbringung, aufgefunden wurde 689 . Dieses Phänomen wird von D. P. H A N S E N recht plausibel damit erklärt, daß die Wände der Tempelbauten, an denen angebracht wir uns die Weihplatten vorstellen dürfen, in keinem Falle hoch genug erhalten sind, um noch die Platten in ihrer originalen Anbringung erkennen zu lassen 690 ; und selbst im Falle noch sehr hoch anstehender Mauern dürften wir kaum jemals eine Platte „in situ" erwarten, da das Tempelinventar bei einer baulichen Erneuerung wohl kaum im alten Kultraum verblieb, sondern entweder in das neu errichtete Heiligtum übernommen oder aber pietätvoll beigesetzt worden ist, wobei man die Objekte oft absichtlich vorher zerschlug, um einem profanierenden Mißbrauch des sakralen Gegenstandes vorzubeugen 691 . Bei einer gewaltsamen Zerstörung der Kultbauten durch Feindeshand wiederum wird man die Kultgeräte entweder als Beute verschleppt oder an Ort und Stelle vernichtet haben, wenn nicht das Heiligtum ohnehin von den Eroberern dem Erdboden gleichgemacht wurde. So werden wir wohl auch in naher Zukunft nicht mit einer Klärung des Anbringungs-Problems von der Seite der Ausgrabung her rechnen dürfen, es sei denn, die glückliche Hand eines Feldarchäologen fördere tatsächlich einen völlig unzerstörten sumerischen Tempel zu Tage, dessen Mauern noch hoch genug erhalten wären, um wenigstens, wenn schon nicht die Platten selbst, so doch zumindest den Abdruck oder Spuren der zentralen Durchbohrung eindeutig nachweisen zu lassen 692 . Nun sind auch gerade jene Weihplatten, die nicht unmittelbar im Bereich einer Kultstätte gefunden wurden und deren Fundstelle in räumlicher Hinsicht zunächst eine gedankliche Verbindung mit profanen Gebäuden nahelegen könnte 6 9 3 , stratigraphisch nicht genau erfaßbar, sodaß eine Zuweisung der Denkmäler - im Sinne einer inneren oder auch nur äußerlichen Zusammengehörigkeit - an die letztere Art von Baulichkeiten nicht stichhaltig sein kann. Hinzu kommt, daß — mit Ausnahme der Naramsin-Platten aus Tello (T 14—15)694 und einiger weniger, lediglich mit Namensbeischrift versehener Bildplatten aus altsumerischer 687
Ζ. B. F 1 - 4 , KI 1 - 4 , Ν 8 - 1 1 etc. - Vgl. auch Hansen 146
688
Ζ. Β. Τ 2, Τ 20 und Ν 5
689
Allerdings sind uns einige Fälle bekannt, in denen Weihplatten „quasi in situ", d. h. in anscheinend unmittelbarer Fall-Lage, die Schauseite nach unten gekehrt, auf dem Fußboden eines Heiligtums aufgefunden wurden (OIP 53, 52 ff; Abb. 52; Hansen 147)
690
Dazu Hansen 152; vgl. auch Parrot, Tello, 94
691
Vgl. dazu vor allem den bekannten „Hortfund" aus dem Square Temple in Teil Asmar: OIP 58, 191; OIP 44, 3 ff
692
Wandabdiücke dieser Art kennen wir erst von wesentlich späteren Ziggatu-Fliesen aus Assur: WVDOG 66, Tf. 14 a; vgl. dazu auch Hansen 152 (Mari)
693
Ζ. B. zu einem Palast: Τ 1 8 - 2 1 , Μ 4 - 7
694
Auch diese Platten sind letztlich einer „Gottheit", nämlich dem vergöttlichten Akkad-König, geweiht!
142
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
Zeit (CA 2, Κ 7) — sämtliche Platten-Inschriften entweder die Weihung an eine Gottheit oder den Bericht von kultischer Bautätigkeit, mehrfach auch beide Hinweise zugleich, enthalten 6 9 5 . Weiterhin zeigen alle bildlich verzierten Weihplatten bis hinab zu denen des Gudea von Lagasch — trotz formaler, thematischer und stilistischer Veränderungen im Laufe der Zeiten — ausschließlich Darstellungen von Vorgängen oder Symbolen, die wir mit dem Bereich des Kultes und der religiösen Vorstellungswelt der sumerischen Kultur in enge Verbindung bringen müssen. Wenn auch — spätestens seit Urnansche — der namentlich benannte weltliche Fürst persönlich, teilweise sogar zusammen mit seiner Familie und Personen des Hofstaates, teilweise auch mit seinem Gott oder einem Priester, bildlich in Erscheinung treten kann, so geschieht das doch nur im Rahmen seiner kultischen Bautätigkeit oder seiner mehr symbolischen Einführung in die göttliche Sphäre, niemals in seiner Eigenschaft als oberster Heerführer oder allmächtiger weltlicher Herrscher. Wir vermissen auf den uns überkommenen Weihplatten jegliche Bildwiedergabe einer realen Kriegs-Szene oder der damit verbundenen Siegesfeiern und Triumphzüge — die Tötung von Feinden etwa, die Vorführung von gefesselten Gefangenen oder die Darstellung von Tributzügen unterlegener Nachbarstaaten und Fremdvölker —.jenes großen Themenkreises also, der seinerseits auf anderen Denkmalsgattungen seit der sumerischen Frühgeschichte häufig und in mannigfacher Variation im Flachbild zu belegen ist 6 9 6 . Das Fragment eines Steinreliefs aus Chafadschi mit der Darstellung eines Lanzenkampfes 6 9 7 , das von E. STROMMENGER als Hinweis für „historische" Kriegsdarstellungen auf Weihplatten gewertet wird 6 9 8 , gehört in Wirklichkeit wohl eher, zusammen mit einigen anderen Bruchstücken aus dem Temple Oval, zu einer monumentalen Sieges-Stele der Mesilim-Zeit 699 als zu einer Weihplatte. Auch das grob gearbeitete Relieffragment Τ 8 (= Tf. XXX,3), das zunächst gegen unsere Theorie zu sprechen scheint, liefert keinen unmittelbaren Gegenbeweis: es zeigt zwar in einer Nebenszene einen König (?), der einen gefesselten Gefangenen erschlägt; aber auch diese kriegerische, scheinbar historische Szene wird — falls es sich hier überhaupt um den Teil einer Weihplatte handelt - wohl kaum als Illustration einer realen Begebenheit, als „Kriegsbericht", aufzufassen, sondern doch eher als mythologische Darstellung zu interpretieren sein, was durch die Aussage der Hauptszene, von der nur eine thronende Göttin erhalten blieb, noch unterstützt wird. Durch jene zweifellos im religiös-kultischen Bereich angesiedelte Darstellung wird auch die Kampfszene selbst in die göttlich-mythische Sphäre erhoben (vgl. dazu auch Kapitel III Abschnitt C 1). In diesem Sinne möchte ich auch jegliche Verbindung der Einlagefriese aus dem Palast von Kisch 7 0 0 mit unserer Denkmalsgattung, wie sie P. MOOREY andeutet 7 0 1 , vor allem in gedanklicher Hinsicht ablehnen, wenn sich beim Vergleich beider Gattungen auch einige technische oder formale Ähnlichkeiten ergeben mögen 7 0 2 . Die Tatsache, daß diese Intarsien-Bänder sich als Innenwand-Dekoration eines Palastes erwiesen, schließt zwar die Möglichkeit nicht aus, daß man historisch-kriegerische Darstellungen zu altsumerischer Zeit auch in rein kultisch bestimmten Gebäuden anbringen konnte (ζ. B. in Mari und Teil Asmar) 7 0 3 ; umgekehrt aber macht der heute zur Verfugung stehende Bestand an figürlich verzierten Weihplatten die Vorstellung höchst unwahrscheinlich, daß man jemals rein profane Szenen auf ihren Bildflächen wiedergegeben hat. Die Theorie, daß Platten der hier besprochenen Art gelegentlich auch in Profanbauten angebracht worden sind, ist dagegen nicht ohne Weiteres abzulehnen, vor allem, wenn man bedenkt, daß ja auch die Dekoration eines primär weltlichen altmesopotamischen Palastes, bis hinab zur neuassyrischen Zeit, an einzelnen 695
Auf einer Fehldeutung des Begriffes „e-tirasch" als „Palast" des Urnansche (in Wirklichkeit wahrscheinlich ein Tempel) beruht auch die irrige Vorstellung L. Heuzey's (Catalogue, 95), daß die Urnansche-Platten mit heraldischen Reliefs (T 1 - 3 ) zum Inventar eines Profanbaus gehört haben müßten!
696
Vgl. in der Glyptik ζ. B. UVB 5, Tf. 23 a - Einlegearbeiten aus Kisch: Langdon, Kish I, Tf. XIII, 1. XLII; Mackay, Kish II, Tf. XXXVI, 1. - Intarsien aus Mari: MAM I 135 ff; vgl. neuerdings P. Calmeyer, Rencontre XV, 161 ff. Geierstele des Eannatum: Dec. Tf. 3 f. 48. 48 bis. - Mosaikstandarte aus Ur: UE II, Tf. 91. - Ferner die Reliefstelen der akkadischen Könige (Moortgat, KAM Tf. 125 ff. 134 ff. 153. 155 f) etc.
697
OIP 44, Tf. 1 1 0 C (No. 196); vgl. dazu auch unsere Bemerkungen im Anhang an die Weihplatten aus dem Temple Oval zu Chafadschi (CT) im Katalog!
698
Hirmer/Strommenger 64 (zu Tf. 45)
699
OIP 44, Tf. 113; besonders ähnlich im Stil scheint das Stelenfragment Tf. 113 Ε!
700
Langdon, Kish I, Tf. XXXVI ff; Mackay, Kish II, Tf. XXXV f
701
Moorey 103 ff; vgl. besonders 105 Anm. 69
702
Moorey 104 Anm. 64 (Anbringung der Objekte)
703
Zusammengestellt bei Moorey 104 Anm. 62 f
Anbringung der Platten innerhalb der Räume
143
Stellen durchaus rein kultische Züge aufweisen kann 7 0 4 , und daß es nachweislich innerhalb der Paläste, ja sogar in Privathäusern 705 , neben den repräsentativen und dem Wohnzweck dienenden Räumlichkeiten auch kultische Gebäude-Trakte, „Hauskapellen" und Opferanlagen, gegeben hat. In ihrer ursprünglichen Bedeutung aber dürfen wir die Weihplatten doch wohl als typisches TempelInventar verstehen, als Weih- und Opfergaben des Tempelpersonals, des Herrschers oder, in selteneren Fällen, auch höhergestellter Privatpersonen. Als zusätzlicher Hinweis auf den kultisch-religiösen Wert, der den Weihplatten — zumindest in alt sumerischer Zeit — zugemessen worden sein muß, mag die Tatsache gelten, daß mehrfach, gerade im Diyala-Gebiet und in Nippur, Weihplatten und sogar Einzelfragmente dieser Flachbildgattung, zusammen mit anderem Kultgerät oder Beter-Statuetten, sorgfältig unter dem Tempelfußboden beigesetzt worden sind 7 0 6 ; allerdings kennen wir bisher noch kein Beispiel für eine regelrechte „Weihplatten-Bestattung" in größerem Umfang, wie es fur die statuarische Plastik der frühdynastischen Zeit des öfteren zu belegen ist 7 0 7 . Einen weiteren Fingerzeig für die Zusammengehörigkeit der Weihplatten mit sumerischen Kultstätten können wir dem Befund entnehmen, daß weder in den frühdynastischen Palastanlagen von Eridu und Kisch708 und den Privathaus-Komplexen von Eschnunna709 noch in altvorderasiatischen Grabzusammenhängen, wie etwa dem „Königsfriedhof" von Ur110 oder den Begräbnisplätzen in Kisch111, Weihplatten zu Tage gefördert wurden 7 1 2 . Und wenn wir bedenken, daß gerade in jenen südsumerischen Städten, die uns sonst nachweislich eine hochstehende Kunsttradition und eifrige bildhauerische Produktivität bezeugen, wie etwa Fora, Adab, Kisch, Ur und besonders Uruk, nur verhältnismäßig wenige Belegstücke, noch dazu meist nur als fragmentarische Streufunde, ans Licht gekommen sind, so können wir uns dieses Phänomen leicht durch den Umstand erklären, daß eben in den genannten Orten kein frühdynastischer Tempel systematisch ausgegraben wurde, während das häufige Auftreten von Weihplatten bzw." deren Fragmenten in Nippur und den Grabungsstätten des Diyala-Gebietes wohl einfach aus der Tatsache resultiert, daß dort vor allem die Tempelanlagen des 3. Jahrtausends in ihrer horizontalen und vertikalen Gliederung und Schichtenfolge sorgfältig erforscht worden sind. Andererseits beweisen natürlich die, wenn auch zahlenmäßig geringeren, Belege aus den zuerst genannten Städten deutlich die Verbreitung unserer Denkmalsgattung über den ganzen sumerischen Süden schon in der frühdynastischen Epoche (vgl. Übersichtskarte am Ende des Abbildungsteiles). Man wird diese Exemplare — mögen sie in den Grabungen auch noch so fragmentarisch, qualitativ minderwertig und zusammenhanglos angetroffen worden sein — nicht ohne Weiteres als samt und sonders verschleppte oder importierte Stücke erklären können! B. A n b r i n g u n g der Platten innerhalb der R ä u m e Nachdem wir die enge Beziehung der Weihplatten zu sumerischen Sakralbauten und deren Innenräumen nachgewiesen haben — und zwar muß es sich dabei um eine sowohl kultisch-religiöse als auch baugeschichtlich-technisch bedingte Zusammengehörigkeit gehandelt haben, wie einerseits aus der bildlichen Thematik bzw. dem Charakter der Weihinschriften und andererseits aus einigen Grabungsbefunden hervorgeht, die uns Weihplatten innerhalb von Tempelräumen „bestattet" oder „quasi in situ", d. h. in Fall-Lage, überliefert haben 713 —, gilt es nun, das Problem der ursprünglichen Anbringung der Platten in den Kulträumen zu er704
Vgl. ζ. B. die Wandmalereien im Palast zu Mari: MAM II, 2; dazu A. Moortgat, BaM 3 ( 1 9 6 4 ) 68 ff; KAM 7 4 ff. 87 ff. - Wandreliefs des Assurnasirpal II. im Thronsaal zu Nimrud: KAM 135 ff; Tf. 257 ff
705
Vgl. ζ. B. die Häuser der sogenannten „Larsa-Stadt" in Ur: L. Woolley, Excavations at Ur, London 1954, 175 ff. Die „Häuser" in Tell Chuera: MFO Heft 4, 2 ff; AGF.WA Bd. 14, 35 ff
706
OIP 5 8 , 6 8 Abb. 6 1 ; 2 3 7 Abb. 184. - Hansen 146
707
OIP 58, 187 ff; Abb. 148 ff; 94 Abb. 86. - Archaeology 15 ( 1 9 6 2 ) 77 ff; Abb. 2 ff
708
Sumer 6 ( 1 9 5 0 ) 27 ff. - Mackay, Kish II, 75 ff
709
OIC 17, 1 ff; OIP 88
710
UE II
711
Mackay, Kish I, 9 ff; Mackay, Kish II, 128 ff
712
Bei den in „house levels" zu Chafadschi und Kisch gefundenen Fragmenten unserer Denkmalsgattung handelt es sich durchweg um Streufunde aus Schuttschichten!
713
Vgl. dazu Hansen 147. 149 Anm. 24 (N 7); OIP 53, 5 2 ff; Abb. 52 (CT 2); Parrot, Tello, 184; Genouillac, Telloh II, 35 (T 16); vgl. auch unsere Anmerkung 6 8 9
144
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
örtern, ihre exakte Position zu rekonstruieren und vielleicht auf diese Weise der eigentlichen Bestimmung und inneren Bedeutung unserer Denkmalsgattung näherzukommen. Noch in seiner neuen, zusammenfassenden Kunstgeschichte des Alten Mesopotamien fragt A. MOORTGAT nach dem praktischen Verwendungszweck und damit gleichzeitig nach der ehemaligen Placierung der mesilim-zeitlichen Weihplatten 714 : „Standartenhalter? Wandverzierung? Gründungsrelief?" Dabei hat es an den verschiedensten und widersprüchlichsten Deutungsversuchen im Laufe der letzten 70 Jahre wirklich nicht gefehlt: L. HEUZEY hatte noch vor Beginn dieses Jahrhunderts einen InschriftPassus auf der sogenannten „Dudu-Platte" (T 12) aus Tello als Angabe des ursprünglichen Bestimmungs ; zwecks unserer Gattung gedeutet und ihn im Sinne eines „Untersatzes nir einen Streitkolben" übersetzt 715 . Diese von F. THUREAU-DANGIN erarbeitete und in einer späteren Publikation des gleichen Forschers in Parenthese gesetzte Lesung 716 , bei deren Interpretation also eine gewisse Skepsis, zumindest aber einschränkende Vorbehalte geboten waren, hat dann letztlich HEUZEY bewogen 717 , die zu Anfang erörterte und eigentlich nur zu nahe liegende Erklärung der Weihplatten als „Wandbilder" in vertikaler Anbringung über Bord zu werfen, als unwahrscheinlich abzulehnen und die in Frage stehenden Reliefplatten stattdessen als horizontal in den Estrich eingelassene oder auf einen Unterbau gelegte Kultgeräte zu deuten, deren zentrale Durchbohrung zur Aufnahme, als „Halterung" also eines aufrechtstehenden Kultsymbols oder -gerätes, einer Weihkeule etwa oder einer „Standarte", gedient haben sollte 718 . Zur Bestätigung seiner Idee von technischer Seite her zog HEUZEY die in der Tat seltsam anmutende Rückseite der bewußten DuduPlatte heran, die in Form einer flachen Pyramide ausgearbeitet ist und tatsächlich, soviel ich weiß, ein technisches Unikum gegenüber allen anderen Vertretern unserer Denkmalsgattung darstellt 719 ; daß aber auch und vielleicht gerade diese spezielle Form der Rückseiten-Gestaltung für eine ursprünglich vertikale Anbringung der Platte sprechen könne, da sie einer Verankerung des Objektes in einer senkrecht aufgehenden Wand einen festeren Halt und größere Dauerhaftigkeit verleihen würde, schien HEUZEY unwahrscheinlich, ja undenkbar. In der Folgezeit aber sind die meisten Wissenschaftler, die sich mit der Anbringungsfrage beschäftigt haben, aus guten Gründen wieder von jenem Rekonstruktions-Vorschlag abgerückt. So deutet G. CONTENAU zwar noch im Jahre 1927 die Gattung der Weihplatten im Sinne HEUZEY's 720 , im vierten Bande jedoch des gleichen kun st geschichtlichen Gesamtwerkes revidiert er seine alte Ansicht 7 2 1 und plädiert für eine ursprünglich vertikale Fixierung der Platten an der Tempelwand. Mit Recht verweist er in diesem Zusammenhang auf den bekannten reliefierten Rundsockel aus Tello, eines der wichtigsten Bildwerke für unsere Kenntnis von monumentaler Reliefgestaltung während der mesilim-zeitlichen Kunstphase 7 2 2 , dessen Aufbau uns nur allzu deutlich vor Augen führt, wie ein „Keulenuntersatz" in der altsumerischen Periode ausgesehen hat: die Reliefverzierung auf dem Zylindermantel und die lediglich geglättete, horizontale Oberfläche des Objekts mit ihren beiden kreisrunden Einlaßleeren, die zur Aufnahme der monumentalen Weihkeulen oder standartenförmigen Göttersymbole bestimmt waren 7 2 3 , beweisen doch wohl überzeugend, daß der sumerische Künstler zweifellos bestrebt war, die vertikale Sichtfläche und nicht die obere Horizontalebene eines Sockels, Untersatzes, Altares oder Podestes mit Bildschmuck zu versehen. Ein ganz ähnliches Phänomen können wir auch bei einigen Rundbildern, vornehmlich Beterstatuetten jener Zeit und auch noch 714
Moortgat, KAM 36
715
Heuzey, Armoiries, 11
716
Thureau-Dangin, SAK 35 (Entemena i, 6); vgl. dazu auch Hansen 151 f
717
Heuzey, Armoiries, 12
718
Heuzey, Armoiries, 6 f. 12 f; Catalogue, 95 f. 125; Dec. 204; vgl. dazu auch Parrot, Tello, 93 f
719
Heuzey, Armoiries, 6 f
720
Contenau, MAO I, 4 6 7
721
Contenau, MAO IV, 2016
722
Heuzey, Catalogue, 82 ff (No. 5); Dec. Tf. 1 bis, 2; 1 ter, 1 a. b; Hirmer/Strommenger Tf. 44
723
Wir dürfen uns die aufrecht stehenden Keulen dabei ungefähr so vorstellen, wie sie auf dem Kalksteinrelief der sogenannten „Figure aux plumes" in Seitansicht abgebildet sind (Dec. Tf. 1 bis, 1 a. b; Moortgat, KAM Tf. 30); eine ähnliche Darstellung in flachbildnerischer Wiedergabe findet sich auch auf dem Bruchstück einer gudea-zeitlichen Reliefstele (Cros, N F T Tf. X, 1 = Moortgat, KAM 72 Abb. 47); hier sind einige der G ö t t e r w a f f e n auf einen annähernd quadratisch gezeichneten Sockel m o n t i e r t (das originale Vorbild dieses Untersatzes wäre also entweder kubisch oder zylinderförmig zu rekonstruieren!)
Anbringung der Platten innerhalb der Räume
145
späterer Perioden, beobachten 724 , deren Sockel jeweils nur auf seinem Vertikalmantel — sei es in metopenartigen Ausschnitten oder in umlaufendem Bildband - mit Reliefs geschmückt ist. Wenn je während des 3. Jahrtausends im sumerisch-akkadischen Bereich gewisse flache Kultgegenstände oder Architektur-Elemente, wie etwa Gründungsurkunden oder Türangelsteine, bedingt durch ihre religiöse Bestimmung oder ihre technisch-funktionelle Aufgabe, in horizontaler Lage in das Erdreich gebettet bzw. in den Fußboden eingelassen werden sollten, so besteht die Oberflächen-Verzierung bestenfalls in einer mehr oder weniger ausführlichen Inschrift, niemals aber in figürlichem Bildschmuck, wie ihn etwa unsere Weihplatten tragen. Während H. F R A N K F O R T in seiner zusammenfassenden Publikation der Rund- und Flachbildkunst aus den Grabungsstätten des Diyala-Gebietes zur Frage der Anbringung unserer Denkmäler noch ausdrücklich betont: „ . . . the plaque was no doubt fixed to the wall" 725 , stellt er in seiner allgemeinen Kunstgeschichte des Nahen Ostens'wiederum die beiden, einander widersprechenden Möglichkeiten einer Deutung, Keulenuntersatz oder Wandbild, zur Diskussion und entscheidet sich nicht definitiv für eine der beiden Lösungen72® Dagegen erscheint V. C HRISTIAN die Idee von einer ehemaligen Einlassung der Stücke in die Wand, die er in technischer Hinsicht mit der Anbringung der Einlage-Friese aus dem Palast von Kisch 7 0 0 - 7 0 3 vergleicht, am besten vorstellbar727. Desgleichen plädiert auch A. P A R R O T für diese letztere Hypothese und schlägt darüber hinaus als ursprüngliche Befestigungselemente Metallnägel vor 728 . Spätestens aber seitdem sich vor nicht allzu langer Zeit D. Ρ . H A N S E N mit dem Anbringungsproblem, das die Weihplatten aufwerfen, eingehend befaßt hat 729 und auf Grund technischer Beobachtungen an den Denkmälern selbst wie an deren Fundumständen, ferner auch mit Hilfe neuesten Fundmaterials aus Nippur, wohl überzeugend nachweisen konnte, daß die Vertreter unserer Gattung ursprünglich vertikal in die Tempelwand eingelassen und dort mit einem durch das zentrale Loch geführten Stift aus Stein, Holz oder Metall730 verbunden waren, wäre eigentlich jede neuerliche Erörterung der Frage überflüssig, zumindest was die räumliche Position der Weihplatten innerhalb ihrer kultischen Umgebung und die technischen Details ihrer Befestigungs-Vorrichtungen betrifft. Da jedoch erst in allerjüngster Zeit zwei weitere, gänzlich von den soeben dargelegten Erwägungen abweichende und untereinander wiederum divergierende Deutungsversuche unternommen und damit gleichzeitig zwei völlig neue Theorien zur einstigen Anbringung unserer Denkmäler vorgeschlagen worden sind, sehe ich mich gezwungen, nicht nur kritisch dazu Stellung zu nehmen, sondern auch diese neuen Hypothesen eingehender zu diskutieren und ihre Haltbarkeit noch ausführlicher und schlagkräftiger zu widerlegen, als das vielleicht seit H A N S E N ' S plausibler Argumentation notwendig erscheinen mag 731 ; ich ziehe deshalb auch im Folgenden — soweit unerläßlich — seine Beweisführung mit heran: Die — gelinde ausgedrückt — äußerst seltsam anmutende Theorie H. J. L E N Z E N ' S , der die Weihplatten als „Fixierungs-Knebel" für die bei manchen Zikurratbauten verwendeten Ankertaue, somit als rein funktionelle Gerätschaften, als technisch bedingte Bau-Elemente, erklären will 732 , ist schon von P. C A L M E Y E R in einer Rezension733 „ad absurdum" geführt worden mit dem Hinweis, daß jene dicken Seile, die dem Lehmziegel- oder Backsteinwerk des Zikurrat-Baus als Spannungsträger festeren Halt verleihen sollten - und übrigens als strukturelles Bauelement erst seit der neusumerischen Periode archäolo724
725 726 727 728 729 730
731
732 733
Ζ. Β. OIP 44, Tf. 6 Α; EPA Tf. 240 f; 261 Β etc. OIP 44, 43 Frankfort, AaA 33 Christian, Altertumskunde, 179 Parrot, Tello, 93 f Hansen 146 ff Auf keinen Fall jedoch ist eine Verbindung unserer Weihplatten mit einer gewissen Gattung von Terrakotta-Nägeln denkbar, wie sie L. Heuzey vorgeschlagen hat (Dec. 204 Anm. 2). Schon A. Parrot hat jede Möglichkeit eines funktionellen oder bestimmungsmäßigen Zusammenhangs zwischen den beiden Denkmalsgattungen entschieden abgelehnt (Parrot, Tello, 94) Dabei gehe ich gar nicht erst auf andere, weit ältere Deutungsversuche ein, die vor der Publikation D. P. Hansen's erschienen sind, wie etwa auf den Vorschlag W. Andrae's, der unsere Platten als horizontal deponierte Untersätze für rundplastisch gearbeitete Stifter-Figuren erklären möchte; diese seien dabei in das Zentral-Loch „eingezapft" gewesen (Andrae, WA 78 Anm. 1)! H. J. Lenzen, in: Schätze aus dem Iraq, 19 P. Calmeyer, JCS 22 (1968) 15 Anm. 53-55
146
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
gisch nachweisbar sind 734 —, durchweg einen wesentlich größeren Durchmesser gehabt haben müssen äls die relativ kleinen Zentralbohrungen der Weihplatten, sodaß eine Hindurchführung der Taue durch die Platten unmöglich erscheint, geschweige denn eine anschließende Verknotung des Seiles vor der PlattenSchaufläche. Wie wäre ferner — um nur einen weiteren technischen Einwand hinzuzufügen - das häufige Vorkommen von quadratischen oder rechteckigen Platten-Löchern zu erklären, die doch dem zweifellos runden Querschnitt jener Schilftaue in keiner Weise, weder formal noch deshalb auch bestimmungsmäßig, entsprächen? Aber abgesehen von dieser technischen Unmöglichkeit erübrigt sich wohl jegliche weitere Diskussion der „Knebel"-Theorie, wenn man bedenkt, daß ausgerechnet die sorgfältigen und systematischen Ausgrabungen im Diyala-Gebiet, die uns altsumerische Weihplatten in so großer Zahl und zum Teil ausgezeichneter Qualität geliefert haben, überhaupt keine Zikurrat-Bauten aus jener Zeit oder auch nur ähnlich konstruierte, von Spannungstauen durchzogene Architektur-Relikte erbracht haben. Außerdem sind die meisten Fragmente und vollständig erhaltenen Vertreter unserer Denkmalsgattung gerade dort, aber auch in Nippur und anderen mesopotamischen Fundorten, in engem baulichen und damit auch bestimmungsmäßigen, d. h. kultischen Zusammenhang mit sehr kleinen, oft geradezu miniaturhaft winzigen Tempel-Cellen oder Nebenräumen aufgefunden worden, bei deren dünnen Lehmziegelwänden sich eine Verspannung von „Ankertauen" erübrigte, ja, weder technisch erforderlich noch überhaupt praktisch durchführbar gewesen wäre. Darüber hinaus sehe ich bei einer derartigen Deutung unserer Gattung als funktionelle, aus rein technischem Bedürfnis erwachsene und gefertigte Architektur-Teile keine Möglichkeit, die sorgfältige Verzierung der meisten Weihplatten mit ausführlicher bildlicher Darstellung kultisch-mythologischen Inhalts und sogar mit Weihinschriften, die das Objekt zum Votivgegenstand designieren, auch nur halbwegs glaubwürdig oder gar beweiskräftig zu erklären. Im Übrigen verweise ich auf die Beweisführung und die Ergebnisse D. P. HANSEN'S, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur die ursprüngliche Verbindung der zentral durchbohrten Weihplatten mit einem Stein- oder Metallstift, der einst durch das Loch geführt war, rekonstruieren kann 7 3 5 , sondern sogar plausibel nachweist, daß diese „Nägel" mit einer mehrfach gegliederten Bekrönung - sei sie nun ornamental oder auch figürlich ausgearbeitet gewesen - versehen waren, die das Zentral-Loch und seine nähere Umgebung verdeckte und damit die Schaufläche der Platte noch zusätzlich verzierte. Wenn auch bisher keiner dieser Nägel sich, in Verbindung mit der Platte, am Ort seiner eigentlichen Bestimmung erhalten hat, so läßt sich seine einstige Existenz doch auf Grund der Plattenreste selbst schlüssig nachweisen: oft war nämlich der Nagel oder Stift anscheinend derart tief und fest, geradezu gewaltsam in das Mittel-Loch gerammt worden, daß sich ein ringförmiger Eindruck seiner Bekrönung auf der Plattenfläche erhalten hat, der sich rahmenähnlich rings um die eigentliche Durchbohrung herum noch heute abzeichnet 736 . Man fragt sich unwillkürlich, warum ausgerechnet ein verdienter Bauforscher und erfahrener Ausgräber wie eben H. J. LENZEN eine derart abwegige, um nicht zu sagen: absurde, allen technischen und archäologischen Gegebenheiten widersprechende Theorie entwickelt und propagiert! Ebenfalls nicht ganz verständlich, zumindest aber nicht stichhaltig in Anbetracht der logischen Begründungen und Konsequenzen D. P. HANSEN'S, erscheint uns die neueste Interpretation unserer Denkmalsgattung und der damit verbundene neue „Anbringungs"-Vorschlag, den M. E. L. MALLOWAN in einem Faszikel der Cambridge Ancient History 737 unterbreitet. Ohne eingehende Motivierung lehnt er HANSEN'S Ergebnisse als unwahrscheinlich ab und offeriert stattdessen eine ihm plausibler scheinende Theorie: die Weihplatten seien ursprünglich „als Gründungskapseln" („as foundation boxes") unterhalb des Tempelfußbodens beigesetzt worden! Als einziges Argument zu dieser These führt er an, daß in Mari eine „ED-Platte in dieser Art deponiert" gefunden worden sei. Leider gibt er aber zu seiner Andeutung dieses interessanten Fundumstandes kein Zitat. 734
Ζ. B. an den Zikurrat-Bauten des Urnammu in Ur und Uruk: UVB 1, 22 ff; Abb. 9 f; H. J. Lenzen, Die Entwicklung der Zikurrat von ihren Anfängen bis zur Zeit der III. Dynastie von Ur, Ausgrabungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Uruk-Warka, Band 4, Leipzig 1941, 23 f. - Späteres (kassitisches) Beispiel: die Zikurrat von DurKurigalzu (Aqr Quf) = Iraq Supplement-Band 1944/45, Tf. V
735
Hansen 146 ff
736
Vgl. ζ. B. AS 5, Ν 2, U 1, Ν 8, Τ 12, UK 1, Κ 10. 11 etc.; vgl. zu diesem Befund auch Hansen 148 (5)
737
Μ. E. L. Mallowan, CAH I, Kap. XVI (Heft 62) 36
Anbringung der Platten innerhalb der Räume
147
Nun ist mir unter den archäologischen Funden aus Mari kein einziges „frühdynastisches" Exemplar unserer Gattung bekannt, das dort, wie MALLOWAN sich ausdrückt, in „Verbindung mit Rohmaterialien eines Schmieds und eines Steinmetzen, Gold und Halbedelsteinen, beigesetzt..." zu Tage gekommen wäre. Vielleicht liegt hier eine Verwechslung vor mit durchbohrten Gründungstafeln der Urlll-Zeit aus dem Bereich des Schamasch-, Ninchursag- und Dagan-Tempels oder anderer Kultanlagen Mari's, Objekten nämlich, die dort tatsächlich, zusammen mit Halbedelsteinen und anderen kleinen Beigaben aus Metall, Muschel oder Stein, als integrierende Bestandteile von Gründungsdepots gedient haben 7 3 8 . Teilweise tragen diese Tafeln eine Bau-Inschrift, und mehrfach waren sie wirklich mit Hilfe eines Metallstiftes, der ihr Zentrum durchbohrte, horizontal ins Erdreich oder in eine Gründungskapsel versenkt. Abgesehen aber von vagen formalen Ähnlichkeiten und der zweifellos gleichfalls magischen Bedeutung des „Zentralnagels", der die Stücke im Boden „fixiert", können wir keinerlei Verwandtschaft äußerlicher oder gar gedanklicher Art zwischen diesen „Gründungsplatten" und den Vertretern unserer Denkmalsgattung entdecken: denn 1. handelt es sich bei den genannten Stücken aus Mari um Meia//-Platten von extremer Flachheit (die Stärke beträgt maximal 10 mm); 2. sind ihre Flächenausmaße mit maximal 18 X 15 cm kleiner als die durchschnittlichen Dimensionen unserer Weihplatten, zumindest der Exemplare aus akkadischer und neusumerischer Zeit; 3. sind ihre Inschriften, soweit überhaupt vorhanden, nur auf einem Quadranten oder höchstens einer Hälfte der Tafel, nämlich der unteren, angebracht; 4. enthalten diese Inschriften, soviel ich weiß, niemals eine Weihung im Sinne unserer inskribierten Weihplatten, sondern lediglich die Bestätigung der jeweiligen kultischen Bautätigkeit des betreffenden Schakkanaku von Mari; 5. ist in keinem Falle auch nur die Spur einer Rahmung oder gar einer darüber hinausgehenden Randbosse zu erkennen 739 ; 6. ist kein einziges Exemplar jener Gründungsplatten mit einer bildlichen Darstellung verziert. Dagegen sehen die Gründungsobjekte der altsumerischen Zeit gerade in Mari gänzlich anders aus: große Metallnägel, die durch einen Metallring oder eine entsprechende Lasche geführt sind, oft in Verbindung mit winzigen, kissenförmigen Steintäfelchen - in ihrer äußeren Gestalt vergleichbar etwa den zeitgenössischen Tontafeln —, die durchweg unverziert, unbeschriftet und niemals durchbohrt sind. Ähnliches kennen wir auch von den Gründungssitten in den Stätten des Diyala-Gebietes und in Tello 740 . Speziell in Mari jedoch läßt sich die Entwicklung der Gründungsriten von der altsumerischen Periode bis hinab zur I. Dynastie von Babylon so genau verfolgen, und die Einzeltypen der Gründungsdepots und ihrer Bestandteile sind hier so vielfach und differenziert zu belegen, daß A. PARROT sich seinerzeit in der glücklichen Lage sah, allein auf Grund der jeweiligen Gründungstypen sogar die zugehörigen architektonischen Überreste, ohne nähere Kenntnis ihres Auf- und Grundrisses, sofort und ziemlich exakt zu datieren 741 . In dieser gut bekannten Entwicklungsreihe findet keine „frühdynastische Weihplatte" einen Platz! Aber auch ohne diesen offensichtlichen Irrtum MALLOWAN'S vom Sachlichen her widerlegen zu müssen, gelingt es uns unschwer, die von ihm geforderte Interpretation unserer Denkmalsgattung als „Gründungstafeln" als unwahrscheinlich, ja, unhaltbar zu erweisen 742 : 1. Ich wüßte nicht, daß jemals innerhalb der mehrtausendjährigen mesopotamischen Baugeschichte eine einzige, figürlich verzierte Weihplatte als Gründungsobjekt oder auch nur als Gründungsbeigabe verwendet worden wäre. 2. Wenn die Vertreter unserer Gattung aber wirklich von vornherein unter dem Tempelfußboden beigesetzt bzw. vor Errichtung des Baus unter- oder außerhalb der Mauern des Heiligtums ins Erdreich eingelassen worden wären, wie wir es von Gründungsdepots erwarten würden, so hätte man, gerade in Anbetracht der sorgfältigen Grabungen in Nippur und den Orten des Diyala-Gebietes, doch wohl wenigstens einige der 738
Syfia 21 (1940) 5 ff; Abb. 3 - 5 ; Tf. 2; o. c. 20 ff; Abb. 15; Tf. I X - X ; Syria 31 (1954) Tf. XVIII
739
Zur Form jener Gründungstafeln und der Deponierungstechnik vgl. am besten Syria 21 (1940) 7 Abb. 5; 21 Abb. 15
740
OIP 53, 86 ff; Abb. 78 f. - Parrot, Tello, 63. 75; Abb. 25; Tf. VIII (b)
741
MAM I, 51 ff. 52 Anm. 7
742
Zu den Gründungssitten bzw. -riten und der Typologie der Giündungsbeigaben oder -figuren vgl. Douglas van Buren, Foundation Figurines, 1 ff; zusammenfassend neuerdings: Ellis, Foundation Deposits, 1 ff (in diesem Werk werden die Denkmäler unserer Gattung nicht einmal erwähnt!)
148
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
vielen dorther stammenden Weihplatten „in situ" finden müssen, d. h. in diesem Falle: unterhalb der vielen unversehrten Fußböden in ihrer originalen Position, in Verbindung mit dem zentralen Stift und anderen Beigaben; gerade aus jenen Grabungsstätten aber kennen wir in mindestens zwei Fällen den Befund von Weihplatten „in Fall-Lage" auf dem Fußboden. Die dort aufgedeckten, zumeist noch unberührten Gründungsdepots dagegen enthielten auch nicht die Spur einer Weihplatte! 3. Was hätte die deutliche Absetzung der verzierten Schaufläche von dem oft unregelmäßig gezackten, nur grob bossierten Außenrand vermittels einer erhöhten oder vertieften Rahmenleiste bei einem großen Teil der alt- und neusumerischen Weihplatten für einen Sinn gehabt, wenn diese „Bildseite" nicht wirklich sichtbar war - im Gegensatz zu der später unter Putz gelegten Randbosse - und sich stattdessen dem Anblick der Stifter, Adoranten oder Priester dauerhaft entzogen hätte, wie es nach einer Beisetzung als „Grundstein" der Fall sein mußte? 4. Bei den eigentlichen Weihplatten ist wiederum die gesamte rückseitige Fläche — soweit im Einzelnen nachprüfbar — nur roh zugehauen bzw. aufgerauht. Das wäre aber bei einem Gründungsopfer weder technisch zu begründen noch aus kultischen Motiven zu erklären! Man vergleiche dazu nur die beidseitige sorgfältige Glättung sämtlicher „Gründungstafeln" aus Mari, die ja alle in horizontaler Position in den Erdboden verlegt waren 743 , oder auch die beidseitig beschrifteten Bauurkunden des Entemena aus Tello 744 , um nur ein Beispiel aus der altsumerischen Zeit zu zitieren. 5. Wozu wären die zusätzlichen kleinen Dübel-Löcher, die bei mehreren Weihplatten — ungeachtet der runden oder quadratischen Zentralbohrungen — auf dem Plattenrand außerhalb der Rahmung angebracht waren, nützlich oder gar notwendig gewesen, wenn nicht von vornherein eine vertikale Fixierung der Objekte an einer aufgehenden Wand geplant war? Unter der Voraussetzung einer ursprünglich horizontalen Deponierung der Denkmäler dagegen erscheint jede zusätzliche Randbefestigung, durch kleine Dübel etwa, unbegründet und dadurch sinnlos, denn schon der zentral durch die Platte geführte Hauptstift hätte voll und ganz zur stabilen Verankerung des Monumentes im Boden oder auf einem Podest ausgereicht. 6. Soweit sich auf unseren Weihplatten Inschriften nachweisen lassen, spätestens also seit dem Beginn der 2. Übergangszeit bis hinab zur neusumerischen Periode, enthalten diese Texte zumeist den Namen jener Gottheit, der die Weihung galt, sodann Namen, Rang, Herkunft bzw. Herrschaftsbereich des Stifters, zuweilen auch die Nennung von Familienmitgliedern oder des betreffenden Oberkönigs, und enden fast immer mit der stereotypen Votiv-Formel: „ . . . hat (dieses Objekt) geweiht (oder: als Geschenk dargebracht)" 745 . Der gleiche sprachliche und inhaltliche Textaufbau (angesprochene Gottheit - Name des Stifters — Weihformel), oder zumindest sehr ähnliche Formulierungen nun begegnen uns auch bei einigen weiteren sumerischen Denkmalsgattungen, bei bestimmten, mit Schriftlegenden versehenen Kultgegenständen und Weihobjekten nämlich, die von ihren Stiftern zweifellos deutlich sichtbar im Tempel aufgestellt worden waren: Beterstatuetten, Steingefäße, Keulenköpfe und andere Votivgaben! Und gerade zusammen mit Fragmenten dieser verschiedenartigen Denkmäler, alle aber dem geheiligten Inventar des Kultraumes angehörig, sind auch Weihplattenreste im Tempel selbst, in Form eines Hortdepots 746 , einmal sogar innerhalb eines Altarsockels 747 , rituell beigesetzt worden (vgl. dazu auch Abschnitt Α dieses Kapitels), sei es, um die beschädigten, unbrauchbar gewordenen Kultgegenstände, die ihren religiösen Bestimmungszweck, ihre rituelle Funktion erfüllt hatten, vor Mißbrauch durch unbefugte, profane Hand zu beschützen, sei es, weil man in ihnen „lebendige Wesen", Substitute des Stifters, unveräußerliches 743 744 745
746 747
Zum Materialbestand vgl. die Zitate bei Parrot, MAM I, 52 Anm. 3 ff Dec. Tf. 5 ter, 1 Sumerisch: a-mu-(na-)ru (= akkadisch: ischruq); oder auch: sag-kab-du (= sa(g)-rig), vgl. zu dieser Form A. Goetze, JCS 15 (1961) 108 Anm. 17. - Das betrifft zunächst unsere inskribierten Exemplare CN 7, Ν 6, Ν 8, U 2, Μ 3, Κ 10, Κ 11, AR 1 und UM 1. - Ausnahmen bilden die Weihplatten des Urnansche (T 1 - 7 ) , die Dudu-Platte (T 12), die Naramsin-Platten (T 14-15), die Zariqum-Platte (AR 2) und das Exemplar U 3; dort wird entweder die kultische Bautätigkeit des Stifters gerühmt oder aber die Gottheit bzw. der vergöttlichte Oberkönig ohne Zuhilfenahme der Weihformel angerufen! Ζ. Β. OIP 58, 68 Abb. 61 OIP 58, 237 Abb. 184
Anbringung der Platten innerhalb der Räume
149
Eigentum der Gottheit oder sogar irdische Teilaspekte dieses Gottes selbst sah: materielle und doch zugleich ideelle Substanz mit eigener „Seele" also, die nach ihrem „Tode", d. h. ihrer durch dauernde Benutzung bedingten oder gar mutwilligen Zerstörung, auch in kultischem Ritus bestattet werden mußte! In diesem Zusammenhang sei noch einmal daran erinnert, daß auf mehreren Weihplatten spätestens seit der Ur I-Zeit auch die bekannte Weihformel mit Einschluß der Bitte um Erhaltung des Lebens auftaucht („ . . . für sein Leben (oder: für das Leben des . . . ) hat er geweiht") 748 , die uns auf so zahlreichen sumerischen Kultgegenständen und Votivbildern begegnet. Im Gegensatz dazu tragen die in Verbindung mit Gründungsdepots aufgefundenen „Nagelmenschen", Bronzelaschen, Täfelchen und anderen Beigaben von der altsumerischen Zeit an bis zum Ende der neusumerischen, sofern sie überhaupt mit Inschriften versehen sind, entweder nur den Namen des Bauherrn, manchmal mit Nennung des betreffenden Gottes, unter Hinzufügung des Tempelnamens und der Formel „er hat gebaut", oder aber einen umfangreicheren Text, der die Bauvorhaben des Herrschers und ihre Ausführung in Einzelheiten schildert 749 . Das Gleiche gilt übrigens auch für die großen Ton-Nägel mit inskribiertem Kopf oder Schaft, die man wohl teils als „Gründungsstifte", teils als Baudokumente, ursprünglich in der Wand verankert, deuten darf 7 5 0 . 7. Wohl eines der wichtigsten Indizien aber dafür, daß die Vertreter unserer Denkmalsgattung niemals in horizontaler Lage, etwa als „Keulen-Untersätze" auf ein Podest gebettet bzw. in den Fußboden eingelassen, oder gar als „Gründungstafeln" in das Erdreich versenkt und damit den Blicken des Tempelpersonals und der Gläubigen von vornherein und für immer entzogen waren, geht hervor aus unserer Kenntnis von der räumlichen Placierung und Befestigung ihrer entfernten Nachfolger, der mittel- und neuassyrischen (bzw. mittel- und neuelamischen) Knauffliesen oder Ziggatu-Platten. Es handelt sich dabei um quadratische oder runde Wandplatten aus Stein oder Ton, vornehmlich aber aus Fritte gearbeitet und oft mit Glasurmalerei versehen, die in Verbindung mit einem zentral hindurchgeführten Fixierungs-Stift standen. Dieser trägt ein verdicktes Knaufende und ist in den meisten Fällen in einem Stück mit der Platte selbst zusammen gefertigt 751 . Interessanterweise dienen diese Ziggatu-Platten des ausgehenden 2. und vor allem des 1. Jahrtausends jetzt wohl vornehmlich als Wandverzierung von Palästen ', wie man anhand von Wandabdrücken erkennen kann, waren sie etwa „mannshoch" in den Räumlichkeiten angebracht 752 . Fazit: Fassen wir unsere Folgerungen aus dem soeben Besprochenen kurz zusammen: es darf als erwiesen gelten, daß die Weihplatten mit Zentralbohrung sichtbar an den Innenwänden sumerischer Heiligtümer, in vertikaler Position, eingelassen waren, und zwar, wenn ein Analogieschluß zu ihren neuassyrischen Epigonen erlaubt ist, etwa in Kopfhöhe der Betrachter. Diese Anbringungshöhe entspräche ohnehin auch unserer — vielleicht etwas modernistisch geprägten, aber dennoch sachlich begründeten und wohl berechtigten — Vorstellung, daß wir für die relativ kleinen Bilddarstellungen der Platten eine möglichst adäquate Sichthöhe für den Beschauer fordern. Was hätte eine so mühevolle, oft miniaturhaft detaillierte Verzierung für einen Sinn gehabt, wenn jene „Bilder" außer Sichtweite, also etwa direkt unterhalb der Decke der Tempelräume oder in Fußbodenhöhe eingelassen und somit den Blicken der Priester, Opferdiener und frommen Stifter praktisch vollständig entzogen worden wären? Insofern wollen wir auch, allerdings nur auf rein äußerlicher, anbringungstechnischer Grundlage, eine Vergleichsmöglichkeit der Weihplatten mit jener Terrakotta-Scheibe und jener quadratischen Einlaßleere im altbabylonischen Palast zu Mari 684 konzedieren, die von D. P. HANSEN in direkte entwicklungsgeschichtliche Beziehung zu unserer Denkmalsgattung gesetzt werden 753 (vgl. auch Kapitel IV Abschnitt C 3); während ich diese letztere Interpretation ablehnen muß oder doch zumindest gedanklich nicht ganz nach748
Sumerisch: nam-ti(l>la-ni. . . (= akkadisch: ana balatischu); hier ζ. B. auf den Platten U 2, Κ 10, Κ 11, UM 1, AR 2!
749
Vgl. dazu: Douglas van Buren, Foundation Figurines, 7 ff; für Mari: Syria 21 (1940) 5 ff. 20 ff; Abb. 3 - 5 . 15; Tf. II. IX f. - Zusammenfassend: Ellis, Foundation Deposits, 46 ff. 94 ff
750
Vgl. Andrae, FK 28 ff; ferner: Hansen 152 Anm. 37; dazu auch R. M. Boehmer, Orientalia 35 (1966) 357 Anm. 2 f
751
Vgl. etwa: Andrae, FK 28 ff; WVDOG 58, 95 f; Tf. 38; WVDOG 66, 21; Tf. 1 4 - 1 7 ; MDP 39, 73 ff; Tf. XVII ff; Amiet, Elam, 354. 398 ff 752 WVDOG 66, 21; Tf. 14 a; Andrae, WA 166 753
Hansen 152 Anm. 40
150
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
vollziehen kann (vgl. dazu Abschnitt D dieses Kapitels), so dürfte doch die Anbringungshöhe jener beiden Objekte, nämlich 1,15 m bzw. 1,30 m über dem Fußboden der betreffenden Palasträume 7 5 4 , ungefähr jener Wandhöhe entsprechen, in der wir uns auch die Einlassung der echten Weihplatten des 3. Jahrtausends rekonstruieren dürfen.
C. A n b r i n g u n g s t e c h n i k Mit stichhaltigen Begründungen und überzeugender Konsequenz hat schon D. P. HANSEN in seiner vielfach zitierten Untersuchung dargelegt, wie man sich die technischen Seite der Platten-Befestigung vorzustellen h a t 7 5 5 ; ich skizziere hier also nur noch einmal kurz den Vorgang selbst: die Weihplatte wird in den Wandverputz oder vielleicht sogar in eine vorbereitete Vertiefung des Lehmziegel-Mauerwerks eingelassen, gelegentlich noch zusätzlich durch eine auf die Plattenrückseite aufgetragene Klebmasse, wie etwa Bitumen, verankert, oder mit Hilfe von kleinen Stiften, die durch Perforationen am äußeren Plattenrand gesteckt wurden, verdübelt. Gleichzeitig oder in unmittelbarem Anschluß wird der mit einem verdickten Knauf-Ende versehene Hauptnagel durch die zentrale Durchbohrung des Plattenfeldes geschoben und bis zum Anschlag in die Tempelwand getrieben. Diesen Vorgang kann man sich gut als feierlich-rituelle Kulthandlung, als eigentliche Befestigungs-Zeremonie, vorstellen! Anschließend führte man den Wandputz — über die „Randbosse", falls eine solche vorhanden war, hinweg — bis zur Rahmenbegrenzung der eigentlichen Platten-Schaufläche heran, sodaß diese allein, in Verbindung mit dem „Nagelkopf", für den Betrachter sichtbar blieb. Der Nagel selbst kann, wie auch seine Bekrönung, verschiedene Formen aufweisen und in verschiedenen Materialien gearbeitet sein: in Nippur zum Beispiel hat man sphäroide bzw. scheibenförmige Einzelknäufe — in jedem Fall also von annähernd kreisrundem Querschnitt — mit rückwärtigen Einlaßleeren, die ihrerseits zur Aufnahme eines Stiftes aus anderem Material gedient haben müssen, gefunden. Daneben gibt es Knäufe mit angearbeitetem Stiftansatz; es kam aber auch ein aus mehreren flachen Scheiben zusammengesetztes Gebilde in direktem Fundkonnex mit einer diesmal unverzierten Weihplatte zu Tage, das mit höchster Wahrscheinlichkeit als Bekrönung eines Platten-Stiftes oder zumindest als deren Teilelement zu identifizieren ist, wie auch die Rundknäufe selbst (zum Grabungsbefund vgl. unser Exemplar Ν 7 = Tf. XVII,2) 7 5 6 . Oft wurden anscheinend Nägel mit Köpfen dieser Art auch für Weihplatten mit quadratischer oder rechteckiger Zentralbohrung verwandt; nur so erklärt sich das Phänomen, daß wir rund um das Mittel-Loch entsprechender Platten mehrfach einen etwas größeren, diesmal kreisförmigen Abdruck auf der Steinoberfläche vorfinden. Anscheinend richtete sich also die Form des Zentral-Loches nicht nach der Nagelbekrönung, sondern nach dem Querschnitt des hindurchgefuhrten Schaftes! Wegen des geradezu winzigen Durchmessers mancher Zentralbohrungen wie auch der Vertiefungen bei einigen Knäufen schließt HANSEN, wohl zu Recht, auf eine gelegentliche Verwendung von Metall- oder Holzstiften, die einst in die rückwärtige Einlaßleere jener Steinknäufe geschoben waren 7 5 7 . Im Normalfall hat man wohl, wenn man schon nicht den Nagel in seiner gesamten Länge aus einem einzigen Steinstück (Schiefer, Kalkstein oder Alabaster) formte, den Gegenstand aus folgenden zwei Teilen zusammengesetzt: der eigentlichen Bekrönung aus Stein, mit rückwärtiger Vertiefung in rundem oder quadratischem Querschnitt, in die der angespitzte Schaft, seinerseits entweder ebenfalls aus Stein oder aus Bronze bzw. einem vergänglichen Material, wie etwa Holz, hergestellt, eingesetzt wurde. Auch konnte der Kopf oder Knauf mit einem angearbeiteten, kurzen Hohlschaft versehen werden, in den dann die Endspitze eingelassen und mit Hilfe eines Querdübels gesichert wurde. Im Zusammenhang mit diesen Erkenntnissen hat nun D. P. HANSEN auch die Frage aufgeworfen 7 5 8 , ob man nicht eine besondere Gattung von figürlichen Appliken, die man bisher gewöhnlich als Möbelzubehör oder Teile von Komposit-Plastiken 759 gedeutet hat, ebenfalls als ursprüngliche „Nagelköpfe" ansehen und 754
MAM II, 1, 103. 210
755
Hansen 146 ff
756
Vgl. dazu Hansen 147 f
757
Vgl. dazu auch Parrot, Tello, 93
758
Hansen 148 Anm. 18
759
Ζ. Β. H. Frankfort, OIP 44, 33; OIP 60, 10; Parrot, Tello, 84. 86. - D. P. Hansen selbst hat übrigens in einer früheren Publikation noch den gleichen Deutungsvorschlag vertreten (Archaeology 15 (1962) 79)
Anbringungstechnik
151
somit in enge funktionelle und gedankliche Verbindung mit unseren Weihplatten bringen dürfe: es handelt sich dabei um eine Reihe von steinernen Tierköpfen und -protomen (Löwen; Widder; Rinder, ζ. T. mit Menschengesicht), aus den verschiedensten Grabungsstätten des mittleren und südlichen Zweistromlandes bzw. dem Kunsthandel stammend und zweifellos durchweg dem zeitlichen Bereich des 3. Jahrtausends angehörend, die jeweils entweder in einen angearbeiteten, sich nach hinten verjüngenden Stift bzw. einen kürzeren, querdurchbohrten Hohlschaft auslaufen oder an ihrem rückwärtigen Ende mit einer tiefen Einlaßleere zur Aufnahme einer Schaftspitze aus anderem Werkmaterial versehen sind (vgl. dazu unsere kurze Zusammenstellung der greifbaren Tierkopf-Attaschen jener Art im Anhang des Weihplatten-Kataloges!). Unerklärlicherweise aber verwirft HANSEN diesen recht plausibel erscheinenden Vorschlag im gleichen Atemzug wieder, und zwar unter der nicht ganz einsichtigen Begründung, daß einige jener Appliken eine am unteren Ende des Schaftes angebrachte Querbohrung aufweisen, die wohl zur Aufnahme eines Querbolzens oder Dübels bestimmt war; dieses Bohrloch soll nach HANSEN der Annahme einer ursprünglichen Eintiefung der Stifte in die Wand widersprechen (vgl. weiter unten unter Punkt 3). Mir erscheint jedoch die von HANSEN zuerst angeregte Idee 760 einer kurzen Untersuchung wert; denn allem Anschein nach haben wir es bei jenen Tierkopf-Attaschen tatsächlich mit einer Denkmalsgattung zu tun, die nur in engster Verbindung mit unseren Weihplatten verstanden werden kann. Es gilt also im Folgenden, wenn schon nicht der letzte Beweis für diese Theorie zu erbringen ist, so doch eine Deutung dieser Appliken als ehemalige „Nagelköpfe" zumindest wahrscheinlich zu machen. Zur Verifizierung unserer Behauptung ziehe ich folgende Indizien heran: 1. Wir wissen dank der neuesten Funde bei den französischen Ausgrabungen in Tschogha-Zambü, mitten im elamischen Kernland gelegen, daß dort zur Befestigung der neuelamischen Wandfliesen neben großen, knaufverzierten Nägeln, die teilweise an jene Wandplatten angearbeitet waren, auch des öfteren Stifte mit figürlichen Bekrönungen benutzt worden sein müssen. Fragmente ähnlicher Appliken waren auch schon in früheren Grabungen, unter anderem auch in Susa selbst, zum Vorschein gekommen, ohne daß man zunächst ihren Gebrauch und ihre Zugehörigkeit erkannt hätte. Erst P. AMIET hat nun neuerdings in einer detaillierten und scharfsinnigen Untersuchung761 nicht nur die enge materielle und entwicklungsgeschichtliche Verbindung jener Stücke mit den emaillierten Fliesen selbst nachgewiesen, sondern darüber hinaus auch die Technik ihrer Anbringung an der Wand bzw. ihrer Koppelung mit den Platten glaubwürdig und überzeugend rekonstruiert. Es handelt sich dabei um Tier- oder Genien-Protomen aus glasierter Terrakotta oder Fritte; diese waren mit Hilfe eines Querdübels an einem dünneren, seinerseits spitz zulaufenden Stift befestigt und mit dessen Unterstützung wiederum in der Wand verankert, wobei der Stift selbst durch das Zentral-Loch der Fliesen hindurchführte und so auch diese fest mit der Wand verband. Die Vermutung liegt auf der Hand, daß jene Fliesen, die wir als späte Nachfahren unserer Denkmalsgattung — hier allerdings wohl nur mehr in rein dekorativer Funktion und ornamentaler Aufreihung verwandt - erkannt haben 7 6 2 , auch in der Technik ihrer Fixierung und der Ausgestaltung ihrer Nagelbekrönung auf uralte sumerische Vorbilder des 3. Jahrtausends zurückgriffen: eben auf gewisse Eigentümlichkeiten der echten Weihplatten! 763 2. Rem technisch gesehen, was also ihre Anbringungsvorrichtungen angeht, aber auch formal und in ihren Dimensionen erfüllen die von mir im Katalog-Anhang zusammengestellten sumerischen Tierköpfe und Protomen des 3. Jahrtausends alle Anforderungen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als „Nagelköpfe" gestellt worden wären: ihre Gesichter sind nur dann voll dem Betrachter zugewandt, wenn die SchaftEnden bzw. die röhrenförmigen Einlaßleeren am Hals oder am Leib der Tiere in waagerechte Position gebracht werden, und auch die Körperhaltung der Protomen, meist liegend mit angewinkelten Vorderbeinen dargestellt, ergäbe nur dann ein sinnvolles Bild, wenn die Stift-Enden, die ihrem Leib entwachsen, in horizontaler Lage fixiert worden wären. 760
Diese Theorie wird übrigens von P. Amiet ohne nähere Diskussion aufgegriffen und als wahrscheinliche Lösung hingestellt (Amiet, Elam, 176 (zu Abb. 128); Syria 44 (1967) 31 Anm. 3)
761
P. Amiet, Syria 44 (1967) 27 ff
762
Vgl. dazu Kapitel I Abschnitt C 5; Kapitel II Abschnitt A; Kapitel IV Abschnitt C 3; Kapitel V Abschnitt Β Punkt 7
763
Diese Theorie vertritt auch P. Amiet, der sich seinerseits auf die Hansen'sehen Rekonstruktionsvorschläge beruft (Syria 44 (1967) 31)
152
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
Oer Durchmesser der Einlaßleeren selbst bzw. der Schaf tansätze am rückwärtigen Ende der Appliken entspricht „grosso modo" dem der Mittel-Löcher der Weihplatten, sowohl in der Form des Querschnittes (quadratisch, hochrechteckig oder kreisrund) als auch in der Größenordnung (Durchmesser bzw. Seitenlänge zwischen 2 und 6 cm, normalerweise um 3 — 4 cm). Weitgehend gleich sind ferner bei beiden Denkmalsgattungen die verwendeten Werkmaterialien (Kalkstein, Alabaster, Gipsstein, Schiefer und dunkler, harter Stein; seltener Steatit, Diorit und Bitumen). Größenmäßig ideal zu den Weihplatten und der Bildanordnung auf ihren Schauflächen paßt auch die durchschnittliche Höhe der Tierköpfe (von 4 bis zu 10 cm, meist zwischen 5 und 7 cm); die Frontalansicht der Attaschen hätte nämlich ziemlich exakt gerade jene quadratische bis hochrechteckige, unverziert gebliebene Mittelfläche verdeckt, die bei vielen Weihplatten, besonders bei denen der altsumerischen Zeit, sozusagen das „Rahmenfeld" für die Zentralbohrung bildete 7 6 4 . 3. Das quer durch das hintere Schaft-Ende getriebene Dübel-Loch bei einigen der in Frage kommenden Skulpturen 7 6 5 , das HANSEN dazu veranlaßte, von der zunächst vorgeschlagenen Zuschreibung und Interpretation dieser Appliken wieder Abstand zu nehmen, scheint mir kein triftiger Grund zu sein, um die gedankliche Zugehörigkeit der betreffenden Exemplare zur Gattung der Weihplatten von vornherein ablehnen zu müssen. Man könnte im Gegenteil die Notwendigkeit eines Querbolzens am Schaft-Ende gerade von der Tatsache her ableiten, daß diese in einem Stück ( „ K o p f + „Stift") gearbeiteten Nägel nicht lang und spitz genug ausgeführt werden konnten, um den Gegenstand wirklich dauerhaft in der Tempelwand zu verankern. Dieser hinter der Platte angebrachte „Riegel" aber hätte in jedem Fall verhindert, daß sich der Nagel lockern oder gar herausfallen konnte 7 6 6 . Somit half die Platte, selber fest in die Wand eingelassen und manchmal noch zusätzlich durch Randdübel vor einer Lockerung geschützt, den Nagel zu halten, der ja ohnehin wohl mehr magisch-symbolische als funktionell-technische Bedeutung gehabt haben und deshalb auch keiner über sein Eigengewicht hinausgehenden, zusätzlichen Belastung ausgesetzt gewesen sein dürfte (vgl. dazu auch Abschnitt D dieses Kapitels). 4. Soweit sie nicht als Streufunde in Schuttschichten zum Vorschein kamen oder aus illegalen Raubgrabungen durch den Kunsthandel in private oder öffentliche Sammlungen gelangten, sind die im Katalog-Anhang aufgeführten Tierplastiken stets in direktem Zusammenhang mit sumerischen Kultanlagen, ja, meist genau wie unsere Weihplatten, in den Innenräumen der Heiligtümer gefunden worden. Mehrfach begegneten Appliken dieser Art, neben den verschiedensten Kultgeräten und -Skulpturen, im Rahmen einer Hortbestattung167; in einem Falle hatte man ein solches Objekt sogar im Inneren eines Altarpodestes beigesetzt 768 . Beides muß als auffällige Parallelerscheinung zu den Fundumständen bestimmter Weihplattenfragmente 746, 7 4 7 gewertet werden und unterstreicht wiederum die religiös-kultische Bedeutung jener rundplastisch gearbeiteten Denkmäler. Ein anderes Mal wurde eine ganze Ansammlung jener Tierkopf-Attaschen in enger räumlicher Verbindung mit einem Weihplattendepot ausgegraben 769 , was ebenfalls den Gedanken an einen mehr als nur zufälligen, inneren Zusammenhang zwischen beiden Denkmalsgattungen nahelegt. 5. Die bewußten Tierköpfe und -protomen stammen darüber hinaus, soweit sich das nachprüfen läßt, nicht nur aus denselben antiken Kultstätten, die uns auch die meisten Weihplatten bzw. deren Fragmente geliefert haben, sondern sogar aus den gleichen Tempelarealen und Fundschichten wie jene. Auch rein 764
In diesem Zusammenhang sei an eine weitere Applikengattung Vorderasiens aus altsumerischer Zeit erinnert, die in materieller, formaler und figürlicher Hinsicht eine enge Verwandtschaft mit unseren Tier-Attaschen aufweist und deren ursprüngliche Bestimmung und Bedeutung bisher ebenfalls nicht zufriedenstellend geklärt ist; allerdings komm e n jene Steinprotomen wegen ihrer erheblich größeren Dimensionen für das Ziel unserer Betrachtung nicht in Frage (ζ. B. UE IV, Tf. 38 unten links. - MDP 13, Tf. XXXVI, 1. 7 = Contenau, MAO I, 4 1 2 Abb. 311 = Amiet, Elam, 172 Abb. 123. - Contenau, MAO IV, 2040 ff; Abb. 1133 f = Parrot, Sumer, 141 Abb. 170 A)
765
Susa: MDP 13, Tf. XXXVIII, 5 = Amiet, Elam, 176 Abb. 128. - Mari: Parrot, Mari, Abb. 60 f = MAM III, 192; Tf. LXXIV, Mitte und unten
766
Vielleicht diente jener Querbolzen auch gleichzeitig der besseren Verankerung des Stiftendes im Mauerwerk selbst
767
Ζ. B. in Nippur: ILN vom 9. 9. 1961, 4 1 0 Abb. 1 1 - 1 2 (Fundphotos: o. c. 409, Abb. 3 (B. D))
768
Nintu-Tempel VI zu Chafadschi: OIP 60, Tf. 4 9 f (No. 294)
769
In Tello: vgl. dazu die Fundskizzen bei Parrot, Tello, Abb. 15, Nos. 4 - 7 . In Nippur (Inanna-Tempel) wurden Skulpturen der in Frage stehenden Gattung zusammen mit Weihplattenfragmenten im R a h m e n einer Hortbestattung aufgefunden (Archaeology 15 (1962) 79)
Anbringungstechnik
153
zahlenmäßig dürfte das bisher bekannte Material an Einzelstücken in etwa der Menge von Weihplattenresten entsprechen; diese Vermutung ließe sich allerdings nur überprüfen, sofern man einmal konsequent alle erreichbaren Plastiken, die zu jener Denkmalsgattung gehören könnten, sammelte und ordnete. Mir war eine solche systematische, vollständige Katalogisierung im Rahmen der vorliegenden Untersuchung verständlicherweise nicht möglich und auch gar nicht beabsichtigt. Aber es wird auch schon aus dem hier zusammengetragenen Material-Ausschnitt (vgl. Katalog-Anhang) deutlich ersichtlich, daß die Entstehungs- und Verwendungszeit dieser Appliken historisch sowohl wie kunstgeschichtlich annähernd auch den Blüteperioden der Weihplatten-Herstellung entspricht, nämlich dem zweiten Drittel des 3. Jahrtausends: während wir eine größere Anzahl für die altsumerische Epoche (Mesilim-, 2. Übergangs- und Ur I-Zeit) belegen können, vermochte ich nur ein einziges Exemplar der Ur Iii-Zeit zu benennen, das vielleicht einst als figürliche Nagelbekrönung gedient hat 7 7 0 . Möglicherweise ist man spätestens zu jener Zeit, wahrscheinlich aber schon während der Akkad-Periode, von der Vorliebe für Tierkopf-Bekrönungen wieder abgekommen und hat vorwiegend ornamental verzierte Knäufe oder Kugelkopf-Stifte in Verbindung mit den Weihplatten benutzt, Exemplare also etwa deqenigen Art und Form, wie sie neben den figürlich ausgearbeiteten Stücken schon seit dem Beginn der frühdynastischen Zeit existierten 771 . Wenn auch zunächst, zumindest bis zur Aufdeckung einer „in situ" erhaltenen Weihplatte oder doch wenigstens bis zu dem Zeitpunkt, an dem man eine Platte mit ihrem figürlich ausgearbeiteten ,.Nagelkopf' in unmittelbarem Fundzusammenhang — in direkter Fall-Lage beispielsweise772 — ausgräbt, kein endgültiger Beweis für die tatsächliche Zusammengehörigkeit der beiden Denkmalsgattungen erbracht werden kann, so sprechen doch sowohl alle archäologischen Gegebenheiten, wie Fundumstände und -zusammenhänge, die Übereinstimmung in der historischen Laufzeit und der zweifellos kultischen Bestimmung und Bedeutung beider Gattungen, die anbringungstechnischen Voraussetzungen, wie etwa die Befestigungsvorrichtungen, und das Maß- und Materialverhältnis, als auch die Rückschlüsse auf ursprüngliche Form und Anbringung, die wir mit Hilfe der späteren, assyrisch-elamischen Epigonen vornehmen dürfen, — betrachtet man all diese Hinwei-
se im Zusammenhang - für eine nicht nur äußerliche, sondern auch gedankliche, bestimmungsmäßige Verbindung zwischen jenen Tierköpfen und -protomen einerseits und unseren Weihplatten andererseits. Wollten wir jene enge Verbindung jedoch — trotzt der oben zusammengestellten, vernünftigen und geradezu zwingenden Indizien, gegen alle Wahrscheinlichkeit und wider die eigene Überzeugung — ableugnen, so wären wir moralisch verpflichtet, für die Gattung der figürlichen Appliken einen andersartigen ursprünglichen Verwendungszweck zu eruieren. Ein wirklich plausibler Vorschlag in dieser Richtung aber fällt uns, nach allem, was wir wissen, nicht leicht, im Gegenteil: jegliche andere Deutung der kleinen Skulpturen erweist sich letztlich als nahezu unmöglich, und die meisten Versuche scheitern bereits im Ansatz! Denn die bisher allgemein verbreitete Erklärung jener Denkmäler als,Möbel-Accessoires" 1S9 will mir von vornherein nicht recht einleuchten: als Verzierung leichter Holz- oder Rohrsessel nämlich können diese Steinattaschen mit ihrem verhältnismäßig beträchtlichen Eigengewicht und ihren komplizierten Befestigungsvorrichtungen doch wohl kaum gedient haben! Wären sie aber Teile von steinernen oder gar metallenen Thronen gewesen, warum haben wir dann niemals auch nur Splitter oder Abdrücke von diesen zweifellos massiven, also massigen Möbelstücken gefunden, geschweige denn in Zusammenhang mit jenen Köpfen oder Protomen? Um welche Art von Thronsesseln sollte es sich denn auch gehandelt haben? Sitzgelegenheiten etwa für die Gottheit, den Priester oder etwa den Fürsten? Und an welcher Stelle innerhalb der zumeist winzigen Tempel-Cellen oder anderen altmesopotamischen Kulträume, die — wenigstens nach den Grabungsergebnissen in Nippur und den Städten des Diyala-Gebietes zu urteilen — ja ohnehin durch Altäre, Podeste, umlaufende Bänke, Opferständer, Speisetische, Mischkrüge, Kultgefäße, Weihstatuetten, Wannen, Becken, Feuerstellen und Gießopferanlagen fast vollständig ausgefüllt waren, sollten jene Prunkmöbel gestanden haben? Wie hätten sie in dem knappen Rest freigebliebener Stellfläche Platz gefunden, und was hätten sie überhaupt in sumerischen Heiligtümern der genannten Art zu suchen gehabt, die doch überwie770
Amiet, Elam, 244 Abb. 178; jener Löwenkopf ist dort auf Grund seiner Mähnenhaarstilisierung etwa in die Zeit des Schulgi von Ur datiert (vgl. dazu die inskribierte Keule aus Susa: Amiet, Elam, 244 Abb. 177)
771
Vgl. dazu Hansen 147 f
772
So darf es ζ. B. bei der doppelten Scheibenbekrönung aus Nippur (Hansen 147 Anm. 11 f) auf Grund der Fundlage als erwiesen gelten, daß sie als Teil des ursprünglichen „Nagelkopfes" unmittelbar zu der Weihplatte Ν 7 selbst gehörte (vgl. dazu unsere Tf. XVII, 2 !)
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Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
gend der Verehrung der Gottheit durch rituelle Handlungen, wie Libation und Brandopfer, oder ähnlichen Kult-Zeremonien gedient haben müssen? Auch sind mir keine bildlichen Darstellungen von Göttersesseln oder anderen Kultmöbeln und -geräten der altsumerischen Epoche bekannt, die etwa eine rundplastische Verzierung in Form eines Tierkopfes oder einer Protome tragen: auf den recht häufig im Bilde wiedergegebenen Thronen von Gottheiten oder Menschen während jener Kunstperioden — sei es in Rundplastik, Relief oder Ritzung — begegnen lediglich in einigen Fällen Streben oder Stuhlbeine, die in Form eines Tierfußes bzw. -schwanzes ausgestaltet sind 7 7 3 . Daneben kommen vereinzelt ganze Tierfiguren, wohl entweder als attributive Symbole der betreffenden Götter oder als Opfergaben für jene zu verstehen (vielleicht aber auch als Wiedergabe einer im Original vollplastisch gestalteten Verzierung zu deuten), vor, die allerdings durchweg unter dem Thronsitz selbst angebracht sind oder unterhalb des Fußschemels, sozusagen als Stützen eines Podestes 7 7 4 . Tierköpfe als rundplastische Verzierung eines Sessels dagegen, der Rücklehne sowohl wie der Enden der Sitzfläche, lernen wir auf flachbildlichen Darstellungen entsprechender Möbelstücke erst viel später, nämlich von der neusumerischen Periode an, kennen 7 7 5 . Jeder Versuch, die kleinen Steinskulpturen als altsumerische Möbel-Appliken zu interpretieren, erscheint somit verfehlt, zumindest aber führt er zu keinem positiven Ergebnis! Welche weiteren Deutungsmöglichkeiten gäbe es aber sonst? Allenfalls könnte man die ursprüngliche Funktion dieser Attaschen noch in Analogie etwa zu gewissen Elementen des Fassadenschmucks beim Aannipadda-Tempel in El-Obed 776 einerseits oder aber bestimmten Typen von Verzierungen an Kultgeräten aus dem „Königsfriedhof" in Ur 7 7 7 zu erklären versuchen. Es handelt sich dabei im ersteren Fall um große, rundplastische Löwenköpfe, die der Ausgräber als dekoratives Beiwerk der Außenmauer eines Heiligtums — in ornamentaler Reihung zu ergänzen — gedeutet hat, zum anderen um kleinere Tierköpfe, die einst als Frontzier von Schallkästen bei Musikinstrumenten oder von Kultwagen bzw. -Schlitten gedient haben. Bei näherer Betrachtung jedoch unterscheiden sich die Appliken von El-Obed und Ur in typologischer wie auch werktechnischer Hinsicht beträchtlich von der oben besprochenen Gattung von steinernen TierVorderteilen: die ersteren weisen im Durchschnitt viel größere, zum Teil monumentale Dimensionen (El-Obed) a u f 7 7 8 , und alle sind, im Gegensatz zu den kleinen Steinprotomen und -köpfen, durchweg entweder in Metall gegossen oder als Edelmetall- bzw. Bronze-Plattierung über einem Holz- oder Bitumen-Kern gearbeitet 779 . Außerdem sind ihre Befestigungsvorrichtungen anders geartet 7 8 0 . Es wird jedem klar, daß die scheinbare Verwandtschaft zwischen unseren Steinplastiken und den MetallAppliken aus Ur und El-Obed über rein äußerliche, formale und zeitstil-bedingte Ähnlichkeiten nicht hinausgeht. Gattungsgeschichtlich jedenfalls haben beide Exponenten nichts miteinander zu tun! Man wird sich wohl kaum unsere verhältnismäßig kleinen Skulpturen als Schmuckelemente einer monumentalen Tempel-Fassade oder als schmückendes Beiwerk hölzerner Kultwagen bzw. Schallkästen vorstellen wollen, geschweige denn als Verzierung von steinernen Kultgefaßen oder anderen, entsprechenden Geräten! Eine Deutungsmöglichkeit in dieser Richtung scheidet somit aus. Man könnte nun noch eine dritte Tierkopf-Gattung als Parallelerscheinung zum Vergleich heranziehen und mit den bewußten Steinplastiken in gedankliche Verbindung bringen wollen: eine Gruppe von ebenfalls isoliert gefundenen, diesmal bronzenen oder kupfernen, monumentalen Tierhäuptern, oft Meister773
Ζ. B.: UE II, Tf. 91 (Oberfries). - WVDOG 39, Tf. 41 d. - MAM I, Tf. XXXVII (Mitte). XLI (oben. Mitte rechts). MAM III, Tf. LI. LX (Mitte links)
774
Ζ. B. auf dem Rollsiegel VR No. 144 und auf den Weihplattenfragmenten KI 4, Ν 3 und Ν 11; von der Akkad-Zeit an dann sehr häufig: vgl. ζ. B. Boehmer, EGA Abb. 387 etc.; Parrot, Tello, Abb. 52 a; Tf. XXIX (651); auf mehreren Fragmenten von Gudea-Stelen; unter Thron und Füßen der Sitzfigur einer Göttin mit Inschrift des Puzur-Inschuschinak aus Susa (EPA Tf. 225 = Moortgat, KAM Tf. 128 = MDP 14, Tf. IV)
775
Ζ. B. Dec. Tf. 22, 5; vielleicht auch auf dem Plattenfragment Κ 12 (vgl. dazu unsere Anmerkung 679)
776
UE I, Tf. X f
777
UE II, Tf. 1 0 7 - 1 2 6
778
Unter den Appliken aus Ur gibt es allerdings auch wesentlich kleinere Stücke (UE II, Tf. 125), die aber in ihrer Eigenschaft als dekorative Besatzstücke einer Schaufläche eindeutig zu erkennen sind
779
Zu den Bearbeitungstechniken vgl. UE I, 33 f f ; UE II, 284 ff
780
Zu den Anbringungs- bzw. Befestigungsvorrichtungen vgl. UE I, Tf. VII ( 2 - 4 ) ; UE II, 78 ff. 249 ff
Funktion und Bedeutungsgehalt der Denkmalsgattung
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werke altsumerischer Toreutik, die verstreut in mehreren Grabungsstätten des mittleren und südlichen Zweistromlandes zum Vorschein kamen 781 . Meist sind es Rinder- oder Kapriden-Köpfe in nahezu lebensgroßer Ausführung, deren ursprüngliche Bedeutung oder Funktion gleichfalls bisher noch nicht geklärt werden konnte. Vielleicht dienten sie einst, vergleichbar den Löwenköpfen von El-Obed, als Wandschmuck von Tempeln782 oder Palästen, oder es handelt sich um Teilstücke monumentaler Komposit-Plastiken, die entweder als „Kultbilder", Substitute von Opfertieren, oder als Symbolfiguren, attributive Tiere von Gottheiten, zu deuten sind 783 . In keinem Fall jedoch darf man diese Bronzeköpfe zu den Vertretern unserer Gattung in direkte Beziehung setzen, denn — abgesehen von den auffälligen Unterschieden in Werkmaterial und Größenordnung — divergieren auch hier wieder die jeweiligen Befestigungsvorrichtungen; und die Tatsache, daß ein Teil unserer Appliken Protomenform hat, schließt umgekehrt von vornherein die Möglichkeit aus, daß es sich dabei um Elemente von Komposit-Plastiken gehandelt haben könnte 7 8 4 . Als einzig wahrscheinliche Möglichkeit, den Bestimmungszweck und die Zugehörigkeit unserer kleinen, steinernen Tierprotomen und -köpfe logisch zu erklären, bleibt schließlich die zuerst vorgeschlagene Lösung bestehen: denn nach allem, was wir bisher über diese Skulpturen-Gattung wissen, über ihre Fundstellen und ihren Fundzusammenhang, über ihre Größenordnung, ihr Werkmaterial, ihre Richtungsbezogenheit, ihre technischen Vorrichtungen und letztlich auch über ihre wohl nicht nur funktionell-dekorative, sondern' vornehmlich kultisch-symbolische Aufgabe innerhalb des sumerischen Heiligtums (vgl. dazu auch den folgenden Abschnitt D dieses Kapitels!), bietet sich als vernünftigste Interpretation dieser Denkmäler eine Deutung als Nagel- oder Stift-Bekrönung an, die man wiederum nur in engster materieller und ideeller Verbindung mit der Gattung der zentraldurchbohrten, sumerischen Weihplatten verstehen kann. Am Rande erwähnt sei noch zum Abschluß dieser Betrachtung, daß die besprochenen Steinappliken zwar nie - soweit mir bekannt ist — mit einer längeren Weihinschrift versehen sind, wie wir sie etwa von einer ganzen Anzahl unserer Weihplatten kennen; des öfteren aber tragen jene Köpfe und Protomen eine kurzt Namensbeischrift des jeweiligen weltlichen oder priesterlichen Stifters, wohl um sie als deren Auftragswerk und Votivgabe zu bezeichnen 785 .
D. Funktion und Bedeutungsgehalt der Denkmalsgattung Nachdem wir uns bisher ausführlich mit den in erster Linie technisch orientierten Problemen der Lokalisierung und Anbringung unserer Platten und ihrer Verbindung mit figürlich oder ornamental bekrönten Stiften befaßt haben, müssen wir zum Schluß noch versuchen, uns über die eigentliche Grundbedeutung unserer Denkmalsgattung, ihren zeitgenössischen Bestimmungszweck und ihre ursprüngliche A ufgabe oder Funktion innerhalb der sumerischen Kulträume klar zu werden. Erleichtert wird uns dieses Vorhaben durch ein gewisses „Ausschluß-Verfahren"; wir hatten ja bereits im Zusammenhang mit der Besprechung der Anbringungsprobleme die Gelegenheit wahrgenommen, eine ganze Anzahl von Interpretationsvorschlägen, die im Laufe der letzten 70 Jahre unterbreitet worden sind, anzuzweifeln und — wie ich meine: aus guten Gründen — entschieden abzulehnen (vgl. dazu Abschnitt Β dieses Kapitels). Nun ist auch D. P. HANSEN in seiner hier oft zitierten Abhandlung über die Nippur-Funde auf diesen letzten Punkt unserer Untersuchungen, das Deutungsproblem nämlich, eingegangen und hat, als Endergeb781
Chafadschi: OIP 44, Tf. 104 (No. 184) = OIC 20, Abb. 23 f. - Tello (2): Dec. Tf. 5 ter. 2 a. b = Pairot, Tello, Abb. 26 a. - Fara (? Nippur?): Hilprecht, Explorations, 540. - (Berlin): Moortgat, KAM Tf. 54
782
In ähnlicher Funktion darf man sich vielleicht auch die großen, steinernen Schafsköpfe aus dem frühsumerischen Uruk vorstellen, deren Ausmaße oft annähernd Lebensgröße erreichen (UVB 7, Tf. 24 1; UVB 11, Tf. 33)
783
Daß es schon in altsumerischer Zeit lebensgroße Metallplastiken gegeben haben muß, beweist u. a. der Fund eines naturgroßen, bronzenen Statuenfußes in Teil Agrab (OIP 60, Tf. 61 A = Moortgat, KAM Tf. 50)
784
Auch läßt sich bei den Einzelexemplaren der bronzenen Tierkopf-Gattung in keinem Fall eindeutig ein rückwärtiges Schaft-Ende, ein Schaftansatz oder eine Einlaßleere in Verbindung mit einer Querbohrung für Verdübelungsbolzen nachweisen, wie wir sie bei den figürlichen Bekrönungen der Weihplattenstifte (vgl. Katalog-Anhang) meist vorfinden!
785
Nippur: ILN vom 9. 9. 1961, 410 Abb. 12. Tello: Dec. Tf. 6 ter, 3 a. b. Dec. Tf. 25 bis, 4. - RA 4 (1898) 105 Abb. 10 b. - Unger, SAK 80, No. 15. Unger, SAK 80, No. 16. (London, British Museum): Hall, Sculpture, Tf. I, 1 = UE I, 54 Abb. 24
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Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
nis seiner eigenen Forschungen, die Weihplatten als Halterungen für Wandknäufe erklärt, die ihrerseits zum Aufbinden von sogenannten Schnur- und Knotentüren oder Rollmatten bestimmt und im Tempelinnenraum installiert gewesen seien 786 . Dabei denkt er sich den mit einem Stiftende versehenen und in Türnähe in der Wand verankerten Knauf als einen lediglich funktionell bedingten Gebrauchsgegenstand, als ein —"den Weihplatten selbst gegenüber in Bedeutung, Entstehung und Entwicklung primäres - technisches Gerät. Es müßte sich demnach im Grunde um ein gewöhnliches Bauelement sumerischer Innenarchitektur handeln, vergleichbar in Verwendungszweck und Anbringungstechnik etwa den modernen Halterungen für Jalousien, Roll- oder Fensterläden, oder aber den Haken für jenes Band, das etwa geraffte Gardinen bzw. Vorhänge zusammenhält: eine Feststell-Vorrichtung also letztlich, die bei Rollmatten oder „Knotentüren" die Stelle des Schlosses, Riegels oder der Klinke vertritt, die ihrerseits bei massiven Flügeltüren aus Holz oder Metall zum Verschluß bzw. zur Öffnung dienen. D. P. HANSEN beruft sich bei diesem Interpretationsvorschlag einerseits auf einen Inschriftpassus auf der bekannten Dudu-Platte (T 12), in dem jener Oberpriester des Ningirsu unter Entemena sich als Stifter des Reliefdenkmals bezeichnet und gleichzeitig berichtet, er habe „ . . . (das Material für) diese Platte aus URU +A (herangeschafft und) als KAK+GISCH-UR hergestellt" 787 . Auf der anderen Seite zieht HANSEN eine Textstelle aus der langen Inschrift des großen Ton-Zylinders Α heran, den Gudea von Lagasch einst verfertigen und mit ausführlichen Beschreibungen von Tempelbauten und Kultritualen versehen ließ 788 ; darin ist unter anderem von der Einweihung eines Heiligtums die Rede, und der Terminus „KAK+GISCH-UR" wird dort in Zusammenhang mit Türeinrichtungen des Tempels genannt. Auf Grund mehrerer komplizierter philologischer Erwägungen789 und mit Hilfe einer Neu-Übersetzung der betreffenden Gudea-Passage durch Th. JACOBSEN 7 9 0 gelangt HANSEN nun zu dem Schluß, daß es sich bei dem umstrittenen sumerischen Begriff um die Bezeichnung für jenen Stift oder Nagel handeln müsse, der in die Tempelwand eingelassen und an dessen herausragendem Knauf jenes Seil befestigt worden sei, das seinerseits in direkter Verbindung zur Türöffnung bzw. dem Türverschluß gestanden haben solle 791 . Die Weihplatte selbst habe — in sekundärer Funktion und als nachträgliche Zusatz-Erfindung zu verstehen — lediglich zur festeren Verankerung des Knaufes und seines Stiftes in der Wand gedient; sie sei also — in ihrer Entwicklung zunächst unverziert und erst später mit Bildern geschmückt — selber, zumindest in ihrer Anfangszeit, nur der funktionelle Bestandteil eines ebenfalls lediglich funktionell bedingten Bauelements, nämlich des Knaufnagels, gewesen. Diese Hypothese D. P. HANSEN'S, der sich neuerdings auch P. AMIET792 und P. CALMEYER793 kommentarlos anschließen, erscheint jedoch allein ihrer abwertenden Tendenz wegen — die Weihplatten hätten sich aus einem rein bautechnischen Bedürfnis heraus entwickelt, noch dazu in sekundärer, untergeordneter Funktion in Zusammenhang mit dem antiken Türverschluß — der Denkmalsgattung wohl nicht ganz gerecht zu werden, gemessen an all dem, was wir von den Platten selbst, ihren Fundstätten und ihrer vorwiegend sorgfältigen Bildverzierung wissen; ja, letztlich ist jener Deutungsvorschlag in seiner Konsequenz unvereinbar mit dem Gesamtbild, das uns die Darstellung auf den Platten, ihre Ausarbeitung wie auch ihr thematischer Gehalt, vermittelt. Es wäre unter jener Voraussetzung nur schwer erklärlich, warum untergeordnete Objekte der von HANSEN vermuteten Art nicht nur seit frühester Zeit mit ausführlichen kultischen oder mythologischen Bilddarstellungen geschmückt, sondern sogar spätestens seit dem Beginn der 2. Übergangszeit mit teilweise recht umfangreichen Inschriften versehen wurden, die uns die Weihplatten eindeutig als persönliche Votivgaben eines die geistliche oder die weltliche Macht repräsentierenden Stifters vorstellen, und es wäre 786
Hansen 151 ff
787
Vgl. Thureau-Dangin, SAK 34 f (i); Anm. g. h; Barton, RISA 54 f (10); Anm. l;dazu Hansen 151Anm. 3 1 - 3 3
788
Thureau-Dangin, SAK 118 f (26, 2 8 - 2 9 ) ; Barton, RISA 232 f (XXVI, 2 8 - 2 9 ) ; A. Falkenstein/W. von Soden, Sumerische und akkadische Hymnen und Gebete, Zürich/Stuttgart 1953, 163 (XXVI)
789
Hansen 151 f; Anm. 3 5 - 3 8
790
Hansen 151 Anm. 34
791
Hansen 152 f
792
Amiet, Elam, 174
793
P. Calmeyer, JCS 22 (1968) 15 Anm. 55
Funktion und Bedeutungsgehalt der Denkmalsgattung
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weiterhin unverständlich, weshalb man funktionelle Nebensächlichkeiten wie eben Halterungen fur Türverschlüsse schon seit der Mesilim-Zeit gedanklich auf eine Stufe mit Weihstatuetten, Votivgefaßen oder Kultwaffen gestellt und sie zusammen mit diesen nur „religiös" zu verstehenden, in erster Linie aus kultischen Motiven und zum sakralen Selbstzweck geschaffenen Skulptur-Gattungen auch rituell beigesetzt haben sollte! Auch will die von HANSEN vertretene Interpretation unserer Denkmäler schon deshalb nicht recht einleuchten, weil ja, wie wir im ersten Kapitel nachgewiesen haben, schon die frühesten überlieferten Weihplatten, die wir wohl der Zeitstufe unmittelbar vor der „klassischen" Mesüim-Periode zuschreiben dürfen, mit Reliefbildern religiösen Inhalts verziert sind und schon die Grundzüge all der Motive und ihrer kompositorischen Aufgliederung im Anfangsstadium erkennen lassen, die wir dann auf den typischen Exemplaren der Mesilim-Zeit selbst und der folgenden Übergangsperiode in ihrer letzten Vervollkommnung, einer Vollendung im technischen wie auch im künstlerischen Sinne, wiederfinden. Außerdem sind ausgerechnet jene von HANSEN zitierten Exemplare unserer Gattung, deren Schaufläche keine sichtbare Bildverzierung trägt und die er deshalb für die entwicklungsgeschichtlichen Prototypen hält 7 9 4 , sowohl in Nippur wie auch im Diyala-Gebiet — nach dem bisher publizierten Fundmaterial jedenfalls zu urteilen — bei weitem in der Minderzahl und spielen mengenmäßig im Verhältnis zu der großen Zahl der erhaltenen Bild- oder Inschriftplatten aus den verschiedensten Fundorten des südlichen Zweistromlandes, die während der letzten beiden Drittel des 3. Jahrtausends entstanden sind, eine zweifellos untergeordnete Rolle! Die soeben kurz skizzierten Gesichtspunkte allein müßten eigentlich schon genügen, um den Deutungsvorschlag HANSEN'S nunmehr mit der gebotenen Zurückhaltung zu betrachten und ihn — wenn man ihn schon nicht sogleich ablehnen will — doch zumindest mit einiger Skepsis zu beurteilen. Darüber hinaus sollten uns jene Überlegungen die Veranlassung geben, uns nach einer anderen, wenn möglich besseren und stichhaltigeren Erklärung umzusehen. Ehe wir aber unsere eigene Interpretation der Weihplatten-Gattung vortragen und zu begründen versuchen, wollen wir noch einmal im Detail die Beweisführung HANSEN'S sowohl wie auch das Ergebnis seiner zweifellos scharfsichtigen und für viele auf den ersten Blick sicherlich überzeugend wirkenden Bemühungen kritisch durchleuchten: Zur Beweisführung: Es klingt in gewisser Weise inkonsequent, wenn HANSEN auf der einen Seite die Meinung vertritt, die ursprüngliche, funktionelle Bedeutung der Platten als Elemente des Türverschlusses sei wahrscheinlich „bereits in frühdynastischer Zeit, sicher aber in der Periode des Mari-Palastes", verloren gegangen 795 , andererseits aber von jenem obskuren Inschrift-Passus der Dudu-Platte, einem Exemplar aus der Endphase der Ur I-Zeit, in Verbindung mit einer nochmals annähernd drei Jahrhunderte späteren Textstelle aus dem Gudea-Zylinder, gerade seine Erklärung der Weihplatten als „Riegelhalterungen" herleiten will 7 9 6 . Eines der beiden Argumente kann doch wohl nur stichhaltig sein: entweder war die Gattung der Weihplatten bis zu ihren spätesten Vertretern hin durchweg funktionell-technisch bedingt, und dieser Bestimmungszweck allen Stiftern bzw. den Bildhauern bekannt und immer gegenwärtig — wenn nämlich die Interpretation der Dudu-Inschrift und des Gudea-Textes glaubwürdig und sinnvoll sein soll —, oder die Inschriften dürfen nicht zur Beweisführung herangezogen werden, unter der von HANSEN angedeuteten Voraussetzung nämlich, daß tatsächlich schon bald nach dem Aufkommen der Gattung ihre eigentliche, bautechnisch bedingte Aufgabe und Funktion nicht mehr bekannt gewesen wäre und die Platten schon von der altsumerischen Zeit an lediglich noch dekorativen Zwecken gedient hätten. Im letzteren Falle wiederum schiene es ein müßiges Unterfangen, überhaupt eine ursprünglich funktionelle Bestimmung der Weihplatten rekonstruieren zu wollen, da jene uns keinerlei Aufschluß bieten könnte über einen möglichen Bedeutungswandel der Gattung, über Ursprung, Entwicklung, Komposition, Thematik und Sinngehalt der kultischmythologischen Bildmotive 797 . 794
Hansen 147 (2). 153
795
Hansen 152
796
Hansen 151 ff Darüber hinaus scheinen mir die Schlußfolgerungen D. P. Hansen's, daß nämlich die Weihplatten - nach dem frühzeitigen Verlust ihrer ursprünglichen funktionellen Bestimmung - schon von der Mitte der altsumerischen Zeit an einzig und allein der Raumdekorationen gedient haben sollten, doch reichlich abwertend im Angesicht dieser bis zu
797
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Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
Ein weiteres Argument HANSEN'S, den Bestimmungszweck der Denkmalsgattung in engen funktionelltechnischen Zusammenhang mit Türen oder Torräumen zu bringen 798 , liefert ihm der Hinweis, daß sich innerhalb des altbabylonischen Palastes von Mari der Abdruck einer quadratischen Platte mit einer zentralen Vertiefung, die vielleicht von einem einst hindurchgesteckten Stift herrührt, erhalten hat, und zwar in Sichthöhe an der Laibungswand eines Türdurchgangs 799 . Um welche Art von Platte es sich hier aber seinerzeit gehandelt hat, können wir nicht mehr entscheiden, da das Objekt selbst verlorengegangen ist; H A N S E N jedenfalls ist der Meinung, daß das fehlende Originalstück durchaus eine (in diesem Falle altbabylonische) Weihplatte oder zumindest ein unserer Gattung eng verwandter Gegenstand gewesen sein könnte! Eine runde Terrakotta-Scheibe aus einem benachbarten Fundareal jedoch 8 0 0 , die „in situ", d. h. an der Wand einer anderen Torpassage, in etwa gleicher Höhe wie die vorige angebracht und ebenfalls mit einer zentralen Durchbohrung versehen, aufgedeckt wurde und von H A N S E N als erhärtendes Indiz für seine Theorie herangezogen wird, scheint mir, gerade wegen ihrer äußeren Gestalt und ihres Werkmaterials, umgekehrt dafür zu sprechen, daß wir es hier in beiden Fällen wohl kaum mit eigentlichen Vertretern unserer Gattung zu tun haben, im günstigsten Falle noch mit ganz entfernten Verwandten oder späten Nachfahren! Außerdem müssen die beiden Objekte keinesfalls, wie H A N S E N es glaubt, in direkter Verbindung mit Türverschlüssen gestanden haben, obwohl ich die Möglichkeit einer solchen Verbindung hier nicht von vornherein ablehnen möchte. Nach seinen eigenen Ausführungen allerdings scheint die Annahme gerade der Zusammengehörigkeit der Mari-Stücke mit Türbefestigungen etwas abwegig! In beiden Fällen nämlich sind entgegen H A N S E N ' S Behauptung 801 - am Ausgang der betreffenden Torpassagen große, in den Boden versenkte Türangelsteine nachgewiesen worden 8 0 2 , sodaß wir guten Gewissens die einstige Existenz von massiven Türflügeln rekonstruieren dürfen. Unter dieser Voraussetzung aber wären Befestigungsvorrichtungen für „Knotentüren" oder Rollmatten, als die unsere Weihplatten ja von H A N S E N gedeutet werden und die seiner Meinung nach auch bei den Mari-Exemplaren vorliegen, völlig überflüssig, ja, geradezu sinnlos gewesen! Darüber hinaus sehe ich auch kerne nähere gedankliche Verbindung zwischen den eigentlichen Weihplatten und jenen beiden Objekten aus Mari, was vor allem ihre räumliche, architektonische Zugehörigkeit angeht: der Wandabdruck sowohl wie der Tondiskus sind in Verwaltungstrakten innerhalb des altbabylonischen Palastes gefunden worden, ohne daß auch nur ein einziger archäologischer Hinweis vorläge auf eine religiöskultische Umgebung, Opferanlagen etwa in den anschließenden Räumen oder Höfen, während wir ja vorhin doch wohl glaubhaft nachgewiesen haben (vgl. Abschnitt Α dieses Kapitels), daß es sich bei den echten Weihplatten um Votivgaben kultischer Tendenz und religiöser Bedeutung gehandelt haben muß, die, wie schon aus Inschrift, Fundzusammenhang und Darstellungsgehalt eindeutig hervorgeht, lediglich in TempelInnenräumen Verwendung fanden! 8 0 3 Bei dieser Gelegenheit sei gleich noch eine schwerwiegende Frage angeschnitten, die sich jedem aufmerksamen Betrachter unserer Denkmalsgattung stellen muß, sobald er die Weihplatten ihrer Bestimmung nach als „Haltevorrichtungen fur stiftförmige Türverschlüsse" erklären will: warum kennen wir aus den mesopotamischen Privathäusern des dritten vorchristlichen Jahrtausends, aus den Wohnvierteln, die in Teil Asmar, Chafadschi, Nippur, Ur und anderen Städten des mittleren oder südlichen Zweistromlandes — zumindest teilweise — ausgegraben wurden, nicht ein einziges Exemplar unserer Gattung, sei es verziert oder ohne jeglichen Bildschmuck, und auch keine Stifte mit großen Köpfen, die zur Befestigung der bewußten Vorhänge, Rollmatten oder Schnurtüren gedient haben könnten? Gerade in den Wohnhäusern des „Bürgertums", des einfachen Volkes, sollten wir diese simple Methode des Türverschlusses wohl am ehesten und häufigsten erwarten dürfen! Wenn es also überhaupt jemals „Riegel"-Vorrichtungen der oben beschriebenen Art gegeben hat, noch dazu in Verbindung mit einer angeblich zur Halterung dienenden quadratischen Wandihrem Absterben mit religiösem Inhalt bildlicher oder/und schriftlicher Art ausgestatteten Denkmalsgattung! Wie könnte man unter dieser Vorraussetzung den sorgfältigen Bildaufbau, den kultisch-mythologischen Gehalt der Darstellungen, die mehrfach belegte Kultbestattung der Denkmäler und die frommen Weihinschriften, die oft ein Gebet um Erhaltung des Lebens für den Stifter einschließen, noch vernünftig erklären? 798
Hansen 152 Anm. 40
799
MAM II, 1, 210 f; Abb. 244
800
MAM II, 1, 103 Abb. 105
801
Hansen 152
802
Durchgang von Hof 1 zu Saal 2: MAM II, 1, 210. - Durchgang von Saal 108 zu 109: MAM II, 1, 102
803
Seltsamerweise haben auch die Ausgräber des Diyala-Gebietes bei einer architektonischen Rekonstruktionszeichnung eine Weihplatte in einem Türdurchgang ergänzt, nämlich an der Innenseite einer Türlaibung des Single Shrine I zu Teil
Funktion und Bedeutungsgehalt der Denkmalsgattung
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platte, warum sollten wir sie dann nur, noch dazu mit einer solch sorgfältigen Bebilderung und Beschriftung versehen, im Bereich von Kultstätten und im unmittelbaren Zusammenhang mit sumerischer Sakralarchitektur vorfinden?
Zu den Konsequenzen: Aber selbst wenn wir die von HANSEN vorgeschlagene Interpretation unserer Denkmalsgattung von der Beweisführung her zunächst einmal als brauchbar unterstellten, so ergäbe sich doch bei einer näheren Untersuchung der wissenschaftlichen Konsequenzen eine Vielzahl weiterer, ungelöster Fragen; und eben diese technischen wie auch archäologischen Probleme, die sich beim Versuch einer Beantwortung aufwerfen, lassen sich nur schwer mit der HANSEN'sehen Hypothese selbst in Einklang bringen, im Gegenteil: sie sprechen gegen deren Wahrscheinlichkeit! So läßt sich ζ. B. die Idee, der „Nagelkopf'1 sei das eigentlich primäre, funktionell bedingte Objekt gewesen und die Platte nur ein sekundär hinzugekommenes Halterungs-Element, kaum mit dem archäologischen Befund vereinbaren: dieser zeigt nämlich, daß jene Knäufe, Protomen oder Tierköpfe nur selten eine Inschrift, und dann nur eine kurze Namensnennung, tragen, ganz im Gegensatz zu den mit bildlichen Darstellungen und teilweise (etwa seit Beginn der 2. Übergangszeit schon) mit längeren Weihinschriften kostbar ausgestatteten Platten. Und wie erklären sich dann die Darstellungen selbst, jene oft recht ausführlichen und geradezu liebevoll detaillierten Schilderungen kultischen Geschehens oder mythologischer Vorstellungen und Symbole? Wie wäre der Sinn der Verzierung überhaupt und die zweifellos beträchtliche Mühe und Sorgfalt zu verstehen, die der Bildhauer bei der Herstellung und Bearbeitung der Schaufläche investieren mußte, wenn wir bedenken, daß eine aufgebundene Knotentür oder ein Vorhang jene Platte fast völlig verdeckt haben müßte? Wo überhaupt sollte die Schnur oder das Seil, das den Vorhang zusammenhielt, befestigt gewesen sein? Am ehesten vorstellbar wäre noch eine Verknotung des Bandes hinter einem der kugelähnlichen oder scheibenförmigen Ornamental-Knäufe, zwischen Plattenschauseite und Nagelbekrönung also, was aber wiederum eine beschleunigte Lockerung des Stiftes zur Folge gehabt hätte, den die jn die Wand eingebettete Platte selbst kaum oder gar nicht hätte verhindern können, wie es nach HANSEN'S Ansicht gerade ihre Aufgabe gewesen wäre! Bei einem figürlich verzierten Nagelkopf, in Form eines Tierschädels oder einer Protome etwa, wäre die Befestigung einer gespannten Schnur wohl schon aus rein technischen Gründen nahezu undenkbar; darüber hinaus würde eine solche Verknotung die Bildhauer-Arbeit verdecken und damit die Mühe des Steinmetzen sinnlos erscheinen lassen! Die von HANSEN mehrfach zitierte Fundposition einiger Weihplattenreste in der Nähe einer KultraumTür, die ihm als zusätzlicher Beweis für eine enge funktionelle Zusammengehörigkeit der Denkmäler mit dem „Türverschluß" dienen soll 804 , will mir in ihrer angeblichen Bedeutsamkeit für unser Problem nicht recht einleuchten. Das Argument verliert nämlich beträchtlich an Stichhaltigkeit, wenn man den archäologischen Grabungsbefund in Rechnung stellt: wir wissen, daß gerade jene Räume der sumerischen Tempelanlagen in Nippur und den Stätten des Diyala-Gebietes, die uns eine Fülle von Weihplatten-Fragmenten geliefert haben, zum überwiegenden Teil so kleine, geradezu winzige Grundriß-Dimensionen aufweisen, daß praktisch jedes dort aufgefundene Objekt „in der Nähe einer Tür" zum Vorschein kommen muß! Ausgerechnet in den genannten Kultanlagen sind übrigens des öfteren die Überreste mehrerer Weihplatten in einem einzigen Raum geborgen worden; gerade dieser Tatbestand würde — wenn wir uns schon auf die Fundumstände und ihre Konsequenzen für die ursprüngliche Bestimmung unserer Gattung berufen wollen — der Vorstellung von „Tür-Accessoires" widersprechen. Denn dazu hätte bei einer Tür — selten haben jene kleinen Tempelcellen zwei Eingänge — auch eine einzige Platte vollauf gereicht! Und bedenkt man den Umstand, daß die steinernen Denkmäler unserer Gattung zweifellos eine wesentlich höhere Lebensdauer hatten als die wohl jährlich erneuerten Fußbodenschichten 805 , ja, sogar mehrere Bauphasen oder Tempelerneuerungen ohne Weiteres hätten überdauern können, so erscheint es erst recht Asmar (OIP 58, Abb. 159). Eine Begründung dazu wird allerdings nicht angegeben; es wird nur betont, daß die ganze Zeichnung lediglich als Rekonstruktionsvorschlag zu werten sei (OIP 58, 197). Anscheinend gibt es also in Wirklichkeit vom Befund der Diyala-Grabungen her keinen einzigen archäologischen Hinweis auf eine tatsächliche Anbringung einzelner Platten an Tiirlaibungen, denn sonst wäre dieses Indiz sicher vom Autor der Rekonstruktionszeichnung an dieser Stelle zitiert worden! 804
Hansen 152 f
805
Vgl. dazu die Untersuchung von P. Delougaz am Sin-Tempel in Chafadschi: OIP 58, 125 ff
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Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
völlig unverständlich, warum innerhalb ein und desselben Bautraktes während einer relativ kurzen Zeitspanne so viele „Türknauf-Halterungen" nötig gewesen sein sollten! Auch die Rekonstruktion eines angeblichen Bedürfnisses, jene Nagelknäufe mit Hilfe von Steinplatten größeren Ausmaßes fester verankern zu müssen, scheint mir von technischer Sicht her schon anfechtbar, wie überhaupt jede Begründung für eine konstruktive Notwendigkeit der Weihplatten nicht ganz ersichtlich wird. Nach Ansicht H A N S E N ' S sollten nämlich die Platten einst die Haltbarkeit des Nagels in der Wand verstärken, jenes Stiftes mit Knaufbekrönung, der seinerseits angeblich durch den Zug der „Vorhang-Schnur" einer gewissen physikalischen Belastung ausgesetzt war 8 0 6 . Gerade zur Erfüllung einer solchen „stützenden" Aufgabe aber erscheinen unsere Platten denkbar ungeeignet ! Es wäre dagegen viel sinnvoller gewesen, das zugespitzte Ende des Nagels mit einem Querriegel zu versehen und dann den ganzen Schaft unter Putz zu legen, vielleicht sogar noch in das Lehmziegelwerk der Tempelwand einzumauern, um ihn wirklich sicher zu befestigen. Denn eine unmittelbare Einbettung des Nagels in Mauerwerk und Verputz hätte ihn, trotz des auf ihn ausgeübten Zuges, dort jedenfalls besser und dauerhafter fixiert als etwa eine mehr oder weniger lockere Einfügung des Schaftes in das Zentral-Loch einer schweren Steinplatte, die selbst keinen allzu festen Halt in der Wand gehabt haben konnte — man denke nur an die vielen Exemplare unserer Gattung, deren Steinfläche unmittelbar hinter der Rahmung glatt abgearbeitet ist, die also keine anstehende Randbosse aufweisen, die man unter Putz legen und zusätzlich hätte verdübeln können! Eher noch könnte man den Eindruck gewinnen, daß der Nagel selber unter anderem auch die Funktion einer zusätzlichen Befestigungsvorrichtung für die Platte gehabt hätte; auf jeden Fall wirkt diese Annahme vernünftiger und realistischer als die umgekehrte Vorstellung! Denn die von Natur aus nicht allzu stabil verankerbare Weihplatte — ihre Schaufläche und Rahmung mußte ja schließlich sichtbar bleiben - wäre einer Belastung durch Zug von außen, der sich notgedrungen vom Nagelknauf auch auf die Platte selbst übertragen mußte, wohl kaum gewachsen gewesen. Hätte man aber solche wertvollen, als kultische Weihobjekte bestimmten Kunstwerke, deren Herstellung und Verzierung so viel Mühe gekostet hatte, jemals einer derart immanenten, dauernden Gefährdung ausgesetzt? 807 Natürlich hätte eine Zugkraft nur dann eine gefährliche Auswirkung auf die Platte gehabt, wenn der Nagel stabil mit ihr selbst verbunden gewesen wäre, mit Hilfe eines Querdübels etwa, der hinter der Plattenrückseite transversal durch den Schaft des Stiftes führte. Tatsächlich kennen wir ja einige, in einen Tierkopf auslaufende ,.Nagel-Bekrönungen", deren im gleichen Werkmaterial angearbeiteter Stift eine Querbohrung aufweist (vgl. dazu Abschnitt C dieses Kapitels). Wären die Nägel aber nur locker eingeführt gewesen, so hätten ihnen die Platten erst recht keinen Schutz vor dem Herausfallen gewähren können! Wir sehen also, daß sich die von D. P . H A N S E N vertretene Interpretation unserer Denkmalsgattung — so verlockend sie auch auf den ersten Blick erscheinen mochte — jetzt wohl kaum mehr aufrecht erhalten läßt. Mit dieser Ablehnung allein ist es jedoch nicht getan; wir müssen unsererseits zumindest den Versuch unternehmen, einen eigenen Vorschlag zu unterbreiten, wie man die historische Existenz der Weihplatten zu begründen und wie man sich ihre eigentliche Bestimmung, ihre Bedeutung für die Kulträume und ihre formalen Ursprünge vorzustellen hat! Unser Deutungsvorschlag: Eine primär technisch bedingte Zweckgebundenheit unserer Denkmalsgattung, noch dazu im abwertenden Sinne einer Hilfskonstruktion für Türverschlüsse, wie H A N S E N sie eben postuliert, läßt sich beim heutigen Stand der Wissenschaft weder nachprüfen, geschweige denn definitiv beweisen, noch scheint ein Suchen in dieser Richtung überhaupt sinnvoll, sowohl in Anbetracht der ausschließlich kultisch oder mythologisch ausgerichteten Darstellungsthemen und Inschrift-Tendenzen als auch der sakralen Umgebung, aus der die Platten stammen, und ihrer gedanklichen Zusammengehörigkeit mit anderen Votivgattungen: man wird schwerlich etwa Beter Statuetten, Weihkeulen, Kultgefäße oder verwandte Gegenstände als „funktionelle" Elemente des Tempel-Innenraums erklären wollen, genauso wenig also auch unsere Weihplatten, solange man jedenfalls das Wort „Funktion" im Sinne einer „technischen Notwendigkeit" versteht! 806
Hansen 153
807
Ich will gern zugeben, daß es sich bei dieser mehr rhetorischen Frage um einen von modernistischer Ästhetik geprägten Gedankengang handelt! In diesem Falle jedoch erschien mir eine Argumentation auch von diesem Gesichtspunkt aus nicht nur durchaus angebracht, sondern auch sachlich gerechtfertigt und geradezu erforderlich!
Funktion und Bedeutungsgehalt der Denkmalsgattung
161
Die gedanklichen, zweifellos im religiösen Bereich zu suchenden Beweggründe, die einst zur Entstehung und Entwicklung unserer Denkmalsgattung geführt haben, dürften — ohne daß ich dabei eine unmittelbare Beziehung zur endgültigen formalen und figürlichen Ausgestaltung der Weihplatten herleiten will — auf uralten sumerischen Kult-Traditionen und magischen Vorstellungen wie religiöser Symbolik beruhen: die rituelle Versenkung eines Stiftes in den Boden oder in das aufgehende Mauerwerk eines sakralen Bauwerks, sei es zur Absteckung eines Temenos, zur Markierung einer Kultstätte oder auch gleichzeitig als Gründungsopfer 8 0 8 , wie wir es spätestens seit der Mesilim-Zeit kennen, sei es — vor allem bei horizontaler Einführung des betreffenden Stiftes in vertikale Architekturteile wie Wände oder Altäre — in apotropäischem, magischem Sinne und im Effekt auch schließlich dekorativer Bedeutung, wie es etwa bei den Steinstift-Mosaiken und den Tonstiften mit Rosettenbekrönung der Fall ist, die vornehmlich in frühsumerischer Zeit begegnen 809 . Hinter diesem rituellen Vorgang, dieser nur in einem religiös-kultischen Zusammenhang zu verstehenden Methode des Durchbohrens eines Gegenstandes mit einem spitzen Instrument, dessen tiefen Versenkens ins Erdreich oder Hineintreibens ins Mauerwerk, steht zweifellos die Idee einer Beschwörung der guten Geister, einer Bannung der bösen, die Idee des Opfersund der Weihung schlechthin. Darüber hinaus soll, je nach Art und Gestalt des Stiftes, die Heiligung des Baus und seine Dauerhaftigkeit, die Bekräftigung des sakralen Bezirkes, eine Betonung der kultischen Bautätigkeit des Herrschers und seiner innigen Beziehung zur verehrten Gottheit, Schutz vor Verfall oder menschlicher Zerstörungswut und auch, im Laufe der Entwicklung, vielleicht dekorative Verschönerung des kultischen Rahmens bewirkt werden. Gleichzeitig dokumentiert sich darin auch der Wunsch des frommen Stifters, das Kultobjekt dauerhaft zu fixieren und fest — zumindest im symbolischen Sinne — mit dem zugehörigen Ergänzungsteil zu verbinden oder in der entsprechenden architektonischen Umgebung zu verankern, um seine magische Wirksamkeit zu garantieren. Auch bei unseren Weihplatten nun handelt es sich doch wohl um derartige Kultobjekte, die mit Hilfe eines zentral hindurchgebohrten Stiftes als Votivgaben an den Wänden des Heiligtums angebracht wurden. Dabei läßt sich nicht ohne Weiteres die entwicklungsgeschichtliche Frage entscheiden, ob jene Stifte das primäre Element waren, das im Laufe der Zeit durch eine Bildplatte erweitert und, im wahrsten Sinne des Wortes, bereichert worden ist, oder ob beide Teile von Anfang an als Einheit, als zusammengehöriges Ganzes aufgefaßt und gestaltet worden sind. Letztere Möglichkeit erscheint schon aus folgendem Grunde plausibler: wir können dem archäologischen Befund keinen Hinweis entnehmen, daß jene Stifte, die für unsere Gattung charakteristisch sind, etwa zeitlich früher entstanden wären! Und von den Ton- bzw. Steinstiftmosaiken oder den Nägeln mit Rosettenbekrönung, die uns aus frühsumerischer Zeit in großer Menge und Verbreitung bekannt sind, und die oft wie eine Verschalung in dekorativen Mustern die Wände der Heiligtümer überzogen 810 , scheint mit doch ein weiter Schritt zu den Weihplatten-Nägeln der altsumerischen Periode, bis zu jenen individuell gearbeiteten Einzelstücken nämlich, die oft eine figürliche Bekrönung in Form eines Tierkopfes oder einer Protome getragen haben müssen. Ja, man könnte sogar die - bisher allerdings nicht beweisbare — Möglichkeit in Erwägung ziehen, daß die Weihplatten ihrerseits das primäre Element, das eigentlich wichtige Kultobjekt, darstellten, und die Idee einer Fixierung an der Wand mit Hilfe von „Nageln" erst ein späteres, nachträgliches Entwicklungsstadium bildet. Grundsätzlich wäre eine solche Entstehungsgeschichte zwar durchaus denkbar, allerdings scheint ihr die Tatsache zu widersprechen, daß die frühesten Vertreter unserer Denkmalsgattung, die wir anhand des vorhandenen archäologischen Materials nachweisen können (vgl. Kapitel I Abschnitt C), schon eine deutlich erkennbare, sogar stark betonte Zentralbohrung aufweisen. Noch ein Wort zur Gattung der Steinplatten selber: wenn auch einige Exemplare — übrigens meist aus Schiefer gearbeitet — eine glatte, scheinbar völlig unverzierte Schaufläche tragen 811 , so sind doch auch diese Stücke zumindest durch einen sorgfaltig gezogenen, farbig zur Schaufläche kontrastierenden Rahmen um808 vgl. zusammenfassend neuerdings: Ellis, Foundation Deposits, 77 ff 809
Ζ. B. UVB 2, Abb. 5. 2 0 - 2 2 ; UE I, Tf. XXX, 1. XXXIV, 1; Iraq 9 (1947) Tf. IV, 2. VI, 3; JNES 2 (1943) Tf. XVI. XXVIII, A
810
Vgl. dazu Moortgat, Entstehung, 69 f; KAM 11; E. Douglas van Buren, Archaic Mosaic Wall Decorations, Artibus Asiae IX, 4 (1946) 323 ff Vgl. Hansen 147 (2); ferner unser Exemplar Ν 7; dazu auch unsere Anmerkungen 504 und 505
811
162
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
randet 5 0 8 . Der weitaus größte Teil jedoch, nämlich mehr als hundert der von uns zusammengetragenen Weihplatten bzw. Fragmente der Gattung — und es sind noch viele weitere zwar ausgegraben, aber bisher nicht publiziert 812 - sind auf ihrer gesamten Sichtfläche mit bildlichen Darstellungen erzählender oder symbolischer Art ausgestattet, die in Relief-, Ritz- oder Einlagetechnik gearbeitet sein können. Diese Tatsache gibt uns - so glaube ich jedenfalls - die Berechtigung, von der ganzen Gruppe nicht nur allgemein als ,ßenkmalsgattung", sondern, spezieller formuliert, als „Bildgattung" zu sprechen, besonders nachdem wir festgestellt haben, daß schon die ältesten bisher nachweisbaren Beispiele mit ausführlichen Bilddarstellungen verziert waren. Wir besitzen keinen gültigen Beweis, nicht einmal ein glaubhaftes Indiz für die von HANSEN vertretene Hypothese, daß sich die Bildgattung aus einer ursprünglich unverzierten Plattenform entwickelt habe 813 . Gerade einer der bezeichnendsten Aspekte unserer Bildgattung, ja, vielleicht das Bemerkenswerteste an den Weihplatten und ihrer Entstehungsgeschichte überhaupt, ist wohl, wie A. MOORTGAT erst neuerdings wieder herausgestellt hat, die erstmalige Schaffung einer unabhängig vom Gerät entwickelten, gerahmten Bildfläche als künstlerisches Endziel814, Selbstzweck also und nicht nur dekorative Auflockerung der Oberfläche eines Gebrauchsgegenstandes! In letzter Konsequenz nämlich haben wir es hier allem Anschein nach mit B i l d e r n im eigentlichen Sinne des Wortes zu tun, die ja von ihrer Tendenz her bis auf den heutigen Tag niemals nur rein dekorativen Charakter haben und nicht allein einer verschönenden Ausschmückung von Innenräumen dienen sollen, sondern in erster Linie den künstlerischen Ausdruck einer Idee repräsentieren, sei jene nun, wie im Falle unserer Platten und bei den meisten Kunstwerken der antiken und mittelalterlichen Kulturen überhaupt, der kultisch-religiösen Vorstellungswelt entnommen und für diese sakrale Sphäre und im Rahmen dieser Sphäre formuliert, oder sei sie, wie vorwiegend in der Moderne, als persönlicher Wunsch zur Manifestierung individuellen Kunstschaffens zu verstehen. Gerade dieser von A. MOORTGAT wohl zum ersten Male erkannte und erläuterte künstlerische Selbstzweck, der unseren Bildplatten innewohnt, widerspricht am eindringlichsten dem Deutungsversuch D. P. HANSEN'S, der die Gattung aus funktionell-technischen Bedürfnissen, also aus dem Bereich der Gebrauchsgegenstände, herleiten und den Denkmälern in ihrer Entwicklungsgeschichte eine lediglich dekorative Bedeutung und Beziehung zur Tempelwand zubilligen will 815 . Fassen wir also noch einmal abschließend zusammen, was wir im Hinblick auf die Entstehung, Entwicklung und das Absterben unserer Bildgattung, über ihre Bedeutung, ihre Bestimmung und ihre einstige Anbringung, im Laufe unserer Untersuchungen eruieren konnten:
E. Abschließende Zusammenfassung Es muß sich bei den hier zusammengestellten Weihplatten mit zentraler Durchbohrung um eine sumerische Bildergattung religiösen Ursprungs und sakraler Bestimmung handeln, deren innere Bedeutung ihren künstlerischen Ausdruck in kultisch-mythologischen Flachbild-Darstellungen findet und deren primäre Aufgabe aus einer Anzahl von Weihinschriften hervorgeht. Wir haben jene Platten als genetische und gedankliche Einheit mit dem bekrönten Stift zu verstehen, der sie symbolhaft im Inneren des Heiligtums, in der Tempelwand verankert. 812
Soweit es mir möglich war, habe ich im Weihplatten-Katalog, jeweils im Anschluß an die bildlich publizierten Exemplare der einzelnen Grabungsstätten und Fundzusammenhänge, die Textzitate für jene nicht reproduzierten Stücke zusammengetragen. Allein aus den Nachkriegsgrabungen in Nippur gingen - nach D. P. Hansen's eigenen Angaben (Hansen 146) - mindestens 15 Weihplatten oder zumindest deren Fragmente hervor, von denen bisher insgesamt nur sieben publiziert wurden! Ähnliches gilt für die Funde des Diyala-Gebietes, von denen etwa 20 Platten bzw. Fragmente bisher nur im Katalog der OIP-Bände angemerkt, darüber hinaus aber weder näher besprochen noch in Photographie reproduziert wurden. Für eine Anzahl von Relieffragmenten der Ur I- und Gudea-Zeit aus Tello besitzen wir ebenfalls keine Abbildungen oder Umzeichnungen, sondern lediglich kurze, katalogartige Zitate!
813
Hansen 153
814
Moortgat, KAM 37
815
Hansen 152 f
Abschließende Zusammenfassung
163
Gleichzeitig bilden Weihplatte und Nagel, wahrscheinlich schon von frühester Zeit an, ein beliebtes Weihobjekt, das dem frommen Stifter — Priester, Fürst oder Privatmann - zu einem engeren Kontakt mit der Gottheit verhelfen, seinen Schutz für Leib und Seele bewirken und, in Gestalt einer Opfergabe, sein glückliches Fortleben nach dem irdischen Tode erflehen sollte. Daneben kann die Weihplatte auch zur Manifestierung kultischer Bautätigkeit des königlichen Auftraggebers oder zur Erinnerung an religiöse Vorgänge im Tempel selbst oder seiner Umgebung, an Festlichkeiten, Prozessionen und andere Rituale, dienen; sie ist Votivgegenstand und Tempelschmuck zugleich, sicher auch magischen Apotropaion, wobei der durch ihr Zentrum in die Wand getriebene Nagel die wichtige ideelle Funktion übernimmt, das Gute zu beschwören und das Böse zu bannen. Wir haben es ohne Zweifel mit einer echt sumerischen Denkmalsgattung des 3. Jahrtausends zu tun, vergleichbar in kultischer Tendenz, antiker Wertschätzung, künstlerischer Ausgestaltung und historischer Laufzeit etwa mit den .ßeter-Statuetten"616, der Gattung der bronzenen oder steinernen ,flagelmenschen"817, den inskribierten und oft figürlich verzierten Weihkeulen-Köpfen818, den intarsierten Figuren-Friesen619 und einigen anderen, typisch sumerischen Denkmalsgruppen. Unter den drei von A. MOORTGAT zur Diskussion gestellten und als umstritten gekennzeichneten Möglichkeiten820, den ursprünglichen Sinn und Zweck, die Verwendung und Anbringung unserer Weihplatten zu erklären („Standartenhalter? Wandverzierung? Gründungsrelief?") möchte ich mich also für die „Wandverzierung" entscheiden, den Begriff aber als kultisch-symbolischen Schmuck mit religiöser Aufgabe und magischer Fixierung an der Wand verstanden wissen, besser und präziser formuliert etwa als „Wandbilder"621. Keinesfalls jedoch handelt es sich um eine Verzierung im Sinne einer bloßen Ausschmückung oder dekorativen Auflockerung, sondern um echte Bilder erzählenden oder symbolischen Inhalts, oft mit Schilderung ritueller Kulthandlungen, darüber hinaus um individuelle Weihgeschenke an die Gottheit, in ihrem Gehalt durchaus vergleichbar — wenn die Parallelsetzung antiker Monumente mit moderneren Kunstwerken überhaupt erlaubt ist 822 — etwa mit christlichen Devotionalien oder Kirchenbildern mit biblischen Darstellungen bzw. Motiven aus der Heiligenlegende, in denen oft der Stiftet1 persönlich abgebildet und inschriftlich genannt wird. Die Denkmalsgattung selbst entsteht im mittleren oder südlichen Zweistromland zu Beginn der altsumerischen (,Jrühdynastischen") Periode, etwa zu Anfang des 2. Viertels des 3. Jahrtausends v. Chr., wahrscheinlich noch vor Beginn der klassischen Mesilim-Zeif, während jener Phase selbst und in der anschließenden 2. Übergangszeit erlebt sie ihre ersten künstlerischen Höhepunkte und erreicht auch im technischen Sinne ihre vorerst endgültige Gestalt und Vollendung. Die Gattung findet spätestens zu Ende der Mesilim-Zeit rasche Verbreitung auch in den umliegenden Gebieten, vor allem im westlichen Mesopotamien und auch in Susa; nur der Norden des Landes scheint zunächst noch nicht zum Einflußgebiet unserer Gattung zu gehören. Ob es sich nun dabei tatsächlich um eine Erfindung von Sumerern handelt, muß dahingestellt bleiben; fest steht jedenfalls, daß die künstlerische Seite der Bilddenkmäler in ihrer Thematik von Anfang an eine echt sumerische Domäne ist, wenn auch von Zeit zu Zeit vorakkadisch-semitische Stilelemente in jene Bilderwelt mit eingeflossen sein mögen. 816
Vgl. zusammenfassend: E. Strommenger, BaM 1 (1960) 1 ff. - Zum Absterben der Denkmalsgattung der „Beterfigur" zugleich mit dem Sumerertum vgl. Moortgat, KAM 92. 102 817 Yg| zusammenfassend: Douglas van Buren, Foundation Figurines, 1 ff 818
Vgl. zusammenfassend: T. Suleyman, Die Entstehung und Entwicklung der Gotterwaffen im alten Mesopotamien und ihre Bedeutung (Dissertation Berlin), Beirut 1968, 43 ff. 67 ff
819
Vgl. zusammenfassend: Moorey 104 ff; P. Calmeyer, Rencontre XV, 161 ff
820
Moortgat, KAM 36
821
In gewisser Weise ist also unsere Denkmalsgattung in ihrem Votivcharakter verwandt und vergleichbar mit den neusumerisch-altbabylonischen Terrakottareliefs, die ja ebenfalls keine „technische" Funktion hatten, sondern gleichzeitig als Devotionalien und als „Wandbilder" zu verstehen sind. Zur Deutung jener Gattung vgl. Opificius, Terrakottarelief, 244 f; Anm. 315 ff Daß diese Methode des Vergleichs jedoch von Fall zu Fall ein durchaus legitimes, vielleicht sogar das einzig probate Mittel sein kann, um scheinbar unlösbare bedeutungsgeschichtliche oder hermeneutische Probleme von der Betrachtung ähnlicher Phänomene aus neueren Kunstperioden her anzupacken und zu erhellen, hat schon A. Moortgat mehrfach angedeutet und praktiziert (vgl. ζ. B. Moortgat, Tammuz, 46 Anm. 2; 147 f); vgl. ferner auch: Opificius, Terrakottarelief, 245!
822
164
Bestimmung und Bedeutung der Denkmalsgattung
Mit der Ur I-Zeit setzt eine formale und inhaltliche Weiterentwicklung ein; die Weihplatte erfährt gewisse Veränderungen in ihrer Bildkomposition und formalen Ausgestaltung, sicher zum großen Teil bedingt durch die Verdrängung der älteren Themenkreise zugunsten neuer Bildgedanken und Symbole, teils aber auch abhängig oder zumindest beeinflußt von allgemeinen Verlagerungen des geistig-kulturellen und machtpolitischen Schwerpunktes gerade während jener Entwicklungsstufe. Ob allerdings Hand in Hand damit auch ein bestimmter Bedeutungswandel oder gar eine inhaltliche Verflachung der Denkmalsgattung selbst vor sich geht, ist beim heutigen Stande der Wissenschaft, in Anbetracht der Streuung des Fundmaterials und der nur spärlich fließenden Inschrift-Quellen, noch nicht endgültig zu entscheiden. Im Laufe der Akkad-Zeit jedenfalls scheint die Gattung, zumindest im Bereich der „Reichskunst", fast gänzlich zu verschwinden, wenn sie auch zweifellos nicht abrupt untergeht; wahrscheinlich hatte der akkadische, im Auftrage seines Königs arbeitende Künstler weder Verständnis und Verwendung für die Bildgattung als solche noch genügendes Interesse an der sumerisch geprägten und von sumerischen Bildhauern entwickelten Gesamtthematik und den damit verbundenen Einzelmotiven. Die Gattung der Weihplatten erlebt dann zur Gudea-Zeit eine künstlerische Erneuerung, gleichsam eine Wiederauferstehung und letzte Blüte — verständlich nur im Zusammenhang mit der kulturellen Gesamterscheinung der sogenannten „neusumerischen Restauration" —, um schließlich, etwa gleichzeitig mit dem Verfall und Untergang sumerischer Kunst und Kultur, nicht lange also nach dem gewaltsamen Ende der III. Dynastie von Ur, selbst, zumindest in ihrem ursprünglichen Sinngehalt und ihrer primär kultisch-religiösen Bedeutung, abzusterben.
Katalog der Denkmäler
Vorbemerkungen Zur Gesamtanlage und Gliederung des Katalogs: Bei der Anlage meines Weihplatten-Katalogs stand ich vor dem Problem, nach der Sammlung, Sichtung und Auswertung des Fundmaterials eine vernünftige, sachliche und überschaubare Anordnung der Einzelobjekte zu finden, die sowohl der Entwicklungsgeschichte der Denkmalsgattung selbst weitgehend gerecht wird als auch gleichzeitig der Reihenfolge meiner Untersuchungen in den vier Hauptkapiteln des Textteiles am besten entspricht. Es hätte zunächst naheliegend erscheinen können, die Summe der hier zusammengefaßten Einzelstücke ohne Rücksicht auf geographische Herkunft, Fundzusammenhang, Werkmaterial, Erhaltungszustand, Bearbeitungstechnik, Bildanordnung und künstlerische Qualität - zuerst nach der jeweiligen Entstehungszeit zu untergliedern und sodann innerhalb dieser datierten Gruppen eine Anordnung nach den Motivkreisen ihrer bildlichen Darstellungen vorzunehmen. Anschließend hätte man die Reihenfolge der Objekte mit laufenden Katalogzahlen durchnumerieren können, wie es bei vergleichbaren Materiälzusammenstellungen allgemein üblich ist. Nach gründlicher Überlegung habe ich jedoch von dieser Methode des Katalog-Aufbaus Abstand genommen, weil sie mir für bestimmte Aspekte meiner Abhandlung des Themas weder ratsam noch überhaupt zweckmäßig erschien. Bei einer Katalogisierung, die sich in erster Linie an thematischen Gruppen der gleichen Stilstufe und Entstehungszeit orientiert, hätten sich hier nämlich ernste Schwierigkeiten ergeben: eine solche Anordnung wäre schon deshalb nicht sehr sinnvoll gewesen, da ja oft, vornehmlich in der altsumerischen Periode, mehrere völlig verschiedene Bildmotive in den einzelnen Friesstreifen einer einzigen Platte abgehandelt werden, und das willkürliche Verfolgen nur eines dieser Themata die anderen Motivgruppen vernachlässigt und in ihrem eigenen Zusammenhang auseinandergerissen hätte. Zumindest aber wäre eine grobe Inkonsequenz in der Wertung und Reihenfolge der Einzelszenen — oder, auf der anderen Seite, eine ständige Wiederholung bestimmter Bildplatten — nicht zu vermeiden gewesen. Zudem hätte man bei einer primär thematischen Gliederung des ohnehin heterogenen Materials eine direkte Aufeinanderfolge von Bildwerken in Kauf nehmen müssen, die in Steinmaterial, Oberflächenbehandlung, Erhaltungszustand, Werktechnik, Bildqualität und Provenienz doch allzusehr differierten. Eine weitere, notwendige Folge jenes schematischen Ordnungsprinzips wäre das gewaltsame Herausreißen wichtiger, für das Verständnis anderer Exemplare der gleichen Werkstatt unentbehrlicher Einzelstücke aus ihrem Fundzusammenhang und dem Rahmen ihrer Bildhauerschule gewesen, zugunsten oberflächlicher motivlicher Übereinstimmung mit innerlich kaum verwandten Denkmälern ganz anderer Herkunft. Und schließlich würde die ebengenannte, starre Gliederungsmethode, die für Massenerzeugnisse antiken Kunsthandwerks — wie Glyptik, Terrakottareliefs und andere Kleinkunst — durchaus angebracht, unter Umständen sogar die einzig mögliche erscheinen mag, der Bedeutung der hier besprochenen Denkmalsgattung für die Kenntnis der altorientalischen Flachbildkunst doch wohl kaum ganz gerecht werden. Eine durchlaufende Numerierung ist im Übrigen auch nur bei Materialsammlungen beträchtlichen Umfangs am Platze, die Hunderte, wenn nicht Tausende von weitverstreuten Einzelobjekten zusammenfassen will. In unserem Falle, bei einer vergleichsweise geringen Anzahl von erhaltenen Denkmälern, genügt eine provisorische Zählung innerhalb der Fundgruppen, die jederzeit und ohne nennenswerte Schwierig-
166
Katalog der Denkmäler
keiten erweitert oder ergänzt werden kann und letztlich der schnelleren Orientierung des Katalog-Benutzers zugutekommt. Aus den oben genannten Gründen habe ich mich zu der folgenden Gruppierung und Zusammenfassung entschlossen, die mir als der beste Ausweg erschien: 1. Die Aufteilung des Gesamtbestandes erfolgte zunächst nach den Herkunftsorten, im Einzelfall (Chafadschi) sogar nach Fundarealen getrennt; alle Objekte aus dem Kunsthandel, deren Provenienz nicht zu ermitteln war, wurden in einer eigenen Gruppe zusammengefaßt. 2. Innerhalb dieser großen Gruppierungen wurden die Stücke möglichst sorgfältig in ihre chronologische Reihenfolge gebracht; die Probleme der jeweiligen Entstehungszeiten hatten wir ja bereits in den Kapiteln I - I V abgehandelt. 3. Erst jetzt, nachdem die Denkmäler der gleichen Herkunft und gleichen Entstehungszeit sich herauskristallisiert hatten, wurde eine Anordnung der Einzelexemplare jener kleineren Gruppen nach ihrer inneren, bildlichen Zusammengehörigkeit vorgenommen; die Zusammenstellung erfolgte nach dem Verwandtschaftsverhältnis in stilistischer, thematischer und verzierungstechnischer Hinsicht, wobei sicher datierbare, gut und vollständig erhaltene oder qualitativ hochwertige Stücke ihrer jeweiligen Untergruppe quasi als „Leitfossilien" vorangestellt sind. 4. Innerhalb eines Fundkomplexes sind die Einzeldenkmäler in ihrer Reihenfolge durchnumeriert unter Vorausnennung des betreffenden Herkunfts-Sigels sodaß aus der Höhe der Ziffer schon eine gewisse relative Zeitstellung des Stückes, auf seine Gruppe bezogen, ersichtlich wird. 5. Alle mit Katalognummern versehenen Einzelstücke werden in Umzeichnung vorgelegt (Tf. I-XLII). Ihre Reihenfolge entspricht der Anordnung des beschreibenden Katalogs und wird nur in wenigen Fällen durch eingeschobene Rekonstruktionsvorschläge (Photomontagen) unterbrochen. Auf die Abbildung kunstgeschichtlicher Vergleiche habe ich gänzlich verzichtet, um den Umfang meiner Arbeit nicht noch zu vergrößern. Entsprechende Bilder entnehme man den Literaturhinweisen des Katalogs und den im Text zitierten Anmerkungen! Das von mir gewählte Gliederungssystem weist gegenüber anderen Methoden — für unsere spezielle Zielsetzung jedenfalls — noch folgende Vorteile auf: 1. Einmal gewinnen wir einen besseren Überblick über die geographische Verbreitung der Denkmalsgattung zu den verschiedenen Zeiten, über die Streuung des Materials in quantitativer und qualitativer Hinsicht und über mögliche Schwerpunkte in bestimmten Werkstätten zu bestimmten Perioden, für die wir nicht allein den Zufall der Ausgrabung verantwortlich machen können. 2. Zum zweiten vermittelt uns die Einteilung nach Fundorten eine gute Vorstellung von gewissen, an lokale Bildhauerschulen gebundenen Eigentümlichkeiten in Ikonographie und Themenkombination, daneben aber auch die Erkenntnis der allgemeingültigen, überregionalen Stilprinzipien altmesopotamischer Flachbildkunst des 3. Jahrtausends. 3. Somit können wir die künstlerische Eigenentwicklung innerhalb der einzelnen Flachbildwerkstätten mit unserem System am besten fassen, den Wandel der Denkmalsgattung im Laufe der Zeit - sozusagen ortsgebunden — am glaubwürdigsten demonstrieren und gleichzeitig gewisse Rückschlüsse auf die jeweilige Vorliebe für bestimmte Bildtechniken, -materialien, -motive und -kompositionen ziehen. 4. Oft bildet auch die stratigraphische Sequenz innerhalb eines Fundareals ein zusätzliches Indiz für die auf kunstgeschichtlicher Basis gewonnene Datierungsabfolge, wenn auch niemals ein verläßliches Hauptkriterium, es sei denn als ein „terminus ante quem". In der weitgehenden Parallelität von schichtenmäßiger Zuweisung und rein stilgeschichtlicher Datierung zeigt sich jedoch manchmal, vornehmlich im Diyalagebiet, die Bedeutung einer sorgfältig durchgeführten Grabung für die kunstgeschichtliche Analyse und Auswertung der aufgefundenen Bildwerke. 5. Zudem zwingt unsere Methode den Bearbeiter und den Benutzer des Kataloges nicht, allzu strenge Zäsuren zwischen den einzelnen kunstgeschichtlichen Entwicklungsstufen zu ziehen, die ja auch zweifellos nie vorhanden waren. In einer durchlaufenden Entwicklungsreihe der Denkmäler eines Fundkomplexes lassen sich am besten die Übergangsphasen und stilistischen Überschneidungen zu bestimmten Perioden ablesen, während eine strenge Teilung nach Zeitgruppen diese Übergangserscheinungen zerreißen muß. Bei einigen Stücken läßt sich eine exakte, punktuelle Datierung ohnehin nicht durchführen; es bleibt aber bei unserem System der Fluß der lokalen Kunstentwicklung in jedem Falle gewahrt. Beim Prinzip der primären Aufgliederung des gesamten Denkmälerbestandes nach Stilphasen oder historischen Perioden, ohne Rück-
Zur Gesamtanlage und Gliederung des Katalogs
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sieht auf Fundzusammenhänge oder Werkstatt-Eigenheiten, wäre dagegen der durchgehende Faden zugunsten einer willkürlich-schematischen Anordnung zerschnitten. 6. Die Berechtigung zur Anwendung unseres Ordnungsprinzips zeigt sich am deutlichsten bei der Gruppe der Weihplatten aus Susa (Kap. II); was hätte es für einen Sinn gehabt, jene Stücke in die jeweils zugehörigen Motiv- oder Perioden-Gruppen aus den süd- oder mittelmesopotamischen Fundorten einzureihen? Ähnliches trifft aber auch für sumerische Sonderentwicklungen wie etwa die Schulen des Diyala-Gebietes oder die Gruppe der ritzverzierten Platten aus Nippur zu, deren Verständnis erst durch die Zusammenfassung ermöglicht wird. Zu den Details und Abkürzungen innerhalb des Katalogs: Als Sigel für die Herkunftsangaben habe ich folgende Abkürzungen, hier in alphabetischer Reihenfolge vorgelegt, benutzt: AD AG AR AS C CA CH CN CS CT F Κ KI KU Μ Ν S Τ υ UK UM
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= = = = = = =
=
=
= =
= =
= -
=
A dab (moderner Name: Bismaya) Tell Agrab Assur (moderner Name: Qalaat Schergat) Tell Asmar (antiker Name: Eschnunna) Chafadschi Chafadschi, von den Ausgräbern angekauft Chafadschi, „Häuser" und Streufunde Chafadschi, Nintu-Tempel Chafadschi, Sin-Tempel Chafadschi, Temple Oval Fara (antiker Name: Schuruppak) ,JCunsthandel" Kisch (moderner Name: Uchaimir) bzw. Chursangkalama (moderner Name: Inghara) Kutha (moderner Name: Teil Ibrahim) Mari (moderner Name: Tell Hariri) Nippur (moderner Name: Nuffar) Susa Tello (antiker Name: Girsu) Ur (moderner Name: Muqqaiyar) Uruk (moderner Name: Warka) Umma (moderner Name: Djocha)
Die Reihenfolge der Fundgruppen innerhalb des Katalogs richtet sich allerdings weder nach dem alphabetischen Prinzip noch orientiert sie sich an einem starren geographischen System; die Anordnung erfolgt entsprechend den kunstgeschichtlichen Entwicklungslinien, die wir im Laufe unserer Untersuchungen verfolgen konnten: An erster Stelle kommen, schon durch die Materialmenge und die künstlerischen Prototypen dieser Fundorte bedingt, die Städte des Diyala-Gebietes (Teil Agrab, Teil Asmar und Chafadschi), unmittelbar gefolgt von jenen Fundstätten, die uns vergleichbar frühe Stücke geliefert haben: Nippur, Kisch, Fora und Ur. Im Anschluß daran werden die Weihplatten aus Susa und die aus Mari eingeschoben. Es folgen jene sumerischen Städte, die uns zwar keine mesilim-zeitlichen Platten, dafür aber vorwiegend Material aus dem kunstgeschichtlichen Bereich der Ur I-Zeit bieten: allen voran natürlich Tello, ferner Kutha,Adab und Uruk. Danach schließen sich jene Orte an, aus denen nur späte Exemplare, d. h. Weihplatten aus akkadischer und neusumerischer Zeit, bekannt sind: Assur und Umma. Zum Abschluß wurden unter der Rubrik „Kunsthandel" all die Stücke aufgeführt, deren ursprüngliche Provenienz nicht zu ermitteln ist. War die Herkunft gewisser Fragmente zwar nicht absolut gesichert, aus bestimmten Gründen aber wahrscheinlich, so wurde eine Zuweisung an den betreffenden Ort mit „(?)" vorgenommen. Objekte, die zwar in der Fachliteratur erwähnt, bisher aber nicht bildlich publiziert sind, habe ich nicht als gesonderte Einzelstücke in den Katalog aufgenommen. Lediglich am Schluß des jeweiligen Fundkomplexes wird stichwort-
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Katalog der Weihplatten
artig auf die entsprechenden Stücke verwiesen, desgleichen auf bestimmte Fragmente, die einst zu Weihplatten gehört haben könnten, deren direkte Zuweisung an unsere Denkmalsgattung jedoch nicht sicher ist. Als Katalog-Anhang erscheint noch eine summarische, aber keineswegs vollständige Zusammenstellung all jener Tierköpfe und -protomen, die einst als figürliche Bekrönungen von Weihplatten-Nägeln gedient haben könnten. Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf erschöpfende Dokumentation, sondern soll lediglich einen Überblick über geographische Verbreitung und formale Variationsmöglichkeiten jener Skulpturengattung verschaffen. Die Beschreibung der Einzeldenkmäler im Katalog ist nach folgendem Prinzip aufgegliedert: Katalognummer und Tafelverweis Fundort bzw. Herkunftsangabe Fundstelle, gegebenenfalls Fundnummer Fundschicht bzw. Detailangaben zu Fundstelle oder Fundumständen Aufbewahrungsort, gegebenenfalls Museumsnummer Literaturangaben (Grabungsberichte bzw. Primärpublikationen; wichtige kunsthistorische oder gattungsgeschichtliche Detailuntersuchungen; gute photographische Abbildungen oder Umzeichnungen) Erhaltungszustand und Verzierungstechnik Werkmaterial Maße (Angaben in cm) Abkürzungen: H. = Höhe; B. = Breite; D. = Dicke (bei Fragmenten = größte erhaltene Η., B.) L. = Durchmesser bzw. Seitenlänge des zentralen Loches E. = Ergänzte Maße der ursprünglichen Plattenfläche (nur bei Fragmenten) () = Differierende Maßangaben in anderen Publikationen Bildliche Darstellung, gegebenenfalls Inschrift Bemerkungen und Hinweise (formale oder stilistische Besonderheiten; kunstgeschichtliche Vergleichsstücke; Detailangaben; Rekonstruktionsvorschläge etc., sofern nicht schon im Text erwähnt.) Datierung (Übergänge werden mit „/", Unsicherheiten mit „?" gekennzeichnet).
Katalog der Weihplatten
Teil Agrab AG 1
(= Tf. 1,1)
Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:8/Ag. 36:284) Main Level (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 27869) ΟΙΡ 58, 273. - ΟΙΡ 60, 13 ff; Tf. 63 (No. 314). - Sumer 7 (1951) Tf. I, 6. - Moortgat, KAM 37; Tf. 49. Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte Kalkstein H. 18; B. 17,5; L. ca. 1,8 χ 1,8 Darstellung in drei horizontal übereinanderliegenden Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; links zwei thronende Frauen, rechts Mundschenk und thronender Mann. Mittelfries: Symposionszene; links thronender Mann und Diener, rechts Mischkrug und thronender Mann. Unterfries: Mythologische Szene; „Held" ersticht Löwen, der ein Rind gerissen hat (linke und rechte Ecke fehlen). Zum Motiv des Löwentöters und der szenischen Komposition vgl. die Röllsiegel UE III Tf. 12 ff. - OIP 72, No. 801 (Schara-Tempel). Vgl. ferner den Unterfries der Weihplatte S 8 (= Tf. XXIV,2). Mesilim-Zeit
AG 2
(= Tf. 1,2)
Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:668)
Tell Agrab
169
Main Level (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 18073) OIP 58, 248. 273. 280. - OIP 60, 13 ff. 34; Tf. 65 (No. 318). Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte Kalkstein Η. 25; Β. 22; L. ca. 1,8 Darstellung in drei Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; links thronende Frau mit Dienerin, rechts Thronender mit Diener, zwischen beiden Gefäß auf Ständer; in der Mitte Harfenspieler. Mittelfries: Gabenbringer; links zwei Diener, die an langer Stange ein großes Vorratsgefaß heranschleppen; rechts zwei Tiertreiber mit Ziege. Unterfries: Prozessionsszene; Wagenlenker, geschmückter Kult(?)-Wagen mit vier gestaffelten Equiden bespannt, davor schreitender Mann mit Stab (linke und rechte untere Ecke fehlen). Bester stilistischer Vergleich: das Stück CT 2 (= Tf. V,2); fast identische Darstellung in Thematik, Komposition und Ikonographie. Vgl. ferner die Fragmente AG 5 (= Tf. 11,3), CS 1 (= Tf. VII,1), CS 4 (= Tf. VIII,1) und U 1 (= Tf. XXI,1) zur Wagenszene. Mesilim-Zeit
AG 3
(= T f . 11,1)
Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:656) Main Level (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 21477) OIP 58, 283. - OIP 60, 34 f; Tf. 66 D (No. 322). Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 8; B. 11
Rest einer Symposionszene, wahrscheinlich vom ehemaligen Oberfries: Unterkörper zweier Frauen (?) im glatten Gewand mit einfacher Saumborte; links Reste eines Zottensaumes. Sehr feines, sorgfältig ausgeführtes Relief; wahrscheinlich mit dem Fragment AG 4 (= Tf. 11,2) zu einer Platte gehörig (Identität in künstlerischer Qualität, Feinheit der Ausarbeitung, Dimensionen der dargestellten Figuren und Werkmaterial). Mesilim-Zeit
AG 4 ( = T f . 11,2) Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:800) Main Level (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 41015) OIP 58, 283. - OIP 60, 34 f; Tf. 66 C (No. 321). - Sumer 7 (1951) Tf. I, 9. Frament einer Reliefplatte Kalkstein H. 11; B. 14,2; D. 3; (Sumer 7: H. 9,5; B. 13?) Rest einer Symposionszene, wahrscheinlich von der rechten Seite des ehemaligen Oberfrieses: Unterkörper eines thronenden Mannes im Hüftrock mit Zottensaum; feine Untergliederung der Thronfassade mit horizontaler Verstrebung in Form eines torsierten Stabes und sanduhrförmigem Zwischenstück. Vor dem Thronenden sind noch die Füße und Unterschenkel eines Dieners oder Mundschenken sichtbar, ganz rechts Spuren des leistenförmigen Plattenrahmens. Sehr feines, sorgfältig geglättetes Relief; wahrscheinlich zum Fragment AG 3 (= Tf. 11,1) gehörig, wenn auch keine übereinstimmenden Bruchkanten mehr vorhanden (zur stilistischen Identität vgl. die Bemerkung zu AG 3). Mesilim-Zeit
AG 5
(= T f . 11,3)
Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 36:192), innerhalb eines Altares Main Level (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 21597) OIP 58, 237 Abb. 184; 238 (zur Fundstelle). 278. - OIP 60, 14. 34 f; Tf. 67 D (No. 327). Fragment einer dreistreifigen Reliefplatte Kalkstein H. 13,3; B. 8,1; Ε. H. ca. 30; Ε. B. ca. 25 Reste vom ehemaligen Mittel- und Unterfries (rechte Hälfte): oben Ansatz der Lochrahmung, Beine und Zottenrocksaum eines nach rechts schreitenden Gefäßträgers (Szene zu ergänzen wie die linken Mittelmetopen von AG 2 (= Tf. 1,2) und
170
Katalog der Weihplatten
CT 2 (= Tf. V,2)). Unterhalb des Friestrennstreifens die Zugtiere eines Wagens, vier geschmückte Equiden; Reste der Deichsel mit Zügeln und Zügelriemen. Bester stilistischer Vergleich: U 1 (= Tf. XXI, 1). Mesilim-Zeit Bisher nicht abgebildete Weihplatte: Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:984) OIP 58, 277 (M)
Tell Α mar AS 1
( = T f . 111,1)
Teil Asmar Square Temple, Shrine II bzw. Central Court (As. 33:102/350/435) Level I (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 19776/19795) OIC 19, 23 Abb. 23. - OIP 44, 43 f. 50; Tf. 110 Β (No. 194). - OIP 58, 177. 189. 209 ff. - Moortgat, Tammuz Tf. 13 b. - Sumer 7 (1951) Tf. II, 10. Fragmentarische Reliefplatte mit anstehender Randbosse Kalkstein H. 16,5; B. 20,5; D. 3; Ε. H. ca. 20; (Sumer 7: Maße des linken Hauptfragments: H. 6; B. 10,5; D. 3; des rechten Hauptfragments: H. 14; B. 14; D. 2,8) Darstellung in drei horizontalen Bildstreifen Oberfries: Reste einer Symposionszene (?); rechts Füße und Sessel eines Thronenden; Fries weitgehend weggebrochen. Mittelfries: Zwei symmetrisch angelegte Metopenbilder; je ein Tiertreiber mit Rind an langem Zügel, jeweils nach innen, zur Lochrahmung hin gerichtet. Auf dem linken Rind hockt ein großer Vogel in Profilansicht (Adler?). Unterfries: Reihe von fünf nach rechts schreitenden Männern im Zottenrock, mit geschulterten Stäben (Waffen?); zwischen den beiden rechten Figuren skorpionähnliches (?) Gebilde; fast die gesamte linke Frieshälfte fehlt. Das Zentral-Loch ist nur im Ansatz vorhanden (unfertiges Exemplar?); zur Stilausprägung und Datierung vgl. unsere Untersuchungen in Kapitel I Abschnitt C. Me silim-Vorstufe AS 2
(= Tf.
III,2)
Teil Asmar Square Temple, Shrine II (As. 33:419) Level I (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 12305) OIC 19, 23. 24 Abb. 24 oben rechts. - OIP 58, 211. - OIP 60, 14; Tf. 66 Ε (No. 323). Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 11,3; B. 4,8 Rechtes Drittel des Ober- und Mittelfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Rest einer Symposionszene; thronende weibliche Gestalt im glatten Mantel, mit Becher in der Rechten und Wedel (?) in der Linken. Mittelfries: Ansatz des Zentral-Lochs und liegende, nach rechts gerichtete Ziege mit aufgestützten Vorderläufen. Recht qualitätlose Reliefarbeit; das Format der einstigen Schaufläche dürfte eher hochrechteckig als quadratisch gewesen sein (Ε. H. vielleicht 1 6 - 1 8 ; Ε. B. vielleicht 1 2 - 1 5 ) . Mesilim-Zeit AS 3
( = T f . 111,3)
Teil Asmar Abu-Tempel, Single Shrine bzw. Vorhof (As. 33:25) Schicht I (= ED III) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 19794) OIC 19, 7. 8 Abb. 6. - OIP 44, 7. 43 ff. 47; Tf. 106 (No. 186). - OIP 58, 212. 215. - Moortgat, F B Tf. XVII, 2. Moortgat, Tammuz Tf. 13 a. - Sumer 7 (1951) Tf. I, 8. - Schätze aus dem Iraq Tf. 27. Fast vollständig erhaltene Reliefplatte mit gezackter Randbosse Kalkstein H. 29; B. 26; D. 3; L. ca. 2,5 χ 2,5; (Schaufläche: H. 22; B. 22) Darstellung in drei horizontalen Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; links thronende Frau mit ihr zugewandtem Diener, rechts thronende Männergestalt und Diener; in der Mitte hohes, schlankes, spitz zulaufendes Vorratsgefaß mit eingezogenem Hals.
Tell Asmar
171
Mittelfries: Zwei spiegelbildlich gleiche Metopenbilder; je ein liegendes Schaf, dem Zentral-Loch den Rücken zukehrend, und eine Blattpflanze. Unterfries: Zwei antithetisch angeordnete, einander den Rücken zuwendende, liegende Rinder; zwischen ihnen eine mehrzweigige Pflanze mit lanzettförmigen Blättern. Qualitativ minderwertiges Relief; stark korrodierte Oberfläche. Mesilim-Zeit
AS 4
(=Tf.IV,l)
Teil Asmar Abu-Tempel, Single Shrine (As. 32:930/1178) Schicht I (= ED III) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 15547) OIC 17, 45 f; Abb. 40. - O I P 4 4 , 14.48;Tf. 112 A (No. 199). - O I P 5 8 , 195. 212 ff. - Sumer 7 (1951) Tf. II, 12. Zwei nicht unmittelbar aneinanderpassende Fragmente einer Reliefplatte mit anstehender Randbosse Kalkstein Maße des linken, kleineren Framents: H. 16; B. 9; D. 6,5; Maße des rechten, größeren Fragments: H. 17,5; B. 17; D. 6,5; L. (sekundär) ca. 3; Ε. H. (ohne Bosse) ca. 28; Ε. B. ca. 30 Erhalten sind wichtige Partien des Oberfrieses und Reste des Mittelfrieses einer ehemals dreistreifigen Komposition Oberfries: Zwei kultische Szenen; links Symposion mit thronender Frauengestalt, ihr gegenüber eine weitere sitzende Figur (Mann?); rechts die Darstellung eines „hieros gamos": Priester (oder Diener) vor einem zottenbehängten, tischartigen Bett, darauf zwei Ubereinanderliegende menschliche Gestalten; rechts davon Gestell mit Tierfiißen; oben im Felde eine Reihe tropfenförmiger Gebilde. Mittelfries: Rechts und links der breiten Zentral-Loch-Rahmung erkennt man noch die Oberkörper mindestens zweier menschlicher Figuren (Gabenbringer?). Das eigentliche Zentral-Loch ist deutlich am unteren Bruchrand des größeren Fragments zu erkennen (winziger Durchmesser); ein weiteres, wesentlich größeres, kreisrundes Loch, zweifellos sekundär, durchbohrt die Mitte des Oberfrieses und zerstört teilweise die Reliefdarstellung. - Vgl. zur Aufteilung des Oberfrieses in zwei getrennte Szenen das Relief unserer Weihplatte Ν 3 (= Tf. XVI, 1) aus Nippur (danach auch Ergänzung der ursprünglichen Gesamtmaße und der Breite der Bruchlücke im Oberfries). 2. Übergangszeit
AS 5
(= Tf. IV,2)
Teil Asmar Abu-Tempel, Single Shrine (As. 32:800) Schicht III (= „proto-imperial") Chicago, Oriental Institute Museum (A. 11410) OIC 17, 44 Abb. 39; 45 ff. - OIP 44, 7. 43. 47; Tf. 112 Β (No. 200). - OIP 58, 202. 213. Vollständig erhaltene Reliefplatte mit intarsiertem Rahmenband Kalkstein; Intarsien aus Muschelmasse in Bitumen eingelegt H. 14; B. 14; L. ca. 2 , 2 x 2 , 3 Die Darstellung nimmt die gesamte Büdfeldhöhe in Anspruch: Zwei menschliche Figuren, einander zugewandt, getrennt durch das Zentral-Loch; links weibliche Gestalt im glatten Mantel mit Zottensaum, ein Gefäß (?) in der Linken haltend; rechts ein Mann im kurzen Zottenrock, mit Stab (?) in der rechten Hand; zwischen beiden, unterhalb des ZentralLoches, ein kastenförmiger Gegenstand (Altar?). Die Plattenoberfläche weist rings um die Durchbohrung eine nahezu kreisförmige Vertiefung auf, wohl von der Nagelbekrönung herrührend; innerhalb des Loches selbst wurden noch Zement-Spuren festgestellt. — Reliefqualität in technischer wie künstlerischer Hinsicht minderwertig. Ur I-Zeit Bisher nicht abgebildete Plattenfragmente: Teil Asmar Abu-Tempel, Archaic Shrine (As. 34:143) Schicht II (= ED I) OIP 58, 206 (m) Plattenfragment Teil Asmar Square Temple, Shrine II bzw. Treppenraum Level I (= ED II) OIP 58, 176. 189 Schieferplatte, mit Muschelornamenten eingelegt; fast alle Einlagen wurden angeblich gefunden.
172
Katalog der Weihplatten
Chafadschi T e m p l e Oval CT1 (=Tf.V,l) Chafadschi Temple Oval, House D (Kh. I 565) Schicht I (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 9059) OIP44, 78 f; Tf. 110 A (No. 1 9 5 ) . - O I P 53, 156. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 23,6; B. 13,5; L. ca. 3 χ 3,4; Ε. Η. ca. 28; Ε. Β. ca. 22 Rechtes Drittel vom Ober- und Unterfries einer ursprünglich wohl zweistreifigen Komposition: Oberfries: Zwei nach links schreitende Männer mit auf der Brust gefalteten Händen und Hüftrock mit Zottensaum; links vor ihnen großes Vorratsgefaß. Unterfries: Reste von zwei weiteren, identisch gebildeten männlichen Figuren. Der horizontale Friestrennstreifen ist, im Verhältnis zur schmalen Rahmenleiste, überraschend breit; das quadratische Zentralloch, dessen Ansatz man an der linken Bruchkante noch erkennt, dürfte die gesamte Höhe des Trennstreifens beansprucht haben. - Die Augen der dargestellten Figuren waren einst mit anderem Material (Muschel?) eingelegt; am Kopf der rechten oberen Gestalt hat sich diese Einlage mit kugelrunder Pupillenbohrung noch erhalten. Mesilim-Vorstufe CT 2 (= T f . V , 2 ) Chafadschi Temple Oval, House D, Raum IX (Kh. I 400) Schicht I (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 14661) OIC 13, 95 ff; Abb. 44. - OIP 44, 43 ff. 53; Tf. 107 (No. 187). - OIP 53, 52 ff; Abb. 52 (in situ); 155. - Moortgat, FB Tf. XVIII, 1. - Moortgat, Tammuz, Tf. 8, a. - Moortgat, KAM Tf. 42. - Pritchard, ANEP Abb. 604. - Sumer 7 (1951) Tf. I, 4. - UE II Tf. 181 a. - Parrot, Sumer, Abb. 161 A. - Hirmer/Strommenger Tf. 45. Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte Kalkstein H. 32 (31,5 ?); B. 29,5 (29 ?); D. 2,5; L. ca. 2 χ 2 Darstellung in drei horizontalen Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; links thronende Frau,hinter ihr Dienerin mit Korbflasche und Fächer (?), vor ihr Mundschenk; rechts thronender Mann mit Becher und Wedel, ihm zugewandt ein Mundschenk und ein Harfenspieler. Mittelfries: Links zwei Gabenbringer, nach rechts gewandt, die an einer langen Stange ein riesiges Vorratsgefäß in einer Halterung herantragen; rechts ein Lastträger mit Kasten auf dem Kopf und Dolch in der Rechten, rechts vor ihm eine Ziege, die an einer großen Pflanze mit lanzettförmigem Blatt und rosettenartiger Blüte frißt. Unterfries: Wagenszene; erhalten blieb der Kopf des Wagenlenkers (links), Reste von Deichsel, Zügeln und den vier gestaffelten Equiden, und der schreitende Mann mit Stab in der Hand (rechts). Äußerst qualitätvoll gearbeitetes Relief; thematisch, kompositioneil und stilistisch fast identisch, wenn auch qualitativ von geringerem Wert, ist die Platte AG 2 (= Tf. 1,2). - An Rückseite und Rändern Spuren von Bitumen (zur Befestigung a. d. Wand). Mesilim-Zeit
CT 3 (=Tf.VI,l) Chafadschi Temple Oval, Raum 3 (Kh. II 245) Schicht I (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 11587) OIC 16, 76 f. 78 Abb. 49. - OIP 44, 43 f. 47. 53. 78 f; Tf. 109 D (No. 193). - OIP 53, 29. 157. SAOC 7, 35 (Abb.). - Moortgat, Tammuz Tf. 14, b. Fragment einer Reliefplatte mit Detailangaben in Ritzzeichnung Grüner Schiefer H. 18; B. 12 (10 ?); L. ca. 4,5; Ε. H. ca. 22; Ε. B. ca. 24 Rechtes Drittel einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Reste einer Symposionszene; Unterkörper eines thronenden Mannes mit mehrfach horizontal gestaffeltem Fransen(?)-Rock. Mittelfries: Rechtes Metopenbild; kahlgeschorener Gabenbringer (Jäger?), nach rechts gewandt, auf dem Kopf Kasten und Netz balancierend, über der rechten Schulter langer Stab, an dem ein großer Fisch hängt. Unterfries: Rechte Hälfte einer weiteren Symposionszene; thronender Mann im vertikal gestrichelten Hüftrock und Becher in der Rechten; links vor ihm ein Mundschenk.
Chafadschi
173
Die Platte weist keine gesonderte Bildfeldrahmung auf; die Friese und das Lochfeld werden durch Ritzlinien voneinander abgegrenzt. Extrem flaches Relief in Kombination mit Ritzdetails. 2. Ubergangszeit CT 4 (= T f . V I , 2 ) Chafadschi Temple Oval, Nordwest-Tor (Kh. I 195/632;Kh. III 1136/1170) Schicht I—II (= ED II-IIIa) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 15543) OIC 17, 76 ff. 79 Abb. 72. - OIP 44, 47. 78 f; Tf. I l l A (No. 197). - OIP 53, 157 f. - Sumer 7 (1951) Tf. III, 4. Aus mehreren Einzelfragmenten zusammengesetzte linke Hälfte einer Platte mit aufgerauhten Vertiefungen zur Aufnahme figürlicher Einlagen aus anderem Werkmaterial Dunkler, bituminöser Stein H. 40,5 (36 ?); B. 25 (23 ?); D. 2,5; L. ca. 3; Ε. B. ca. 36 Linke Hälfte einer dreistreifigen Bildkomposition Oberfries: Zwei nach links schreitende Antilopen (?) Mittelfries: Ein nach links schreitender Steinbock (?) Unterfries: Zwei nach links schreitende Bergziegen (?) Das Zentral-Loch hat keine gesonderte Rahmung; die Friestrennstreifen wie auch die Bildfeldrahmung sind ebenfalls vertieft gearbeitet, um ihrerseits (heute verlorene) Intarsien aufzunehmen. 2. Ubergangszeit CT 5
(= Tf. VI,3)
Chafadschi Temple Oval (Kh. I 226) Schicht II (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum OIP 44, 7 8 f ; T f . 111 Β (No. 198). - OIP 53, 161. Fragment einer Platte mit groben Vertiefungen zur Aufnahme figürlicher Einlagen aus anderem Werkmaterial Bituminöser Stein H. 21; B. 19; Ε. H. ca. 3 5 - 4 0 Rechte untere Ecke einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Rest des ehemaligen Mittelfrieses: Unterkörper einer menschlichen Gestalt (?). Rechtes Drittel des Unterfrieses: Reihe von gestaffelten Vierfüßlern mit zurückgelegten Köpfen ? Bildfeldrahmung und Friestrennstreifen ebenfalls vertieft gearbeitet; originale Intarsien nicht erhalten. 2. Ubergangszeit Bisher nicht abgebildet Plattenfragmente: Chafadschi Temple Oval (Kh. I 537) Schicht I (= ED II) OIP 53, 155 (M). - OIP 60, 37. Fragment einer Weihplatte mit drei Friesen, ursprünglich eingelegt Schwarzer Stein H. 38 Darstellung nicht zu identifizieren Chafadschi Temple Oval (Kh. I 629) Schicht I (= ED II) OIP 60, 37. Weihplattenfragment mit gerahmtem Loch Alabaster H. 4,1. Chafadschi Temple Oval (Kh. II 266) Schicht I (= ED II) OIP 53, 155 (m). Platte Chafadschi Temple Oval (Kh. II 271) Schicht I—II (= ED II-IIIa) OIP 53, 158 (m). Platte
174
Katalog der Weihplatten Chafadschi Temple Oval (Kh. III 1364) Schicht II (= ED lila) ΟΙΡ 53, 158 (m). Relief-Fragment Chafadschi Temple Oval (Kh. I 550) Schicht II—III (= ED Illa-b) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 9015) OIP 53, 161 (m). - OIP 60, 37. Relief-Fragment Gipsstein H. 7,5; B. 3,5 Chafadschi Temple Oval (Kh. II 129) Schicht III (= ED Illb) OIP 53, 162 (M). Relief-Fragment Chafadschi Temple Oval (Kh. I 96) „Surface" OIP 53, 163 (M). Platte Chafadschi Temple Oval (Kh. II 136) „Levels uncertain" OIP 53, 163 (Μ). Relief-Fragment Das Relieffragment Kh. I 126 (Chafadschi, Temple Oval II-III; Chicago, Oriental Institute Museum (A. 9273) = OIP 44, 45. 48. 78 f; Tf. 110 C (No. 196). - OIP 53, 161.) mit der Darstellung zweier kämpfender Männer dürfte dagegen nicht zu einer Weihplatte, sondern zu einer monumentalen Reliefstele gehören (vielleicht zu den Stücken OIP 44, Tf. 113). Am besten vergleichbar dem Fragment OIP 44, Tf. 113 E, identisch in Werkmaterial, Werktechnik, Dimension und Stil. Vgl. zum Gesichtstypus auch den männlichen Kopf OIP 44, Tf. 32 (No. 19) aus dem Temple Oval!
Sin-Tempel CS1 (=Tf.VH,l) Chafadschi Sin-Tempel, „entrance" (Kh. V 35); oder „house level 3"? Schicht VIII (= ED II); OIP 58, 154: Sin-Temple IX (?) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 24340) OIC 20, 27 Abb. 21. - OIP 44, 43 f. 47. 50; Tf. 108 A (No. 188). - OIP 58, 154. - Sumer 7 (1951) Tf. I, 7. Moortgat, Tammuz, Tf. 9 a. Fragmentarisch erhaltene Reliefplatte Kalkstein H. 25; Ε. B. ca. 25 (rechtes, großes Fragment: B. 11,5); L. ca. 1,6 χ 1,8 Darstellung in drei Bildstreifen (rechte Hälfte vollständig) Oberfries: Symposionszene; thronender Mann, dem ein Mundschenk einen Becher reicht; links dahinter Harfenspieler (linke Frieshälfte fehlt). Mittelfries: Zwei spiegelbildlich gleiche Metopenfelder zu beiden Seiten der Zentralloch-Rahmung; jeweils eine zum Plattenrand hinschreitende Ziege, die an einer mehrblättrigen Pflanze frißt (dem Tier auf dem linken, kleineren Fragment fehlt der Kopf). Unterfries: Wagenszene; erhalten sind zwei geschmückte, hintereinander gestaffelte Equiden, über deren Rücken noch Deichsel, Zügelring und Zügel des Wagens zu erkennen sind; rechts davor der „Prozessionsfuhrer", ein Mann mit geschultertem Stab, nach rechts gewandt. Die Plattenoberfläche weist in der Umgebung der zentralen Durchbohrung, auf dem Rahmenfeld, eine abgerundete Vertiefung auf, die nur von der ehemaligen Nagelbekrönung herrühren kann. - Zur Fundsituation vgL OIC 20, 27 f. - Die Kapriden der beiden Mittelmetopen sind stilistisch nahezu identisch mit den entsprechenden Tieren auf dem bekannten Sockelrelief aus dem „Hortfund" im Square Temple zu Teil Asmar (OIP 44, Tf. 6 A), nur da£> jene nicht schreitend, sondern liegend dargestellt sind. - Zur Wagenszene vgl. unsere Bemerkungen zur Platte AG 2 (= Tf. 1,2). Mesilim-Zeit
Chafadschi
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CS 2 (= T f . V I I , 2 ) Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 392) Schicht VIII (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. M. 19672) OIC 19, 51 Abb. 60 links; 54. - OIP 44, 25. 43 f. 78 f; Tf. 109 A (No. 190). - OIP 58, 145. - Sumer 7 (1951) Tf. II, 7. Moortgat, Tammuz, Tf. 12 a. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein Η. 8,5; Β. 10,5 (11 ?);Ε. Η. ca. 25;Ε. Β. ca. 25 Ausschnitt von der rechten Hälfte des Mittel- und Unterfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Mittelfries: Rechtes Metopenfeld; nach rechts gerichtetes, liegendes Rind mit aufgestützten Vorderbeinen. Unterfries: Boots-Szene; erhalten sind die Oberkörper zweier sitzender (?) Männer mit langen Rudern in den Händen (untere rechte Friesecke mit Bootssteven fehlt). Rechte Rahmenleiste des Zentral-Loches links hinter dem liegenden Rind noch erhalten. - Zusammengehörig mit CS 3 (= Tf. VII,3)? - Möglicherweise aber zu einer Gesamtplatte zu rekonstruieren mit Hilfe der Fragmente Κ 3 (= Tf. XXXIX,1) und Κ 4 (= Tf. XXXIX,2), die in Dimensionen, Thematik und Stil gut zu unserem Fragment passen könnten (vgl. Rekonstruktionsvorschlag Tf. XXXIX,3). Mesilim-Zeit CS 3
(= T f . V I I , 3 )
Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 389) Schicht VIII (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 19671) OIC 19, 51 Abb. 60 rechts; 54. - OIP 44, 44. 53. 78 f; Tf. 109 Β (No. 191). - OIP 58, 145. - Sumer 7 (1951) Tf. II, 6. Moortgat, Tammuz, Tf. 12 b. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 8; B. 5,7 (5,5 ?) Rechte untere Ecke einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Unterfries: Rest einer Boots-Szene; Unterkörper eines Mannes mit Zottensaumrock ynd langem Ruder, der in einem Boot sitzt, dessen Vordersteven erhalten ist. Zu CS 2 (= Tf. VII,2) gehörig? Übereinstimmung in Dimensionen, Werkmaterial, Rahmenbreite und Bildmotiv; allerdings keine unmittelbar anschließenden Bruchkanten. Mesilim-Zeit CS 4 (= T f . V I I I . l ) Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 133) Schicht IX (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 12392) OIC 19, 51 Abb. 59; 54. - OIP 44, 44. 53. 78 f; Tf. 109 C (No. 192). - OIP 58, 147. - Moortgat, Tammuz, Tf. 9 b. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 13; B. 9,5; Ε. H. ca. 27; Ε. B. ca. 28 Linkes unteres Viertel einer ursprünglich dreistreifigen Komposition mit Ausschnitten des Mittel- und Unterfrieses Mittelfries: Linkes Metopenfeld; nach links gerichtetes, liegendes Rind mit aufgestütztem Vorderbein (Kopf fehlt). Unterfries: Wagenszene; erhalten ist der Wagenlenker mit Stab, bekleidet mit einem Zottenrock; rechts vor ihm der hintere Teil des Wagenkastens mit großem Scheibenrad und vielfach gegliedertem Stoffüberhang. Das Relief ist in Werkmaterial, Größenordnung, Bearbeitungstechnik und vor allem im Bildstil so eng verwandt mit dem Fragment Κ 1 (= Tf. XXXVII, 1) aus dem Kunsthandel, dafi man beide als Teile ein und derselben Weihplatte ansehen möchte; ich lege diesen Rekonstruktionsvorschlag in der Photomontage auf Tf. XXXVII,2 vor. Zur stilistischen Identität vgl. Physiognomie, Haar-, Bart- und Kleidertracht des Wagenlenkers mit den beiden männlichen Figuren des Fragments Κ 1! Ferner stimmt auch die Breite des Bildfeldrahmens und der Trennstreifen weitgehend überein. Mesilim-Zeit CS 5
(= T f . VIII,2)
Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 274) Schicht IX (= ED II) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 19670) OIP 60, 41. - Sumer 7 (1951) 65;Tf. II, 2. Fragment einer Reliefplatte mit breiter Randbosse
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Katalog der Weihplatten
Kalkstein H. 14; B. 18; D. 4; L. ca. 3,5 χ 3,5; Ε. Η. ca. 30-32; Ε. Β. ca. 25-28 Mittelteil des Unterfrieses einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Ausschnitt einer Symposionszene: Thronende männliche Gestalt mit großem Saugrohr (?) in den Händen, vor ihrem Kopf ein kesselartiges Gefäß; hinter ihr ist noch der Unterkörper einer Dienerfigur sichtbar. Rechts vom Thronenden großes Deckelgefäß und Rest einer weiteren Person. Zu diesem speziellen Gruppierungs-Schema der Symposionszene (zwei thronende, einander zugekehrte Gestalten mit Saugrohren, zwischen ihnen ein Mischkrug) vgl. den Oberfries der Reliefplatte Ν 3 (= Tf. XVI, 1) aus Nippur. - Zum Gefäß mit Deckel selbst vgl. das Rollsiegel Kh. V 141 aus einem Grab in Chafadschi (OIC 20, 42 Abb. 32 oben = OIP 72, Tf. 31 (No. 315)). Mesilim-Zeit CS 6 (= Tf. VIII ,3) Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 239) Schicht IX (= ED II) Baghdad, Iraq Museum OIP 44, Tf. 108 Β (No. 189) links, zweites Fragment von oben. - OIP 58, 146. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. ca. 8; B. ca. 8 Mittelteil von der linken Hälfte einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Rest einer Symposionszene; Unterkörper einer thronenden Frau mit glattem Gewand. Mittelfries: Erhalten blieben Kopf und Rückenpartie eines nach links gerichteten Rindes (liegend?), dahinter spitzwinkliges Gebilde (lanzettförmiges Blatt einer Pflanze?). Das Fragment gehört wahrscheinlich nicht zu den anderen Bruchstücken, die mit ihm zusammen auf Tf. 108 Β in OIP 44 abgebildet sind (unsere Exemplare CN 2 (= Tf. X,2), CN 3 (= Tf. X,3) und CH 2 (= Tf. XIII.2). Mesilim/2. Übergangszeit CS 7 (=Tf.IX,l) Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 273) Schicht IX (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 12417) ILNv. 9. 6. 1934, 913 Abb. 22. - OIC 19, 50 Abb. 58; 53 f. - OIP 44, 43 ff. 47. 50.53. 55; Tf. 105 (No. 185). OIP 58, 147. - Moortgat, FB Tf. XVII, 1. - Moortgat, Tammuz, Tf. 14 a. - J. Boese, AfO 22 (1969) 32 ff. Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte Kalkstein H. 20; B. 20; L. ca. 2 χ 3 Darstellung in drei horizontalen Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; thronende Frau mit Becher in der Linken und Wedel in der Rechten, die Füße auf einen Schemel gesetzt; links hinter ihr stehende Dienerin mit Becher; nach rechts schließen drei männliche Figuren an: ein kahlköpfiger Diener mit Opfergabe auf dem Kopf, ein Mundschenk im Zottenrock und die ganz rechts thronende, männliche Hauptgestalt mit Becher und Wedel, diesmal kahlköpfig und bartlos. Mittelfries: Durchlaufende Reihe nach rechts gerichteter Gabenbringer; links des ungerahmten Zentral-Loches zwei kleine Lastträger und ein Mann mit Ziege (?) in den Armen; rechts zwei Diener, die ein großes Vorratsgefäß in Korbhalterung an einer langen Stange über den Schultern tragen, alle im glatten Hüftrock, bartlos und kahlköpfig. Unterfries: Harfenspieler und Tänzer (?), einander zugekehrt; rechts daneben Mann mit Stab, nach rechts gewandt (rechte Friesecke während der Grabung nicht gefunden). Mit höchster Wahrscheinlichkeit können wir das fehlende Stück der Weihplatte ergänzen durch das Relieffragment Κ 7 (= Tf. XL,3) aus dem Kunsthandel, das eine Ringkampfszene zur Darstellung bringt (vgl. dazu J. Boese, AfO 22 (1969) 30 ff. und den Kommentar zu jener Platte in Kapitel III Abschnitt Ε 2 b). - Photomontage des Rekonstruktionsvorschlags auf Tf. IX,2. 2. Übergangszeit Bisher nicht abgebildete Platten oder Fragmente: Chafadschi Sin-Tempel (Kh. IV 393) Schicht VIII (= ED II) OIP 58, 145 (M) Steinfragment mit Reliefverzierung Chafadschi Sin-Tempel Schicht IX (= ED II) OIP 58, 65. 68 Abb. 61. Unverzierte Platte (mit eingetiefter Rahmenleiste für Intarsienband?) Schiefer („slate or schist")
Chafadschi
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Nintu-Tempel
CN 1
(=Tf. X,l) Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. Ill 1005) Schicht VII (= I D Ilia) Baghdad, Iraq Museum (I. M. 19673) OIP 58, 151. - OIP 60, 38. - Sumer 7 (1951) 66; Tf. II, 3. Fragment einer Reliefplatte mit breit anstehender Randbosse Kalk(?)stein H. 16 (15 ?); B. 16 (15 ?); D. 5,3 Ausschnitt von der rechten Hälfte einer wahrscheinlich dreistreifigen Komposition Mittelfries (möglicherweise auch Unterfries): Nach rechts schreitende Kapride (Ziege?), über ihr schlangenartiges Gebilde (Pflanze?); links hinter ihr Kopf, Schulter und linker Arm einer männlichen Figur (Tiertreiber?). Ähnliche Szene auf der rechten Seite des Mittelfrieses: AG 2 (= Tf. 1,2), CT 2 (= Tf. V,2) und Ν 6 (= Tf. XVII,1); auf der rechten Hälfte des Unterfrieses: Ν 5 (= Tf. XVI,3) und Κ 5 (= Tf. XL,1). Mesilim-Zeit (?)
CN 2
(= T f . X , 2 )
Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. III 906/1015; Kh. VIII 267 a - b ) Schicht V (Kh. VIII 267 a - b = ED II); Schicht VII (Kh. III 906/1015 = ED lila) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 41083) (Gipsabguß in Philadelphia, University Museum 3 7 - 1 5 - 1 0 1 ) OIP 44, Tf. 108 Β (No. 189) unten. - OIP 58, 149 ff. - OIP 60, 12. 15. 32 f; Tf. 62 (No. 313). - Sumer 7 (1951) Tf. III, 1. - Pritchard, ANEP Abb. 218. - Hirmer/Strommenger Tf. 46 oben. - Moortgat, Tammuz, Tf. 18 b. - Moortgat, KAM Tf. 48. - J. Boese, AfO 22 (1969) 31 Abb. 2. Aus mehreren Fragmenten zusammengesetztes unteres Drittel einer Reliefplatte Kalkstein H. 13,5 (12,7 ?); B. 24,5 (23,5 ?); Ε. H. ca. 27 Unterer Fries und Reste des Mittelfrieses einer dreistreifigen Komposition: Mittelfries: Links Tierhuf (?) und Bergschuppen (?); in der Mitte unterer Teil der Lochrahmung und Ansatz des quadratisch oder recheckig zu ergänzenden Zentral-Loches; rechts noch Spuren eines Standringes für ein großes Gefäß (?). Unterfries: Ringkampfszene; drei Gruppen von Ringern, in verschiedenen Phasen des Kampfes dargestellt; alle sechs Figuren sind anscheinend bis auf einen kurzen Lendenschurz nackt und tragen langes Haar und Bart. Zu den „Bergschuppen" vgl. die drei entsprechenden Motive auf einem ritzverzierten Pyxisdeckel aus dem Schara-Tempel zu Teil Agrab (Christian, Altertumskurtde, Tf. 278, 1 a. b); zum „Standring" vgl. rechte Mittelmetope der Platte AG 1 (= Tf. 1,1); zur Ikonographie der Ringkämpfer vgl. das Fragment Κ 7 (= Tf. XL,3) und J. Boese, AfO 22 (1969) 36. Höchstwahrscheinlich gehört unser Fragment mit den Bruchstücken CN 3 (= Tf. X,3) und CN 4 (= Tf. X,4) zu einer einzigen Weihplatte zusammen (vgl. unseren Rekonstruktionsvorschlag in der Photomontage auf Tf. XI und die Begründung in Kapitel III Abschnitt Ε 2 c). 2. Übergangszeit
CN 3
(= Tf. X , 3 )
Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. III 1009) Schicht VII (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 19669) OIP 44, 44. 46. 50; Tf. 108 Β (No. 189) rechts oben. - OIP 58, 151. - Sumer 7 (1951) 65; Tf. II, 1. Fragment von der rechten Hälfte einer Reliefplatte Kalkstein H. 14; B. 10,5 Teile von Ober- und Mittelfries einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Symposionszene; erhalten blieb nur die rechte untere Friesecke, der Unterkörper eines thronenden Mannes im Zottenrock, nach links gewandt. Mittelfries: Fast vollständige rechte Mittelmetope; ein stehender, bartloser und kahlköpfiger Diener im glatten Rock mit einfacher Abschlußborte, einen Becher in der rechten Hand erhoben; links vor ihm ein großer Mischkrug mit Rührstab (oder Schöpfkelle? Saugrohr?). Das Fragment dürfte mit ziemlicher Sicherheit an die obere Bruchkante (rechts) der Ringkampfszene (CN 2) anzupassen sein (vgl. Bemerkungen zu jenem Stück und Rekonstruktion Tf. XI). 2. Übergangszeit
CN 4
(= T f . X , 4 ) Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. III 950)
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Katalog der Weihplatten
Schicht VII (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum ΟΙΡ 58, 151. - OIP 60, 14. 34 f; Tf. 67 Β (No. 325). Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 9; B. 9 Ausschnitt von der linken Hälfte des Ober- und Mittelfrieses einer ursprünglich wahrscheinlich dreistreifigen Komposition Oberfries: Thron, Fußschemel und Füße einer nach rechts gerichteten, wohl weiblichen Gestalt; linke Ecke einer Symposionszene. Mittelfries: Obere Hälfte der linken Mittelmetope; Kopf und Hals einer aufrechtstehenden (?) Ziege, die an einer Pflanze mit mehreren lanzettförmigen Blättern frißt; rechts Teil der Zentral-Loch-Rahmung und Ansatz des Loches selbst. Das Fragment gehört möglicherweise auch zur gleichen Weihplatte wie CN 2 und CN 3; vgl. wiederum Begründung in Kapitel III Abschnitt Ε 2 c und Rekonstruktions-Montage auf Tf. XI. 2. Übergangszeit
CN 5
(=Tf.XII,l)
Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. VIII 26) Schicht VI (= ED II) Philadelphia, University Museum OIP 58, 149. - OIP 60, 14. 34 f; Tf. 67 Ε (No. 328). Fragment von der rechten Hälfte einer Reliefplatte Alabaster H. 10,2; B. 12; Ε. H. ca. 25; Ε. B. ca. 24 Reste des Ober- und Mittelfrieses einer dreistreifigen Komposition mit rundem, ungerahmtem Zentral-Loch Oberfries: Reihe nach rechts schreitender Rinder; vom linken Tier erkennt man noch die Vorderfüße, dem rechten fehlt der Kopf. Mittelfries: Kopf, Schultern und Rücken eines nach links schreitenden (?) Rindes. Thematisch und in gewisser Weise auch kompositioneil verwandt, wenn auch in anderer Werktechnik und anderem Material gearbeitet, sind die Platten CT 4 und CT 5 (= Tf. VI,2-3). 2. Übergangszeit
CN 6 (= T f . X I I , 2 ) Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. IX 75) Schicht VII (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 42494) ILN vom 10. 12. 1938, 1091 f; Abb. 5. - OIP 58, 150. - OIP 60, 15 f. 34 f; Tf. 64 A (No. 315). - Iraq 6 (1939) 69 f (Abb.). - Sumer 7 (1951) Tf. IV, 1. - Hirmer/Strommenger Tf. 65. Fragment von der linken Hälfte einer Reliefplatte Alabaster H. 10; B. 10,3; D. 2,7; Ε. H. ca. 2 2 - 2 8 ; Ε. B. ca. 2 5 - 2 8 Linke Hälfte des oberen oder unteren Frieses einer mehrstreifigen Komposition, im Altertum sekundär überarbeitet Darstellung: Thronender Gott, nach rechts gerichtet, im mehrfach horizontal gestuften Zottengewand, auf dem langhaarigen, bärtigen Kopf eine Hörnerkrone, in der Linken Waffen (Keule bzw. Krummholz), in der Rechten Zweig (bzw. Wedel); rechts vor ihm die Reste eines nackten, von ihm abgewandten Opferdieners oder Priesters, dessen Gestalt weitgehend weggemeißelt worden ist. Zur Ikonographie des Bildes, zu seiner Rekonstruktion und Datierung vgl. ausfuhrlich in Kapitel III Abschnitt Ε 2 c (CN 6). 2. Übergangszeit
CN 7
(= T f . X I I , 3 )
Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. III 1207) Schicht VII (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 31734) OIP 58, 82. 150 Anm. 105. - OIP 44, 43. 50. 78 f; Tf. 114 (No. 201). - Sumer 7 (1951) Tf. III, 3. Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte mit Weihinschrift Kalkstein H. 36; B. 36; D. 7;L. ca. 5 x 6 Die Darstellung nimmt die gesamte Bildfeldhöhe in Anspruch: links und rechts des großen, quadratisch gerahmten ZentralLochs je eine nach links schreitende menschliche Figur. Links: Kahlköpfiger, bartloser Mann mit nacktem Oberkörper und über der Brust betend gefalteten Händen, im langen, mehrfach gestaffelten Zottenrock.
Chafadschi
179
Rechts: Männliche (?) Gestalt mit Fellmütze (?) und langem Mantel aus sieben horizontalen Zottenreihen, der die linke Schulter bedeckt und die rechte freiläßt. Inschrift (zwischen den Köpfen der Figuren angebracht): Weihung eines Ekua (?), Sohnes des Ama-abzuda (?), an die Gottheit Nintu ( - x), Kind der Gottheit Damgalnunna (Th. Jacobsen, OIP 58, 290 ff.). Zur Interpretation des Bildes und zu seiner Datierung vgl. Kapitel III Abschnitt C 7. Ur I-Zeit Bisher nicht abgebildete Fragmente: Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. VIII 183) Schicht VI (= ED II) Philadelphia, University Museum OIP 58, 150. - OIP 60, 42. Hälfte einer Weihplatte mit Durchbohrung; Oberfläche stark zerstört (Relief?) Alabaster H. 19,5 Darstellung: wahrscheinlich Tier, auf den Hinterbeinen stehend, und Pflanzen Chafadschi Nintu-Tempel (Kh! VIII 205) Schicht VII (= ED lila) OIP 58, 151. - OIP 60, 42. Relief-Fragment Alabaster H. 7; B. 9 Erhaltene Darstellung: Unterkörper mehrerer Männer
„Häuser" CHI (=Tf.XIII,l) Chafadschi „Houses" (Kh. VI 41) Level 2 (?) (= ED lila ?) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 32175) OIP 60, 34 f; Tf. 67 A (No. 324). - Sumer 7 (1951) Tf. II, 11. Fragment einer Reliefplatte Weißer Stein H. 11; B. 6,5; L. ca. 2; Ε. H. ca. 25 Teil des Mittelfeldes mit kreisrundem Zentralloch und Rest des Unterfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Darstellung: Erhalten ist, unmittelbar unterhalb des Zentral-Lochs, der Oberkörper eines nach rechts gerichteten (schreitenden?) Mannes mit geriefelter Haar- und Bart„perücke"; seine rechte Hand hält einen über die Schulter gelegten Stab (Prozessionsszene?). Das glatte Lochrahmungsfeld ist seinerseits durch eine feine, schmale Randborte gesäumt. - Thematisch zu ergänzen wäre die Szene des Frieses vielleicht im Sinne der Platten AS 1 (= Tf. III, 1, Unterfries) und CT 1 (= Tf. V, 1). Mesilim-Zeit
CH 2 (= Tf. XIII,2) Chafadschi „House Area" II (?) (Kh. III 583) Level 2 (?) Baghdad, Iraq Museum OIP 44, Tf. 108 Β (No 189) links oben. Fragment einer Reliefplatte mit anstehender Randbosse Kalkstein H. ca. 6; B. ca. 6 Linke obere Ecke des Oberfrieses einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Darstellung: Rest einer Symposionszene; Oberkörper einer weiblichen Gestalt mit erhobener rechter Hand; zu ergänzen entweder als Thronende oder als eine hinter ihr stehende Dienerin mit Becher oder Fächer. Das Fragment gehört wohl nicht - schon wegen seiner deutlichen Randbosse - zu den mit ihm zusammen auf Tf. 108 Β in OIP 44 abgebildeten Relieffragmenten CN 2, CN 3 und CS 6, sondern zu einer völlig anderen Weihplatte. Mesilim-Zeit (?)
180 CH 3
Katalog der Weihplatten (= T f . X I I I , 3 )
Chafadschi „Houses" (Kh. IX 107) Level 3 (= ED lila) Philadelphia, University Museum OIP 60, 14. 34 f; Tf. 66 Β (No. 320). Fragment einer Reliefplatte Alabaster H. 12,5; B. 11,3; Ε. H. ca. 25; Ε. B. ca. 2 2 - 2 4 Rechte Hälfte des Oberfrieses und rechte obere Ecke des Mittelfrieses einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Symposionszene; nach links gewandte, thronende männliche Hauptperson mit Becher und Wedel, im Hüftrock mit Fransensaum; links vor ihm steht ein Mundschenk in der gleichen Tracht; an der linken Bruchkante zeichnen sich noch die Spuren einer dritten menschlichen Gestalt (Frau?) ab (Kopf und Schultern), diesmal anscheinend nach links gewandt, der verlorengegangenen weiblichen Hauptfigur zugekehrt. Mittelfries: Erhalten ist noch der Oberkörper eines Mannes mit langer Haar- und Bart„periicke", der wohl einen Becher in der erhobenen Rechten hielt; entweder handelt es sich hier um eine weitere, verkürzte Symposionszene oder um die Zubereitung der Speisen und Getränke fur das Festmahl (je nachdem ist der Mann thronend oder stehend zu ergänzen). Zur Rekonstruktion des Mittelfrieses als Symposion vgl. unsere Weihplatten AG 1 (= Tf. 1,1), Ν 5 (= Tf. XVI,3) und Μ 1 (= Tf. XXV,1); zur Ergänzung als Festvorbereitungen vgl. die Fragmente CN 3 (= Tf. X,3) und S 7 (= Tf. XXIV,1). Mesilim-Zeit CH 4 (= T f . X I I I , 4 ) Chafadschi „Houses" (Kh. V 46) Level 3 (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum (?) OIP 60, 14. 34 f; Tf. 67 C (No. 326). Fragment einer Reliefplatte Weißer Stein H. 7,3; B. 5,5 Ausschnitt vom rechten Rand einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition mit Resten des Mittel- und Unterfrieses Rechte Mittelmetope: Vorderkörper eines liegenden, nach rechts gerichteten Huftieres (Rind? Kopf fehlt!). Obere rechte Ecke des Unterfrieses: Kopf eines nach rechts gerichteten, schreitenden (?) Rindes. Bemerkenswert fein gearbeitetes Relief; Parallele für die Motivkomposition: Mittel und Unterfries der Platte AS 3 (= Tf. 111,3). Mesilim-Zeit
„Angekauft" CA 1 (=Tf.XIV,l) Chafadschi Angekauft? Streufund? Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 41053) Sumer 7 (1951) 66; Tf. II, 5. Fragment einer Reliefplatte Stein H. 5,5; B. 3,7; D. 2 Ausschnitt von der linken Hälfte einer wohl ursprünglich dreistreifigen Komposition, wahrscheinlich linke obere Ecke des · Oberfrieses Erhaltene Darstellung: Thronender Mann mit langem rechteckigen Bart; Symposionszene (?). Mesilim-Zeit CA 2 (= T f . X I V , 2 ) Chafadschi? Von den Ausgräbern angekauft Angeblich aus Chafadschi Chicago, Oriental Institute Museum (A. 7553) OIP 60, 34 f; Tf. 64 C (No. 317). Fragment einer Reliefplatte mit Inschrift Alabaster H. 7,5; B. 7 (?); D. 4,2 Rechte obere Ecke einer wohl dreistreifigen Komposition Oberfries: Erhalten blieb lediglich die rechter Hand thronende männliche Hauptgestalt im Hüftrock mit Zotten- oder Fransen-Saum und Wulstgürtel, in typisch mesilim-zeitlicher Haar- und Barttracht; in der Rechten hält sie einen Becher,
Nippur
181
in der linken einen rispenähnlichen Wedel. Links vor ihr noch schwache Spuren der Figur eines Mundschenken (Ellenbogen? Rocksaum?). Inschrift (quer über den Hüftrock des Thronenden verlaufend): Wahrscheinlich Namensbeischrift (bisher noch nicht publiziert, vgl. J. Boese, AfO 22 (1969) 37 Anm. 30); vielleicht: GISCH + BIL + AM (oder LAL) = Labat, Nos. 296 + 172 (173)+ 170 (oder 109). Das Fragment gehört vielleicht mit CA 3 und CA 4 zusammen! Mesilim-Zeit CA 3 (= T f . X I V , 3 ) Chafadschi? Von den Ausgräbern angekauft Angeblich aus Chafadschi Chicago, Oriental Institute Museum (A. 9377) OIP 60, 34 f; Tf. 66 A (No. 319). Fragment einer Reliefplatte Alabaster H. 9; B. 9,5; D. 2,5 Ausschnitt vom Oberfries einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Reste der linken Frieshälfte: Symposionszene; thronender Mann im Hüftrock mit Zotten- oder Fransensaum, in der Rechten Becher, in der Linken Wedel, nach rechts gewandt (Kopf und rechte Schulter fehlen). Rechts vor ihm Oberkörper eines stehenden, bartlosen, nach links gekehrten Mundschenken mit ausgestreckter linker Hand. Nach Werkmaterial, Relieftechnik und Figurengröße könnte das Fragment mit den Stücken CA 2 (Tf. XIV,2) und CA 4 (Tf. XIV,4) zu ein und derselben Platte gehören; wie jene zeichnet es sich durch besonders feine und sorgfältige Modellierung der Gestalten aus; in der Reliefqualität erinnern die drei Bruchstücke an die Exemplare AG 3 und AG 4 aus Teil Agrab (= Tf. 11,1-2). Mesilim-Zeit CA 4 (= T f . X I V , 4 ) Chafadschi? Von den Ausgräbern angekauft Angeblich aus Chafadschi Chicago, Oriental Institute Museum (A. 7558) OIP 60, 15. 34 f; Tf. 64 Β (No. 316) Fragment einer Reliefplatte Alabaster H. 9,4; B. 7; D. 4,2 Linke untere Ecke einer Mittelmetope oder eines Unterfrieses aus einer wahrscheinlich dreistreifigen Komposition Darstellung: Links kleiner nackter (?) Mann, der auf einen Baum klettert; rechts Tisch oder Gestell mit gabelartigen Stützen, darauf Opfergaben (Speisen?); ganz rechts Rest eines großen Vorratsgefäßes. Möglicherweise gehört das Fragment mit den Stücken CA 2 und CA 3 zusammen zu einer Weihplatte. Leider läßt sich seine genaue Position innerhalb der einstigen Bildstreifen-Komposition nicht mehr sicher eruieren; am besten vorstellbar wäre eine Ergänzung als linke Mittelmetope. Besondere Beachtung verdient das Motiv des „Baumkletterers", das sich auf anderen Weihplatten-Bildern bisher nicht belegen läßt. Vielleicht hängt es - als Symbol für die Fruchternte - gedanklich unmittelbar mit den Vorbereitungen für das kultische Festmahl (Symposion) zusammen, im selben Range und in derselben Bedeutung für jenes Fest wie etwa der Lammträger (CS 7, Ν 4, U 4 etc.), der Tiertreiber (AG 2, AS 1, Ν 6 etc.) oder der Fischer mit seiner Beute (CT 3, Ν 4, Τ 13). Wichtigstes Vergleichsstück zu unserem Bildmotiv selbst ist ein mesilim-zeitliches Rollsiegel in New York (The Metropolitan Museum of Art, Guide to the Collection of Ancient Near Eastern Art (1966) 9 Abb. 9); thematisch verwandt dürfte die Reliefdarstellung auf dem Fragment eines Steatitgefäßes aus Mari sein (Syria 30 (1953) 203 Abb. 4 = Hirmer/Strommenger Tf. 39 unten): ein Mann im schraffierten Rock (Netzrock?) ist in kniender Haltung mit dem Setzen oder Abernten einer Strauchpflanze beschäftigt, neben der sich ein mächtiger Baumstamm (Palme?) erhebt. Mesilim-Zeit
Nippur Ν 1 (=Tf.XV,l) Nippur Inanna-Tempel, Hof IT 214 (No. 7 Ν 407) Level VIII (= ED II) Aufbewahrungsort? Hansen 153 f. 157 ff; Tf. IV. - Archaeology 15 (1965) 80; Abb. 11. - The Oriental Institute, Report for 1961/62 (Titelbild). Vollständig erhaltene Reliefplatte mit grob zugehauener, teilweise breit anstehender Randbosse
182
Katalog der Weihplatten
Kalkstein (?) H. 26,5; B. 16,5; L. ca. 2,4 χ 2,6; Schaufläche: H. 13,7; B. 10,2 Bilddarstellung ohne Friesunterteilung, rund um das quadratische Zentral-Loch herumgeführt: Mitte oben: Kahlköpfiger, bartloser „Held" im Hüftrock mit Fransen(?)saum bändigt zwei spiegelbildlich gegenübergestellte Raubtiere (Löwen?), die jeweils die oberen zwei Drittel der rechten bzw. linken Plattenhälfte einnehmen und dabei in ihrer Standebene gegenüber dem „Helden" um 90° gedreht erscheinen, um die Bildfläche zu beiden Seiten des großen Zentral-Lochs zu füllen. Unteres Drittel: Antithetische Gruppe von zwei einander zugekehrten Rindern, die an einer Blattpflanze fressen. Eine breite, erhabene Leiste bildet die Relief- und Lochrahmung; unterhalb der eigentlichen Bildfläche, auf der Oberfläche der unteren Randbosse, erkennt man noch die lineare Vorzeichnung für die ursprünglich etwas größer geplante Reliefrahmung; in der Bosse oberhalb der Rahmung ist ein kreisrundes Dübelloch angebracht. Äußerst grobes, silhouettenartiges Relief; zur kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. unsere Untersuchungen in Kapitel I Abschnitt C. Mesilim-Vorstufe Ν 2 (= T f . X V , 2 ) Nippur Inanna-Tempel, Raum IT 229, südlich des Heiligtums (No. 7N415) Level VIII (= ED II) Aufbewahrungsort? Hansen 153. 156 ff; Tf. III. Obere Hälfte einer ritzverzierten Platte Weißer Stein H. 11,6; B. 21; D. 4 ; L . ca. 4 χ 5; Ε. Η. ca. 25 Oberfries und Reste des Mittel- (oder Unter-?) Frieses einer mehrstreifigen Komposition Oberfries: Ein nach rechts schreitender Löwe schlägt seine linke Vorderpranke in den Nacken eines ihm zugekehrten Rindes; über dem Rücken jenes Tieres eine Mondsichel. Anschließende Bildreste: Obere Hälften von zwei Mittelmetopen (oder seitliche Fortsetzung des ursprünglichen Unterfrieses); erkennbar sind noch die Spuren zweier auseinandergebogener Hörnerpaare (Steinböcke?). Vielleicht ursprünglich nur zwei Bildstreifen, wobei die Körper jener Steinböcke sich auf der unteren Plattenhälfte befanden; D. P. Hansen rekonstruiert zwei Mittelmetopen mit der Darstellung je einen Tierkopfes (Hansen 153; vgl. dazu unsere Bemerkungen in Kapitel II Abschnitt Β 4). Zum Löwen in Verbindung mit einem Halbmond vgl. das Rollsiegel OIP 72, Tf. 43 (No. 458) aus dem Square Temple in Teil Asmar; weitere Motiv-Parallelen bieten die Rollsiegel OIP 72 No. 800 f. Thematisch, werktechnisch und stilistisch eng verwand ist auch der bekannte ritzverzierte Pyxisdeckel (Christian, Altertumskunde, Tf. 278, 1). Mesilim-Zeit
Ν 3 (=Tf.XVI,l) Nippur Inanna-Tempel, nahe der Tür von IT 219 (= IT 173?) (No. 7N408) Level VIII (bzw. VII?) (= ED II oder ED lila?) Aufbewahrungsort? Hansen 154. 161 ff; Tf. V. Obere Hälfte einer Reliefplatte Rosa Gipsstein H. 8,9; B. 15,1; D. 4,9; L. ca. 1,4; Ε. H. ca. 16 Oberfries und Reste der Mittelmetopen einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Links eine auf den Hinterbeinen aufgerichtete Ziege, hinter ihrem Rücken ein in Vorderansicht gegebener Löwenkopf; rechts anschließend ein stehender Mann mit langer Haar- und spitzer Barttracht, konischer Kappe und teilweise aufgebundenem Schlitzrock, der in den Händen eine Art Fächer oder Standarte trägt. In der rechten Frieshälfte eine Symposionszene: zwei einander gegenübersitzende männliche Gestalten in gleicher Tracht wie der „Fächerträger" (der durch verschieden verlaufende Schraffuren untergliederte Rock mit einem Saummuster aus schraffierten Dreiecken ist hier jedoch nicht bis zur Taille aufgebunden) trinken mit Hilfe langer Saugrohre aus einem zwischen ihnen befindlichen, auf einem durchbrochenen Ständer stehenden großen Gefäß; im Felde darüber ein nach linksgerichteter großer Fisch. Unter dem Thron der linken Figur ein kauernder Vierfüßler (Jungrind?). Mittelfries: Reste zweier wohl spiegelbildlich gleicher Metopenbilder; je ein dem Zentral-Loch zugekehrtes, kauerndes (?) Schaf. Ungewöhnliche Relieftechnik und vom Üblichen abweichende Ikonographie (Trachteigentümlichkeiten, Physiognomie), Themenkombination und Bildgliederung, die vielleicht insgesamt auf eine nordmesopotamisch, möglicherweise semitisch beeinflußte Bildhauerschule zurückzuführen sind (vgl. dazu ausführlich unsere Textanmerkung 566). Zum Löwenkopf in Frontalansicht vgl. ein Rollsiegel aus Fara (Frankfort, CS Tf. XI, e); zum „Fächerträger" vgl. die links stehende weibliche Gestalt auf dem Oberfries der Weihplatte CT 2 (= Tf. V,2) aus dem Temple Oval zu Chafadschi,und das Rollsiegel Parrot, Sumer, Abb. 197; spätere Beispiele für dieses Motiv aus dem Kreis der neu-elamischen Kunst: Amiet, Elam, Abb. 413. 414. Interessant und nahezu einmalig in der Bilderwelt der Weihplatten ist die Themenkombination von Symposion und Figurenband innerhalb ein und desselben Frieses; denn die aufgerichtete Ziege in Verbindung mit dem Löwenkopf dürfen
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wir doch wohl als einen, wenn auch stark reduzierten, Ausschnitt aus einer Tierkampfszene des Figurenbandes verstehen. Das wiederum gibt uns einen weiteren Hinweis auf die enge gedankliche Zusammengehörigkeit beider Themenkreise; zu ihrer bildlichen Kombination vgl. Moortgat, Tammuz, 47 ff; ferner die Rollsiegel Amiet, Glyptique, Nos. 1157/59 und den Ober- bzw. Unterfries der Weihplatte AG 1 (= Tf. 1,1). Mesilim-Zeit Ν 4 (= T f . X V I , 2 ) Nippur Grabung 1957/58 „Recovered from a test pit" Aufbewahrungsort? Archaeology 12 (1959) 80 (Abb. rechts oben). Fragment von der linken Hälfte einer Reliefplatte Kalkstein (?) H. 24,1; B. 16,2; Ε. H. ca. 32; Ε. B. ca. 30 Ausschnitte von der linken Hälfte des Ober-, Mittel- und Unterfrieses einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Symposionszene; erhalten sind die Unterkörper einer thronenden Frau und der links hinter ihr stehenden Dienerin, beide im langen, glatten Mantel; rechts vor der Thronenden steht, ihr zugewandt, die Gestalt einer weiteren Dienerin, und an der rechten Bruchkante ist noch ein Mischgefäß auf hohem Gestell sichtbar. Mittelfries: Gabenbringer der linken Mittelmetope; beide mit geriefelter Haar- und Bart„perücke", mit einem kurzen Zottenrock bekleidet und nach rechts gewandt; der linke trägt in jeder Hand ein Bündel Fische, der rechte hält ein Zicklein in den Armen. Spuren des Unterfrieses: Kopf eines nach rechts gerichteten Mannes (?), vielleicht ursprünglich Wagenszene, oder auch Reihe von Gabenbringern, Tiertreibern o. ä. Die Darstellung stimmt in Reliefstil, Bildkomposition und Themenkombination weitgehend mit den typischen Platten der Mesilimzeit aus dem Diyala-Gebiet überein, im Gegensatz zu den etwa gleichzeitigen Exemplaren Ν 2 und Ν 3 (= Tf. XV,2-XVI,1). Anscheinend falsche Maßangabe bei V. E. Crawford, Archaeology 12 (1959) 80; dort: 8 1/2 inches! Muß wohl heißen: 9 1/2 inches = 24,1 cm (nach Messung der Photographie und Berechnung der Proportionen). Mesilim-Zeit Ν 5 (= T f . X V I , 3 ) Nippur Inanna-Tempel (Grabung 1955/56) Schuttschicht zwischen dem letzten frühdynastischen Tempel und dem des Schulgi Aufenthaltsort? ILN vom 18. 8. 1956, 269 Abb. 16. Hälfte einer Reliefplatte Alabaster H. ca. 22; B. 26,5; L. ca. 2; Ε. H. ca. 27 Rest des Oberfrieses, rechte Mittelmetope und Unterfries einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Wahrscheinlich Symposionszene; erhalten ist die rechte untere Friesecke mit der Darstellung eines Thrones, wohl zur männlichen Hauptperson des Symposion gehörend. Mittelfries: Erhalten ist ein Teil der breiten, rechteckigen Lochumrahmung mit Ansatz des kreisrunden Zentral-Lochs; rechts schließt die fast vollständig gebliebene Mittelmetope mit der Darstellung eines Symposion an: zwei thronende menschliche Gestalten mit Bechern in den erhobenen Händen, einander zugewandt; links Frau im langen Mantel, rechts Mann im Hüftrock mit Zotten saum. Unterfries: Links Unterkörper einer Dienergestalt (Gabenbringer?), in der Mitte zwei weitere Diener, die an einer langen Stange ein aufgehängtes Vorratsgetaß nach rechts tragen, und rechts ein weiterer Mann, wie die anderen bartlos, kahlköpfig und mit Zottenröckchen bekleidet, der eine Kapride vor sich her nach rechts treibt. Nach den Fundangaben wies das Fragment Spuren einer sekundären Wiederverwendung als Türangelstein auf (Rückseite?). Die Darstellung bietet eine gute thematische Ergänzung zum Fragment Ν 4 (= Tf. XVI,2), ist aber wohl nicht zugehörig (Stilunterschiede!). Mesilim-Zeit Bei den amerikanischen Nachkriegsgrabungen in Nippur sind noch eine ganze Reihe weiterer Weihplatten bzw. Fragmente der Gattung gefunden worden, die aber bisher nicht publiziert sind (vgl. Hansen 147 f); bis zur Veröffentlichung des betreffenden Bandes der Oriental Institute Publications können wir somit unseren Katalog der Nippur-Platten nicht vervollständigen. Das Relieffragment Hilprecht, Explorations, 487 (Abb.) mit dem Rest einer Ringkampf-Szene gehört wahrscheinlich nicht zu einer Weihplatte, obwohl die Thematik für unsere Denkmalsgattung durchaus denkbar ist (vgl. CS 7/K 7 und CN 2); leider sind bei Hilprecht o. c. keine Maße angegeben, er spricht aber im gleichen Zusammenhang von „fragments of a large stela", sodaß allein von den Dimensionen her die Verbindung mit einer Weihplatte ausge-
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Katalog der Weihplatten schlossen erscheint. Das Stück ist aus Kalkstein gearbeitet und wurde noch vor der Jahrhundertwende in Nippur ausgegraben (vgl. ferner J. Boese, AfO 22 (1969) 32 Anm. 13; Abb. 4).
Ν 6 (=Tf.XVII,l) Nippur Inanna-Tempel, verstreut in IT 173 und IT 194 (No. 7N133/134) Level VII Β (= ED lila) Aufbewahrungsort? ILN vom 9. 9. 1961, 410 Abb. 9. - Hansen 154 f. 163 ff;Tf. VI. - J. Boese, AfO 22 (1969) 37 f (Anm. 31. 41 f). Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte mit Weihinschrift, unteres Fragment stark zerstört Gipsstein H. (ohne unteres Fragment) 24,6; B. 28,3; D. 3,4; L. ca. 3 χ 3; Ε. H. ca. 31 Darstellung in drei horizontalen Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; links thronender Mann mit Zottensaumrock, bartlos und kahlköpfig, in den Händen Wedel bzw. Becher; rechts vor ihm ein Mundschenk im Zottenrock; in der Friesmitte Gefäß mit Gußtülle und Rührstab auf hohem, gabelförmigem Gestell, daneben Leierspielerin in langem Mantel mit einfacher Saumborte; rechts Mundschenk vor einer thronenden Frau. Mittelfries: Zwei spiegelbildlich gleiche Metopen; je ein nach außen, zum Plattenrand hin schreitendes Rind und sein Führer mit langer, geriefelter Haar- und Bart„periicke", der seinen Arm um die Kruppe des Tieres legt. Unterfries: In der rechten Hälfte Reste einer Symposionszene mit einander gegenübersitzendem Paar, in der Mitte Dienergestalt; linke Hälfte: nur noch schemenhafte Spuren mehrerer menschlicher Figuren erhalten (weitere Symposionszene?). Inschrift (im linken oberen Quadranten der rechten Mittelmetope): Weihung des Lumma, der sich als „gal-zadim" (großer Steinschneider, Edelstein-Schleifer) bezeichnet, an die Gottheit Ninmu (Hansen 155). Es ist nicht sicher, ob das untere Fragment tatsächlich zu der Lumma-Platte gehört (vgl. Hansen 154 f). Zu Eigentümlichkeiten der Ikonographie und der stilistischen Einordnung des Denkmals vgl. J. Boese, AfO 22 (1969) 37 f. und unsere Untersuchungen in Kapitel III Abschnitt Ε 3. Sehr fein gearbeitetes Relief mit sorgfältiger Glättung der Oberfläche und weicher Modellierung der Bildelemente. 2. Ubergangszeit
Ν 7 (= T f . X V I I , 2 ) Nippur Nord-Tempel, Raum NT 79, Fußboden 1 (No. 4N186) Level IV (= ED III) Aufbewahrungort? Hansen 147 Anm. 11-13; Tf. I. II. Fast vollständig erhaltene Platte ohne Bildverzierung, mit umlaufender, vertiefter Rahmenleiste für ein Intarsienband Bituminöser Kalkstein H. 2 9 - 3 1 ; B. 2 3 - 2 8 ; D. 5; L. ca. 2 - 3 Ein Teil der ehemaligen Nagelbekrönung hat sich zusammen mit der Platte erhalten (vgl. Querschnitt auf Tf. XVII,2 unten). Bestes Vergleichsstück zu dieser nicht bildlich verzierten Weihplatte ist ein flache Schieferplatte mit ebenfalls vertieft gearbeitetem Rahmen aus dem Sin-Tempel IX in Chafadschi (OIP 58, 65. 68 Abb. 61). 2. Übergangszeit? (Auf jeden Fall frühdynastisch!)
Ν 8 ( = T f . X V I I I , 1) Nippur Grabung vor 1900 Streufund? Istanbul, Antiken-Museum (1944) Hilprecht, Explorations, 417 (Abb.). - Meyer, Sumerier, 101. - MJ 15 (1924) 169. - Schäfer/Andrae 633 f; Tf. 454oben. Unger, SAK Abb. 10. - Contenau, MAO I, Abb. 338. - Christian, Altertumskunde, Tf. 277. - Zervos Tf. 92. - Pritchard, ANEP 321; Abb. 600. - Parrot, Sumer, Abb. 158 C. Vollständig erhaltene Platte mit Ritzverzierung und Weihinschrift Schiefer (dunkler Kalkstein?) H. 19; B. 21; L. ca. 3,3 Darstellung in zwei übereinanderliegenden, durch zwei parallellaufende Ritzlinien getrennten, horizontalen Bildstreifen Oberfries: Libations-Szene; zwei spiegelbildlich gleiche, einander gegenübersitzende Götter mit Hörnerkrone, aufgebundenem Haarschopf, langem Bart und glattem Gewand; zwischen ihnen zwei nackte, bartlose und kahlgeschorene Priester mit Libationskannen und Schalen; diese wenden sich je einer der beiden Gottheiten zu und kehren einander den Rücken. Unterfries: Gabenbringerzug und Opfertiere; links zwei hintereinandergestaffelte Kapriden (Langhaarziege und Bergschaf), nach links gerichtet wie auch die rechts anschließenden Gestalten zweier Diener im glatten Hüftrock mit Wulstgürtel, die einen kastenartigen Gegenstand bzw. einen Stab tragen.
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Inschrift (im Oberfries, über das Gewand der rechten Gottheit und zwischen den Priesterfiguren verstreut): Weihung des Ur-Enlil, des Groß-Kaufmanns, an die Gottheit NINNI-EDIN (Thureau-Dangin, SAK 158/59, 1). Zur stilistischen Einordnung und Datierung der Ritzzeichnung vgl. Kapitel III Abschnitt C 3. Ur I-Zeit Ν 9 (= Tf. XVIII,2) Nippur Grabung vor 1900 Streufund? Istanbul, Antiken-Museum (684) Meyer, Sumerier, 99 f. - Schäfer/Andrae 633 f; Tf. 454 unten. - Unger, SAK Abb. 11. - Contenau, MAO I, 445 Abb. 339. - Christian, Altertumskunde, Tf. 277. - Zervos Tf. 93. - Parrot, Sumer, Abb. 158 D. Fragment einer ritzverzierten Platte Kalkstein H. 18 (16? 17,2?); B. 18; L. ca. 1,5; Ε. H. ca. 28; Ε. B. ca. 20 Vier Fünftel des Oberfrieses und rechte Hälfte des Mittelfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Libations-Szene; nackter, bartloser und kahlköpfiger Priester mit Schale in der Rechten und Libations-Gefäß in der Linken, nach rechts gewandt, zwischen zwei thronenden Gottheiten (von der linken ist nur noch der Unterkörper erhalten); der rechte Gott trägt die typische Hörrrerkrone mit Idolmaske und vegetabilischen Elementen, einen langen Kinnbart, auf die Schultern herabfallende Haupthaare und ein knöchellanges, von einer einfachen Saumborte eingefaßtes Gewand; der Thron ist von einer Stoffdecke, aus mehreren horizontal gestaffelten Zottenreihen gebildet, bedeckt. Mittelfries: Ursprünglich zwei spiegelbildlich gleiche Mittelmetopen; erhalten sind ein Rest der linken und wichtige Partien der rechten: ein „Held" mit aufrecht stehenden Locken und Krummstab in den Händen vor einer Antilope, die von einer mehrzweigigen Pflanze frißt. Eine einzige Ritzlinie bildet hier die Friesabgrenzung; eine Rahmenlinie war wohl nur an der Oberkante angebracht. Das kleine, kreisrunde Zentralloch war nicht gesondert umrahmt. Kunstgeschichtliche Untersuchung des Ritzbildes in Kapitel III Abschnitt C 3. Ur I-Zeit Ν 10 (= T f . X V I I I , 3 ) Nippur Grabung 1957 Aus der Schuttfiillung des parthischen Tempels Aufbewahrungsort? ILN vom 6. 9. 1958, 388 Abb. 14. Fragment einer Platte mit Ritzverzierung und vertieften Bilddetails zur Aufnahme von Intarsien oder Farbpaste Gipsstein H. 4,8; B. 5,5 Ausschnitt vom Oberfries einer ursprünglich wohl mehrstreifigen Komposition Darstellung: Wohl Rest einer Libationsszene; erhalten ist der Oberkörper einer thronenden (?) Göttin, deren Gesicht „en face" gegeben ist. Unter der schweren Hörnerkrone hervor fallen die langen Haare zu beiden Seiten des Kopfes bis weit auf die Schultern herab, aus denen mehrere Keulen entwachsen. Bekleidet ist die Göttin mit einem glatten Mantelgewand, in der linken Hand hält sie zwei unterschiedlich geformte Keulen. Es ist nicht ganz sicher, ob das Fragment tatsächlich Teil einer Weihplatte ist; allerdings sprechen Werkmaterial, Dimensionen, Thematik und Fundangabe („ . . . plaque") für diese Annahme. - Vgl. dazu auch Kapitel III Abschnitt C 3. Ur I-Zeit Nil (= T f . X V I I I , 4 ) Nippur Grabung 1899/1900 „In unmittelbarer Nähe des Bel-Tempels" Philadelphia, University Museum (L-29-346) Hilprecht, Explorations, 474. 475 (Abb.). - Meyer, Sumerier, 98. 99 (Abb.). - King, HSA 49 Abb. 14. - L. Legrain, MJ 20 (1929) 231 f; Tf. VIII B. - Pritchard, ANEP 198 Abb. 601; 321 f. Fragment einer ritzverzierten Platte Kalkstein H. 4; B. ca. 8; Ε. H. ca. 12; Ε. B. ca. 12 Fast vollständiger Oberfries einer ursprünglich wohl mehrsteifigen Komposition (rechtes Drittel fehlt) Darstellung: Einführungsszene und thronende Gottheit; links ein Opferbringer, bartlos und kahlköpfig, mit kurzem fransengesäumten Hüftrock bekleidet und ein Zicklein im Arm tragend. Er wird von einem bärtigen Gott im kurzen Schlitzrock mit Fransensaum an der Hand gefaßt und der thronenden Göttin in der Friesmitte zugeführt. Diese sitzt auf einer Gans (?) und wendet der linken Szene den Rücken zu; sie ist mit fransengesäumtem Kleid und Schulterüberwurf angetan, hält in der linken Hand einen Becher, in der rechten einen Wedel, und blickt auf die rechts vor ihr stehende Opfervase und einen bindenbekränzten Ständer. Zu Darstellung und Datierung vgl. Kapitel IV Abschnitt Β 1! Frühe Akkad-Zeit
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Katalog der Weihplatten Kisch
KI1 (=Tf.XIX,l) Kisch Chursangkalama (KM. 93) „Red Stratum" Baghdad, Iraq Museum Langdon, Kish IV, 45 f; Tf.XXVIII, 1. - Moorey 101 Anm. 37. Fragment einer ritzverzierten Platte mit Rahmung irr Form mehrerer parallellaufender, vertiefter Streifen Schiefer H. 13,1; B. 19,7; L. ca. 4,8; Ε. H. ca. 26,5; Ε. B. ca. 25 Rechte Hälfte des Oberfrieses einer ursprünglich mehrstreifigen Komposition Darstellung: An der linken Bruchkante Rest eines nach links schreitenden Huftieres (Rind?); ihm folgt unmittelbar ein schreitender Löwe mit schuppenartig stilisierter Mähne und auf den Rücken zurückgelegtem Schwanz. Rechts noch Spuren eines nach links gewandten Mannes im Hüftrock mit Fransen(?)saum. Das kreisrunde Zentralloch ist nicht gesondert umrahmt; auf der stark beschädigten Plattenoberfläche sind keine Spuren einer Friestrennlinie mehr zu erkennen (vielleicht Reste einer Standlinie unterhalb der Löwenfüße?). Wahrscheinlich besaß die Ritzplatte nur zwei horizontale Bildstreifen. - Stilistisch und thematisch eng verwandt mit dieser Ritzzeichnung sind die Darstellungen der Weihplatten Ν 2 (= Tf. XV,2) und S 5 (= Tf. XXIII,1), die in zeichnerischer wie kompositioneller Hinsicht jedoch weitaus qualitätvoller wirken (vgl. dazu auch Kapitel II Abschnitte Β 5). Weitere, nahezu identische stilistische Vergleichsstücke für die Löwendarstellung finden wir in der Lanzenspitze aus Tello (Dec. Tf. 1 ter, 2; Tf. 5 ter, 1), einem ritzverzierten Tontafelfragment aus Fara (Heinrich, Fara, Tf. 311) und der Weihplatte F 4 (= Tf. XX,4); vgl. ferner die Textanmerkungen 21, 23 und 209. Mesilim-Zeit
KI 2 (= T f . XIX,2) Kisch Fundstelle? Schicht? Baghdad, Iraq Museum (I.M.4334) Sumer 7 (1951) 61; Tf.I, 3. - Parrot, Sumer, 133 Abb. 162. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 13; B. 18; D. 4 Ausschnitt von der linken Hälfte einer mehrstreifigen Komposition (Oberfries? Mittelfries? Unterfries?) Darstellung: Erhalten ist ein halb auf den Hinterbeinen aufgerichteter Löwe, der seine Vorderpranken in die Flanken eines rechts vor ihm in die Knie brechenden Hirschen schlägt; dieser wendet seinen Kopf mit dem mächtigen Geweih zurück, dem Raubtier zu. Die Ergänzung des Fragmentes als Teil eines Oberfrieses hat am meisten Wahrscheinlichkeit für sich; es wäre wohl etwas zu breit für eine Mittelmetope, und die untere Wulstleiste sieht eher nach einem Friestrennstreifen als nach einer Rahmenleiste aus. - Wenn auch die Darstellung eines Hirschen auf Weihplatten nur selten (M 7) begegnet, so findet sich doch eine Anzahl von thematischen, kompositionellen und stilistischen Parallelen für das Gesamtmotiv der Gruppe: man vergleiche nur die Ritzzeichnungen auf dem bekannten Pyxis-Deckel aus Teil Agrab (Christian, Altertumskunde Tf.278, 1 a. b) und die Weihplatten Ν 2 (= Tf. XV,2) oder S 5 (= Tf. XXIII,1). Mesilim-Zeit (?)
KI 3 (= Tf. XIX,3) Kisch Chiirsangkalama, Häuser Streufund? Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 8646) Langdon, Kish IV, 11; Tf. 13,4. Fragment einer Reliefplatte Weißer Marmor Maße? Ausschnitt vom Mittelfries (?) einer mehrstreifigen Komposition Darstellung: Reste eines nach links gerichteten Tierkörpers (Kopf fehlt), rechts Spuren einer Platten- oder Loch-Rahmung; vielleicht handelt es sich um eine in den Knien zusammengebrochene Ziege (?), die von links her von einem Raubtier angefallen wird. Neben der Ergänzung als linke oder rechte Mittelmetope besteht die Möglichkeit, das Fragment als Teil eines ehemaligen Oberfrieses zu erklären, im Sinne etwa der Platte KI 2 (= Tf. XIX,2), oder als Rest eines Unterfrieses, thematisch verwandt also mit den betreffenden Bildstreifen der Platten AG 1 (= Tf. 1,1) und S 8 (= Tf. XXIV,2). Mesilim-Zeit (?)
Fara
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KI 4 (= T f . X I X , 4 ) Kisch Chursangkalama, Trench Β „Plain Level" Baghdad, Iraq Museum (I.M. 4325) AnOr 18 Tf.XIII, Abb. 60. - AfO 13 (1939/41) 41 Abb. 9. - Sumer 7 (1951) 68;Tf.III, 7. - Amiet, Glyptique, Tf. 4 8 bis, E. - Hansen 148 Anm. 19. - Moorey 102 Anm. 47. Fragment einer Reliefplatte mit zusätzlicher Ritzzeichnung Feinkörniger weißer Kalkstein H. 11; B. 10; D. 3; L. ca. 2; Ε. H. ca. 38; Ε. B. ca. 30 (?) Ausschnitt von der oberen Hälfte einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Oberfries: Unterkörper eines nackten Mannes (Priesters), nach rechts gerichtet; links hinter ihm noch Spuren eines fransenartigen Gewandsaumes und der nach rechts gewandte Vorderfuß einer anthropomorphen Gestalt; rechts vom Priester, auf einem Podest oder Schemel in Gestalt eines nach links gerichteten, liegenden Schafes mit langem, strähnigem Fell, erkennt man noch einen F u ß und den unteren Teil eines glatten Gewandes mit einfacher Saumborte, die wahrscheinlich zu einer Gottheit gehörten, der jener Priester ein Libationsopfer darbrachte. Mittelfries: Erhalten sind die obere rechte Ecke der linken Mittelmetope mit dem Oberkörper eines nach links gewandten, kahlköpfigen und bartlosen Mannes mit betend erhobenen Händen, und die obere Hälfte der breiten Rahmung des kleinen, kreisrunden Zentral-Lochs; auf diesem Rahmenfeld ist in Ritzzeichnung die Darstellung eines nach links gerichteten, stehenden Vierfüßlers, wohl das Bild einer Ziege, angebracht; rechts Spuren des ehemaligen rechten Metopenfeldes. Der Unterfries fehlt vollständig. Interessant ist die vorliegende Verbindung von Relief und Ritzzeichnung; allerdings ist es möglich, daß es sich beim Bild der Ziege entweder um eine Vorzeichnung für ein geplantes Relief oder auch um ein sekundär angebrachtes Sgrafitto handelt. - Beste stilistische und thematische Vergleiche zur Libations-Szene des Oberfrieses bilden das Rollsiegel VR No. 144 und die Weihplattenbilder auf Ν 8, Ν 9, Τ 10 und UK 1. - Zur kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. Kap. I Abschnitt C 6. Ur I-Zeit Bisher nicht abgebildetes Fragment: Kisch Langdon, Kish IV, 11 (Erwähnung) Oxford, Ashmolean Museum Relieffragment aus Alabaster mit'Unterkörper eines nackten Mannes.
Fara F l (=Tf.XX,l) Fara Grabung 1902/3 Abschnitt II c o. (F. 406) Berlin, Staatliche Museen (VA 5194) Heinrich, Fara, 52; Tf.21 a. - Meißner, Kleinplastiken, 8 Abb. 2. - Pritchard, ANEP 262; Abb. 103. - Moortgat, Tammuz, Tf. 11. - Moortgat, KAM Tf. 44. Fragment einer Reliefplatte Gipsstein (Alabaster?) H. 11 (10?); B. 14; D. 2 , 4 - 2 , 9 ; Ε. H. ca. 30; Ε. B. ca. 28 Linke Hälfte des Unterfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Darstellung: Bootsszene; erhalten sind zwei nach rechts gerichtete, in einem Boot mit spitzem, hohem Steven sitzende Männer mit geriefelter Haar- und Bart„perücke", Hüftrock mit Zottensaum und langen Paddeln mit herzförmigen Blättern in den Händen; unterhalb des Bootskörpers drei nach rechts schwimmende Fische. Wir dürfen uns die Gesamtplatte ergänzen etwa im Sinne des Exemplars Κ 2 (= Tf. XXXVIII) bzw. analog zum Rekonstruktionsvorschlag Κ 3 + Κ 4 + CS 2 (= Tf. XXXIX,3): Oberfries mit Symposionszene, Mittelmetopen mit antithetischen Kapriden oder Boviden, Unterfries mit Bootsszene. - Aus dieser thematischen Kombination bzw. Komposition geht auch die Ergänzung unseres Fragmentes als {/«ierfries hervor; damit stehen wir im Gegensatz zu E. Heinrich, der die untere Rahmenleiste als Friestrennstreifen erklärt und die darunter noch anstehende Randbosse für den Ansatz eines weiteren Bildstreifes hält (Heinrich, Fara, 52). Das ist wegen der geringen Steinstärken jenes Plattenrandstückes (1,5 cm) nicht sehr wahrscheinlich. Mesilim-Zeit F 2 (= T f . X X , 2 ) Fara Grabung 1902/3 Abschnitt VIII v. (F. 913) Berlin, Staatliche Museen (VA 6779) Heinrich, Fara, 51 f; Tf.22 c.
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Katalog der Weihplatten
Fragment einer Reliefplatte Heller Gipsstein H. 6,5; B. 7,7 Ausschnitt vom Unterfries (?) einer ursprünglich mehrstreifigen Komposition Darstellung: Rest einer mythologisch-heraldischen Szene; erhalten ist die rechte Hälfte von Rumpf, Schwanz und Flügel eines Raubvogels oder Mischwesens („Imdugud"), in Vorderansicht wiedergegeben, der seine Fänge in den Körper eines liegenden, nach rechts gewandten Rindes schlägt (dessen Kopf und Vorderläufe fehlen); das Gefieder des Raubvogels ist schuppenförmig stilisiert, seine Schwanzfedern sind wie ein Zottensaum ausgebildet. Genausogut könnte es sich hier um den Teil eines Oberfrieses handeln; für eine Mittelmetope wären die Dimensionen wohl nicht geeignet. - Die Szene ist wahrscheinlich mit Hilfe eines weiteren, antithetisch zum erhaltenen Rind angeordneten Tieres zu einer wappenartigen Komposition zu ergänzen, wie sie uns etwa auf dem bekannten Sockelrelief aus Teil Asmar begegnet (OIP 44 Tf.6 A = Moortgat, KAM 41 Abb. 30); auf Weihplatten ist dieses Motiv erst seit der frühen Ur I-Zeit nachzuweisen (M 4, Μ 6, Τ 1 - 3 , Τ 12), der Raubvogel allein in Vorderansicht jedoch schon auf einigen Platten aus Susa (S 1 - 3 , S 6) seit der Mesilim-/Übergangszeit. - Zur Interpretation der Szene als „'Imdugud' über zwei Vierfüßlern" vgl. auch OIP 60, 15 Anm. 35; E. Heinrich nimmt dagegen an, daß es sich hier um eine auf dem Rind sitzende menschliche Gestalt mit schuppenartig gegliedertem Gewand mit Zottensaum handeln könne (Heinrich, Fara, 51 f). Thematische Parallelerscheinungen in der Rollsiegelglyptik: UE III, Tf. 10 ff. - OIP 72, Nos. 352. 371. 381. 384. 400. 416.420. 534. Mesilim-Zeit F 3 (= T f . X X , 3 ) Fara (?) Streufund? Angekauft? Berlin, Staatliche Museen (VA 5272) Heinrich, Fara, 53; Tf.20 f. - Moortgat, FB Tf.XX, 1. - Moortgat, Tammuz, Tf. 15 a. - Moortgat, KAM Tf. 45. Fragment einer Reliefplatte Gipsstein H. 13,8; B. 5,6; D. 2,9 - 3,8; Ε. H. ca. 36 - 38 Linke Ecken zweier Bildfriese einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Oberfries (?): Unterkörper eines nach rechts schreitenden Rindes oder eines „Stiermenschen" in aufrechter Haltung, mit langem Schwanz mit torsierter Quaste; geringelte Haarlocken in den Kniegelenken. Mittelfries (?): Oberkörper eines nach rechts gewandten „Helden" mit zweizipfeliger „Kappe" und torsierter Haar- und Bartsträhne (Rest einer mythologischen Szene aus dem Zyklus des „Figurenbandes"). Genausogut könnte es sich um Reste des ehemaligen Mittel- bzw. Unterfrieses einer dreistreifigen Platte handeln; ob das Stück einst mit dem Fragment F 4 zu ein und derselben Platte gehörte, läßt sich nicht mehr definitiv entscheiden. Werkmaterial, Proportionen, ergänzte Dimensionen, Werktechnik, Bildstil und Themenkreis stimmen jedenfalls weitgehend überein. - Zum Bild des „Helden" mit zweizipfeliger Kappe vgl. das reliefverzierte Steingefäß aus dem InannaTempel zu Nippur (The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18/19 oben (Abb.)) und das Rollsiegel des Schar-ili aus Mari (MAM I, 190 Abb. 99; Tf. 65 (No. 1388) = Moortgat, KAM Tf.67); in beiden Fällen begegnet ebenfalls die bildliche Kombination von „Held" und Stiermensch. - Die Berechtigung zur Ergänzung des Rinderunterkörpers zu einem „Stiermenschen" ergibt sich aus Ritzzeichnungen des betreffenden Motivs auf Tontafeln aus Fara (Heinrich, Fara, Tf.27 a - c ) . Mesilim-Zeit F 4 (= T f . X X , 4 ) Fara (?) Streufund? Angekauft? Berlin, Staatliche Museen (VA 5271) Heinrich, Fara, 53; Tf.22 a. - Moortgat, FB Tf.XX, 2. - Moortgat, Tammuz, Tf.15, b. - Moortgat, KAM Tf.46. Fragment einer Reliefplatte Gipsstein H. 12,3; B. 18,2; D. 2,7-4,2; L. 5,4; Ε. H. ca. 38; Ε. B. ca. 37 Ausschnitt von der rechten Hälfte einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Menschen- und Tierfüße (Rest eines „Figurenbandes"?). Mittelfries: Rechts des kreisrunden Zentral-Lochs (ohne Rahmung, zur Hälfte erhalten) zwei chiastisch überkreuzte, auf den Hinterpranken aufgerichtete Löwen mit schuppenartig stilisierter Mähne, die von einem Mann mit wellenförmig gegliederter Haar- und Bart-„Perücke" und weit ausschwingendem Hüftrock („Held") mit einem Dolch angegriffen werden (Füße fehlen). Vielleicht zu F 3 (= Tf. XX,3) gehörig (ebenfalls zwei Szenen aus dem mythologischen Themenkreis des „Figurenbandes"). - Wiederum gut vergleichbar mit den Bildern der Nippur-Pyxis (The Oriental Institute, Report for 1961/62, 18/19 oben (Abb.)). - Zur Rock- und Haartracht des „Helden" vgl. OIP 44 Tf. 34. 35. Mesilim-Zeit Nicht katalogisiertes Plattenfragment: Fara Grabung 1^02/3 Abschnitt XV v. (F. 2462) Istanbul, Antiken-Museum
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Heiniich, Faia, 52; Tf. 22 b. Fragment einer Reliefplatte Gipsstein Η. 6,5; Β. 5,5; D. 3 Reste einer nach rechts schreitenden menschlichen Figur (Bein, Fuß, Ecke des Gewandes) und Ansatz eines Friestrennstreifens bzw. einer Rahmenleiste; Teil einer Weihplatte?
Vorzeichnung fur ein Weihplattenbäd (?): P. R. S. Moorey glaubt, in dem Fragment einer ritzverzierten Tontafel aus Fara (Heinrich, Fara, Tf. 30 k) den zeichnerischen Entwurf für ein Weihplattenbild zu erkennen (Moorey 113 Anm. 157). Es zeichnen sich tatsächlich noch deutlich zwei übereinanderliegende Bildstreifen mit Resten schreitender Huftiere bzw. pflanzlicher Elemente ab, die durch eine horizontal verlaufende Friestrennleiste unterteilt werden. Theoretisch wäre Moorey's Vorschlag durchaus glaubwürdig und böte einen interessanten Aspekt zum Arbeitsvorgang altsumerischer Flachbildkünstler; er läßt sich jedoch auf Grund des Fehlens weiterer Belege nicht endgültig als zutreffend beweisen.
Ur U1
(=Tf.XXI,l)
Ur „Königsfriedhof", äußerster Nordwest-Rand (U.8557) Ohne Fundzusammenhang in der obersten Schicht des Gräberstratums Philadelphia, University Museum (CBS 17086) UE II, 376 f. 535; Tf. 1 8 1 b . - OIC 13, Abb. 45. - Moortgat, FB Tf. XVIII, 2. - Christian, Altertumskunde, T f . 273, 2. Pritchard, ANEP 268 (dort weitere Literaturangaben und Abbildungszitate); Abb. 163. - Moortgat, Tammuz, Tf. 8, b. Moortgat, K A M Tf.43. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein H. 13,5; B. 27; D. 2,5; Ε. H. ca. 29 Reste des Mittelfrieses und fast vollständig erhaltener Unterfries einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Mittelfries: Zu beiden Seiten des teilweise erhaltenen Lochrahmenfeldes erkennt man noch die Füße nach rechts schreitender Figuren (Reste eines Zuges von Gabenbringern). Unterfries: Wagenszene; links ein Mann im kurzen Zottenröckchen, der eine Stange über der Schulter trägt, an der ein Gefäß oder großer Beutel hängt; rechts neben ihm der Wagenlenker in gleicher Kleidung, mit geriefelter Haar- und Bart,,perücke", einen kurzen Stab in der Rechten. Der mit Felldecken behängte und mit Waffen geschmückte Wagen wird von vier gestaffelten, mit Halsschmuck ausgestatteten Equiden gezogen (Köpfe fehlen), denen wiederum ein Mann im Zottenrock, ganz rechts im Bild, voranschreitet (Oberkörper fehlt). Das Rahmenfeld weist direkt unterhalb des gerundeten Lochansatzes zwei konzentrische, eingetiefte Abdrücke auf, die wohl nur von der ehemaligen Nagelbekrönung herrühren können. Zusätzlich sind durch die unteren Bildfeldecken kleine, kreisrunde Löcher gebohrt, die zweifellos zur zusätzlichen Befestigung der Weihplatte gedient haben; da diese Perforationen sorgfältig auf dem darstellungsfreien Reliefhintergrund angebracht sind und jede Störung des figürlichen Bildes vermeiden, möchte ich sie für primäre Vorrichtungen und nicht für spätere Überarbeitungen halten. - Die Wagenszene ist in Bildstil, Thematik und Komposition nahezu identisch mit den betreffenden Darstellungen auf den Plattenfragmenten A G 5, CT 2 und CS 4; weitere Parallelerscheinungen bieten die Platten CS 1 und A G 2; schon aus diesem Grunde dürfen wir uns den Oberfries des Fragmentes aus Ur mit einer Symposion-Szene ergänzen; der Mittelfries könnte dem der Platte CT 2 entsprochen haben. - Die Staffelung der Equiden-Beine ist hier - bei aller Qualität der Reliefdarstellung, die den besten Stücken aus dem Diyala-Gebiet und Nippur nahekommt - etwas schematisch ausgeführt, wie auch bei AG 2 und CT 2; auf den Fragmenten AG 5 und CS 1 ist sie dagegen durchaus naturgetreu wiedergegeben. Mesilim-Zeit
U 2
(= Tf. XXI,2)
Ur Gigparku, Ningal-Tempel (U.6727) Streufund? Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 1182) UE IV, 47. 172 f; Tf.41 b. - Sumer 7 (1951) 72; Tf.III, 6. - Iraq 22 (1960) 75, No. 85. Fragment einer Reliefplatte mit Resten einer Weihinschrift Dunkler, bituminöser Kalkstein H. 10; B. 12 Rest vom Oberfries ( ? ) einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Darstellung: Erhalten ist der Oberkörper eines Mannes („Held"?) mit geriefelter Haarsträhne (und ebensolchem Bart?), der sich nach rechts, einer aufrechtstehenden Kapride (Antilope? Ziege?) zuwendet und seine linke Hand (schützend?) auf ihren Hals legt (mythologische Szene?).
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Katalog der Weihplatten
Inschrift (rechts von der Figurengruppe in zwei übereinanderliegenden Kolumnenreihen, linear gerahmt, angebracht): Weihung eines A l . . . (che-ag) an seine Gottheit. . . (k) u für sein eigenes Leben (UETI, 4, No. 14). Unterhalb des Schriftfeldes zeichnet sich anscheinend der Ansatz eines quadratischen oder rechteckigen Zentral-Lochs ab, daher Vorschlag zur Ergänzung als Oberfries. - L. Woolley spricht von der Darstellung eines Vogels (UE IV, 47); vielleicht am linken oberen Bruchrand? - Die großen, kreisrunden Augen beider Figuren sind tief ausgebohrt, waren also anscheinend einst mit Kontrastmaterial eingelegt; vgl. zu dieser Technik auf Weihplattenbildern die Stücke CT 1 aus Chafadschi und S 1 aus Susa! Ikonographisch und stilistisch möchte man das Reliefbild in die Mesilim-Zeit datieren (Haartracht des Mannes, seine schnabelartige Nase, das übergroße Auge und die gespitzten Lippen); den besten kunstgeschichtlichen Vergleich, auch zum Bildgedanken selbst (Mensch oder „Held" als Schützer der schwachen Tiere), bietet ein reliefverzierter Statuensockel aus Chafadschi (OIP 44 Tf.35 = Moortgat, KAM Tf.60; dort Mann und Rind). - Die Paläographie und sprachliche Formulierung der Weihinschrift wirken dagegen jünger (2. Übeigangszeit/Ur I-Zeit); vgl. zu dieser Diskrepanz zwischen Bild und Schrift auch L. Woolley, UE IV 47; sollte es sich um eine Sekundär-Inschrift handeln? Mesilim-Zeit (?)
U 3 (= T f . X X I , 3 ) Ur Gigparku, Zimmer der Südwest-Seite (U.6691) Aus dem oberen Füllschutt Philadelphia, University Museum (CBS 16682) MJ 20 (1929) Tf.XI. - UE IV, 46 f. 172; Tf.41 a. - Iraq 22 (1960) 75, No. 84 („plaque"!). Fragment einer Reliefplatte mit Resten einer Bau(?)inschrift Blau-grauer Kalkstein H. 12; B. 14,5 Ausschnitt von der linken Hälfte zweier Bildfriese einer mehrstreifigen Komposition Oberer Fries: Erhalten sind die Figuren dreier völlig gleich gebildeter Männer (?) mit horizontal abgestuften Zottenröcken und Uberwurf aus geflammten (?) Zotten, der jeweils die linke Schulter bedeckt und die rechte freiläßt (die Köpfe sind weitgehend zerstört); die Gestalten überschneiden sich leicht und schreiten nach rechts. Unterer Fries: Erhalten sind Köpfe und Schultern zweier nach rechts gerichteter weiblicher Figuren, die eine hochgesteckte Schopffrisur mit herabfallender Haarsträhne und einen beide Schultern bedeckenden, pelerinenartigen Zottenmantel tragen. Inschrift (oberhalb der Frauenköpfe auf dem Reliefhintergrund): Letzte Zeilen eines Berichtes von kultischer (?) Bautätigkeit eines Fürsten (?) (UET I, 4, No. 13; Tf.III). Verhältnismäßig breite Rahmenleiste und schmaler Friestrennstreifen; wahrscheinlich zweistreifige Komposition. - Zur Identifizierung als Teil einer Weihplatte, zur szenischen Rekonstruktion, zu Bildvergleichen und Datierung vgl. Kapitel III Abschnitt C 2. Ur I-Zeit
U 4 (= T f . X X I , 4 ) Ur Gigparku, Zimmer der Nordost-Seite (U.6831) Bauschicht der Larsa-Periode London, British Museum (Β. M. 118561) AJ 6 (1926) Tf.53 A. - MJ 17 (1926) 258. - UE IV, 45 f. 173; Tf.39, c. - Contenau, MAO I, 486; Abb. 356. Douglas van Buren, Flowing Vase, 23 Anm. 1; Tf.I, Abb. 2. — Moortgat, FB Tf.XI. — Christian, Altertumskunde, Tf. 274, 2. - Pritchard, ANEP 322; Abb. 603. - Zervos Tf. 85. - Moortgat, KAM Tf. 116. Vollständig erhaltene Reliefplatte mit anstehender Randbosse zu beiden Seiten Weißer Kalkstein H. 22 (22,5?); B. 26 (25?); D. 2; L. ca. 2,2 X 2,2 Darstellung in zwei horizontalen Bildstreifen Oberfries: Libationsszene; links eine Reihe von drei nach rechts gerichteten weiblichen Gestalten mit lang über die Schultern herabhängender Haarfrisur und Wulstdiadem, mit einem knöchellangen Pelerinen-Mantel; in der Mitte ein nach rechts gewandter, nackter Priester mit langer Haarfrisur (?), der mit Hilfe eines hohen Tüllengefäßes eine Trankspende in ein vor ihm stehendes, bindenbekränztes Opfergefäß („Libationsvase") gießt; die rechte Friesecke wird von einer thronenden Gottheit eingenommen, der jenes Trankopfer gilt; der Gott trägt eine mächtige Hörnerkrone, lang herabfallendes Haupthaar und einen Kinnbart, der zum Teil durch ein aryballosartiges Gefäß verdeckt wird, das der Gott mit beiden Händen vor der Brust hält. Unterfries: Libationsszene; wiederum eine Reihe nach rechts gerichteter Figuren. Links eine Frau mit einfachem Mantel, aufgebundener Haarfrisur und Wulstdiadem; vor ihr ein bartloser, kahlgeschorener Gabenbringer im glatten Hüftrock, mit einem Schaf in den Armen. Rechts anschließend eine weibliche Gestalt, diesmal „en face" gegeben, mit langen, torsierten Schulterlocken und Wulstdiadem; die über der Brust gefalteten Hände und der rechte Arm werden von dem knöchellangen Pelerinengewand freigelassen. In der Mitte wiederum ein nach rechts gerichteter, kahlgeschorener und bartloser nackter Priester mit Libationskanne vor einem bindengeschmückten Opfergefaß. Statt des thronenden Gottes befindet sich in der rechten Friesecke diesmal eine mit Nischen gegliederte Tempelfassade mit zentralem Tor, die von zwei „Bügelschäften" flankiert wird.
Susa
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Das quadratische Zentral-Loch sitzt in der Mitte eines relativ breiten Friestrennstreifens und nimmt fast genau dessen Höhe ein. Zur Deutung der Szenen und zur Datierung des Denkmals vgl. unsere ausfuhrliche Untersuchung in Kapitel III Abschnitt C 2. Ur I-Zeit Zu einem weiteren Plattenfragment aus Ur vgl. unsere Anmerkung 603a.
Susa
S1 (=Tf.XXII,l) Susa Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre (SB 35) MDP 13 Tf. XLIV; 64. - Pezard/Pottier 54 (No. 34). - Contenau, MAO I, 417 Abb. 316. - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 120 f; Abb. 43, 12. - Amiet, Elam, 174 Abb. 125. Vollständig erhaltene, ritzverzierte Platte Alabaster (weißer Kalkstein?) H. 14; B. 13; L. ca. 3 X 3 Darstellung in acht quadratischen, um das Zentral-Loch gruppierten Bildfeldern Vier Eck-Metopen: Je ein doppelt gerahmtes Schraffurmuster, in der Mitte jeweils ein auf die Spitze gestelltes Quadrat. Vier Mittel-Metopen: Je ein Adler in Vorderansicht mit angewinkelten Fängen, ausgebreiteten schraffierten Schwingen, schlauchartigem Rumpf und in Profilansicht wiedergegebenem Kopf; der Raubvogel in der unteren Mittel-Metope ist auf den Kopf gestellt. Eine geritzte Rahmenlinie umzieht den Plattenrand; die Adler-Metopen wie auch das große quadratische Zentral-Loch sind nicht gesondert umrahmt. - Die Augen der Tiere waren ursprünglich alle durch eine Muscheleinlage betont; zwei dieser kreisrunden Scheiben mit Pupillenangabe sind erhalten (oben und unten). - Zu kunstgeschichtlichen Vergleichen und der stilistischen Einordnung bzw. Datierung der Ritzplatte vgl. Kapitel II Abschnitt Β 1. Mesilim-/2. Übergangszeit S 2 (= T f . X X I I , 2 ) Susa Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre (SB 37?) MDP 7,39 Abb. 46. - Pezard/Pottier 54 f (No. 36). Fragment einer ritzverzierten Platte Alabaster H. ca. 18; B. ca. 22; L. ca. 3 X 3,5; Ε. H. ca. 25; Ε. B. ca. 23,5. Darstellung ohne Fries- oder Metopen-Unterteilung, rings um das Zentral-Loch angeordnet Unten: In der Mitte ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln in Vorderansicht, flankiert von zwei um 180° gedrehten kleinen Wasser(?)vögeln in Profilansicht. Rechte Seite: Hinterkörper eines um 90° gedrehten Raubtieres (Löwe?) mit kiallenbewehrten Hinterpranken, stereometrisiertem Rumpf und strichförmigem Schwanz mit halbkreisförmiger Quaste; unter seinem Leib ein weiterer kleiner Vogel im Profil. Beider Tiere Standebene ist die Vertikale. Linke Seite: Spuren eines weiteren Löwen (?), anscheinend in spiegelbildlich gleicher Ausführung. Im Gegensatz zu dem quadratischen Zentral-Loch ist die Bildfläche durch ein ornamentales Band von konzentrischen Dreiecken gerahmt. Die Bilddarstellung dürfen wir uns thematisch und formal wohl als klappsymmetrisch zur vertikalen Mittelachse ergänzen. Mesilim-/2. Übergangszeit S3 (= T f . X X I I , 3 ) Susa Grabung 1910 Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre (SB 36) MDP 12, 138; Abb. 195 bis. - Pezard/Pottier 54 (No. 35). - Amiet, Elam, 175 Abb. 126 Α. B. Fragment einer ritzverzierten Platte Alabaster H. 18,9; B. 12,7; L. ca. 4 X 4; Ε. B. ca. 17 Rechte Hälfte einer Metopen-Komposition; Darstellung ursprünglich in acht quadratischen, um das Zentral-Loch gruppierten Bildfeldern Vier Eckmetopen (davon die obere rechte vollständig, die beiden unteren nur teilweise erhalten): Je ein Adler in Vorderansicht mit kugelrundem Auge, schlankem, horizontal untergliedertem Hals, schlauchartigem Rumpf, fächerförmigem Schwanz, angewinkelten, klauenbewehrten Beinen und ausgespannten, horizontal schraffierten Flügeln; der Profilkopf ist nach links gewandt.
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Katalog der Weihplatten
Vier Mittelmetopen (davon die untere vollständig, die rechte und obere nur teilweise erhalten): Je eine kreisförmig gerahmte Rosette mit 12-15 mandelförmigen Blättern und einer „Knospe" in Form zweier konzentrischer Kreise. Die formale Ergänzung der Komposition ist durch die erhaltenen Teile vollauf gesichert; Metopen wie auch der Plattenrand sind linear gerahmt. - Zur kunstgeschichtlichen Einordnung vgL Kapitel II Abschnitt Β 2. Mesilim-/2. Übergangszeit S 4 (= Tf- X X I I , 4 ) Susa Fundstelle? Fund Schicht? Paris, Louvre (SB 40) Pezard/Pottier 55 (No. 39). - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 120 ff; Abb. 43, 11. - Amiet, Elam, 177 Abb. 129. Vollständig erhaltene, ritzverzierte Platte Alabaster H. 13; B. 12,5; L. ca. 3,1 X 2,8 Darstellung ohne Fries- oder Metopen-Unterteilung; die Figuren nehmen die gesamte Bildfeld-Höhe in Anspruch Linke Plattenhälfte: Bergziege mit emporgerissenem Hinterleib; die Vorderläufe sind auf die untere Rahmenlinie gestützt, ihr Kopf schaut ebenfalls schräg nach unten; der Tierkörper ist in seiner Mitte um 180° gedreht, sodaß die in die obere Bildfeldhälfte hinaufgezogenen Hinterbeine der Kapride nach rechts zeigen. Rechte Plattenhälfte: Ein auf seinen Hinterbeinen aufrecht stehender Löwe mit erhobener linker Vorderpranke, aufgerissenem Maul, steil aufgerichtetem Schwanz und in Schrittstellung gesetzten Hinterbeinen. Die Mähne ist in Form von verschachtelten konzentrischen Dreiecken stilisiert und zieht sich, ohne den Körperumriß zu sprengen, vom Bauch bis zum Nacken bzw. bis zum Fersengelenk der Vordertatze. Auge oval, Ohr dreieckig. Lineare Plattenrand-Rahmung; ungerahmtes, nahezu quadratisches Zentral-Loch zwischen den beiden Tieren. - Zu kunstgeschichtlichen Vergleichen und der Datierung der Ritzplatte vgl. Kapitel II Abschnitt Β 3. Mesilim-/2. Übergangszeit S 5 ( = T f . XXIII,1) Susa „Oberhalb der Nekropole" „Deuxieme Periode" (?) Paris, Louvre (SB 39?) MDM 13, 64; Tf. XLIV, 3. - Pezard/Pottier 55J>!o. 38). - Contenau, MAO I, 416 Abb. 315 (dort anscheinend seitenverkehrt abgebildet). - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 12Ö f; Abb. 43, 13. Fast vollständig erhaltene, ritzverzierte Platte Alabaster (weißer Kalkstein?) Maße? Darstellung in zwei horizontalen, übereinander liegenden Bildstreifen Oberfries: Links ein nach rechts oben emporschnellender Löwe (Hinterleib fehlt) mit steil aufgerichtetem Schwanz und schuppenartig ineinander verschachtelten Mähnenhaaren reißt eine nach rechts gerichtete Bergziege am rechten Hinterbein empor; unter dem Ziegenkörper knospenartige Pflanze, rechts vor dem Tier Schlange (?), über seinem Rücken Mondsichel (?). Unterfries: Zwei antithetisch-wappenartig angeordnete, spiegelbildlich gleiche Steinböcke (oder Bergziegen), die einander den Rücken zukehren und je an einer Pflanze knabbern. Die Friestrennlinie wird durch das große, quadratische Zentral-Loch unterbrochen, das seinerseits tief in beide Bildstreifen einschneidet. Die Platte ist mit einer Doppel-Linie gerahmt. - Zu Bildvergleichen, Thematik, Komposition und Datierung vgl. Kapitel II Abschnitt Β 4. Mesilim-/2. Übergangszeit S 6 (= T f . X X I I I , 2 ) Susa Fundstelle? Fund Schicht? Paris, Louvre (SB 38) Pezard/Pottier 55 (No. 37). - Amiet, Elam, 176 Abb. 127. Obere Hälfte einer ritzverzierten Platte Α läbästcr H. 10; B. 14,3; L. ca. 3,5 X 2,7; Ε. H. ca. 16 Oberfries, Teile der Mittelmetopen und Rest des Unterfrieses einer dreistreifigen Komposition Oberfries: Mythologische Szene; in der Mitte ein nach rechts gerichteter, kahlköpfiger und bartloser nackter Mann („Held"), die Arme nach beiden Seiten weit in die Fläche gebreitet. Mit den Händen berührt er das Gehörn je emes auf ihn zuschreitenden Steinbocks (oder Bergziege?); beide Tiere sind spiegelbildlich vollkommen gleichartig gestaltet, sodaß sich eine klappsymmetrische Frieskomposition ergibt. In den oberen Ecken als Füllmotiv (?) je eine vierblättrige „Rosette". Mittelmetopen (erhalten sind weitgehende Partien des rechten und das obere Viertel des linken Metopenfeldes): Anscheinend deckungsgleiche Darstellungen; jeweils ein Adler in Vorderansicht, den Kopf mit kugelrundem Auge und scharfem Schnabel nach rechts gewandt, mit ausgebreiteten Schwingen, facherartigem Schwanz und angewinkelten Fängen mit gekrümmten Klauen.
Susa
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Unterfries (erhalten ist ein winziger Rest der rechten oberen Friesecke): Spuren eines nach links gewandten menschlichen Kopfes (Rest einer weiteren mythologischen Szene?). Der Plattenrand war linear gerahmt, die Bildfriese sind ebenfalls durch einfache Ritzlinien voneinander getrennt. Das hochrechteckig zu ergänzende Zentral-Loch dürfte einst die Höhe der Mittelmetopen gehabt haben; dort keine Spuren einer eigenen Lochrahmung. - Zu den „Steinböcken" vgl. das entsprechende Motiv auf der Platte S 5; zu den Adlern vgl. die Platten S 1 - 3 ; zur kunstgeschichtlichen Einordnung der Ritzzeichnung vgl. Kapitel II Abschnitt Β 5. Mesilim-/2. Übergangszeit S 7 (=Tf.XXIV,l) Susa „Ninchursag-Tempel" Unter dem Fußboden Paris, Louvre (SB 42) MDP 13, Tf. XL, 3. - Pezard/Pottier 56 (No. 41). - Contenau, MAO I, Abb. 317. - EPA Tf. 177. - Moortgat, FB Tf. XIX, 1. - Moortgat, Tammuz, Tf. 12, c. - Pritchard, ANEP 322; Abb. 602. - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 120 f; Abb. 43, 8. - Amiet, Elam, 179 Abb. 131. - Moortgat. KAM Tf. 47. Fragment einer Reliefplatte Alabaster (weißer Kalkstein?) H. 13 (11?); B. 13 (13,5?); Ε. H. ca. 3 0 - 3 2 ; Ε. B. ca. 3 0 - 3 2 Ausschnitt von der rechten Hälfte einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Symposionszene; erhalten ist die untere rechte Friesecke mit Resten der thronenden männlichen Hauptgestalt (Thronfassade mit sanduhrförmiger Verstrebung und geriefelter Horizontalleiste); Beine des Thronenden mit Ansatz des Zottensaumes seines Hüftrocks und Füße des nach rechts gerichteten Mundschenken. Mittelfries: Vorbereitungen zum bestmahl (fast vollständig erhaltene rechte Metope); links ein nach rechts gerichteter Mann, in jeder Hand einen konischen Becher; ihm zugewandt stehen auf der rechten Bildfeldhälfte zwei weitere Dienergestalten; der linke rührt mit einem Stab oder einer Schöpfkelle in einem großen Mischkrug, der rechte bringt ein schlankes, hohes, vasenartiges Gefäß heran (untere rechte Friesecke fehlt). Alle Figuren sind mit langer, quergeriefelter Haar- lind Bart„periicke" geschmückt und tragen einen bauschigen Hüftrock mit Wulstgürtel und fransenartigem Zottensaum. Theoretisch denkbar wäre auch ein Erklärung der beiden Friesfragmente als Teile des ursprunglich mittleren bzw. unteren Bildstreifens; bei unserer Rekonstruktion wäre der (nicht erhaltene) Unterfries mit einer Wagen- oder Boots-Szene zu ergänzen. Das Reliefbild ist jedenfalls thematisch und stilistisch nahezu identisch mit einer Reihe mesilim-zeitlicher Weihplattenfriese aus dem mittleren und südlichen Mesopotamien, speziell aus den Stätten de's Diyala-Gebietes (Import- oder Beutestück?); vgl. dazu unsere Bemerkungen in Kapitel II Abschnitt C 1. Mesilim-Zeit S 8 (= T f . X X I V , 2 ) Susa Grabung 1908 „Ninchursag-Tempel" Unter dem Fußboden Paris, Louvre (SB 41) MDP 13, Tf. XL, 9. - Pezard/Pottier 55 (No. 40). - Contenau, MAO I, 419; Abb. 318. - EPA Tf. 178. - Moortgat, Tammuz, Tf. 16, b. - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 120 f; Abb. 43, 10. - Amiet, Elam 178. Vollständig erhaltene Reliefplatte Alabaster (weißer Kalkstein? Marmor?) H. 17 (17,5?); B. 16; L. ca. 3,3 Darstellung in zwei übereinanderliegenden Bildstreifen Oberfries: Symposionszene; links thronende männliche Gestalt mit harfenartigem Musikinstrument in der Rechten und Becher in der Linken, in glattem Gewand; in der Mitte, ihm zugekehrt, eine nackte männliche (?) Figur im „Knielaufschema", die dem Thronenden den Becher reicht; hinter dem Rücken des Knienden eine ebenfalls nackte, diesmal wohl weibliche Gestalt mit verschränkten Armen und durchgebogenen Knien (Tänzerin?). Auf der rechten Seite eine thronende Frauenfigur mit Becher in der Rechten und mit einem vertikal geriefelten Gewand (Zotten? Fransen?) bekleidet. Unterfries: Mythologische Szene; links ein Löwe, der ein Rind mit der linken Vorderpranke zu Boden gezwungen hat und seine Zähne in dessen Rücken schlägt; von rechts naht sich ein nackter „Held", der mit einem langen Dolch (?) in den Kopf des Raubtieres sticht. Das große, kreisrunde Zentral-Loch mit eigener, unregelmäßiger Wulstrahmung schneidet tief in beide Bildfriese ein und unterbricht dabei den verhältnismäßig breiten, durch zwei horizontale Punktreihen ornamental verzierten Friestrennstreifen; die Rahmenleiste der Platte selbst ist wesentlich schmaler. - Die kreisrunden Augen der dargestellten Figuren weisen durchweg eine punktförmige Pupillenbohrung auf. - Die Qualität des Reliefbildes ist in technischer wie auch künstlerischer Hinsicht ziemlich minderwertig. - Bestes Vergleichsstück zum Löwenkampf: Plattenfragment F 4; zur Themenkombination vgl. die Platte AG 1 und das Rollsiegel Delaporte, Bibl.Nat. No. 51 (= Amiet, Glyptique, No. 1179; vgl. dazu Moortgat, KAM 47 Anm. 191). - Zu den ikonographischen Details (Haar- und Barttracht, Thronform, Waffen, Musikinstrument), zur Komposition und Interpretation der Szenen wie auch zur kunstgeschichtlichen Einordnung der Reliefplatte vgl. Kapitel II Abschnitt C 2. 2. Übergangszeit/Ur I-Zeit
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Katalog der Weihplatten
S 9 (= T f . X X I V , 3 ) Susa „Ninchursag-Tempel" Unter dem Fußboden Paris, Louvre (SB 2724) MDP 13, Tf. XXXVII, 8. - Pezard/Pottier 104 (No. 203). - Contenau, MAO I, 403 Abb. 304. - EPA Tf. 180. - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 121; Abb. 43, 9. - Amiet, Elam, 173 Abb. 124. Vollständig erhaltene Reliefplatte ohne vollendete Zentralbohrung Bitumen H. 20; B. 20 Darstellung ohne Fries- oder Metopen-Unterteilung; die Figuren nehmen die gesamte Bildfeldhöhe in Anspruch Darstellung: Zu beiden Seiten einer ovalen Vertiefung mit unregelmäßigen Konturen im Zentrum der Plattenfläche je ein zur vertikalen Mittelachse hin gewandter, nackter Mann, bartlos, mit wellenförmig stilisiertem, auf die Schulter herabfallendem Haupthaar, den einen Arm angewinkelt, den anderen seinem Gegenüber hingestreckt; zwischen ihren Köpfen, oberhalb der bewußten Zentral-Vertiefung, ein geringeltes Schlangenpaar, zu einem ornamentalen Flechtband verwoben; die Fläche zwischen den Füßen der nackten Männer, unterhalb der Vertiefung, wird von der Figur eines nach rechtsgerichteten kleinen Rindes (oder Zicklein?) ausgefüllt. Schmale, unregelmäßig verlaufende Rahmenleiste, die die bildliche Darstellung zu beiden Seiten ein wenig beschneidet. Zur Identifizierung des Denkmals als Weihplatte, zu den ikonographischen Einzelheiten, zur Interpretation des Dargestellten und zu dessen kunstgeschichtlicher Datierung vgl. Kapitel II Abschnitt C 3. Ur I-Zeit
Mari Ml (=Tf.XXV,l) Mari Ischtar-Tempel, „Chambre despretres" no. 10 (Μ. 232/326) Fundschicht? Aleppo, Museum RA 31 (1934) 188 unten. - Syria 16 (1935) 130 Abb. 12. - MAM I, 123; Abb. 69 links. Fragment einer Reliefplatte Gipsstein H. 10,2; B. 9,6; D. 4; Ε. H. ca. 25; Ε. B. ca. 25 Rechte Hälfte des Oberfrieses und Rest der rechten Mittelmetope einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Symposionszene; erhalten ist an der linken Bruchkante die Hälfte einer nach rechts gerichteten, männlichen Figur im Hüftrock mit Zotten- (oder Fransen-)saum und mit erhobener linker Hand; rechts die thronende männliche Hauptgestalt des Festmahls, auf einem kastenförmigen Hocker sitzend; der Mann ist kahlgeschoren und bartlos; in der rechten Hand erhebt er einen konischen Becher, die Linke hält einen Wedel; seine Kleidung besteht wiederum in einem zottengesäumten Hüftrock mit Wulstgürtel und auf das Gesäß herabfallender Quaste. Mittelfries: Erhalten ist der obere Rand der ehemaligen rechten Mittelmetope; erkennbar sind noch die kahlrasierten Köpfe zweier einander gegenübersitzender (oder stehender) Männer, die sich die Hände entgegenstrecken; der linke hält einen konischen Becher. Zu ergänzen ist die Szene als verkürzte Symposion-Darstellung oder als Wiedergabe der Festvorbereitungen (Mischen, Schöpfen und Kosten der Getränke). Verhältnismäßig breite Rahmenleiste und nur wenig schmalerer Friestrennstreifen. - Zur Datierung vgl. Kapitel III Abschnitt Ε 5. 2. Übergangszeit
Μ2 (= T f . X X V , 2 ) Mari Ischtar-Tempel, „Chambre des pretres" (M. 412) Fundschicht? Paris, Louvre Syria 16 (1935) 130 Abb. 12. - MAM I, 123 f; Abb. 69 rechts. Fragmente einer Reliefplatte, nicht unmittelbar zusammenpassend Gipsstein Kleines Fragment, links oben: H. 4,1; B. 3,6 Großes Fragment, rechts unten: H. 6,4; B. 7,8 L. ca. 2,5 X 2,5; Ε. H. ca. 20; Ε. B. ca. 20 Ausschnitt von der rechten Hälfte einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Oberfries: Symposionszene; links ist noch der Oberkörper eines kahlgeschorenen Mannes mit über der Brust gefalteten Händen (Diener? Mundschenk? Gabenbringer?) zu erkennen, der sich nach rechts, der thronenden männlichen Hauptperson zuwendet, von der nur noch der Unterkörper und der Thronsitz selbst erhalten sind; bekleidet war der Thronende mit einem knöchellangen Hüftrock, dessen Oberfläche durch mehrere horizontale Zottenreihen gekennzeichnet wird.
Mari
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Mittelfries: Erhalten ist ein Teil der rechten Mittelmetope; links der Oberkörper eines nach rechts gerichteten, bartlosen und kahlköpfigen Mannes, einen konischen Becher in der erhobenen Linken; rechts zeigen sich noch Spuren einer ihm entgegengestreckten Hand mit ähnlichem Becher. Das Ganze ist als Rest einer weiteren Symposionszene zu deuten. Zu den ikonographischen Details und zur Datierung vgl. Kapitel III Abschnitt Ε 5. 2. Übergangszeit Μ 3
(= Tf. X X V , 3 )
Mari Ischtarat-Tempel, Saal 6 (M. 2 2 4 8 ) Fundschicht? Aufbewahrungsort? MAM III, 187 Abb. 2 3 2 . Fragment (linker unterer Quadrant) einer Platte ohne Bildverzierung mit Weihinschrift; das äußere Rahmenband ist vertieft gearbeitet, wohl zur Aufnahme farblich kontrastierender Intarsien. Schiefer H. 15,4; B. 19,7; L. ca. 2; Ε. H. ca. 30; Ε. B. ca. 2 9 Inschrift (unterhalb des kreisrunden Zentral-Lochs angebracht; der Anfang des Textes ist weggebrochen): Weihung eines Ii, des Groß-Kaufmanns, an die Göttin Ischtarat (G. Dossin, MAM III, 3 3 0 ; Abb. 347). Zusätzlich zu der äußeren, eingetieften Rahmenleiste noch eine weitere, innere Parallel-Linie. - Vgl. auch Kapitel III Abschnitt Ε 5. 2. Übergangszeit ( ? ) Μ 4
( = T f . X X V I , 1)
Mari „Palais presargonique" (M. 4 3 9 3 / 4 4 5 4 / 4 4 6 3 ) Füllschutt des oberen Palastes (PP 2) Damaskus, Nationalmuseum Syria 4 2 ( 1 9 6 5 ) 2 1 5 ; T f . X I V , 2. - AAS 16 ( 1 9 6 6 ) 10; Abb. 4. Fragment einer Reliefplatte Gipsstein H. 11,5; B. 6 ; L. ca. 5,5 X 5,5 ( ? ) ; Ε. H. ca. 18 ( ? ) ; Ε. B. ca. 19 ( ? ) Zwei übereinanderliegende, quadratische Metopen, wahrscheinlich Teil einer Komposition von ursprünglich acht ähnlichen, rund um das quadratische Zentral-Loch angeordneten Bildfeldern Linke Mittelmetope: Mythologisch-heraldische Szene; in der Mitte ein vierlockiger, nackter „Held" in Vorderansicht, mit rechteckigem Kinnbart und ausgebreiteten Armen; ihn flankieren zwei spiegelbildlich gleiche, auf ihren Hinterbeinen aufgerichtete Stiere mit langen rechteckigen, zottenartig gegliederten Barten und dem Betrachter voll zugewandten Menschengesichtern, denen der „Held" schützend seine Hände auflegt. Linke untere Eckmetope: Mythologisch-heraldische Szene (linke untere Ecke fehlt); ein „en f a c e " wiedergegebener „Imdugud" (löwenköpfiger Adler) mit ausgebreiteten, mehrfach gegliederten Schwingen, hochovalem, gefiedertem Rumpf und fächerartig gespreizten Schwanzfedern schlägt seine Klauen in die Rücken zweier unter ihm liegender, voneinander abgewandter Steinböcke mit gebogenem Gehörn; ebenfalls axialsymmetrische Komposition. Jedes Bildfeld ist gesondert mit einer schmalen Reliefleiste gerahmt; zwischen den Metopen ein ca. 1 cm breiter freier Streifen. - Sorgfältig gearbeitete, qualitätvolle Reliefdarstellung. - Das Fragment gehört wahrscheinlich mit den folgenden Bruchstücken Μ 5 - 7 (= T f . X X V I , 2 - 4 ) zu einer einzigen Weihplatte oder zumindest zu völlig gleichartigen Denkmälern der gleichen Gattung. - Zur Identifizierung des Reliefs als Weihplattenfragment, zur Rekonstruktion der Gesamtplatte, zur Zugehörigkeit zu den Splitter Μ 5 - 7 und zur kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. Kapitel III Abschnitt C 8 und den Rekonstruktionsvorschlag (Photomontage) auf Tf. X X V I I . Ur I-Zeit Μ 5
(= Tf. XXVI,2)
Mari „Palais presargonique", Hof X X V I - X X V I I Füllschutt des oberen Palastes (PP 2) Aufbewahrungsort? Syria 4 4 ( 1 9 6 7 ) 2 0 f; Tf.IV, 1 (oben rechts bzw. unten links). Fragment einer Reliefplatte Gips(?)stein H. 6; B. 7,5; L. ca. 5,5 X 5,5 ( ? ) ; Ε . H. ca. 18 (?); Ε . B. ca. 19 ( ? ) Drei Viertel einer quadratischen Metope, wahrscheinlich Teil einer Komposition von ursprünglich acht ähnlichen, rund um das quadratische Zentral-Loch angeordneten Bildfeldern Untere Mittelmetope (?): Mythologisch-heraldische Szene; in der Mitte ein stehender nackter (?) „Held", den bärtigen, von Stierhörnern bekrönten Kopf nach rechts gewandt, bekämpft zwei ihn flankierende Löwen mit zottiger Mähne; der „Held" hat die Bestien an den Hinterbeinen gepackt und emporgerissen; die Raubtiere stemmen ihre Vorderpranken auf die untere Rahmenleiste der Metope und schlagen ihre Zähne in die Schenkel ihres Bezwingers (rechter unterer Quadrant des Bildfeldes fehlt, ist aber auf Grund der spiegelbildlich-klappsymmetrischen Komposition sicher zu rekonstruieren).
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Katalog der Weihplatten
Das Bruchstück läßt sich aus zwei kleinen Fragmenten, die in der Grabungspublikation (s. o.) getrennt abgebildet sind, anscheinend Bruch auf Bruch zusammensetzen. - Dimensionen, Werktechnik, Bildstil und Thematik entsprechen exakt den Stücken Μ 4, Μ 6 und Μ 7; mit diesen zusammen wahrscheinlich ursprünglich zur gleichen Weihplatte gehörig. Zur Identifizierung und zur ehemaligen Position des Stückes innerhalb der Gesamtkomposition, desgl. zur Datierung, vgl. Kapitel III Abschnitt C 8 und Photomontage auf Tf. XXXVII. Ur I-Zeit Μ 6 (= T f . X X V I , 3 ) Mari „Palais presargonique", Hof XXVI-XXVII Füllschutt des oberen Palastes (PP 2) Aufbewahrungsort? Syria 44 (1967) 20 f; Tf.IV, 1 (unten rechts) Fragment einer Reliefplatte Gips(?)stein H. 4,5; B. 6; L. ca. 5,5 X 5,5 (?);E. H. ca. 18 (?); Ε. B. ca. 19 (?) Untere Hälfte einer quadratischen Metope, wahrscheinlich Teil einer Komposition von ursprünglich acht ähnlichen, rund um ein quadratisches Zentral-Loch angeordneten Bildfeldern Rechte untere Eckmetope (?): Mythologisch-heraldische Szene; Reste einer mit dem unteren Bildfeld von Μ 4 identischen Darstellung (nahezu deckungsgleich):Unterkörper eines in Vorderansicht gegebenen „Imdugud" mit ausgebreiteten Schwingen, der drohend über zwei antithetisch angeordneten, einander den Rücken kehrenden, liegenden Steinböcken schwebt und seine Klauen in die Körper der wehrlosen Tiere schlägt (Löwenkopf, Hals und obere Flügelhälften des Mischwesens fehlen, lassen sich aber in Analogie zu Μ 4 mit Sicherheit ergänzen). Das Stück gehört wahrscheinlich zur gleichen Platte wie Μ 4 - 5 und Μ 7. - Zur Rekonstruktion vgl. wiederum Kapitel III Abschnitt C 8 und den Ergänzungsvorschlag auf Tf. XXVII. Ur I-Zeit Μ 7 ( = T f . X X V I ,4) Mari „Palais presargonique", Hof XXVI-XXVII Füllschutt des oberen Palastes (PP 2) Aufbewahrungsort? Syria 44 (1967) 20 f; Tf.IV, 1 (oben links). Fragment einer Reliefplatte Gips(?)stein H. 5; B. 6; L. ca. 5,5 X 5,5; Ε. H. ca. 18 (?); Ε. B. ca. 19 (?) Zwei Drittel einer quadratischen Metope, wahrscheinlich Teil einer Komposition von ursprünglich acht ähnlichen, rund um ein quadratisches Zentral-Loch angeordneten Bildfeldern Rechte Mittelmetope (?): Mythologisch-heraldische Szene; Reste einer in Komposition und Thematik mit dem oberen Bildfeld von Μ 4 und dem von Μ 5 eng verwandten Darstellung: ein diesmal bartloser, nackter „Held" in Vorderansicht, den mit fünf steil aufrechtstehenden Haarlocken geschmückten Kopf nach rechts ins Profil gedreht, legt in schützender Geste, mit ausgebreiteten Armen, seine Hände auf die Hälse zweier ihn flankierender, auf den Hinterläufen aufgerichteter Hirsche mit punktiertem Fell, die ihm ihre Köpfe zukehren, während ihre Körper von ihm abgewandt sind (Beine des „Helden" und Leib des rechten Hirschen fehlen). Zur Zusammengehörigkeit mit Μ 4 - 6 und zur rekonstruierten Position auf dem Gesamtdenkmal vgl. Kapitel III Abschnitt C 8 und Tf. XXVII. Ur I-Zeit
Tello Τ 1 (= T f . X X V I I I , 1 ) Tello (?) Aus dem Baghdader Kunsthandel, erworben 1899 Raubgrabungen? Paris, Louvre (AO 2783) Heuzey, Catalogue, 92 ff (No. 7). - Contenau, Mon. Mes., 8 f; Tf. IV a. - Parrot, Tello, 87. Fast vollständig erhaltene Reliefplatte mit Bauinschrift und beidseitig anstehender Randbosse Gipsartiger Alabaster H. 15; B. 21; L. ca. 2,5 X 2,5 Darstellung ohne Fries- oder Metopen-Unterteilung; das Reliefbild ist allseitig bis an die Rahmenleiste herangeführt Mythologische Szene: Ein „Imdugud" in Vorderansicht schwebt über zwei antithetisch angeordneten, spiegelbildlich gleichen Löwen und schlägt seine Klauen in deren Rücken; die Federn der Adlerschwingen sind in zwei parallele Horizontalreihen untergliedert, das Rumpfgefieder des Mischwesens ist schuppenförmig stilisiert; die mit einer zottigen Mähne geschmückten Raubtiere kehren einander den Rücken zu. Inschrift (unterhalb der „Imdugud"-Schwingen angebracht, teilweise die Löwenkörper überziehend): „Für den Gott Ningirsu hat Urnansche, König von Lagasch, Sohn des Gunidu, den Tempel(?) Tirasch gebaut".
Tello
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Die heraldische, axialsymmetrische Bildkomposition wird, ohne Rücksicht auf die Darstellung, von dem quadratischen Zentral-Loch durchbohrt; dieses führt durch den Unterkörper des „Imdugud" und ist nicht gesondert umrahmt. - Durch die Weihung an Ningirsu (den „Herrn von Girsu") ist die Provenienz der Weihplatte aus Tello (dem alten Girsu) weitgehend gesichert, durch die Nennung des Auftraggebers Urnansche auch ihre exakte Datierung (vgl. auch Kapitel III Abschnitt C 1). Ur I-Zeit Τ 2 (= Tf. X X V I I I , 2 ) Tello „Palais" In der Auffüllung des Haupttores des hellenistischen Palastes Paris, Louvre (AO 49) Dec. 87 ff; Tf. 1 , 2 . - Heuzey, Catalogue, 91 f (No. 6). - Parrot, Tello, 87; Abb. 22 c. Rechte Hälfte einer Reliefplatte mit Inschrift und seitlicher, geglätteter Randbosse Grauer Kalkstein H. 16; B. 12; L. ca. 3 X 3; Ε. B. ca. 23 Das Reliefbild ist über die ganze Höhe bzw. Breite der Schaufläche geführt Darstellung:. Mythologisch-heraldische Szene, identisch mit der von Τ 1 und genauso zu ergänzen; erhalten sind die rechte Körperhälfte des in Vorderansicht gegebenen löwenköpfigen Adlers und der nach rechts schreitende Löwe. Inschrift (zwischen „Imdugud"-Flügel und Löwenrücken bzw. zwischen Löwen und rechter Rahmenleiste angebracht): „Urnansche, Sohn des Gunidu, König von Lagasch . . . . " (zu ergänzen ähnlich wie auf der Platte Τ 1 als Bau- oder Weihinschrift). Bis auf die Anordnung der Inschrift ist das Fragment Τ 2 praktisch deckungsgleich mit dem vollständigen Exemplar Τ 1 (Maße, Proportionen, Werktechnik, Rahmenleiste, Randbosse; Thematik und Komposition): Gegenstücke? Ur I-.Zeit Τ 3 (= T f . X X V I I I , 3 ) Tello Fundstelle? Fundschicht? Istanbul, Antiken-Museum (No. 420) Dec. 203 f. - Unger, SAK 75; Abb. 7. - RLV 7 (1926) Tf. 137 b . - Parrot, Tello, 87. Rechte Hälfte einer Reliefplatte mit Inschrift Gipsstein (heller Kalkstein?) H. 21; B. 18; Ε. B. ca. 30 Darstellung wiederum ohne jegliche Friesunterteilung; das Reliefbild füllt die gesamte Schaufläche Mythologische Szene: „Imdugud" über zwei Löwen, weitgehend identisch mit Τ 1 und Τ 2 (erhalten sind Löwenkopf, rechter Flügel und rechter Löwe). Inschrift (unter dem Flügel des „Imdugud" auf dem Reliefhintergrund, einige Zeichen auf dem Löwenkörper): „Urnansche, König von Lagasch, Sohn des Gunidu . . . " (zu ergänzen als Bau- oder Weihinschrift in Analogie zur Inschrift auf Τ 1). Größeres Format als Τ 1 - 2 ; diesmal keine nennenswerte Randbosse; schwacher, unregelmäßig breiter Randwulst. Zweifellos handelt es sich bei unserer Weihplattenhälfte um zwei (anscheinend erst im Istanbuler Museum zusammengesetzte) Relieffragmente, die von L. Heuzey in Dec. 203 getrennt publiziert wurden: 1. Rechte Hälfte eines löwenköpfigen Adlers H. 11; B. 18 Inschrift: Urnansche (lu)gal.. . 2. Löwe, nach rechts schreitend H. 9; B. 10 Inschrift: . . . dumu Gunidu . . . Ur I-Zeit Τ 4 (=Tf.XXIX,l) Tello Tell Κ „Pres de la construction d'Urnanshe" Paris, Louvre (AO 2344) Dec. 168; Tf.2 bis, 1. - Heuzey, Catalogue, 96 ff. - Contenau, AO I, Tf.3. - EPA Tf.181. - Zervos Tf. 83. - Parrot, Tello, 90 f; Tf.V a. - Pritchard, ANEP 298; Abb. 427. - Parrot, Sumer, Abb. 159 Α. B. - Hirmer/Strommenger Tf.73. Moortgat, KAM Tf.109. Vollständig erhaltene Reliefplatte mit umfangreicher Inschrift Weißer Kalkstein H. 40; B. 47; D. 17; L. ca. 4,5 Darstellung in zwei unregelmäßig begrenzten Bildstreifen; die Figuren des „Oberfrieses" haben verschieden hohe Standlinien. Oberfries: Links der König Urnansche, als Bauherr dargestellt; die Figur ist nach rechts gewandt, kahlköpfig und bartlos, bekleidet mit einem dreifach abgestuften Zottenhüftrock mit Wulstgürtel und Rückenquaste; auf dem Kopf trägt der
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Katalog der Weihplatten
König, von der rechten Hand gehalten, einen geflochtenen Korb, wohl mit Baumaterial (Ziegeln?) gefüllt. Die Gestalt steht auf einer kurzen, schmalen, separaten Wulstleiste und nimmt die oberen zwei Drittel der Gesamthöhe des Reliefbildes ein. - Links hinter dem König, ebenfalls auf einer eigenen, etwas nach oben versetzten Standlinie, die kleine, nach rechtsgerichtete Figur eines Mundschenken im glatten Hüftrock, mit einer Tüllenkanne in den Händen. — Auf einer wesentlich höher gelegenen Standleiste, die in den oberen Rand des Rahmenfeldes des Zentral-Loches übergeht, bewegt sich eine Prozession von fünf kleineren menschlichen Gestalten nach links auf den König zu; ganz links eine etwas größere, weibliche Gestalt mit langer Haarfrisur und einem abgestuften Zottengewand, das die rechte Schulter unbedeckt läßt: wohl die Tochter des Umansche. Die rechts anschließenden männlichen Figuren im glatten Hüftrock sind durch ihre Beischrift als Söhne des Königs bezeichnet; nur der erste, Akurgal, der spätere Nachfolger Umansche's auf dem Thron von Lagasch, trägt ungeschorenes Haupthaar, das im Nacken zu einem doppelten Knoten aufgesteckt ist und von einem Diademband (?) gehalten wird; die anderen sind kahlrasiert. Während Akurgal ein Tüllengefäß in der Rechten trägt, haben die anderen Prinzen die Hände über der nackten Brust gefaltet. Unterfries: Die linke Hälfte des unregelmäßig geformten Bildstreifens, unter dem stehenden König bzw. der unteren Lochrahmung, wird von einer weiteren Prozession eingenommen, diesmal nach rechts gerichtet: drei weitere Söhne des Königs, alle inschriftlich identifiziert, angeführt von der etwas größeren Gestalt eines hohen Hofbeamten, bewegen sich auf die rechter Hand thronende, wesentlich größere Figur des Urnansche zu, der diesmal nach links gerichtet ist, einen vierstufigen Zottenrock trägt und einen konischen Becher in der rechten Hand hält. Hinter dem König noch einmal ein kleiner Mundschenk mit Tüllengefäß. - Die ganze Szene ist zu verstehen als kultische Feier anläßlich der Errichtung eines kultischen Bauwerks, als Festmahl des Herrschers im Kreise seines Hofstaates und seiner Familie: in formaler Hinsicht, wenn nicht sogar in der inhaltlichen Bedeutung, eine Reminiszenz an die älteren „Symposionszenen". Inschrift (vornehmlich auf dem Reliefhintergrund, zwischen den Figuren angebracht, die Namens- und Rangbezeichnungen dagegen auf den Röcken der betreffenden Personen): Bericht des Urnansche, Königs von Lagasch, Sohn des Gunidu und Enkel des Gursar, über seine kultische Bautätigkeit (Tempel des Ningirsu, der Nansche und andere Heiligtümer); namentliche Nennung der dargestellten Personen (Thureau-Dangin, SAK 8 f, (m). - vgl. auch Parrot, Tello, 91). Rahmung der Schaufläche in Form eines Randwulstes von variierender Breite mit leicht abgerundeten Ecken; Trennstreifen sehr schmal. Das Zentralloch ist mit einem breitrechteckigen, erhabenen, zum Teil von der Inschrift überzogenen Rahmenfeld versehen, dessen rechte obere Ecke unmittelbar in den Trennstreifen überleitet. Die Tochter des Urnansche, Lidda mit Namen, die Anführerin der oberen Prozession, ist in Kleidung und Haartracht ganz ähnlich gebildet wie die Frauengestalten auf einer reliefierten Stele des gleichen Lagasch-Königs aus El-Hibba (Sumer 15 (1959) Tf. 1 - 3 . - Sumer 16 (1960) Tf. 1); dort Tochter (?) und Gattin (namens Ebara-abzu) des Urnansche. Zu Τ 4 und den folgenden „Familienreliefs" des Urnansche (T 5 - 7 ) vgl. zusammenfassend Kapitel III Abschnitt C 1. Ur I-Zeit Τ 5 (= Tf. X X I X , 2 ) Tello Grabungen von E. de Sarzec Fundstelle? Fundschicht? Istanbul, Antiken-Museum (No. 453/5) Unger, SAK 73; Abb. 5. - Parrot, Tello, 93; Tf. V d. - Moortgat, KAM Tf. 111. Fast vollständig erhaltene Reliefplatte mit längerer Inschrift Kalkstein H. 43; B. ca. 49,5; L. ca. 4 Darstellung der rechten Plattenhälfte in zwei übereinanderliegenden Bildfriesen; in der linken ist die Standebene der Figuren nach unten versetzt. Komposition ähnlich wie bei Τ 4. Linke Hälfte: Die Gestalt des Königs Urnansche als Baukorbträger (identisch mit der entsprechenden Darstellung auf der Platte Τ 4) nach rechts gewandt, diesmal mit vierfach gestaffeltem Zottenrock; die Figur nimmt die oberen zwei Drittel der Bildfeldhöhe ein, das untere ist mit mehreren Schriftkolumnen ausgefüllt, deren obere Randbegrenzung gleichzeitig die Standlinie der Herrschergestalt bildet. Rechte Hälfte: Oberhalb der durch den oberen Rand des Lochrahmens und eine nach rechts hin anschließende Wulstleiste angedeuteten Standlinie wiederum eine Reihe von vier nach links schreitenden Figuren: vier Söhne des Königs, kahlrasiert, im glatten Hüftrock, mit über der Brust gefalteten Händen. - Unten eine weitere nach links gerichtete Prozession männlicher Gestalten: links zwei kleinere, deren Namen und Rangbezeichnung nicht erhalten ist; der Anführer trägt ein Libationsgefäß mit langer Tülle. Rechts zwei weitere Söhne des Königs, wesentlich größer dargestellt als die beiden linken Figuren. Die Unterkörper aller vier Personen sind ganz oder teilweise durch den Bruch verlorengegangen. Inschrift (wiederum zwischen den Figuren, auf deren Kleidung und diesmal auch in eigens angelegten, gerahmten Kolumnen unterhalb der Gestalt des Korbträgers (vielleicht ursprünglich noch weiter am unteren Rand nach rechts geführt): Bericht des Königs Urnansche von der Errichtung mehrerer Heiligtümer; namentliche Bezeichnung aller dargestellten Personen (vgl. Parrot, Tello, 93). Kaum noch erkennbarer Randwulst als Rahmung; das kreisrunde Zentral-Loch ist quadratisch eingerahmt, die Standleiste in der Mitte der rechten Plattenhälfte verhältnismäßig breit. — Thematisch und kompositioneil eine vereinfachte und verkürzte Replik zur Platte Τ 4. - Oberfläche stark verwittert. Ur I-Zeit
Τ 6 Tello Grabung de Sarzec, 1888 Tell Κ
(=Tf.XXX,l)
Tello
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Paris, Louvre (AO 2345) Dec. 171; Tf. 2 bis, 2. - Heuzey, Catalogue, 100 f. - Zervos Tf. 82. - Parrot, Tello, 91 f; Tf. V b. - Moortgat, KAM Tf. 112.
Vollständig erhaltene Reliefplatte mit Inschrift und zweiseitig anstehender, gerundeter Randbosse Weißer Kalkstein H. 23; B. 30; D. 7;L. ca. 4 Darstellung der linken Plattenhälfte in zwei übereinanderliegenden Bildstreifen; die Figur auf der rechten Hälfte nimmt fast die gesamte Bildfeldhöhe ein. Linke Hälfte: Oben zwei kleine, nach rechts gerichtete, männliche Gestalten mit glattem Hüftrock und kahlgeschorenem Schädel, die Arme auf der Brust zusammengelegt; zumindest der rechte, Lugalezen, ist ein Sohn des Urnansche. Unten drei weitere, ganz ähnlich gebildete Figuren, ebenfalls nach rechts gerichtet; der mittlere ist der Kronprinz Akurgal, der rechte, kleinere, direkt unterhalb des Zentral-Lochs angeordnete Mann ein Mundschenk mit Tüllenkanne. Rechte Hälfte: Die ebenfalls nach rechts gerichtete Gestalt des Königs Urnansche selber, diesmal stehend und mit gefalteten Händen, bekleidet mit dem dreistufigen Zottenrock. Die Figur überspannt die Höhe der beiden linken Bildstreifen. Inschrift (links und rechts der Königsgestalt auf dem Reliefhintergrund bzw. auf den Röcken der Söhne und Beamten): Bericht Urnansche's über den Bau des Ningirsu-Tempels und Bezeichnung sämtlicher abgebildeter Personen (Thureau-Dangin, SAK 8 f (n); vgl. auch Parrot, Tello, 92). Das verhältnismäßig große, kreisrunde Zentral-Loch ist ohne erhabene Wulst- oder Quadratfeld-Rahmung geblieben. Die Rahmung des Bildfeldes selbst ist als schwache plastische Leiste noch links und unten zu erkennen; rechts und oben ist der Plattenrand abgerundet, sodaß sich in Verbindung mit den ebenfalls leicht geschwungenen Randbossen an der linken und unteren Seite der Eindruck einer insgesamt oval angelegten Plattenfläche ergibt („plaque ovale" bei F. Thureau-Dangin a.a.O.). Die Komposition der Darstellung bietet eine stark verkürzte Wiedergabe der beiden vorher genannten „Familienreliefs" Τ 4 - 5 ; seltsamerweise kehrt allerdings hier der König den beiden auf ihn zukommenden Prozessionszügen den Rücken. Ur I-Zeit
Τ7
(= T f . X X X , 2 )
Tello Grabung de Sarzec, 1889 Tell Κ Istanbul, Antiken-Museum Dec. 172 f; Tf. 2 ter, 1. - RLV 7 (1926) Tf. 137 a. - Parrot, Tello, 92; Tf. V c. - Moortgat, KAM Tf. 110. Linke Hälfte einer Reliefplatte mit umfangreicher Inschrift Weißer Kalkstein H. 45 (44?); B. 30; D. 8; L. ca. 4; Ε. B. ca. 48 Darstellung in zwei übereinanderliegenden, horizontalen Bildstreifen, getrennt durch eine breite Leiste mit Inschriftkolumnen. Oberfries: Erhalten ist eine Reihe von vier nach rechts schreitenden, männlichen Gestalten mit kahlrasiertem Kopf, glattem Hüftrock und nacktem Oberkörper; der linke trägt über der Schulter an einer langen Stange einen netzartigen Korb, die anderen haben die Hände über der Brust gefaltet (der rechts im Bild noch erkennbaren Gestalt fehlen Kopf und linke Körperhälfte); die beiden mittleren Männer sind mit Hilfe ihrer Inschrift sicher als Urnansche-Söhne zu identifizieren (Muninnikurta und Lugalezen). Unterfries: Auch hier sind vier Gestalten eines nach rechts gerichteten Prozessionszuges zu erkennen, ähnlich wie die der oberen Reihe dargestellt; während die drei linken ihre Hände falten, hält der rechte Mann ein Tüllengefäß. Der zweite von links ist der Sohn und Thronfolger des Urnansche, Akurgal. Inschrift (in einer Reihe vertikaler Kolumnen auf dem verhältnismäßig breiten Friestrennstreifen angebracht, ferner auf den Hüftröcken der Prozessionsteilnehmer): Bericht des Königs Urnansche über den Bau der Heiligtümer des Ningirsu, der Nansche und anderer Gottheiten, daneben Bezeichnung der Dargestellten (Thureau-Dangin, SAK 8 f (o); vgl. Parrot, Tello, 92). Im Unterschied zu den vorhergehenden „Familienreliefs" des Urnansche (T 4 - 6 ) liegt hier wieder eine Friesunterteilung in zwei breitrechteckige, übereinanderliegende Bildstreifen vor; der mittlere Trennstreifen (gleichzeitig Inschriftfeld) ist wesentlich breiter als das kleine, kieisrunde Zentral-Loch. Die erhabene Rahmenleiste der Gesamt-Schaufläche hebt sich plastisch und scharf vom Reliefhintergrund ab; am unteren Plattenrand erreicht sie die doppelte Breite der sonstigen Rahmung. Bester Vergleich in Feldaufteilung und Figurenkomposition: die Weihplatte U 4 (= Tf. XXI,4) aus Ur; verwandt in der Bildgliederung ist auch die Anlage von S 8 (= Tf. XXIV,2) aus Susa. Zu den Familienreliefs vgl. zusammenfassend Kapitel III Abschnitt C 1. Ur I-Zeit
(= T f . X X X , 3 ) Τ 8 Tello Zwischen Tell Κ und Tell J „In der Nähe von zwei Fragmenten der Geierstele" Paris, Louvre (AO 48) Dec. 103 ff; Tf. 1 , 1 . - Heuzey, Catalogue, 79 f. - Contenau, MAO I, 455. - L. Legrain, MJ 20 (1929) 229 ff; Tf. X B. Zervos Tf. 60. - Parrot, Tello, 70 f; Abb. 17 c.
200
Katalog der Weihplatten
Fragment einer Reliefplatte Grauer Kalkstein H. 18; B. 25; D. 9; Ε. H. mindestens 40; Ε. B. mindestens 40 Ausschnitt vom Oberfries einer ursprünglich wohl zweistreifigen Komposition Darstellung: A u f der linken Fragmenthälfte Rest einer mythologischen Szene; eine nach links gerichtete, thronende Göttin mit großer Hörnerkappe, unter deren Rand eine Lockenreihe erscheint; die Haupthaare fallen in zwei federartig stilisierten Strähnen auf die Brust bzw. auf die Schulter; die Göttin trägt einen Mantel aus glattem S t o f f mit einfacher Saumborte, der die rechte Schulter frei läßt, und in der rechten, erhobenen Hand einen Becher (Füße fehlen). Links neben der Göttin noch Reste eines kleinen, nach links gewandten Mannes mit angewinkeltem linken A r m ; er trägt einen Gürtel und einen glatten Hüftrock (?), sein K o p f scheint kahlgeschoren und bartlos; seine ursprüngliche Standebene muß sich etwa in Höhe des Schoßes der Gottheit befunden haben. - Das Ganze zu ergänzen als Libatiorisszene mit Diener und Priester (?). A u f der rechten Fragmenthälfte, der thronenden Göttin den Rücken kehrend, ein bärtiger Mann mit torsiertem Haupthaar und Diadem, dazu aufgebundenen, doppelvolutenartigen Knotenschopf; bekleidet ist er mit einem langen, glatten Gewand ( R o c k ? Mantel?). Mit einer in der rechten Hand gehaltenen Keule schlägt er auf den kahlrasierten K o p f eines ebenfalls nach rechts gewandten, kleinen Gegners ein, dessen Körper anscheinend nackt wiedergegeben ist und dessen Hände auf den Rücken gefesselt sind (Unterkörper des Gefangenen und Füße des Siegers sind weggebrochen). - Das Ganze ist, in Verbindung mit der Libationsszene vor der thronenden Göttin, wohl nur als Wiedergabe eines mythischen Ereignisses, etwa eines Heldenkampfes, zu verstehen, bei der die Figur des bärtigen „ K ö n i g s " die Rolle eines mythologischen Fürsten oder Heros spielt. Schwacher Rahmenwulst am oberen Bildrand; wegen der erhaltenen Plattenbreite muß zumindest ein weiterer Bildstreifen (Unterfries) angenommen werden; kein Lochansatz mehr zu erkennen. - Zur Identifizierung als Weihplattenbruchstück, zur Ikonographie und Interpretation der Szenen und zur kunstgeschichtlichen Einordnung des Reliefs vgl. Kapitel I I I Abschnitt C 1, Anm. 360 f f . Ur I-Zeit
Τ 9
(= Tf. XXX,4)
Tello Grabungen von E. de Sarzec „ T e i l des tablettes" Paris, Louvre ( A O 3290) Dec. 383 f ; T f . 6 ter, 4. - Heuzey, Catalogue, 365. - Contenau, Mon. Mes. 9 f ; T f . I V b. - Christian, Altertumskunde, T f . 278, 2. - Parrot, TeUo, 90; Abb. 22 d; T f . V I I b. Fragment einer ritzverzierten Platte mit vertieft gearbeiteter Rahmung zur Aufnahme eines Intarsienbandes; umlaufende Randbosse Weißer Kalkstein H. 17; B. 25; Ε. H. ca. 35; Ε. B. mindestens 30 Rechter Teil des Unterfrieses einer ursprünglich mehrstreifigen Komposition Darstellung: Prozession von Adoranten und Opfergabenbringern; erhalten sind die Reste dreier nach links schreitender Figuren: rechts eine Frau mit gefalteten Händen, in langem, glattem Mantel mit einfacher Randborte und unterem Zottensaum; das Haupthaar ist am Hinterkopf zu einem voluminösen Knoten aufgebunden und wird von einem flachen Diadem zusammengehalten. Links vor ihr eine männliche Gestalt, bartlos, kahlköpfig, mit nacktem Oberkörper und zottengesäumtem Hüftrock, der auf den Armen ein Lamm als Opfergabe trägt; die langen Fellsträhnen des Tieres sind durch vertikale Streifen angedeutet. Links vom Lammträger sind noch die Reste (Unterkörper) eines weiteren Mannes zu erkennen (Hüftrock? mit Zottensaum). Aus Gründen der erhaltenen Proportionen und Dimensionen des Fragments dürfen wir einen weiteren Bildstreifen (Oberfries) rekonstruieren, der wohl eine Libationsszene mit thronender Gottheit zur Darstellung brachte. In der oberen rechten Fragmentecke erkennt man noch den Ansatz des Friestrennstreifens, der — wie auch die Schauflächenrahmung — halbrund ausgekehlt war und zweifellos ebenfalls zur Aufnahme bunter Intarsien gedient hat. Thematisch und werktechnisch am besten vergleichbar dem Unterfries der Platte Ν 8 (= T f . X V I I I , 1 ) aus Nippur; sollte es sich bei dem Tello-Fragment um ein Importstück handeln? Der Opfertierträger findet eine fast identische Parallele in einem mit Detailritzung versehenen Perlmutter-Einlageplättchen aus dem Ninchursag-Tempel in Mari (Parrot, Mari, A b b . 72), das wohl auch der gleichen Kunstperiode, nämlich der frühen Ur I-Zeit, angehört (man vergleiche Physiognomie, Körperhaltung und Kleidertracht). Zur thematischen Ergänzung der Weihplatte, zu weiteren stilistischen Vergleichsstücken und zur Datierung der Ritzzeichnung vgl. Kapitel I I I Abschnitt C 1, Anm. 365 f f . Ur I-Zeit
Τ 10
(= Tf. Χ Χ Χ Ι , Ι )
Tello Grabungen von E. de Sarzec Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre ( A O 276) Dec. 209. - Heuzey, Catalogue, 117. - Contenau, Mon. Mes. 10; T f . V . - E P A T f . 198. - Zervos Tf. 150. - Christian, Altertumskunde, T f . 275, 1. - Parrot, Tello, 88 f ; Abb. 22 b. - Pritchard, A N E P 321; Abb. 597. - Parrot, Sumer, Abb. 161 B. - Moortgat, K A M T f . 114.
Tello
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Vollständig erhaltene Reliefplatte mit unregelmäßiger Randbosse und beschädigter Bildoberfläche Weißer Kalkstein H. 17; B. 15; D. 2; L. ca. 1,5 χ 1,5 Darstellung ohne Fries- oder Metopen-Einteilung; die Figuren nehmen fast die gesamte Höhe des Bildfeldes ein Libationsszene: Die linke Bildhälfte wird eingenommen von einer thronenden Berg- oder Vegetations-Göttin (Ninchursag?) im glatten, einfach gesäumten Mantelgewand, das wohl beide Schultern bedeckt; der in Vorderansicht wiedergegebene Kopf ist von mehreren, auf Schultern und Brust herabhängenden Locken umrahmt, deren torsierte Stränge in einer Volute enden, und mit einer gewaltigen Hörnerkappe bekrönt, aus deren Kalotte vegetabilische Elemente hervorsprießen; den Schultern entwachsen mehrere attributive Symbole (Waffen? oder Fruchtkolben?). — Auf der rechten Bildhälfte ein nackter, kahlrasierter Libationspriester, nach links gewandt, der mit beiden Händen eine schlanke, hohe Hillenkanne emporhebt und seine Trankspende in eine pflanzengeschmückte, mit Fruchtdolden bekränzte Opfervase gießt, die auf der oberen Rahmenleiste des quadratischen Zentrallochs steht. - Unterhalb der Figuren, die gesamte Schauflächenbreite und etwa ein Viertel der Bildfeldhöhe einnehmend, zieht sich als Standebene ein Streifen von Bergschuppen hin; in gleicher Weise ist auch der Thron der Gottheit stilisiert. Zur kunstgeschichtlichen Einordnung der qualitativ minderwertigen Platte vgl. Kapitel III Abschnitt C 1, Anm. 379 ff. Ur I-Zeit
T i l
( = T f . X X X I ,2)
Tello (?) Aus dem Kunsthandel Raubgrabungen? London, British Museum (Β. M. 130828) BMQ 16 (1951) 43 f; Tf. X I X a. - Pritchard, ANEP 298; Abb. 428. - Hirmer/Strommenger 67; Tf. 71. Fragment einer Reliefplatte mit Inschrift und anstehender Randbosse Grauer Kalkstein H. 18,6; B. 18,5; D. 3,7; Ε. H. mindestens 35; Ε. B. mindestens 35 Linker oberer Quadrant eines Bildfeldes, dessen linke Hälfte von einer einzigen Figur eingenommen wurde Darstellung: Erhalten ist der Oberkörper des Lagasch-Fürsten Enannatum (I ?) mit nach links gewandtem, kahlrasiertem Kopf und über der nackten Brust gefalteten Händen; am unteren Bruchrand hat sich noch die obere Reihe eines mehrfach abgestuften Zottenrockes erhalten (die ganze Figur ist etwa wie die Gestalt des Urnansche auf der Platte Τ 6 zu ergänzen). Inschrift (auf dem Reliefhintergrund zwischen Kopf bzw. rechter Schulter der Figur und der Rahmenleiste angebracht): „Enannatum, Ensi von Lagasch"; zweifellos als Namensbeischrift zur Person des Dargestellten zu verstehen. Fein modelliertes, sorgfältig detailliertes Relief; sogar die Oberfläche der Randbosse ist geglättet. Wahrscheinlich handelt es sich beim dargestellten Lagasch-Fürsten um Enannatum I., Sohn des Akurgal, Bruder und Nachfolger des Eannatum, und nicht um dessen unbedeutenden Enkel gleichen Namens (Enannatum II., Sohn des Entemena). Vgl. dazu, wie auch zur thematischen und kompositionellen Ergänzung der Weihplatte, Kapitel III Abschnitt C 1, Anm. 386 ff. Ur I-Zeit
Τ 12
(= Tf. XXXI,3)
Tello Tell Κ „In der Nähe des .Massiv des Entemena'" Paris, Louvre ( A O 2354) Dec. 204 ff. 205 (Abb.); Tf. 5 bis, 2. - Heuzey, Armoiries, 6 f f ; Tf. II. - Heuzey, Catalogue, 121 f f (No. 12, Abb.). EPA Tf. 208. - Zervos Tf. 151. - Christian, Altertumskunde, Tf. 275, 3. - Parrot, Tello, 87 f ; Abb. 22 e; Tf. V I I a. Pritchard, ANEP Abb. 599. - Parrot, Sumer, Abb. 167 A. - Moortgat, K A M Tf. 117. Fast vollständig erhaltene Reliefplatte mit Inschrift Bituminöser Stein H. 25; B. 22; D. 8; L. ca. 5 Die Schaufläche ist in vier Bildfelder, unterschiedlich in Format, Größenordnung und Darstellungsmotiv, aufgeteilt, die teilweise durch Trennleisten voneinander abgegrenzt werden: das untere Drittel der Gesamtfläche wird von einem durchlaufenden Fries eingenommen; die übrige Fläche füllen linkerhand zwei übereinanderliegende Bildfelder, rechts ein einziges. Links oben: Mythologisch-heraldische Szene; ein „Imdugud" in Vorderansicht über zwei symmetrisch angeordneten Löwen, die ihre Köpfe nach oben wenden, um ihre Zähne in die Flügelfedern des Mischwesens zu schlagen; die Schwingen sind in vertikal verlaufende Federreihen untergliedert, das Rumpf- und Schwanzgefieder in Horizontalreihen; die Löwen kehren einander den Rücken zu und sind mit einer langen, zottigen Mähne geschmückt Das gleiche Motiv in gleicher Komposition kennen wir schon von einigen Weihplatten des Urnansche ( T 1—3), bei denen es allerdings die gesamte Bildfläche einnahm. Links Mitte: Figur eines nach links gerichteten, liegenden Jungrindes mit aufgestütztem rechten Vorderbein und durch die Hinterbeine hindurchgezogenem Schwanz mit wellenförmig stilisierter Quaste. Das Bildfeld erinnert von seiner Thematik und der Position innerhalb der Gesamtfläche her entfernt an manche Mittelmetopen mesilim-zeitlicher Reliefplatten. Rechts: Gestalt eines nach rechts gerichteten, kahlrasierten Mannes mit nacktem Oberkörper, vierfach abgestuftem Zottenrock mit Rückenquaste, und langem Stab in der Linken. Die Figur nimmt die Höhe der beiden linken Bildfelder ein und
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Katalog der Weihplatten
stellt zweifellos den Stifter der Platte, den Ningirsu-Oberpriester Dudu, dar; in seiner Tracht unterscheidet er sich in nichts von den zeitgenössischen weltlichen Herrschern von Lagasch. Unten: In einem durchlaufenden Bildstreifen ein dreifach unterteiltes Flechtband mit insgesamt vier Voluten. Inschrift (zwischen Oberkörper des Priesters und „Imdugud"-Gruppe, zwischen dieser und der linken Rahmenleiste, im Bildfeld des liegenden Rindes, teilweise den Tierkörper überziehend, und links unten, zwischen Flechtband-Ende und Rahmung, angebracht): Weihung des Oberpriesters Dudu an „Ningirsu von Eninnu" mit Bericht von der Heranschaffung des Materials (?) und Fertigung des Denkmals; neben der Figur Beischrift mit genauer Namens- und Rangbezeichnung des Dargestellten (Thureau-Dangin, SAK 34 f (i)). Die Rückseite der Platte ist in Form einer flachen Pyramide zugehauen. Das quadratische Rahmenfeld des kreisrunden Zentral-Lochs weist in seiner Oberfläche eine konzentrische Vertiefung auf, die sicher von der einstigen Nagelbekrönung herrührt. — Zu weiteren Details der Form und des Bildes, zur kunstgeschichtlichen Stellung und zur historischen Bedeutung des Denkmals vgl. Kapitel III Abschnitt C 1, Anm. 393 ff. Ur I-Zeit Bisher nicht abgebildete Weihplatten-Fragmente: Tello Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre Dec. 209. - Heuzey, Catalogue, 125 f (No. 13). Fragment einer Reliefplatte Schwarzer Kalkstein H. 5; B. 13 Darstellung: Reste von ,,Imdugud"-Flügel und Teil eines Friestrennstreifens. Doublette zur Dudu-Platte (T 12)? Teilstück der Enannatum-Platte (T 11)? Weitere altsumerische Relieffragmente aus Tello: Heuzey, Catalogue, 128 f (Nos. 18-20). Erwähnung eines Weihplatten-Fragments mit „Libations-Szene", angeblich aus Tello, im Besitz von H. d. Genouillac: Genouillac, Telloh I, 91. Τ 13 (= T f . X X X I , 4 ) Tello Grabungen von G. Cros Tell Κ Paris, Louvre (AO 4110) Cros, NFT 32 ff. 98 f; Tf. II, 2. - Parrot, Tello, 94 f (No. 5). Fragment einer Reliefplatte .Al äbä ster H. 23 (20?); B. 20 (17?); D. 2,5 (3,5?) Linke untere Ecke einer mehrstreifigen (?) Komposition Darstellung: Erhalten ist der Teil eines breit gerahmten Bildfeldes mit der Figur eines nach links gewandten Mannes (Kopf fehlt), der in jeder Hand einen Ring trägt, an dem mehrere Fische hängen; bekleidet ist die Gestalt lediglich mit einem breiten Gürtel. Auf dem linken Unterschenkel Schriftzeichen (?). Nicht eindeutig als Weihplattenfragment zu identifizieren; möglicherweise sekundär überarbeitet. Plattenstärke und breite Rahmenleiste könnten für Zuweisung an unsere Denkmalsgattung sprechen. Sekundäres Loch am linken Bildfeldrand; die unregelmäßig breite Leiste an der rechten Seite des Fragments ist wohl nicht zur Schauflächenrahmung gehörig. Zur Zuweisung und Datierung vgl. Kapitel III Abschnitt C 1, Anm. 411 ff. Ur I-Zeit Τ 14 ( = T f . XXXII oben) Tello Grabungen von E. de Sarzec „Teil des tablettes" Paris, Louvre (AO 3291) Dec. 446; Tf. 26 bis, 1. - RA 10 (1913) 101. - Parrot, Tello, 134 f; Abb. 32 g. Fast vollständig erhaltene Platte mit doppelter Wulstrahmung und unregelmäßig gezackter Bosse; auf der geglätteten Schaufläche Inschrift, daneben Ritzzeichnung dreier Streitäxte. Schiefer H. 30; B. 28,5; L. ca. 4 , 5 x 4 , 5 Inschrift (unmittelbar unterhalb der Doppelwulstrahmung in der oberen Plattenhäfte angebracht): Weihung an den vergöttlichten Naramsin, den „König der vier Weltgegenden", Besieger von Armanum und . . . (ein oder zwei Kolumnen zerstört) (Thureau-Dangin, SAK 167 (d)).
Tello
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Quadratisches, ungerahmtes Zentral-Loch. Zur Anlage der Inschriftplatten vgl. Kapitel IV Abschnitt Β 2. Akkad-Zeit Τ 15 (= T f . X X X I I u n t e n ) Tello Grabungen von E. de Sarzec „Teil des Tablettes" Paris, Louvre (AO 3296) Dec. 446; Tf. 26 bis, 2. - Parrot, Tello, 134 f; Abb. 32 g'. Vollständig erhaltene Platte mit Doppelwulstrahmung und grob zugehauener Randbosse; die geglättete Schaufläche ist lediglich mit einer längeren Inschrift verziert (ähnlich wie Τ 14). Schiefer H. 27; B. 24,5; L. ca. 4 Inschrift (wie bei Τ 14 unterhalb der oberen Rahmung angebracht): Weihung der Leierspielerin Lipuschjaum an ihren Vater Nabi-x-masch, Ensi von Tutu(b) und Sohn des Naramsin von Akkad (Thureau-Dangin, SAK 167 (e)). Annähernd kreisrundes, ungerahmtes Zentral-Loch. Zu den Inschriftplatten vgl. wiederum Kapitel IV Abschnitt Β 2. Akkad-Zeit Τ 16 (= T f . X X X I I I , 1 ) Tello Ningischzidda-Tempel (TG 3652/3814) „Trouvee presque in situ dans le temple . . . " Paris, Louvre (AO 12763) RA 27 (1930) 179. - Genouillac, Telloh II, 35; Tf. 84, 1. - Christian, Altertumskunde, 384; Tf. 428, 1. - Parrot, Tello, 183; Abb. 38 a. - Hansen 149 f(o). - Moortgat, KAM Tf. 185. Linke Hälfte einer Reliefplatte mit Inschrift, Doppelwulstrahmen und unregelmäßig gezackter Randbosse Kalkstein H. ca. 50 (?); B. ca. 35 (?); L. ca. 5 (?); Ε. B. ca. 60 (?) Darstellung ohne Frieseinteilung; die Figuren nehmen fast die gesamte Höhe des Bildfeldes ein. Einführungsszene: Erhalten ist links die Gestalt des Gudea, den kahlrasierten Kopf, nach rechts gewandt, bekleidet mit einem fransengesäumten „Togagewand"; er hat die rechte Hand im Adorationsgestus erhoben, seine Linke wird von dem rechts vor ihm herschreitenden „Vermittler" (hier wohl ein hoher Priester) gepackt, der ihn zu seinem Gotte hinführt; der Vermittler selbst ist ebenfalls bartlos und kahlköpfig dargestellt, trägt aber das göttliche Falbelgewand. - Die rechte Hälfte der Szene, durch den Bruch verlorengegangen, dürfen wir uns mit der nach links gerichteten, thronenden Gestalt des Gottes Ningischzidda ausgefüllt denken, dessen Name sich in der Schriftkartusche erhalten hat. Inschrift (obelhalb der Köpfe der schreitenden Figuren, direkt unterhalb der Doppelwulstrahmung angebracht): Aus den stark zerstörten Schriftkolumnen lassen sich noch die Namen des Gottes Ningischzidda, dem wohl auch das Denkmal innerhalb seines Tempels geweiht war, und des Gudea selbst, des Ensi von Lagasch, herauslesen. Die Randbosse ist oben und links von zwei kleinen, kreisrunden Dübellöchern durchbohrt, die zu sichereren Befestigung des Denkmals an der Tempelwand gedient haben müssen. Das ebenfalls kreisrunde, wesentlich größere Zentral-Loch ist nicht eigens gerahmt und scheint die Figur des „Vermittlers" etwas in Mitleidenschaft zu ziehen. Leider geht aus den Grabungspublikationen keine genaue Mafiangabe für Dimensionen und Proportionen hervor, sodaß wir auch die Gesamtmaße der ursprünglichen Plattenfläche nicht exakt rekonstruieren können. Die Bemerkung „annähernd in situ" bei H. de Genouillac bietet leider keinen Aufschluß über die genaue Fundposition. Zur Ikonographie und Deutung der Figuren vgl. Kapitel IV Abschnitt C 1. Gudea-Zeit Τ 17 (= T f . X X X I I I , 2 ) Tello Grabungen von E. de Sarzec „Schacht des Eannatum" Paris, Louvre (AO 3289) Dec. 379 f; Tf. 21 ter, 6. - Heuzey, Catalogue, 154 (No. 34). - Parrot, Tello, 173 f; Abb. 35 a. - Hansen 150 (1). Fragment einer Reliefplatte mit Doppelwulst-Rahmung und überstehender Randbosse Ai ^jjj gj H. 22; B. 15; D. 5 (?); Ε. H. ca. 30; Ε. B. ca. 35 Ausschnitt von der linken Hälfte einer Darstellung ohne Frieseinteilung; die Figuren dürften annähernd die gesamte Bildfeldhöhe eingenommen haben. Einführungsszene: Erhalten ist die Gestalt des dem Gotte zugeführten Fürsten im fransengesäumten „Toga-Gewand" (Kopf und mit Sicherheit vorauszusetzende Weihinschrift fehlen), wahrscheinlich wiederum Gudea selber, der die rechte Hand
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Katalog der Weihplatten
zum Anbetungsgestus in die Höhe des Gesichtes hebt; seine Linke wird auch hier von der Hand eines einführenden Vermittlers (Gott oder Priester) gefaflt, von dessen Figur außer dem Unterarm nichts mehr erhalten ist. - Die Szene ist in Ikonographie und Thematik mit der Reliefdarstellung von Τ 16 identisch und darf auch in ihrer ehemaligen Gesamtkonzeption analog ergänzt werden. Weder vom Zentral-Loch noch von der Inschrift hat sich ein Spur erhalten. Zur Identifizierung und szenischen Rekonstruktion vgl. unsere Zusammenfassung in Kapitel IV Abschnitt C 1. Gudea-Zeit Τ 18
(= T f . X X X I I I . 3 )
Tello Grabungen von E. de Sarzec Hof des „Palastes", vor Zimmer 29 und 31 Unter dem Pflaster Paris, Louvre (AO 58) Dec. 48. 214; Tf. 25, 5. - Heuzey, Catalogue, 141 (No. 25). - Parrot, Tello, 173; Abb. 35 g. - Hansen 150 (3). - Moortgat, KAM Tf. 186. Fragment einer Reliefplatte mit Inschrift, Doppelwulstrahmung und überstehender Randbosse Alabaster H. 11; B. 10; Ε. H. mindestens 20 Ausschnitt von der oberen Hälfte einer Darstellung ohne Fries-Unterteilung; die Figuren dürften annähernd die gesamte Bildfeldhöhe überzogen haben. Einführungsszene: Erhalten sind diesmal die Oberkörper zweier Göttergestalten, auf die sich die Einführungsprozession zubewegte; das Fragment bildet den Oberteil der einstigen rechten Plattenhälfte: auf dem Schöße eines thronenden, nach links gerichteten, männlichen Gottes (erhalten ist der Profllkopf mit langem rechteckigen, wellenförmig stilisiertem Vollbart, Götterkrone mit vier Hörnerpaaren, und aufgebundenem Nackenhaarschopf; die Reste des Falbelgewandes lassen erkennen, daß die rechte Schulter unbedeckt war), wohl als der höchste Stadtgott von Girsu, Ningirsu selbst, zu deuten, sitzt eine in Vorderansicht wiedergegebene weibliche Gottheit, die wir mit Hilfe der erhaltenen Inschriftreste als die Göttin Bau (Baba), die Gemahlin des Ningirsu, identifizieren dürfen; sie trägt auf dem Kopfe eine Kappe mit ebenfalls vier übereinandergestaffelten Hörnerpaaren, von einer runden Scheibe bekrönt. Vier wellenartig untergliederte, lange Zopfsträhnen mit abschließenden Volutenlöckchen fallen weit auf Brust und Schultern herab; ein Kollier aus mindestens acht eng übereinanderliegenden Ringen umschließt ihren Hals, und ihr mehrfach abgestuftes Falbelgewand bedeckt beide Schultern (unterer Gewandteil und Füße fehlen). Ningirsu hat anscheinend seinen rechten Arm um die Schultern oder Taille seiner göttlichen Gemahlin gelegt, wie auch die Göttin selbst ihren linken Arm auf den Rücken ihres Partners legt. Inschrift (unmittelbar links vom Kopf der Göttin beginnend, unterhalb der oberen Wulstrahmung etwa in der ehemaligen Plattenmitte angebracht; linker Teil weggebtochen, Oberfläche der erhaltenen Kolumnen stark zerstört): Gerade noch erkennbar sind die Reste des Namens der Göttin Bau, der die Weihung gegolten haben muß; wahrscheinlich von Gudea oder einem seiner unmittelbaren Nachfolger auf dem Thron von Lagasch gestiftet (vgl. Heuzey, Catalogue, 141). Das Zentralloch muß etwa in Höhe der Knie des Ningirsu, unmittelbar links von der Göttin, gesessen haben. Die von Hansen (150) ergänzten Höhenmaße der Gesamtplatte von 16 cm dürften etwas zu niedrig liegen. — Die Oberfläche des Relieffragments ist schwer durch Feuereinwirkung in Mitleidenschaft gezogen. Zur szenischen Rekonstruktion, zur Identifizierung der dargestellten Gottheiten und zur stilistischen Verwandtschaft des Bildes mit den auf Gudea datierten Stücken vgl. Kapitel IV Abschnitt C 1, Anm. 653 ff. Gudea-Zeit Τ 19 (= T f . X X X I I I , 4 ) Tello Grabungen von E. de Sarzec Ruinen des „Palastes" Paris, Louvre Dec. 35. 215;Tf. 26, 9. - Heuzey, Catalogue, 142 (No. 26). - Christian, Altertumskunde, Tf. 428, 3. - Parrot, Tello, 173. - Hansen 150 (4). Fragment einer Reliefplatte mit Inschrift, Doppelwulstrahmung und überstehender Randbosse Kalkstein (mit rötlicher Oberfläche) H. 14; B. 15; D. 5;Ε. H. mindestens 45 Ausschnitt von der oberen Hälfte einer Darstellung ohne Frieseinteilung; die Figuren dürften die Gesamthöhe des Bildfeldes eingenommen haben. EinfUhrungsszene (?): Erhalten ist neben einem Teil der Weihinschrift lediglich die Hörnerkrone eines thronenden (?) Gottes (nach der Inschrift zu urteilen, wiederum Ningirsu selbst), dessen Gestalt einst die gesamte rechte Plattenhälfte eingenommen haben dürfte. Zu erkennen sind noch die vier auf eine flache Kappe montierten Hörnerpaare mit oberer, großer Scheibenbekrönung. In Analogie zur bildlichen Thematik der Plattenfragmente Τ 1 6 - 1 8 und mehrerer Reliefstelen der Gudeazeit ist die linke, verlorene Plattenhälfte mit Sicherheit zu ergänzen als Einführung des Fürsten, hier zweifellos Gudea's, durch eine Vermittlergestalt (Priester oder untergeordnete Gottheit) zum rechter Hand thronenden Hauptgott, dem die Verehrung und Weihung galt. Inschrift (genau wie die der Plattenfragmente Τ 16 und Τ 18 in Kopfhöhe der Dargestellten, unterhalb des oberen Bildfeldrahmens angebracht): „Für Ningirsu, den 'starken Helden des Enlil', hat Gudea, Ensi von La(gasch . . . geweiht)" (vgl. auch Heuzey, Catalogue, 142).
Tello
205
Bei der Rekonstruktion der ursprünglichen Flächenausmaße (in Analogie zum zeitgenössischen Kanon der FigurenProportionen) ergibt sich ein verhältnismäßig großes Format von wahrscheinlich 50 χ 50 cm. Das Zentral-Loch dürfte etwa 10 cm unterhalb der linken unteren Bruchecke des Fragmentes gesessen haben, zwischen der Einfihrungsgruppe und dem thronenden Hauptgott Ningirsu. Zu den allgemeinen thematischen und stilistischen Prinzipien der gudea-zeitlichen Weihplatten vgl. wiederum zusammenfassend Kapitel IV Abschnitt C 1. Gudea-Zeit
Τ 20
(= Tf. XXXIII,5)
Tello Palast (TG 512) In sekundärer Verwendung in der Mauer des Adad-nadin-ache Paris, Louvre (AO 12243) Genouillac, Telloh II, 34; Tf. 84, 2. - Christian, Altertumskunde, Tf. 428, 4. - Parrot, Tello, 184. - Hansen 150 (5). Fragment einer Reliefplatte mit Doppelwulstrahmung und überstehender Randbosse Gelblicher Marmor H. ca. 30; B. ca. 25 Ausschnitt (linke untere Ecke) von der linken Hälfte eines Bildfeldes (ursprünglich zweistreifige Komposition?). Opfertier-Prozession: Erhalten ist der Körper eines nach rechts schreitenden Rindes (Kopf fehlt), das von einem Opferdiener (Teile des Oberkörpers und Beine des ebenfalls nach rechts gerichteten Mannes werden hinter dem Tier sichtbar, der Unterkörper wird durch den Rinderleib verdeckt) geleitet wird. Die Höhen- bzw. Breitenausdehnung des Fragmentes ist, wie auch die Dimension der Platte Τ 16, nach dem Abbildungsmaßstab bei Christian, Altertumskunde, Tf. 428 berechnet; leider liegen keine genauen Messungen in der Grabungspublikation vor. — Vielleicht gehörte unser Fragment einst zusammen mit dem folgenden Bruchstück Τ 21 zu ein und derselben Weihplatte, sicher aber zu einem thematisch und kompositioneil eng verwandten Relief. Die obere Hälfte der ehemaligen Gesamtbildfläche dürfte eher von einer längeren Weihinschrift als von einem zweiten Bildstreifen ausgeiullt gewesen sein. Zur szenischen Rekonstruktion, zur Deutung des Motivs, zur eventuellen Zusammengehörigkeit mit Τ 21, zur Identifizierung des Reliefs als Weihplattenbruchstück und zur kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. unsere Bemerkungen in Kapitel IV Abschnitt C 1, Anm. 658 ff. Gudea-Zeit (?)
Τ 21
(= Tf. XXXIII,6)
Tello „Palast" Unter dem Pflaster Paris, Louvre Dec. 48. 233 f; Tf. 25, 4. - Heuzey, Catalogue, 159 (No. 41). - Parrot, Tello, 174; Abb. 35 c. - Hansen 150 (2). Fragment einer Reliefplatte mit Doppelwulstrahmung (?) Alabaster H. 19; B. 19; L. (?) ca. 2,5 χ 2,5 (?); Ε. Η. mindestens 35 Ausschnitt von der unteren Hälfte eines Bildfeldes (Teil einer mehrstreifigen Komposition?) Opfertier-Prozession: Erhalten ist links noch der vordere Teil eines nach rechts schreitenden Schafes mit halbkreisförmig zurückgebogenem Horn und wellenförmig stilisierten Fellsträhnen; rechts vor ihm ein schreitendes Rind (Kopf fehlt) mit mächtiger, ebenfalls wellenartig charakterisierter Wamme und lang herabhängendem Schwanz. Es ist nicht sicher, ob der untere Rahmenstreifen tatsächlich in zwei parallellaufende Wulstbänder unterteilt bzw. mit einer Mittelkerbe versehen war. Reste einer Randbosse haben sich nicht erhalten. Ob der rechtwinklige Ausschnitt an der oberen Fragmentecke den Ansatz eines ursprünglichen, quadratisch geformten ZentralLoches darstellt, läßt sich ebenfalls nicht mehr entscheiden. Einstige Unterteilung in zwei horizontale, breitrechteckige Bildstreifen nicht sehr wahrscheinlich; eher könnte man in der oberen Plattenhälfte eine längere Inschrift vermuten (vgl. Bemerkungen zu Τ 20). Zur möglichen Zusammengehörigkeit mit dem Fragment Τ 20, zur Identifizierung beider Stücke als Teile einer oder verschiedener Weihplatten, zur thematischen und kompositionellen Rekonstruktion der Schaufläche und zur kunstgeschichtlichen Datierung vgl. Kapitel IV Abschnitt C 1, Anm. 658 t'f. Gudea-Zeit (?) Bisher nicht abgebildete Weihplatten-Fragmente der neusumerischen Periode aus Tello: Tello Grabungen von H. de Genouillac, 1929/30 „Palast" (TG. 2902) Wiederverwandt in der Mauer des Adad-nadin-ache Paris, Louvre (AO 12764) RA 27 (1930) 178. - Genouillac, TeUoh II, 34 f. - Parrot, Tello, 184. Hansen 150 (6). Mehrere Fragmente einer Reliefplatte mit Inschrift Grauer Marmor (?) H. 21; B. 14
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Katalog der Weihplatten Darstellung: Einfiihrungs-Szene; erhalten sind die Figuren der Götter Ningischzidda (als Vermittler? linke Plattenhälfte?) und Bau (thronend? rechte Plattenhälfte?); der eingeführte Fürst (Gudea) fehlt. Inschrift: Weihung des Gudea an die Göttin Bau. Im Altertum geflickte Platte; quadratische Bohrlöcher (Reparaturstellen?). Vielleicht zu Τ 17 gehörig? Tello Grabungen von E. de Sarzec Paris, Louvre Dec. 215. - Heuzey, Catalogue, 142 f (No. 27). - Parrot, Tello, 174, Anm. 135. Fragment einer Reliefplatte Kalkstein (mit rötlicher Oberfläche) H. 18; B. 8; D. 5,5 Figur im Falbelgewand, auf Felsen sitzend Tello Grabungen von E. de Sarzec Paris, Louvre Dec. 216. - Heuzey, Catalogue, 150 (No. 32). - Parrot, Tello, 174, Anm. 136. Fragment einer Reliefplatte Weißer Marmor Η. 7 Oberkörper einer Gottheit im Falbelgewand, mit Waffe Tello Grabungen von E. de Sarzec Paris, Louvre Dec. 218. - Heuzey, Catalogue, 150 (No. 31). - Parrot, Tello, 176 f, Anm. 147. Fragment einer Reliefplatte mit doppelter Rahmenleiste Weißer Marmor H. 10; B. 12 Reste einer kleinen Figur im Falbelgewand, mit Waffe; Reste von Wasserwellen Vielleicht gehören hierher auch einige Relieffragmente aus Tello (Werkmaterial Diorit): Dec. 222.
Kutha KU 1 (= T f . X X X I V . l ) Kutha (?) Mit dieser Herkunftsangabe angekauft von St. Langdon während der Grabungskampagne 1932/33 in Kisch (K. 2399) Oxford, Ashmolean Museum (1933.1331) Iraq 1 (1934) 123; Tf. XVI b. - Moorey 97 ff; Tf. XLIII. Fragment einer ritzverzierten Platte Marmor („soapstone"?) H. 18,5; B. 13; D. 4 - 4 , 5 ; L. ca. 5 χ 5; Ε. H. ca. 40 (?); Ε. B. ca. 20 (?) Ausschnitt von der oberen Hälfte einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition mit rechter Hälfte des Oberfrieses und Resten des Mittelfrieses. Oberfries: Erhalten ist die Darstellung einer von zwei Standarten („Bügelschäften") flankierten Tempelfassade, die ihrerseits lediglich durch eine schmale, hochrechteckige Tür angedeutet wird. Mittelfries (Ausschnitt von der rechten oberen Hälfte): Links die Figur eines kleinen, nach links schreitenden Schafes (Opfertier?), das ohne Standlinie, in einer zur Horizontalachse der Platte leicht geschrägten Ebene, „freischwebend" in den Bildraum oberhalb des Zentral-Loches gezeichnet worden ist (der Kopf des Tieres ist weggebrochen). Rechts davon die Reste eines bartlosen, kahlgeschorenen Mannes mit nacktem Oberkörper (?) (Unterkörper, linke Schulter, Arm und Brusthälfte fehlen), der in der erhobenen Rechten ein großes Gefäß (?) und einen Stab (?) hält; die Gestalt ist nach links gerichtet (Opferdiener? Priester? Hirt? Gabenbringer?). Der Ansatz des ursprünglich quadratischen oder rechteckigen Zentral-Loches hat sich noch an der unteren Bruchkante des Fragments erhalten; unter der Voraussetzung, daß die Durchbohrung tatsächlich in der geometrischen Mitte der Gesamtplatte lag, ergibt sich bei der Berechnung der ursprünglichen Flächenausdehnung ein hochrechteckiges Plattenformat! Rahmung wie Friestrennstreifen sind durch eine doppelte Ritzlinie angedeutet (vgl. Trennstreifen von Ν 8). Die Darstellung des Mittelfrieses ist anscheinend schon im Altertum sekundär überarbeitet worden: die ursprüngliche Zeichnung eines vertikal gerichteten Stabes, den der Mann in der Hand hielt, ist durch das Bild einer hohen, konischen Vase mit Kugelboden (?) ersetzt worden (vgl. dazu Moorey. 99). Zur Interpretation des Dargestellten, zu motivischen und stilistischen Parallelen wie auch zur Entstehungszeit der Platte vgl. Kapitel I Abschnitt C 6. Ur I-Zeit (?)
Assur
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Adab (= Tf. XXXIV,2) AD 1 Adab „Tempel" Fundschicht? Aufbewahrungsort? Banks, Bismya, 272. 273 (Abb. oben). - Christian, Altertumskunde, 257. - Moorey 102, Anm. 46. Fragment einer ritzverzierten Platte Marmor Η. 5; Β. 7; L. ca. 4 χ 4 (?); Ε. Η. ca. 25 (?); Ε. Β. ca. 25 (?) Ausschnitt von der linken Hälfte des Mittelfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Darstellung: Erhalten ist links noch der Hinterleib eines nach links schreitenden Rindes (?), das von einem unmittelbar rechts anschließenden kahlrasierten Mann im kurzen Zottenrock mit einem Krummholz in der Rechten vorangetrieben wird (Füße des Tieres und des Menschen sind weggebrochen). An der rechten Bruchkante zeichnet sich noch der Ansatz des anscheinend doppelt linear gerahmten Zentralloches ab; am oberen Bruchrand Reste des Friestrennstreifens (ebenfalls doppelte Ritzlinie?). In den Linien der Zeichnung wurden Reste einer roten Farbmasse festgestellt (zur Kontrastierung der bildlichen Darstellung), weiterhin Spuren von Bitumen (Rückseite? Innenseite des Loches?). Zur Thematik und kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. Kapitel III Abschnitt C 5. Ur I-Zeit
Uruk UK 1 (= Tf. XXXIV,3) Uruk Eanna, am Rande des Nordost-Hofes (W 18114) Frühdynastische Schicht Baghdad, Iraq Museum MDOG 87 (1955) 67 f; Abb. 17. - UVB 12/13, 45 (oben rechts). Fragment einer ritzverzierten Platte mit seitlich anstehender Randbosse Kalkstein H. ca. 18; B. ca. 18; D. 3; L. ca. 3,5; Ε. H. ca. 26; Ε. B. ca. 31 Rechte Hälfte des Oberfrieses und Reste des Mittelfrieses einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition Oberfries: Libationsszene; links, in der ehemaligen Friesmitte, ist noch deutlich die Gestalt eines nach links gewandten, nackten, kahlköpfigen Priesters zu erkennen, der ein schlankes Libationsgefäß mit langer Tülle und engem Hals mit beiden Händen umfaßt und emporhebt; am linken Bruchrand noch Reste einer hängenden Opferbinde (?) mit perlstabähnlicher Untergliederung und hakenförmigem, quergeriefeltem unteren Abschluß. In der rechten Friesecke noch Spuren einer nach links gerichteten, thronenden (wohl göttlichen) Gestalt im glatten Gewand mit einfacher Abschlußborte, die Hände anscheinend über der Brust gefaltet. Mittelfries: Erhalten ist ein Teil der rechten Frieshälfte mit verwischten Spuren einer Ritzzeichnung (Tiere und Pflanzen?). In der linken unteren Ecke des Plattenfragments zeichnet sich deutlich der Ansatz des kreisrunden, ungerahmten ZentralLoches ab, dessen etwas erweiterte vordere Öffnung (vielleicht durch den Eindruck der einstigen Nagelbekrönung verursacht) die Füße des nackten Opferpriesters in Mitleidenschaft zieht. — Reste einer linearen Rahmung oder eines Friestrennstreifens sind nicht mehr zu erkennen; Plattenoberfläche ist stark zerstört. Die falzartige seitliche Randbosse springt gegenüber der Bildebene etwas zurück; somit bildet der seitliche Rand der erhöhten Schaufläche eine natürliche Rahmenabgrenzung gegenüber dem flacheren Falz. In thematischer und stilistischer Hinsicht darf der Oberfries analog zur Bildkomposition des oberen Streifens der Ritzplatten Ν 8 und Ν 9 ergänzt werden; vgl. auch Kapitel III Abschnitt C 4. Ur I-Zeit Zu einer weiteren Weihplatte aus Uruk vgl. unsere Anmerkung 444a.
Assur AR 1
(= T f . X X X V , 1) Assur Ischtar-Tempel (Assur Nr. 20377/19882) Schicht G (?) Berlin, Staatliche Museen MDOG 49 (1912) 27. - WVDOG 39, 4. 9. 53; Tf. 64, a. b.
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Katalog der Weihplatten
Zwei nicht unmittelbar aneinanderpassende Fragmente von der unteren Hälfte einer nicht bildlich verzierten Platte mit Weihinschrift, Doppelwulstrahmung und teilweise überstehender, schmaler Randbosse. Gipsstein Großes Fragment: H. ca. 21,5; B. ca. 26,5 Kleines Fragment: H. ca. 13; B. ca. 11,5 L. ca. 5 χ 5; Ε. H. mindestens 45; Ε. B. mindestens 45 Inschrift (unterhalb des Zentral-Loches, nahe der unteren Doppelwulstleiste angebracht): Weihung des Ititi (mit der Rangbezeichnung „pa"), Sohnes des Ininlaba, an die Göttin Ischtar, mit Erwähnung einer Beute aus Gasur (IAK No. 1; zur Inschrift und ihrer historischen Einordnung vgl. ferner unsere Textanmerkungen 610 ff.). Der Lochansatz am oberen Bruchrand des großen Fragments legt die Ergänzung einer quadratischen oder rechteckigen Zentralbohrung mit abgerundeten Ecken nahe. Das kleinere Fragment könnte genauso gut als rechte obere WeihplattenEcke rekonstruiert werden. Zur historischen Einordnung und Bedeutung des Stückes vgl. Kapitel IV Abschnitt Β 3. Akkad-Zeit
AR 2 (= T f . X X X V , 2 ) Assur Ischtar-Tempel des Tukulti-Ninurta I. (Assur Nr. 21982) Im Pflaster des „Altarraumes", mit Schriftseite nach unten Istanbul, Antiken-Museum (No. 7070) Μ DOG 54 (1917) 16 f. - WVDOG 39, 4. 106 f; Abb. 78; Tf. 64, c. - Hansen 149, Anm. 22. Vollständig erhaltene Platte ohne Bildverzierung mit Weihinschrift, Doppelwulstrahmung und allseitig überstehender, unterschiedlich breiter Randbosse. Gipsstein H. 33; B. 42; D. 5,5; L. 4 x 4 Inschrift (auf der oberen Schauflächen-Hälfte, diese fast ausfüllend, angebracht): Weihung des Zariqum, Statthalters in Assur, an die „Herrin des Palastes" (Ischtar) für das Leben des Amarsin (Bursin) von Ur, seines Oberkönigs, und für die Erhaltung seines eigenen Lebens; Bericht vom Bau des Tempels der Göttin (WVDOG 39, 106. - IAK No. 2. - Vgl. auch unsere Textanmerkung 681). Das große, quadratische Zentral-Loch ist nicht gesondert umrahmt. Die Doppelwulstrahmung hat diesmal eher die Form einer breiten Reliefleiste mit Mittelkerbe. Die überstehende Randbosse ist oben und an beiden Seiten von insgesamt 6 ursprünglich 7?) kleinen, kreisrunden Löchern durchbohrt, die zur besseren Verdübelung der Platte in der Tempelwand gedient haben müssen. Zur historischen und gattungsgeschichtlichen Bedeutung der Zariqum-Platte vgl. Kapitel IV Abschnitt C 3. Ur IH-Zeit
Umma UM 1
(= T f . X X X V I )
Umma (?) Aus Raubgrabungen, um 1910 Über den Kunsthandel erworben Paris, Louvre (AO 4799) F. Thureau-Dangin, RA 9 (1912) 73 ff; Abb. auf 73. - Jacobsen, SKL 120, Anm. 308. - Boehmer, EGA 41, Anm. 170. Hälfte einer Reliefplatte mit ausführlicher Weihinschrift, Doppelwulstrahmung und unregelmäßig gezackter Randbosse. Kalkstein (?) H. ca. 20; B. 26; L. ca. 2,1 χ 2,1; Ε. Η. (mit Bosse) ca. 30 Rechte obere Diagonal-Hälfte einer Darstellung ohne Frieseinteilung; die Figuren nehmen fast die gesamte Höhe der Schaufläche ein. „Symposion"-Szene: Zwei einander gegenübersitzende Figuren mit je einem konischen Becher in der erhobenen Hand; links eine Gottheit mit Hörnerkappe (drei oder vier Hörnerpaare) und Scheibenbekrönung (untere Teile des Kopfes und der gesamte Körper bis auf die Hand mit Becher weggebrochen); rechts thronende menschliche Gestalt (Füße und Sesselfassade fehlen) in langem Gewand („Toga"-Mantel mit Fransensaum? Bart? Haartracht? Oberfläche stark verschliffen), den linken Arm über der Brust angewinkelt (Stifter der Platte? Herrscher? Priester(in)?). Der linker Hand thronende Gott dürfte mit einem mehrfach abgestuften Falbelgewand bekleidet gewesen sein. Inschrift (auf dem freigebliebenen Reliefhintergrund oberhalb der Köpfe, zwischen und hinter den Figuren, zum Teil auch auf dem Gewand der rechten Gestalt angebracht): Weihung des Nigdupae, Schreiber im Stadtarchiv von Sagpakabdu und Sohn des Schreibers Urgischar, an die Gottheit Nin-ezen-la (?) für das Leben seines Oberkönigs Scharatigubisin, für sein eigenes Leben und für das seiner Gattin und der anderen, namentlich aufgeführten Angehörigen (F. Thureau-Dangin, RA 9 (1912) 73 ff. - Barton, RISA 171. - Zur Lesung der Eigennamen, zur Identifizierung der Gottheit, zur Lokalisierung der Ortschaft und zur historischen Einordnung des Herrschers vgl. unsere Textanmerkungen 628 ff.).
Kunsthandel
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Das ungerahmte, quadratische Zentral-Loch ist in seinem Ansatz noch deutlich an der unteren Bruchkante, zwischen den erhobenen Armen der Figuren, zu erkennen. Der Doppelwulstrahmen besteht aus einem breiten, in der Mitte gekerbten Reliefband. Zur den historischen und kunstgeschichtlichen Aspekten des Denkmals vgl. Kapitel IV Abschnitt Β 4. Späte Akkad-/Gudea-Zeit
.JCunsthandel" Κ 1 (= Tf. X X X V I I . l ) Aus dem Kunsthandel Wahrscheinlicher Fundort: Chafadschi Vor 1934 erworben Paris, Louvre Contenau, Mon. Mes. 16; Tf. IX b. - Moortgat, FB Tf. XXI, 2. Fragment einer Reliefplatte Feiner, gelblicher Kalkstein H. 13; B. 12; L. ca. 2 χ 2(?);E. H. ca. 27; Ε. B. ca. 28 Mittlerer Ausschnitt vom Oberfries einer ursprünglich dreistreifigen Komposition Symposionsszene: Erhalten ist links noch die nach linksgerichtete Figur einer Dienerin (Mundschenkin?) mit im Nacken hochgebundenem Haarschopf und langem, glattem Mantel mit einfacher Saumborte, der nur die linke Schulter bedeckt; die Hand des rechten, angewinkelten Armes ist erhoben und hielt wohl den Trinkbecher, der für die (heute fehlende) thronende Frauengestalt auf der linken Friesseite bestimmt war. In der Bildmitte ein nach rechts gewandter Harfenspieler mit langem, auf die Schulter herabfallendem Haupthaar und rechteckigem, quergeriefeltem Kinnbart; zwischen den überfallenden Langzotten des knielangen, von einem Wulstgürtel gehaltenen Hüftrocks wird ein dreieckförmiges Stoffstück mit abschließendem Saum aus kürzeren Zotten sichtbar. Rechter Hand ein ebenfalls nach rechts gerichteter Mundschenk mit auf die Brust herabfallender Haar- und Bart-,,Perücke", im glatten Hüftrock mit Wulstgürtel und Zottensaum (Füße fehlen), der die Linke auf die Brust legt und die Rechte nach vorn streckt, der nicht erhaltenen, in der rechten Friesecke thronenden Männergestalt entgegen; wir erkennen noch gerade an der rechten Bruchkante den Becher und einige Finger von der Hand jener rechten Hauptfigur. Die Rahmung am oberen Plattenrand besteht aus einer nicht ganz regelmäßig breiten Wulstleiste; an der unteren Ecke des Fragments ist (bei Contenau, a.a.O., Tf. IX b) noch der Ansatz eines ursprünglich hochrechteckigen oder quadratischen Zentral-Loches auszumachen; das erhabene, unverzierte Feld unterhalb der Figuren gehört teilweise zur oberen Lochrahmung, teilweise zur rechten Hälfte des Friestrennstreifens. Den nicht erhaltenen Mittel- bzw. Unterfries dürfen wir uns in jedem Falle mit zwei antithetisch angeordneten Huftieren bzw. mit einer Wagen- oder Bootsszene ausgefüllt ergänzen. Auf der Tafel XXXVII,2 habe ich unser Relieffragment mit dem Bruchstück CS 4 (= Tf. VIII,1) zusammengebracht und versucht, die Zugehörigkeit beider Teile zu der gleichen oder zumindest zu ganz ähnlicHen Platten wahrscheinlich zu machen. Zu diesem Rekonstruktionsvorschlag hat mich in erster Linie die Übereinstimmung beider Reliefs in Werkmaterial, Werktechnik, Dimension der Figuren, Rahmenbreite und vor allem in ikonographisch-stilistischer Hinsicht veranlaßt, darüber hinaus die gute thematische Ergänzung, die beide Ausschnitte einander bieten. Zweitens ist die Bemerkung H. Frankfort's in OIP 44, 44, Anm. 2 zu berücksichtigen, daß eben jenes Fragment im Louvre aus Raubgrabungen in Chafadschi stamme. Und drittens wäre gerade im Bereich des Sin-Tempels, in dessen oberster Schicht ja das Relief CS 4 geborgen wurde, die Entdeckung des Bruchstücks Κ 1 durch Raubgräber besonders gut vorstellbar, da das Gebiet jener Fundstelle schon vor Beginn der offiziellen Ausgrabungen, aber auch während und nach Beendigung der Kampagnen das Ziel ausgedehnter illegaler Schürfungen gewesen ist (vgl. dazu J. Boese, AfO 22 (1969) 30 ff., ferner die Bemerkungen zu CS 2 und Κ 3 - 4 ) . Vorstellbar wäre auch eine Verbindung des Fragments Κ 1 mit den Stücken CS 2 und/oder Κ 3 - 4 zu ein und derselben Weihplatte; in thematischer und stüistischer Hinsicht würden sie eine annähernd genauso gute Ergänzung bilden wie das Relief CS 4 (entweder also eine Wagen- oder eine Bootsszene im Unterfries); auch hier würden Werkmaterial, Relieftechnik, Dimension und Rahmung weitgehend übereinstimmen; die Rekonstruktionsvorschläge auf den Tafeln XXXVII,2 bzw. XXXIX,3 sind also in gewisser Weise austauschbar. Mesüim-Zeit
Κ2 (= Tf. XXXVIII) Aus dem Kunsthandel Herkunftsort ? Basel, Sammlung Erlenmeyer Orientalia 26 (1957) 323 f. 339; Tf. XVI, Abb. 8; Tf. XVII, Abb. 9. Fast vollständig wieder zusammengesetzte Reliefplatte Kalkstein (?) H. 26; B. ca. 24; L. ca. 2 χ 2,2 Darstellung in drei übereinanderliegenden Bildstreifen Oberfries: Symposion-Szene; links die thronende weibliche Hauptperson mit aufgebundenem Haarschopf und schuppenartig (?) stilisiertem, langem Mantel, in der Rechten den konischen Becher; rechts vor ihr ein Mundschenk im Zottensaumrock, mit quergeriefelter Haarperücke (teilweise durch eine reparierte Bruchkante zerstört); in der Friesmitte ein nach rechts gewandter Harfenspieler im Zottenrock, mit auf die Schulter herabfallender Haarsträhne und langem, rechtecki-
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Katalog der Weihplatten
gem, quergeriefeltem Kinnbart; rechts neben ihm ein weiterer Mundschenk, in gleicher Haar- und Barttracht wie der Diener der thronenden Frau; er trägt auch den gleichen Zottensaumrock und wendet sich der rechts sitzenden, männlichen Hauptfigur zu, die, in gleicher Kleidung und ähnlicher Frisur, auf einem kastenförmigen Sessel thront und einen Becher in der erhobenen Rechten trägt. Die Figuren-Komposition ist annähernd identisch mit der des Oberfrieses der Platte AG 2 (= Tf. 1,2). Mittelfries: Untergliedert in zwei symmetrisch aufgebaute, aber nicht spiegelbildlich gleiche Mittel-Metopen; je ein vom Zentral-Loch abgewandtes Huftier, wahrscheinlich Kapriden (Antilopen? Bergziegen?), in liegender Haltung mit aufgestütztem Vorderbein; das linke Tier hält den Kopf gesenkt, das rechte erhebt ihn. Reste einer Blattpflanze im rechten Bildfeld? (Reliefoberfläche hier durch Bruchkanten und Reparaturstellen besonders stark in Mitleidenschaft gezogen). Unterfries: Bootsszene; in einem flachen, mondsichelförmigen Boot mit hochgezogenen, spitz zulaufenden Steven sitzen vier nach rechts gewandte, männliche Gestalten mit quergeriefelter Haar- und Bart-„Perücke", bekleidet mit einem zottengesäumten Hüftrock. Links zwei Ruderer mit langen Paddeln mit herzförmigen Blättern in den Händen; in der Mitte ein Mann, der in der erhobenen Rechten einen konischen Becher hält; rechts wiederum ein Ruderer mit spatenförmigem Paddel. Vom im Boot die Figur eines Wasservogels (?), nach rechts gerichtet; unter dem Bootskörper eine Anzahl von schuppigen, karpfenähnlichen Fischen, die symbolisch das befahrene Gewässer andeuten sollen. Das nahezu quadratische Zentral-Loch ist von einem erhabenen Rahmenfeld umgeben. Zur Bootsszene vgl. CS 2 - 3 , F l und K3! Mesilim-Zeit Κ 3 ( = T f . X X X I X , 1) Aus dem Kunsthandel Zusammen mit Κ 4 von Η. V. Hilprecht im Orient erworben Vielleicht aus Chafadschi stammend ? Jena, Universität (Sammlung Hilprecht; Inv. Nr. 887) B. Meißner, AfO 5 (1928/29) 153 ff; Tf. XV, Abb. 1. - Heinrich, Fara, 52; Tf. 21 b. - Meißner, Kleinplastiken, 7 f; Tf. I (A 1). - Moortgat, Tammuz, Tf. 10 a. Fragment einer Reliefplatte Alabaster (heller Gipsstein?) H. 14; B. 13; D. 1,4; Ε. H. ca. 25; Ε. B. ca. 25 Linke Hälfte des Mittel- und Unterfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition. Mittelfries: Erhalten ist ein großer Teil der linken Mittel-Metope; liegendes, nach links gewandtes Rind mit aufgestütztem rechten Vorderbein (Kopf weggebrochen); der durch die Hinterbeine geführte Schwanz wird vor der Hinterflanke des Tieres sichtbar; die fehlende rechte Mittelmetope ist mit einer entsprechenden Figur, in spiegelbildlicher Anordnung wiedergegeben, zu ergänzen. Unterfries: Bootsszene; erhalten ist die linke Hälfte des Schiffskörpers mit dem spitzen, hochgezogenen Hintersteven, von den Insassen noch die beiden nach rechts gerichteten Ruderer mit geriefelter Haar- und Bart-Frisur, langen Ruderstangen mit herzförmigen Blättern und bekleidet mit voluminösen, glatten HUftröcken (mit Zottensaum?); unter dem Bootskörper wiederum mehrere geschuppte Fische, nach rechts schwimmend. Für die mehrfach geäußerte Annahme, das Stück stamme aus Fara, gibt es keinen Beweis; lediglich die Ähnlichkeit mit dem Relieffragment F 1 aus Fara (eine weitere Bootsszene war bis dahin noch nicht bekannt) hat bei mehreren Gelehrten zu dieser Überzeugung geführt (vgl. Literaturangaben oben). Genausogut könnte das Fragment Κ 3, wie auch das Stück Κ 4, in Wirklichkeit durch frühe Raubgrabungen in Chafadschi in den Besitz von Η. V. Hilprecht gelangt sein. Für eine Provenienz beider Reliefs aus dem Diyala-Gebiet sprechen nicht nur die allgemeinen Stilmerkmale und die Motivkombination der Bilder, sondern vor allem die auffallende Verwandtschaft des Reliefs Κ 3 mit dem Bruchstück CS 2 aus dem Sin-Tempel VIII in Chafadschi; wir können schon fast von einer Identität in stilistischer und thematischer Hinsicht sprechen, zudem stimmen die Stücke in ihren Dimensionen, in der Werktechnik, in der Anlage der Wulstrahmung und in ihren ergänzten Ausmaßen nahezu vollkommen überein. Darüber hinaus ergänzen sich beide Bruchstücke geradezu ideal, wenn auch keine unmittelbar aneinanderpassenden Bruchkanten vorliegen (vgl. Rekonstruktionsvorschlag K 3 + K 4 + C S 2 auf der Tafel XXXIX,3); ferner ist eine Herkunft der Stücke Κ 3 - 4 gerade aus dem Areal des Sin-Tempels wegen der dort nachgewiesenen starken Raubgräbertätigkeit besonders gut vorstellbar (vgl. unsere Bemerkungen zum Fragment K l ) . Mesilim-Zeit
Κ 4 (= T f . X X X I X , 2 ) Aus dem Kunsthandel Zusammen mit Κ 3 von Η. V. Hilprecht im Orient erworben Vielleicht aus Chafadschi stammend ? Jena, Universität (Sammlung Hilprecht; Inv. Nr. 888) B. Meißner, AfO 5 (1928/29) 155; Tf. XV, Abb. 2. - Heinrich, Fara, 52; Tf. 21 c. - Meißner, Kleinplastiken, 8; Tf. I (A 2). - Moortgat, Tammuz, Tf. 10 b. Fragment einer Reliefplatte Alabaster (heller Gipsstein?) H. 10,5 (9,8?); B. 10,8; D. 2,5; Ε. H. ca. 25; Ε. B. ca. 25 Rechtes Drittel des Oberfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition. Oberfries: Symposionszene; erhalten ist lediglich die thronende männliche Hauptfigur in der rechten Friesecke (Füße weggebrochen, desgleichen die den Becher haltende rechte Hand). Die Oberfläche der linken Seite des Fragments ist vollkommen weggesplittert, sodaß wir von dem dort zweifellos einst dargestellten Mundschenken nichts mehr erkennen können; der Thronende trägt die übliche, quergeriefelte Haar- und Bart-„Perücke"; in der gesenkten Linken hält er einen
Kunsthandel
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zweigartigen Wedel, und der von einem breiten Wulstgürtel gehaltene Hüftrock ist mit einem Saum aus glatten (?) Zotten verziert. Unabhängig vom Erwerbungszusammenhang liegt auch aus rein kunstgeschichtlichen Gründen die Vermutung nahe, daß Κ 4 mit Κ 3 zu ein und derselben Weihplatte gehört; über die Identität in Werkmaterial, Relieftechnik, Erhaltungszustand, Rahmenbreite und ergänzten Gesamtmaßen hinaus stimmen auch Bildstil und Thematik vollkommen überein; wir dürfen die Gesamtplatte wohl in enger Analogie zu dem Stück Κ 2 in Basel rekonstruieren. Zur Herkunftstheorie, zur Verbindung mit dem Relieffragment CS 2 und zum Rekonstruktionsvorschlag der Gesamtplatte vgl. unserer Bemerkungen zu Κ 3, CS 2 und Κ 2; dazu auch Tafel XXXIX,3. Mesilim-Zeit Κ 5
(= T f . X L , 1 )
Aus dem Kunsthandel Herkunftsort ? Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 28978) Sumer 7 (1951) 66; Tf. II, 4. Fragment einer Reliefplatte Stein H. 15; B. 9; L. ca. 2 χ 2; Ε. Η. ca. 20; Ε. Β. ca. 18 Rechte Hälfte des Mittel- und Unterfrieses einer ursprünglich dreistreifigen Komposition. Mittelfries: Erhalten ist die rechte Mittelmetope; eine liegende, nach rechts gerichtete Kapride (Steinbock?) mit aufgestütztem linken Vorderbein und langem gebogenen Hörnerpaar; die fehlende linke Mittelmetope dürfte analog, in spiegelbildlicher Gestaltung, ergänzt werden. - In der linken oberen Fragmentecke, oberhalb des Friestrennstreifens, erkennt man noch die Füße einer nach rechts gewandten, menschlichen Gestalt, wahrscheinlich zur Figur des Mundschenken einer Symposionszene im sonst weggebrochenen Oberfries gehörig. Unterfries: Zug von Gabenbringern (?); erhalten ist links die Gestalt eines kahlrasierten Tiertreibers im glatten (?) Hüftrock, der ein Huftier (Kapride? Bovide? Kopf bis auf Hörner(?)spitzen zerstört) nach rechts geleitet (rechte Frieskante stark beschädigt). Das Rahmenfeld des wohl annähernd quadratisch zu ergänzenden Zentral-Lochs geht an seinen Ecken stufenlos in die Friestrennstreifen über; die Reliefoberfläche ist stark verschliffen. Beste Parallelen zur liegenden Kapride: Mittelmetopen der Platten AS 2, AS 3 und Κ 2. Zum Motiv des Unterfrieses vgl. CN 1 und Ν 5. Mesilim-Zeit Κ 6 (= T f . X L , 2 ) Aus dem Kunsthandel Herkunftsort ? Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 29026) Sumer 7 (1951) 66; Tf. II, 8. Fragment einer Reliefplatte Stein H. 9,5; B. 7,5 ;D. 3 Ausschnitt vom Ober- oder Unterfries einer ursprünglich wohl dreistreifigen Komposition. Darstellung: Unterkörper eines nach links schreitenden Mannes (Mundschenk? Gabenbringer?) im fransengesäumten Hüftrock mit Wulstgürtel und Rückenquaste. Teil einer Symposion- oder Musikszene (vgl. CS 7), An der linken Bruchkante möglicherweise Konturen einer weiteren schreitenden Gestalt. Mesilim-Zeit (?) Κ 7
(= T f . X L , 3 )
Aus dem Kunsthandel Erworben 1936/37 Höchstwahrscheinlich aus Chafadschi stammend (Sin-Tempel IX) Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 9012) Führer durch das Iraq Museum (arabisch), Baghdad 1937, 15 (Abb.). - Sumer 7 (1951) 68; Tf. III, 2. - Hirmer/Strommenger 64; Tf. 46 unten. - J. Boese, AfO 22 (1969) 30 ff; Abb. 1. 7. Fragment einer Reliefplatte mit Inschrift Kalkstein H. 8,5; B. 11; D. 4,5; Ε. H. ca. 20; Ε. B. ca. 20 Rechtes Drittel des Unterfrieses und Rest der rechten Mittelfrieshälfte einer dreistreifigen Komposition. Darstellung: Erhalten sind die Füße eines nach rechts schreitenden Mannes am oberen Bruchrest der ehemaligen rechten Mittelmetope, und vom Unterfries zwei einander gegenüberstehende Ringkämpfer mit vorwärts gestreckten Armen und angehobenem „Spielbein"; ihr einziges Kleidungsstück ist ein wulstartiger Hüftschurz, ihre Frisur besteht in einem hochrechteckigen, quergeriefelten Kinnbart und gleichartig gegliedertem, lang auf die Schultern herabfallendem Haupthaar. Inschrift (zwischen den beiden Ringern angebracht, ohne eigene Rahmenkartusche in den Reliefgrund geritzt): Namensbeischrift ? Vielleicht die Zeichen Labat No. 49* + No. 144? (vgl. -dazu J. Boese, AfO 22 (1969) 36 f; Anm. 30 ff.).
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Katalog der Weihplatten
Das Fragment Κ 7 gehört höchstwahrscheinlich zu der im Sin-Tempel zu Chafadschi unvollständig geborgenen Weihplatte CS 7 ( - T f . IX,1) und ergänzt so die dort fehlende untere rechte Ecke. Zur Beweisführung vgl. J. Boese, AfO 22 (1969) 30 ff. (dort auch stilistische und thematische Vergleiche zur Ringkampfszene); Photomontage Κ 7/CS 7 auf Tf. IX,2. Zur Datierung vgl. auch Kapitel III Abschnitt Ε 2 b. 2. Übergangszeit
Κ8
(= Tf. XL,4)
Aus dem Kunsthandel Herkunftsort ? Baghdad, Iraq Museum (I. Μ. 47225) Sumer 7 (1951) 66; Tf. II, 9. Fragment einer Reliefplatte Stein H. 26,5; B. 8,5; D. 4,5; Ε. H. ca. 30; Ε. B. ca. 30 Linkes Viertel einer dreistreifigen Komposition mit Resten des Ober-, Mittel- und Unterfrieses. Oberfries: Symposionszene; erhalten ist lediglich die thronende weibliche Hauptperson (rechte Hand, linker Arm, Unterteil des Gewandes und Füße fehlen) mit hochgesteckter, voluminöser Haarfrisur, bekleidet mit einem knöchellangen Mantel aus glattem Stoff mit einfacher Saumborte, der die rechte Schulter und Brusthälfte freiläßt. In der erhobenen Rechten hielt sie wohl ursprünglich einen Becher. Mittelfries: Erhalten ist die linke Hälfte der linken Mittel-Metope; Vorderteil eines liegenden Rindes mit aufgestütztem rechten Vorderbein; die fehlende rechte Metope ist in spiegelbildlicher Analogie zu ergänzen; in der linken unteren Friesecke wohl mehrblättrige Pflanze, an der das Tier frißt. Unterfries: Erhalten sind lediglich Kopf und rechte Oberkörperhälfte eines kahlgeschorenen, nach rechts schreitenden Mannes; auf der rechten Schulter Rest eines gerundeten Gegenstandes (Traglast?). Zu ergänzen ist die Szene entweder als Zug von Gabenbringern bzw. Tiertreibern oder als Wagen-Prozession (?). Bester stilistischer Vergleich: Ν 6 (= Tf. XVII.l). Zum liegenden Rind vgl. CS 6 (= Tf. VIII,3). Zur stilistischen Einordnung und Datierung vgl. Kapitel III Abschnitt Ε 4. 2. Übergangszeit
Κ9
(= Tf. XLI,1)
Aus dem Kunsthandel (?) Herkunftsort ? Paris, Louvre Contenau, MAO IV, 2021, Abb. 1114. - Margueron, Mesopotamien, 234; Abb. 15. Fragment einer Reliefplatte Stein Maße ? Ausschnitt von der rechten Hälfte einer dreistreifigen Komposition mit Resten des Ober-, Mittel- und Unterfrieses. Oberfries: Erhalten ist lediglich die rechte untere Friesecke; erkennbar die zwei Vorderfüße und der Rest eines Hinterfußes von einem nach rechts schreitenden Huftier (ursprünglich Tierprozession? oder Reihe von Opfertieren mit ihren Treibern?). Mittelfries: Fast vollständig erhaltene rechte Mittelmetope; nach rechts gerichtete, liegende Ziege mit geschwungenen Hörnern, aufgestütztem linken Vorderbein und vertikal schraffiertem Fell, die von dem lanzettförmigen Blatte einer verästelten Pflanze frißt; hinter dem Tier, oberhalb der Rückenlinie, werden weitere Zweige dieser Pflanze mit Blatt und rosettenartiger Blüte sichtbar; die Stengel sind von einem Schraffurmuster überzogen. Unterfries: Erhalten ist die obere rechte Friesecke; links Kopf und Schultern eines nach links gewandten, kahlgeschorenen und bartlosen Mannes, rechts hinter ihm ein Bündel von vertikalen Stäben mit Horizontalkerbung; das Ganze ursprünglich Hürden-Szene ? Am linken Bruchrand wird in Höhe der Mittelmetope noch der Rest des Lochrahmenfeldes und der Ansatz eines ursprünglich quadratisch oder rechteckig umrissenen Zentral-Lochs sichtbar. Die einstige Gesamthöhe der Weihplatte dürfte knapp doppelt so viel betragen haben wie die erhaltene Fragmenthöhe, die Gesamtbreite etwas mehr als die doppelte erhaltene Fragmentbreite. Zu Bildvergleichen und zur kunstgeschichtlichen Einordnung des Reliefs vgl. Kapitel III Abschnitt Ε 4, Anm. 573 ff. 2. Übergangszeit
Κ 10
(=Tf. XLI,2)
Aus dem Kunsthandel Vielleicht aus Raubgrabungen in Tello stammend London, British Museum (Β. M. 117936) Hall, Sculpture, 27; Tf. III, rechts oben. - Parrot, Tello, 90. Fast vollständig erhaltene Reliefplatte mit Inschrift und allseitig überstehender, unregelmäßig gezackter Randbosse Grobkörniger Marmor (Gipsstein?) H. 20 (21?); B. 21; L. ca. 3
Kunsthandel
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Darstellung der linken Plattenhälfte in zwei übereinanderliegenden Bildstreifen; die Figur auf der rechten Hälfte nimmt fast die gesamte Bildfeldhöhe ein. Linke Häfte: Oberhalb des schwach erkennbaren Trennstreifens zwei kleine, nach rechts gerichtete menschliche Gestalten; Details sind nicht mehr auszumachen. - Unten anscheinend zwei weitere, möglicherweise einander gegenüberstehende oder -sitzende Figuren; die ohnehin stark verriebene Reliefoberfläche ist an dieser Stelle besonders verwittert, teilweise auch gänzlich abgesplittert. Rechte Hälfte: Die nach links gerichtete Gestalt eines thronenden Herrschers mit kahlgeschorenem Schädel, bekleidet mit einem Hüftrock, der in vier horizontale Zottenreihen untergliedert ist; die linke Hand ist auf die Brust gelegt, die Rechte hält einen hohen Gegenstand (Becher? Keule? Krummholz?); die Thronfassade weist drei hohe Vertikalstützen auf. Inschrift (auf einem mittleren Vertikalstreifen zwischen den linken Figurengruppen und dem rechts thronenden Fürsten angebracht, oberhalb und unterhalb des Zentralloches, dort nach rechts unter Füße und Sessel des Thronenden gezogen): Zuoberst erkennt man noch das Dingir-Zeichen, den Beginn also der Weihung an die Gottheit; deren Bezeichnung jedoch selbst ist, wie auch der Name des fürstlichen (?) Auftraggebers und Stifters, weitgehend zerstört und unleserlich; unterhalb des Zentralloches noch die Reste der typischen Weihformel: ,,nam-ti-l(a)-na-(sche?). . . (a-mu)-ru (?). . ." = „für (sein) Leben (hat er geweiht). . ." Das annähernd kreisrunde Zentral-Loch ist von einem hochrechteckigen Wulstleisten-Rahmen umgeben, dessen Breite der der Bildfeldrahmung entspricht. Die Figuren-Komposition stimmt weitgehend mit der Bildgliederung der Urnansche-Platte Τ 6 (= Tf. XXX,1) überein; eine enge stilistische Parallele zur Gestalt des thronenden Herrschers bietet, neben den Figuren des Urnansche auf den Platten Τ 4 - 6 , der obere Bildstreifen des Rollsiegels Delaporte, Bibl. Nat. No. 51 (= VR Tf. A, 4); man vergleiche nur Physiognomie, Haltung, Kleidertracht und Thronform! Zur Deutung des Dargestellten, zu den Inschriftresten, zur Provenienz des Denkmals und zu seiner kunstgeschichtlichen Einordnung vgl. Kapitel III Abschnitt C 1, Anm. 374 ff. (zu den Ur I-zeitlichen Weihplatten aus Tello). Ur I-Zeit Nicht katalogisierte Bildplattenfragmente: Kunsthandel? Baghdad, Iraq Museum Guide-Book to the Iraq Museum, Baghdad 1966, Abb. 19. Fragment einer ritzverzierten Platte mit vertietten Detailfeldern zur Aufnahme zusätzlicher Intarsien. Marmor Maße? Linke obere Ecke einer Bildplatte mit Resten einer linearen Kahmung; erhalten sind große Partien einer weiblichen Gestalt, die ein gabelartiges Gerät trägt; die Frisur war ursprünglich mit Intarsien eingelegt. Teil des Oberfrieses einer mehrstreifigen Weihplatte? Werktechnisch und stilistisch eng verwandt mit den Ur I-zeitlichen Weihplatten Ν 8 - 1 0 aus Nippur; ebendaher stammend? Vgl. auch unsere Anmerkung 452. Ur I-Zeit Kunsthandel Vielleicht aus Nippur? New Haven, Yale University (Sammlung Newell) Ε. Douglas van Buren, RA 48 (1954) 142 ff; Abb. 1. Fragment einer ritzverzierten Platte; Rand sekundär abgearbeitet und geglättet? Kalk(?)stein H. 9,6; B. 5,5; D. 1 Linke obere (?) Ecke einer Bildplatte; Darstellung eines schreitenden Mannes (Opferdiener?) mit Kultgerät (Standarte?). Teil vom Oberfries einer mehrstreifigen Weihplatte? In Werktechnik und Bildstil ebenfalls eng verwandt mit den Ritzplatten Ν 8 - 1 0 aus Nippur; vgl. ferner Τ 9, KU 1, AD 1 und UK 1. Vgl. ferner unsere Textanmerkung 452. Ur I-Zeit
Kll (= T f . X L I , 3 ) Aus dem Kunsthandel Herkunftsort ? Paris (?), französische Privatsammlung V. Scheil, RA 25 (1928) 37 f; Abb. auf 37. - M. Lambert, RA 42 (1948) 198, Anm. 1. Fast vollständig erhaltene Platte ohne Bildverzierung, mit längerer Weihinschrift, Doppelwulstrahmung und gezackter Randbosse. Kalkstein Maße?
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Katalog der Weihplatten
Inschrift (füllt das obere Drittel und das rechte Viertel des mittleren Drittels der Plattenschaufläche): Weihung eines Mannes namens Ur(du)ablilla-ninnu(?) an die Gottheit Ninschubur für sein eigenes Leben, für seine Gattin und seine namentlich aufgezählten Kinder (V. Scheil, a.a.O. 37 f)· Das quadratische Zentral-Loch ist nicht eigens gerahmt; seine nähere Umgebung zeigt aber deutlich den nahezu kreisförmigen Abdruck der ehemaligen Nagelbekrönung! Leider gehen aus der Inschrift weder der Rang des Stifters noch der Ort der Weihung hervor; wenn die Lesung „ n i n n u " am Namensende richtig ist ( d NINNU = Beiname des Gottes Enlil), könnte man an eine Herkunft des Stifters aus Nippur denken. Zur gattungsgeschichtlichen Bedeutung der Inschriftplatte vgl. Kapitel III Abschnitt C 9. Ur I-Zeit Κ 12
(= T f . XLII)
Aus dem Kunsthandel Herkunftsort ? Vor 1900 erworben Paris, Louvre Heuzey, Catalogue, 145 ff (No. 28). - Contenau, MAO II, Abb. 532. - EPA Tf. 243 C. - Pritchard, ANEP 309 f; Abb. 512. - Parrot, Sumer, Abb. 287. - Hirmer/Strommenger Tf. 129 rechts. Fragment einer Reliefplatte mit Inschrift und Doppelwulstrahmung Schwarzer Steatit H. 14; B. 6; Ε. B. ca. 15 Darstellung ohne Frieseinteilung; die erhaltene Figur nimmt fast die gesamte Bildfeldhöhe ein „Symposion-Szene" (?): Erhalten ist ein Großteil der rechten Bildfeld-Hälfte; eine nach links gewandte, thronende Priesterin mit wellenförmig stilisierter Haarfrisur, die weit auf die Schultern herabfällt und von einem Wulstdiadem bekrönt wird; das Halsband besteht aus einer Anzahl von eng übereinanderliegenden Ringen; bekleidet ist die Figur mit einem mehrfach abgestuften Falbelgewand mit doppelter Kragenborte. Die linke Hand ist an die Brust gelegt, die rechte (weggebrochen) war erhoben und hielt wohl einen Becher. Die hohe Rückenlehne des Thrones ist leicht nach hinten geschrägt, die Sitzfläche läuft nach vorn hin in einen Tierkopf (?) aus. - Auf der linken, nicht erhaltenen Plattenhälfte war wohl eine thronende Gottheit dargestellt. Inschrift (füllte ursprünglich wohl die gesamte Fläche zwischen den thronenden Gestalten; erhalten sind lediglich eine Schriftkolumne in Höhe des Kopfes der Priesterin und die Rahmenlinie einer weiteren unmittelbar darunter): Zu lesen ist nur noch der Name der Göttin Ninsun, der wohl die Weihung des unbekannten Stifters (Stifterin?) galt. Das Zentral-Loch dürfte sich links von der erhobenen Hand der Priesterin, also zwischen den beiden einander gegenübersitzenden Figuren befunden haben. Zur Göttin Ninsun, zur möglichen Provenienz des Denkmals, zur Identifizierung der dargestellten Figur, zur thematischen Rekonstruktion des ehemaligen Gesamtbildes und zur kunstgeschichtlichen Einordnung des Reliefs vgl. Kapitel IV Abschnitt C 2. Gudea-/Ur IH-Zeit
Anhang
Im Folgenden gebe ich die Zusammenstellung einer Anzahl von steinernen Tierköpfen und -protomen des 3. Jahrtausends v. Chr., die einst als Weihplattenstifte oder deren Bekrönungen gedient haben könnten (vgl. Kapitel V Abschnitt C); die Reihenfolge der Fundorte entspricht der des Weihplatten-Kataloges. Einige Stücke, deren Zuweisung zu unserer Gruppe nicht gesichert erschien, sind in Form einer Anmerkung nach rechts eingerückt. Als zusätzliche Abkürzung bezeichnet Lg. die Länge bzw. die größte erhaltene Länge des jeweiligen Objekts. Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:1041) Main Level (= ED II) Baghdad, Iraq Museum OIP 60, 10. 32 f; Tf. 51 F (No. 298) Fragmentarisch erhaltene Löwenprotome mit rundem Schaftansatz Alabaster H. 6,3 Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:739) Main Level (= ED II) Baghdad, Iraq Museum OIP 60, 10. 32 f; Tf. 52 A (No. 300) Fragmentarisch erhaltene Widderprotome mit rundem Schaftansatz Alabaster H. 9,5 Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:721) Main Level (= ED II) Baghdad, Iraq Museum OIP 60, 10. 32 f; Tf. 52 Β (No. 301) Fragmentarisch erhaltener Rinderkopf, mit rückwärtiger Einlaßleere und kreisrunder Querdurchbohrung des Halses Grauer Stein H. 10,8 Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 35:609) Main Level (= ED II) Chicago, Oriental Institute Museum (A. 18056) OIP 60, 10. 32 f; Tf. 52 C. D (No. 302) Fragmentarisch erhaltener Rinderkopf (Hörner fehlen), mit Ansatz einer kreisrunden (?) Querdurchbohrung des Halses; eingeritztes Stirndreieck. Grau-grüner Stein H. 9 Vielleicht zu unserer Gruppe gehörig (bisher nicht abgebildet): Teil Agrab Schara-Tempel (Ag. 36:416) Main Level (= ED II)? Aufbewahrungsort? OIP 58, 270 „Wall nail, ending in bull's head" Maße?
216
Anhang
Tell Asmar Square Temple, Shrine I (As. 33:278) Level I (= ED II) Baghdad, Iraq Museum OIC 19, 24 ff; Abb. 26. - OIP 44, 33. 42. 74 f; Tf. 92 Α. Β (No. 155). - OIP 58, 210. - Christian, Altertumskunde, Tf. 260, 4 a.b. Rinderprotome mit kleiner, kreisrunder Querdurchbohrung des Leibes; Augen mit Muschel und Bitumen, Stirndreieck mit Perlmutter eingelegt. Kalkstein H. 6,5 (9,5?); Lg. 9 Vielleicht als Stift mit Ornamentalknauf gattungsgeschichtlich zu unserer Gruppe gehörig (bisher nicht abgebildet): Teil Asmar Square Temple, Priest's Room (As. 33:293) Level 1 (= ED II) Aufbewahrungsort? OIP 58, 180, Anm. 10 a; 209 „Broken sikkatu" Durchscheinender grüner Stein Maße?
Chafadschi Nintu-Tempel, in Altar (Kh. IX 124) Schicht VI (= ED II) Philadelphia, University Museum OIP 60, 10. 32 f; Tf. 49 f (No. 294) Protome eines Stieres mit menschlichem Gesicht (Hörner fehlen); der runde Schaftansatz ist an seinem hinteren Ende riicksprungartig verengt, mit einer rückwärtigen Einlaßleere und einer kreisrunden Querbohrung versehen. Alabaster H. 6,9; B. ca. 4,5; Lg. ca. 10,5 Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. IX 56) Schicht VI (= ED II) Philadelphia, University Museum OIP 60, 32 f; Tf. 51 Α. Β (No. 295) Fragmentarisch erhaltener Rinderkopf (Hörner und Ohren fehlen); im Hals Bohrloch. Alabaster H. 4,8 Chafadschi Nintu-Tempel (Kh. VIII 204) Schicht VII (= ED lila) Baghdad, Iraq Museum OIP 60, 32 f; Tf. 51 C (No. 296) Fragmentarisch erhaltener Rinderkopf (Hörner und Ohren fehlen); rückwärtige Bohrung? Alabaster H. 4,8
Nippur Inanna-Tempel Fundschicht? Aufbewahrungsort? ILN vom 9. 9. 1961, 410; Abb. 12. - Hansen 148 Anm. 18. - MAM III, 192 Anm. 2. Rinderkopf (Hörner fehlen) mit angearbeitetem Stift (wulstartige Verdickung hinter dem Tierhals; der Schaft verjüngt sich nach hinten und endet stumpf); auf dem Tierkopf Namens(?)beischrift. Schwarzer Stein Lg. 16,8 Nippur Inanna-Tempel Level VII (= ED II/IIIa) Aufbewahrungsort? ILN vom 9. 9. 1961, 410; Abb. 1 1 . - Archaeology 15 (1962) 80, Abb. 7 (links). Widderprotome („peg attachment") Gipsstein Lg. 8,6
Anhang
217
Nippur Inanna-Tempel Fundschicht? New York, Metropolitan Museum The Metropolitan Museum of Art. Guide to the Collection. Ancient Near Eastern Art (1966) 8, Abb. 7. Widderpro tome Weißer Stein Lg. 9,5 Kisch Chursangkalama, YwN „Red Stratum", 1 m unter „plain level" Aufbewahrungsort? Langdon, Kish IV, 46; Tf. XXXI, 6. Löwenkopf mit Wulstring hinter dem Hals Alabaster (?) Maße? Fara Grabung 1902/03 Abschnitt XIX c (F. 1869) Berlin, Staatliche Museen (VA 6785) Heinrich, Fara, 54; Tf. 24 a. Löwenprotome, am rückwärtigen Ende ein 3,8 cm tiefes, konisch zulaufendes Bohrloch von rechteckigem Querschnitt; zusätzlich kleine, kreisrunde, waagerechte Querbohrung. Weißgelber Gipsstein, mit braunen Flecken H. 4,9; B. 4,3; Lg. 6,7 Susa Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre (SB 118) MDP 13, Tf. XXXVIII, 5. - L. Le Breton, Iraq 19 (1957) 121, Abb. 44, 2. - Amiet, Elam, 176, Abb. 128. Löwenprotome mit angearbeitetem, zylinderförmigem Schaftstück; dieses hat etwa die gleiche Länge wie das Löwenvorderteil selbst, aber nur etwa den halben Durchmesser des Tierkörpers; kleine, kreisrunde Querbohrung im hinteren Schaftende. Alabaster H. 6,8; Lg. 14 Susa „Inschuschinak-Tempel" Gründungsdepot Paris, Louvre (?) MDP 7, 100; Tf. XXIII, 2. Rinderkopf (Ohren fehlen) mit kreisrundem Bohrloch in der Rückseite; dort Reste von Bitumen. Weißer Kalkstein Lg. 4 Susa Fundstelle? Fundschicht? Paris, Louvre (SB 2893) Amiet, Elam, 244, Abb. 178. Löwenkopf mit querdurchbohrtem Schaftansatz; rückwärtige Einlaßleere? Weißgrauer Marmor H. 3; Lg. 3,6 Zu unserer Denkmalsgruppe gehören möglicherweise noch einige weitere Tierköpfe aus Susa, ζ. B.: Amiet, Elam, 196 f; Abb. 144. 146. Mari Ischtarat-Tempel, Saal 4 (M. 2274) Fundschicht? Aufbewahrungsort? Parrot, Mari, Abb. 60 f. - MAM III, 192; Tf. LXXIV, Mitte und unten. Rinderkopf (rechtes Auge und Horner fehlen) mit angearbeitetem Stift (scheibenförmige Verdickung hinter dem Tierhals; der Schaft verjüngt sich nach hinten (Ende abgesplittert?) und ist mit einer kreisrunden Querbohrung versehen); linkes Auge und Stirndreieck mit Muschel eingelegt.
218
Anhang
Diorit Η. 5,8; Β. 4,8; Lg. 13,6 Mari Ischtarat-Tempel, Saal 9 (M. 2762) Fundschicht? Aufbewahrungsort? MAM III, 194; Abb. 236, rechts. 239 f. Fragment eines Rinderkopfes mit ehemals eingelegten Augen, Hörnern und Stirndreieck. Feinkörniger weißer Stein H. 4,8; B. 5,6 Mari Ninnizaza-Tempel, Hof 12 (M. 2585) Fundschicht? Aufbewahrungsort? MAM III, 193; Abb. 226, links und rechts oben. 238 Mitte. Fragment einer Rinderprotome (Kopf fehlt) mit tiefer rückwärtiger Einlaßleere von rechteckigem oder quadratischem Querschnitt. Steatit H. 6,5; B. 4; Lg. 8,5 Mari (?) „Rachete ä un marchand local" Paris, Louvre (AO 18216) MAM I, 124 f; Abb. 70; Tf. LIII, Mitte links. Fragment eines Rinderkopfes (oberer Teil des Schädels und Einlagematerial der Augen fehlen) mit kreisrunder rückwärtiger Vertiefung und Ansatz einer Querbohrung im Hals. Weißer, feinkörniger Stein H. 7,4; B. 6,5; Lg. 7,4 Weitere Tierkopf-Fragmente aus Mari, die möglicherweise zu unserer Gruppe gehören: MAM III, 193 f, Nos. M. 2440. 2717. 2718. 2726. 10090. Tello Tell K, 10 m nordöstlich der „Konstruktion des Urnansche" „Dans une crapaudine au nom d'Entemena" Paris, Louvre (AO 3281) Dec. 350 f; Tf. 6 ter, 3 a. b. - Heuzey, Catalogue, 261 f (No. 114). - Contenau, MAO II, 583 f; Abb. 388. Christian, Altertumskunde, Tf. 260, 5 a. b. - Parrot, Tello, 66 Anm. 76; 84 Anm. 141; 56 (g); Abb. 14 g; Abb. 21 a. Löwenprotome mit angearbeitetem Schaftansatz (hinteres Ende weggebrochen; rückwärtige Einlaßleere von rundem Querschnitt); Inschrift des Urnansche von Lagasch mit Weihung an den Gott Ningirsu. Durchscheinender grünlicher Onyx (Alabaster?) H. 8; B. 4,5; Lg. 10 Tello Tell K, nahe der „Konstruktion des Urnansche" „Niveau du pavement F " Paris, Louvre (AO 233) Dec. 228; Tf. 25 bis, 4. - Heuzey, Catalogue, 260 f (No. 113). - RA 4 (1898) 105, Abb. 10 a. - Parrot, Tello, 61 (7). 84 Anm. 142; Abb. 15 (7); Abb. 21 b. Löwenkopf mit runder rückwärtiger Einlaßleere und kleiner runder Querbohrung im Hals; Inschrift des Urnansche, Königs von Lagasch. Feiner Kalkstein H. 9 Tello Tell K, nahe der „Konstruktion des Urnansche" Istanbul, Antiken-Museum (?) RA 4 (1898) 105, Abb. 10 b. - Contenau, MAO II, 583, Abb. 387. Löwenkopf mit rückwärtiger Einlaßleere; Inschrift (des Urnansche?) mit Erwähnung des Langes Magan (Herkunft des Werkmaterials?). Onyx (Alabaster?) H. 9 Tello Grabung de Sarzec, 1900 Fundstelle? Fundschicht? Istanbul, Antiken-Museum (No. 458)
Anhang
219
Dec. 351 f. - Unger, SAK 80 (No. 15). - Panot, Tello, 86 Anm. 145; Abb. 21 d. Löwenkopf mit rückwärtiger Einlaßleere; Inschrift des Akurgal von Lagasch. Gipsstein H. 9; Lg. 17 Tello Grabung de Sarzec, 1900 Fundstelle? Fundschicht? Istanbul, Antiken-Museum (No. 457) Dec. 352. - Unger, SAK 80 (No. 16). - Parrot, Tello, 86 Anm. 145; Abb. 21 e. . Löwenkopf mit rückwärtiger Einlaßleere; Inschrift des Akurgal von Lagasch. Gipsstein H. 9; Lg. 17 Tello Grabung de Sarzec, 1900 „Teil des tablettes" Paris, Louvre (AO 3295) Dec. 351. LIV. - Heuzey, Catalogue, 263 (No. 115). - Panot, Tello, 86 Anm. 144. Löwenkopf (Typ wie bei Urnansche); Inschrift des Akurgal, Ensi von Lagasch, mit Weihung an den Gott Ningirsu. Alabaster H. 9; Lg. 17 Tello Tell K, nahe der „Konstruktion des Urnansche" „Niveau du pavement F " Paris, Louvre (AO 231) Dec. 228; Tf. 25 bis, 5. - Heuzey, Catalogue, 263 f (No. 116). - RA 4 (1898) 105 f; Abb. 10 c. - Contenau, MAO II, 584, Abb. 389. - Parrot, Tello, 61 Anm. 48; 84 Anm. 143; Abb. 15 (7); Abb. 21 c. Löwenkopf mit quadratischer.riickwärtiger Einlaßleere; Inschrift des Urnansche? Kalkstein H. 7 Einige weitere, ähnliche Stücke im Louvre (aus Tello?) gehören möglicherweise ebenfalls zu unserer Denkmalsgruppe: Heuzey, Catalogue, 264 (No. 116 bis). 266 f (No. 119). Uruk Abschnitt Qc/XV3 (W 3288) Im Schutt Aufbewahrungsort? UVB 1, 42; Tf. 19 a. Fragmentarisch erhaltener Löwenkopf mit Ansätzen einer doppelten Querbohrung an der Rückseite. Kalkstein H. 3,8; Lg. 3,3 Kunsthandel „Old collection, provenance unknown" London, British Museum (Β. M. 91879) Hall, Sculpture, 25; Tf. I, 1. - UE I, 54, Abb. 24. Löwenkopf (Rückseite beschädigt) mit rückwärtiger Einlaßleere von hochrechteckigem Querschnitt und mit runder Querbohrung im Hals; Reste einer Namens(?)beischrift auf Hals und Kopf („Lugal kalga(?)..."). Rötlich-gelber Marmor H. 10,6 (?); Lg. 8,8 (10,2?) Kunsthandel Herkunftsort? Paris, Louvre Cöntenau, MAO IV, 1988, Abb. 1077. Widderprotome (mit rückwärtiger Einlaßleere?) Weißer Kalkstein Maße?
Abkürzungsverzeichnis
AAS 1 - 1 5
Les Annales Archeologiques de Syrie. Damaskus
AAS 16 ff
Annales Archeologiques Arabes Syriennes. Damaskus
AGF.WA
Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft fur Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Köln/Opladen
AfO 1 - 2
Archiv für Keilschriftforschung. Berlin
AfO 3 ff
Archiv für Orientforschung. Berlin/Graz
AJ
The Antiquaries Journal. London
Amiet, Elam
P. Amiet, Elam. Auvers-sur-Oise 1966
Amiet, Glyptique
P. Amiet, La glyptique Mesopotamienne archaique. Paris 1961
AmtL Ber.
Amtliche Berichte. Berliner Museen. Berichte aus den Preußischen Kunstsammlungen. Berlin
Andrae, FK
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Andrae, WA
W. Andrae, Das wiedererstandene Assur. Leipzig 1938
AnOr
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AnOr18
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AnOr 30
A. Falkenstein, Die Inschriften Gudeas von Lagai I. Einleitung. 1966
AO
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AOS
American Oriental Series. New Haven
AOS 43
W. Hallo, Early Mesopotamian Royal Titles. 1957
Archaeology
Archaeology. Α Magazin Dealing with the Antiquity of the World. New York
ArOr
Archiv Orientälni. Prag
Ars Asiatica
Ars Asiatica. Paris/Brüssel
Aitibus Asiae
Artibus Asiae. Ascona
AS
The University of Chicago. Oriental Institute. Assyriological Studies. Chicago
BAH
Bibliotheque Archeologique et Historique. Paris
BaM
Baghdader Mitteilungen. Berlin
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BBV
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BBV 8
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BBV 10
W. Nagel, Der mesopotamische Streitwagen und seine Entwicklung im ostmediterranen Bereich. 1967
BJV
Berliner Jahrbuch für Vor- und Frühgeschichte. Berlin
Abkürzungsverzeichnis
221
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Christian, Altertumskunde
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Contenau, AO
G. Contenau, Manuel d'Archeologie Orientale. Tome I—IV. Paris 1927-1947
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Cros, NFT
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EPA
Encyclopedic Photographique de l'Art. Le Musee du Louvre. Tome I. Paris 1935
Festschrift Moortgat
s. Moortgat-Festschrift
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Die Altorientalischen Reiche I. Vom Paläolithikum bis zur Mitte des 2. Jahrtausends. Fischer Weltgeschichte Band 2. Frankfurt/M. 1965
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222
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JCS
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JNES
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Mitteilungen der Altorientalischen Gesellschaft. Leipzig
Margueron, Mesopotamien
J.-C. Margueron, Mesopotamien. Archaeologia Mundi. München/Genf/Paiis 1965
MDOG
Mitteilungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. Berlin
MDP 1 - 1 3
Delegation en Perse. Memoires. Paris
MDP 29 ff
Memoires de la mission archeologique en Iran. Mission de Susiane. Paris
Mededeelingen
Mededeelingen en Verhandelingen van het VooraziatischEgyptisch Gezelschap „Ex Oriente Lux". Leiden
Meißner, Grundzüge
B. Meißner, Grundzüge der babylonisch-assyrischen Plastik. Leipzig 1915
Meißner, Kleinplastiken
B. Meißner, Die babylonischen Kleinplastiken. Texte und Materialien der Frau Prof. Hilprecht Collection of Babylonian Antiquities. Heft IV. Leipzig 1934
Meyer, Sumerier
Ε. Meyer, Sumerier und Semiten in Babylonien. Berlin 1906
MFO
Schriften der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung. Wiesbaden
MJ
The Museum Journal. Philadelphia
Abküizungsverzeichnis
223
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Fondation Eugene Piot. Monuments et Memoires. Paris
Moorey
P. R. S. Moorey, Some Aspects of Incised Drawing and Mosaic in the Early Dynastic Period, Iraq 29 (1967) 97 ff
Moortgat, Entstehung
A. Moortgat, Die Entstehung der sumerischen Hochkultur. AO 43. 1945
Moortgat, FB
A. Moortgat, Frühe Bildkunst in Sumer. MVAeG 40 Heft 3. 1935
Moortgat-Festschrift
Vorderasiatische Archäologie. Studien und Aufsätze. Anton Moortgat zum 65. Geburtstag gewidmet von Kollegen, Freunden und Schülern. Berlin 1964
Moortgat, Geschichte
A. Moortgat, Geschichte Vorderasiens bis zum Hellenismus, in: A. Scharff/A. Moortgat, Ägypten und Vorderasien im Altertum, 193 ff. München 1950
Moortgat, KAM
A. Moortgat, Die Kunst des Alten Mesopotamien. Die klassische Kunst Vorderasiens. Köln 1967
Moortgat, Malerei
A. Moortgat, Alt-Vorderasiatische Malerei. Berlin 1959
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A. Moortgat, Tammuz. Der Unsterblichkeitsglaube in der altorientalischen Bildkunst. Berlin 1949
Moortgat, VR
A. Moortgat, Vorderasiatische Rollsiegel. Ein Beitrag zur Geschichte der Steinschneidekunst. Berlin 1940
MVAeG
Mitteilungen der Vorderasiatisch-Aegyptischen Gesellschaft. Leipzig
Nissen
H. J. Nissen, Zur Datierung des Königsfriedhofs von Ur. Bonn 1966
OIC
The Oriental Institute of the University of Chicago. Oriental Institute Communications. Chicago
OIP
The University of Chicago. Oriental Institute Publications. Chicago
OIP 22
Η. H. von der Osten, Ancient Oriental Seals in the Collection of Mr. Edward T. Newell. 1934
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P. Delougaz/Th. Jacobsen, The Temple Oval at Khafajah. 1940
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P. Delougaz/S. Lloyd, Pre-Sargonid Temples in the Diyala Region. 1942
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OLZ
Orientalistische Literaturzeitung. Leipzig/Berlin
Opificius, Terrakottarelief
R. Opificius, Das altbabylonische Terrakottarelief. ZA Erg.b. 2. 1961
Orientalia
Orientalia. Rom
Parrot, Mali
A. Parrot, Mari. Ein „Terra magica"-Bildband. München 1953
Parrot, Sumer
A. Parrot, Sumer. Die mesopotamische Kunst von den Anfängen bis zum XII. vorchristlichen Jahrhundert. Universum der Kunst. München 1960
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Pezard/Pottier
M. Pezard/E. Pottier, Les antiquites de la Susiane (Mission J. de Morgan). Musee du Louvre. Paris 1913
224
Abkürzungsverzeichnis
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E. Porada, Alt-Iran. Die Kunst in vorislamischer Zeit. Kunst der Welt. Die außereuropäischen Kulturen. Baden-Baden 1962
Porada, Corpus I
E. Porada, The Collection of the Pierpont Morgan Library. Corpus of Ancient Near Eastern Seals in North American Collections Vol. I. The Bollingen Series XIV. Washington 1948
Pritchard, ANEP
J. B. Pritchard, The Ancient Near East in Pictures Relating to the Old Testament. Princeton, New Jersey 1954
RA
Revue d'Assyriologie et d'Archeologie Orientale. Paris
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XV e Rencontre Assyriologique Internationale. La Civilisation de Mari. Bibliotheque de la Faculte de Philosophie et Lettres de l'Universite de Liege, Fase. CLXXXII. Paris 1967
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E. Ebeling/B. Meißner, Reallexikon der Assyriologie. Leipzig/ Berlin
RLV
M. Ebert, Reallexikon der Vorgeschichte. Berlin
SAOC
The Oriental Institute of the University of Chicago. Studies in Ancient Oriental Civilization. Chicago
Schäfer/Andrae
H. Schäfer/W. Andrae, Die Kunst des Alten Orients. Propyläen Kunstgeschichte Band II. Berlin 1925
Schätze aus dem Iraq
Schätze aus dem Iraq von der Frühzeit bis zum Islam. Ausstellungskatalog. Köln 1964
Sumer
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Syria
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Thureau-Dangin, SAK
F. Thureau-Dangin, Die sumerischen und akkadischen Königsinschriften. VAB I. Leipzig 1907
UE
Ur Excavations. Publications of the Joint Expedition of the British Museum and of the Museum of the University of Pennsylvania to Mesopotamia. London/Philadelphia
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C. L. Woolley, The Royal Cemetery (Text und Tafeln). 1934
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L. Legrain, Archaic Seal Impressions. 1936
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UEX
L. Legrain, Seal Cylinders. 1951
UET
Ur Excavations. Texts. Publications of the Joint Expedition of the British Museum and of the Museum of the University of Pennsylvania to Mesopotamia. London/Philadelphia
UETI
C. J. Gadd/L. Legrain, Royal Inscriptions (Text und Tafeln). 1928
Unger, SAK
Ε. Unger, Sumerische und Akkadische Kunst. Breslau 1926
UVB 1 - 6
Vorläufiger Bericht über die von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft in Uruk unternommenen Ausgrabungen. Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse. Berlin
UVB 7 - 1 1
Vorläufiger Bericht über die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Uruk-Warka unternommenen Ausgrabungen. Abhandlungen der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-hist. Klasse. Berlin
UVB 12 ff
Vorläufiger Bericht über die von dem Deutschen Archäologischen Institut und der Deutschen Orient-Gesellschaft aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft unternommenen Ausgrabungen in Uruk-Warka. Abhandlungen der Deutschen Orient-Gesellschaft. Berlin
VAB
Vorderasiatische Bibliothek. Leipzig
VR
s. Moortgat, VR
WVDOG
Wissenschaftliche Veröffentlichung der Deutschen OrientGesellschaft. Leipzig/Berlin
WVDOG39
W. Andrae, Die archaischen Ischtar-Tempel in Assur. 1922
Abkürzungsveizeichnis
225
WVDOG 58
W. Andrae, Die jüngeren Ischtar-Tempel in Assur. 1935
WVDOG66
C. Preußer, Die Paläste in Assur. 1955
ZA 1 - 4 4
Zeitschrift für Assyriologie und verwandte Gebiete. Leipzig/ Berlin/W eimar/Straßburg
ZA 45 ff
Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie. Leipzig/Berlin
ZA Erg.b.
Untersuchungen zur Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. Ergänzungsbände zur Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie Neue Folge. Berlin
ZA NF
ZA Neue Folge (ZA 35 ff = ZA NF 1 ff)
Zervos
Ch. Zervos, L'Art de la Mesopotamie de la fin du quatrieme Millenaire au XV e Siecle avant notre ere. Basel/Leipzig 1935
Anmerkung zur Zeittabelle: Die Angaben von absoluten Jahreszahlen in unserer Zeittabelle am Schluß des Abbildungsteiles (Mesopotamien im 3. Jahrtausend) beruhen auf vorsichtiger Schätzung und sind lediglich als ungefähre Anhaltspunkte zu werten, da sich auch heute noch keine exakte, bis auf das Jahrzehnt gesicherte, absolute Chronologie des 3. vorchristlichen Jahrtausends entwerfen läßt. Die hier angeführten Daten für die zeitliche Dauer der Dynastien des Urnansche von Lagasch (ca. 2520-2400 v. Chr.), des Sargon von Akkad (ca. 2350-2200 v. Chr.) und des Urnammu von Ur (ca. 2100-2000 v. Chr.) entsprechen jedoch weitgehend sowohl den Vorschlägen A. Moortgat's (Moortgat, Geschichte, 490, Zeittafel), der die sogenannte „Kurzchronologie" vertritt (Hammurabi = 1728-1686 ν. Chr.), als auch den Zeittafeln bei D. O. Edzard und J. Bottero (Fischer-Weltgeschichte 60. 92. 130), deren Berechnungen auf Grund der sogenannten „mittleren Chronologie" erfolgten (Hammurabi = 1792-1750 ν. Chr.; vgl. dazu A. Falkenstein, Fischer-Weltgeschichte, 20). Annähernd die gleichen Zeitangaben für die hier behandelten Perioden des 3. Jahrtausends v. Chr. finden sich bei B. Buchanan, Catalogue of Ancient Near Eastern Seals in the Ashmolean Museum, Vol. I (Cylinder Seals), Oxford 1966, XXIII. 3. 21. 51. 71 sowie bei Μ. Β. Rowton, Ancient Western Asia, CAH Vol I., Chapter VI, Fasc. 4 (1962), Chronology II, 23 ff. 48 ff. Beide Autoren benutzen ferner den Terminus „Old Sumerian Period" für den Zeitraum zwischen der sumerischen Frühgeschichte („Proto-historic Period") und der Epoche des akkadischen Großreiches („Akkadian Period" bzw. „Sargonic Period"), der weitgehend dem von mir verwandten Begriff „altsumerisch " entspricht (vgl. dazu auch S. 4, Anm. 5a), wobei B. Buchanan (o.e. 21) die Spanne „Early Dynastie I " (« ED I, entspricht etwa unserer „1. Übergangszeit") wenigstens teilweise, nämlich auf dem Gebiet der Glyptik, in die „altsumerische Periode" einbezieht, während Μ. B. Rowton (o.e. 50 ff. 56 ff) die ED I-Zeit der Frühgeschichte zuschlägt und seine „Old Sumerian Period" erst mit ED II beginnen läßt. Man vergleiche ferner die bei Rowton (o. c. 50 ff. 64 f f ) vertretene Rekonstruktion der altsumerischen Geschichte mit den Ergebnissen unserer Diskussion der Ur I-zeitlichen Chronologie auf S. 57 ff. Die sumerischen und akkadischen Eigennamen sind in unserer Zeittabelle, wie auch in Text und Anmerkungen, durchweg in deutscher Laut-Umschrift wiedergegeben (desgleichen auch die Inschrift-Transskriptionen), die natürlich nur approximativ den antiken Klang oder Lautwert trifft. In manchen Fällen ist die Lesung ohnehin umstritten; Inkonsequenzen sind kaum zu vermeiden. Hinweise auf die exakten, von Philologen erarbeiteten Umschriften finden sich in den jeweiligen Anmerkungen zum Text!
Register Götternamen Abu s. Tell Asmar, „Abu-Tempel" Alia 74 Anm., 89 Baba ( - Bau) 103, 132, 134, 204 Bau (» Baba) 1 0 3 , 1 3 2 , 134, 204, 206 Bel(= En Iii) s. Nippur, „Bel-Tempel" Dag an s. Mali, Dagan-Tempel Damgalnunna 179 Enlil (= Bei) 80, 2 0 4 , 2 1 4 Gal 95 Anm. Gilgamesch 39 Anm., 85 Anm., 137 Inanna 60 Anm., 8 3 , 1 2 7 , 129 (s. a. Ischtar u. Nippur, Inanna-Tempel) Inschuschinak s. Susa, „Inschuschinak-Tempel" Ischtar 117, 127, 129,139, 208 (s. a. Inannau. Assur, Ischtai-Tempel bzw. Mari, Ischtar-Tempel) Ischtarat 117, 195 (s. a. Mari, Ischtarat-Tempel) Nannar 79, 80 Anm., 103 Anm., 134 f., 137 (s. a. Ur, Nannar-Tempel) Nansche 198 f. (s. a. Lagasch, Nansche-Tempel) Ninchursag 63 Anm., 64, 71, 201 (s. a. El-Obed, Ninchursag-Tempel u. Mari, Ninchursag-Tempel bzw. Susa, Ninchursag-Tempel)
Nin.EZEN+LA (= Nin-ezen-la(? )) 126 Anm., 130, 208 Ningal 103 Anm., 135, 137 (s. a. Ur, Ningal-Tempel) Ningirsu 28 Anm., 63 Anm., 70 f., 73, 76, 82 Anm., 1 0 3 , 1 1 1 Anm., 132, 1 3 4 , 1 3 8 Anm., 156, 196 ff., 202, 204 f., 218 f. (s. a. Lagasch, Ningirsu-Tempel) „Ningirsu von Eninnu" 202 Ningischzidda 134, 203, 206 (s. a. Tello, NingischziddaTempel) Ninmu 184 NINNI-EDIN 80, 185 Ninni-zaza 117 (s. a. Mari, Ninni-zaza-Tempel) Ninnu 214 (s. a. Enlil) Ninschubur 96, 214 Ninsun 137 ff., 214 NINTU (= Nintu ( - x ) ) 88, 179 (s. a. Chafadschi, Nintu-Tempel)
Schamasch s. Mari, Schamasch-Tempel Schara s. Teil Agrab, Schara-Tempel Sin s. Chafadschi, Sin-Tempel
Tammuz 1 3 , 9 9 , 1 3 2 Tischpak 87
Uschumgal 70 Anm.
Personennamen Aannipadda, König von Ur 56 Anm., 59, 61 ff., 66 Anm., 78, 9 4 , 1 5 4 , ZeittabeUe Abisare, Königvon Laisa 138 Adad-nadin-ache, König von Assur 205 Akurgal, Ensi von Lagasch 60 f., 63, 65, 66 Anm., 70, 198 f., 201, 219, Zeittabelle A l . . . (che-ag), Stifter einer Weihplatte 190 Ama-abzuda(? ), Vater des Ekua(? ) 179 Amarsin (= Bursin), Königvon Ur 1 2 1 , 1 2 8 , 139, 208, Zeittabelle AN.BU (= (G)ansud) 94 Anm. AN .SUD (« (G)ansud) 94 Anm. Ansud (* (G)ansud) 95 f., Zeittabelle Assurnasirpal II., König von Assur 143 Anm.
Balulu, König von Ur 59 ff. Bursin (= Amarsin) 139, 208
DINGIR. SUD (= (G)ansud) 94 Anm. Diutu (=· Salach) 120 Dudu, König von Akkad 75 Anm., 131, Zeittabelle Dudu, Oberpriester des Ningirsu 50 Anm., 52, 72, 74 ff., 1 0 0 , 1 0 1 Anm., 139 Anm., 1 4 4 , 1 4 8 Anm., 156 f., 202 Dudu, Schreiber 75 Dudu, Staatsbeamter 75
Eannatum, Ensi von Lagasch 39 Anm., 59 ff., 66 Anm., 68, 69 Anm., 70 ff., 76, 78 ff., 85, 88, 90, 94 ff., 142 Anm., 201, 203, Zeittabelle Ebara-abzu, Gattin des Urnansche 198 Ebich-il, Stifter einer Weihstatuette 57 Anm. Ekua ( ? ) , Stifter einer Weihplatte 179 Elili (na) (= Elulu) 95 Anm. Elulu (= Elili(na)), König von Ur 60 f., 95, Zeittabelle
Register Enannatum I., Ensi von Lagasch 59 ff., 63 Anm., 65, 66 Anm., 71 ff., 76 f., 201 f., Zeittabelle Enannatum II., Ensi von Lagasch 60 f., 72 f., 76, 201, Zeittabelle Enannatuma, Gottesbraut des Nannar 137 Encheduanna, Tochter des Sargon 79 Anm., 137, 138 Anm. Ene(n)tarzi, Ensi von Lagasch 72, 73 Anm., 76 Enmenanna, Tochter des Naramsin 126 Anm. Enschakuschanna, König von Ur/Uruk 60 Entemena, Ensi von Lagasch 52, 58 ff., 64 f., 66 Anm., 68 f., 71 ff., 80, 82 Anm., 83,94 ff., 111, 120,124 Anm., 144 Anm., 148,156, 201, 218, Zeittabelle (G)ansud (» Ansud etc.), König von Mari 94 f. Gilamesch, (mythischer) König von Uruk 39 Anm. 85 Anm., 137 Gischakidu, Ensi von Umma 60 Gudea, Ensi von Lagasch 53 Anm., 101 Anm., 120 ff., 125, 131 ff., 142, 154 Anm., 156 f., 203 f., 206, Zeittabelle Gunidu, Vater des Urnansche 67, 196 ff. Gursar, Großvater des Urnansche 59, 67, 198
227
Manischtusu, König von Akkad 49, 66 Anm., 128, Zeittabelle Mesannipadda, König von Ur 56 Anm., 58 ff., 62 Anm., 63, 65, 66 Anm., 88 Anm., 94 ff., Zeittabelle. Mesilim, König von Kisch 9, 19, 25, 41, 54 f., 57, 104, Zeittabelle Meskalamdug, König von Ur 62 Anm., 66 Anm., 6 7 , 9 3 , 9 5 Anm., Zeittabelle Meskiagnunna, König von Ur 61 Muatigubisin (« Scharatigubisin) 130 Vluninnikurta, Sohn des Urnansche 199 Nabi-x-masch, Ensi von Tutu(b) 203 Nabium, Sohn des Ititi 128 Nabonid, König von Babylon 126 Anm. Nadeum (= Nabium) 128 Naneum (= Nabium) 128 Naramsin, König von Akkad 53 Anm., 122, 126 ff., 130,131 Anm., 141, 148 Anm., 202 f., Zeittabelle . . . ni, König von Mari 95 Anm. Nigdupae, Schreiber 129 f., 208 Ninbanda (= Nintumin) 65 Ninturnin (= Ninbanda), Gemahlin des Mesannipadda 65, 95 Anm.
Hammurabi, König von Babylon 60, 225 Ibbisin, König von Ur, Zeittabelle IbluHl, König von Mali 56 Idi-narum, Stifter einer Weihstatuette 57 Anm. n-bu (= (G)ansud) 94 Anm. Ili-scher (» (G)ansud) 94 Anm. Il-schu (= (G)ansud) 94 Anm. Il-su (= (G)ansud) 94 Anm. Ininlaba, Vater des Ensi (? ) Ititi 127, 208 Ischpum, Statthalter des Manischtusu in Susa 49 Ischt(up-ilum), „Palastaufseher" (?) 126 Anm. Ititi, Ensi (? ) 127 f., 131,208 Ititi, Vater des Nabium 128 Ititi, Vater eines Siegelbesitzers 128,131 Itur-Schamagan, König von Mari 56 Kutik-Inschuschinak (= Puzur-Inschuschinak) 53 Anm. Lamgi-Mari, König von Mari 68, 8 9 , 9 5 Anm. . . . Ii, Groß-Kaufmann 195 Lidda, Tochter des Urnansche 19 8 Lipitischtar, König von Isin 138 Lipuschjaum, Enkelin des Naramsin 203 Lugalanda, Ensi von Lagasch 4 Anm., 56 Anm., 62, 65, 66 Anm., 76, 80, 88 Anm., 94 ff., Zeittabelle Lugaldalu, König von Adäb 56 f., 61 Anm., Zeittabelle Lugalezen, Sohn des Urnansche 66 Anm., 199 Lugalkiginnedudu, König von Ur/Uruk 58 ff., 76, 80, Zeittabelle Lugalkisalsi, König von Ur/Uruk 62 Anm., 66 Anm., 82 Anm. Lugalzaggesi, König von Umma/Uruk 59, 75, 77, 95 f., Zeittabelle Lumma, Steinschneider 113 f., 184 Lupad, Stifter einer Statue 120
Puabi (= Schubad) 95 Anm. Puzur-Inschuschinak (= Kutik-Inschuschinak), Ensi von Susa 53, 122, 130 f., 137 Anm., 154 Anm., Zeittabelle Rimsin, König von Larsa 60 Rimusch, König von Akkad 18 f., 66 Anm., 128, Zeittabelle Salach (= Diutu, Sa-ud), Enkel des Lugalkisalsi 120 Sargon, König von Akkad 4 Anm., 54, 59 Anm., 60, 66 Anjn., 77, 79 Anm., 95 f., 119, 121, 124,128, 137, 225, Zeittabelle Sa-ud (= Salach) 120 Scharatigubisin (= Muatigubisin), König (von Umma ? ) 130 f., 208 Schar-ili, Siegelbesitzer 188 Scharkalischarri, König von Akkad 122,130 ff., Zeittabelle Schubad (= Puabi), Königin von Ur 95 Anm. Schudurul (= Schunaran), König von Akkad 121, 130 Anm., 131 Anm., 132, Zeittabelle Schulgi, Kömg von U r 6 0 , 1 2 8 , 135 Anm., 137 Anm., 153 Anm., 183, Zeittabeüe. Schunaran (= Schudurul) 121, 132 Schusin, König von Ur 128, 139 Anm., Zeittabelle Tukulti-Ninurta I., König von Assur 208 Urbaba (= Ur-Bau), Ensi von Lagasch 120 f., 132, Zeittabelle Ur-Bau (= Urbaba) 120 f., 132, 138 Ur(du)ablilla-ninnu (?), Stifter einer Weihplatte 214 Ur-Enlil, Ensi von Nippur 80 Ur-Enlil, Groß-Kaufmann 80, 185 Urgischar, Vater des Nigdupae 208 Ur-kisalla, Stifter einer Statuette 68 Anm.
228
Register
Urnammu, König von Ur 103 Anm., 130, 134 f., 137 Anm., 138 Anm., 146 Anm., 225, Zeittabelle Urnansche, König von Lagasch 4 Anm., 39 Anm., 50, 55 f., 59, 61 ff., 74 ff., 81 ff., 86, 89 f., 94, 95 Anm., 96, 100,111, 112 Anm., 139, 142, 148 Anm., 196 ff., 201, 213, 218 f., 225, Zeittabelle Urningirsu, Ensi von Lagasch 132 Anm., Zeittabelle Ur-Ninsun, Ensi von Lagasch 137 Anm.
Urukagina, König von Lagasch 59, 65, 66 Anm., 73, 96, Zeittabelle Usch, Ensi von Umma 60 Utuchengal, König von Uruk 130, 132 Zaiiqum, Statthalter des Amarsin in Assur („Ensi von Susa"? ) 127 f., 139,148 Anm., 208, Zeittabelle Zimrilim, König von Mari 140
Herrscherdynastien Dynastie des (G)ansud (= (I.) Dynastie von Mari) 94 f. Gudea (= II. Dynastie von Lagasch) 53 Anm. Mesannipadda (= I. Dynastie von Ur) 58 f., 61, 94 Sargon (= Dynastie von Akkad) 119, 121, 225 Urnammu (= ΙΠ. Dynastie von Ur) 225 Urnansche (= I. Dynastie von Lagasch) 66 Anm., 75, 77, 81, 225 Dynastie von Akkad (s. a. Sargon) 55, 119,126, 132 I. Dynastie von Babylon 147 Dynastie der Gutäer (= Guti) 121, 130,131 Anm.
(I.) Dynastie von Isin 55, 122,138 I. Dynastie von Lagasch (= Lagasch I, s. a. Urnansche) 58, 66 Anm., 88 Anm. II. Dynastie von Lagasch (s. a. Gudea) 53 Dynastie von Larsa 55 (I.) Dynastie von Mari (s. a. (G)ansud) 95 f. I. Dynastie von Ur (= Ur I, s. a. Mesannipadda) 27, 54,56, 58 ff., 64, 66 Anm., 72,78, 80, 83, 86, 88, 104 II. Dynastie von Ur 59, 66 Anm. III. Dynastie von Ur (= Ur III, s. a. Urnammu) 26, 53 Anm., 121 f., 128, 130,138 f., 164 IV. Dynastie von Uruk 131
Topographie (Landschaften, Flüsse, Städte und Bauten)
Adab (= Bismaya) 19, 56 f., 69, 85 f., 143, 167, 207, Übersichtskarte, Zeittabelle E-sar (Tempel) 19 „Tempel" 207 Agrab s. Teil Agrab Akkad 4 Anm., 54 f., 59 Anm., 66 Anm., 95, 119, 131 f., 203, 225, Zeittabelle Aqr Quf (= Dur-Kurigalzu) 146 Anm. Armanum 202 Arslan-Tash 140 Anm. Asmar s. Teil Asmar Assur (= Qalaat Schergat) 55 ff., 82 Anm., 103 f., 114 Anm., 127f„ 131, 139 f., 141 Anm., 167, 207 f., Übersichtskarte, Zeittabelle. Isühtar-Tempel 103 (Jüngere"), 104 („archaische"), 128 f., 139, 207 f.
Sin-Tempel 7 , 1 0 , 1 9 , 24,42, 52 Anm., 89 Anm., 103, 106 ff., 113, 159,167, 174 ff., 184, 209 ff. Stadtmauer 20 f. Temple Oval 10, 15, 68, 104 ff., 112, 142 167, 172 ff., 182 Chuera s. Teil Chuera Chursangkalama(= Inghara, s. a. Kisch) 167,186 f., 217
Babylon 55 Bismaya (= Adab) 57, 85,167 Brak s. Teil Brak
Diyala 33, 47, Übersichtskarte Diyala-Gebiet 1, 7 ff., 10 Anm., 11,17 ff., 21, 24, 26, 33 Anm., 45 ff., 55,57 Anm., 69 Anm., 85 f., 88 ff., 93 Anm., 9 6 , 1 0 1 , 1 0 3 f., 106 Anm., 107, 112,115, 143,145 ff., 153,157, 158 Anm., 159, 162 Anm., 166 f., 183, 189,193, 210 Djemdet Nasr 55 Djocha (= Umma) 129,167 Dur-Kurigalzu (= Aqr Quf) 146 Anm. (kassitische) Zikurrat 146 Anm.
Chafadschi 7 ff., 15 ff., 19 ff., 24, 26, 3 2 , 4 2 , 4 9 , 52 Anm., 68, 86, 88 ff., 97,102 Anm., 103 f., 105 Anm., 106 f., 108 Anm., 109,111 ff., 142, 143 Anm., 152 Anm., 155 Anm., 158,159 Anm., 166 f., 172 ff., 184,190, 209 ff., 216, Übersichtskarte „Häuser" („house levels") 10, 88, 143 Anm., 167, 174, 179 f. Nintu-Tempel 8, 10, 15 Anm., 88 f., 103,107 ff., 112,113 Anm., 152 Anm., 167, 177 ff., 216
E l a m l 8 , 33, 39 Anm., 45 El-Hibba 67, 70 f., 198 El-Obed 27 Anm., 28 Anm., 30 Anm., 62 ff., 116, 154 f. (Ninchursag-) Tempel (des Aannipadda) 62 ff., 116, 154 Eridu 143 (frühdynastischer) Palast 143 Eschnunna (= Teil Asmar) 87, 143, 167 Privathäuser 143 Euphrat 18,95, Übersichtskarte
Register Faia (= Schuiuppak) 1, 10, 21 Anm., 23 Anm., 24, 26, 30 Anm., 40 Anm., 41, 43 Anm., 44, 52 Anm., 55, 115 Anm., 143, 155 Anm., 167, 182, 186 ff., 210, 217, Übersichtskarte Gasur (= Yorgan Tepe, s. a. Nuzi) 127 , 208 Girsu (= Tello) 57, 69 f., 9 8 , 1 3 3 f., 167, 197, 204 Hariri s. Tell Hariri Hibba s. El-Hibba Ibrahim s. Tell Ibrahim Indus 18 Indus-Tal 18 Inghara(= Chursangkalama) 167 Isin 55, 122,138 Kisch (= Uchaimir) 1, 7, 9 ff., 22 Anm., 28, 30 Anm., 31 Anm., 41, 54, 57 f., 60, 93 Anm., 106,114 Anm., 115 Anm., 119,142 f., 145, 167, 186 f., 206, 217, Übersichtskarte, Zeittabelle (frühdynastischer) Palast 93 Anm., 106,142 f., 145 Rutha (= Teil Ibrahim) 7, 29, 31 f., 50, 83 Anm., 167, 206, Übersichtskarte Lagasch 4 Anm., 27, 39 Anm., 50, 52,54, 56 ff., 64 ff., 70 ff., 75 ff., 80 f., 85 f., 88,90, 94 ff., 98, 121,125,131 ff., 137 f., 142,156, 196 ff., 201 ff., 218 f., 225, Zeittabelle „Eninnu" (Tempel) 202 (E-)Tirasch (Tempel? ) 66, 142 Anm., 196 Nansche-Tempel 198 f. Ningirsu-Tempel 72, 7 5 , 7 7 , 1 9 8 f. Larsa 17, 55,138, 143 Anm. Magan 218 Mari (= Tell Hariri) 17 f., 30 Anm., 38 Anm., 52 Anm., 56 f., 61, 63 Anm., 64 Anm., 68 f., 82,85, 87, 89 ff., 104, 114 Anm., 117, 127,139 f., 141 Anm., 142, 143 Anm., 146 ff., 152 Anm., 157 f., 167, 181,188, 194 ff., 200, 217 f., Übersichtskarte, Zeittabelle Dagan-Tempel 9 0 , 1 4 7 Doppeltempel der Ninni-zaza und Ischtarat 117 (s. a. Ninni-zaza-Tempel bzw. Ischtarat-Tempel) Ischtar-Tempel 57 Anm., 63 Anm., 89 f., 95,104, 117,194 Ischtarat-Tempel 90, 117, 195, 217 f. Ninchursag-Tempel 90,147, 200 Ninni-zaza-Tempel 63 Anm., 87, 90, 117, 218 „Palais pr&argonique" (= frühdynastischer Palast) 90,95, 195 f. frühdynastischer (altsumerischer) Palast (« „Palais prisargonique") 92 ff., 96 (neusumerisch/)altbabylonischer Palast (= ZimrilimPalast) 9 0 , 1 4 0 , 1 4 3 Anm., 149,157 f. Schamasch-Tempel 9 0 , 1 4 7 Zimrilim-Palast (= altbabylonischer Palast) 140 Muqqaiyar (= Ur) 167 Nawar 128 Nimrud 143 Anm. Thronsaal des Assurnasirpal Π. 143 Anm.
229
Nippur (= Nuffar) 1, 3, 7 ff., 15,19, 22, 24 ff., 31 f., 36, 40 f., 43 Anm., 44 f., 49, 69, 80 ff., 93 Anm., 97, 102 Anm., 103,108 Anm., 113 ff., 122 f., 125, 128, 129 Anm., 143,145 ff., 150, 152 Anm., 153, 155, 157 ff., 162 Anm., 167,171, 176, 181 ff., 188 f., 200, 213 f., 216 f., Übersichtskarte ,3el-Tempel" 185 Inanna-Tempel 15, 26, 40,103, 113 f., 129, 152 Anm., 181 ff., 188, 216 f. Nord-Tempel 184 parthischer Tempel 185 Nuffar (= Nippur) 167 Nuzi (= Yorgan Tepe, s. a. Gasur) 127 f. Obed s. El-Obed Persischer Golf 18 Pir Hüsseyin 128 Qalaat Schergat (= Assur) 167 Sagpakabdu (= Sag-rig) 130,208 Sag-rig (= Sagpakabdu) 130 Samarra 128 Schuruppak (= Fara) 55,167 Sippar 119 Sumer 18, 47 Susa 1, 3,10 ff., 17, 21 Anm., 22 Anm., 23 Anm., 27, 31 ff., 37 ff., 49 ff., 74 Anm., 81, 92,114 Anm., 119,122, 128,130 f., 137 Anm., 138 Anm., 139 Anm., 151,152 Anm., 153 Anm., 154 Anm., 163, 167, 188, 190 ff., 199, 217, Übersichtskarte, Zeittabelle „Inschuschinak-Tempel" 217 „nicropole" (Nekropole) 34,192 „Ninchursag-Tempel" 3 4 , 4 6 , 1 9 3 f. Susiana 34,49
Teil Agrab 8 ff., 19 f., 21 Anm., 22 Anm., 38, 44, 4 9 , 8 6 , 102 f., 108, 155 Anm., 167 ff., 177, 181,186, 215, Übersichtskarte Schara-Tempel 86,102 f., 168 ff., 177, 215 Teil Asmar (= Eschounna) 7 ff., 15 f., 19 ff., 23 Anm., 25 f., 32,40 Anm., 42, 49, 86 f., 89,102 ff., 105 Anm., 106,141 Anm., 142, 158, 167,170 f., 174,182, 188, 216, Übersichtskarte „Abu-Tempel" 86, 102,170 f. „Archaic Shrine" (s. a. „Abu-Tempel") 7 f., 171 „Single Shrine" (s. a. „Abu-Tempel") 86, 89,102, 158 Anm., 170 f. „SquareTemple" (s. a. „Abu-Tempel") 1 5 , 4 0 Anm., 86, 141 Anm., 170 f., 174, 182, 216 Teil Brak 27 Teil Chuera 49, 114 Anm., 143 Anm. „Häuser" 143 Anm. Tell Hariri (= Mari) 167 Teil Ibrahim (= Kutha) 167 Tello (= Girsu) 1, 9, 16, 28, 30 Anm., 37 Anm., 38, 41, 47 Anm., 50 Anm., 52 Anm., 57 f., 62, 63 Anm., 64 ff., 72, 74 f., 77 f., 82, 87, 89 f., 93 Anm., 94 ff., 98, 119 f., 125, 127 f., 133 ff., 139 Anm., 141, 144, 147 f., 152 Anm., 155 Anm.,
230
Register
162 Anm., 167, 186, 196 ff., 212 f., 218 f., Übersichtskarte „Construction d'Urnanshe" („Konstruktion des Urnansche") 197, 218 f. „Massiv des Entemena" 74, 201 Mauer des Adad-nadin-ache (s. a. „Palast") 205 Ningischzidda-Tempel 203 C a l a i s " („Palast") 197 („hellenistischer P."), 204 f. „Schacht des E a n n a t u m " 203 „Teil des tablettes" 200, 202 f., 219 Tell J 199 Tell Κ 7 4 , 1 9 7 ff., 201 f., 218 f. Teil Uqair 26, 97 Anm. Djemdet Nasr-zeitliches Heiligtum 97 Anm. Tigris 33, Übersichtskarte Tschogha Zambil 3 3 , 1 5 1 Tutu(b) 126, 203 Uchaimir (= Kisch) 167 Umma (= Djocha) 16 f., 58, 60, 80 Anm., 9 5 , 1 2 5 , 129 ff., 1 3 6 , 1 3 8 , 1 6 7 , 208, Übersichtskarte, Zeittabelle Uqair s. Teil Uqair Ur (= Muqqaiyar) 1, 1 0 , 1 9 , 23 f., 26 ff., 30 Anm., 31, 37, 38 Anm., 40 Anm., 5 0 , 5 2 Anm., 54 ff., 66 Anm., 67 ff., 71 f., 76, 77 Anm., 78 ff., 84 Anm., 85, 8 8 , 9 1 Anm., 93 ff., 106, 1 0 8 , 1 1 2 Anm., 113, 114 Anm., 116, 121 f., 123 Anm., 124 Anm., 1 2 5 , 1 2 6 Anm., 128, 134, 137 f., 142 Anm., 143,
146 Anm., 153 Anm., 154, 158, 167, 189 ff., 1 9 9 , 2 0 8 , 225, Übersichtskarte, Zeittabelle „Gigparku" 78, 8 0 , 1 3 7 , 1 8 9 f. „Königsfriedhof" (s. a. „Königsgräber") 37, 38 Anm., 56 Anm., 62 ff., 66 Anm., 68, 79, 81, 83, 88, 93 f., 95 Anm., 112 Anm., 113,116, 143, 154, 189 „Königsgräber" (= „Königsgrüfte", s. a. „Königsf r i e d h o f ' ) 50, 56, 59, 62, 78, 86, 94, 95 Anm. „Larsa-Stadt" 143 Anm. Nabonid-Palast 126 Anm. Nannar-Tempel 7 9 Ningal-Tempel im „Gigparku" 189 Zikurrat des Urnammu 146 Anm. Urkisch 128 URU+A 156 Uruk (= Warka) 22 Anm., 26 ff., 30 f., 32 Anm., 43 Anm., 55, 58 ff., 69, 76, 80 Anm., 84 f., 95, 1 3 0 , 1 3 2 , 137 Anm., 143, 146 Anm., 155 Anm., 167, 207, 219, Übersichtskarte, Zeittabelle Eanna 84, 207 Stadtmauer 85 Anm. Stampflehm-Gebäude 84 Anm. „Weißer Tempel" 27 Anm. Zikurrat des Urnammu 146 Anm. Warka (= Uruk) 167 Yorgan Tepe (= G a s u r b z w . Nuzi) 127
Weihplatten (Die Seitenzahlen beziehen sich auf jede Erwähnung der Denkmäler im Text und im Katalog, kursive Zahlen bedeuten eine ausführlichere Besprechung der Einzelstücke; zu den Sigeln s. a. 167) CA 1 10, 47 Anm., 113 f., 180, Tf. XIV, 1
AD 1 30 Anm., 31 Anm., 69, 85 f., 87, 207, 213, Tf. XXXIV, 2
CA 2 10, 47 Anm., 115, 1 4 2 , 1 8 0 , 181, Tf. XIV, 2
AG 1 10 ff., 21 Anm., 46 Anm., 47 Anm., 49, 108, 110 Anm., 168, 177, 180, 183, 186, 193 Tf. I, 1
CA 4
AG 2 10, 13 Anm., 15 Anm., 47 Anm., 74 Anm., 168, 172, 174, 177, 181, 189, 210, Tf. I, 2 AG 3 10, 1 1 5 , 1 6 9 , 181, Tf. II, 1 AG 4 10, 47, 84, 1 1 5 , 1 6 9 , 181, Tf. II, 2 AG 5 1 0 , 1 6 9 , 189, Tf. II, 3 AR 1 35 Anm., 9 6 , 1 2 7 f . , 131, 148 Anm., 207, Tf. XXXV, 1 AR 2 35 Anm., 96, 121, 127 f., 139 f., 148 Anm., 149 Anm., 208, Tf. XXXV, 2 AS 1 AS 2 AS 3
AS 4 AS 5
15 f f , 19, 21 f f , 25 f., 32, 35 Anm., 4 5 , 1 7 0 , 179, 181, Tf. III, 1 9 Anm., 10, 108 Anm., 1 1 4 , 1 7 0 , 211, Tf. III, 2 9 Anm., 10, 12, 30 Anm., 31 Anm., 35 Anm., 42, 47 Anm., 106, 108 Anm., 170, 180, 211, Tf. III, 3 35 Anm., 77 Anm., 102 f., 1 3 2 , 1 7 1 , Tf. IV, 1 30 Anm., 52 Anm., 86. f., 88, 146 Anm., 171, Tf. IV, 2
CA 3 10, 47 Anm., 1 1 4 , 1 8 1 , Tf. XIV, 3 10, 113,"7δ/, Tf. XIV, 4
CH 1 10, 47 Anm., 74 Anm., 179, Tf. XIII, 1 CH 2 10, 35 Anm., 47 Anm., 112, 1 7 6 , 1 7 9 , Tf. XIII, 2 CH 3 10, 12, 31 Anm., 46 Anm., 47 Anm., 110 Anm., 180, Tf. XIII, 3 CH 4 10, 1 1 3 , 1 8 0 , Tf. XIII, 4 CN 1 10, 1 2 , 1 5 Anm., 31 Anm., 35 Anm., 177, 211, Tf. X, 1 CN 2 8, 13 Anm., 107 f f , 112 ff., 1 7 6 , 1 7 7 , 178 f., 183, Tf. X, 2; XI CN 3 30 Anm., 47 Anm., 1 0 7 f f , 112, 114, 1 7 6 , 1 7 7 , 178 ff., Tf. X, 3; XI CN 4 42, 1 0 7 , 1 0 8 f., 113 f., 177, Tf. X, 4; XI CN 5
107,112, 178, Tf. XII, 1
CN 6 31, 77 Anm., 78 Anm., 89, 105, 1 0 7 , 1 0 9 f f , 114 Anm., 178, Tf. XII, 2 CN 7 52 Anm., 70 Anm., 74 Anm., 78 Anm., 88 f f , 110, 148 Anm., 178, Tf. XII, 3
Register
CS 1
9 Anm., 10, 13 Anm., 30 Anm., 31 Anm., 41 f., 47 Anm., 74 Anm., 108 Anm., 1 6 9 , 1 7 4 , 189, Tf. VII, 1
Μ 1
46 Anm., 90, 117, 1 8 0 , 1 9 4 , Tf. XXV, 1
Μ2
46 Anm., 9 0 , 1 1 7 , 1 9 4 , Tf. XXV, 2
Μ3
CS 2
10, 19 Anm., 175, 187, 209 ff., Tf. VII, 2; XXXIX, 3
CS 3
10, 19 Anm., 175, 210, Tf. VII, 3
CS 4
9 Anm., 10, 47 Anm., 1 6 9 , 1 7 5 , 189, 209, Tf. VIII, 1; XXXVII, 2
Μ5
10, 12, 35 Anm., 102 Anm., 110 Anm., 113,
Μ6
CS 5
10, 1 1 2 , 1 7 6 , 179, 212, Tf. VIII, 3
CS 7
13 Anm., 31 Anm., 47 Anm., 87, 1 0 5 , 1 0 6 f., 109, 113 f., 176, 181, 183, 211 f., Tf. IX, 1; 2
CT 1 15 f f , 22, 26, 32, 36 Anm., 4 5 , 1 7 2 , 179, 190, Tf. V, 1 CT 2 9 f., 12 f., 31 Anm., 42 Anm., 47 Anm., 74 Anm., 108, 109 Anm., 143 Anm., 169 f., 172, 177, 182, 189, Tf. V, 2 CT 3 31 Anm., 68, 69 Anm., 83 Anm., 104 f., 110 Anm., 111 Anm., 123, 172, 181, Tf. VI, 1 CT 4
1 0 4 , 1 0 5 f:, 1 1 2 , 1 7 3 , 178, Tf. VI, 2
CT 5
1 0 4 , 1 0 5 f., 173, 178, Tf. VI, 3
F 1
10, 1 2 , 1 9 Anm., 26, 141 Anm., 187, 210, Tf. XX, 1
F 2
10 f., 13, 23 Anm., 141 Anm., 187, Tf. XX, 2
F 3
9 Anm., 10 f., .13 f., 4 3 Anm., 44, 115 Anm.,
Μ4
Μ7 Ν 1 Ν 2 Ν 3
Ν4 Ν5
Ν6 IJ 7
141 Anm., 188, Tf. XX, 3 F 4
9 Anm., 10 f., 13 f., 21 Anm., 41, 43 Anm.,
Ν8
115 Anm., 141 Anm., 1 8 6 , 1 8 8 , 193, Tf. XX, 4 Κ 1 Κ 2 Κ 3 Κ4 Κ5
9 Anm., 10, 13 Anm., 47 Anm., 175, 209, 210, Tf. XXXVII, 1; 2 Ν9 10, 13 Anm., 19 Anm., 23 Anm., 187, 209, 211, Tf. XXXVIII 10, 19 Anm., 175, 187, 209, 210, 211, Tf. XXXIX,1; Ν 10 3 10, 175, 187, 209, 210, 211, Tf. XXXIX, 2; 3 Nil 10, 15 Anm., 30 Anm., 31 Anm., 177, 211, Tf. XL, 1
Κ6
10, 47 Anm., 113,
Κ 7
13 Anm., 8 7 , 1 0 6 f., 109, 113 f:, 142, 176 f., 183, 211,212,
Tf. XL, 2
115, 212, Tf. XL, 4
Κ 9
29, 42 Anm., 1 1 5 , 1 1 6 f., 212, Tf. XLI, 1
Κ 10
35 Anm., 66, 69 f., 79, 86 Anm., 97, 105, 146 Anm.,
Κ 11
35 Anm., 70 Anm., 96 f., 126 f., 146 Anm.,
Κ 12
79 Anm., 132 f., 134 Anm., 136 f f . , 154 Anm.,
148 Anm., 149 Anm., 212, Tf. XLI, 2 148 Anm., 149 Anm., 213, Tf., XLI, 3 214, Tf. XLII KI 1 KI 2 KI 3 KI 4
S 1
64 Anm., 90 f f , 141 Anm., 1 8 8 , 1 9 5 , 196, Tf. XXVI, 1; XXVII 38 Anm., 90 f f , 141 Anm., 195. 196, Tf. XXVI, 2; XXVII 64 Anm., 90 f f , 141.Anm., 188, 1 9 5 , 1 9 6 , Tf. XXVI, 3; XXVII 82 Anm., 90, 9 2 f f , 141 Anm., 186, 1 9 5 , 1 9 6 , Tf. XXVI, 4; XXVII 1 5 f f , 19, 21 f f , 2 5 f f , 32, 35 Anm., 36, 43 Anm., 4 5 , 1 8 1 , Tf. XV, 1 9 Anm., 10 ff., 22 Anm., 30 Anm., 40 f., 44, 146 Anm., 182, 183, 186, Tf. XV, 2 9 Anm., 10, 13, 22 Anm., 47 Anm., 102 Anm., 103, 108 Anm., 114, 154 Anm., 171, 1 7 6 , 1 8 2 , 183, Tf. XVI, 1 10, 26, 77 Anm., 87, 105, 1 8 1 , 1 8 3 , Tf. XVI, 2 10, 12, 15 Anm., 26, 31 Anm., 46 Anm., 87, 102 Anm., 110 Anm., 114 f., 141 Anm., 177, 180,183, 211, Tf. XVI, 3 13 Anm., 47 Anm., 70 Anm., 110 Anm., 113 f . , 115, 148 Anm., 177, 1 8 1 , 1 8 4 , 212, Tf. XVII, 1 97, 143 Anm., 150, 153 Anm., 161 Anm., 184, Tf. XVII, 2 28, 29 Anm., 30 Anm., 31 f., 48 Anm., 52, 68 f., 70 Anm., 79, 80 f f , 83, 105, 110 Anm., 111, 116 Anm., 123, 124 Anm., 141 Anm., 146 Anm., 148 Anm., 184, 187, 200, 206 f., 213, Tf. XVIII, 1 28 f., 30 Anm., 31, 52, 69, 80, 82 f . , 84, 85 Anm., 86, 99, 104, 110 Anm., 111, 123, 124 Anm., 141 Anm., 185, 187, 207, 213, Tf. XVIII, 2 69, 80, SJ, 104, 110 Anm., 111 Anm., 123 f., 141 Anm., 185, 213, Tf. XVIII, 3 80 Anm., 83, 84 Anm., 88 Anm., 1 1 9 , 1 2 2 f f , 136 Anm., 141 Anm., 154 Anm., 185, Tf. XVIII, 4 11 Anm., 12, 23 Anm., 31, 35 f f , 42 ff., 51, 53, 92, 188, 1 9 0 , 1 9 1 , 193, Tf. XXII, 1
Tf. IX, 2; XL, 3
Κ8
70 Anm., 90, 9 6 , 1 1 7 , 126 f., 148 Anm., 195, Tf. XXV, 3
175, Tf. VIII, 2 CS 6
231
S2 S3 S4 S5
11 Anm., 12, 23 Anm., 31, 35 f f . , 42 ff., 51, 53, 1 8 8 , 1 9 1 , 193, Tf. XXII, 2 9 Anm., 11 Anm., 12, 22 Anm., 23, 31, 35, 36 f . , 42 ff., 51, 53, 92, 1 8 8 , 1 9 1 , 193, Tf. XXII, 3 9 Anm., 11 f., 14 Anm., 22 Anm., 3 0 A n m . , 31, 35 f., 37 f f . , 5 1 ff., 192, 193, Tf. XXII, 4 11 f., 14 Anm., 30 Anm., 31, 35, 40 f f . , 48, 51, 53, 81, 1 8 6 , 1 9 2 , Tf. XXIII, 1
S 6
9 Anm., 10 ff., 41, 141 Anm., 186, Tf. XIX, 1
11, 21 Anm., 22 Anm., 30 Anm., 31, 3 5 , 4 2 f f . , 5 1 , 5 3 , 1 8 8 , 1 9 2 , Tf. XXIII, 2
10, 13, 41 Anm., 113, 115 Anm., 141 Anm.,
S7
10, 34, 46 f., 5 3 , 1 1 4 Anm., 1 8 0 , 1 9 3 , Tf. XXIV, 1
186, Tf. XIX, 2
S 8
21, 34, 47 f f , 53, 68, 105, 168, 1 8 6 , 1 9 3 , 199,
10, 113, 141 Anm., 186, Tf. XIX, 3
7 Anm., 28 f., 31, 52 Anm., 86, 110 Anm., 116 Anm., 141 Anm., 154 Anm., 187, Tf. XIX, 4 KU 1 7 Anm., 29 f f , 50, 83 Anm., 86, 206, 213, Tf. XXXIV, 1
S 9 Τ 1
Tf. XXIV, 2 1 Anm., 34, 50 f f , 53, 74 Anm., 194, Tf. XXIV, 3 35 Anm., 39 Anm., 64 Anm., 66, 70 Anm., 74, 75 Anm., 94, 148 Anm., 1 8 8 , 1 9 6 , 197, 201, Tf. XXVIII, 1
232 Τ2
Τ 3 Τ4
Τ5 Τ6
Τ7 Τ8 Τ9 Τ 10
Τ 11 Τ 12
Τ 13 Τ 14
Register 35 Anm., 39 Anm., 64 Anm., 66, 70 Anm., 74, 75 Anm., 94, 141 Anm., 148 Anm., 188,197, 201, Tf. XXVIII, 2 39 Anm., 64 Anm., 66, 70 Anm., 74, 75 Anm., 94, 148 Anm., 188, 197, 201, Tf. XXVIII, 3 63 Anm., 65, 66 f., 69 f., 74, 79, 84, 86, 89, 105, 112 Anm., 148 Anm., 197, 198 f., 213, Tf. XXIX, 1 63 Anm., 65, 66 /., 69, 70 Anm., 79, 148 Anm., 198, 199, 213, Tf. XXIX, 2 35 Anm., 63 Anm., 65, 66 f., 69, 70 Anm., 79, 86, 98 Anm., 148 Anm., 198, 199, 201, 213, Tf. XXX, 1 48 Anm., 63 Anm., 65, 66 f., 68 f., 70 Anm., 79, 148 Anm., 198,199, Tf. XXX, 2 66, 6 7 / . , 105, 110 Anm., 142,199, Tf. XXX, 3 28, 35 Anm., 66, 68 f., 82, 20C, 213, Tf. XXX, 4 28, 29 Anm., 30 Anm., 31, 35 Anm., 52, 66, 69, 71 f., 77 Anm., 80 Anm., 82 ff., 110 Anm., 124, 187, 200, Tf. XXXI, 1 35 Anm., 63 Anm., 66, 70 Anm., 71, 72 f f . , 76 f., 201, 202, Tf. XXXI, 2 1 Anm., 28, 50 Anm., 52, 66, 70 Anm., 72, 74 f f . , 99 f., 101 Anm., 139 Anm., 144, 146 Anm., 148 Anm., 156, 188, 201, 202, Tf. XXXI, 3 66, 77, 105, 181, 202, Tf. XXXI,4 35 Anm., 53 Anm., 96,119, 125 f f , 141, 148 Anm., 202, 203, Tf. XXXII oben
Τ 15
35 Anm., 53 Anm., 96,119, 125 f f , 141, 148 Anm., 203, Tf. XXXII unten
Τ 16
35 Anm., 53 Anm., 100, 125 Anm., 133 f f , 143 Anm 203, 204 f., Tf. XXXIII, 1 35 Anm., 125 Anm., 133,135, 203, 204, 206, Tf. XXXIII, 2 35 Anm., 53 Anm., 103, 132, 133,134 f., 137 Anm., 141 Anm., 204, Tf. XXXIII, 3 35 Anm., 53 Anm., 133,134 f., 141 Anm., 204, Tf. XXXIII, 4 35 Anm., 133,135 f., 141 Anm., 205, Tf. XXXIII, 5 133,135 f., 141 Anm., 205, Tf. XXXIII, 6 9 Anm., 20, 13, 26, 146 Anm., 169 f., 189, Tf. XXI, 1
Τ 17 Τ 18 Τ 19 Τ 20 Τ 21 U1 U2 U3 U4
9 Anm., 10 f., 13, 36 Anm., 70 Anm., 108, 113, 148 Anm., 149 Anm., 189, Tf. XXI, 2
70 Anm., 78 f., 80, 89, 148 Anm., 190, Tf. XXI, 3 28, 29 Anm., 30 Anm., 31, 35 Anm., 48 Anm., 52 Anm., 68, 78, 79 f., 84, 104 Anm., 110 f., 124, 137, 138 Anm., 181,190, 199, Tf. XXI, 4 (U 5) 126 Anm. UK 1 28, 29 Anm., 30 Anm., 31, 35 Anm., 52, 69, 83 Anm., 84 f., 99, 104, 110 Anm., 146 Anm., 187,207, 213, Tf. XXXIV, 3 (UK2) 84 Anm. UM 1 35 Anm., 125, 126 Anm., 129 f f , 138, 148 Anm., 149 Anm., 208, Tf. XXXVI
TAFEL II
AG 3
AG 4
AG 5
T A F E L III
AS 3
TAFEL
IV
AS 5
CT 2
TAFEL VI
CT 4
CT 5
TAFEL VII
CS 1
3
CS 2
CS 3
T A F E L VIII 1
CS 4
CS 5
CS 6
TAFEL
CS 7 / Κ 7
IX
T A F E L XI
Rekonstruktionsvorschlag: CN 2 + CN 3 + CN 4
TAFEL XII
CN 7
TAFEL XIII 1
CH 1
3
CH 3
TAFEL XIV 2
CA 2
CA 3
CA 4
T A F E L XV 1
2
TAFEL XVI
TAFEL XVII
Ν 6
α : : . α
—ι.:.τ—^ Ν 7
1
TAFEL XVIII
Ν 8
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1
m \XaaA/ Ν 10
Ν 9
Ν
11
TAFEL XIX
2
T A F E L XX
F 1
3
F 2
TAFEL XXII
S 1
TAFEL X X I I I 1
S 5
2
TAFEL XXIV
S 7
S 8
S 9
TAFEL XXV
Μ 2
Μ 1
3
Μ 3
TAFEL XXVI
1
Μ6
Μ 7
TAFEL XXVII
Rekonstruktionsvorschlag:
M4
+ M5
+ M6
+
M7
T A F E L XXVIII
TAFEL
XXIX
TAFEL XXX
Τ 9
TAFEL
Τ 12
Τ 13
XXXI
TAFEL
XXXII
Τ 14 / Τ 15
TAFEL XXXIII
1
TAFEL XXXIV
1
3
TAFEL X X X V 1
AR 1
2
AR 2
TAFEL
XXXVI
1
Rekonstruktionsvorschlag:
TAFEL X X X V I I
Κ 1
+ CS 4
TAFEL
XXXVIII
Κ 2
TAFEL X X X I X
Κ 3
3
Rekonstruktionsvorschlag:
Κ 3 +
Κ 4
+
CS 2
TAFEL XL
1
Κ 5
4
TAFEL XLI
ÜBERSICHTSKARTE
ÜBERSICHTSKARTE mit Angabe der Fundorte von WEIHPLATTEN jk. Λ
der 1. Übergangszeit und Mesilim-Periode der 2.Übengangszeit und U r l - Periode der Akkadzeit und Neusumerischen Periode ( Antike Städtenamen in V E R S A L I E N )
ZEITTABELLE
JAHRE V. CHR.
KULTURSTUFEN
WICHTIGSTE IM TEXT ERWÄHNTE HERRSCHER VON
KUNSTPERIODEN
KISCH
3000
—
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2900
—
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UR
LAGASCH
AKKAD
U r u k 3ΖΙ-Ι3Γ-C υ -C υ c υ ΙΛ Φ CD .c
Zeit
Dj emdet NasrZeit
2800
— 1. Übergangszeit
υ 2700
2600
—
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2500
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ΜesiLim Mesilim
Zeit
ADAB 2. Übergangszeit
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Zeit 2400
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