Agrarische Zustände in Frankreich und England: Auf Grund der neueren Enquêten dargestellt. (Schriften des Vereins für Socialpolitik XXVII) [1 ed.] 9783428572748, 9783428172740


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German Pages 233 Year 1884

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Agrarische Zustände in Frankreich und England: Auf Grund der neueren Enquêten dargestellt. (Schriften des Vereins für Socialpolitik XXVII) [1 ed.]
 9783428572748, 9783428172740

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Agrarische Zustände in Frankreich und England Auf Grund der neueren Enquêten dargestellt von

Friedrich Frhr. von Reitzenstein

Duncker & Humblot reprints

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A. Arhr. v. Weihenstein und K. Waste,

Agrarische Zustände in Frankreich und Lngtand.

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Schriften des

Vereins für Locinlpoliti!!.

XXVII.

F. Frhr. von Reitzenstein und C. Raste,

Agrarische Zustande in Frankreich und England

Leipzig, Verlag von

Duncker & Humblot.

1884.

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Agrarische Zustände in

Frankreich und England.

Auf Grund der neueren En quo ten dargestellt von

F Frhrn. von Dihrnstein und Erwin Uaffe.

Leipzig, Verlag von Duncker

Huniblot.

1884.

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Alle Rechte für daS Ganze wie für die einzelnen Theile sind Vorbehalten.

Die Berlagsbuchhandlunq

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Vorrede. Der Ausschuß des Pereins für Socialpolitik

läßt den von ihm

öffentlichten Schilderungen bäuerlicher Zustände in Deutschland

ver­

einige kurz

gefaßte Berichte über die gegenwärtigen agrarischen Verhältnisse in England, Frankreich

die großen

und

Italien folgen.

Die wichtigste Grundlage derselben bilden

amtlichen Untersuchungen,

welche in diesen Ländern

der Landwirthschaft in neuester Zeit angestellt sind.

Lage

Band

auf

mußte

Frankreich

und

England

Bericht über die italienische Enquete noch

beschränkt werden, nicht

über die

Der vorliegende

vollständig

weil

der

erschienen ist.

Sobald die Veröffentlichung derselben abgeschlossen ist, wird die Darstellung

der agrarischen Zustände Italiens, welche Professor I)r. Eheberg übernommen

hat, nachfolgen. Bonn,

Anfang September 1884.

Erwin Nasse.

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Inhaltsverzeichnis. i. rite Bandwirthschast und ihre Bage in Frankreich. Unter besonderer Berück­ sichtigung der Ergebnisse der letzten, in den Jahren 1379 1330 abgehaltenen Enquete.

Bon F. Freiherrn von Reitzenstein, Bezirkspräsidenten z. D. Einleitung.

Statistik und Enqueten.

Erste Versuche einer landwirtschaftlichen Statistik. Unvollkommenheit derfelven. Mangel sicherer Angaben über den Flächeninhalt. Vermessung und Katastrirung des Landes. Statistik und statistische Enqueten. Materielle Enqueten. Enquete von 1866—1870. Enquete von 1879—1880.................................................................................. l—8

I.

Die Faktoren der Produktion.

Grundstücke und Grundeigent hum. Verkeilung der Gesammtfläche auf die Kulturmassen. Wachsende Thei­ lung des Grundeigenthums. Zunehmende Auslösung des Groß- und Mittelbesitzes. Ursachen der zunehmenden Theilung. Gesetzgebung über Erbtheilung. Zunehmender Grnndbesitzerwerb durch die arbei­ tenden Klassen. Erleichterung des Tausches angrenzender Parzellen. Schlutzergebniß....................................................................................... 9—16 N. Bevölkerung und Arbeit. Zahl und Gruppirung der landbautreibenden Bevölkerung. Theilbauern (Metayer). Pächter gegen festen Zins. Emphyteuse. Landwirthschaftliche Arbeiter. Steigende Arbeitslöhne und wachsender Arbeiter­ mangel. Lohnsätze und Arbeitsverhältnisse der einzelnen Departements. Aenderung im Verhältniß der Nachfrage nach Arbeitskräften zum Angebot. Entvölkerung des Platten Landes und Zuzug nach den Städten. Ursachen dieser Erscheinung, insbesondere Ausdehnung der öffentlichen Arbeiten.............. ............................................................16—27 0. Kapital und Kredit. Arten des in der Landwirthschast werbenden Kapitals. Fundamentale Verschiedenheit des ländlichen Kreditwesens Deutschlands von dem Frankreichs. Charakter der Entwickelung in Frankreich. Umfang der hypothekarischen Belastung. Or^äik t'oneier. aZrieote. Reformprojekte. Aenderungen der Civilgesetzgebung über landwirthschaftliche Darlehen. Landwirtschaftliche Banken. Urtheil über die Sachlage.........................................................................................................28—36

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Inhaltsverzeichnis

VIII

Seite

II.

Hilfs- und Förderungsmittel der Landwirthschaft.

Gerät he und Maschinen......................................................................... 37 L. Düngung. Fortschritte in den letzten zwanzig Jahren. Enquete von 1866—1870. Zustand nach der Enquete von 1879 -1880 ....................................... 38—40 0. Meliorationen. Im Allgemeinen. Drainirung. Bewässerungsanlagen............................... 40—43

III.

Absatzwege und Handel.

Verkehrswege. De Freycinets Programm. Reform der-Wege-Gesetzgebung insbesondere 44- 46 L. Tarife der Transportanstalten............................................................. 46—47 0. Viehmärkte, Fleischer- und Bäckergewerbe................................... 47—48 D. Wegräumung der auf dem Absatz landwirtschaftlicher Produkte ruhend en O ctrois und anderer Binnenzölle, sowie der von anderen Ländern erhobenen Eingangs­ abgaben .............................................................................................. 48—49

1V.

Steuern und Lasten.

Die Behauptung der Ueberlastung des ländlichen Grundbesitzes. Die vier direkten Hauptsteuern und die Grundsteuer insbesondere. Departe­ mental- und Kommunalzuschläge. Ungleichheit der Vertheilung; Unvollkommenheit der Repartitionsgrundlagen und Verschiedenheit der lokalen Anspannung der Steuerkraft. Wegefrohnden. Besitz­ veränderungsabgaben. Verbrauchssteuern........................................ 50—57

V.

Zollschutz.

Frage der Revision der Zollgesetzgebung. Periode des Protektionismus und der eebelle mobile, 1822—1861. Umschwung unter dem zweiten Kaiserreich. Politik der Handelsverträge und der Hinneigung zum Freihandel. Verhandlungen über den Entwurf eines neuen Zoll­ tarifs. Vorschläge der Kommission der Teputirtenkammer ....

VI.

58-62

Produktion und Rentabilität.

Gliederung der Darstellung................. -.......................................................... /V. Nach den einzelnen Zweigen der landwirtschaftlichen Produktion. Im Allgemeinen: intensivere Wirthschaft und vervollkommnete Technik

63

63. 64

1) Getreide- und Kartoffelbau. Bebaute Fläche. Durchschnittsertrag und Gesammtertrag. Weizen­ bau insbesondere; Rentabilität, Preise und Durchschnittsertrag. Bodenwerth und Betriebskosten. Berechnungen einzelner Bericht­ erstatter der Enquete von 1879 -1880. Ergebniß. Kultur anderer Mehlfrüchte und Kartoffelbau................................................................. 64—71

2) Futterbau und Viehzucht. Fortschritte des Futterbaus. Entwicklung der einzelnen Arten der Viehzucht. Erhöhung des Viehstandes und der Fleischproduktion. Steigen der Fleischpreise. Zahl der vorhandenen Pferde. Ergeb­ nisse in Bezug auf die Rentabilität der Viehzucht...........................71—77 3) Wein- und Obstbau. Zunehmende Ausdehnung Hes Weinbaues. Verheerungen der Reblans. Wachsen der Gesamtproduktion. Obstbau........................... 77—80 4) Gartenbau................................................................................................... 80

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IX

Inhaltsverzeichnis

Seite

5) Kultur von industriellen und Handelsgewächsen. Arten der industriellen Kulturen, a) Oelfrüchte: «) Oelbäume; /?) Raps und andere krautartige Oelpflanzen. b) Zuckerrüben. 6) Textilpflanzen, ck) Farbstoffpflanzen, e) Tabak, s) Hopfen . 80—83 6) Landwirtschaftliche Industrien. Arten der in Frankreich betriebenen landwirtschaftlichen Industrien. Insbesondere a) Zuckerfabriken, b) Seidenraupereien, e) Käse­ fabriken und fruitiersZ.......................................................................... 83—87 7) Der Landwirthschaft verwandte Produktionszweige. Jagd und Fischerei, Bienenzucht, Forstwirthschaft.............................. 87 I§. Rach den Kategorien der Betriebe. Ergebnisse der Entwicklung der Rentabilität der verschiedenen Pro­ duktionszweige. Scheidung zwischen den Kategorien der landwirthschaftlichen Betriebe. Enquete von 1866—1870. Enquete von 1879—1880. 1) Groß- und Mittelbesitz, a) Eigenthümer, d) Pächter und Metayer. 2) Kleinbesitz . . ................................................ 88—90 0. Rückwirkung auf die Gestaltung der Pachtzinse und Kaufpreise. Verschiebung der Rentabilitätsverhältnisse. Vergleichung der Pachtzins­ erträge verschiedener Zeitpunkte. Ermittelungen betr. den Rein­ ertrag und den Verkaufswerth des unbebauten Grundeigenthums. 91—98

VII.

Aus- und Einfuhr landwirthschaftlicher Produkte.

Bedeutung der Handelsbilanz der landwirtschaftlichen Produkte. Haupt­ kategorien der Aus- und Einfuhr. Insbesondere: 1) Weizen. 2) Lebendes Vieh und Fleisch. 3) Eier, Butter und Käse. 4) Wein. 5) Zucker.....................................................................................................99-106

VIII.

Die Frage des Rückgangs der Landwirthschaft und seiner Ursachen vor der Enquöte von 1879—1880.

Begrenzung der Frage. Umfang des beobachteten Rückgangs. Gruppirung der Ursachen. Accidentelle Ursachen. Ursachen dauernder Natur. Beurtheilung der Handels- und Zollpolitik insbesondere. Privilegirung der Industrie durch die Zolltarife. Herabsetzung der Eingangszölle von Erzeugnissen der Industrie..............................107—114

IX.

Vorgeschlagene Heilmittel.

Gruppirung der Heilmittel. Heilmittel imBereich der SelbstthätigkeitderLandwirthe. Im Allgemeinen. Ausdehnung der Viehzucht und der landwirthschaftlichen Industrien. Erweiterte Anwendung von Maschinen und Vermehrung der Arbeitskräfte............................................................ 115—117 L. Eingreifen des Staats und legislatorische Reformen . . 117—118

X.

Wirkungen der Enquete von 1879—1880.

Schlich.

Richtungen der Einwirkung der Enquete. Wirkungen im Bereich der Gesetzgebung. Steuer- und Zollgesetzgebung. Thierarzneiwesen und Veterinärpölizei. Maßnahmen zur Hebung der ländlichen Be­ völkerung. Repräsentation der Landwirthschaft. Beurtheilung der Lage durch die landwirtschaftlichen Vereine. Schlußergebniß . . 119—125

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Inhaltsverzeichnis

X

II. Agrarische und landwirtschaftliche Zustande in England.

Von Dr. Erwin Nasse, Geh. Negierungsrath und Professor an der Universität Bonn. Seite

I. Kapitel. II. Kapitel.

Vertheilung des Grundeigenthums und Pachtverhältnisse. . 130—141 Die landwirtschaftliche Krisis des letzten Jahrzehnts. . . 142—161

III. Kapitel. 1V. Kapitel.

Aussichten der englischen Landwirthschaft.............................. 162 — 182 Die Landgesetze und ihre Reform................................................. .183—217

Anhang: I. Durchschnittliche Weizenpreise in England und Preußen von 1800 resp. 1816—1882. — II. Durchschnittspreise von britischem Weizen, Gerste nnd Hafer pr. Quarter in den Perioden von 1800 -1848 und 1848—1879. — III. Verbreitung des Getreide- und Weizenbaues in England, sowie Größe des kulturfähigen unbenutzten Ackerlandes im Jahre 1881. — IV. Prozentweise Ab- oder Zunahme des Viehstandes und der mit Futtergewächsen bestellten oder als dauerndes Grasland liegenden Fläche von 1868-1881.

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Die Landwirthschaft und ihre Lage in Frankreich. Unter besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der letzten,

in den

Jahren 1879—1880 abgehaltenen Enquete. Von

F. Freiherrn v. Reitzenstein, Bezirkspräsidenten z. D.

Einleitung. Statistik und Enqueten. Erste Versuche einer landwirthschaftlichen Statistik.

Der Beginn der Versuche, von der Lage der Landwirthschaft in Frankreich ein Bild zu schaffen, führt in die letzten Jahre des siebzehnten Jahrhunderts zurück; es war Ludwig XIV., welcher Angesichts der immer allgemeiner sich fühlbar machenden Noth nach dem Frieden von Ryswik die Zusammenstellung von Nachrichten über den Zustand des Landes und der einzelnen Productionszweige befahl. Aber wenn auch die größere Centralisation, welche die Ein­ richtungen der französischen Verwaltung schon damals charakterisirte, solche Versuche begünstigen mochte, so konnten doch die Voraussetzungen, von denen die Erzielung von für die Erkenntniß der Sachlage werth vollen Ergebnissen abhing, erst im Laufe der Zeit geschaffen werden; erst die im gegenwärtigen Jahrhundert durchgeführte Vermessung des Landes und die zu einem wichtigen Theil sich hieran anknüpfende Vervollkommnung der Statistik ermöglichten die Gewinnung eines Materials, das für die Bildung eines Gesammturtheils eine zuverlässige Grundlage gewährte. Der Mangel eines solchen Materials hat den Werth der früheren Arbeiten wesentlich verringert. Anmerkung: Das Manuskript dieses Aufsatzes war im Wesentlichen im Januar 1884 fertiggestellt und ist im April zum Druck gegeben worden. Die dem Verfasser nach dem 1. Januar 1884 zugegangenen Publikationen haben daher nur hier und da nachtragsweise in den Anmerkungen, Publikationen aus der Zeit nach dem 1. April aber überhaupt nicht mehr Berücksichtigung finden können. Auf die neuesten Vorgänge im Gebiet der landwirthschaftlichen Gesetzgebung werde ich im III. Abschnitt meiner in Conrads Jahrb. für Nat.-Oekonomre erscheinenden wirthschaftlichen Gesetzgebung Frankreichs des Näheren eingehen. Schriften XXVII. — Agrarische Zustände re 1

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von Reitzenstein, Landwirthschaft Frankreichs.

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Unvollkommenheit derselben, Mangel sicherer Angaben über den Flächeninhalt.

Ein nicht zu überwindendes Hinderniß vor Allem setzte den früheren Darstellungen das Fehlen sicherer Feststellungen über den Flächeninhalt des Landes und der den verschiedenen Kulturen gewidmeten Terrain-Abschnitte entgegen. Man versuchte diesen Mangel durch Induktiv ns sch lüsse zu ersetzen: so ver­ fuhr Vauban, welcher für einzelne größere Terrain Abschnitte des westlichen Frankreichs das Verhältniß der Verkeilung des Flächeninhalts auf die verschiedenen Kulturen und Nutzungsarten durch Vermessung feststellen ließ und hiernach das Größenverhältniß der Flächen des ackerbaren Landes, der Weiden, Weinberge, Holzungen u. s. w- für ganz Frankreich berechnete ^); fast ebenso primitiv waren die Versuche Arthur Noungs, des berühmten englischen Landwirths und Reisenden, der um die Zeit der großen Revolution die Landwirthschaft Frank­ reichs zum Gegenstände sorgfältiger, in seinem Reisewerk niedergelegter Studien machte; um zu einem Bilde der Vertheilung der verschiedenen Bodenqualitäten zu gelangen, ließ er auf Grund seiner Aufzeichnungen dieselben in eine Karte Frankreichs eintragen; dadurch, daß er die so abgegrenzten Stücke ausschnitt und wog, suchte er das Verhältniß festzustellen, in dem die auf die einzelnen Boden­ qualitäten entfallenden Gebietstheile ihrem Flächeninhalt nach zur Gesammtfläche des Landes standen?). Nach schon rationellerer Methode verfuhr der große Chemiker Lavoisier, als er von der Nationalversammlung zum Berichterstatter ernannt, behufs Veranschlagung des aus der beschlossenen Grundsteuer zu er­ wartenden Ertrages den Umfang der landwirthschaftlich genutzten Flächen zu ermitteln unternahm. Indem er von einem festen Verhältniß einerseits zwischen der Zahl des Zugviehs und der Pflüge zu der Masse des vorhandenen Acker­ landes, andererseits zwischen dem Fächeninhalt des letzteren und der Brache aus­ ging, gelangte er zu Resultaten, die der Wahrheit schon um Einiges näher kamen.

Vermessung und Katastrirung des Landes. Eine völlig zuverlässige Grundlage für die Bestimmung des Flächen­ inhalts sowohl des Landes als der einzelnen Landestheile, Gemeindefeldmarken, Kuliurabschnitte und Grundstücke wurde indessen erst durch die Katastrirung gewonnen, die — Korsika ausgenommen — seit dem I. 1846 als beendet gelten konnte. Leider war versäumt worden Vorkehrungen zu treffen, um die Angaben des Katasters mit den aus der fortschreitenden Entwicklung hervorgehenden Aenderungen in Uebereinstimmung zu erhalten o); diese Uebereinstimmung mit dem wirklichen Zustande pflegt um so mehr zu fehlen, je weiter in dem betreffenden Landestheil die Fertigstellung des Katasters in die Vergangenheit zurückreicht; das Kataster stellt sonach ein Werk von einem für die Erkenntniß der wirklichen Verhältnisse

1) 8lati8tiqu6 äe la kranee, Serie I Theil III (1840), Seite IX, des vom Minister Gouin erstatteten Berichts. 2) Arthur Joungs Reisen, deutsch von Zimmermann, Bd. II S. 292. 3) Siehe die 8tati8tiqu6 äs la Kranes, Serie II Theil XVI S. 13 des ein­ leitenden Berichts.

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Einleitung. sehr ungleichen Werthe gegeben, innerhalb dessen solche Feststellungen sind Angaben des Katasters,

Statistik und Enqueten.

3

dar. Aber es war mit demselben doch ein Rahmen weitere Feststellungen sich zweckmäßig vollziehen konnten; mehrfach vorgenommen worden; insbesondere haben die soweit ihre Eigenschaft als statistisches Material in

Betracht kommt, durch die in den Jahren 1851 —1853 und 1879—1881 ausgeführten Ermittelungen des steuerbaren Reinertrags des unbebauten Grund­ eigenthums eine wichtige Ergänzung und Berichtigung erfahren. Statistik und statistische Enqueten.

Aber ein so wesentliches Hinderniß der Mangel eines vollständigen Ver­ messungswerks enthielt, so bildete derselbe doch keineswegs die einzige Ursache, welche die früheren Leistungen der Agrarstatistik zu unzureichenden machte; auch die andern Voraussetzungen: eine für die Aufgaben der Statistik brauchbare Amtsorganisation, eine rationelle Methode der Erhebungen und eine vollkommenere Einsicht in die Ziele der landwirthschaftlichen Statistik konnten erst allmählich sich bilden. Jene größere Gleichförmigkeit, die im Vergleich zu andern Ländern die Amtsorganisation des alten Frankreichs auszeichnete, be­ schränkte sich doch im Allgemeinen auf die oberen und mittleren Instanzen; in den unteren Gliedern zeigt die Organisation eine Buntscheckigkeit, welche der Durch­ führung derartiger Arbeiten keineswegs förderlich war; eine definitive Beseitigung dieses Uebelstandes trat erst ein, als die berühmte Organisation des Jahres VIII auch die unteren Glieder gleichartig gestaltete. Indessen den Versuchen Napoleons I?), durch die Präfekten das Material einer landwirthschaftlichen Statistik zu gewinnen, fehlte noch immer eine zweckmäßige Heranziehung dieser unteren und insbesondere der kommunalen Organe; daß die Gemeinden zu Mittelpunkten der statistischen Erhebungen gemacht und bei letzteren die Gemeindebehörden in gleichmäßiger Weise betheiligt wurden, ist ein Fortschritt, welcher die Arbeiten der im Jahre 1839 von der Regierung Louis Philipps unternommenen großen statistischen Enquete über die Verhältnisse der Landwirthschaft charakterisirt; dieselbe sollte das Material für die auf die Landwirthschaft bezüglichen Abschnitte der 8tati8ti Arbeiters..........................................!! Wöchentlicher Miethzins der Arbetter­ wohnung ..........................................Ü

1880

1850

1770

sb. 0 0 1

sb. 0 0 0

d. 1'/2 3>/4 6

sb. 0 0 1

d. 11/4 5 0

d. 11/2 9 8

7

3

9

7

14

0

0

8

1

5

2

0

!! Dabei dürfte noch zu berücksichtigen sein, daß die Wohnungen auf dem Lande in letzter Zeit besser geworden sind, daß außer dem frischen Fleisch, dessen Preis oben angegeben, importirtes Fleisch zu niedrigerem Preise den Arbeitern zur Verfügung steht, und daß bei den meisten von den Arbeitern konsumirten Manufakturwaaren eine merkliche Preisverminderung eingetreten ist. Ohne Gefahr ernstlichen Widerspruchs konnte daher im Hause der Gemeinen der Marquis of Hartington, der Führer der gegenwärtigen Majorität des Hauses, das allgemeine Urtheil dahin zusammenfassen: Darüber besteht keine Ver­ schiedenheit der Meinung, daß der landwirthschaftliche Arbeiter sich jetzt größerer Behaglichkeit und Wohlfahrt erfreut, als jemals zuvor in der Geschichte des landwirthschaftlichen Gewerbes. (Here is no ditkerenee ok opinion, tbat

tbe position ok tbe aZrieuItural labourer is one ok greater eomkort, greater prosperity and greater ^e11bein§, tban bas ever bekore bnmvn in tbe bistor^ ok agricultural industry.) Die verbesserte Lage der landwirthschaftlichen Arbeiter ist natürlich weniger die Folge innerer Entwicklung des landwirthschaftlichen Gewerbes, in dem vielmehr die Nachfrage nach Arbeitsleistungen, wie wir später sehen werden, in neuerer Zeit merklich gesunken ist, als die Rückwirkung, welche die Gesammtentwicklung des ganzen Arbeiterstandes in England und die Möglichkeit der Auswanderung nach Amerika und Australien auch auf den am meisten zurückgebliebenen Theil der englischen Arbeiter ausgeübt hat. Die Verbesserung in den Verhältnissen des gewerblichen Arbeiterstandes insbesondere mußte bei der Bewegung der Arbeitskräfte vom Lande zur Stadt und in die gewerblichen Distrikte auch den landwirthschaftlichen Arbeitern zu Gute kommen. Dieser Fortschritt aber ist in der That ein ganz außerordentlicher und dürfte nur in sehr wenigen Theilen Europas in gleichem Maße eingetreten sein. Man würdigt denselben in Deutschland in der Regel nicht hinlänglich, zum Theil, weil man die Hefe einer großen Weltstadt mit dem englischen Arbeiterstande verwechselt, mitunter aber

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II.

Die landwirtschaftliche Krists des letzten Jahrzehnts.

161

auch in Folge der nicht seltenen Parteiverblendung, welche aus Haß gegen den Individualismus und die Institutionen des englischen Volks die englischen Zustände schwarz malt. Wir verweisen, da wir in einen Beweis hier nicht eintreten können, auf die Arbeit des Präsidenten der Statistischen Gesellschaft und des Chefs des Statistischen und Kommerziellen Departements im Handels­ amte, des Herrn R. Giffen, welche derselbe unter dem Titel „tli6 progress ok tde working elapses Ln tbe 1a8t balk century in dem Dezemberheft des journal ok tde 8tati8tLeal Loeiet^ Jahrgang 1883 veröffentlicht hat. Ohne die Beweiskraft jedes Arguments und jeder Zahlenreihe in diesem Aufsatz zuzugeben, wird man dem Hauptresultat zustimmen müssen, daß nämlich die Verhältnisse der arbeitenden Klassen in England während des letzten halben Jahrhunderts sich in sehr erfreulicher Weise geändert haben und daß die großartige wirthschaftliche Entwicklung Englands während des letzten Menschen­ alters keiner Bolksklasse mehr zu Gute gekommen ist, als den besitzlosen Hand­ arbeitern"). — So dürfen wir es als das Ergebniß der Untersuchung über die Lage der drei an dem Ertrage der englischen Landwirthschaft beteiligten Volksklaffen aussprechen, daß der Antheil der Arbeiter am Ertrage in der neuesten Zeit erheblich vergrößert, der der Grundeigenthümer und Pächter vermindert worden ist. Von dem Resultate der Produktion hat die Arbeit mehr, haben die äußeren Produktionsmittel weniger erhalten. Von diesen aber hat das bewegliche Kapital des Pächters zuerst die Ungunst der Zeit gefühlt, auf die Dauer aber wird die Einbuße fast ganz von den Besitzern des Grund und Bodens zu tragen sein. I tbink it ma^ de taken kor granted, tbat ^vbat tde labourer ba8 §ot, tbe landlord ^vill lose kor tbe kuture, sagt mit Recht einer der Assistant - Kommissioner (Mr. Little) am Schluß seines Berichtes über diese Verhältnisse. 6) Vergl. ferner in derselben Zeitschrift 'Ide recent decline in tbe en§1isb deatb-rate, and it8 ekkets upon tbe duration ok like, b^ Xoe! Ilumpbrevs vol. XI.VI S. 189 ff.

Schriften XXVII. — Agrarische Zustände rc.

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III.

Kapitel.

Aussichten der englischen Landwirthschaft. Die Ursachen, welche die im vorigen Kapitel geschilderten Zustände herbeiOhne auf eine genauere Erörterung der amerikanischen, australischen, russischen, indischen Landwirthschaft einzugehen und damit unsere Aufgabe wesentlich zu überschreiten, wird man nach Allem, was darüber in letzter Zeit geschrieben worden ist, doch als sicher annehmen dürfen, daß jene Gebiete Getreide und Produkte der Viehzucht in großen Massen und zu niedrigen Preisen während der nächsten Jahrzehnte in unvermindertem, wahrscheinlich aber in noch wachsendem Maße auf den Weltmarkt liefern werden. Die räumliche Ausdehnung der wirthschaftlichen Kultur ist in ökonomischer Beziehung die Signatur unserer Zeit, die nicht mit Unrecht das Zeitalter der Eisenbahnen genannt wird, denn die Eisenbahnen sind es doch hauptsächlich, welche das Innere der Kontinente auf­ geschlossen und die Ausfuhr voluminöser landwirtschaftlicher Produkte aus den­ selben ermöglicht haben ^). Diejenigen Länder, in welchen der landwirthschaftlich benutzte Boden in Folge dichter und wohlhabender Bevölkerung einen besonders hohen Monopolpreis erlangt hat und in welchen man zu sehr intensiver Kultur hat übergehen müssen, werden daher eine längere Zeit andauernde Verschiebung in ihren landwirthschaftlichen und agrarischen Verhältnissen empfinden, denn die natürlichen Produktionsmittel, deren sparsameres oder reichlicheres Vorhandensein im Verhältniß zur Nachfrage die Rente und den Preis der Grundstücke bestimmt und den Charakter der Landwirthschaft vorzugsweise bedingt, sind in unserer Zeit auf einmal in unerwarteter Fülle der civilisirten Menschheit zur Verfügung gestellt. Wenn daher ein Land alter Kultur sich nicht gegen den Weltverkehr

1) ^or all practical purpo868 Odieago i8 not mors äi8tant krom tdi8 country, tdan Aberdeen i8 troin London, sagte ein großer Rheder, Eigenthümer von 30 zum Viehtransporte vorzugsweise dienenden Dampfschiffen bei seiner Vernehmung vor der Kommission.

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III.

Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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absperren und auf die Vortheile, welche die räumliche Ausdehnung der Kultur gewährt, verzichten will, so wird in demselben ein gewisser Druck auf die Rente und die Preise der Grundstücke, und eine Veränderung in der Art des land­ wirthschaftlichen Betriebes unvermeidlich sein. Es scheint aber zweifellos, daß in England, gerade in dem Lande, in welchem die transatlantische Konkurrenz sich am meisten fühlbar machen muß, eine Beschränkung derselben durch Schutzzölle nicht eingeführt werden wird. Der Bericht der überwiegend aus Anhängern der konservativen Partei be­ stehenden Königlichen Kommission, deren Aufgabe es war, nach Mitteln zur Ab­ hülfe der landwirthschaftlichen Noth zu forschen, erwähnt unter den in Betracht zu ziehenden staatlichen Maßregeln dies Hülfsmittel, auf welches die meisten kontinentalen Landwirthe immer zuerst verfallen, gar nicht. Die Berichterstatter und die von der Kommission vernommenen Zeugen berichten fast ausnahmlos, daß der Freihandel, wie hart er auch für manche Landwirthe sei, doch von ihnen als unanfechtbare Thatsache angenommen werde. Die Erfolge, welche das seit einem Menschenalter herrschende handelspolitische System für die Gesundheit und die Entwicklung des ganzen Gemeinwesens und für die besitzlosen und handarbei­ tenden Klassen insbesondere, also für die große Mehrzahl der Bevölkerung gehabt hat, sind so augenfällig, daß auch die schwere Kalamität, welche die Landwirthschaft betroffen, die Freihandelspolitik nicht hat ernstlich in Frage stellen können. An der freien Getreideeinfuhr wird man vor Allem festhalten. Welch eine bittere Noch hätte eine Reihe von Mißjahren, wie die zu Ende des vorigen Jahr­ zehnts, noch vor 50 Jahren über England gebracht, wie wäre die Armenlast und die Sterblichkeit gewachsen, wie viele Keime zu Krankheit hätten die Entbehrungen gelegt! Und jetzt konstatiren die Statistiker, daß die Vitalität des Volks, so lange man dieselbe beobachten kann, niemals so groß, die materielle Lage der Arbeiter niemals so günstig gewesen, wie in jener Periode! Auch ist man sich darüber in England klar, daß eine Wiederein­ führung der Getreidezölle zum Schutz der agrarischen Interessen gleichbedeutend wäre mit einer Verkürzung des Einkommens der besitzlosen Klassen, welche die erhöhten Getreidepreise vorzugsweise zu zahlen hätten und einer Vergrößerung des Einkommens, welches die Grundeigenthümer an Pachtzinsen von ihrem Grundeigenthum beziehen. In einer Zeit, in der die heftigsten Angriffe gegen das Privateigenthum an Grund und Boden Anklang in vielen Gemüthern finden, in der immer lauter die Forderung nach ^atioiml^ation ok I^anä sich erhebt, würde es Wahnsinn sein, eine solche künstliche Verschiebung des Volkseinkommens zu Gunsten der Grundeigenthümer durch staatliche Maßregeln vorzunehmen. Nur in einem Punkte dürfte ein leiser Hauch protektionistischer Tendenzen, aber unter Bestrebungen anderer Art wohl verkleidet, sich geltend machen. Das neue, so eben (Mai 1884) vom Hause der Gemeinen angenommene Viehseuchen­ gesetz ordnet an, daß der Geheime Rath die Einfuhr lebendigen Viehs aus jedem Lande verbieten soll, von dem sich derselbe nicht überzeugt hat, daß mit Rücksicht auf den Gesundheitszustand des in diesem Lande befindlichen, oder aus demselben kommenden Viehs, sowie auf die Gesetzgebung des Landes über Einfuhr und Ausfuhr von Vieh, Einführung und Verbreitung der Maul- und Klauenseuche und auf die Handhabung dieser Gesetzgebung hinlängliche Sicher­ heit gegen die Einschleppung von krankem Vieh vorhanden sei. Die Regierung II*

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halte die Einfuhr als Regel gestatten und den Geheimen Rath nur ermächtigen wollen, die Einfuhr aus verdächtigen Ländern zu verbieten, das Haus der Lords und im Anschluß an die Beschlüsse desselben das Haus der Gemeinen haben aber der Regierung die strengere Fassung aufgen'öthigt. Es darf als zweifelhaft bezeichnet werden, ob die letztere eine so entschiedene Majorität gefunden hätte, wenn nicht die bedrängte Lage der Landwirthschaft in beiden Häusern manchen Mitgliedern eine kleine Beschränkung der ausländischen Konkurrenz als erlaubten Nebenzweck des Gesetzes hätte erscheinen lassen. Indeß ist die schutzzöllnerische Bedeutung der Maßregel doch nur sehr gering, da die Einfuhr aller Sorten Fleisch frei bleibt. Unter diesen Umständen drängen sich natürlicher Weise zwei Fragen vor Allem auf: wie wird die englische Landwirthschaft und die englische Agrarver­ fassung den Kampf bestehen, oder welche Aenderungen werden unter den ob­ waltenden Verhältnissen in der Art des landwirthschaftlichen Betriebes eintreten müssen, und welche Reformen empfehlen sich in der agrarischen Gesetzgebung. Was die erstere Frage angeht, so geht aus den Erhebungen der Kommission, wie aus anderen Zeugnissen zunächst im Allgemeinen Nichts so deutlich hervor, wie die verminderte Rentabilität des Weizenbau es, die relativ besseren Erfolge der Rindviehzucht. Die Erscheinung liegt tief in der Entwickelung der Weltwirthschaft begründet. Die transatlantische Konkurrenz ist entstanden und wächst fortwährend durch den Aufschluß der großen Kontinente. Das kontinentale Klima aber ist für den Getreidebau viel mehr, für die Viehzucht, insbesondere die Rindviehzucht, viel weniger geeignet, als das Seeklima. Das Getreide be­ darf um zu reifen nur weniger warmer Sommermonate, die verhältnißmäßig große Winterkälte, die dem kontinentalen Klima eigen, ist dem Getreidebau wenig schädlich, vor Allem wenn, wie es ja in einem nicht geringen Theile der Ver­ einigten Staaten aus klimatischen Rücksichten geschieht, vorzugsweise Sommer­ getreide gebaut wird?). Für die Viehzucht aber sind die stärkeren Divergenzen der Temperatur höchst nachtheilig. Sie nöthigen in der gemäßigten Zone fast überall zu Bauten für die Unterbringung des Viehs während eines langen und strengen Winters und zu Ansammlung von Winterfutter und kostspieliger Stallfütterung, oder veranlassen, wenn diese Ausgaben vermieden werden, große Ver­ luste im Viehstande während der Winterzeit. Nur in wärmeren Zonen mit sehr verschiedener Höhenlage des Bodens kann diesen Nachtheilen des kontinen­ talen Klimas durch Wechsel des Aufenthalts und Wanderung des Viehs vor­ gebeugt werden. Sonst bietet auch ein heißes Klima für die Produktion von Mastvieh und für die Milcherzeugung manche erschwerende Umstände. England dagegen hat in nassen Sommern und Herbsten ein Mißrathen der Getreideerndte trotz aller Kunst der Landwirthe ebenso zu fürchten, wie andererseits der milde Winter und die Feuchtigkeit der Atmosphäre dem Gras­ wuchs und dem freien Weidegang des Viehs zu statten kommen. Wie rühmten z. B. die von der Kommission vernommenen englischen Landwirthe, welche die Vereinigten Staaten und Canada kannten, die Sicherheit des dortigen Erndtewetters im Vergleich zu dem Regenwetter, welches in England so oft die

2) Die ^rieultural U6turn8 für 1883 geben an, daß 25—3Oo/o alles in den Vereinigten Staaten gebauten Weizens gewöhnlich Sommerweizen sei.

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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Erndte verderbe! Diese Unterschiede in den Naturverhältnissen weisen auf eine Arbeitstheilung in der Landwirthschaft hin, die mit der Zeit immer mehr zur Geltung kommen muß. Denn gegenwärtig wird die Rindviehzucht in den Ver­ einigten Staaten durch das Vorhandensein ausgedehnter Flächen unterstützt, die unentgeltlich oder fast unentgeltlich im extensivsten Betriebe genutzt werden können. Diese Betriebsart aber muß sich mit wachsender und sich ausdehnender Kultur einschränken, während der Getreidebau ganz in der bisherigen Weise noch weiterer Ausdehnung fähig ist. Bei der extensiven Viehwirthschaft ferner, wie sie jetzt in großen Theilen der Vereinigten Staaten üblich ist, bilden sich allerdings Viehschläge aus, die im freien Weidegang dem Wind und Wetter zu trotzen vermögen, aber einmal ist das gewonnene Fleisch nicht von der besten Qualität, und dann ist eine rationelle Milchnutzung bei dieser Wirthschaft nicht möglich. Zu dem klimatischen Unterschiede kommt nun, daß trotz aller Fortschritte die Transportability der Produkte der Viehzucht, besonders der besseren Qualität, noch nicht zu vergleichen ist mit der des Getreides. Frische Milch und die besten Qualitäten frischen Fleisches können auch heutzutage noch nicht weit ent­ fernt vom Markte erzeugt werden, und auch die geringeren Qualitäten von Fleisch und lebendes Vieh bieten dem Transport doch immer noch mehr Schwierigkeiten als Weizen oder Mais. Die von der Kommission über die amerikanischen Konkurrenzverhältnisse vernommenen Sachkundigen halten daher auch das Mitwerben der Vereinigten Staaten in Bezug auf die Produkte der Rindviehzucht für viel weniger bedenklich, als in Bezug auf Getreide. So ins­ besondere der zweite, nicht ins Deutsche übersetzte Bericht von Mr. Clay jun. über amerikanische Landwirthschaft, ferner der Chef eines der größten Vieheinfuhr­ geschäfte, John Swan u. Sons in Edinburg, der Manager des Local Neat Narket in London, ein mit den amerikanischen Verhältnissen durch wiederholten Aufenthalt in den Vereinigten Staaten genauer bekannter Landwirth George Conan u. A. — Sie Alle heben die geringere Konkurrenz hervor, die Amerika dem Rindvieh und vor Allem den Milchwirthschaften machen könne. Nur bei Käse sei sie zeitweilig recht fühlbar gewesen, aber auch die besten Sorten eng­ lischer Käse hätten immer ihren Preis behauptet und der englische Geschmack habe sich bald von dem schlechteren amerikanischen Käse wieder abgewandt; frisches Fleisch leide doch immer durch den Transport, sowohl in gefrorenem Zustande, wie in Büchsen versandt verliere es an Wohlgeschmacko). Der Hauptimport an Fleisch geschieht daher noch immer in gesalzenem oder geräuchertem Zustande. Der Transport von lebendem Rindvieh freilich habe eine größere Zukunft als der von Fleisch, schon jetzt komme Rindvieh von den Vereinigten Staaten in besserem Zustand herüber, als von Holland und anderen näher gelegenen Ländern. Diese Zufuhr wäre der größten Ausdehnung fähig, wenn Rindvieh 1. Qualität in Amerika in genügender Menge für die Nachfrage vorhanden wäre. Das sei 3) Der Eigenthümer der großen Leyland-Dampfschifflinie, die vorzugsweise mit Vieh-, Fleisch- und Getreideimport beschäftigt ist, meinte sogar vor der Kommission, die Einfuhr von gefrorenem Fleisch habe sich so wenig bewährt, daß sie wahr­ scheinlich wieder aufhören werde. Davon hätten die englischen Landwirthe keine ernstliche Konkurrenz zu fürchten. Seit dieser Aussage (22. Febr. 1882) hat aber der Transport von Fleisch, besonders von australischem Hammelfleisch doch Wohl noch einige Fortschritte gemacht.

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aber keineswegs der Fall. Die Bestände davon seien durch den großen Verbrauch der letzten Jahre rasch erschöpft worden. Immer mehr aber verfeinere sich der Geschmack in England und auch im Osten der Vereinigten Staaten in Bezug auf die Qualität des Fleisches. Noch weniger aber als die Produktion von bestem Rindfleisch habe die Produktion von bestem Schaffleisch die amerikanische Konkurrenz zu fürchten. Denn der größte Theil der Vereinigten Staaten sei für die Schafzucht wenig geeignet und lebende Schafe litten bei dem Seetrans­ port mehr als Rindvieh. Für die Wolle freilich und Schaffleisch schlechterer Qualität macht sich dagegen das Mitwerben von Australien immer fühlbarer und auch die Einfuhr an lebenden Schafen von dem Kontinent, insbesondere aus Deutschland, zeigt eine merkliche Zunahme. Außer diesen günstigeren Konkurrenzverhältnissen drängt aber die englische Landwirthschaft der Umstand zur Viehzucht, daß der Verbrauch ihrer Produkte in viel größeren Dimensionen steigt, als der des Getreides. „Vor 30 Jahren," schreibt ein vortrefflicher Beobachter und Statistiker, Sir James Caird a. a. O. S. 28, 29, „konsumirte wahrscheinlich nicht mehr als ein Drittel der Be­ völkerung dieses Landes mehr als einmal in der Woche thierische Nahrung. Jetzt essen fast Alle einmal den Tag wenigstens thierische Nahrung, Fleisch, Käse oder Butter. Das hat die mittlere Konsumtion davon auf deu Kopf der Bevölkerung mehr als verdoppelt und unter Berücksichtigung der Volkszunahme die Gesammtkonsumtion thierischer Nahrungsmittel in unserem Lande wahr­ scheinlich verdreifacht." Es ist auch höchst wahrscheinlich, daß die Entwickelung in dieser Richtung weiter fortschreitet. So glaubt man vor Allem, daß die Konsumtion frischer Milch in den großen englischen Städten, wenn die Art der Zufuhr und Versorgung verbessert wird, noch einer sehr großen Steigerung fähig, ist.

Ganz anders als in Bezug auf Rindvieh- und Schafzucht liegen freilich die Dinge hinsichtlich der Schweinezucht. In der reichen Produktion von wohlfeilem Mais liegt für die Mästung der Schweine in den Vereinigten Staaten ein großer Vortheil und auch sonst scheint die Zucht dieses Thieres für die amerikanischen Wirthschaften besonders zu passen. Man dürfe als sicher annehmen, meinen Clay jun. u. A., daß in der Regel Schweine wohlfeiler in Amerika als in England gezüchtet werden könnten. Schweinefleisch wird über­ dies mehr in geräuchertem oder gesalzenen! Zustande als Speck, Schinken u. s. w. konsumirt, als Rind- oder Schaffleisch. Es verträgt daher besser den weiten Transport. In diesem Zweige der Thierzucht haben daher die meisten Sach­ verständigen fast alle Hoffnung aufgegeben. Die Verschiedenheit der Konkurrenzverhältnisse in Bezug auf die Produkte der Viehzucht und des Getreides hat sich denn auch in den Preisen der land­ wirthschaftlichen Produkte, wie schon früher hervorgehoben, in merklicher Weise fühlbar gemacht. Die Preise fast aller Produkte der Rindviehzucht sind auch in neuester Zeit noch gestiegen, die der wichtigsten Getreidesorten entweder gefallen oder unverändert geblieben. Wie sehr diese den Produkten der Vieh­ zucht günstige Preisverschiebung nicht nur gegenüber dem Getreide, sondern auch gegenüber anderen Waarengattungen besteht und auch im Jahr 1883 fortgedauert hat, zeigt eine Tabelle, welche der Economist in seinem Nontax

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Iraäe 8uppl6M6nt vom 10. Mai 1884 lieferte. Einfuhr im Jahr 1883:

Darnach betrug die englische

Werth nach der Ein- und Ausfuhrstatistik für 1883 (deklarirter Werth)

Werth nach den Preisen von 1873 berechnet

K

!

I. Nahrungsmittel für Menschen und Thiere: a) thierische Nahrungs­ 51 209 000 mittel................ b) Begetabilische Nah­ 102 783 000 rungsmittel .... e) Getränke (deveraZes). 24 643 000 ä) Verschiedene Konfum15 418 000 tionsgegenstände . . Zusammen ll. Webestoffe: a) Baumwolle .... d) Flachs...................... e) Hanf.......................... ä) Jute.......................... e) Wolle (thierische) und Lumpen................ Zusammen III. Metalle......................... IV. Manufakturwaaren. . V. Verschiedene Maaten .

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49 273 000 125 259 000 30 040 000

18 364 000

222 936 000

194 053 000

61 601 000 3 734 000 2 671000 5 792 000

44 279 000 2 877 000 2 364 000 4 524 000

32 310 000

26 718 000 80 762 000

106 108 000

17 860 000 8 875 000 41 809 000

28119 000 10 040 000 48 408 000

Unter allen Waarengattungen sind es also nur die Produkte der Viehzucht, welche im Jahr 1883 theurer waren, als 1873. — Daraus entspringt aber für die Viehzucht im Vergleich zum Getreidebau noch ein anderer Vortheil. Ebenso wie das für die menschliche Nahrung bestimmte Getreide, so sind auch viele Nahrungsmittel des Viehs (Mais, Hafer, Oelkuchen, Leinsaat, Baumwollensamen u. s. w.) aus fremden Ländern jetzt viel billiger als früher zu erhallen. Die englische Landwirthschaft hat von diesen Futtermitteln neben dem Grünfutter schon seit geraumer Zeit reichlichen, in den letzten Jahren noch stark wachsenden Gebrauch gemacht. Die Einfuhr von Mais z. B., welche im Durchschnitt der 3 Jahre 1863—65 8 706 188 Ztr. betrug, belief sich im Durchschnitt der 5 Jahre 1878—82 auf 33 360 719 Ztr. An Baumwollensaat wurden im Durchschnitt der Jahre 1863—64 importirt 73400 Ztr., im Durchschnitt 1881 und 82 220 649 Ztr., an Oelkuchen in der ersteren Periode durchschnittlich 97 068 Ztr., in der letzteren 205 763 Ztr. Nimmt man nun endlich hinzu, daß während der Ackerbau durch die Steigerung des Arbeitslohnes bei gleichbleibenden oder sinkenden Produktenpreisen schwer bedrängt

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wird, bei freiem Weidegang des Viehs, wie er in England einen so großen Theil des Jahres stattfinden kann, die Lohnausgaben viel weniger ins Gewicht fallen, so kann von der Erhöhung der Produktionskosten bei gleichbleibenden Produktenpreisen, welche der charakteristische Zug für die Situation des Getreide­ baues in ganz Westeuropa sind, bei der englischen Viehzucht eigentlich kaum die Rede sein. — Die Folge von alledem ist die seit geraumer Zeit fortdauernde, augenfälligste und wichtigste Verschiebung in den landwirthschaftlichen Verhältnissen Englands, nämlich die Verwandlung von Ackerland in Grasland, die Aus­ dehnung der Weidewirthschaft statt des Ackerbaues. Das permanente Gras- oder Weideland hat ganz kontinuirlich in jedem Jahre, seitdem eine Anbaustatistik in England vorhanden ist, zugenommen, das Ackerland ebenso, wenn auch nicht ganz in gleichem Maße abgenommen. Der Unterschied in der Zu­ nahme einerseits, der Abnahme andrerseits erklärt sich, wie die Herausgeber der Anbaustatistik bemerken, aus dem Umstande, daß bisher wüstes Land in Kultur genommen, eingehegt und vorzugsweise als Grasland genutzt wird. Das dauernde Grasland (Heide und Bergweide ausgeschlossen) betrug in England

1871 9 881 833, 1883 12 008 679, in Wales 1871 1494465, 1883 1 865 406 Acres, das gesammte Ackerland in England 1871 13 835 827 1883 12 786 380, in Wales 1871 1 110 352, 1883 934 588 Acres. Unter dem Ackerland ist alles nur vorübergehend in Feldgraswirthschaft zu Graswuchs niedergelegte Land eingeschlossen. Es ist freilich wohl kaum ein Zweifel, daß diese Bewegung schon älteren Datums ist und nur in neuerer Zeit wieder ein lebhafteres Tempo angenommen hat. Die hohen Getreidepreise zu Anfang des Jahrhunderts, die erst allmählich wieder gesunken sind, hatten in der Napoleo­ nischen Zeit viele Weiden unter den Pflug gebracht, die bei niedrigeren Preisen in den früheren Zustand zurückkehrten. Schon vor Jahrzehnten ist daher Land, das damals eine Zeit lang bebaut war, wieder in Grasland verwandelt worden, nachdem, wie wenigstens der Kommissar für den Nordwesten versichert, seine Qualität mitunter durch den Getreidebau sehr verschlechtert war. In neuester Zeit aber ist das, wie die angeführten Zahlen zeigen, in stark vermehrtem Maße geschehen und alle Sachkundigen versichern, daß die Verwandlung von Acker­ land in Grasland noch weiter fortgehe und voraussichtlich noch ferner fortschreiten würde. Sie würde sich sogar noch viel rascher vollziehen, wenn der Prozeß nicht so kostspielig wäre, daß derselbe von auf Herrengunst sitzenden Pächtern ohne Zusicherung einer Schadloshaltung seitens der Eigenthümer beim Abzug der Pächter nicht vorgenommen werden kann. Die Melioration gilt deshalb bisher allgemein auch als eine solche, deren Kosten vom Eigenthümer zu tragen sind. Es gehört daher eine Verständigung beider Theile dazu, die mitunter Schwierig­ keiten hat. Ein Landagent aus Devonshire berichtet, er habe in vielen Fällen mit den Pächtern dahin abgeschlossen, daß der Eigenthümer auf zwei Jahre Pachtzins verzichte und den Grassamen liefere, dafür müsse der Pächter das Land gründlich reinigen und ohne jede andere begleitende Aussaat, Rübsen allein ausgenommen, zu Gras niederlegen. Das koste den Eigenthümer etwa 4 A an eingebüßtem Pachtzins und 25 sli. für Grassamen. Mitunter aber sind in den letzten Zeiten weder Pächter noch Eigenthümer in der Lage gewesen, die Auslagen tragen zu können. Einzelne Sachkundige meinen auch, in ihrer

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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Gegend sei früher bei hohen Getreidepreisen ohne Zweifel zu viel Grasland aufgebrochen. Es sei aber jetzt zweifelhaft, ob die Kosten der Wiederherstellung sich lohnen würden. Um gutes Grasland herzustellen, ist vorher Drainirung, sorgfältige Reinigung und starke Düngung des Bodens nothwendig. Der Gras­ samen, dessen Preis bei Wahl guter Sorten auf 15—20 sü. pro Acre von einem Zeugen angegeben wird, wird in trockener Gegend mit einer Getreideerndte, in feuchter ohne dieselbe untergebracht. Die Kosten des ganzen Ver­ fahrens werden von verschiedenen Zeugen auf 3—4—5 A pro Acre angegeben, bei minderer Sorgfalt und Aussaat von bloßem Raigras hat einer derselben nur 25 sft. Auslagen gehabt. Es vergehen aber jedenfalls 7-10 Jahre und mehr, ehe eine gute Grasnarbe sich gebildet hat. Im ersten Jahr vermeidet man die Beweidung am besten ganz, im zweiten kann leichteres Vieh aufgetrieben werden. Je nach der Qualität des Lands hilft man mit Knochenmehldüngung nach. Um die Bildungszeil der Grasnarbe abzukürzen, hat man auch wohl den Weg einer Abschälung der Grasnarbe von altem Grasland in einer Stärke von ^4 bis zu 1 Zoll und Uebertragung der Grasstücke auf das neu zu bildende Grasland eingeschlagen. Die Stücke werden dann in Reihen von ca. 9 Zok-Breite und in ebenso großen Intervallen aufgelegt. In Verbindung mit der Aussaat von Grassamen soll so rascher eine gute Grasnarbe hergestellt werden und auf dem abgeschälten Graslande, wenn dasselbe nur nicht tiefer als 1 Zoll abgeschält ist, das Gras von selbst wieder wachsen. Die Kosten dieses Verfahrens werden nur auf ca. 3 pro Acre angegeben. Zu den Kosten der Herstellung des Graslandes muß aber bei einer guten Milch- oder Mastwirthschaft eine Ver­ stärkung des landwirthschaftlichen Betriebskapitals kommen. Der AssistantCommissioner für den Norden schätzt, daß ein Pächter auf einer Farm mit Ackerbau 8—10 pro Acre, auf einer Gras- und Weidefarm 10—12 A nöthig habe. Zur Zeit freilich sei in der Regel weniger vorhanden (32 985). Bei Milch­ wirthschaften, erklärte der Land-Stewart des Herzogthums Cornwall, verlangen wir sogar, daß der Pächter 20 .E pro Acre Kapital hat. Andere Sachkundige machen niedrigere Schätzungen, z. B. 0 auf arable karm8, 7 10 8Ü. auf grass furm8 (4667), aber immer wird das Kapital, welches für eine Weide­ wirthschaft nothwendig sei, höher angegeben, als das für eine Ackerwirthschaft erforderliche. Es kann freilich auch die Weidewirthschaft mit viel geringerem Kapital als der Ackerbau betrieben werden und in manchen Fällen, insbesondere, wo der Eigenthümer das Gut hat übernehmen müssen, und er eine dürftige Weidewirthschaft nothgedrungen betreibt, wird das ohne Zweifel der Fall sein. Aber das scheinen doch im Ganzen nur seltene Ausnahmezustände zu sein. Natürlicher Weise nimmt denn auch in Folge der Ausdehnung des Gras­ landes der Viehstand in England, nachdem die schweren Kalamitäten der Jahre 1878—80 vorüber sind, wieder allmählich zu. Die ^Zrieultura! Ueturn8 für 1883 weisen einen Rindviehstand nach, der den aller früheren Jahre, 1874 und 1875 allein ausgenommen, übertrifft und auch die Zahl der Schafe ist größer als in den beiden vorangehenden Jahren. Um dies Resultat zu würdigen, muß man den enormen Kapitalverlust der vorangegangenen Zeit und den dadurch entstandenen äußersten Mangel an Mitteln bei vielen Pächtern, sowie die beständigen Fortschritte in der Qualität des Viehs berücksichtigen. Die Weidewirthschaft, welche in England das Ackerland zur Zeit verdrängt,

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Erwin Nasse.

Agrarische Zustände in England.

ist also keineswegs ein extensiveres Wirthschaftssystem als der Getreidebau. Das auf eine gleiche Fläche verwandte Kapital wird vielmehr in der Regel bei diesem Uebergange verstärkt. Aber es ist ein Uebergang zu einem kapitalintensiveren, nicht zu einem arbeitsintensiverem System. Die Menge der auf einer gleichen Fläche beschäftigten Arbeiter wird ohne Zweifel kleiner und in Verbindung mit der vermehrten Anwendung von Maschinen beim Ackerbau hat dieser Uebergang zur Folge, daß die Zahl der in der Landwirthschaft beschäftigten Bevölkerung von Zählung zu Zählung eine Abnahme zeigt. Es wurden gezählt Beschäftigte

im Jahre

Oowmereial OIas8 . . . . ^

^.ZrieuHural 01as8 .

.

.

1861 18810 1861 1881 1861 1881

.

männlichen ! Geschlechts

weiblichen

585 420 960 661 3 262 510 4 795 178 1 631 652 1 318 344

38 290 19 467 1 565 889 1 578 189 378 802 64 840

Geschlechts

zusammen

623 710 980 128 4 828 399 6 373 367 2 010 454 1 383 184

Die letztere, die landwirthschaftliche Klaffe zerfällt nach den beiden Zählungen in folgende Unterabtheilungen:

im Jahre

I.

Personen in der Land-i wirthschaft beschäftigt s 1. in Acker- und Weideland l (Üe1ä8 anä pastures. s 2. im Walde........................( !

3. in Gärten...................... II. bei Thieren.......................
! !

1861 1881 1861 1881 1861

1881 1861 1881 1861 1881

männlichen > Geschlechts

1 1 1 1

545 667 214 453 457 075 135 763 8 917 8151 79 140 70 559 85 985 103 891

weiblichen Geschlechts

378 443 64 171 376 577 61 073 9

1250 3 098 359 669

zusammen

1 1 1 1

924110 287 624 833 652 196 836 8 926 8151 80 390 73 657 86 344 104 560

Die Zunahme der letzteren Klafft: kommt nich't auf Rechnu ng des landwirthschaftlichen Gewerbes, sondern entsteht hauptsächlich durch die Vermehrung der gewerbsmäßigen Vieh- und Pferdehändler, Pferdevermiether, Pferdeknechte, Fischer, Thierärzte u. s. w. In den Erhebungen über die weiblichen Beschäftigten muß eine Aenderung in dem Princip der Aufnahme vorgenommen sein. Im Uebrigen scheinen die Zahlen der beiden Erhebungen wohl vergleichbar und

4) Die Zahlen für 1881 danke ich der gütigen Bemühung meines Kollegen, Herrn Dr. Gering, welcher dieselben für mich, da der amtliche Censusbericht für 1881 mir nicht zur Hand war, in Berlin ercerpirt hat.

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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lassen die Abnahme der ländlichen Bevölkerung deutlich erkennen. Noch besser erhellt dieselbe aus einer Vergleichung der in den besonderen Zweigen des land­ wirthschaftlichen Gewerbes beschäftigten Personen:

Weniger als 20 Jahre alt

20 Jahre und mehr alt

Weib­ männ­ lichen lichen Gesch lechts

Weib­ männ­ lichen lichen Geschllechts

Zusammen

Jahr

Selbstständige Land-s Wirthe (^armer8 > 6ra?ier8) s Farmers') Sohn, lEnkel, Bruder, Neffe/ Gutsverwalter s (tarmbailiÜZ) s Landwirthschaftliche l! Arbeiter und Dienst-boten )

Schäfer, Hüter Förster, Waldwärt erl (nooämev) j

1861 1881

938 937

1861 1881 1861 1881

32 277 28 076 142 163

1861 1881

283 942 221 650

1861 1881 1861 1881

4 900 2 750 993 644

27 226 019 52 202 392 — — — —

60 044 47121 15 556 19 214

30 920 788 760 10 961 585 958 —

— —

20 659 20 094 7 914 7 484

22 715 20 562 — — — —

männ­ liche

weib­ liche

226 957 22 742 203 329 20 614 __ — — —

92 321 75 197 15 698 19 377

59 605 1 072 702 90 525 29 385 807 608 40 346 — — —

25 559 22 844 8 907 8151



— —

Besonders deutlich spricht die Abnahme der landwirthschaftlichen Arbeiter, Dienstboten und Schäfer, aber auch die der selbständigen Landwirthe ist schwerlich nur verschiedener Art oder Genauigkeit der Zählungen zuzuschreiben, sondern auch auf Konsolidation von Landgütern zurückzuführen. Die Abnahme der in der Landwirthschaft beschäftigten Arbeitskraft, die Tendenz zu vermehrter Kapitalverwendung in diesem Gewerbe ist ebenso wie die wachsende Benutzung der klimatischen Vorzüge des Landes für die Viehzucht großenteils eine Folge der großartigen Ausbildung der internationalen Arbeits­ theilung, welche unserer Zeit eigenthümlich ist und vorzugsweise in dem Lande mit größter Zugänglichkeit und freiem Handel sich zeigt. Nicht nur das Klima, sondern auch der verhältnißmäßig große Kapitalreichchum, sowie die hohe Produktivität der nationalen Arbeit in der Großindustrie und im Handel weisen England auf eine Viehwirthschaft mit freiem Weidegang und starkem Futterzukauf, auf eine starke Einschränkung des Getreidebaues hin. Wir haben, so will es uns scheinen, in Deutschland glücklicher Weise nicht zu befürchten, daß die Ausbildung der Weltwirtschaft, auch wenn wir sie nicht durch hohe Zölle hemmen, in ähnlicher Weise auf unsere Landwirthschaft wirken wird, wie auf die englische. Die wohlfeile und vor

5) In dem Censusbericht von 1881 findet sich die Anmerkung: Nur männliche Verwandte, lebend bei dem Farmer und deshalb wahrscheinlich in der Landwirth­ schaft beschäftigt, sind unter diesem Titel eingeschlossen.

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

Allem die intelligente Arbeitskraft dürfte gerade der spezifische nationale Pro­ duktionsvortheil der deutschen Landwirthschaft sein und diejenigen Zweige des Gewerbes, die entweder selbst, oder durch die mit demselben unmittelbar ver­ bundenen industriellen Nebengewerbe viele intelligente Arbeit erfordern, in Deutsch­ land die größte Zukunft haben. Zu einer Graswirthschaft wie in England fehlen in dem größten Theil unseres Landes auch ganz die natürlichen Be­ dingungen. In der Geschichte fehlt es nicht an Beispielen, wo der Uebergang vom Acker­ bau zur Weidewirthschaft mit einem Verschwinden der kleinen Wirthschaften verbunden gewesen ist und es ist daher wohl möglich, daß auch in einigen Theilen von England dieser Vorgang die vorhandene Tendenz zur Vergrößerung der Farms noch verstärken wird. Ist doch in dem benachbarten Schottland der kleine Ackerbauernstand in größter Ausdehnung noch in diesem Jahrhundert durch große Weidewirthschaften verdrängt worden! Insbesondere muß man da, wo Schafzucht und Aufzucht von Rindvieh der ausschließliche oder der hauptsächlichste Zweck der Landwirthschaft ist, eine solche Wirkung befürchten. In England aber ist zur Zeit außer der Produktion von Fleisch doch vor Allem die von Milch, Käse und Butter die Hauptaufgabe der Viehzucht und für die Herstellung dieser Erzeugnisse dürfte die mittlere und kleinere Landwirthschaft entschiedene Vorzüge vor der großen haben. Die Milchwirthschaften (vair^ karms) sind denn auch nach den Aussagen im Bericht fast durchweg kleinere Wirthschaften. Sie haben die schlimmen Zeiten verhältnißmäßig gut überstanden. Eine der Grafschaften z. B., die am wenigsten gelitten haben, Derbyshire, besteht fast ganz aus kleineren Milch- und Käsewirthschaften. Auf 391 776 dauerndes Grasland kamen nur 63 940 Acres mit Getreide bestelltes Land, und während in ganz England

1880 von 100 Farms 32 größer als 300 Acres, 27 kleiner als 100 Acres waren, betrug die Zahl der Farms von mehr als 300 Acres in Derbyshire nur 11 O y, der unter 100 Acres aber 47 o y der Gesammtzahl. Die kleinen Milchwirthschaften in dieser Grafschaft haben großen Vortheil gehabt von der seit 1869 zuerst durch amerikanische Unternehmer erfolgten Errichtung von Käsefabriken, die jetzt in der Regel gemeinschaftliches Eigenthum der Pächter sind, sowie von der Fürsorge, welche die Direktion der Midlandeisenbahn für die Entwicklung des Milchtransports nach großen Städten getragen hat. Durch die Käsefabriken sind die Produktionskosten vermindert, ist das Produkt wesentlich verbessert und ein regelmäßiger Absatz unter Beseitigung der die kleineren Pächter übervortheilenden Zwischenhändler (eüeese 1aetor8) gesichert worden. Sie dienen zugleich als Entrepots für die Versendung frischer Milch, aus denen die Händler in den großen Städten je nach Bedarf frische Milch beziehen. Denn der Konsum derselben ist von ganz außerordentlich wechselnder Größe. An Feiertagen und an heißen Tagen werden sehr viel größere Mengen von den arbeitenden Klassen getrunken, als an gewöhnlichen Tagen. Da ist es denn von großem Vortheil, telegraphisch jede beliebige Quantität bestellen und binnen kurzer Frist empfangen zu können. Die Käsefabrikation wird dem­ entsprechend eingeschränkt und ausgedehnt und so jeder Verlust vermieden. Die ganz großen Milchhändler haben deshalb auch ihre eigenen Käsefabriken in der Nähe von Eisenbahnstationen angelegt oder erworben, um jede überschüssige Quantität Milch jederzeit verwerthen zu können. Das Entgegenkommen der

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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Mälanä Railway Oompan^ wird dabei sehr gerühmt o). In Folge derselben sei der Milchtransport auf dieser Linie in wenigen Jahren von 720 000 Gallonen auf 5 500 000 Gallonenim Jahre 1880 gestiegen. Die Zeugen äußern sich fast durchgehends sehr hoffnungsvoll in Bezug auf die weitere Entwicklung des Verkehrs und auf das Wachsen der Milchkonsunttion in den großen Städten. Von vielen andern Sachkundigen freilich wird geklagt, daß die Organisation des Milchabsatzes in den volkreichen Städten noch sehr mangelhaft sei und dringend der Vervoll­ kommnung bedürfe. Die große Preissteigerung der Milch in den englischen Städten komme in der Regel der Landwirthschaft nicht zu Gute, sondern dem Zwischenhandel. Die Milchwirthe der Grafschaften in der Mitte von England könnten leicht im Sommer für 8 — 9 6. die Gallone, im Winter für 10-11 ä. die Milch frei an die Londoner Eisenbahnstationen liefern. Den Konsumenten in London werde sie dann zu dem'ziemlich gleichbleibenden Preise von 20 ä. die Gallone verkauft, so daß der Vertrieb in der Stadt mehr koste, als die Produktion und der Transport nach London. Fast noch schlechter sei der Ver­ trieb in kleinen Orten und auf dem Lande organifirt. In manchen kleineren Ortschaften sei es für die arbeitenden Klassen kaum möglich, Milch zu erhalten. Da würden verbesserte Vertriebseinrichtungen, die durch gemeinsame Ver­ anstaltungen der Landwirthe wie jene der Käsefabriken in Derbyshire zu treffen wären, die Milchkonsumtion noch enorm steigern und der Landwirthschaft zu lohnendem Preise einen stark vermehrten Absatz sichern können (vergl. George C. Brodrick a. a. O. S. 295 ff.). In einigen Gegenden haben die Landwirthe die Verwerthung der Milch eigenen Unternehmern überlassen. Der Landwirth stellt die Milchkühe und füttert sie, trägt das Risiko im Fall ihres Todes und erhält für die Milch von dem Milchpächter 10 A oder 11 A für jede Kuh. Es sind das Verträge, wie sie früher auch auf norddeutschen Gütern üblich waren, wo die Milchpächter Holländer hießen. Das System scheint in England auf die abgelegenen Gegenden (Devonshire z. B.) beschränkt zu sein, aber dort auch von kleinen Wirthen mit 8—20 Kühen befolgt zu werden. Auffallend ist, wie sehr in den englischen Milchwirtschaften meistens die Käseproduktion und der Absatz frischer Milch im Vergleich der Butterproduktion überwiegt. Der Verwalter des großen Niälanä Hotel, welcher zugleich eine Reihe von Eisenbahnrestaurationen auf der Midlandlinie führt, die mitten durch den erwähnten Käse- und Milchdistrikt hindurch führt, erzählt, daß er sich vergeblich Mühe gegeben, englische Butter in hinlänglicher Quantität zu bekommen, er sehe sich genöthigt, wöchentlich 200—300 Pfund französische Butter zu kaufen, die schlechter sei als die englische. — Die Einfuhr fremder Butter

6) Die Gesellschaft transportirt zu folgenden Frachtsätzen: Für jede Entfernung unter 20 engl. Meilen */2 ä. pr. Gallone, Minimalfracht 6 ä. „ „ „ über 20 u. unter 40 engl. „ „ 9 „ „ /, „ "10 „ „ 100 „ „ 1 ä. „ „ „ 1 8. „ „ „ „ 100 „ „ 150 „ „ 1V4 ä. „ „ „ 1 8. 3 6. „ „ „ „ 150 Meilen 1^2 ä. ,, „ „ 1 8. 6 ä. Die entfernteste Station, von welcher auf dieser Bahn regelmäßige Milch­ beförderung nach London stattfindet, ist 140^/2 englische Meilen von der Hauptstadt entfernt. 7) 1 Gallone -- 4,54346 Liter.

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in das Vereinigte Königreich betrug denn auch 1883 2 169 717 Ztr. im Werthe von 11350 000 während die von Käse nur das Gewicht von 1694 623 Ztr. im Werthe von 4 749 870 A erreichte. Sachkundige (5899) meinen, daß die Errichtung gemeinschaftlicher Butterfabriken nach Art der Käsefabriken der Buttererzeugung aufhelfen könne. Die vermehrte Richtung auf Graswirthschaft und Viehzucht ist zwar die wichtigste und augenfälligste, aber keineswegs die einzige Tendenz, welche in der englischen Landwirthschaft in Folge der transatlantischen Konkurrenzverhältnisse bemerkbar ist. In dem englischen Getreidebau geht insofern eine Veränderung vor, als der Bau von Weizen gegenüber dem von Gerste und Hafer zurücktritt. Wir verzichten darauf, die verschiedenen Angaben über die Produktionskosten der amerikanischen und englischen Weizenkultur* und der Rentabilität des englischen Weizenbaues, welche die Sachkundigen vor der Kommission gemacht haben, hier vorzuführen. Solche Berechnungen scheinen uns von geringem Werthe. Die Preise, zu welchen viele wesentliche Posten in Rechnung gestellt werden, sind bei der Verbindung, in welcher die verschiedenen Zweige der Landwirthschaft, namentlich Ackerbau und Viehzucht, in der Regel mit einander stehen und den mangelnden Marktpreisen für manche Futter- und Düngungsmittel, sowie für die eigenen Arbeitsleistungen des Landwirthes immer mehr oder weniger will­ kürlich. Die nicht willkürlichen Faktoren der Rechnung aber sind von örtlichen und zeitlichen Preisverschiedenheilen, von der Ungleichheit der lokalen Produktions­ bedingungen, den Eigenthümlichkeiten der einzelnen Wirthschaften so beeinflußt, daß es eine sehr mißliche Sache ist, auf das Resultat solcher Rechnungen praktische Folgerungen zu bauen. Aber sicher scheint uns, daß die trans­ atlantische Konkurrenz sich nicht in demselben Maße für Gerste und Hafer, wie für Weizen fühlbar macht. (S. Tafel II des Anhangs.) Die Qualität der amerikanischen Gerste und des Hafers sei zu schlecht, sagen viele Zeugen, als daß diese Früchte in England einen guten Markt finden könnten. Die Landwirthe klagen über die Einfuhr der Chevaliergerste aus der Provinz Sachsen (Saale darlez ). Ihr werde von den großen Bauern der Vorzug auch vor der englischen gegeben, ein Pächter versichert, daß für preußische Gerste 56 sd. bezahlt werde, während er nur 32 sd erhalte. Aber darüber sind Alle einig, daß amerikanische Gerste zum Brauen nicht zu brauchen sei. Die mit Weizen bestellte Fläche zeigt daher in England und Wales von 1872—1883 einen Rückgang von 3 463 255 auf 2 544 990 Acres, die Ausdehnung des Gerstenbaues ist ungefähr dieselbe geblieben (2 064470 Acres 1872 und 2 046 443 Acres 1883), die des Hafers hat noch etwas zugenommen (1698149 Acres 1872 und 1 784485 Acres 1883). Entsprechend dieser Entwicklung ist denn auch die jährliche Einfuhr von Weizen und Weizenmehl von 27 386 562 Ztr. im Durchschnitt der Jahre

1863—65 auf 70 541 567 Ztr. im Durchschnitt der Jahre 1880—82, dagegen die von Gerste nur von 6 707 936 Ztr. in der ersten Periode auf 12 350449 Ztr. in der zweiten, die von Hafer von 6 590 925 Ztr. auf 12 596 436 Ztr. gestiegen. Schon wegen dieser relativ günstigen Lage des Gersten- und Haferbaues ist kaum zu befürchten, es werde der englische Getreidebau einmal fast voll­

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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ständig durch andere Kulturen verdrängt werden. Denn, wie wir sehen, ist es nur der Anbau einer, wenn auch der wichtigsten Getreideart, die fortwährend Einschränkungen erfährt und voraussichtlich noch weiter erfahren wird. Ein erheblicher Theil des Landes ist auch in England von Natur zum Graswuchs wenig geeignet und es scheint nicht, als ob auf dem Ackerlande der Anbau von Handelsgewächsen, Zuckerrüben und Kartoffeln dem Getreidebau in England wesentlichen Eintrag thun würde. Die verhältnißmäßig große Arbeitsverwendung, welche die meisten Gewerbspflanzen bei ihrem Anbau, Kartoffeln und Zucker­ rüben außerdem bei ihrer weiteren, in der Nähe des Produktionsortes erforder­ lichen Verarbeitung bedürfen, sowie der konservative Charakter des englischen Landwirthes verhindern die Ausdehnung dieser für die deutsche Landwirthschaft immer wichtiger werdenden Kulturen. Dagegen besteht die Stärke des englischen Getreidebaues von Alters her in der Verbindung mit der Viehzucht, und heutzutage hat diese Verbindung natürlich an Bedeutung noch gewonnen. Der Theil des Ackerlandes, der mit Früchten für die Nahrung des Viehs bestimmt ist, hat daher trotz der allgemeinen Abnahme des Ackerlandes und der Ausdehnung des Graslandes, sowie trotz der sehr vergrößerten Einfuhr an Viehfutter, nur unerheblich abgenommen, relativ aber im Verhältniß zum Getreideland merklich zugenommen. Folgende Zahlen setzen das Verhältniß ins Licht. Nach den ^Zrieultural Returns für 1883 waren:

Ackerland 1872

1883

1872

1883

Acres

Acres

Acres

Acres

12 786 380

7 576 698

6 751 768

934 588

561 916

474 775

England.............................. IS 839 369 Wales......................................... II037S8

j !!

mit Grünfrüchten (ßreen crops 8)

1872

Wales

....

. . .

. . . .

^

mit Klee und Gras in Fruchtfolge

1883

1872

1883

Acres

Acres

Acres

2 778 925

2 627 075

2 822 392

2 584 794

136 065

123 927

370 850

309 124

Acres England.... .

davon bestellt mit Getreide

!

Demnach ist in England in den letzten 12 Jahren der Antheil des mit Getreide bestellten Landes an der Gesammtfläche des Ackerlandes von 54,7 o/o

8) Oreen crops nennt die englische Statistik Kartoffeln, alle Arten von Rüben und Kohl, Wicken und alle andern Futterkräuter, Klee und Gras ausgenommen.

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

auf 52,9 o/v heruntergegangen, des mit sog. Grünfrüchten bestellten von 20,08 o/o auf 20,7i o/o gestiegen. Der Antheil des mit Klee oder Gras in wechselnder Fruchtfolge bestellten Landes an der Gesammtfläche des Ackerlandes weist keine nennenswerthe Aenderung auf. Erwägt man nun ferner, daß an der Aus­ dehnung des permanenten Graslandes auch sehr viele Wirthschaften betheiligt sind, welche den Getreidebau keineswegs aufgegeben haben und daß der Hafer, dessen Anbau allein unter allen Getreidearten zugenommen hat, zum großen Theil nicht zum Verkauf, sondern zur Verfütterung auf dem Gute bestimmt ist, so ergiebt sich, wie der Getreidebau in zahlreichen Wirthschaften, die nicht reine Weidewirthschaft geworden sind, doch in wachsendem Maße nur eine weniger bedeutende Ergänzung der Viehzucht ist. Gerade dadurch kann er sich aber eher erhalten. Es wird auf dem zu dauerndem Graswuchs ungeeignetem Lande durch Einschaltung der Getreidejahre eine passende Fruchtfolge möglich, die noch immer zum großen Theil eine wenig modifizirte Norfolker Vierfelderwirthschaft ist. Die Verwerthung des Strohs und Hafers geschieht durch die sehr starke Viehzucht in günstigster Weise und es werden durch die starke Düngung noch immer Getreideerndten gemacht, die an Rohertrag auf gleicher Fläche durch­ schnittlich die aller andern Länder übertreffens. Allerdings hat in den letzten Jahren eine Wirthschaft sehr viel von sich reden gemacht, welche von diesen traditionellen Prinzipien des englischen Acker­ baues gänzlich abweicht. Ein Herr Prout in Hertfordshire hat ein ihm eigen­ thümlich gehörendes Gut von 450 Acres Thon- und schwerem Lehmboden seit 1861 ohne Viehzucht in fast ununterbrochenem Getreidebau genutzt und günstige wirtschaftliche Resultate erzielt. Er hat eine eigene Schrift darüber veröffentlicht und auch der Königlichen Kommission seine Erfahrungen vorgetragen. Der ganze Viehstand ist auf 6 — 8 Pferde und eine Milchkuh reduzirt und dieser Kapitalersparniß an Vieh entspricht eine ähnliche an Wirtschaftsgebäuden. Die Bearbeitung des vom Eigenthümer wohldrainirten Bodens geschieht mit dem Dampfpflug, die Düngung mit künstlichem Dünger. Die Ausgabe für den Ankauf desselben ist die wichtigste Jahresauslage der Wirthschaft (im Durchschnitt 50 8d. pro Acre). Die Ausgaben für Arbeitslohn sind auf 25 sd. pro Acre jährlich beschränkt. Fast die ganze Feldflur wird Jahr aus Jahr ein mit Getreide und zwar anfangs fast ausschließlich mit Weizen, in den letzten Jahren auch mit Gerste bestellt. Nur der Flur trägt Klee oder Gras, auf 2 bis 4 Acres werden Rüben gezogen und ab und zu wird je nach Bedürfniß eine reine Brache eingeschoben. Das Getreide wird mit dem Stroh auf dem Halme, der Klee, nachdem er zu Heu gemacht ist, verkauft, wobei die Nähe des Londoner Marktes (nur 28 englische Meilen Entfernung) sehr zu statten kommt. Den Käufern leistet der Gutsherr noch mit seinen um die Erndtezeit beschäftigungs­ losen Pferden Miethfuhren. Eine Abnahme der Ertragsfähigkeit des Bodens wird in Abrede gestellt. Natürlicher Weise gehen die Urtheile über einen solchen ganz neuen Versuch, bei dem übrigens der bekannte Agrikulturchemiker Dr. Voelcker als Rathgeber

9) Verhältnißmäßig gute Resultate haben übrigens auch die Feldgraswirth­ schaften des Süd- und Nordwestens erzielt, in denen eine längere Grasnutzung, die hauptsächlich zur Aufzucht von Vieh dient, von einigen Getreidejahren gefolgt ist.

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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milgewirkt hat, weit auseinander. Hervorragende Agronomen (Lawes, I. Caird) haben die Nachhaltigkeit des Systems und die Möglichkeit, dasselbe ohne all­ mählich abnehmenden Ertrag dauernd durchzuführen, in Abrede gestellt. Der erzielte Erfolg dürfte großentheils auf der großen Reduktion der Produktions­ kosten, insbesondere der Ausgaben für Arbeitslohn, den hohen Preisen für Stroh und Heu in der Nähe von London und der Qualität des Bodens, sowie der für Dampfkultur geeigneten Form und Lage der Grundstücke beruhen. Daß dies Wirthschaftssystem eine große Verbreitung in England erlangen werde, erscheint schon deshalb nicht wahrscheinlich, weil die Furcht vor Bodenerschöpfung die meisten Grundherren abhallen würde, ihren Pächtern ein derartiges Wirth­ schaftssystem zu gestatten. Aber die Tendenz zur Verminderung der Produktionskosten, welche in den: Prou^schen Versuche so deutlich hervortrilt, muß sich bei Landwirthen, die gut rechnen und Getreide bauen, auch sonst geltend machen. Die Sachlage ist in dieser Beziehung beim Getreidebau, dessen Produkte im Preise sinken, eine ganz andere, als bei der Viehzucht, deren Produkte im Preise steigen. „In den beiden letzten Jahren," sagt einer der sorgfältigsten Assistant-Commissioner, „habe ich manche Landwirthe getroffen, welche sich entschlossen haben zu altmodischen und einfacheren Arten der Wirthschaft zurückzukehren, dem Ackerlande eine längere Ruhe zu gönnen und so die Auslagen zu vermindern. Ich habe die Ueber­ zeugung weit, wenn nicht ganz allgemein verbreitet (general U not universal) gefunden, daß diejenigen, welche diesen Plan verfolgt haben und sich nicht schämten, als altmodische und zurückgebliebene Landwirthe bezeichnet zu werden, dabei am besten gefahren sind und am wenigsten verloren haben." Wiederholt empfiehlt deshalb dieser kundige und erfahrene Landwirth seinen Berufsgenossen, Hülfe viel mehr zu suchen in vermehrter Sparsamkeit in Bezug auf die Aus­ lagen, als in Versuchen, den Rohertrag zu steigern. Ganz ähnlich äußerte sich bei den Debatten über die Einsetzung der Königlichen Kommission der hervor­ ragende Vertreter des Standes der praktischen Landwirthe unter den Unterhaus^ Mitgliedern Mr. Clare Read. Die am besten bewirthschafteten Distrikte von England und die strebsamsten Farmer hätten am meisten verloren, meint er, daher habe denn auch die reine Brache in neuerer Zeit wieder sehr merklich zu­ genommen. Nach der amtlichen Statistik lagen in England brach

im Durchschnitt

im Durchschnitt

im Durchschnitt

im Durchschnitt

der I. 1870—1871

1874—1875

1879—1880

1882—1883

Acres

Acres

Acres

Acres

516 770

561337

715 500

732 601

Offenbar nimmt der Ackerbau eine Richtung auf größere Extensivität, die Viehzucht auf größere Jntensivität des Betriebes. In der englischen Landwirthschaft ist ferner eine Tendenz zur Ausdehnung der Gemüse-, Obst- und Blumenzucht, des market AarlleninZ und kruit karminZ, nicht zu verkennen. Auch die Produkte dieser Kultur­ arten haben unter der wachsenden ausländischen Konkurrenz in Folge der ver­ besserten Kommunikationsmittel und Transportarten Manches zu leiden, aber noch mehr als bei der Viehzucht ist doch für die Erzeugung der besten Qualitäten die Nähe des Marktes ein großer Vortheil. Das englische Klima und der Schriften XXVII. — Agrarische Zustände rc.

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

englische Boden sind zwar nicht in gleichem Maße so ganz vorzugsweise dafür bevorzugt, wie für die Viehzucht, aber doch kommt der milde Winter des südlichen Englands dem Gemüsebau und der Gartenkultur sehr zu statten. Vor Allem aber ist der Umfang des englischen Marktes für die Produkte dieser Kulturzweige ein so enormer, daß man denken sollte, dieser Konsumtionsvortheil allein müßte alle Hindernisse aufwiegen, welche der größten Ausdehnung des Obst- und Gartenbaues im Wege stehen. Die Zunahme desselben, welche die Anbaustatistik angiebt, ist denn auch in den letzten Jahren eine bedeutende gewesen. Es sollen vorhanden gewesen sein in England:

1873 (Handelsgärten) market Zaräens . . (Obstgärten) oredaräs...........................

Acres 34 743 143 295

1883

Acres 48 508 185 782^).

Die Angaben verlieren dadurch an Werth, daß, wie die Herausgeber der amtlichen Statistik bemerken, der größere Theil der Obstgärten und ein gewisser Theil auch der Handelsgärten nicht unter diesen Rubriken, sondern bei den besonderen Früchten (z. B. Kohl, Erbsen und anderen Gemüsen), oder bei dem Grasland aufgeführt wird. Die Obstgärten dienen nämlich zugleich als Weide­ land und werden daher bei der Aufnahme der Statistik mitunter als solches behandelt. Aber mehrere Assistant-Commissioner und vernommene Sachkundige bestätigen die Ausdehnung dieser Kulturen in jüngster Zeit auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen. Vor Allem hat im Süden der Obst- und Beerenbau sich sehr ent­ wickelt, im Südosten, besonders in Kent in sehr rationeller, intensiver, im Süd­ westen mehr in sorgloser Weise. Drei Arten von Obstgärten seien in den südlichen Grafschaften verbreitet. Erstens solche, welche ausschließlich aus hoch­ stämmigen Bäumen bestehen auf Grasland, das von Schafen abgeweidet werde. Apfel-, Pfirsich-, Kirschbäume würden in Reihen und Zwischenräumen von 12 Hards gezogen, dazwischen würden Pflaumenbäume gesetzt, die zuerst einen Ertrag lieferten und, wenn die anderen hochstämmigen Bäume erwachsen seien, wieder entfernt würden. Die zweite Art sei mit hochstämmigen und halbhoch­ stämmigen Obstbäumen, 22—16^,2 Fuß von einander und mit Stachelbeerund Johannisbeersträuchern, 5^/2 Fuß von einander, als Unterholz, besetzt. Schon nach 3 Jahren geben die letzteren einen Ertrag. In Westkent treten Haselnuß­ sträucher an die Stelle der Beerenfrüchte. Die dritte Art besteht ausschließlich aus Stachelbeer- und Johannisbeersträuchern. Mehrere Zeugen sprechen sich sehr hoffnungsvoll in Bezug auf die weitere Entwicklung dieser Kulturen aus. ^ruit tarininZ is 100 o- o more xroütadle tkan oräinar^ erfahrener Obstzüchter aus Kent. Die Konkurrenz mit dem nicht so gefährlich, wie man wohl denke, weil die englischen Reife gelangten, als die französischen und die holländischen. ein Export nach diesen Ländern möglich, man müsse nur

karminZ. sagt ein Auslande sei auch Früchte später zur Deshalb sei sogar in der Verpackung

10) Im Jahre 1873 muß eine neue und schärfere Definition von Oredarä und Market daräeu bei Erhebung der Anbaustatistik eingeführt worden sein, wie der Assistant-Commissioner Little wahrscheinlich mit Recht annimmt; deshalb beginnt die Vergleichung am besten mit diesem Jahre.

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Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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und den Handelseinrichtungen Fortschritte nach französischem Muster machen. Kein Geringerer ferner als der gegenwärtige erste Lord des Schatzes hat die Ausdehnung dieses Obst- und Beerenbaues in einer freilich oft verspotteten Rede als ein Hauptrettungsmittel der Landwirthschaft bezeichnet. Er meinte, daß insbesondere die Verwerthung der Früchte oder ihres Saftes als Konserven mit Zucker ein werthvoller Erwerb der englischen Landwirthe werden könne, weil kein anderes Land so niedrige Zuckerpreise habe als England. Die Nach­ frage nach solchen Konserven sowohl für den inneren Markt, wie zum über­ seeischen Export sei eine ganz unerschöpfliche, berichtet übrigens auch ein in diesen Dingen sehr erfahrener Zeuge. Der Bau von Gemüse und Blumen dürfte zwar ebenfalls, aber doch keines­ wegs in gleichem Maße, wie der von Früchten zunehmen. Irren wir nicht, so

liegt ein Hauptgrund dafür darin, daß jene Kulturen ein viel größeres Maß sorgfältiger Arbeitsverwendung verlangen, als diese. Der Obst- und Beerenbau in der eben bezeichneten Weise ist viel mehr kapital- als arbeitsintensiv und kann deshalb sehr wohl auf größeren Flächen getrieben werden ^). Seine Ausdehnung entspricht daher den agrarischen Verhältnissen Englands und der Tendenz zu möglichster Arbeitersparung in der Landwirthschaft. Der eigentliche Gartenbau dagegen ist überall ein Gebiet der kleinen Kultur, ganz besonders aber wird er bei sehr hohem Arbeitslohn nur da gedeihen, wo der Gärtner überwiegend mit seiner eigenen und der Seinigen Arbeitskraft wirthschaftet. Einigermaßen mag ferner auch die Richtung der nationalen Konsumtion auf die der Produktion ein­ wirken. Der Verbrauch von Früchten und Beeren auf den Kopf der Bevölkerung ist in England wohl kaum, der von Gemüse und Blumen wahrscheinlich geringer, als in den benachbarten europäischen Kulturstaaten. Ferner vertragen manche Produkte des Gartenbaues einen weiten Transport viel besser als frisches Obst. Deshalb soll die Spargelkultur in der Nähe von London neuerdings, durch französische und spanische Konkurrenz gedrückt, sogar abgenommen haben. Der Werth der Einfuhr von Gemüse (ohne Kartoffeln) betrug 1883 944190 Den Hauptposten darunter bilden Zwiebeln im Werth von 527 781 K. Im Jahre 1863 belief sich die Gesammteinfuhr nur auf 299 764 S', die von Zwiebeln auf 45 319 S. Die Gärtner klagen endlich sehr über die große Uebervortheilung, welche sie durch den Zwischenhandel erfahren. Die Differenz zwischen dem Preise der Gartenprodutte in London und auf dem Lande in den benachbarten Grafschaften sei oft so unverhältnißmäßig (ad8uräeäl^) groß, meint der Berichterstatter, daß man denken sollte, es müßte ein Vermögen beim Ver­ kauf erworben werden, aber die Menge der Vermittler zwischen dem Konsumenten und Produzenten sei so groß, daß dadurch die Differenz in kleinen Beträgen allmählich absorbirt werde. Manche Gärtner versuchen selbst ihre Produkte direkt an die Konsumenten zu verkaufen, aber je größer die Stadt, in der diese wohnen, desto mehr Schwierigkeiten hat ein solcher direkter Verkehr. In Folge 11) Reine truitkarms von 150 Acres werden in den Zeugenaussagen erwähnt (35168) und ebenso berichtet ein Farmer, der 5000 Acres bewirthschaftet, daß er viele Obstzucht treibe. Das Kapital, welches für eine truittarm erforderlich sei, wird auf 14—20 S' pr. Acre angegeben. Dagegen berechnet ein größerer Gemüsegärtner in der Nähe von London seine jährlichen Auslagen auf ca. 45 S Pr. Acre und davon allein 20 S an Arbeitslohn. 12*

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der mangelhaften Organisation des Handels, meint ein großer Gärtner, sei auch der Konsum an frischem Gemüse in London so gering. Große Handelshäuser, welche 100 und mehr beschäftigte junge Leute zu speisen hätten, könnten denselben nur einmal wöchentlich frisches Gemüse geben. Bei besserer Vermittelung oder bei direktem Verkehr zwischen Konsumenten und Produzenten sei der Konsum großer Ausdehnung fähig. Alle diese Kulturen begegnen aber in England besonderen Schwierigkeiten, weil es an kleinen selbstwirthschaftenden Eigenthümern fehlt. Die große und nicht sehr dauerhafte, vielmehr oft leicht vergängliche Kapitalanlage, welche in den Pflanzungen steckt, widerstrebt dem reinen Zeitpachtverhältnisse und besonders der jederzeit in kurzen Fristen kündbaren Zeilpacht. Es verhält sich damit ähnlich wie mit Waldungen, welche bekanntlich zur Verpachtung wenig geeignet sind. Der Eigenthümer, der sonst in England die- dauernden Meliorationen macht, wird sich viel schwerer entschließen, die Kosten von Baumpflanzungen und Spargel­ beeten zu übernehmen, als die Auslagen für die Drainirung oder Niederlegung zu Grasland zu tragen, weil die letzteren Verbesserungen dauernder Art sind, keine so große Fürsorge des Pächters fordern und weil ihre Erhaltung leichter kontrolirt werden kann, die ersteren dagegen sorgfältigere Pflege bedürfen und jedenfalls viel rascher, wenn die Pflanzen alt werden, wieder ihren Werth ver­ lieren. Der Pächter aber kann die Kapitalverwendung nur machen, wenn er einen langen Pachtkontrakt hat oder im Fall der Lösung des Pachtverhältnisses zu einer Entschädigung berechtigt ist. Darüber klagte z. B. vor der Kommission ein Pächter und Gärtner aus der Umgegend von London auf das Lebhafteste. Er habe sein Land von 7 Eigenthümern zusammengepachtet, aber nur von einem einen längeren Pachtkontrakt, von einigen andern die Zusicherung einer mäßigen Entschädigung im Fall plötzlicher Kündigung erlangen können. Die Entschädigung decke nicht die Kosten für die Kulturen, von denen Früchte zu ziehen er durch die Kündigung verhindert werde. Er habe Obstbäume gepflanzt, die ihm nie Früchte getragen und die jetzt die Zierde von Privatgärten bildeten. Die Verhältnisse freilich, von denen der Sachverständige sprach, sind etwas exceptioneller Art. In der unmittelbaren Nähe der großen Stadt wollen die Eigenthümer die etwa sich bietenden Gelegenheiten, ihre Grundstücke als Bauplätze und Luxus­ gärten hoch zu verwerthen, benutzen und deshalb lassen sie sich auf lange Kon­ trakte nicht ein, sondern behalten sich Lösung des Pachtverhältnisses mit kurzer Kündigungsfrist vor und machen davon nicht selten Gebrauch. Aber es liegt in der Natur der Dinge, daß Gartenbau vorzugsweise in der Nähe der Städte stattfindet, und daß dort die Verhältnisse beweglicher sind und seltener auf gegenseitigem Vertrauen beruhende, Generationen hindurch sich vererbende Pachtverhältnisse, wie sie in rein landwirthschaftlichen Gegenden sich finden,

vorkommen. Bei der Besprechung des Obst- und Gartenbaues wollen wir einen andern Nebenzweig der kleinen Landwirthschaft, von dem einige Zeugen berichten, daß er einen merklichen Aufschwung nimmt, nicht ganz unerwähnt lassen, nämlich die Geflügelzucht. Bei einer Einfuhr von 811 922 400 Eiern und von Ge­ flügel im Werthe von 501 008 E? ist die innere Produktion der Ausdehnung wohl fähig. Man macht denn auch manche Versuche in dieser Richtung. So berichtet ein Assistant-Commissioner eingehender von einer ganz einträglichen

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In.

Aussichten der englischen Landwirthschaft.

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poultrv karm in Huntingtonshire, auf der 1500 Hühner gehalten wurden. Die Hühnerhäuser standen auf Rädern und wurden an wechselnden Orten auf den Aeckern der Farm aufgestellt, um so durch den Hühnermist die ganze Feldflur zu düngen (68 406 ff.). Weniger günstig als für Obst- und Gartenbau scheinen die Aussichten für die diesen Kulturarten so verwandte Hopfenkultur zu liegen, die von Alters her besonders in der Grafschaft Kent eine hohe Bedeutung und Entwicklung erreicht hat. Die Hopfenbauer haben recht schlechte Zeiten durchgemacht, sehr ungünstige Witterung und scharfe ausländische Konkurrenz kamen zusammen, um den Ertrag zu schmälern. Die Schätzung des durchschnittlichen Naluralertrags pr. Acre Hopfenland und des dafür erzielten Preises in der Periode von 1867—74 und von 1875—80, welche der Assistant-Commissioner für den Süden mittheilt, ergiebt folgende Resultate:

1867—1874 1875—1880

Durchschnittlicher Jahresertrag an Hopfen Ztr. 7,336 6,8

Hopfenpreis 2^

Geldwerth des Jahresertrags

113 sü.

L-l. 7. 0. F 38. 8. 4.

Die jährliche Ausgabe an Kulturkosten inkl. Pachtzins, Steuern für einen Acre Hopfen werden sehr verschieden angegeben. Bis zur Erndte ohne die beträchtlichen Kosten des Pflückens u. s. w. sollen dieselben nach einer Angabe 26, einer andern 35, einer dritten 40 A pro Acre betragen. Die dann noch er­ wachsenden Ausgaben werden durchschnittlich auf 13 pro Acre angegeben. Sie schwanken aber natürlich sehr, je nach der Größe des Ertrags. Jedenfalls ist dem Hopfenbauer in den schlechten Jahren nur ein geringer Reinertrag übrig geblieben, in nicht wenigen Fällen mag ein kleinerer oder größerer Verlust sich ergeben haben. Nun ist ein großer und rascher Wechsel in der Höhe des Reinertrags dem Hopfenbau immer eigenthümlich gewesen. Ein Hopfenbauer aus Ostkent sagte: mein Ertrag seit 1864 hat zwischen 1^4 und 16 Ztr. pro Acre geschwankt, die Preise von 10 8Ü. bis 294 sll. pro Ztr. Aber trotz der Gewohnheit an wechselndem Gewinn hat der Schaden jener Jahre Einfluß auf die Ausdehnung dieser Kultur gehabt und von ihr abgeschreckt. Bis 1878 nahm der Anbau kontinuirlich zu, von da bis 1881 sank derselbe um ca. 10 0 o^), und ist von 1881 bis 1883 wieder von 64 943 auf 68 016 Acres gestiegen, trotzdem daß 1882 wieder ein Mißjahr war und deshalb eine größere Hopfen­ einfuhr hatte als irgend ein früheres Jahr, 1879 ausgenommen. So scheint die Berniinderung sich wieder auszugleichen, aber zu den Kulturen, welche in Folge der gegenwärtigen Verhältnisse rasch zunehmen, ist der Hopfenbau nicht zu rechnen. Irren wir nicht, so liegt die Hauptursache in den günstigeren Arbeitsverhältnissen, deren sich die kontinentalen Konkurrenten erfreuen. Die Grafschaft Kent ist in dieser Beziehung unter den englischen Grafschaften noch verhältnißmäßig günstig situirt, weil sie, wie oben erwähnt, ziemlich viel kleine

12) Der betreffende Assistant-Commissioner berichtet dann auch beispielsweise im Einzelnen von einer Farm in Kent, auf der bis dahin Hopfen und Getreide gebaut worden war, die aber in Obstgarten und dauerndes Weideland verwandelt worden war (^pp. zu Theil I S. 398).

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

selbstwirthschaftende Eigenthümer hat und weil die Nähe von London auch für die Beschaffung von Lohnarbeit manche Vortheile bietet. Ist doch von Alters her die Hopfenlese in Kent ein berühmtes Fest für gewisse Theile der Londoner Bevölkerung, die dann aufs Land strömen, um ihre Dienste den Hopfenbauern anzubieten. Im Ganzen bewährt sich also in der englischen Landwirthschaft gerade unter den gegenwärtigen schwierigen Verhältnissen mehr und mehr das Wort eines ihrer besten Kenner, daß England gleiche einer volkreichen Hauptstadt, welche ihre frischen Gemüse, Obst, Milch und Fleisch aus den Gärten, Wiesen und reichen Weiden der unmittelbaren Nachbarschaft ziehe, aber zu fremden Ländern Hinblicke für den Bezug von Korn und andern mehr transportabelu Produkten, welche weilen Transport von wohlfeileren und entfernteren Wirth­ schaften tragen können^). Der Einfluß des verschiedenen Maßes der Transportabilität der Produkte wird nur in merklicher Weise gestört durch die hohen Kosten der Arbeit in England und die eigenthümliche agrarische Verfassung des Landes. Beide Umstände erschweren in mancher Beziehung die allseitige Aus­ nutzung des großen Vortheils, welchen die unmittelbare Nähe des besten Marktes den englischen Landwirthen auch jetzt noch gewährt.

13) lames Oairä, Ide lanäeä interest, S. 41.

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IV.

Kapitel.

Die Landgesetze und ihre Reform. Die Nothstände der englischen Landwirthschaft mußten natürlicher Weise die öffentliche Aufmerksamkeit in vermehrtem Maße auf die Besonderheiten der englischen Agrarverfassung lenken. Ist die Krisis durch die agrarischen Gesetze verschlimmert worden und stehen dieselben einer raschen Erholung der Landwirthschaft von den Schlägen, welche sie betroffen, im Wege: das sind Fragen, die von allen Seilen aufgeworfen wurden. Die Königliche Kommission hat die erstere derselben entschieden verneint. Sie weist darauf hin, wie die Kommissare, welche sie nach Frankreich, Belgien und Holland entsandt, berichten, daß dort eine ganz ähnliche landwirthschaftliche Depression wie in England bestehe und daß in England freie Eigenthümer ebenso gelitten hätten, wie fideikommissarische Besitzer, Landwirthe, die in der Einrichtung ihrer Wirthschaft völlig ungebunden waren, nicht minder, als solche, die mancherlei Beschränkungen in ihrem Betriebe durch den Pachtkontrakt unterworfen waren u. s. w. Andererseits aber ist die Zahl Derjenigen nicht klein, welche in den letzten Jahren die agrarischen Gesetze Englands in Schrift und Wort heftig angegriffen und der schädlichsten wirthschaftlichen und socialen Folgen beschuldigt haben. Sieht man nur auf die technisch gewerbliche Tüchtigkeit der englischen Landwirthschaft, die Höhe der dem Boden abgewonnenen Roh- und Reinerträge, die Widerstandsfähigkeit in so außerordentlich großen Kalamitäten, wie die des letzten Jahrzehnts, so dürste m. E. England die Vergleichung mit anderen Ländern noch immer nicht zu scheuen haben. In manchen Zweigen des land­ wirthschaftlichen Gewerbes mögen andere Völker einen Vorsprung erlangt haben, in einzelnen Gegenden Deutschlands mag auch durchschnittlich der Betrieb rationeller geleitet, die praktische Anwendung naturwissenschaftlicher Kenntnisse weiter durchgeführt sein, als in England; nehmen wir aber das Ganze der Landwirthschaft und das Ganze unseres Vaterlandes oder irgend eines anderen Großstaats, so wird, glaube ich, ein unbefangener Kenner der Verhältnisse Anstand nehmen, eine Ueberlegenheit Deutschlands oder eines anderen Landes zu behaupten. Die englischen Landreformer freilich werden nicht müde, die Resultate des kleinbäuerlichen Betriebes (der peasant proprietorship) in einzelnen Theilen des

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

Kontinents und auf den normannischen Inseln dem englischen Pachtbetriebe gegenüber zu stellen, und jenen ebenso sehr zu loben, wie diesen zu tadeln. Bücher wie die erwähnten von Arnold und Brodrick, die in Tausenden von Exemplaren unter dem Volke verbreitete Flugschrift von A. R. Wallace (I^anänationalisation, its necessity anä its aims), ergehen sich in kürzeren und längeren Schilderungen des Fleißes, der-Sparsamkeit, des erfreulichen wirtschaftlichen und socialen Zustandes der kleinen Bauern in Belgien, Frankreich, Deutschland u. a. O., sowie der großen Erträge, welche sie dem Boden abgewinnen. Da­ gegen berichtet der Assistant-Commissioner, Mr. Jenkins, welcher im Auftrag der Kommission Nordfrankreich und Belgien bereist hat, über die gedrückte Lage, die schwere Verschuldung, die großen Entbehrungen vieler kleiner bäuerlicher Grundeigenthümer, die schlechte Nahrung und Kleidung der ländlichen Tage­ löhner in diesen Ländern. Er sucht nachzuweiseu, wie die von den Gegnern am meisten gerühmte belgische Landwirthschaft in ihren Erträgen der englischen nicht überlegen ist, und wie gerade in den Provinzen, in welchen sie die höchste Entwicklung erlangt hat, mehr Pächter als Eigenthümer wirthschaften und wie die ersteren viel ungünstigere Pachtverhältnisse haben, als die englischen Farmers. Wir gehen auf diesen Streit nicht näher ein. Denn es scheint uns un­ möglich, auf diesem Wege die Schäden oder die Vorzüge der englischen Landgesetze mit einiger Sicherheit nachzuweisen. Die Zustände der landwirthschaftlichen Be­ völkerung und die Erträge der Landwirthschaft werden offenbar durch andere Ursachen noch viel mehr, als durch die agrarische Gesetzgebung influirt. Haben wir doch in Deutschland auf dem linken Rheinufer, also unter der Herrschaft desselben, auf dem französischen bürgerlichen Gesetzbuch basirenden, Agrar-, Erb-, Schuldund Hypothekenrechts, dicht neben einander Distrikte, von denen in dem einen die bäuerlichen Zustände ebenso unerfreulich, wie in dem andern befriedigend genannt werden können! Da hat denn politische und sociale Voreingenommenheit freies Spiel in den Beweismitteln und es ist kein Wunder, daß von zwei Engländern, welche sich Mühe gegeben haben, die bäuerlichen Zustände in kontinentalen Staaten zu studiren, der eine mit Bewunderung erfüllt ist, der andere ausruft, die kleine Kultur ist identisch mit Jammer und Elend. Aber wenn auch durch solche allgemeine Vergleichungen eine nachtheilige Einwirkung der englischen Agrarverfassung auf die Entwicklung der Landwirthschaft nicht nachgewiesen werden kann, so ist damit noch nicht entschieden, daß sie nicht manchen Fort­ schritten und insbesondere der raschen Erholung von den erlittenen Verlusten hemmend gegenübertritt. Auf eine Untersuchung dieser Fragen hätte die Kommission in ihrem Bericht wohl näher eingehen können, als das von ihr geschehen ist Vor Allem aber hat die ganze Angelegenheit doch noch eine viel weiter­ gehende Bedeutung als die rein landwirthschaftliche. Ob die englischen Land­ wirthe auf einer gleichen Fläche mehr oder weniger produciren als die deutschen und französischen und sogar, ob die Lage der Pächter und Arbeiter eine erfreu­ lichere und bessere ist, als die unserer kleinen Bauern und leidlichen Tagelöhner, scheint uns von verhältnißmäßig geringer Bedeutung gegenüber anderen Ge­ fahren, die für Staat und Gesellschaft aus den Latifundien entspringen. Wenn eine kleine Anzahl von Personen über den größten Theil des Grund und Bodens nach ihrem freien Ermessen und in der Regel doch nur zu ihrem und ihrer Familien Vortheil verfügen, so muß bei dem übrigen Theil des Volks ein um

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IV.

Die Landgesetze und ihre Reform.

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so drückenderes Abhängigkeitsgefühl entstehen, je größer die Bevölkerung und je knapper der Raum, auf den sie zusammengedrängt ist. Die Schriften der radikalen Landreformer sind voll von Belegen der Abhängigkeit, in welchen in Bezug auf die Gestaltung der Wohnungsverhältnisse, der Wahl der Stätten für Erwerbsthätigkeit, für gemeinsamen Gottesdienst u. s. w. ein großer Theil der Engländer sich gegenüber den großen Grundbesitzern befinden und von der Willkür, mit der diese Abhängigkeit mitunter ausgenutzt wird. Wir wollen die einzelnen Beispiele nicht wiederholen, weil es uns an Raum dazu fehlt und weil wir ihre Richtigkeit im Einzelnen nicht prüfen können. Aber daß die Macht eine enorme, unterliegt keinem Zweifel. Wenn ganze Stadttheile oder Städte erwachsen auf dem Boden der Aristokratie, Niemand freies Eigenthum in seinem Hause erwerben kann, alle Bauten, die aufgeführt werden, alle Ver­ besserungen der Wohnungen, die ein Einwohner vornimmt, nach Ablauf der Pachtverträge ohne Entschädigung dem Grundeigenthümer zufallen, der keinen Pfennig für sie verwandt hat, so muß das Mißmuth erregen. Auf dem Lande aber schildern die Landreformer uns den großen Grundherrn, wie er auf seiner Grundherrschaft alle Stände unter seiner Botmäßigkeit erhält. Der oder die Pfarrer sind von ihm ernannt, oft seine Verwandten, die Landwirthe sitzen auf ihren Gütern, so lange es ihm gefällt, mit kürzester Kündigungsfrist ihres Pachtrechts. Die Handwerker und Krämer des Dorfes haben von ihm ihre Wohnungen und Werkstätten gemiethet und können in ihren Erwerbsverhältnissen von ihm aufs Wesentlichste sowohl beeinträchtigt wie gefördert werden, die Arbeiter haben ebenfalls Miethwohnungen, die nach Bedürfniß des Guts und in der Beschaffenheit, die dem Grundherrn passend erscheint, angelegt werden. In weilen Strecken fehlt es dem Arbeiter an der Möglichkeit, jemals eine Hütte und ein Stück Land als Eigenthum zu erwerben. Es ist begreiflich, daß in einer von demokratischen Gedanken erfüllten Gesellschaft diese wirthschaftliche und sociale Uebermacht heftigen Widerstand erregt. Große bewegliche Vermögen, wie die Rothschilds und anderer Banquiers, enorme industrielle oder kommerzielle Betriebe rufen auch Abhängigkeitsverhältnisse von großer Schärfe und Bedenklich­ keit hervor und in der Regel werden die englischen Latifundien wohl mit mehr Pflichtgefühl gegen den Nächsten und gegen das gemeine Wohl verwaltet, als anderes Vermögen, aber diesem haftet nicht so der Charakter der Ausschließlich­ keit an, wie dem großen Grundbesitz. Alles andere Vermögen kann ins Un­ beschränkte vermehrt werden, die vielen Millionen, welche ein großer Banquier, ein Rheder, ein Fabrikant in seinem Geschäfte besitzt, hindern Niemand, eben­ falls ähnliche Kapitalien in Bankgeschäften, Schiffen und Fabriken zu erwerben, ist dagegen der Boden eines dicht bevölkerten Landes das dauernde, unveräußer­ liche Eigenthum einer kleinen Anzahl von Familien, so fühlt Jeder, der kein Grundeigenthum hat, sich in seiner Bewegung beschränkt und beengt. — Daß ein solches Gefühl zur Zeit durchs englische Volk geht, scheint uns aus vielen Merkmalen deutlich hervorzugehen. Wir erinnern nur an die ganz erstaunliche Verbreitung der Schrift von George, Fortschritt und Armuth, in den unteren und mittleren Volksklassen, sowie die persönliche Aufnahme dieses Mannes in vielen englischen Städten. Bon diesem weiteren, socialen Gesichtspunkt aus erscheint ferner die im vorigen Kapitel hervorgehobene Abnahme der landwirthschaftlichen Bevölkerung

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

als ein überaus bedenklicher Vorgang ^). Auch diese Verminderung mag viel­ leicht, wenn man das Quantum der gesammten nationalen Produktion betrachtet, gar nicht nachtheilig sein. In der Landwirthschaft wird durchschnittlich jeder landwirthschaftliche Arbeiter wahrscheinlich mehr produziren, als früher bei größerer Zahl der Arbeiter und die gesammte nationale Arbeitskraft wird größeren Erfolg haben, wenn sie in vermehrtem Maße sich auf Fabriken, Manufakturen, Handel und Schifffahrt konzentrirt, als wenn sie in der kleinen Landwirthschaft thätig ist. Denn die eigenthümliche Befähigung der englischen Arbeiter, die Arbeits­ theilung und Kapitalanwendung, welche in jenen Erwerbszweigen die Ueberlegenheit Englands gegenüber den meisten andern Völkern sichern, kommen in dem kleinen landwirthschaftlichen Betriebe wenig oder gar nicht zur Geltung. Aber das Gleichgewicht der verschiedenen Berufsarten wird durch die Abnahme der landwirthschaftlichen Bevölkerung doch in einem Maße gestört, daß daraus Gefahren für das sociale und politische Gedeihen des Landes entstehen können. Nach 1854 konnte Leonce de Lavergne in seinem bekannten, verdienstvollen L88ai 8ur I^eonomie rurale äe I'^nZIeterre bewundernd darauf Hinweisen, daß in England die gesunde Lust des Landlebens in heilsamer Weise alle politischen und socialen Verhältnisse durchdringe, während in Frankreich bei der Regelung aller öffentlichen Angelegenheiten vorzugsweise die Anschauungen des städtischen Bürgers maßgebend seien. Das hat sich aber in England im letzten Menschenalter gründlich geändert und wird sich voraussichtlich noch mehr ändern, denn es erscheint unvermeidlich, daß in Folge der besprochenen wirthschaftlichen Entwicklung der Einfluß der ländlichen Bevölkerung ferner abnimmt, der der industriellen und kommerziellen weiter steigt. Man hat früher wohl die englische Agrarverfassung gelobt als die Grundlage der englischen Staats­ verfassung und bis zu einem gewissen Grade mit Recht. Hätte nicht in den letzten Jahrhunderten ein Stand unabhängiger, durch eigenen Gewerbebetrieb nicht in Anspruch genommener Grundeigenthümer die Vertretung des Volks im Parlament, die ganze lokale Regierung und die Führung des Heeres über­ nommen, so wäre die Besorgung der öffentlichen Geschäfte wie in den meisten kontinentalen Staaten ausschließlich an besoldete, von dem jedesmaligen Inhaber der öffentlichen Gewalt abhängige Beamten übergegangen. Damit aber wäre es geschehen gewesen um Selfgovernment, um die Behauptung der parlamen­ tarischen Rechte und die Ausbildung der parlamentarischen Regierung. Aber es will uns scheinen, als ob gerade der Einfluß des Standes, dem die eigen­ thümliche politische Entwicklung Englands vorzugsweise zu danken ist, durch die

1) Daß derselbe bei parzellirtem kleinem Grundeigenthum nicht in gleichem Maße eingetreten wäre, darf Wohl mit Zuversicht behauptet werden. Wir erinnern an die schon erwähnten Schwierigkeiten, welche die Ausdehnung mancher viele Arbeit erfordernden Zweige der Landwirthschaft in den Arbeiterverhältnissen findet. Der kleine mit seiner Familie sein Land bestellende Eigenthümer kennt diese Schwierig­ keit nicht. Der Mangel an bäuerlichen Eigenthümern wird auch nicht leicht durch kleine Zeitpachtungen ersetzt werden. Der Latifundienbesitzer und seine Beamten werden immer lieber mit wenigen kapitalreichen, als mit zahlreichen kleinen Pächtern zu thun haben. Auch leisten kleine Pächter erfahrungsgemäß nur selten dasselbe wie die kleinen Eigenthümer. Der ganz kleine Landwirth muß in der Regel durch ein dauern­ des Interesse an den von ihm bestellten Boden gefesselt werden, wenn er demselben die Pflege angedeihen lassen soll, die ein intensiver, gartenmäßiger Anbau erfordert.

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Die Landgesetze und ihre Reform.

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Agglomeration des Grundeigenthums am meisten gefährdet werde. Die grund­ besitzende Aristokratie und Gentry ist die natürliche Vertreterin der landwirth­ schaftlichen Bevölkerung und der landwirthschaftlichen Interessen und es ist ihr auch in England, im Unterschied von manchen anderen Staaten, seit Be­ gründung der parlamentarischen Regierung immer gelungen, nicht nur ihre Pächter, sondern auch die kleineren ländlichen Grundeigenthümer zur Wahlurne zu führen. Je mehr nun aber die Zahl derjenigen abnimmt, welche so durch Interessengemeinschaft mit den großen Grundeigenthümern verbunden sind, desto größere Einbuße muß ihre Macht erleiden. Und nicht nur die Arbeiter und kleinen Grundbesitzer, auch die auf ihren Rittergütern wohnenden country Zentlemen, welche ganz vorzugsweise in der Grafschaftsverwaltung und in dem Hause der Gemeinen jene unersetzlichen Dienste geleistet haben, scheinen an Zahl in neuerer Zeit abzunehmen und durch große Grundherrschaften verdrängt zu werden. G. C. Brodrick (a. a. O. S. 369) macht darauf aufmerksam, daß 15 000 Kirchspiele in England und Wales beständen, während es doch nur 3500 Grundeigenthümer 2) gäbe, welche mehr als 1000 Acres besäßen. Wenn also jeder auf seinem Eigenthum wohnte, so würde doch drei Viertel aller Kirchspiele den Vortheil, einen unabhängigen ansässigen Mann der höheren Stände, einen squire unter sich zu haben, entbehren müssen. Eine genauere Untersuchung des östlichen Theils von Nottinghamshire habe ergeben, daß von den 245 Kirchspielen, aus welchen derselbe besteht, nur 65 das Glück hatten, einen ansässigen und auf seinem Gute wohnhaften großen Grundeigenthümer (resident squire) in ihrer Mitte zu besitzen. Erklärlich genug ist das, wenn von 400 Peers und Peeresses, wie wir sahen, jeder durchschnittlich 14 330 Acres und von 1288 anderen großen Grundeigenthümern jeder durchschnittlich 6534 Acres in England und Wales besitzen. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß es nicht immer so gewesen ist und daß die fortdauernde Konzentration des ländlichen Grundeigenthums gegenwärtig auch die großen politischen und socialen Vortheile, welche ein Stand auf dem Lande ansässiger, unabhängiger und sich dem Dienst des gemeinen Wesens widmender größerer Grundeigenthümer dem englischen Gemeinwesen bisher gewährt hat, ernstlich gefährdet. — So trägt die Konzentration des Grundeigenthums in wenigen Händen dazu bei, das ohne­ hin rasch wachsende Uebergewicht der stoffveredelnden Gewerbe und des Handels über die Landwirthschaft, welches in politischer und socialer Beziehung gewiß nicht ohne Bedenken ist, weiter zu fördern. Auf dreierlei Weise hauptsächlich übt nun die englische Gesetzgebung einen Einfluß zu Gunsten des großen Grundeigenthums aus und beugt einer Parzellirung desselben vor. Erstens durch die Unsicherheit der Eigenthumstitel und die Schwierigkeiten und die Kosten, die mit jedem Verkauf von Grundeigenthum verbunden sind, zweitens die Einrichtung der Entails und Settlements, drittens die Bestimmung, daß alles Grundeigen­ thum, über welches testamentarisch nicht verfügt ist, derälteste Sohn erbt. Vielleicht könnte man die mangelhafte Einrichtung des Hypotheken-

2) Rach der eigenen, von uns mitgetheilten Aufstellung des Verfassers freilich sind es nicht 3500, sondern 4217.

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Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

wesens noch hinzufügen. Sie hängt aufs Engste mit dem ersten Punkt zu­ sammen. Die Mißstände bei Uebertragung des Grundeigenthums entspringen hauptsächlich aus dem Umstande, daß Grundeigenthum übertragen und die verschiedensten dinglichen Rechte am Grundeigenthum konstituirt werden können durch Rechtsgeschäfte, die jeder Öffentlichkeit ermangeln Es kamen früher und kommen zum Theil noch jetzt hinzu ganz außerordentlich lange Fristen für die Ersitzung des Grundeigenthums, und die Verjährung von Klagen und dinglichen Rechten, sowie manche anderen Eigenthümlichkeiten des englischen Jmmobiliarrechts, deren nähere Darlegung für weitere Kreise in Deutschland wenig Interesse darbieten würde. In Folge dieses Rechtszustandes ist es unmöglich, volle Sicherheit über das Eigenthum und die dingliche Belastung der Grundstücke zu erlangen. Der Käufer kann nie sicher sein, daß nicht Urkunden, welche die Eigentums­ verhältnisse betreffen, oder dingliche Rechte Dritter an dem Kaufobjekt konstituiren, ihm vom Verkäufer wissentlicher oder unwissentlicher Weise vorenthalten werden. Bei jedem Verkauf von Grundeigenthum, bei welchem der Verkäufer sein Interesse wahrt, pflegt daher eine historische Untersuchung nach den persönlichen Verhält­ nissen seiner Besitzer und ihrer Familien und nach allen Schicksalen, die das Gut gehabt haben kann, stattzufinden, aber natürlicher Weise kann eine Unter­ suchung darüber, ob gewisse Vorgänge, die sehr wohl geheim gehalten werden können, nicht stattgefunden, niemals zu voller Sicherheit, sondern nur zu größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit führen. Am 11. Februar 1859 schilderte im Hause der Gemeinen der damalige solieitor general, der spatere Lordkanzler im Ministerium Beaconsfield, Lord Cairns, den Vorgang folgendermaßen: „Gesetzt den Fall, Sie kaufen ein Grundstück bei einer Versteigerung, oder Sie schließen einen Kaufvertrag über ein Grundstück ab. Sie wünschen sehr rasch in den Besitz des Grundstücks zu kommen, die Verkäufer ebenso den Kaufpreis bald zu erhalten. Aber gelangen Sie nun wirklich in den Besitz? Durchaus nicht. Sie erhalten das Grundstück, der Käufer seinen Kaufpreis erst nach einer längeren Zeit, oft nach einem nicht unbeträchtlichen Theil eines Menschen­ lebens, welcher vergeht in der Anfertigung von Abschriften und Auszügen, der Vergleichung von Urkunden, in Forschungen nach Belastungen des Guts, in

3) Nur in der Grafschaft Middlesex, sowie in Yorkshire bestehen öffentliche Register, in welche alle Vertragsurkunden (deeds) entweder auszugsweise oder voll­ ständig eingetragen werden müssen. Das Gesetz vom Jahre 1703, welches im West­ riding von Yorkshire das Register einführte, giebt als Grund an, daß das Westriding der Hauptort für die Tuchmanufaktur sei, die meisten Tuchhändler seien Grund­ eigenthümer (freeholders und häufig in der Lage, Geld zum Geschäftsbetriebe auf ihr Grundeigenthum aufnehmen zu müssen, könnten aber, weil ein Register fehle, den Kapitalisten keine gute Sicherheit stellen, obwohl thatsächlich doch der Werth der Grundstücke dem Gläubiger volle Sicherheit gewähren würde. Dadurch würde der Gewerbebetrieb gehemmt und viele Familien ruinirt. Diese älteren Register sind nun aber nicht Grundbücher, sondern nur Register, in welche die einzelnen Urkunden eingetragen werden (registers ok deeäs not ok titles). Der Eigenthümer eines Grundstücks ist daraus nicht erkennbar, man kann nur aus den Urkunden mehr oder minder sichere Schlüsse auf das Eigenthumsrecht ziehen. Die Einrichtungen genügen daher ihrem Zwecke keineswegs.

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IV.

Tie Landgesetze und ihre Reform.

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Einwendungen, die gegen die Erwerbstitel gemacht werden, in Repliken und Dupliken auf diese Einwendungen, in Versuchen, den Mängeln der Erwerbstitel nachträglich abzuhelfen. Nicht Monate, sondern Jahre vergehen mit diesen Geschäften und ich möchte sagen, es ist ein ungewöhnliches Ding in unserem Lande, daß ein Kauf von einiger Bedeutung durch Besitzübergang und Zahlung des Kaufpreises in einer kürzeren Periode als 12 Monaten vollendet wird. Oft genug ist der Vortheil oder das Vergnügen, welches ein Kaufgeschäft gewährt, vorbei, ehe es vollendet ist." Es bedarf wohl kaum der Hinweisung darauf, daß solche Untersuchungen überaus kostspielig sind. Aber damit ist die Sache nicht zu Ende. „Ich kann mir denken," fährt Lord Cairns fort, „daß der Käufer eines Guts willig sich den Aufschub in der Ausführung des Rechtsgeschäfts und sogar beträchtliche Kosten gefallen ließe, wenn er sicher wäre, daß er nach allem Zeitverlust und Geldaufwand einen Erwerbstitel erhielte, der bei späteren Rechtsgeschäften mit dem betreffenden Grundstück keine weiteren Schwierigkeiten machte. Aber nehmen wir an, ich kaufe ein Gut. Ich bringe ein, zwei, drei Jahre mit der Untersuchung des Titels zu. Endlich bin ich zusriedengestellt. Ich zahle die beträchtlichen Kosten, welche ich dafür außer dem Kaufpreise für das Gut zu zahlen habe. Nach einem Jahre möchte ich eine Anleihe aufnehmen und das Gut dafür verpfänden. Ich finde Jemanden, der bereit ist mir auf Hypothek zu leihen, vorausgesetzt, daß ich mein Eigen­ thum an dem Gute nachweisen kann. Der Mann sagt, es ist richtig, daß Du das Gut gekauft und die Erwerbstitel untersucht hast, aber ich kann durch Deine Untersuchung nicht gebunden und zufriedengestellt sein. Vielleicht hat er an­ vertrautes fremdes Geld zu verwalten. Er sagt, mein solicitor muß den Erwerbstitel untersuchen und mein Rechtsbeistand muß mir Rath ertheilen. Dann be­ ginnt zwischen mir, dem Eigenthümer und dem Kapitalisten, der mir leihen will, ganz derselbe Prozeß, wie früher bei Gelegenheit des Ankaufs und ich, der Eigenthümer, muß die Kosten desselben bezahlen." Ebenso, führt der Redner endlich aus, wiederholt sich die Geschichte, wenn ich mein Gut verkaufen will^). Es ist unmöglich, daß ein solcher Nechtszustand, dessen Mißstände weiter im Einzelnen zu schildern, zu weit führen dürfte, nicht die Ansammlung des Grundeigenthums in wenigen, reichen und mächtigen Händen befördert hat.

4) Ter zweite Report on tbe law of real property (1830) schildert das Ver­ fahren bei solchen Untersuchungen folgendermaßen: In tbe process of investigation, allied is instituted as to tbe title, not onl^ ever^ document tbe existence ot wbieb in avz^ manner appears and wbieb b^ an^ possibility ma^ atleet tbe title, is called lor, but various collateral sources ot' information existing generally or in particular cases, are resorted to. Inquiries are made from tbe occupiers of tbs lands and from persons, wbo bave long dwelt in tbe neigbbourbood; counts and local bistories are examined; searebes are instituted for landtax assess­ ments, awards under enclosure bills, grants from tbe crown, grants from annuities, records of Lves and recoveries, enrolments of deeds, judgements entered up in tbe several courts ok record, securities given to tbe crown, probates of wills and grants ot administration and various otber species of documents. In ever^ ease, except wbere tbe property is too small to make risk important, as compared witb present expense, investigations ok Ibis nature, adapted to tbe circumstances, are prosecuted to a great extent. Das Risiko bei einem kleineren Grundstücke wird unbedeutend genannt, offenbar vom Standpunkt des Vermögenden. Für den minder Bemittelten kann dasselbe Risiko höchst empfindlich sein.

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Die Kosten, welche die Untersuchung der Eigenthumstitel verursachte, waren bis auf die neueste Zeit völlig unabhängig von der Größe des betreffenden Grundeigenthums. Es kostet, sagte vor der Königlichen Kommission noch am 3. August 1881 ein in diesen Rechtsgeschäften vorzugsweise erfahrener Jurist (solicitor und conveyancer), Mr. Freshfield, ebensoviel die Erwerbstitel eines Acre zu untersuchen, wie die mehrerer. Nach dem gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung, meinte am 26. März 1874 im Oberhause der frühere Landkanzler, Lord Hatherley, ist es unmöglich, kleine Stücke Lands zu kaufen außer durch Vermittlung der Landgesellschaften, welche große Güter kaufen, um sie in kleine Parzellen zu zertheilen. Er wolle nur ein Beispiel der unverhältnißmäßigen Kosten anführen, welche der Erwerb kleinen Grundeigenthums verursache. „Eine gewisse Gesellschaft kaufte ein Haus und einige Acre Land, auf welchem es stand, und die Kosten des Verkaufs (conveyance) überstiegen den Kaufpreis des Grundstücks, der sich auf 130 A belief." Ebenso wie die Kosten, so wird man auch die Unbequemlichkeiten, welche abgesehen von den Kosten mit der Eigenthumsübertragung verbunden sind, leichter tragen, wenn es sich um eine Herrschaft oder ein Rittergut, als wenn es sich um einen Acker oder eine Wiese handelt. Ohne Zweifel sind daher aus Furcht vor Kosten und Mühen viele Theilungen von Grundeigenthum unterblieben, welche bei einem anderen Stande der Gesetzgebung vorgenommen wären. In nicht wenigen Fällen aber begnügte man sich bei kleineren Besitzungen nothgedrungen mit unvollständigeren Untersuchungen und einem mangelhafteren Eigenthumstitel, weil die Kosten gründlicher Untersuchung außer Verhältniß zum Werth des Grundeigenthums gestanden hätten. Alles das aber muß sowohl den Werth des kleinen Grundeigenthums gegenüber dem großen herabdrücken, wie Verkäufe von Grundeigenthum seltener machen. Neuere Gesetze versuchen diesen Uebelständen zu steuern. Die bisher oft ganz exorbitanten Kosten des ganzen Verfahrens sind durch eine große Vereinfachung desselben, namentlich eine Verkürzung der Urkunden, wesentlich vermindert worden (Oonve^ancinZ anä la^v ok property act ok 1881, 44 L 45 Victoria c. 41, und Oonve^ancinA act ok 1882, 45 L 46 Victoria c. 39), und während die Gebühren der diese Rechtsgeschäfte besorgenden solicitors bis jetzt ausschließlich nach der Zahl und der Länge der Akten be­ messen wurden, bestimmt das Gesetz vom 22. August 1881 (44 L 45 Vic­ toria c. 44), daß die juristischen Mitglieder der Staatsregierung, an ihrer Spitze der Lord Chancellor, von Zeit zu Zeit allgemeine Verordnungen über die Gebühren der solicitors erlassen sollen. In diesen Verordnungen soll die Gebühr nach einer Reihe verschiedener Umstände und Merkmale, u. A. aber auch nach dem Betrage des Kapitals oder der Rente, um welche es sich in dem Rechtsgeschäft handelt, bemessen werden. Die auf Grund des Gesetzes erlassenen Verordnungen sind mir nicht bekannt und ich kann nicht beurtheilen, in welchem Maße der bisher dem englischen Rechte fremde Grundsatz einer Werthtaxe für Gebühren in Rechtsgeschäften zur Geltung gekommen ist. Andere Gesetze der letzten Jahre haben die Fristen der Ersitzung und der Verjährung von dinglichen Klagen abgekürzt und einige andere die Feststellung des Eigenthumsrechts erschwerenden Rechtsbestimmungen verbessert.

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Die Klagen aus dinglichen Rechten verjähren nach den Gesetzen 37 L 38 Victoria e. 57 jetzt in 12 Jahren, oder im Fall der zur Klage Berechtigte durch Minderjährigkeit, Abwesenheit, Geisteskrankheit verhindert war zu klagen, in 6 Jahren, nachdem das Hinderniß weggefallen. Für alle praktischen Zwecke sagt Mr. Digby (an introduction to tbs distort ok tke la^v ok real pro­ perty Oxkord 1875 S. 346) wird vom Inkrafttreten des erwähnten Gesetzes an (1. Januar 1879) durch 12jährigen Besitz ein Eigenthumstitel erworben, der nur von Denjenigen angefochten werden kann, deren Rechtsanspruch vor dem Beginn jener Periode noch nicht existirte. In Folge dieser Bestimmungen hat dann das Gesetz 37 A 38 Victoria e. 78 (vendor and xurekascrZ act) die Zeit, für welche ein Verkäufer von Grundeigenthum die Erwerbstitel nachweisen muß, von 60 auf 40 Jahre herabgesetzt, sowie auch sonst den Um­ fang und die Art des Eigenthumsnachweises, welchen der Käufer verlangen kann, wesentlich beschränkt und vereinfacht. Außer diesen wichtigen Milderungen der mit dem gegenwärtigen Zustand verknüpften Mißstände hat man aber auch versucht, das Uebel an der Wurzel anzugreifen. Mehrere königliche und parlamentarische Kommissionen haben in den letzten Jahrzehnten (1857, 1870, 1878—1879) darüber berathen, wie man einen sicheren Eigenthumstitel und leichte Eigenthumsübertragung von Grund und Boden in England Herstellen könne. Zwei Gesetze sind gegeben worden, um diesem Ziele näher zu kommen, aber ein wesentlicher Fortschritt ist durch dieselben bis jetzt nicht erreicht worden. Das erste der beiden Gesetze (I^ord V^68tdur)ds 25 & 26 Victoria e. 53) richtete eine Behörde (Zonoral re^istr^ ok estate) ein, welche berechtigt sein sollte, Grundbesitzern, die darum nachsuchen, einen unanfechtbaren (indokonsidlo) Eigenthumstitel zu verleihen. Der Verleihung muß natürlicher Weise eine Untersuchung des Eigenthumsrechts vorangehen, welche das Registeramt führt. In zweifelhaften Fällen sollen vom Landkanzler zu bezeichnende Richter des Kanzleigerichtshofs entscheiden, ob der unanfechtbare Eigenthumstitel verliehen werden kann, oder nicht. In das Register, welches die Behörde über die so verliehenen Eigenthumstitel führt, sollen dann alle weiteren Eigenthumsübertragungen und Belastungen des Grundeigenthums eingetragen werden, aber die Rechtsgültigkeit der das Grundeigenthum betreffenden Rechtsgeschäfte sollte nicht abhängig sein von der Eintragung in die Register und namentlich sollte das Eigenthum von Grund und Boden nicht nur durch Umschreibung in dem Register, sondern auch in der bisherigen Weise durch Urkunden übertragen werden können. Es wurde also kein Grund­ buch im deutschen Sinne des Worts geschaffen, aus dem jederzeit der Eigen­ thümer und die Belastung des Grundstücks leicht erkennbar gewesen wäre, sondern nur eine einmalige Prüfung und Feststellung des Eigenthumsrechls, sowie die Registrirung aller künftigen auf diese Rechte bezüglichen Rechts­ geschäfte den Grundbesitzern angeboten. Die Maßregel hat sich denn auch als eine gänzlich verfehlte gezeigt, nur ganz wenige Grundeigenthümer haben von der Einrichtung Gebrauch gemacht. Als Hauptursache der allgemeinen Ab­ lehnung gab das zur Untersuchung der Frage eingesetzte parlamentarische Komitee an, daß die Prüfung der Erwerbstitel seitens des Registeramts und der dem­ selben vorgesetzten Richter eine viel peinlichere sei, als sonst im Handel mit Grundeigenthum üblich. Man habe mehr Mühe, Zeitaufwand und Kosten,

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sein Eigenthum dem Registeramt zu beweisen, als irgend einem der privaten Käufer, die sich herkömmlicher Weise mit minder vollständigem Rechtsnachweise, Grenz­ bestimmungen u. s. w. begnügten und kleine Fehler in den Erwerbstiteln über­ sähen. Man fürchte auch vielfach, daß durch die Peinlichkeit des Registeramis Streitigkeiten hervorgerufen, ruhende Kontroversen wieder aufgeregt werden würden. Insbesondere befürchte man Streit mit den Nachbarn bei der genauen Grenzbestimmung, welche verlangt werde. Endlich sehe man für die Zukunft keinen wesentlichen Vortheil in der einmaligen Feststellung des Eigenthumsrechts. Spätere Verkäufe und Verpfändungen würden dadurch nicht erleichtert werden. Ein zweites Gesetz (I^ord Oairns ^.et. 38 39 Vietoriu e. 87) hat versucht, die Mängel des ersten zu verbessern, aber trotzdem ebenfalls so gut wie keinen praktischen Erfolg gehabt. Lord Cairns hat zunächst es unternommen, wie er sich selbst ausdrückte, an Stelle des register ok deeds ein register ok titles, ein Grundbuch zu setzen, aus welchem nicht nur die das Eigentumsrecht be­ treffenden Rechtsgeschäfte, sondern als Resultat der bestehende Rechtszustand sofort ersichtlich sei. Das Gesetz suchte ferner die Eintragung zu erleichtern dadurch, daß von genauer Grenzbestimmung der einzutragenden Grundstücke ab­ gesehen wurde und daß nicht nur ein unanfechtbarer „absoluter" Eigenthumsüte! für die einzutragenden Grundstücke gegeben wurde, sondern auch sogenannte „qualifizirte" Titel. Die letzteren werden ertheilt, wenn das Eigenthum nicht für eine ausreichende Zeitfrist nachgewiesen werden kann oder sonst sich irgendwelche Bedenken gegen die Erwerbstitel ergeben. In Folge der allmählich eintretenden Verjährung sollten dann durch den Lauf der Zeit die Mängel dieser qualifizirten Eigenthumstitel geheilt und dieselben in absolute verwandelt werden. Aber trotz dieser und mancher anderen wohl erwogenen Verbesserungen ist auch dieses zweite Gesetz im Wesentlichen wirkungslos geblieben. In 3* 2 Jahren nach Erlaß des Gesetzes waren nur 48 Titel eingetragen und die Zahl der Gesuche nahm von Jahr zu Jahr ab. Aufs Neue hat dann eine parlamentarische Umersuchungskommission getagt, zahlreiche Sachverständige vernommen und Bericht erstattet, der an der Möglichkeit, zur Zeit ein Grundbuch in England herzustellen verzweifelt. Das Komitee, sagt der Bericht, sei zu dem Schlüsse genöthigt worden, das von Lord Cairns veranlaßte Gesetz sei ebenso wie das frühere wirkungslos geblieben, weil, mit Recht oder Unrecht, das Publikum und seine Rechtsbeistände entschieden der Ansicht seien, die mit dem neuen System verbundenen Vortheile seien zu spekulativer und entfernter Art, um für die unmittelbaren und sicheren Kosten und Mühen, welche davon untrennbar sind, eine genügende Entschädigung zu gewähren. Das Zeugenverhör hat denn auch ergeben, daß im Verkehr mit kleinen Grundstücken man sich gewohnheits­ gemäß mit sehr schlechten Erwerbstiteln begnügt und daß zahlungsfähige Ver­ käufer und Notare von anerkannter Zuverlässigkeit oft kleinere Grundstücke ohne langwierigen und kostspieligen Eigenthumsnachweis verkaufen. „In gewissem Grade," fährt der Bericht fort, „mag der geringe Erfolg zuzuschreiben sein „zum Theil der fast abergläubischen Verehrung der Erwerbsurkunden (title „deeds), welche in diesem Lande vorherrscht, zum Theil der Vorliebe, welche „die meisten Engländer haben für die Erledigung ihrer eigenen Angelegenheit „in ihrer eigenen Weise und der Abneigung, bei jedem Rechtsgeschäfte den „Spießruthenlauf einer amtlichen Untersuchung aushallen zu müssen; die

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„Abneigung aber wird vermehrt durch die Furcht, daß das Gesuch um Registration „eines absoluten Eigenthumstitels in der Entdeckung eines bisher unbemerkten „Mangels in diesem Titel endigen werde." Der Bericht weist auf den Unter­ schied zwischen England und den ursprünglichen Gesellschaftszuständen hin, in welchen sich die den Eigenthümer ausweisenden Grundbücher vorzugsweise bewährt hätten. In diesen seien die Rechtsverhältnisse des Grundeigenthums einfach. In England aber sei großes nicht nur, sondern auch kleines Grundeigenthum ausgethan zu emphyteutischen Rechten auf kürzere oder längere Zeit, stiftungs­ mäßig gebunden durch fideikommissarische Substitutionen zu Gunsten mehrerer succesiver Erben, belastet mit Witthümern und Leibgedingen zu Gunsten noch nicht geborener Personen, und unterworfen allen möglichen dinglichen Lasten. Das erschwere die Einrichtung eines Grundbuchs. Auf der anderen Seite meinte freilich Lord Cairns wohl nicht mit Unrecht, daß je verwickelter die Rechtsverhältnisse am Grund und Boden, desto nothwendiger ein den Eigen­ thümer mit Sicherheit ausweisendes Grundbuch sei. Das Resultat aller Unter­ suchungen und Erörterungen ist, daß das Konnte auf ein Register aller über Rechtsgeschäfte, welche Grundeigenthum betreffen, ausgestellten Urkunden zurück­ kommt und verschiedene Vereinfachungen und Verbesserungen des Jmmobiliarrechts, welche zum Theil seitdem Gesetz geworden sind, sowie die Vollendung der genauen Vermessung aller Grundstücke empfiehlt. Seitdem scheint die Frage zu ruhen. Trotz des fortwährenden Drängens mancher Landreformer scheint in maßgebenden Kreisen die Ansicht zu herrschen, daß bloße Gewährung der Möglichkeit die Grundstücke in Grundbücher eintragen zu lassen, niemals zu einer ausgedehnten Benutzung derselben in England führen werde, wie wohl überlegt und zweckmäßig man auch die Grundbücher und ihre Verwaltung ein­ richten möge, daß aber andererseits einer zwangsweisen Einführung von Grund­ büchern, welche das Eigenthumsrecht mit Sicherheit nachweisen, zur Zeit wenigstens die großen Kosten und andere unüberwindliche Schwierigkeiten ent­ gegenstehen. Die zweite Eigenthümlichkeit des englischen Jmmobiliarrechts, deren Reform oder völlige Beseitigung ein Gegenstand lebhafter Erörterung in den letzten Jahren gewesen ist, ist die Einrichtung der englischen Erbgüter oder Familienfideikommisse (entails and settlements). Die Einrichtung, wie sie bis vor Kurzem bestanden, ist in neuerer Zeit in Deutschland von verschiedenen Seiten geschildert worden ^), so daß wir einer eingehenderen Darstellung uns hier entschlagen können und nur das Wesentlichste des Rechtsverhältnisses und seinen gewöhnlichsten Gebrauch hier hervorheben

5l Ueber die englischen Settlements und Entails haben u. A. folgende neueren deutschen Schriftsteller berichtet: Solly, Grundsätze des.englischen Rechts über Grund­ besitz, Erbfolge und Güterrecht der Ehegatten, Berlin 1853. Helferich in der Zeit­ schrift für die gesammte Staatswissenschaft Bd. X S. 123 ff., Tübingen 1854 und v. Ompteda, Landgesetze und Landwirthschaft in England in den Preußischen Jahr­ büchern Bd. XXXXVI S. 401 ff. und S. 449 ff., Berlin 1880. Während Helferich die englischen Fideikommisse „eine wahrhaft bewunderungswürdige Institution" nennt, hält von Ompteda, dessen Ansichten durch die Schriften der neueren englischen Landreformer stark beeinflußt zu sein scheinen, sie für ein schweres wirthschaftliches und soziales Uebel. Tie Aenderungen, welche die Einrichtung in den letzten Jahren erfahren, konnte keiner dieser Schriftsteller berücksichtigen. Schriften XXVII. — Agrarische Zustände rc. 13

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wollen. Wir schließen uns dabei aufs Engste an die durch Kürze und Genauig­ keit sich auszeichnende Darstellung von Helferich an, aus der wir einige Sätze wörtlich entnehmen: „Jeder Engländer," sagt Helferich a. a. O., „hat die Befugniß, ein Grundstück einer oder mehreren lebenden Personen und darüber hinaus noch einer ungeborenen in der Weise zu vermachen, daß dieselben nur nach Inhalt der Stiftung (settlement) darüber verfügen können. Sobald jedoch der bei Einrichtung des Erbguts eingesetzte, noch ungeborene Erbe mit Vollendung des einundzwanzigsten Jahres volljährig geworden ist, kann von ihm allein, wenn er im Besitz des Gutes sich befindet, oder von seinem Vorgänger mit seiner Beistimmung das Erbgut von seiner sideikommissarischen Gebundenheit befreit werden." Von Generation zu Generation werden nun in der Regel die Stiftungen erneuert. „Ein Vater sei kraft der Stiftung seiner Vorfahren im Besitz seines Erbguts und sein Sohn sei der stiftungsmäßige Erbe. Um die Zeit nun, wo dieser Sohn großjährig geworden und sich häuslich niederlassen will, verständigt er sich mit demselben darüber, die Stiftung aufzuheben (break tbe entail) und das Gut in ein freieigenes (aus einem kee tail in ein kee simple) zu verwandeln. Dies geschieht aber nur, um mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse der Familie eine neue Stiftung zu machen. Durch diese wird nun der Vater der neue Stifter und behält das gleiche Recht, welches er bisher hatte, nämlich den Genuß des Guts auf Lebensdauer (tenane^ kor like), der Sohn verliert die Anwartschaft auf das unbeschränkte Eigenthum am Gut und bekommt statt dessen die Anwartschaft auf ein Nutz­ nießungsrecht, dessen noch ungeborener Sohn dagegen wird im Voraus als künftiger Eigenthümer (tenant in tail) bestimmt." „Bei jeder Erneuerung werden zu Gunsten der in die Familie eintretenden Frau des Sohnes ein Witthum und für die erwarteten jüngeren Kinder derselben Renten aus dem Gutsertrag festgesetzt, je nach dem Werthe des Guts und dem Zubringen der Frau verschieden." Vor allem aber, müssen wir hinzufügen, wird für den sich häuslich niederlassenden Sohn, den Majoratserben, eine jährliche Rente aus den Einkünften des Guts bestimmt, von der er die Kosten seines Haushalts be­ streitet, bis er nach dem Tode seines Vaters die lebenslängliche Nutznießung des Guts bekommt. In dem Wunsche, diese jährliche Rente zu erhalten, liegt neben dem allgemeinen Familieninleresse das Motiv, welches den Majoratserben bestimmt, sein Verfügungsrecht über das Gut, ehe er es noch im Besitz hat, so wesentlich zu beschränken und eine neue Stiftung zu machen. In der ausgedehntesten Weise haben die grundbesitzenden Familien von dieser Einrichtung Gebrauch gemacht. Genaue Erhebungen über die Fläche oder die Zahl der sideikommissarisch gebundenen Güter fehlen zwar ganz. Man beruft sich gewöhnlich auf eine ungefähre Schätzung, die vor einigen Jahrzehnten ein parla­ mentarisches Komitee unter dem Vorsitz des um die englische Landwirthschaft hochverdienten Mr. Pusey vorgenommen. Darnach soll 2,3 des Grund und Bodens in England entail sein. Die meisten Sachkundigen meinen, daß die Schätzung eher zu niedrig, als zu hoch sei. Es ist leicht ersichtlich, wie durch die englische Einrichtung das Grundeigenthum nicht so fest und dauernd vinkulirt wird, wie durch die in den meisten deutschen Staaten üblichen Fideikommisse. Während die Aufhebung des Fidei-

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kommifses und die Veräußerung des Fideikommißguies in Deutschland nur ausnahmsweise und unter manchen erschwerenden Kanteten gestattet sind, tritt bei den englischen Entails in jeder Generation ein Zeitpunkt ein, in welchem das Fideikommiß entweder durch den Nutznießer und den Anwärter zusammen, oder, wenn Nutznießung und Anwartschaft schon vereint sind, durch den Be­ sitzer des Fideikommißguts aufgehoben oder umgestaltet werden kann. Die neuere Gesetzgebung ist nun aber noch weiter bemüht gewesen, die Gebundenheit des Grund und Bodens durch die fideikommissarischen Stiftungen zu lockern und den volkswirthschaftlichen Nachtheilen, welche dieselbe zur Folge haben kann, möglichst vorzubeugen. Die Sitte ist hier, wie so oft in England, dem Gesetzgeber voran­

gegangen. Man hat zuerst in die einzelnen Stiftungsurkunden Bestimmungen aus­ genommen, welche dem jedesmaligen Nutznießer des Erbguts zum Abschluß von Pachtkontrakten auf lange Zeit, sowie zum Verkauf sowohl einzelner Theile wie des ganzen Guts ermächtigten und dann hat neuerdings die Gesetzgebung diese Befugnisse allen Besitzern von Erbgütern auf Lebenszeit zuerkannt. Das letzte überaus eingreifende Gesetz darüber ist wieder auf die Initiative des mehrerwähnten Lord Cairns zurückzuführen und unter dem 20. August 1882 publizirt (settled I.and ^et 45 46 Victoria e. 38). Nach dem­ selben kann der jedesmalige Besitzer und Nutznießer auf Lebenszeit, der Fiduciar (tenant kor like), das Erbgut ganz oder theilweise verkaufen oder vertauschen, Grundstücke, welche gemeinschaftlich mit Andern besessen werden, theilen, die zu dem Erbgut gehörigen Obereigenthumsrechte über abhängige Be­ sitzungen veräußern. Er darf Pachtkontrakte eingehen über die Dauer seines Lebens hinaus und zwar, im Fall der Pächter Gebäude auf dem Grundstück aufführen will (duildinZ 1ea86) auf 99 Jahre, im Fall der Pächter Bergbau treiben will (mining lea8c) auf 60 Jahre, in jedem anderen Fall auf 21 Jahre. Er kann die Auflösung bestehender auf lange Fristen abgeschlossener Pacht­ kontrakte mit dem Pächter jederzeit verabreden (accept a irrender ok an)' 1ea8C). Nur wenn der Besitzer das 'Hauptwohngebäude (principal mansion)

auf dem Erbgute und die dazu unmittelbar gehörigen und mit demselben be­ nutzten Ländereien verkaufen will, bedarf er der Zustimmung der StiftungsPfleger (tru8tc68 ok tlm 86ttlcmcnt)") oder des zuständigen Gerichtshofes. Dagegen steht ihm ferner noch die Befugniß zu, zum Besten der Gutseinwohner Theile des Erbguts für Straßen, Gärten und Parks, Wasserleitungen und andere gemeinnützige Anlagen gegen oder ohne Entgelt herzugeben. Der Preis, welcher für Veräußerungen des Erbguts oder seiner Bestandtheile bezahlt wird, ist den Stiftungspflegern einzuzahlen (capital tru8t mone^) und von diesen nach Anweisung des Erbgutsbesitzers anderweitig zu belegen. Die hauptsäch­ lichsten Anlagearien, welche das Gesetz gestattet, sind sichere Werthpapiere, anderes in England gelegenes Grundeigenthum, Rückzahlung von Schulden, die auf dem Erbgut haften, und Verbesserungen des Guts. Dem Begriff

6) Stiftungspfleger scheint uns in diesem Fall die geeignetste Uebersetzung von trustee. In anderen Fällen würde es besser mit Treuhänder, Vertrauensmänner zu übersetzen sein. 13*

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Verbesserungen des Guts ist die weiteste Ausdehnung gegeben. Die Errichtung von Arbeiterwohnungen und Wirthschaftsgebäuden, von Wegen und Straßen, von allen möglichen Vorrichtungen zur Entwässerung und Bewässerung u. s. w. ist darunter begriffen. Es sind im Gesetze aber Vorsichtsmaßregeln getroffen, daß die Stiftungspfleger oder das Gericht die Gelder für Verbesserungen nur aus­ zahlen, wenn Bescheinigungen darüber vorliegen, daß die Melioration oder ein bestimmter Theil derselben wirklich in gehöriger Weise ausgeführt ist. So kann also die Substanz des Stiftungsvermögens jederzeit verändert werden, und nur der Werth des Erbguts nicht die einzelnen Stücke derselben müssen der Familie erhallen bleiben. Die Veränderung der Substanz aus beweglichen in unbeweg­ liches Gut, aus Grundstücken in Bauten kann der jedesmalige Nutznießer selbst­ ständig vornehmen, ohne an die Zustimmung der Stistungspfleger gebunden zu sein. Diese haben nur über die Erhaltung des Vermögens nach seinem Werthe, nicht nach seinen einzelnen Bestandtheilen zu wachen. Wo keine Stiftungs­ pfleger vorhanden sind, kann das Gericht geeignete Personen dazu ernennen. Sie haben durch das Gesetz eine größere Bedeutung als früher erlangt.

Sowie dies Gesetz den Verkauf des Erbguts ermöglicht, so haben frühere Gesetze schon eine Verschuldung desselben durch den jedesmaligen Nutznießer gestaltet, wenn dieselbe zum Zwecke einer Melioration vorgenommen wird. Die lange Reihe der sog. land improvement und drainage acts gestattet solche Anleihen, wenn die ursprünglich für die Ablösung- und Gemeinheitstheilungen eingesetzte Behörde, die jetzigen Land-Commissioner, die Nützlichkeit der beab­ sichtigten Melioration attestirt. Zuerst hat der Staat im Jahre 1846 bei Gelegenheit der Aufhebung der Getreidezölle durch eine Bewilligung von 4 Millionen A für Meliorationsdarlehen die Grundeigenthümer unterstützt, dann sind Kreditinstitute gegründet, denen der Staat einige Vortheile bewilligt hat (Stempelfreiheit z. B.) und welche für Meliorationen, deren Rentabilität die Land-Commissioner attestiren, gegen eine Annuität das erforderliche Kapital vorschießen. Der Zinsfuß, zu dem die Vorschüsse gemacht werden, ist 4* 4—5 o o, die auf 25 Jahre berechnete Amortisatio^srente und die Kosten des Verfahrens erhöhen die während 25 Jahren vom Grundbesitzer zu zahlende Rente auf 6—70/0. In beträchtlichem Grade haben die englischen Grundbesitzer von der Möglichkeit auf diese Weise Kapital aufzunehmen Gebrauch gemacht. Auch wohlhabende Grundeigenthümer, die freies Eigenthum und daneben Kapital besitzen, haben nach den Angaben eines Mannes, der bei der größten dieser Gesellschaften 30 Jahre als erster Kulturtechniker (principal engineer) fungirt hat, mitunter Anleihen bei jenen Kreditinstituten ausgenommen, aber die Haupt­ kunden derselben sind doch die Besitzer von Erbgütern gewesen. Das gesammte vom Staate und den Kreditinstituten dem Grundbesitz unter Sanktion der Jnclosure-Commissioner zugeführte Kapital von 1846 bis Ende 1881 hat 13 597 620 A betragen. Die wichtigsten Arten der Verwendung waren:

für Drainage........................... „ Wirthschaftsgebäude . . „ Arbeiterwohnungen . . „ Uferbefestigung. . . . „ Wege..................................

8 259 404 3 397133 823 190 112 830 124202

„ „ „ „

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für Einhegungen.................................. 237 846 A „ Wohngebäude der Eigenthümer. 196 657 „ In Folge dieser wesentlichen Modifikationen fallen manche Einwendungen gegen die englischen Entails weg, die sonst gegen fideikommissarische Stiftungen gemacht werden. Folgende Schäden aber, behaupten die hervorragendsten Ver­ treter der Landreformpariei, sind auch, nachdem die erwähnten Verbesserungen durchgeführt, mit den Entails verbunden?): 1) wird der lebenslängliche Nutznießer oft den Wunsch hegen, aus dem Gute während seiner Lebenszeit so viel als möglich herauszuziehen um seine jüngeren Kinder damit auszustatten und zu versorgen, und deshalb das Gut vernachlässigen, die Gebäude verfallen, den Boden aussaugen lassen. Be­ sonders würde das der Fall sein in den bei der englischen Einrichtung aber nur sehr selten vorkommenden Fällen, in welchen in Ermangelung eines männ­ lichen Erben das Gut an Seitenverwandte kommt. Der Nutznießer hat dann kein Interesse, den Werth des Guts für ihm fern stehende Erben zu erhalten. Die Kapitalverwendung auf den Grund und Boden sei deshalb in England viel kleiner, als sie sein würde, wenn Entails nicht existirten und alles Land freies Eigen wäre. 2) Die Kapitalverwendung auf den Grund und Boden werde aber auch dadurch erschwert, daß die Aufnahme eines Kapitals für Meliorationen oder die Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf einzelner Theile des Fideikommisses zu Melioration an die vorgängige Prüfung der Rentabilität des Meliorations­ plans durch die Land-Commissioner gebunden sei. Die Umständlichkeit dieses Verfahrens halte viele Besitzer von Erbgütern ab, dasselbe einzuschlagen. 3) Die Belastung vieler Erbgüter durch die bei Erneuerung der Stiftungen ihnen hauptsächlich zu Gunsten der jüngeren Söhne, Töchter, Wittwen auf­ gelegten Renten und Kapitalschulden sei eine übermäßige. Der lebenslängliche Nutznießer finde sich besonders jetzt oft in beengten Verhältnissen, in welchen er den Verpflichtungen eines großen Grundeigenthümers gegen seine Pächter und gegen das gemeine Wesen nicht genügen könne. Bei freiem Eigenthum könne derartiger Belastung durch Naturaltheilung zwischen den Erben vorgebeugt werden. Wenn aber doch eine übermäßige Verschuldung eintrete, so komme überschuldetes Grundeigenthum zu freiwilligem oder gerichtlich erzwungenem Verkauf. Der neue kapitalkräftige Erwerber werde dann besser wirthschaften, als der frühere ver­ schuldete Besitzer. Bei gebundenen Erbgütern schleppe sich überschuldeter Besitz viel länger fort"). 4) Endlich werden die mannigfachen sittlichen Gefahren hervorgehoben, denen der Majoratserbe gerade in Folge seiner begünstigten Stellung ausgesetzt sei, die Unbotmäßigkeil gegenüber dem Vater, die Ausbeutung durch Wucherer u. s. w. Die in dieser Richtung überall dem Institut der Fideikommisse ge7) S. namentlich die Aussagen von C. I. Shaw Lefevre vor der Kommission Bd. III der Zeugenaussagen S. 232 ff., sowie die betreffenden Stellen in dem mehr­ fach erwähnten Werke v. George C. Brodrick. 8) Am prägnantesten wieder G. C. Brodrick a. a. O. S. 145: In sbort a system under wbieb tbe landed property ok a kamilz- is constantly settled upon one member, but laid out under a constant subsidy kor tbe benebt ok otbers, wbile tbe kunded property is sbared amon§ all, must needs tend directly to impoverisb tbe collective resources ok landowners kor purposes ok improvement.

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machten Vorwürfe sind bekannt und bedürfen keiner Wiederholung. Bei der großen Verbreitung des Instituts der Entails aber sei die Wirkung desselben, behaupten seine Gegner, nicht blos beschränkt auf den einzelnen bevorzugten Erben, sondern erzeuge in dem ganzen Stande der erbangesessenen Grundeigenthümer einen Mangel an gewerblichem, industriellem Sinn, welcher ver­ hindere, daß Vieles, was seitens der Grundeigenthümer für die Verbesserung der Güter und die Steigerung der landwirthschaftlichen Produktion geschehen könnte, wirklich ausgeführt werde. Für die in Folge aller dieser Umstände ungenügende Kapitalanlage auf Grund und Boden wird als Beweis u. A. angeführt, daß ein großer Theil des Landes der unterirdischen Drainage dringend bedürftig, aber nicht theilhaftig sei, daß auch die Wirthschaftsgebäude und Arbeiterwohnungen vielfach sehr viel zu wünschen übrig ließen. Auf einer Fläche von 18 500 000 Acres in Eng­ land und Wales, behauptete der eben erwähnte, erfahrene Kulturtechniker, würde die Drainirung im höchsten Grade wünschenswerth sein. Nicht mehr als ca. 3 Millionen Acres seien zur Zeit wirklich drainirt. Versuchen wir es nun an der Hand des von der Königlichen Kommission gesammelten Materials uns über die Berechtigung dieser Vorwürfe ein Urtheil zu bilden, so ist das eine kaum zu lösende Aufgabe. Denn sowohl die Berichte der Assistant-Commissioner, wie ganz besonders die Aussagen der vernommenen Sachverständigen widersprechen sich in fast allen Punkten auf das Entschiedenste. Was zunächst die angeblich auf den Erbgütern mangelnde Kapitalver­ wendung angeht, so ist nur über einen Punkt ziemlich allgemeine Ueberein­ stimmung, daß nämlich die ganz großen in den Händen der ersten Familien des Landes befindlichen Grundherrschaften sich in der Regel durch verständig durchgeführte Meliorationen, Fürsorge für Arbeiterwohnungen, gute Verwaltung recht vortheilhaft auszeichnen. Pächter und Arbeiter befinden sich im Ganzen auf diesen Besitzungen in begünstigter Lage. Aber die Gegner der Entmls behaupten, das sei die Folge des großen Reichthums dieser Familien, nicht der Gebundenheit ihres Grundbesitzes. Freilich bleibt dabei die Frage offen, ob der große Reichthum mancher grundbesitzenden Familien nicht mit der Institution der Entails in einer gewissen Verbindung steht. Wie dem auch sein möge, von einer gehemmten Kapitalverwertung auf den Boden kann nur die Rede sein, wenn jener ganz große aristokratische Besitz ausgenommen wird. Da erklärt nun von den Assistant-Commissioner der Eine, Mr. Coleman, daß die Schwierigkeit, Anleihen zu Meliorationszwecken zu machen, viele Besitzer von Erbgütern an Ausführung von Drainirungsanlagen gehindert habe, während ein Anderer (Mr. Little) jeden Unterschied in dieser Hinsicht zwischen gebundenem und nicht gebundenem Grundbesitz leugnet, ein Dritter (Mr. Doyle) zwei Erbgüter in sehr schlechtem Zustande, manche aber auch unter den bestverwalteten seines Distrikts gefunden hat. An einer andern Stelle seines Berichts freilich weist er darauf hin, wie viel große Grundeigenthümer für die Verbesserung der Arbeiterwohnungen gethan hätten, aber die Besitzer von fidei­ kommissarisch gebundenen Gütern und vor allem die Korporationen, welche als solche kein Gewissen hätten, seien in der Sorge für die Arbeiter oft nachlässig. „Wenn fideikommissarische ^Besitzer Freiheit hätten mit ihrem Lande so zu schalten, wie ihr eigenes Interesse und ihr Wunsch das Wohlsein ihrer Arbeiter

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zu befördern, es verlangen, so würde es auf wenigen Gütern an hinlänglicher Fürsorge für Arbeiterwohnungen mangeln." Der vierte Assistant-Commissioner ist außer Stande gewesen zu ermitteln, was gebundener, was freier Besitz in seinem Bezirk war und kann deshalb ein Urtheil über die Frage nicht abgeben. Noch viel widersprechender tauten die Urtheile der vernommenen Sachkundigen. Es scheint, wenn ich den Gesammteindruck aussprechen darf, den dieselben nach sorgfältiger Durchsicht auf mich gemacht, als ob ein augenfälliger und durch­ greifender Unterschied in der Kapitalverwendung auf rechtlich gebundenen und nicht gebundenen Grund und Boden jedenfalls nicht bestände, als ob aber doch einzelne Fälle nachweisbar wären, in denen Besitzer von Erbgütern Schwierig­ keiten gehabt, um das für Meliorationen erforderliche Kapital aufzubringen, welchen sie leichter hätten begegnen können, wenn sie in der Lage gewesen wären ihre Grundstücke ohne Umstand hypothekarisch verpfänden oder theilweise

veräußern zu können. Diesen Hemmnissen gegenüber werden übrigens von anderer Seite wohl nicht ganz mit Unrecht die Vortheile hervorgehoben, welche es für den land> wirtschaftlichen Betrieb im Allgemeinen und die Stellung der Pächter ins­ besondere bat, wenn Landgüter nicht zu oft ihren Eigenthümer wechseln, sich vielmehr, wie es in England doch noch oft der Fall ist, traditionelle, von Generation zu Generation sich vererbende Beziehungen zwischen den Besitzern eines Erbguts und ihren Pächterfamilien erhalten. Vor Allem aber ist zu erwägen, daß alle angeführten Aussagen über nachtheilige Wirkungen, welche die Einrichtung der Entails wirklich ausgeübt hat, von dem Zustande sprechen, welcher dem Gesetz von 1882 voranging und von Hindernissen und Schwierigkeiten, denen dies Gesetz abzuhelfen versucht. Es wird abzuwarten sein, inwiefern der Versuch gelingen wird. Auch der üblen sittlichen Einwirkung der Entails auf den einen bevor­ zugten Erben versucht man in neuerer Zeit, wenn wir der Aussage eines wegen seiner ausgedehnten Erfahrung in den einschlagenden Rechtsgeschäften von der Kommission vernommenen Solicitor, Mr. Lawrence, Glauben schenken dürfen, in vielen Familienstiftungen in erfolgreicher Weise vorzubeugen. Es wird nämlich durch die Stiftungsurkunde dem jedesmaligen Besitzer und Nutznießer des Erbguts die Befugniß ertheilt, unter seinen Söhnen denjenigen zum Erben des Erbguts auszuwählen und zu bestimmen, den er am geeignetsten zur Uebernahme des Guts hält. Eine solche Modification der Erbfolge nach Primogenitur würde dem Vater ein heilsames Zuchtmittel gegen den ältesten Sohn in die Hand geben und verhindern, daß ein leichtsinniger Majoratserbe auf seine Anwartschaft hin Kredit zum Zwecke verschwenderischen Lebens erhält. Die große Belastung der Güter endlich mit Renten und Kapitalschulden, welche man vielfach für eine üble Folge der Institution der Entails hält, würde allerdings zum Theil verschwinden, wenn statt der in den Erbgütern üblichen Erbfolge des ältesten Sohnes bei Erbfällen die Grundbesitzungen in natura zwischen den Erben getheilt würden. Die Naluraltheilung in Verbindung mit der geringen Kinderzahl auf eine Ehe bildet in Frankreich ein mächtiges Schutz­ mittel gegen Ueberschuldung des Grund und Bodens. Wenn aber wie in England für alles Grundeigenthum das ausschließliche Erbrecht des ältesten Sohnes Recht und Sitte ist, so ist nicht recht abzusehen, warum gerade die

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Einrichtung der Entails die Belastung der Güter vermehren sollte. Im Gegen­ theil, man sollte denken, die Erbportionen der jüngeren Geschwister würden reichlicher und die dadurch verursachte Belastung des Guts drückender werden, wenn der Vater das Recht hat dieselben nach freiem Ermessen festzusetzen, als wenn er durch die Anwartschaft seines ältesten Sohnes in der Belastung des Guts beschränkt ist. Der Anwärter hat doch das Interesse und die Macht, eine übermäßige Verschuldung des Erbguts, eine Verkürzung des ihm gebühren­ den Erbtheils und eine Erschwerung seiner künftigen Lebensstellung möglichst zu verhindern. Auf den Familienstiftungen scheint uns deshalb auch die früher erwähnte englische Sitte großencheils zu beruhen, daß nämlich das Gut zu Gunsten abzufindender Verwandten nicht mit Kapitalforderungen, sondern mit lebenslänglichen, in der Regel überdies sehr mäßigen Renten belastet wird. Daß dies letztere System aber für den das Gut übernehmenden Erben minder gefährlich ist, als das erstere, bei uns in Deutschland übliche, spricht für sich selbst und wir haben in einem früheren Kapitel auszuführen versucht, wie die englische Gewohnheit die Widerstandsfähigkeit der englischen Grundbesitzer in der letzten Kalamität im Vergleich mit größeren deutschen Grundeigenthümern wahrscheinlich sehr erhöht hat. Während so die Verschuldung aus Erbfällen durch die Einrichtung der Erbgüter jedenfalls nicht vermehrt wird, ist leichtsinnige Verschuldung zu über­ mäßigen Bauten, unrentabele Meliorationen, verschwenderische Lebensweise da­ durch ganz ausgeschlossen, oder aufs Aeußerste erschwert. Sollte aber trotz alledem ein fideikommissarisch gebundenes Gut einmal überschuldet werden, so steht nach der gegenwärtigen Gesetzgebung einem völligen oder theilweisen freiwilligen Verkauf gar nichts im Wege. Der jedesmalige Nutznießer kann einzelne Theile seines Familienbesitzes verkaufen und Schulden damit bezahlen oder das Ganze veräußern und einen kleineren, schuldloseren Grundbesitz dafür erwerben. Auch der gerichtliche zwangsweise Verkauf eines überschuldeten Grundbesitzes ist durch den Charakter desselben als Entail keines­ wegs ausgeschlossen, wenn auch wesentlich erschwert. Es kann wegen Schulden des tenant in tail verkauft werden, soweit der tenant in tail selbst das Recht hat über das Gut zu verfügen. Aber wenn man der Möglichkeit, daß ein Gut dadurch etwas länger in überschuldeten Händen erhallen werden kann, andererseits die Erschwerung der Kreirung neuer Schulden gegenüberhält, welche in dem Institut der Entails liegt, so kann man nicht umhin, an der Berechtigung des Vorwurfs, daß aus demselben eine Ueberlastung der Güter mit Schulden entspringe, einige Zweifel zu hegen. Die radikalen Landreformer Englands scheinen die Uebelstände wenig zu kennen, vor welchen die Familienstiftungen das englische Grundeigenthum und die englische Landwirthschaft bewahren, sie sehen nur die eine Seite, die mit denselben verbundenen Jnkonvenienzen. Daß die Einrichtung nach dem Gesetze des Lord Cairns wesentlicher Verbesserungen nicht weiter fähig sei, sondern daß es sich gegenwärtig nur um die Frage der völligen Aufhebung handeln könne, darüber scheint Einstimmig­ keit zu herrschen. Verschiedenheit der Ansichten besteht aber unter den ersten Wortführern der Landreformers darüber, ob nach Beseitigung des Entails die üblichen marriage settlements bestehen bleiben können. Es ist nämlich in England etwas Gewöhnliches, daß Eltern ihren Kindern, wenn sie sich ver-

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heirathen oder bei einer anderen Gelegenheit die Nutznießung eines Vermögens, das Vermögen selbst aber zur Verwaltung Treuhändern (trustees) überweisen, und den aus der Ehe entspringenden Kindern die Anwartschaft auf das Ver­ mögen Vorbehalten, eine in mancher Beziehung dem Erbschatz des preußischen Landrechts ähnliche Einrichtung. Die Einen (vor der Kommission durch G- I. Shaw Lefevre vertreten), glauben dieselbe auch für unbewegliches Vermögen beibehalten zu können, die Andern (insbesondere G. C. Brodrick a. a. O.) möchten mit lebenslänglichen Nutzungsrechten (tike tenane^) an unbeweglichem Vermögen ganz aufräumen, und die marriage settlements, an deren völlige Be­ seitigung nicht gedacht werden kann, für unbewegliches Eigenthum verbieten. Nur so hoffen sie auch eine wesentliche Vereinfachung des Eigenthumsnachweises erreichen zu können. Eine derartige Maßregel nun ließe sich schwerlich aus den erörterten, den Entails vorgeworfenen Nachtheilen, vielleicht aber als ein Theil eines ganzen Systems von gesetzgeberischen Anordnungen rechtfertigen, welche die für Grundeigenthum in England bestehende Erbfolgeordnung zu ändern und dadurch der Konzentration des Grundeigenthums zu steuern bestimmt wären. Für sich allein würde für diesen Zweck die Beseitigung der Entails, so lange fast alles Grundeigenthum, rechtlich gebundenes oder nicht gebundenes, thatsächlich nach dem Grundsatz der Primogenitur vererbt wird, sehr wenig helfen. Fast alle Reformer verlangen denn auch zugleich mit der Aufhebung der Entails und der Herstellung ordentlicher Grundbücher die Reform des englischen Jntestaterbrechts. Nach demselben erbt bekanntlich der älteste Sohn das ganze un­ bewegliche Vermögen mit Ausschluß seiner Geschwister, während das bewegliche Vermögen nach Abzug eines Drittels für die Wittwe unter alle Kinder gleich getheilt wird. Aber so häufig jetzt die Forderung nach Einführung der gleichen Erbberechtigung aller Kinder für unbewegliches Vermögen, über welches der Erblasser nicht testamentarisch verfügt hat, in England gehört wird, so selten dürfte die Forderung einer Aenderung des unbeschränkten Rechts testamentarisch über die ganze Hinterlassenschaft zu verfügen sein. Brodrick, Arnold u. A. verwahren sich ausdrücklich dagegen, daß sie eine compulsory partition nach Art des französischen bürgerlichen Gesetzbuchs befürworteten o). Nun ist es aber in England Sitte, daß jeder Vermögende selbst testamentarisch über seinen Nach­ laß verfügt und die Fälle, in denen Grundeigenthum ad intestato ererbt wird, dürften außerordentlich seltene Ausnahmen sein. Das wird von verschiedenen Sachkundigen vor der Kommission aufs Neue als eine notorische und unbezweifelte Thatsache hingestellt. Wenn dem so ist, so fragt es sich weiter, welche praktische Bedeutung für die Entwicklung der agrarischen Zustände würde eine Aenderung des Jntestaterbrechts in Verbindung mit der Aufhebung der sideikommissarischen Stiftungen haben? Auf der einen Seite sieht man mitunter in der Forderung nach Aenderung des Jntestaterbrechts nur radikale Gefühlspolitik, auf der andern hofft man,

9) lor tbe great mass ofLnglisbmen it ma^ be talreu as certain, tbat a la^v placing tbe state in loco parentis, anä declaring tbat a tatber, nbo bas inade bis own fortune sball not be tree to deal witb it b^ ^vill, or disinberit a ebild, bo^ever wortbless and ungrateful, ^ould be in tbe bigbest degree inpopular. G. C. Brodrick a. a. O. S. 336.

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daß dieselbe „eine beträchtliche, wenn auch allmähliche Umwälzung in dem eng­ lischen Landsystem" Hervorrufen wird. Die Einen berufen sich besonders auf die Grafschaft Kent, in welcher ausnahmsweise kein ausschließliches Erbrecht des ältesten Sohns besteht, sondern alle Söhne sich in das von dem Vater ohne testamentarische Verfügung hinterlassene Vermögen gleichmäßig theilen, aber doch durch Familienstiftung und Testament die ausschließliche Erbfolge des ältesten Sohns thatsächlich durchgeführt wird. Die Anderen meinen, es sei natürlich, daß ein nur lokales Recht gegenüber der allgemeinen Sitte und dem Recht des Landes keinen Einfluß gewinnen könne, von einer allgemeinen gesetz­ geberischen Maßregel versprechen sie sich eine Einwirkung auf das Nechtsbewußtsein des Volks. Sie hoffen dabei auf die Mitwirkung der praktischen Juristen, denen die Abfassung der Testamente obliegt und die auf den Inhalt derselben oft einen erheblichen Einfluß haben. Wir enthalten uns der Vermuthungen darüber, welche dieser Ansichten sich bewahrheiten wird, nachdem die verlangte Reform durchgeführt ist. Wenn wir uns aber vergegenwärtigen, wie langsam sich Rechtsanschauungen in Bezug auf Familien- und Erbrecht ändern und wie auch heutzutage noch in allem Wechsel des wirthschaftlichen Lebens doch agrarische Zustände sich mit großer Zähigkeit behaupten, so können wir uns nicht der Besorgniß entschlagen, daß die Aufhebung der sideikommissarischen Stiftungen und des Erbrechts des ältesten Sohnes, auch wenn sie verbunden wäre mit Herstellung einfacher Eigenthumstitel und leichter Eigenthumsübertragung, doch jedenfalls nur eine sehr langsame, vielleicht in Generationen kaum bemerkbare Einwirkung auf die Vertheilung des Grundeigenthums äußern werde. Vor Allem aber scheinen uns die Aussichten, daß sich in Folge des „freetraäe in land" bald wieder ein Stand selbstwirthschaftender, kleinerer Grundeigenthümer bilde, wenig aussichtsreich zu sein. Manche der hervorragendsten Verfechter der Landreform hoffen darauf, und zwar scheinen die ganz kleinen, ohne Zuhülfenahme von Lohnarbeitern wirthschaftenden Bauern (peasantproprietoi^) auf den normannischen Inseln, in manchen Theilen Belgiens, Frankreichs und Deutschlands ganz vorzugsweise als ein zu erstrebendes und erreichbares Vorbild diesen Männern vorzuschweben. Zwei Hindernisse aber dürften einer Wiederbelebung eines kleinen Bauernstandes in England entgegenstehen, welche die Gesetzgebung nicht wegräumen kann. Wir glauben, daß die Lebensgewohnheiten und Charaktereigenschaften, auf welchen heut­ zutage das Gedeihen des kleinen und mittleren Grundbesitzes beruht, in Eng­ land seltener sind, als in Frankreich und Deutschland. Die haushälterische, sparsame Wirthschaft im Kleinen, das Umdrehen jedes Groschens, ehe er aus­ gegeben wird, die hervorragende Stellung der Frau in den mittleren Wirth­ schaften, auf welcher die Einträglichkeit mancher Zweige der kleinen Landwirthschaft vieler Orten beruht, die traurige Ueberlastung der Frauen mit den schwersten Arbeiten in den ganz kleinen Wirthschaften Deutschlands und Frankreichs, der Mangel an kommerziellem, spekulativem Sinn, der nicht fragt, ob das in dem Gute steckende Kapital nicht in den Kolonien, im Pachtbetriebe, oder in anderem Gewerbebetriebe sich höher verzinsen würde, die Fähigkeit, die größten Ent­ behrungen zu tragen, ohne durch Orts- und Berufsänderung dagegen zu reagiren, das Alles sind Eigenthümlichkeiten, die den Bauernstand in vielen Theilen des Kontinents vor dem Untergang schützen, trotz aller technischen Fortschritte

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des großen Betriebs. Ist es wohl wahrscheinlich, daß dieselben in dem heutigen von kommerziellem Sinn und von wirtschaftlicher Spekulation erfüllten Eng­

land unter den Landwirthen sich neu bilden werden und wird ohne dieselben der kleine und mittlere Betrieb den großen wieder verdrängen können? Ferner aber wird aller Wahrscheinlichkeit nach das Mitwerben des Kapitals um einen Antheil an dem englischen Boden mit wachsendem Reichthum des Landes nicht abnehmen, sondern zunehmen. Der Zinsfuß, zu welchem sich das An­ kaufskapital von unbeweglichem Vermögen verzinst, wird also eher die Tendenz zu sinken als zu steigen haben. Mit Recht freilich macht John Rae in dem angeführten beachtenswerten Aufsatze über das Verschwinden der ^eomanr^ in England darauf aufmerksam, daß die Neigung reicher Leute, das Land als einen Luxusgegenstand zu betrachten und sich mit den niedrigsten Zinsen von diesem Theil ihres Vermögens zu begnügen, ausgewogen werden könne durch das Bestreben kleiner Landwirthe sich durch Ankauf einer kleinen Stelle eine un­ abhängige Existenz zu sichern. Auch dies Bestreben führe dazu, Land als einen Luxusgegenstand anzusehen. In der That wird aus diesem Grunde in manchen Theilen Deutschlands und Frankreichs der kleine Bauer beim Ankauf von Grundstücken oft mit noch viel niedrigerer Verzinsung seines Anlagekapitals zufrieden sein und höhere Preise bieten, als der große Kapitalist und Grundherr. Aber es ist die Frage, ob es gerade in England viele kleine Landwirthe geben wird, die ein solches Gewicht darauf legen, ihr Dasein als selbstständige Grundeigenthümer zu fristen, daß sie dafür nicht nur überaus schwer arbeiten, sondern unter Umständen auch geraume Zeit hindurch darben und hungern wollen. Die neuere agrarische Geschichte Englands spricht nicht dafür, daß das Geschick zur Führung ganz kleiner bäuerlicher Wirthschaften und die Ausdauer im Festhalten des kleinen bäuerlichen Eigenthums dort sehr verbreitet sind. In großer Zahl haben noch in diesem Jahrhundert die bäuerlichen Eigenthümer, sowohl kleine von wenigen Acres, wie größere von einem und mehreren Gespannen ihre ererbten Güter verkauft, während doch gleichzeitig der Markt für die Produkte der kleinen Landwirthschaft sich von Jahr zu Jahr verbesserte. Wo man nur den Ursachen dieser Verkäufe nachforscht, immer hört man: schlechte Wirthschaft der Bauern, Ueberschuldung, Reiz des hohen von den Großgrundbesitzern ge­ botenen Kaufpreises^). 10) Wir müssen in dieser Arbeit darauf verzichten, auf die Geschichte des eng­ lischen Bauernstandes näher einzugehen und die obige Behauptung, welche übrigens in der Hauptsache mit den Resultaten der Arbeit von John Rae übereinstimmt, zu beweisen. Wir fügen dem auf S. 133 und 134 Angeführten nur noch aus den Verhandlungen der Königlichen Kommission Einiges hinzu. Lord Penrhyn, Groß­ grundbesitzer in Nordwales, erzählte, er habe vor einigen Jahren 25—30 kleine Eigenthümer ausgekauft. Die Leute seien zu ihm gekommen und hätten geklagt, sie seien in den Händen der Solicitors, welche ihnen Geld geliehen, für dessen Zinsen ihr Land verpfändet sei. Sie wünschten befreit zu sein (relieved) von ihrem Besitz. „Ich befreite ca. 25 derselben davon, aber das geschah unter dem Druck der Leute selbst, welche mich baten, ihr Besitzthum zu kaufen und sie von ihrer drückenden Schuldenlast zu befreien." — Ferner berichtet derselbe Zeuge, es komme immer ab und zu vor, daß ein kleiner verschuldeter Grundeigenthümer zu seinem Nachbar, dem Großgrundbesitzer, komme und ihm sein Besitzthum zum Kauf anbiete unter der Drohung, er werde, wenn der Kauf nicht zu Stande komme, so viel Unannehmlich­ keiten seinem Nachbar bereiten, daß dieser zum Ankauf gezwungen werde. — Daß gegenwärtig wieder die Wirthschaften der noch sporadisch übrig gebliebenen kleinen

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Wenn aber auch die Selbstwirthschaft kleiner Eigenthümer in England eine Seltenheit bleiben sollte, es würde schon ein großer Gewinn sein, wenn die Reform der Landgesetze einerseits dem Anwachsen ganz großer Grund­ herrschaften einigermaßen steuern und die Zahl der squire oder country gentlemen vermehren würde, die bisher ein so wichtiges Element des englischen Gemeinwesens gewesen sind, andererseits aber bewirkte, daß je nach Bedürfniß kleine Stellen geschaffen würden, die Lohnarbeiter eigenthümlich erwerben könnten n). Je schwächer die Aussichten auf das Wiederentstehen eines Bauernstandes, um so wichtiger ist die Lage des Pächter st andes und seines landwirthschaftlichen Betriebs. Zwei Punkte sind es vornehmlich, in denen, wie schon oft hervorgehoben wurde, die Wirthschaft des Eigenthümers der des Pächters überlegen ist, die größere Freiheit in der Gestaltung seiner Wirthschaft und dies größere Interesse an der dauernden Wertherhaltung und Werthsteigerung des Guts. In beiden Hinsichten sind die englischen Pachtverhältnisse und die Möglichkeit ihrer Ver­ besserung in den letzten Jahren von allen Seiten geprüft worden und wichtige Schritte zu ihrer Vervollkommnung geschehen.

selbstwirthschaftenden Eigenthümer mit Ausnahme einzelner Theile von Wales und des Südwestens in Folge mangelhafter Bewirtschaftung meistens auf sehr schwachen Füßen stehen, berichten übereinstimmend die Assistant-Commissioner. So für den Norden, Mr. Coleman, der sein Urtheil dahin zusammensaßt: tenants 8neeeed, wbite owners kail, so Mr. Druce: 8mall oeeup^inZ o^ver8 bave 8u§ered mo8t, Mr. Doyle, der von den kleinen Besitzungen, welche die Eigenthümer in seinem Distrikt bewirthschaften, sagt: I found a number 8uküeient to sti8tik^ one Ln forming an opinion about it. Ibe^ are ver^ inadequately and badl^ cultivated and do not kurni8b b^ an^ mean8 Lttu8tration8 ok 8ueee88kul peasant boldin§8. Ich möchte endlich noch auf einen Artikel von Rev. W. L. Blackley (Oontemporar^ Uevie^ 1882 März S. 486 ff.) verweisen. Der Verfasser berichtet, daß in seinem Kirchspiel im Umfang von 1800 Acres, ausgenommen wüstes Land, Pfarrhufe und Besitzungen unter einem Acre, vor 45 Jahren 23 Landwirthe (occupies) vorhanden waren, von denen 7 ihr Eigenthum, ungefähr Vs des Ganzen, bewirthschafteten, die übrigen Pächter waren. Jetzt giebt es nur 7 Landwirthe, und nur einen Eigenthümer im Kirchspiel. Der letztere besitzt aber kein Ackerland, sondern nur einen Niederwald von 25 Acres. Alle die Landwirthe sind nach den sorgfältigen Ermittlungen des Verfassers nicht vertrieben worden, sondern sie haben ihre Pachtungen freiwillig aufgegeben oder ihr Eigenthum verkauft und den Eigenthümern blieb nichts übrig als die kleinen Wirthschaftseinheiten zu großen Pachtungen zusammenzulegen, weil nach kleinen Pachtungen keine Nachfrage war. Der Verfasser glaubt, daß der Vor­ gang in der großen Mehrzahl der Kirchspiele Englands ganz ähnlich war. 11) Ueber die Zweckmäßigkeit eines Besitzes kleiner Ackergüter durch die land­ wirthschaftlichen Lohnarbeiter sind divergirende Ansichten vor der Kommission aus­ gesprochen worden. Im Ganzen scheint der Mißerfolg, den die Kreirung kleiner Tage­ löhnerstellen in England gelegentlich hier und da gehabt hat, darauf zurückzuführen zu sein, daß ihre Fläche zu groß für die Wirthschaft eines Tagelöhners, zu klein für die eines selbstständigen Bauern war und daß die Landgesellschaften, welche Güter für diesen Zweck parzellirten, zu viel kleine Stellen an demselben Orte schufen. Tie Versuche derjenigen Landgesellschaften, welche nach dem Reformgesetz von 1832 aus politischen Parteirücksichten gegründet wurden um 40 8b. kreebolde^ zu schaffen, können überhaupt nicht als ernstliche Versuche zur Schaffung landwirtschaftlicher Tagelöhner- oder Bauernstellen in Betracht kommen. Der Assistant-Commissioner Druce schildert in seinem Bericht in eingehender Weise die traurigen Wechselfälle, welche die Kolonien der National b,and Ooinpan^ in Oxfordshire und Worcestershire gehabt haben.

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Die englischen Pächter werden zum großen Theil von den Grundeigen­ thümern kontraktmäßig nicht nur im Allgemeinen zu guter und nachhaltiger Bewirthschaftung verpflichtet, sondern auch bestimmten Beschränkungen in Bezug auf die Einrichtung ihres Wirthschaftsbetriebs unterworfen. Die hemmende Einwirkung derartiger Vorschriften für den Wirthschaftsbetrieb wird gewöhnlich dadurch verschärft, daß sie nicht mit der landwirthschaftlichen Erkenntniß und den allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen gleichmäßig fortzuschreiten pflegen, sondern nicht selten auf veralteten Anschauungen und früheren Verhältnissen beruhen. Die gewöhnlichsten Bestimmungen in England sind die Verbote, zwei Getreideerndten (nbite eroxs) nach einander zu nehmen, permanentes Gras­ land umzubrechen, und Stroh, Heu und andere Futtergewächse zu verkaufen. Man beabsichtigt, den Pächter dadurch an eine strenge Fruchtwechselwirthschaft zu binden in der Meinung, daß dieselbe, wenn zugleich der Verkauf von Futter, Stroh und Dünger ausgeschlossen, die Erhaltung der Bodenkraft sichere. Dabei wird weder die Möglichkeit durch Fruchtwechselwirthschaft den Boden systematisch auszusaugen, noch der enorme Vortheil berücksichtigt, welchen gerade in England unter Umständen Ankauf importirter Futtermittel und künst­ licher Düngemittel, Einschränkung des Futterkräuterbaues und Verkauf von Stroh und Heu nach den großen Städten gewähren können. Viele Landagenten und Pächter erklären daher auch, daß diese Beschränkungen nicht wirklich durchgeführt würden. Man lasse einem guten Pächter volle Freiheit und nur gegen den schlechten bringe man wohl die beschränkenden Bestimmungen in Anwendung. Ein Landagent versicherte, daß er nur das Aufbrechen von dauerndem Gras­ land und das Schlagen hochstämmiger Bäume verhindere, im Uebrigen lasse er volle Freiheit in Bezug auf Fruchtfolge und Verkauf von Produkten. Ein Anderer sprach seine Ueberzeugung dahin aus, daß, so lange das Land rein sei und der Pächter gute Erndten machte, der Boden überhaupt nicht verschlechtert werden könne und keine Ursache zur Erzwingung der beschränkenden Bestimmungen des Pachtkontrakts vorliege. Andererseits verlauten aber doch auch Klagen über erheblichen Schaden, den jene Beschränkungen der Landwirthschaft zufügen, ohne daß indeß ein Einschreiten der Staatsgewalt verlangt worden wäre. Nur der Vorsitzende der Barmers ^Umnee, eines Vereins, welcher die am weitesten gehenden, in dem Pächterstande laut gewordenen Forderungen vertritt, Mr. I. Howard wünschte, daß volle Freiheit des wirthschaftlichen Betriebes durch Gesetz allgemein angeordnet, aber zugleich die Möglichkeit gewährt werde, jeden Pächter, der diese Freiheit mißbrauche und das Gut verschlechtere, vor Gericht zu ziehen und zum Schadenersatz verurtheilen zu lassen. Die Königliche Kommission dagegen erklärte, sie sei nicht in der Lage, die zwangs­ weise Abschaffung solcher Beschränkungen zu empfehlen, glaube aber, daß die wachsende Intelligenz der Landwirthe und die allgemeinen Fortschritte in der landwirthschaftlichen Kultur in vielen Fällen ihren Wegfall rechtfertigen würden. In den Berichten der Assistant-Commissioner werden dann auch einzelne große Grundeigenthümer genannt, der Marquis of Hertford z. B., welche nicht nur thatsächlich, sondern auch kontraktmäßig jede Beschränkung in der Fruchtfolge aufgegeben und den bisher verbotenen Verkauf gewisser Produkte unter der Bedingung des Ankaufs von Oelkuchen und künstlichem Dünger gestattet haben.

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Gegen zwei Beschränkungen anderer Art, welche durch die Rechte des Eigenthümers der Pächter bisher erfahren hat, ist dagegen in den letzten Jahren

der Gesetzgeber eingeschritten. Seit langer Zeit ist es ein Beschwerdepunkt der englischen Pächter ge­ wesen, daß die Grundeigenthümer sich das Jagdrecht auf dem verpachteten Boden vorbehielten und durch einen übermäßigen Wildstand die Erndten der Landwirthe beschädigten. Am meisten wurde über Wildschaden geklagt, wenn der Grundeigenthümer das Jagdrecht nicht selbst ausüble, sondern dasselbe Dritten, besonders größern Jagdgesellschaften, gegen Entgelt überließ. Diese städtischen Jagdfreunde halten nicht das Interesse den Pächter zu schonen, welches der Grundeigenthümer immer haben wird. Die Noth der letzten Jahre hat zu einer einschneidenden Maßregel geführt, welche diesen Uebelständen abzuhelfen bestimmt ist. Das Gesetz vom 7. September 1880 (43 L 44 Viewria e. 47) giebt dein Pächter (oeeupier) ein unveräußerliches Recht, Hasen und Kaninchen (Zrounä Zame) auf dem gepachteten Lande zu todten. Er kann dasselbe selbst ausüben oder durch einen von ihm schriftlich bevoll­ mächtigten Angehörigen oder eine in seinen Diensten befindliche Person ausüben lassen, dagegen sonst nicht an Dritte übertragen, oder sich auf irgend eine Weise des Rechts entäußern. Entgegenstehende Verträge, also auch ein Verzicht dem Grundeigenthümer gegenüber, würden ungültig sein. Neben dem Rechte des Pächters und in Konkurrenz mit demselben können auch Andere, insbesondere der Grundeigenthümer, wenn er sich das im Pachtverträge ausbedungen hat, ein konkurrirendes Jagdrecht, auf dem betreffendem Lande haben und ausüben. Der Pächter ist überdies für die Jagd auf seinem gepachteten Lande von der Verpflichtung einen Jagdschein zu lösen und der dafür zu zahlenden Gebühr, befreit. Der Gesetzgeber hat also in diesem Falle die Freiheit des Vertragsrechts durchbrochen und den bei dem Abschluß des Pachtvertrags notorisch schwächern Theil zu schützen versucht. Vielleicht hat das Gesetz die übrigens wohl kaum beabsichtigte Nebenwirkung, daß die Grundeigenthümer größere Theile ihres Grundbesitzes in eigene Verwaltung nehmen um den Wildstand auf demselben mehr schonen zu können. Für andere Wildarlen hat man den Pächtern kein solches Recht gegeben. Man hielt dafür, daß die genannten weitaus die schädlichsten seien, was ja auch begreiflich ist, da Schwarzwild gar nicht, Rothwild nur selten, meines Wissens in England nur in Gehegen, vorkommt. Ganz anderer Art ist das zweite Recht des Eigentümers, welches zu Gunsten des Pächters von der Gesetzgebung neuerdings modifizirt worden ist, nämlich das gesetzliche Pfändungsrecht des Eigenthümers für seine Ansprüche aus dem Pachikontrakte an fast allen Arten beweglichen Vermögens, welches der Pächter mit auf das Gut gebracht oder auf dem Gut produzirt hat. Ueber dies Vorzugsrecht des Eigentümers vor anderen Gläubigern des Pächters ist außerordentlich viel in den letzten Jahren gestritten worden und die Aussagen der von der Kommission vernommenen Sachkundigen über die damit verbundenen Nachtheile und Vortheile weichen weit von einander ab. Die Einen weisen darauf hin, wie in Folge dieses Rechts der Grundherr in der Lage sei, dem Pächter den Pachtzins nötigenfalls längere Zeit zu stunden, während ohne

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dasselbe pünktliche Bezahlung in kurzen Fristen, oder Vorausbezahlung, oder Kautionsbestellung, wie es in manchen Theilen des Kontinents üblich, vom Pächter verlangt werden würde. Sämmtliche Assistant-Commissioner hielten deshalb die gänzliche Abschaffung des Pfandrechts für eine den Pächtern nachtheilige Maßregel. Die Andern sehen keinen Grund, weshalb der Eigenthümer vor allen andern Gläubigern des Pächters bevorzugt sein soll. Dadurch werde der Kredit des Pächters wesentlich geschädigt. Gegenwärtig könne auch ein pachtweiser landwirthschaftlicher Betrieb nicht wohl geführt werden, ohne gelegentlich Kredit in Anspruch zu nehmen. Der Pächter bedürfe mitunter der Vorschüsse seitens seines Banquiers um außerordentliche Ausgaben zu bestreiten oder ungewöhnliche Ausfälle zu decken, er müsse Kaufgeschäfte über Düngungs- und Futtermittel u. s. w. abschließen, bei denen es für ihn wie für andere Gewerbtreibende nicht selten Vortheilhaft sei, einen gewissen Kredit für Bezahlung des Kaufpreises zu haben. Besonders nach so großer Kapitaleinbuße, wie sie der Pächterstand in letzter Zeit erlitten, sei es wichtig ihm die Möglichkeit zu gewähren, sein Kapital auf dem Wege des Kredits zu ergänzen. Die Königliche Kommission hat einen Mittelweg empfohlen und die Gesetz­ gebung hat denselben mit einer kleinen Aenderung eingeschlagen. Das Gesetz vom 25. August 1883 (^Zricultural LoIäinZZ ^.ct 46 L 47 Victoria c. 61), dessen weiteren Hauptinhalt wir sogleich besprechen werden, bestimmt in seinem 2. Theil, daß das Pfandrecht des Eigenthümers nur für einen einjährigen Pachtzins in Anwendung kommen darf, während die Kommission eine Be­ schränkung auf einen zweijährigen Pachtzins befürwortet hatte. Das Gesetz nimmt ferner von dem Pfändungsrechte der Grundeigenthümer fremdes Vieh, das der Pächter auf die Weide genommen, und fremde landwirthschaftliche Maschinen und Gerätschaften, die er geliehen hat, aus. Wichtiger noch, und für nicht englische Kreise interessanter, sind die Streitverbandlungen darüber, wie man das Interesse des Pächters an der Kapital­ verwendung auf Grund und Boden steigern könne uud die gesetzgeberischen Maßregeln, welche zu diesem Zwecke getroffen worden sind. Die meisten kontinentalen Schriftsteller, welche Pachtverhältnisse behandeln, sehen das beste und wirksamste Mittel zur Errichtung dieses Ziels in langen Pachtkontrakten. Wir erwähnten, wie auch in England diese Ansicht verbreitet gewesen ist, wie aber der Wechsel in den Preisverhältnissen der landwirtschaft­ lichen Produkte den Abschluß von Zeitpachtkontrakten auf lange Zeit unter den englischen Pächtern überaus unbeliebt gemacht hätten. Man mußte sich daher nach andern Wegen umsehen. Ein vortreffliches, vielgerühmtes Beispiel aristokratischer Liberalität gab Lord Tollemache, der größte Grundeigentümer der Grafschaft Cheshire. Er bot allen seinen Pächtern einen Pachtkontrakt auf 21 Jahre an mit festem Pachtzins und der Erlaubniß, das Pachtrecht, vorbehaltlich der Genehmigung des Eigenthümers, zu cediren. Während Lord Tollemache an den Kontrakt und den stipulirten Pachtzins gebunden sein sollte, gewährte er den Pächtern das Recht, jederzeit mit 12 monatlicher Kündigungsfrist das Pachtverhältnis zu

lösen und die Pachtung aufzugeben. Als Gegenleistung verlangte er nur, daß der Pächter jedes Jahr einen gewissen Theil des Gutes drainire, wozu der Verpächter die Röhren zu liefern habe. Aber für eine dem Werth der

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gelieferten Röhren gleichkommende Summe müsse der Pächter Knochenmehl ankaufen und auf dem dauernden Graslande verwenden. Wir müssen aus dem Stillschweigen der von der Kommission gehörten Sachkundigen schließen, daß dies Beispiel ziemlich vereinzelt dasteht. Thatsächlich werden gewiß manche Grundherren ebenso verfahren, wie Lord Tollemache, aber sich selbst vertragsmäßig in der Weise einseitig zu binden, dem Pächter aber Freiheit jederzeitigen Rücktritts zu lassen, dürften nur wenige geneigt sein.

In manchen Fällen wird freilich das Vertrauen auf die Billigkeit und Gerechtigkeit des Grundeigenthümers die vertragsmäßige Verpflichtung soweit ersetzen, daß der Pächter Kapitalanlagen auf längere Zeit wagt, in der Ueber­ zeugung, es werde ihm der Genuß des angelegten Kapitals nicht plötzlich und willkürlich entzogen werden. Auf diese Sicherheit, welche die Pächter auf den großen Herrschaften alter Familien in der Regel haben, machen manche Sach­ kundige aufmerksam. „Es ist erstaunlich," sagt der Assistant-Commissioner Coleman, „was englische Pächter oft auslegen im Vertrauen auf die Billigkeit ihrer Grundherren, aber gerade wenn wir die Größe des Kapitals erwägen, welches sie ohne andere Sicherheit als Vertrauen auf ihre Grundherren in ihrer Pachtung festlegen, so ist man berechtigt zu vermuthen, daß bei größerer Sicher­ heit sie noch viel größere Auslagen machen würden." Dies Vertrauen besteht aber keineswegs bei allen Pachtungen. Es sind vielmehr die Klagen gar nicht selten, daß Pächter, wenn sie das Gut verbessert hatten, gerade in Folge ihrer Auslagen und des dadurch gestiegenen Gutswerths im Pachtzins gesteigert wurden oder die Pachtung verloren. Daß in dieser Weise mitunter verfahren wird, darüber liegen manche ganz unverdächtige Zeugnisse vor. Der eben erwähnte Präsident der Barmers ^Ilianeo z. B. weist darauf hin, wie es auf den größeren Herrschaften Sitte sei, von Zeit zu Zeit neue Ertragseinschätzungen aller einzelnen Pachthöfe durch Sachverständige machen zu lassen, die der Geschichte der einzelnen Höfe völlig unkundig seien. Nach diesen Schätzungen werde dann der Pachtzins für die nächste Periode bestimmt. Ob die Ertragsfähigkeit durch die eigene Thätigkeit und das Kapital des Pächters gesteigert sei, darauf werde dabei keine Rücksicht genommen. Er fügte hinzu, daß er aus persönlichem Verkehr mit zahlreichen Pächtern wisse, daß sie fürchteten bei intensiver, kapitalreicher Wirthschaft im Pachtzins erhöht zu werden. Ebenso berichtet der Assistant-Commissioner Little, daß ihm Fälle bekannt seien, in welchen energische und tüchtige Pächter wegen ihrer Melio­ rationen im Pachtzins gesteigert, schlecht wirthschaftende dagegen, weil ihr Gut in weniger ertragsfähigem Zustande sich befand, nicht erhöht worden seien. Noch immer scheint in einzelnen Fällen das alte Sprichwort Geltung zu haben:

He timt imvoeks nm^ sit He timt improves must üit.

Von den verschiedensten Seiten ist daher schon seit längerer Zeit eine recht­ liche Sicherung der Pächter für ihre Kapitalverwendungen auf das gepachtete Gut verlangt worden, und die Untersuchung der Königlichen Kommission hat zu einer förmlichen Anerkennung dieses Bedürfnisses geführt. „Das Gewicht der Zeugenaussagen," sagt der Bericht, „spricht aufs Entschiedenste dafür, daß dem Pächter eine billige Entschädigung gesichert werde für den Theil seines

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nicht ausgenutzten Kapitals, welcher im Boden zurückbleibt und dem Grund­ eigenthümer oder dem neu anziehenden Pächter von Nutzen ist." — „Nach der sorgfältigsten Untersuchung der uns vorliegenden Aussagen der Sachkundigen sind wir zu dem Schluß gekommen, daß weitere gesetzgeberische Fürsorge getroffen werden sollte, um den Pächtern die Entschädigung zu sichern, zu welcher sie mit Rücksicht auf ihre Kapitalanlage billiger Weise berechtigt scheinen." Die beiden Staatsmänner ferner, welche in letzter Zeit an der Spitze des englischen Staats­ wesens standen, haben die Berechtigung dieser Forderung anerkannt und ihr bei verschiedenen Gelegenheiten Ausdruck gegeben. Schon vor Jahren hatte der Earl of Beaconsfield es als Aufgabe der Gesetzgebung bezeichnet, des Pächters Kapitalanlagen im Grund und Boden zu beschützen und ihn dadurch zu ver­ anlassen, Kapital auf den Boden zu verwenden, was im Interesse aller Volks­ klassen befördert werden müsse. Gladstone aber äußerte sich in einer 1881 gehaltenen Rede zu Leeds in einer Weise, daß man annehmen mußte, er wolle noch weiter in Bezug auf das dem Pächter zuzuerkennende Recht gehen. Er sagte: „Es ist von hervorragender und unmittelbarer Wichtigkeit für die Pächter, zu sehen, daß wirksame und nicht fruchtlose Maßregeln ergriffen werden, um das ganze Interesse des Pächters zu sichern, nicht einen Theil des Interesses, sondern das ganze Interesse an seinen Meliorationen und sein Interesse an seinem Pachtrecht, wie es das Gesetz genauer bestimmen mag*?)." Sehen wir, welche Verwirklichung diese Gedanken in der englischen Rechts­ ordnung gefunden haben. In einzelnen Theilen von England hat sich schon seit längerer Zeit die Gewohnheit ausgebildet, daß der abziehende Pächter für gewisse Kapitalverwendungen, welche er auf das Pachtgut gemacht hat und die er, ohne sie vollständig ausgenutzt zu haben, bei seinem Abzug auf dem Gute zurückläßt, eine Entschädigung erhält. Der Anspruch der Pächter heißt tenantriZbt, Pächterrecht. Die Bezahlung der Summe, welche der abziehende Pächter zu fordern hat, erfolgt in der Regel durch den neu anziehenden Pächter, eventuell aber ist natürlich der Grundeigenthümer verpflichtet, die Entschädigung zu leisten. Die in dieser Hinsicht bestehenden, lokal sehr verschiedenen Gewohnheiten sind im Jahre 1848 von einem Komitee des Hauses der Gemeinen unter Vorsitz des Mr. Pusey gesammelt worden. Das Komitee sprach damals in seinem Bericht die Ansicht aus, daß durch das in einigen Gegenden bestehende ausgebildete tenantriZbt die landwirthschaftlichen Verbesserungen, welche überall im Lande nothwendig seien, um die volle Kraft des Bodens zu entwickeln, mächtig gefördert würden. Es glaubte aber, daß einer zwangsweisen Ein­ führung große praktische Schwierigkeiten entgegenständen, das Komitee verlasse sich deshalb, was die allgemeine und erfolgreiche Annahme des Systems angehe, auf freie gegenseitige Uebereinkunft zwischen Grundherren und Pächtern. Die Hoffnung aber scheint sich nicht verwirklicht zu haben. Denn nach den Aus­ sagen vor dem Komitee von 1848, ebenso wie nach den Angaben, welche der

12) It 18 ok capital anä immeäiate importance kor tbe karwer8 Io 8ee tbat elective ianä not abortive mea8ure8 are taken Io 8eeure Ide vvbole intere8t ok Ide tenant, not a part ok tbat interest, but tbe wbole interest in bis improvements anä bis interest, as tbe 1a^v mav äeüve it, in bis tenure. Schriften XXVII. — Agrarische Zustände rc. 14

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Königlichen Kommission von 1879—82 gemacht wurden, besteht ein aus­ gebildetes und allgemeines tenantri^llt, welches für Kapitalverwendungen genügende Sicherheit gewährt, nur in wenigen Grafschaften, hauptsächlich in Lincolnshire, Surrey, Leicestershire und Glamorganshire. In Lincolnshire, um auf die dortigen am genauesten vor der Kommission erörterten und am meisten gerühmten Verhältnisse kurz einzugehen, hat das tenantri^kt völlig den Charakter eines anerkannten Gewohnheitsrechts mit Gesetzeskraft angenommen und noch immer ist das Recht im Flusse und wird durch Sitte und Gewohnheit beständig fortgebildet. Nach einer in den Jahren 1878 und 1879 von der dortigen Gesellschaft der Landagenten und Taxatoren gemachten Aufstellung hat der abziehende Pächter das Recht auf folgende Ent­ schädigung: 1) Die Hälfte der Kosten von Leinsaat, Baumwoll- und Oelkuchen, welche im letzten Jahre verbraucht sind. Die zur Berechnung kommende Menge darf jedoch nicht den Verbrauch der zwei letzten Jahre überschreiten. 2) Die Kosten der Unterbringung von Kalk, Mergel, Thon werden auf die sieben der Operation nachfolgenden Jahre vertheilt. Für jedes der sieben Jahre, während dessen der Pächter die Meliorationen nicht ausgenutzt hat, bekommt er ein Siebentel der Kosten ersetzt. (Leven veai'8 principle in den Berichten genannt.) 3) Für Knochenmehl ist die in gleicher Weise vorzunehmende Verlheilung auf fünf Jahre Sitte (I^ive ^enrs principle). 4) Für die Kosten unterirdischer Drainirung ist die Vertheilung auf zehn Jahre, wenn der Grundeigenthümer aber die Röhren liefert, auf sieben Jahre angenommen. 5) Die Kosten des im letzten Jahr auf mit Futterkräutern bestellten Feldern untergebrachten Düngers werden vollständig ersetzt. Die Summe, welche so in der Regel der anziehende Pächter an den abziehenden

zu zahlen hat, wird von den Sachkundigen auf 35 sir. bis 2 per Acre angegeben. Bei 10 Pachtungen, über welche der Präsident der genannten Gesellschaft Rechnung legte, betrug dieselbe durchschnittlich 1.19. 4^/2 per Acre. Alle Berichte, soweit ich sehen kann, ohne Ausnahme loben die Wirkungen dieses Gewohnheitsrechts. Es sollen Betrügereien des abziehenden Pächters, Kollusionen mit Händlern von Dung- und Futtermitteln, die man befurchten sollte, äußerst selten, wenn jemals, vorkommen. In 19 von 20 Fällen einigen sich die von beiden Theilen ernannten Sachverständigen rasch über die Höhe der zu zahlenden Summe, ohne daß es nothwendig wäre, einen Obmann zu ernennen. — Die kurze Kündigungsfrist aller Pachtungen von 6 Monaten wird unter diesen Verhältnissen von den Pächtern in Lincolnshire durchaus nicht unangenehm empfunden. Im Gegentheil, sie sind zufrieden mit der dadurch gewährten Freiheit, ihren Kontrakt rasch zu lösen. Für große und dauernde Meliorationen, z. B. für Bauten von Wirthschaftsgebäuden, giebt das tenantriZüt in Lincoln keinen Entschädigungsanspruch. Es ist hier wie anderwärts Sitte, daß dieselben vom Grundeigenthümer ausgeführt werden und daß der Pächter das verwendete Kapital mit 5 o o verzinst. Nicht ganz so günstig lauten die Berichte über das tenantriM in Surrey. Der betreffende Assistant-Commissioner wenigstens klagt, daß oft ganz über­

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mäßige Entschädigungen den abziehenden Pächtern gegeben würden. Das sei eine schwere Last für den neu Anziehenden. In manchen Falle seien 5 auf den Acre bezahlt worden, während das Pachtgul in einem Zustande gewesen sei, daß in andern Grafschaften Ansprüche wegen schlechter Unterhaltung (dilapidation) gemacht worden wären. Ein Fall wird besonders angeführt, in welchem für die gewöhnlichen Kulturen, Heu, Stroh, Wurzeln und Dünger 6 K per Acre bezahlt worden seien. Auch der Report von 1848 enthält Klagen über den Mißbrauch des tenantriZllt in Surrey, Betrügereien der Pächter in Bezug auf den verwendeten Dünger u. s. w. In diese Verhältnisse, welche weiter nach ihrer mannigfaltigen lokalen Entwicklung zu schildern viel zu weit führen würde, versuchte die Gesetzgebung zuerst einzugreifen durch den ^§ricu1tural Holdings ^ct von 1875 (38 L 39 Victoria e. 92). Das Gesetz hatte außer manchen kleineren Mängeln den großen Fehler, ein fakultatives Gesetz zu sein, gültig nur für Diejenigen, welche sich ihm unterordnen wollten. Kaum war dasselbe erlassen, so erklärten neun Zehntel der Grundeigenthümer ihren Pächtern, daß bei ihrem Pachtkontrakt die Gültigkeit des Gesetzes ausgeschlossen sein sollte. Indeß wird von verschiedenen Seiten versichert, daß manche Grundeigenthümer, wenn sie auch die Wirksamkeit des Gesetzes verhinderten, doch dadurch angeregt wurden, ihren Pächtern Zusagen in Bezug auf Entschädigung für Kapitalanlagen auf dem Gute zu machen. Der Erlaß eines allgemeinen Entschädigungsgesetzes, des ^.Zricultural Holdings ^.ct von 1883 (46 L 47 Victoria c. 61) darf als die Frucht der erwähnten Streitverhandlungen während der Nothjahre und insbesondere auch der durch die Königliche Kommission angestellten Untersuchungen betrachtet werden. Es stellt in seinen ersten Paragraphen das Princip auf, daß jeder Pächter, der auf seinem Gute eine der Verbesserungen gemacht hat, welche im Anhang zu dem Gesetze aufgeführt sind, bei der Beendigung des Pachtverhältnisses und bei seinem Abzug berechtigt ist, von seinem Pachtherrn eine Entschädigung zu ver­ langen in der Höhe des vollen Werthes, welchen die Verbesserungen für den anziehenden Pächter haben. Die Entschädigungspflicht ist also eine allgemeine und nicht von den Bestimmungen des Pachtvertrages abhängig. Bei gewissen Meliorationen, welche die Substanz des Gutes wesentlich verändern, ist aber die vorgängige schriftliche Genehmigung des Gutsherrn nothwendig, wenn der Ent­ schädigungsanspruch eintreten soll. Es sind die Meliorationen, welche in den dem Gesetz angehängten Verzeichniß unter I aufgeführt sind, nämlich: Auf­ führung oder Vergrößerung von Gebäuden, Anlage von dauernder Weide, Korbweidenpflanzungen, Wiesen, Gärten, Hecken, Hopfen- oder Obstgärten, An­ lage oder Verbesserung von Wegen und Brücken, Wasserläufen, Teichen u. s. w., Urbarmachung wüsten Landes, Uferbefestigungen, Ueberfluthung des Landes zum Zwecke der Düngung (narpin§ ok land). Bei der unter II aufgeführten Drainirung hat der Pächter, wenn er sie mit Entschädigungsanspruch vornehmen will, dem Gutsherrn von seiner Absicht Kenntniß zu geben, dann kann der Gutsherr entweder ein besonderes Abkommen mit dem Pächter über die Aus­ führung der Drainirung schließen, oder diese selbst übernehmen. Im letzteren Falle kann er vom Pächter einen Zuschlag zum Pachtzinse erheben, welcher die Kosten der Drainirungsanlage wieder mit 5 O/ o jährlich verzinst, oder durch eine 25jährige, zum Zinsfuß von 30 o berechnete Annuität tilgt. Im Fall 14*

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kein Abkommen zwischen Gutsherrn und Pächter zu Stande kommt und der erstere die Drainirung nicht selbst ausführt, ist der Pächter unter Entschädigungs­ anspruch zur Vornahme der Melioration berechtigt. — Man verspricht sich von dieser Bestimmung eine bedeutende Förderung der für England so dringend nothwendigen unterirdischen Drainirung. — Bei der dritten Klasse der Kapital­ verwendungen ist die Entschädigungspflicht des Grundeigenthümers von besonderen Bedingungen nicht abhängig. Unter Nr. HI sind aufgeführt: Düngung mit unauf­ geschlossenem Knochenmehl, mit Kreide (edaUvinA), Lehm oder Thonerde, Kalk, Mergel (eluz-inS, liming, marling), Brennen von Lehm oder Thonboden, vor Allem aber Unterbringung gekauften Düngers auf dem Lande und Fütterung des Viehs mit Futtermitteln, die nicht auf dem Gute producirt sind. — Um die Höhe der Entschädigung leichter zu bemessen, hatte das Gesetz von 1875 die Meliorationen in drei Abtheilungen, ungefähr der eben angeführten Eintheilung entsprechend, gesondert. Man hatte dabei, ganz ähnlich, wie dies bei dem tenantriZkt in Lincolnshire und anderen Orten zu geschehen pflegte, angenommen, daß die erste Klasse von Verbesserungen ihre Wirksamkeit nicht über 20, die zweite nicht über 7, die dritte nicht über 2 Jahre erstrecke. Nach Ablauf dieser Fristen erlosch daher jeder Entschädigungsanspruch. Die Ent­ schädigung wurde für die erste und zweite Abtheilung so berechnet, daß der abziehende Pächter soviele Zwanzigstel oder Siebentel seiner Kapitalauslage erhielt, als von der zwanzig- oder siebenjährigen Frist nach Vornahme der Melioration noch nicht verflossen war. Diese Berechnungsart der Entschädigung erschien aber auf der einen Seite unbillig gegen den abziehenden Pächter, weil that­ sächlich die Nutzung mancher Meliorationen sich viel länger als auf die ange­ nommenen Fristen erstreckt, auf der anderen Seite aber war es unbillig, die Kosten zum Maßstab der Entschädigung zu machen und für unzweckmäßig und fruchtlos verwendete Ausgaben den neu anziehenden Pächter zahlen zu lassen. Man hat daher dies Prinzip in dem neuen Gesetz aufgegeben. Die Kosten des Pächters und die Zeit, während welcher er die Verbesserung benutzt hat, kommen nicht mehr in Betracht, sondern es findet eine ganz freie Schätzung des Werths der Kapitalverwendung für den ferneren landwirtschaftlichen Betrieb Statt. Daß das neue Verfahren grundsätzlich richtiger ist, darüber dürfte kein Zweifel sein, aber die Schätzung des Werthes, welchen manche der vorher an­ geführten Operationen noch haben, nachdem einige Zeit seit ihrer Vornahme verflossen ist, dürfte mitunter große Schwierigkeiten haben. Sie geschieht durch Schiedsgerichte, bei deren Zusammensetzung, wenn die Parteien die Ernennung von Schiedsmännern unterlassen oder über den Obmann sich nicht einigen, das Grafschaftgericht oder die Landcommissioner von England mitwirken. Etwaige Unterstützungen des Gutsherrn bei Ausführung der Meliorationen, widerrecht­ liche Beschädigungen des Pachtguts durch den Pächter, sowie sonstige Ansprüche, die der Gutsherr an den Pächter aus dem Pachtverträge hat, sollen bei Fest­ stellung der Entschädigungssumme in Rechnung gebracht werden. Frühere Uebereinkünfte über Entschädigung von Meliorationen der ersten Klasse verlieren ihre Gültigkeit durch das Gesetz nicht und für Meliorationen der dritten Klasse ist es auch in Zukunft gestattet, schriftliche Verträge zu schließen, welche eine auf andere Art bemessene billige und verständige Entschädigung dem Pächter sichern.

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Nach bisherigem englischen Rechte ferner ging Alles, was mit dem ver­ pachteten Grundstück fest verbunden wurde (fixture), in das Eigenthum des Grundeigenthümers über und durfte von dem abziehenden Pächter nicht entfernt und mitgenommen werden. Er mußte daher Gebäude, Einfriedigungen, Wirth­ schaftseinrichtungen aller Art, die mit dem Boden fest verbunden waren, auf dem Grundstücke zurücklassen, auch wenn er die Einrichtungen u. s. w. auf seine eigenen Kosten während seiner Pachtzeit angelegt hatte. Das neue Gesetz gestattet dem Pächter, derartige Gegenstände wieder zu entfernen, wenn er nicht Entschädigung für die Anlage erhalten hat, oder zu ihrer Vornahme kontrakt­ lich verpflichtet war. Der Grundeigenthümer hat aber ein Ankaufsrecht der fixtures.

Endlich enthält das Gesetz noch die Klausel, daß da, wo bisher eine halb­ jährige Kündigungsfrist zur Lösung eines Pachtverhältnisses gesetzlich vorgeschrieben war, künftig eine zwölfmonatliche nothwendig und genügend sein soll, voraus­ gesetzt, daß nicht ein schriftlicher Vertrag zwischen Gutsherr und Pächter über die Beibehaltung der früheren Frist abgeschlossen wird. Daß die Bestimmungen des Gesetzes im Ganzen zum Schutz der ab­ ziehenden Pächter ausreichen, wurde von den Vertretern der Interessen dieses Standes zugegeben, aber viele Stimmen erhoben sich bei den Verhandlungen, welche weiter gingen und auch eine Sicherung des „sitzenden Pächters" (sitting tenant), gegen eine Erhöhung des Pachtzinses in Folge von Verbesserungen des Gutes, welche er selbst vorgenommen, verlangten. Sir James Caird gab diesem Vorwurf gegen das Gesetz in einem Briefe an die Times (19. Mai 1883) Ausdruck und bei den Verhandlungen im Unterhause brachten ver­ schiedene Vertreter des Pächterstandes den Mangel zur Sprache. Der zahl­ reichste und betriebsamste Theil der Pächter, meinte der Erstere, wünsche das Pachtgut zu seiner Heimath zu machen und sei an dasselbe durch die Bande nachbarlicher Beziehungen und freundlichen Austausches gegenseitiger Achtung und wohlwollender Dienste gebunden. Wenn nun aber ein solcher Pächter fortfahre, seine Wirthschaft gut und nachhaltig zu betreiben, die Bodenbeschaffen­ heit zu verbessern, guten Lohn tüchtigen Arbeitern zu geben und nützliche Be­ schäftigung den Handwerkern des Dorfes, so könne er nach dem neuen Gesetz­ entwurf zur Zahlung eines erhöhten Pachtzinses angehalten werden, zum Theil gerade in Folge seiner verbessernden Wirthschaft. Daß er bei einem späteren Abzug vielleicht eine Entschädigung beanspruchen könne, vermöge ihm, da er ja nicht abzuziehen wünsche, für die Erhöhung seines Pachtzinses kein Entgelt zu bieten.

Die Regierung und die Majorität des Parlaments aber haben sich nicht entschließen können, in das Verhältniß zwischen Grundeigenthümer und dem nicht abziehenden Pächter direkt einzugreifen. Einerseits wies man darauf hin, daß auch die Lage des letzteren, wenn ein erhöhter Pachtzins von ihm auf Grund seiner eigenen Meliorationen verlangt würde, durch das neue Gesetz sehr ver­ bessert würde. Die Nothwendigkeit, beim Abzug dem Pächter den Werth seiner Meliorationen herauszuzahlen, wird den Gutsherrn geneigter zu einem Ab­ kommen machen, welches den Pächter auf dem Gute festhält. Wenn auch gewöhnlich der Gutsherr die Entschädigungssumme durch den neu anziehenden

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Pächter zahlen läßt, so muß er sich doch sagen, daß er im Verhältniß zu der Größe dieser Entschädigungssumme weniger Pachtzins von einem neuen Pächter erhalten wird. Er wird daher jetzt mehr als früher Bedenken tragen, einen Pächter, der meliorirt hat, durch übermäßige Steigerung des Pachtzinses zu vertreiben. Andererseits würde ein direkter Schutz des sitzenden Pächters nicht möglich sein, ohne zu dem System des irischen Landgesetzes von 1881, zu einer Bestimmung des Pachtzinses durch richterliche Entscheidung Ouäieial rents) über­ zugehen. Wenn dem Gutsherrn jede Erhöhung des Pachtzinses gestattet sein soll, die aus den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen oder aus Meliorationen entspringt, welche der Gutsherr selbst vorgenommen, dagegen verboten werden soll, die Pacht zu erhöhen, weil der Pächter die Ertragsfähigkeit des Gutes gesteigert hat, so muß, im Fall Gutsherr und Pächter sich nicht einigen, eine richterliche Entscheidung darüber eintreten, welcher Pachtzins dem Gutsherrn auf Grund der allgemeinen Verhältnisse des Guts, abgesehen von den Melio­ rationen des Pächters, zuzubilligen ist. Ebenso wie in Irland müßte aber auch bestimmt werden, daß die richterliche Entscheidung nicht durch Kündigung des Pachtvertrags seitens des Gutsherrn sofort unwirksam gemacht würde. Der Pächter müßte für einige Zeit (in Irland 15 Jahre) ein festes Pachtrecht zu dem richterlich festgesetzten Pachtzinse erhalten. Es würde auch ihm kaum ver­ weigert werden können, daß er das ihm so richterlich zugebilligte Pachtrecht an einen Dritten cedire. Damit wären die drei bekannten Forderungen der irischen Pächter (die drei f's, lair rent, üxit^ ok tenure und tree sale) auch in England erfüllt. Die erwähnte Barmers ^Ilianee hat in dieser Richtung bestimmte Vor­ schläge gemacht und ihr Vorsitzender Mr. Howard hat dieselben vor der Kom­ mission mit nicht geringem Geschick entwickelt und vertheidigt. Aber bei dieser Erörterung trat das Bedenkliche der Vorschläge deutlich hervor. Nach der Ansicht des Pächterbundes soll in jeder Grafschaft ein Gerichtshof eingesetzt werden, bestehend aus einem Grafschaftsrichter als Vorsitzendem und zwei der Landwirthschaft kundigen Beisitzern. Der Gerichtshof soll in streitigen Fällen entscheiden, wie viel von dem jährlichen Pachtwerth (annual lettlnZ value) eines Pachthofs dem Pächter für von ihm selbst auf seine Kosten vorgenommene Verbesserungen zukommt, wie viel dem Gutsherrn für die ursprünglichen Eigen­ schaften des Gutes oder für Verbesserungen, die der Gutsherr vorgenommen hat, oder für den in Folge der allgemeinen wirthschaftlichen Entwicklung gestiegenen Ertragswerth des Gutes. Auch der Letztere, das berühmte unearneä increment I. S. Mills, soll dem Grundeigenthümer nach diesem Vorschläge verbleiben. Der Pächter aber soll das Recht haben, seinen Antheil am jähr­ lichen Pachtwerth, der sein volles Eigenthum ist, an Dritte zu verkaufen. Er erhält also, sowie er irgend welche Meliorationen vorgenommen hat, ein festes, veräußerliches Pachtrecht. Der Gutsherr soll auch kein Recht mehr haben, dem Pächter irgend welche Vorschriften über die Art des Wirthschaftsbetriebs zu machen, dagegen berechtigt sein, einen Pächter, welcher das Gut durch seine Wirthschaft verschlechtert, vor jenen Gerichtshof zu ziehen, und der Gerichtshof soll ihn, im Fall die Klage begründet erscheint, zu Schadenersatz verurtheilen und eventuell ihm das Pachtrecht entziehen.

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Offenbar würde die Verwirklichung dieser Forderungen durch die Gesetz­ gebung die englischen Zeitpächter in eine Art von Erbpächtern verwandeln, die sich von eigentlichen Erbpächtern nach deutschem Rechte nur dadurch unterschieden, daß der von ihnen zu zahlende Kanon kein unveränderlicher, sondern ein von Zeit zu Zeit durch richterliche Entscheidung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse neu bestimmbarer wäre. Wir können kein Urtheil darüber wagen, ob ein solcher Plan in England Aussicht hat, in absehbarer Zeit durchzudringen. Die Worte Gladstones, welche wir oben anführten, erregen die Vermuthung, daß ähnliche Gedanken auch an hervorragender und einflußreicher Stelle schon ernstlich erwogen sind. Zur Zeit aber scheinen uns zwei Gründe so entschieden gegen so durchgreifende Aenderungen des englischen Pachtrechts zu sprechen, daß die Entscheidung der Regierung und des Parlaments wohl kaum ernstlich angefochten werden dürfte. Erstens der gewaltsame Eingriff in das Eigenthumsrecht, welchen die dargelegte Reform in sich schließen würde. Sie macht die Rente des Grund und Bodens abhängig von einer richterlichen Entscheidung, die bei der durchaus unsicher» Basis, auf welcher sie erfolgt, auch selbst nur unsicher und willkürlich sein kann. Ein Eigenthum aber, in dessen Ertrag so willkürlich eingegriffen wird, muß eine große Werthverminderung erleiden. Das zeigen denn auch die irischen Verhältnisse zur Zeit recht deutlich. Wie auch die Einwirkung des neuen Pachtrechts auf die Stimmung der Bevölkerung, die agrarischen Ver­ brechen und den landwirthschaftlichen Betrieb sein mag, darüber besteht nur eine Stimme unter kundigen Berichterstattern, daß das Grundeigenthum in Irland jetzt schlechterdings unverkäuflich ist. Dann aber die Abnahme des Interesses, welches der Grundeigenthümer an seinem Grund und Boden hat. Bis jetzt ist es, wie wir mehrfach hervor­ gehoben, für die englische Landwirthschaft von größtem Werthe, daß wohlhabende Grundeigenthümer an dem Zustande ihrer Güter und an dem Gedeihen der Landwirthschaft auf denselben das regste Interesse nehmen und große Kapitalien auf die Verbesserung ihres Grundbesitzes verwenden. Alle größeren Meliorationen sind bisher von den Grundeigenthümern ausgegangen, und wenn auch in manchen Fällen nicht Alles geschehen ist, was geschehen konnte, im Ganzen ist die Summe, welche in den beiden letzten Jahrzehnten so verwendet worden, eine außerordentlich große. Es ist kaum wahrscheinlich, daß ein Stand von Erbpächtern, deren eigene Mittel und Kredit viel beschränkter gewesen wären, dasselbe geleistet hätte. Außer der Reform des Pachtrechts sind mannigfache andere Mittel zur Sprache gekommen, um den Pächterstand von den schweren Schlägen, die ihn betroffen, zu erheben und ihn zum Kampfe mit transatlantischem Mitwerben zu stärken. Am wichtigsten scheinen uns unter denselben die Reform der lokalen Besteuerung und die Verbesserung des landwirthschaftlichen Unterrichts. Wir beschränken uns, da die eingehende Erörterung beider Fragen über das uns gesteckte Ziel hinausführen würde, darauf, die Aeußerungen der Königlichen Kommission in ihrem endlichen Berichte kurz wiederzugeben. Es wird darin vor Allem die Unbilligkeit hervorgehoben, welche darin liegt, daß ausschließlich das unbewegliche Vermögen zu den kommunalen Steuern

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herangezogen wird, und darauf hingewiesen, daß das berühmte Gesetz der Königin Elisabeth (43 e. 2), welches noch jetzt die Grundlage der Armen­ steuer bildet, eine so unvollständige Heranziehung des Vermögens nicht be­ absichtigt habe, sondern eine nach der Steuerfähigkeit jedes Einwohners ver­ lheilte Armensteuer habe einführen wollen. Bei den praktischen Schwierigkeiten aber, welche sich einer Kommunalbesteuerung des beweglichen Vermögens ent­ gegenstellen, will die Kommission von dieser Forderung absehen. Sie schlägt

dagegen vor: 1) daß die Kosten der Anstalts- oder Binnenarmenpflege (maintenance ok tde indoor poor) ^) nicht mehr durch die ausschließlich auf dem unbeweg­ lichen Vermögen ruhende Armensteuer des Armenbezirks (union), sondern entweder aus der allgemeinen Staatskasse, oder durch Steuern bestritten werden, die auf alles Vermögen innerhalb größerer Bezirke umgelegt werden. 2) daß ein gewisser Theil der örtlichen Staatssteuern der örtlichen Obrigkeit für örtliche Zwecke überwiesen werde. „Gegen die Uebertragung der Armenausgaben", fährt der Bericht fort, „von örtlicher oder kommunaler auf allgemeine Staatsbesteuerung werden gewöhn­ lich zwei Einwendungen, jede von großem Gewicht, erhoben." „Man sagt, daß eine solche Aenderung die Centralisation vermehren, das örtliche Interesse an der örtlichen Verwaltung vermindern und zu großer Ver­ schwendung führen würde." „In Bezug auf die Uebertragung der Kosten der Außenarmenpflege sind diese Einwendungen ohne Zweifel wohl begründet. Aber sie finden keine An­ wendung auf die Uebertragung der Kosten der Anstallsarmenpflege. Es ist keine Ursache anzunehmen, daß die Cenlralgewalt Gelegenheit hätte, eine schärfere Kontrole auszuüben, als gegenwärtig, oder daß die Armenpfleger geringeres Interesse an der Verwaltung der Arbeitshäuser haben würden." „Dagegen macht man darauf aufmerksam, daß die Aenderung, welche wir empfehlen, für die Armenpflege den stärksten Antrieb in sich schließen würde, die Außenarmenpflege durch Anstaltsarmenpflege zu ersetzen, und so zugleich mit einer großen Verminderung der Ausgabe auch eine erhebliche Verbesserung in der Ausführung des Armengesetzes zur Folge haben würde." Man sieht, es sind Pläne, welche viele Uebereinstimmung haben mit den Vorschlägen, die in manchen kontinentalen Staaten für die Reform der kommu­ nalen Bestimmung, so verschieden diese dort auch eingerichtet ist, in neuerer Zeit gemacht worden sind. In Betreff des landwirthschaftlichen Unterrichts beschränkt sich der Kommissionsbericht auf die Bemerkung, daß eine Verbesserung desselben sehr wünschenswert sei ohne bestimmte Vorschläge dafür zu machen. Im Ver­ gleich mit einigen fremden Ländern sei die Möglichkeit, technische Bildung zu erwerben, in Großbritannien sehr beschränkt, obwohl einige Grafschaftsschulen für die Erziehung von Pächterssöhnen errichtet seien. Die Vortheile eines

13) In Folge der allgemeinen Verbreitung von Arbeitshäusern und der Aus­ dehnung, welche die Unterbringung von Armen in Arbeitshäusern hat, sind die Kosten der Anstaltsarmenpflege im Verhältniß zur Außenarmenpflege in England viel be­ deutender als in Deutschland.

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Instituts wie Cirencester College — der einzigen höheren landwirthschaftlichen Lehranstalt in England — seien thatsächlich doch nur denen zugänglich, die Ausgaben machen könnten, welche die Mittel eines gewöhnlichen Pächters über­ schritten. Die Angelegenheit, die wir hier nicht näher verfolgen, verdient die größte Aufmerksamkeit Aller, die sich für die Landwirthschaft und die agrarischen Zu­ stände in England interessiren. Wohl kaum wird man dem kleinen und mittleren Pächterstande einen größeren Dienst leisten können, als dadurch, daß man ihm naturwissenschaftliche und landwirthschaftliche Bildung leicht zugänglich macht. Diesen Stand aber zu heben und zu kräftigen, muß die erste Aufgabe englischer Agrarpolitik sein und bleiben. Denn in ihm besitzt England einen landwirthschastlichen Mittelstand, der zwar nicht an Zahl, wohl aber an Tüchtigkeit den besten Elementen unseres deutschen Bauernstandes vergleichbar ist. Je mehr alle Erfahrung lehrt, daß es außerordentlich schwer ist, einen solchen Stand neu zu schaffen, um so wichtiger erscheinen die Mittel zu seiner Erhaltung.

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Anhang. I. Durchschnittliche Weizenpreise in England und Preußen von 1800 resp. 1816-1882. Durchschnittspreise*) von

Weizen in England Quarter

sb. ä.

1801—1810 1811—18202)

1821—1830 1831—1840 1841—1850 1851—1860 1861—1870 1871-1880 1881 1882

83 11 87 6 59 5 56 10 53 4 54 7*/2 51 1 51 1 45 4 45 1

Roggen

Preußischer Provinz Staat Preußen

100 Kilogr. 100 Kilogr.

RheinProvinz

Preußischer Staat

100 Kilogr.

100 Kilogr.

100 Kilogr.

M.

M.

M.

M.

M.

38,1 39,8 27,0 25,85 24,2 24,8 22,8 22,8 20,6 20,55









20,6 12,1 13,8 16,8 21,1 20,4 22,3 22,0 20,8

18,2 10,9 13,4 16,0 20,0 19,5 21,3 20,9 19,8

24,7 13,8 16,3 19,5 23,3 22,3 24,0 23,9 22,8

15,2 8,7 10,1 12,3 16,5 15,5 17,3 20,2 16,1

-

Die Tafel zeigt den Unterschied in der Preisentwicklung zwischen Eng­ land und Preußen. In dem ersteren Lande stehen die Weizenpreise der letzten Jahre unter den Durchschnittspreisen aller früheren Jahrzehnte, in

1) Die Zahlen für den preußischen Staat sind den Publikationen des preußischen statistischen Bureaus, die Durchschnittspreise des Quarter Weizen in England bis 1855 aus Tooke, 8L8tor^ ok prio68 vol. VI S. 439, von da an dem 8lati8tieLl ^.b8traet und den ^Zrieullural Ueturn8 entnommen und auf Gewichtspreise in deutschem Gelde von mir reducirt worden, unter Annahme eines Gewichts für den Quarter von 220 Kilogramm (-- ca. 83 Pfund pr. preußischer Scheffel) und unter Gleichsetzung eines S' --- 20 M. 2) Für den preußischen Staat und seine Provinzen aus 1816—1820.

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Anhang.

219

Preußen hat das Jahrzehnt von 1871—1880 die höchsten Durchschnittspreise seit 1816 und auch die Jahre 1881 und 1882 werden außer von diesem letzten Jahrzehnt nur noch von den Durchschnittspreisen 1851—1860 über­ troffen. Ferner steht der Weizenpreis 1880 und 1882 in England durch­ schnittlich etwas niedriger als in Preußen, während er von 1816—1840 un­ gefähr doppelt so hoch war.

II. Durchschnittspreise von Britischem Weizen, Gerste und Hafer pr. Quarter in den Perioden von 1800—1848 und 1848—1879 ^). Perioden

Weizen

Abnahme

Gerste

Abnahme !

Hafer

Abnahme

! 8k.

cl.

1800-1849

70

3

1849-1879

51 10

>k.

18

6.

8k.

ä.

37

8

35

6

8k.

2

5

ä.

8k.

ä.

25

9

23

9

2

8k.

ä.

2

0

III. Verbreitung des Getreide- und Weizenbaues in England, sowie Größe des kulturfähigen unbenutzten Ackerlandes im Jahr 1881. Die erste Kolonne giebt die Fläche kultivirten Landes, die zweite und dritte den Prozentsatz der davon mit Getreide im Allgemeinen und speziell mit Weizen bestellten Fläche im Durchschnitt der 10 Jahre von 1872—1881 (nach I. G. Craigie, on 8tati8tie8 ok agricultural production, Journal ok tüe 8tati8tiea1 8ooiet^ 1883 S. 47), die vierte die Größe des kulturfähigen Ackerlandes, welches zufolge der amtlichen Aufnahme im Jahr 1881 gänzlich unbenutzt lag, für England und Wales sowohl, wie für die einzelnen Graf­ schaften in alphabetischer Ordnung. Gesammtfläche ! des kultivirten Landes

England . . . . Wales..................... Bedford...................... Berks.......................... Bucks......................... Cambs..................... Chester...................... Cornwall.................

Davon waren bestellt mit

Weizen

Getreide

Unbenutztes kulturfähiges Ackerland

Acres

o/o

!

o/o

Acres

24 253 999 2 715 858 258 242 372 053 402 056 482 946 525 589 532 391

30,12 18,61 44,58 39,34 32,94 53,34 15,72 27,01

-

12,4 3,85 19,50 15,96 13,58 25,90 5,30 8,90

41 998 1819 2 015 678 1 101 2 234 207 337

1) Die Tafel ist genommen aus G. C. Brodrick, Lvgli8d I^anck anck Lngli8ll I^nälorä8, S. 492.

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220

Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

Gesammtfläche des kultivirten Landes

Cumberland .... Derby...................... Devon...................... Dorset...................... Durham................. Essex.......................... Gloucester.................. Hants...................... Hereford.................. Herts.......................... Hunts...................... Kent........................... Lancaster.................. Leicester...................... Lincoln...................... Middlesex.................. Monmouth . . . . Norfolk...................... Northampton . . . Northumberland . . Notts.......................... Oxford...................... Rutland.................. Salop...................... Somerset.................. Stafford.................. Suffolk...................... ! Surrey...................... Sussex...................... Warwith.................. Westmoreland . . . Wilts.......................... Worcester.................. Dorks E. Riding. . „ N. Riding. . „ W. Riding. .

Weizen

Unbenutztes kulturfähiges Ackerland

Acres

Davon warerl bestellt mit Getreide

Acres

o/o

o/o

556 030 504 682 1 107 665 478 149 411379 824 151 647 783 701 673 437 440 337 223 208 881 733 262 765 098 470 175 1 478 740 116 590 223 640 1072 075 557 049 688 761 44.6 452 414968 85 644 698 399 837 391 594336 768 869 298 402 659 722 486 318 241149 745 836 393 984 670 554 831 276 1176 903

17,46 13,93 25,99 23,40 22,70 49,04 26,56 36,11 24,40 43,60 47,53 32,61 13,22 22,28 42,07 16,10 16,43 42,14 32,17 19,60 35,36 39,50 30,68 24,16 17,02 19,40 49,79 32,00 31,02 29,34 8,40 29,20 30,03 41,53 26,49 20,21

3,34 5,29 10,68 8,92 8,27 21,52 13,51 15,00 12,68

18,20 21,52 13,67 4,01 8,45 19,05 6,90 7,71 18,14 13,46 4,10 15,26 14,43 10,76 11,12 8,26 8,27 19,10 13,75 14,31 14,11 0,56 12,41 15,63 15,47 7,39 7,53

340 848 694 — 5 021 1612 607 897 2 876 2 305 757 707 527 2 575 102 325 1041 968 —

853 351 — 2144 498 349 580 320 295 1391 — 3 893 1004 502 664 380

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Anhang.

221

Oxford .... Warwick.... Bucks.................... Berks.................... Hereford.... Norfolk .... Leicester .... Hertford .... ! Suffolk .... Notts.................... Worcester . . . Monmouth. . . Gloucester . . . Wilts.................... Essex................. Northampton. . Stafford.... Kent................. Hants................... Cambs................. Yorks W. R.. . Salop................. Yorks E. R. . . Bedford .... Rutland .... Somerset.... Surrey . . . .> Dorset................. Lincoln . . . . Sussex...................> Derby................. Yorks N. R. . .

37,56 52,18 50,42 31,92 42,10 31,10 44,97 36,32 27,95 38,28 50,00 42,92 35,04 23,28 33,93 32,27 44.53 15,22 25,53 22,98 28,18 36,41 19,73 29,29 29,20 37,23 40,62 20,99 18,78 15,77 31,78 16,31

6,38 10,84 13,03 6,06 8,45 9,61 5,08 14,81 8,47 5,47 16,39 13,15 4,71 7,40 17,91 12,00 5,60 8,95 26,41 12,82 3,01 11,57 6,49 18,51 21,42 14,67 12,50 14,91 15,38 6,38 5,26 5,12

19,44 18,54 18,41 18,29 15,38 15,22

6,9 14,2 11,3 10,5 16,4 12,4

15,09 14,80 14,19 13,95 13,40 13,39 12,88 11,55 10,77 10,10 9,76 8,85 8,60 8,59 8,57 8,44 8,24 7,77 7,61 6,92 5,97 5,71 5,15 5,06 4,53 4,52

14,1 8,6 10,7 12,1 14,5 22,8 11,1 14,0 17,5 11,2 12,8

11,1 14,1 14,9 11,1 13,5 9,9 12,3 25,0 17,6 20,7 20,2 11,3 20,9 13,1 14,7

ckerlandes.

m it

Ȋchsen be-

auernden

s oder

Viehdes

eine gleiche

liegenden Landes.

Zunahml: des m it FuttergettȊchsen bestellten oder als dauerndes Grasland

Zunahme-j-, oderAb-

nahme des gesammten Viehstandes (1 Stück Rindvieh --- 6 Stück Schafe).

Zunahm e in der des Rindviehs.

Z ahl

de.: Schafe.

Zahl

Adna hm e in der

IV. Prozentweisc Abnahme ober Zunahme des Vichstandcs und der mit Futtergewiichsen bestellten, oder als dauerndes Grasland liegenden Fläche von 1868—1881.

L « o rr LZIZZZ

24 23 26 22 27 24 25 20 22 23 24 29 21 22 24 19 20 18 19

20 17 19 16 17 26 21 22 21 14 21 15 16

1) Nach dem Artikel ^sricultura! Decline im «sournal ok tlle 8tati8tical Locietv vol. XXXXV S. 359 ff.

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Durham . . Middlesex . Lancaster . . Cumberland Cornwall. .

. . . . .

. . .i . .!

England . . . Wales . . . .

! !

14,8 15,6 17,0 13,8 35,5 17,1 12,9 14,0 20,1 39,7

16 16 12 14 27 12

15,3 22,1

20 15

11 10 13 21

Stephan Geibel L Co. in Altenburg.

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I

ckerlandes.

auernden

s oder m il ächsen be-

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baue rndes G rasland lieg endeni Landes.

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Pierer'sche Hofbuchdruckerei.

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-i- 2,74

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10,00 10,45

F u tt ergew ächsen

26,SO 7,53

Schafe).

4,14 3,49 2,69 2,43 1,51 1,03 0,55 1,88 -i- 4,53 -i- 8,33

gesammten Landes (1 Stück Vieh — 6 Stück

lhme-i-, oder A b ­

12,50 11,19 12,96 4,49 14,77 6,66 13,63 5,68 11,86 15,17

der

18,56 63,13 6,97 6,35 22,23 13,63 40,42 12,88 6,01 5,25

e

Hunts.....................! Chester................. Westmoreland. . Northumberland Devon................... i

Rindviehs.

mZAZ

in der Schafe.

2^ N kX?

Zu Z ahl

Erwin Nasse, Agrarische Zustände in England.

222