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German Pages 286 [328] Year 1962
Β U C H L I · 6 0 0 0 J A H R E W E R B U N G · B A N D II
HANNS B U CH LI
6000JAHRE WERBUNG GESCHICHTE DER WIRTSCHAFTSWERBUNG UND D E R PROPAGANDA
Band II
Die Neuere Zeit
Mit 32 Kunstdrudctafeln, 25 Abbildungen im Text und einer 8seitigen Beilage
WALTER D E G R U Y T E R & CO. BERLIN 1962
© Copyright 1962 by Walter de Gruyter & Co., voirmals G. J . Gösdien'sehe Verlagshandlung / J . Guttentag Verlagsbuchhandlung / Georg Reimer / Karl J . Trübner / Veit & Comp., Berlin W 30. — Alle Redite, einschließlich der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten. — Printed in Germany. — Archiv-Nr. 13 52 62. — Satz und Drude: Thormann & Goetsch, Berlin-Neukölln. — Klischees: Aberegg-Steiner & Co. A. G., Bern. — Ausstattung: Johannes Boehland.
INHALT TEIL: D I E ZEIT DER REFORMATION UND GEGENREFORMATION, DIE BUCHDRUCKERKUNST UND IHR E I N F L U S S AUF DIE WERBUNG, DIE NEUERE ZEIT
ZWEITER
Das Wunder des Buchdrucks Eine Revolution setzt ein Religion und große Politik Die Auseinandersetzung beginnt Zwingli und Calvin Die Greuel und die Not der Türkenkriege Die Zensur und der Index als erste Abwehr- und Kampfmaßnahmen der Gegenreformation Die Aktionen der Kurie gegen die Reformation Die Societas Jesu als Kampftruppe des Vatikans Die Organisation der Abwehrschlacht des Katholizismus gegen die Reformation Dem Sieg entgegen Kampfmethoden der Kleriker Die Propaganda Fide Eine geniale Organisation Eroberung der Welt Methodische Differenzen Lehren der Erfahrung Blick in die Kulissen Von der Methodik der Propaganda Die große Krise Buchdruck und Wirtschaftswerbung
9 18 30 37 57 71 77 92 104 117 130 133 155 169 180 186 199 210 227 241 251
ANMERKUNGEN
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LITERATURVERZEICHNIS
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V E R Z E I C H N I S DER A B B I L D U N G E N Seite
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43.
Die erste Geschichte der Buchdruckerkunst 15 Johann Gennsfleisch zum Gutenberg (Tafel) 16 Ein besonders schöner Druck aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts (Tafel) . . 17 Die erste deutsche Buchdrucker-Ordnung 23 Der Ablaß-Handel 26/27 Martin Luther (Tafel) 32 Huldreich Zwingli (Tafel) 33 Philipp Melandithon (Tafel) 33 Guillaume Farei (Tafel) 33 Reformatorisches Spottbild auf den Papst 39 Spottbilder auf die Geldgier und Habsucht der Priester 41 Aus dem „Büchlein von dem Banne und anderen Kirchenstrafen" 46 Aus dem „Büchlein von dem Banne und anderen Kirchenstrafen" 47 Ein antipäpstliches Pamphlet 50 Titelblatt eines antipäpstlichen Dialogs 51 Ein Flugblatt gegen den Papst und die Jesuiten (Tafel) 56 Ein katholisches Flugblatt gegen das Luthertum (Tafel) 57 Johannes Calvinus (Tafel) 62 Das Plakat des Jacques Gruet (Tafel) 63 Calvins „Väterlicher Rat an den Papst Paul III." 69 Aus der „Utopia" des Thomas Morus 75 „Imago vitae aulicae" (Tafel) 76 Erasmus von Rotterdam über die Tugend der Geduld (Tafel) 77 Galileo Galilei (Tafel) 84 Papst Paul III. (Tafel) 85 Bücheranzeige des Peter Schöffer 87 Mirabilia Urbis Romae 94 Ein Frankfurter Bücherverzeichnis 95 Augustinus: De Civitate Dei 105 Ignatius von Loyola (Tafel) 112 Der Kardinal Roberto Bellarmin (Tafel) 113 Roberto Nobili, Jesuitenmissionar (Tafel) 128 Papst Clemens VIII. (Tafel) 129 Papst Gregor XV. (Tafel) 144 Der Palazzo Ferratini in Rom (Tafel) 145 Die berühmte Bulle „Inscrutabili Divinae Providentiae" des Papstes Gregor XV. (8seitige Beilage) 168 Papst Urban VIII. (Tafel) 192 Jahresband-Titel der Straßburger Zeitung (Tafel) 193 Szenenbild aus einem jesuitischen Theater (Tafel) 224 Die Latema magica / Die Zauberlaterne (Tafel) 225 Die Austreibung der Jesuiten aus Frankreich (Tafel) 240 Die Schandsäule wider die Jesuiten (Tafel) 241 Die Avisa Relation oder Zeitung 253
Seite
44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60.
Titelblatt der ersten Schwedischen Zeitung 254 Eine frühe Modezeitung 256 Soldatenwerbung des Königs von Frankreich 258 „Über die Diplomatie" 259 Aus den Köstlichkeiten des frühen Buchhandels (Tafel) 260 Kunst und Politik (Tafel) 261 Illustrierte Anzeige eines Volksbuches 262 Ein frühes französisches Theaterplakat 263 Werbung einer englischen Tabakmanufaktur (Tafel) 264 Das englische Wunderpferd (Tafel) 265 Ein Plakat für Taschenschirme 266 Plakat eines Schaustellers 267 Ein Zahnarzt und Hanswurst empfiehlt sich (Tafel) 268 Der Hoftaschenspieler Josef Frölig (Tafel) 269 Ein Schaustelleiplakat 270 Werbliche Geschäftskarte einer italienischen Porzellan-Manufaktur (Tafel) .. 270 Plakatwerbung eines Gasthauses (Tafel) 271
ZWEITER TEIL
D I E ZEIT DER REFORMATION U N D GEGENREFORMATION D I E BUCHDRUCKERKUNST U N D IHR EINFLUSS AUF D I E WERBUNG D I E NEUERE ZEIT DAS WUNDER DES BUCHDRUCKS Im Jahre 1474, einige dreißig Jahre nach der Erfindung der Buchdradcerkunst, schrieb Werner Rolevindc in seiner Chronik1 über dieses Ereignis: „Die sinnreiche Kunst des Bücherdruckens ward in Mainz erfunden: Sie ist die Kunst der Künste, die Wissenschaft der Wissenschaften, durch deren geschwinde Wirksamkeit ein trefflicher Schatz an Wissen und Weisheit aus dem Dunkel gehoben wurde, die Welt zu bereichern und zu erhellen." Und dieser späte Zeitgenosse Gutenbergs hat nicht zu hoch gegriffen. Denn wirklich ist diese epochemachende Erfindung eine der größten Taten der Menschheitsgeschichte. Durch sie erst wurden der Menschheit aller Erdteile die Schätze der Gedankenarbeit des menschlichen Geistes und durch sie die Botschaften des Göttlichen völlig erschlossen und erhalten, so daß sie nun durdi die Schrift, gedruckt auf Papier, allen Generationen, allen Zeiten überliefert und verbreitet werden können. Seither konnten Millionen Menschen dem Nichtwissen entrissen werden: Religion, Philosophie, Wissenschaft und Literatur wurden Gemeingut aller. Die Brücke, welche eine universelle Bildimg ermöglichte, war geschlagen. „Aventur und Kunst" nannte Gutenberg selbst, was er vollbrachte. Aber „Aventur" begriff er sicher nicht nur als Abenteuer in des Wortes zeitgenössischer, ritterlicher Bedeutung, sondern gewiß vielmehr als Schidcung, als ein Wagnis wohl auf ungewissem Boden, als ein Wagnis, dessen Ende und Konsequenz er selbst nur zu ahnen vermochte, dessen Bestimmung aber doch irgendwie in ihm bewußt war, weil ihm die „Kunst", das handwerkliche Können, die Tüchtigkeit das Gefühl dafür gab. Was der Junker Johann Genssfleisch zum Gutenberg, ein Mainzer Kind, in
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den Jahren um 1439 bis 1444 schuf, hat die Entwicklung aller späteren Jahrhunderte und ihre kulturelle Gestaltung im tiefsten beeinflußt; die Wissenschaft erhielt den entscheidenden Impuls, der sie aus der Gebundenheit der kirchlidien Grenzen heraushob; der Buchdruck beeinflußte den Lauf der geschichtlichen Entwicklung. Für die Werbung vollends brachte die Buchdruckerkunst eine vollkommene Umwälzung durch die Ergänzung des gesprochenen und geschriebenen Wortes durch das gedruckte, das damit einen Wirkungsbereich erhielt, der sozusagen grenzenlos ist. Denn der Buchdruck erlaubt nicht nur die rasche Herstellung aller Drucksachen, die in keinem Verhältnis zur bisherigen mühseligen Schreibarbeit steht, sondern er erlaubt auch hohe, ja unbegrenzte Auflagen und damit eine Verbreitung, welche alles bisher Dagewesene übersteigt. Wie wenige andere Gestalten ist deshalb der Erfinder der Buchdruckerkunst in die Weltgeschichte eingegangen, denn mit seinen 24 Buchstaben hat er tatsächlich die Welt erobert. Mit seinem Bibeldruck ersetzte er das bisherige Buchherstellungsverfahren durch ein anderes, vollendetes, vollkommenes. Nicht die Form des Buches oder der Gebrauch oder der Stoff waren zu erfinden, sondern der Ersatz der manuellen Reproduktionstechnik durch eine mechanische. Seine Gutenbergbibel ist mit denselben Mitteln hervorgebracht, derer sich die Buchdruckerkunst bis auf den heutigen Tag bedient. Sie ist von Formen gedruckt, die aus beweglichen Einzellettern zusammengesetzt wurden; die Lettern waren durch Guß und höchstwahrscheinlich mit Hilfe metallener Stempel und Matrizen entstanden2. Gleichzeitig mit Gutenberg haben sich in Avignon, in Bologna und in flandrischen Städten Erfinder mit dem Problem des „künstlichen Schreibens" befaßt. Aber wir haben keine Kunde davon, daß ihnen ein Erfolg beschieden gewesen wäre. Daß der Holzschnitt früh bekannt war, haben wir gesehen. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß er im 14. Jahrhundert, also vor der Erfindung der Buchdruckerkunst, zur Herstellung sogenannter „Blockbücher" verwendet worden ist. Jedenfalls sind um 1420 in den Niederlanden Bücher dieser Art entstanden. Eine Kölner Chronik des Jahres 1499 weist darauf hin, daß die Buchdruckerkunst in Holland ihre „eyrste vurbyldung" erfahren habe. Aber auf die bewegliche, versetzliche Einzelletter kam niemand. Johann Genssfleisch zum Gutenberg blieb der einzige, der das Problem zu lösen verstand. Immerhin waren Holzschneider und Bilddrucker schon seit dem Jahre 1398 in Westeuropa bekannt, so in Ulm, in Antwerpen, in Nürnberg und Nördlingen. Sie druckten aber vornehmlich nur Heiligenbilder und Spielkarten. Uber der Lebensgeschichte Johann Gutenbergs liegt ein Dunkel, das bedauerlich zum Licht kontrastiert, das er in die Welt brachte. Wir wissen nur,
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daß er zwischen den Jahren 1394 und 1399 auf seinem väterlichen Besitz, dem Hof zum Gutenberg, zu Mainz geboren wurde. Sein Vater, Friele Genssfleisch, gehörte einer begüterten Mainzer Patrizierfamilie an. Dem Sohn war dadurch eine glänzende Laufbahn eröffnet; warum er sie nicht beschritten hat, sondern das dornenvolle Schicksal eines Erfinders wählte, wissen wir nicht. Er kam — ein junger, reicher Junker — nach Straßburg und hat sich dort zweifellos zwischen 1434 und 1444, also rund 10 Jahre aufgehalten. Er hat dort, und nicht wie Werner Rolevinck es wissen will in Mainz, die Buchdruckerkunst erfunden. Aus den Akten eines Nachlaßprozesses ist jedenfalls ersichtlich, daß er sich in Straßburg mit dem „trucken" befaßt hat und daß diese Tätigkeit offenbar sehr reichliche Geldmittel verschlang. Bei seiner Arbeit war ihm der Goldschmied Hans Dünne behilflich, der im Jahre 1439 vor Gericht aussagte, daß er „vor dryen joren oder dobij Gutenberg bij den hundert gulden abe verdienet habe, alleine das zu dem trucken gehöret". Zu diesem „trucken" brauchte Gutenberg Blei; er besaß Formen, die „zerlossen" werden konnten, und eine Presse, die er sich von einem Drechsler bauen ließ. Er hat jedenfalls nicht nur den Schriftguß erfunden, sondern auch die damalige Druckerpresse, wie sie in vielen Druckereien noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein im Gebrauch war. Sie hat während Jahrhunderten sozusagen keine technischen Verbesserungen erfahren. Das ist um so erstaunlicher, als der 1519 verstorbene Leonardo da Vinci, wie wir aus seinen hinterlassenen Schriften wissen, nicht nur die Camera obscura kannte und wahrscheinlich erfunden hat, sondern auch mehrere neuartige Druckerpressen entwarf, die einen selbsttätig vor- und rückwärts laufenden Karren besaßen, von denen keine je konstruiert wurde. Gleichzeitig machte dagegen der Holzschnitt, der als Mittel der Buchillustration rasch große Bedeutung gewann, eine recht bedeutende künstlerische Entwicklung durch: Unter den Händen Albrecht Dürers erreichte er schließlich um die Jahrhundertwende eine erste Blütezeit. Wo Gutenberg zwischen 1444 und 1448 gelebt hat, ist nicht bekannt. Wir wissen nur, daß er 1448 wieder in Mainz war, um dort das „werk der bucher" zu vollenden. Dagegen ist bekannt, daß es ihm in der Heimat nicht besser ging als in der Fremde. Denn er mußte, obwohl von Hause aus begütert, große Summen aufnehmen, um sein Werk zu vollenden. Außer einem Schlauen — Johann Fust — scheint niemand seinem Genie Zutrauen geschenkt und die Tragweite seines Strebens erkannt zu haben. Diesem verpfändete er gegen ein Darlehen seine Druckerei, die er 1455 zur Deckung einer Schuld von 2026 Gulden seinem Gläubiger zu Eigentum überlassen mußte. Gutenberg erlitt damit das Schicksal so vieler Erfinder vor und nach
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ihm, die, besessen vom Gedanken an die Vollendung ihres Werks alle kaufmännische Vorsicht außer acht lassend, an der ewigen Mittelmäßigkeit ihrer Umgebung scheiterten, ohne den Lohn ihrer Arbeit selbst genossen zu haben. Nach seinem finanziellen Zusammenbruch, der auf den von Fust gegen ihn angestrengten Prozeß folgte, fehlt uns jede Nachricht über das Leben Gutenbergs bis zum Jahre 1465. Am 17. Januar dieses Jahres hat ihn, nach der einen Version der Erzbischof von Mainz, nach der andern der Kurfürst Adolf von Nassau unter seine Hofleute aufgenommen und dem greisen Erfinder in Mainz eine Wohnung angewiesen; dazu erhielt er jährlich 20 Malter Kom und 2 Fuder Wein. Doch konnte er die Gunst seines hohen Protektors nicht mehr lange genießen, denn am 3. Februar 1468 starb er. Gutenbergs erstes großes Druckwerk, eines der schönsten aller Zeiten, ist die 1455 vollendete 42zeilige Bibel, wenn auch das nur als Fragment existierende „Sibyllenbuch" als das älteste erhalten gebliebene Drudewerk gilt. Es fällt ungefähr in dieselbe Zeit. Es wird in die Jahre 1445/1446 datiert. 1447 folgte der astronomische Kalender. Von den weiteren späteren Druckwerken, wie den sog. „Donatbüchem", sind nur Fragmente überliefert. 1454 druckte Gutenberg auch Ablaßbriefe in sehr großen Auflagen, was beweist, daß die Kirche sich sehr rasch der neuen Erfindung für ihre Zwecke zu bedienen wußte. Im gleichen Jahre wurde mit der Schrift des astronomischen Kalenders ein Kalender in Buchform gedruckt, der in gereimten Versen die Stände des deutschen Reiches zum Kampf gegen die Türken aufruft und deshalb „Türkenkalender" genannt wird. Dieser Kalender ist wohl die erste politische Propaganda-Druckschrift und zugleich der erste gedruckte Volkskalender. Fast 10 Jahre früher — im Jahre 1445 — war der Kupferstich erfunden worden, der aber in der Buchillustration nie die Rolle des Holzschnittes spielen konnte. Für sein Meisterwerk, die 42zeilige Bibel, benutzte Gutenberg 290 verschiedene Schriftzeichen3. Mit ihrer Drucklegung hatte er den endgültigen Sieg über Handschrift und Blockdruck errungen. Mit seinem Handgießinstrument konnte nun jeder Buchstabe genau gleich gegossen werden. 1457 erschien in der Gutenbergschen Druckerei unter dem nunmehrigen Besitz von Johann Fust ein prächtiger Psalter, der zu den schönsten Büchern aller Zeiten gehört. Es kann kein Zweifel bestehen, daß dieses Werk Gutenberg zuzuschreiben ist, obschon nicht feststeht, daß er damals noch Teilhaber der Firma war. Ein Jahr später erschien die 36zeilige Bibel. Inzwischen hatte Johann Fust seinen nunmehrigen Schwiegersohn, den früheren Mitarbeiter Gutenbergs Peter Schöffer, in den Betrieb aufgenommen. Nunmehr nimmt die Buchdruckerkunst, „die schwarze Kunst", das „wun-
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derbare Geheimnis", einen beispiellosen Aufschwung. 1458 ist bereits die erste außerhalb von Mainz bestehende Druckerei, die des bischöflichen Notars und Goldschreibers Johann Mentelin in Straßburg, nachweisbar, der wir viele schöne Bücher — so den Parzifal und den Titurel — verdanken. Zwei Jahre später erscheint bei Fust und Schöffer in Mainz die große Enzyklopädie des Mittelalters, das „Catholicon" des Johann Baibus de Janua. Im selben Jahr folgt aus derselben Offizin die erste gedruckte Gesetzessammlung, die „Constitutiones" des Papstes Clemens V. Im Jahre 1461 veröffentlicht Albrecht Pfister in Bamberg bereits die ersten illustrierten Druckwerke; er hat sich dort als Drucker und Verleger etabliert und muß gleichfalls aus der Gutenbergschen Offizin hervorgegangen sein. Gleichzeitig wurden in Mainz während einer Bischofsfehde für beide Parteien Flugblätter und Maueranschläge gedruckt. Wir dürfen in ihnen die ersten gedruckten politischen Flugblätter und Plakate sehen. Schon 1462 wird von einem unbekannten Drucker in Italien ein Büchlein über die Leiden Christi gedruckt. 1463 betätigen sich Fust und Schöffer erstmalig im Auftrag des Papstes Pius II. in der kurialen Kreuzzugs-Propaganda durch den Drudi der Kreuzzugs-Bulle, die zugleich das erste Druckwerk mit einem Titelblatt darstellt. 1464 wird durch Ulrich Zell aus Hanau die erste Buchdruckerei in Köln gegründet. Im gleichen Jahr eröffnet Gutenbergs früherer Gehilfe, Berthold Ruppel aus Hanau, die erste Offizin in Basel. Ein Jahr später kann bereits erstmals die Tätigkeit deutscher Buchdrucker in Rom nachgewiesen werden. 1466 druckt der bereits erwähnte Johann Mentelin in Straßburg die erste Bibel in deutscher Sprache; in der gleichen Stadt erscheint gleichzeitig die erste gedruckte Bücheranzeige, herausgegeben durch Heinrich Eggestein. Vor ihm hatte Diebold Lauber in Hagenau bereits geschriebene Verlagskataloge veröffentlicht. Im Jahre 1467 erhält Rom seine erste Buchdruckerei-Firma privaten Charakters; die Gründer sind der Kölner Arnold Pannartz und Konrad Sweinheim aus Schwanheim a. M. Im gleichen Jahr läßt sich dort audi Ulrich Han aus Ingolstadt als Buchdrucker nieder. Vermutlich sind sie durch die Kirche dazu veranlaßt worden. 1468 gründet Günther Zainer die erste Buchdruckerei in Augsburg, und wenig später entsteht dort auch die erste Klosterdruckerei, eröffnet durch den Abt des Klosters St. Ulrich und Afra, Melchior von Stamheim. Auch nach Pilsen dringt die „schwarze Kunst" bereits vor. 1469 folgen Venedig (Johann von Speyer) und Utrecht. In Straßburg erscheint der erste gedruckte Buchprospekt bei Johann Mentelin. Ihm folgt das erste gedruckte Verlagsverzeichnis in Plakatform, das Peter Schöffer (1470) in Mainz publiziert. 1470 ist für den Buchdruck überhaupt ein fruchtbares Jahr: In
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Nürnberg läßt sich Johann Sensenschmidt aus Eger nieder; in Beromiinster errichtet der Chorherr Helyas Helyae von Laufen seine Druckerpresse; sein erstes Druckwerk ist der „Mamotrectus"; in Mailand etabliert sich Antonius Zarotus, in Neapel Sixtus Riessinger, und endlich folgen dem Ruf des Rektors der Sorbonne die deutschen Buchdrucker Ulrich Gering, Michael Freyburger und Martin Crantz. Man sieht: Es sind fast alles Deutsche, welche dem neuen Gewerbe in der Welt die Wege ebnen, und man muß sich nicht wundern, wenn der Gelehrte Guillaume Ficiiet von diesen Leuten, die überall auftauchen, begeistert erklärt: „Sie strömen in die Welt, wie einst die Krieger dem Bauche des trojanischen Pferdes entstiegen; sie tragen von Deutschland das Licht in alle Teile der Erde." Denn in den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts wurde bereits im ganzen westlichen Abendlande gedruckt; ein Jahrzehnt später bereits auch in Skandinavien. Die Zahl der Druckorte und Offizinen vermehrte sich überaus rasch, denn Kirche, Wissenschaft und Wirtschaft hatten daran dasselbe brennende Interesse. Kein Wunder, daß es ebenso rasch zu einem sehr scharfen Wettbewerb kam, der vermuten läßt, daß wenige Buchdrucker jener Zeit zu Reichtümern gekommen sind. Es kann deshalb nicht wundern, wenn sich bald auch die ersten sozialen Auswirkungen dieser Entwicklung zeigten: Bereits 1471 sah Basel etwas Neues, den ersten Buchdruckerstreik! Trotzdem ging die besonders für die damalige Zeit unglaublich scheinende Entwicklung weiter. 1471 entstanden Druckereien in Bologna, Florenz und Ferrara, 1472 in Budapest, Eßlingen und Parma, 1473 in Brüssel, Merseburg, Erfurt, Messina, Lyon, Brescia und auch in Spanien, während Gutenbergs Gehilfe Heinrich Keffer als Teilhaber des Buchdruckers Johann Sensensdimidt in Nürnberg seßhaft wurde. 1474 ist die Buchdruckerkunst bereits bis nach Krakau in Polen vorgedrungen; femer erhalten die Städte Valencia, Lübeck, Genua, Modena, Turin und Houvin Offizinen. 1475 erschien in Brügge das erste Buch in englischer, in Breslau das erste in polnischer und in Reggio di Calabria das erste Druckwerk in hebräischer Sprache. Das Jahr ist außerdem denkwürdig durch das bei Konrad Fyner in Eßlingen erschienene erste Buch gegen die Juden, den „Tractatus contra pérfidos Judaeos", welcher den zweifelhaften Ruhm für sich in Anspruch nehmen kann, die erste gedruckte antisemitische Propagandaschrift darzustellen. Im Jahre 1476 bekommt England durch die Gründung des William Carton in Westminster die erste Buchdruckerei. In Mailand entsteht das erste Buch in griechischer Sprache, in Rom das erste Meßbuch mit gedruckten Noten. Im Jahre darauf folgt, gedruckt von Pasquier Bonhomme in Paris, das erste Buch in französischer Sprache, die „Chronique de France", und in Delft, gedruckt
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A b b . 3. E i n besonders schöner D r u c k aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts ist diese Seite aus dem Gebetbuch des Kaisers Maximilian I., für den Monarchen gedruckt von Johann Schönsperger in Augsburg im Jahre 1513. Die Randzeichnungen stammen von Albrecht Dürer. (Aus: Konrad Bauer, Aventur und, Kunst, Frankfurt a. M. 1940.)
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der Schriftsätze, der Flugblätter und Streitschriften und ihrer enormen Verbreitung, die ganze Welt in Mitleidenschaft gezogen. Allerdings traten bald auch die unheimlichen Schattenseiten in Erscheinung; abgesehen von den weltanschaulichen und religiösen Auseinandersetzungen, welche dieser Zeitepoche das Gesicht geben, sei lediglich an die Verbreitung des Hexenwahns und an diejenige der Sozialrevolutionären Schlagwörter erinnert, so daß jene Staatsmänner und Repräsentanten des Klerus recht behielten, welche der neuen Erfindung als einem Medium zur Verbreitung umstürzlerischer Ideen Mißtrauen entgegenbrachten. Denn es war die Buchdruckerkunst, welche schließlich dem Zeitalter der Aufklärung, der französischen und amerikanischen Revolution und den modernen Demokratien den Weg geebnet hat. Erasmus dagegen pries den Buchdruck als die größte aller Erfindungen; denn im Laufe der Jahre erlebte sein Erstlingswerk, die „Adagia", nicht weniger als 60 Auflagen. Es war einer der ersten „Bestseller". Welchen Umfang die Druckereien bereits besaßen zeigt folgendes: Bei Koberger in Nürnberg standen schon 1470 nicht weniger als 24 Pressen; er beschäftigte über 100 „Gesellen". In Köln standen 21, in Augsburg 20 Pressen. Basel besaß bereits 16 Druckereien. In Rom waren zu Ende des 15. Jahrhunderts bereits 199 Pressen in Betrieb; dort waren nicht weniger als 24 deutsche Drucker tätig. Denn die Kirche hat — wir wiesen bereits darauf hin — die Bedeutung des Buchdrucks sehr schnell erfaßt und sie sich zunutze gemacht, zunächst allerdings mit Ausnahme von Kanzleidrucken nicht in eigenen Druckereien. Viele Jahre hindurch wurden die nötigen Druckschriften und Werke in Auftrag gegeben. In der beruflichen Organisation traten um die Jahrhundertwende ebenfalls bereits tiefgreifende Veränderungen ein. Waren die ersten selbständigen Buchdrucker oft wohl Stempelschneider, Schriftgießer, Setzer, Drucker und Verleger in einem gewesen, so mußte es rasch zu einer Arbeitsteilung kommen. Aber am Ende des Jahrhunderts gab es bereits schon selbständige, vom Buchdruckergewerbe gelöste Verlagsuntemehmen. Gleichzeitig begannen einzelner Buchdrucker die Schriftgießerei und den Schriftenhandel als selbständigen Nebenberuf zu betreiben, was andere der Notwendigkeit enthob, Einrichtungen für den Schriftguß zu unterhalten. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts geht diese Entwicklung, wie wir sie in den ersten Jahrzehnten erlebten, unentwegt weiter. Bereits waren slavische Druckereien errichtet, und ebenso entstand auf Island die erste Druckerei. Für die päpstliche Kanzlei wurde eine besondere Urkundenschrift für die Ausfertigung von Breven in Auftrag gegeben. Für solche Drucksachen muß früh eine kleine Druckerei im Vatikan bestanden haben. Das Jahr 1502 brachte 2 Bucbli II
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ein Flugblatt, das zum erstenmal den Titel „Zeitung" führte; es hieß „New Zeytung von Orient und Auffgange". 1505 wurde die Kunst der Radierung bekannt, als deren Erfinder der Augsburger Waffensetzer und Holzschneider Daniel Hopfer genannt wird; dodi stammt die älteste datierte Radierung von Urs Graf aus dem Jahre 1513. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte auch Konstantinopel seine erste Druckerei erhalten; wesentlich interessanter ist aber, daß gleichzeitig in China mit dem Drude einer amtlichen Ausgabe des sog. taoistischen Kanons begonnen wurde; sie umfaßte 1464 Werke mit 5485 Bänden. Allerdings erfolgte der Druck nicht von beweglichen Lettern, sondern von Holztafeln. 1507 kann der Augsburger Schreibmeister Leonhard Wagner bereits ein Muster von 100 verschiedenen Schriftarten vorlegen. Im gleichen Jahr ersdiien auf Martin Waldseemüllers Weltkarte zum erstenmal der Name Amerikas. Der Brief des Columbus, in welchem er seine Entdeckungen schildert, die er bekanntlich für Indien hielt, war schon im Jahre 1493 in Barcelona gedruckt veröffentlicht worden. In Fano wurde 1514 auf Befehl des Papstes Julius II. die erste arabische Druckerei eröffnet, als erster Schritt zur Einfiußnahme der kirchlichen Propaganda im vorderen Orient. 1516 besaß der afrikanische Kontinent in Fez bereits ebenfalls seine erste Buchdruckerei. Zwei Jahre später begibt sich in Rostock ein anderes Ereignis: Dort wird für eine Lotterie (Glückstopf) ein Plakat mit einem Holzschnitt von Erhard Altdorfer gedruckt, welcher deshalb als der erste namentlich bekannte Plakatkünstler bezeichnet wird. In derselben Stadt wurde 1520 auch das erste Theaterplakat gedruckt.
EINE REVOLUTION SETZT EIN Das Jahr 1518 macht es uns eindrücklich bewußt, welche Bedeutung die Budidruckerkunst mittlerweile gewonnen hatte. Denn in diesem Jahre begann mit dem Druck der beiden ersten Schriften Dr. Martin Luthers „An den christlichen Adel deutscher Nation" und „Von der Freiheit des Christenmenschen" jene unübersehbare Flut von reformatorischen Propaganda-Schriften und Gegenschriften, deren Druck fast alle deutschen Buchdruckereien jahrzehntelang beschäftigen sollte, während sich die Erzeugnisse dieses Bemühens wie ein breiter Strom durch die Lande ergoß. Am 9. September 1517 hatte Erasmus an den Kardinal von York aus Antwerpen geschrieben: „Ich fürchte, in diesem Teil der Welt steht eine große Revolution bevor." Jetzt brach sie aus.
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Die mittelalterlichen Kämpfe um Macht und Einfluß hatten eine Zeitwende vorbereitet, die mit dem späteren Mittelalter kraftvoll einsetzte. Es handelte sich nicht nur um Veränderung im Zustand und Wesen des Staates, sondern um völlige Neubildungen. Denn in diesen Jahrhunderten erfolgte die Geburt des modernen Staates 5 . Nur in Deutschland leitete kein allwaltender Wille die allgemeinen Angelegenheiten; dort „regierten" in den ersten Jahrzehnten des 15. Jahrhunderts bis zum Dreißigjährigen Krieg die periodischen Reichstage und ihre Beschlüsse, die allerdings immer noch eine gewisse Reichseinheit widerspiegelten. Aber auch dort, wo dieser moderne Staat mit neuen Institutionen dastand, „als sich — zweihundert Jahre später, seit dem 15. Jahrhundert — die Anschauungen der jenseitigen und der diesseitigen Welt, das Wissen um Mikrokosmos und Makrokosmos, wandelten, so daß sie ins helle Bewußtsein der Völker aufgenommen, ihr Verhalten im Leben zu ändern vermochten" 8 —, selbst da hatte die Kirche ihr Streben nicht aufgegeben, das Prinzip des Staates sich zu unterwerfen und, wenn sie ihn schon nicht in sich aufgehen lassen konnte, geistig maßgebende, führende Instanz zu sein. Sie trachtete also nicht nur nach einer möglichst intensiven Ausbreitung des Glaubens, sondern auch nach einer Verbreitung über so weite Gebiete als irgend erreichbar. Ahnlich wie zu karolingischen Zeiten in Sachsen, begleiteten Missionare und Geistliche die Heere und Entdecker, folgte der weltlichen Inbesitznahme oder Eroberung auch die geistliche durch massenweise „Bekehrung" der Heiden. Die Kirche hatte die Idee von einem Priesterreich aufgeben müssen; aber wenn auch die nationale Entwicklung schon zu tiefe Wurzeln geschlagen hatte, um vom kirchlichen Element erdrückt zu werden, gewann dieses zunächst doch ein entscheidendes Ubergewicht. Im deutschen Reiche hatte das Kaisertum nun wohl eine dem Papsttum analoge, dagegen in Macht und Autorität demselben untergeordnete Stellung angenommen 7 . Das Papsttum erstarkte seit dem Abschluß der konziliaren Aera mächtig. „Es hat die konziliare Idee nicht nur in planvoller Propaganda bekämpft und in der Bulle Execrabilis 1460 als einen fluchwürdigen und in früheren Zeiten unerhörten Frevel verdammt" 8 , sondern sie auch durch andere Mittel, wie durch Konkordate mit den Landesfürsten, unwirksam zu machen verstanden. Der alte Streit zwischen Kaiser und Papst dagegen war vergessen. Es bestanden ausgesprochen gute Beziehungen zwischen den beiden Gewalten. Immerhin war eine Veränderung seit 1507 eingetreten: Maximilian ließ sich nicht in Rom krönen, bevor er den Titel „Kaiser" annahm. Ranke" bemerkt sogar, daß man in Rom von Maximilians Regierung den Eindruck gehabt habe, „daß er alles, was er für das Reich und seine Landschaft vorteilhaft 2·
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erachtet hatte, erst ins Werk gesetzt und dann die Beistimmung des römischen Stuhles nachträglich aufgebracht habe". Und es ist eine wirklich inhaltsschwere Neuerung für die Würde eines deutschen Königs, daß er und seine Nachfolger den Kaisertitel unmittelbar nach ihrer Krönung in Aachen angenommen haben; nur ein einziger ist noch vom Papst gekrönt worden. Demgegenüber strebte aber das Papsttum unentwegt und mit Erfolg eine Zentralisation aller Gewalt in der Kirche an. Ohne sich an die gegebenen Reformversprechungen zu halten und ohne Rücksicht auf die sich dauernd verschlechternde Stimmung der Völker vermochte die Kurie in dieser Zeit immer mehr Stellenbesetzungen und Entscheidungsfälle aus der ganzen Christenheit an sich zu ziehen und unermeßliche Gewinne daraus zu erzielen. Das Papsttum entwickelte sich — es war die Zeit der Borgia — außerdem zum Territorialstaat Italiens, der eine intensive diplomatische Tätigkeit betrieb und als solcher nicht ohne politischen Einfluß war. Aber der Preis aller Erfolge war „durch die schauderhafte Unwürdigkeit seiner, in einem Meer von Habgier und Blut, Unzucht und Frevel untergehenden Vertreter allzu teuer bezahlt" 10 . Durch die Usurpation des Buß-Sakraments, durch den immer groteskere Formen annehmenden Ablaß kam es schließlich zur Auflehnung gegen diese geistliche Macht, „die zur weltlichen in ungeistlichster Weise verkehrt war" und die das „Bethaus zum Kaufhaus, ja zur Mördergrube" (Luther) gemacht hatte. Schon Mitte des 15. Jahrhunderts zeigten sich Risse im stolzen Bau. So hatte der Jurist Gregor von Heimburg, der Sachwalter des Herzogs Sigmund von Tirol, bereits damals mit großem Freimut und überaus volkstümlich gegen Kurie und Welschtum geschrieben. Der Bann konnte ihn nicht hindern, seinen Kampf weiter zu führen. Wie groß die Opposition war, zeigt die Tatsache, daß er zu dem Konzil, an welches er appellierte, nicht nur die Zustimmung Tirols, sondern auch von Mailand, Venedig und Frankreich erreichen konnte. Gregor von Heimburg wirkte in ähnlichem Sinne auch für den exkommunizierten Erzbischof von Mainz, Diether von Isenburg; und die aus diesem Konflikt entstehende kriegerische Verwicklung war der Anlaß, der die ersten Buchdrucker in alle Welt zerstreute und damit die neue Kunst bekannt werden ließ, welche in den folgenden Zeiten eine so außerordentliche Rolle spielen sollte. Wir wissen, daß Gutenberg selbst noch große Auflagen von Ablässen gedruckt hat, welche mit marktschreierischen Gepflogenheiten von den Legaten der Kurie gegen Geld vertrieben wurden, wodurch die Sündentilgung zu einem reinen Geldgeschäft erniedrigt wurde, das zusammen mit dem Pfründenschacher die päpstlichen Kassen zu füllen hatte. Zu den Reformeiferem der frühen Zeit gehört auch Jakob von Jüterbogk,
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von welchem mehrere Schriften überliefert sind, ferner der Zürcher Chorherr Felix Hemerli, dessen Schriften, 1497 herausgegeben, eine tiefgreifende Wirkung ausübten und deshalb vom Konzil zu Trient auf den Index gesetzt wurden. Neben ihnen sind von weniger großer Bedeutung die Vorkämpfer der Klosterreform, wie Johann von Capistrano, der Karthäuser Dionysius Rikkel und schließlich Nikiaus von Kues, letzterer Beauftragter der Kurie. Während Capistrano hauptsächlich durch seine Predigten wirkte, sind von Rickel zahlreiche Schriften bekannt. Es wäre aber weit gefehlt zu glauben, daß das Papsttum diesem Treiben etwa untätig zugesehen hätte. Im Gegenteil wurde alles getan, durch energische kirchliche Arbeit die dem Mittelalter eigentümliche Frömmigkeit zu vertiefen; und dies geschah mit erstaunlichem Erfolg. Die dazu verwendeten Mittel waren die verschiedenartigsten. Der Gottesdienst erhielt eine glanzvolle Ausgestaltung; es entstand ein förmlicher kultischer Großbetrieb. Krüger11 führt — um nur zwei Beispiele zu nennen — die beiden Schloßkirchen der rivalisierenden Wettiner Fürsten an: „In Meißen bestand seit 1480 ein .ewiger Chor', in welchem Tag und Nacht ständig von 14 Kanonikern, 60 Vikaren, 12 Chorsängern, 15 Grabaten (Anwärtern) die Litaneien und Offizien gesungen wurden. In Köln wurden ferner in 11 Stiften, 22 Klöstern, 19 Pfarrkirchen und 100 Kapellen täglich über 1000 Messen gelesen." Neben den kultischen Leistungen wird die Gnadenmöglichkeit gesteigert, indem bei großen Festen, Volksmissionen und Schauspielen Scharen von Priestern tagelang die Beichte hörten. Die Predigt wurde viel häufiger ausgeübt als je im Mittelalter; ihre Volkstümlichkeit wurde bis ins Derbe und Pikante gesteigert und war teilweise mit Schwänken und anderen Auslassungen profaner Art durchsetzt. Zur Volksunterweisung kommt das Mittel des geistlichen Spiels, das ins Burlesk-Volkstümliche und zum Riesenbetrieb gesteigert wird. Tagelange Spiele mit Hunderten von Darstellern, Volksfeste mit Beicht- und Ablaßmöglichkeiten sind keine Seltenheit. Die Marienverehrung wird insbesondere von den beiden rivalisierenden Bettelorden, den Franziskanern und den Dominikanern, gesteigert; in dieser Zeit ergreift die Anschauung von der unbefleckten Empfängnis immer weitere Kreise. An der Sorbonne wird 1496 von allen Doktoren der Immakulateneid verlangt. In Bern ergreifen die Dominikaner die Gelegenheit, durch die Visionen des Schneidergesellen Jetzer ihrem Ansehen aufzuhelfen und auf das Volk einzuwirken. Der Rosenkranz wird als Gebetsmaschine für das Paternoster und das Ave Maria systematisch verbreitet. Der Heiligenkult, die Reliquien und Gnadenorte erhalten immer größere Bedeutung. Die kurialistischen Schriftsteller und Propagandisten ereifern sich, die Un-
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fehlbarkeit des Papstes an Hand von Analogien der Bibel, Sätzen der Kirchenväter, Zitaten aus den falschen Dekretalen zu erweisen. Besonders Johann von Torquemada tut sich darin hervor: Gäbe es nicht ein Oberhaupt, das alle Streitfragen entscheiden und alle Zweifel beheben könnte, so könnte man an der Heiligen Schrift selber zweifeln, die ihre Autorität nur von der Kirche habe, welche sich wieder ohne den Papst nicht denken lasse. Thomas von Gaeta geht so weit, die Kirche für eine geborene Sklavin zu erklären, die gegen einen schlechten Papst nichts weiter tun könne, als beharrlich gegen ihn zu beten12. Gleichzeitig wurden die Befugnisse der Inquisition — besonders durch Alexander VI. und Leo X. — scharf und dringend erneuert. Der Hexenwahn wurde gleichzeitig, statt von der Kirche wie bisher bekämpft zu werden, von ihr geradezu sanktioniert. Innozenz VIII. bestätigte in der Bulle „Summis desiderantes affectibus" vom 3. Dezember 1484, um die Autorität zweier Inquisitoren zu bestärken, die enge Verbindung von Haeresie und Magie und forderte dieselben zur Ausrottung der ausführlich geschilderten Hexengreuel auf, sie gleichzeitig an die Hilfe der Landesfürsten verweisend. In Verbindung mit der Verfolgung derjenigen, welche den „persönlichen Umgang mit dem Satan" pflogen, gingen ebenso blutige Verfolgungen der Juden vor sich. In diesen Jahren wurde der „Hexenhammer" verfaßt, eines der übelsten Machwerke der Propaganda; wie denn damals von zweifelsfrei Besserwissenden, nicht ohne Mitwirkung der zölibatär-asketischen Geistlichkeit die beispiellose Hetze gegen das geringgeschätzte weibliche Geschlecht entfesselt wurde, dem man alles Böse andichtete. Bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts erhielt das Werk immer wieder Neuauflagen13. Das ist die Atmosphäre, in welcher die großartigen Münster emporwuchsen, die wir heute noch bewundern, die Zeit, in welcher herrliche Werke der kirchlichen Kunst entstanden: Gemälde, Skulpturen, Altäre, vor denen wir in gleicher Ehrfurcht stehen, wie vor den hohen Domen. Filipo Lippi, Botticelli, Ghirlandaio, Verrocchio, Andrea del Sarto, Michelangelo, Leonardo da Vinci, Giorgione, Tizian, Corregio, Raffael, Schogauer, Grünewald, Holbein, Veit Stoß, Albrecht Dürer sind Namen, welche die Welt immer wissen wird und die jener Epoche entsprangen; wahrlich ein merkwürdiges Zusammentreffen mit einer Zeit, in welcher sich geistliche und weltliche Macht, Phantasie und dürre Scholastik, zarte Hingebung und rohe Gewalt, Religion und Aberglaube begegneten, „ein einziges Gebilde aus Keimen, welche die früheren Jahrhunderte gepflanzt, eigentümlich emporgewachsen, ineinander verschlungen und durch ein geheimes Etwas, das allen gemeinsam war, zusammengehalten — mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit für alle Geschlechter und Zeiten, für diese und jene Welt, und doch zu dem markiertesten Partikularismus ausgebildet, unter alle den Angriffen, die man er-
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©cDtucff in î>er & $ r l f c $ < t i SXeicßßftafe/ §rancffiirtam^afo/&ur$peíer * θφηι&ε, Μ» Dt L X X I I L Abb. 4. Die erste deutsche Budidrudcer-Ordnung erlassen durdi den hohen Rat der Stadt Frankfurt am Main 1573. (Gutenberg-Museum Mainz.)
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fahren und Siegen, die man erfochten, unter diesen unaufhörlichen Streitigkeiten, deren Entscheidungen dann immer wieder Gesetze geworden waren" 14 . Es darf nicht wundernehmen, daß—insbesondere in Deutschland, aber auch in andern Ländern — längst eine wachsende Opposition bestand. Auf religiösem Gebiet mußte geradezu der Wunsch entstehen, „den unter der tausendfältigen Verhüllung zufälliger Formen verborgenen Kern der Religion wieder einmal rein zutage zu schaffen. Sollte das Evangelium der Welt verkündet werden, so mußte es erst wieder in seiner ungetrübten Lauterkeit erscheinen"15. In Deutschland erwuchs der Gegensatz gegen das Papsttum, das längst wieder seinen großen Einfluß in Reichsdingen geltend machte, aus dem vergeblichen Ringen nach einer Verfassung. Denn der Papst trachtete nach der nationalen Staatsgewalt; das ward durch die Anhäufung von Pfründen, namentlich in den Händen der Kardinäle, und mit vielen andern Mitteln vorbereitet. Deutschland hatte sich immer wieder zu beschweren, so gegen die maßlos sich steigernden Geldforderungen der Kurie für alle möglichen Zwecke. Man berechnete die jährliche Summe auf rund 300 000 Gulden, ohne alle Prozeßkosten und den Ertrag der Pfründen. Den Barfüßern rechnete man nach, daß sie jährlich 200 000 Gulden einzögen, die gesamten Bettelmönche sogar eine Million. Man behauptet auch, die Verfassung des geistlichen Standes beleidige die öffentliche Moral; eine Reihe von Zeremonien und Rechte leitete man nur von der Begierde, Geld zu machen, her. Die in wilder Ehe lebenden Priester, oft beladen mit unehelichen Kindern und, aller erkauften Absolution zum Trotz, von Gewissensnöten geplagt, da sie fürchteten, eine Todsünde zu begehen, wenn sie das Meßopfer vollzogen, erregten Mitleid und Verachtung. „Wer sich einmal gütlich tun wolle, sagte das Sprichwort, der schlachte ein Huhn; wer ein Jahr lang, der nehme eine Frau; wer es aber alle seine Lebtage gut haben wolle, der werde ein Priester." Es entstand eine zahlreiche FlugschriftenLiteratur, die voll von solchem Volkswitz ist und die eine intensive Propaganda gegen die geldgierige, unmoralische Geistlichkeit auslöste. Fehr 16 bezeichnet sie mit Recht als die geistige Peitsche des Jahrhunderts. Wer auf die Massen wirken wollte, mußte sich derselben bedienen. Mit Rücksicht auf die wenig lesenskundige breite Volksschicht wirkten sie vornehmlich durch das Bild. Ihr Stil war aufreizend, padcend, schlagwortartig; das Format handlich, und die Buchdruckerkunst erlaubte jetzt Massenauflagen, die von Hand zu Hand gingen. Auch die zeitgenössische populäre Literatur zeigt deutlich ihren Standort und Charakter: den der Opposition: So Rosenblüt und Sebastian Brant, so der Eulenspiegel und der Reineke Fuchs aus dem Jahre 1498, um nur wenige der hervorragendsten Erscheinungen zu nennen. In den Fastnachtsspielen des Hans Rosenblüt tritt der türkische Kaiser auf, um allen Ständen der Nation die
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Wahrheit zu sagen; der Eulenspiegel gießt seine Ironie auf sie aus". Natürlich wird auch gegen die Pfaffen gewettert, „welche hohe Rosse reiten, aber nicht mit den Heiden kämpfen wollen"; im Eulenspiegel werden die gemeinen Pfaffen mit ihren hübschen Kellnerinnen, säuberlichen Pferdchen und vollen Küchen fast am meisten verspottet; dasselbe tut der Reineke Fuchs, der die Sünden der Pfaffen erörtert, die wegen des schlechten Beispiels, das sie bieten, noch schlimmer seien. In der gelehrten Literatur ist Erasmus von Rotterdam als der erste große Autor der Opposition zu bezeichnen. Nicht nur wurde das neue Testament des Erasmus die Grundlage von Luthers Bibelübersetzung; „wo die alte Kirche sich mit scholastischem Konservatismus verbindet, weiterhin mit irgendwelcher Beschränktheit und Unwissenschaftlichkeit, da wird Erasmus zum unvergleichlichen wirksamen Kämpfer und Wegbereiter" 18 . Erasmus war schon in einem unaufhörlichen inneren Widerspruch gegen das Kloster- und Studienwesen seiner Zeit aufgewachsen. In Paris riß er sich vollends von den Banden des Klosters und der Scholastik los, und von da ab ergoß sich seine ganze Bitterkeit gegen die Formen der Frömmigkeit und Theologie der Zeit in seine vielen Schriften. In seinem „Lob der Torheit", das Hans Holbein mit feinen Randzeichnungen versah, fließt sein Spott reichlich über die Geistlichkeit, bei der er stets länger und geflissentlicher verweilt, und auch der römische Hof und der Papst bleiben nicht verschont: Er nehme für sich nur das Vergnügen, und für sein Amt lasse er die Apostel Peter und Paul sorgen. Kein Wunder, daß das Werk einen glänzenden Erfolg erzielte. Nicht seiner polemischen Haltung wegen, sondern gerade dank seiner idealen, abstrakten Bestrebungen zog sich Johann Reuchlin die Feindschaft der scholastischen Partei zu und ist deshalb Erasmus an die Seite zu stellen, weil er durch seine Haltung und Gesinnung als Opposition an sich wirkte. Es handelt sich um sein Gutachten gegen die Bezichtigungen eines konvertierten Rabbiners gegen die Juden. Auf Grund der Behauptungen des nunmehrigen christlichen Priesters verlangten die Kölner Theologen die Einziehung des Talmud und die Verfolgung der Juden als Ketzer. Reuchlin bot durch sein Gutachten der verfolgenden Rechtgläubigkeit die Stime, und bereits wagte es nicht einmal mehr der römische Stuhl, ihn zu verdammen. Dafür wurden die „Epistolae obscurorum virorum" seiner Freunde, eine drastische Satire auf das Pfaffentum, vom römischen Stuhl verboten. Aber das vermochte den Sieg der Tendenzen der literarischen Opposition nicht zu verhindern. Die Zeitwende ist da, die Ulrich von Hutten zu dem Ausruf begeistert: „O Jahrhundertl Die Studien blühen, die Geister erwachen: Es ist eine Lust zu leben!" Es wäre aber ein Irrtum anzunehmen, daß Humanismus und Renaissance etwa die Reformation hervorgebracht hätten. Die tiefgreifendsten Gegensätze
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kamen audi hier nicht von außen, sondern von innen, und im Schöße der Kirche brachen auch die Feindseligkeiten aus, wiewohl die ganze Umwälzung „ohne die veränderte Geistigkeit der Zeit, ihre wache, emanzipierte Bildung nicht zu denken" 19 ist. Vor allem dürfen wir nicht vergessen, welchen Einfluß die scharfen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahrhunderte ausgeübt haben. Hus
Abb. 5. Der Ablaß-Handel Darstellung von Hans Holbein dem Jüngeren. (Holzschnitt aus dem Kupferstich-Kabinett der Öffentl. Kunstsammlung Links: Gottes verzeihende Hand, (siehe Fortsetzung der Abb. auf nebenstehender Seite)
Basel.)
war nicht vergessen; überall finden sich noch Spuren seiner Anhänger. Unter ihnen wirkte der Geist John Wiclifs weiter und nicht nur in Böhmen, sondern in ganz Deutschland. Aus der niedergeworfenen taboritischen Bewegung, waldensischen Gruppen und andern, hatten sich so die Gemeinschaft der böhmischen Brüder gebildet, deren hervorragendste Propagandisten die beiden Prediger Bokycanas und sein Neffe Gregor sowie der schriftstellernde Laie Peter von Chelóic waren. Sie strebten die Wiederherstellung der christlichen Gemeinde in der Unschuld und Einfachheit ihres ersten Ursprungs an und vertraten den Grundsatz, daß Christus selbst der Fels der Kirche sei und nicht
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Petrus beziehungsweise dessen Nachfolger. Sie waren zeitweise schweren Verfolgungen ausgesetzt, wie auch die Waldenser, die sich in der Dauphiné erhalten hatten. Wichtig ist ferner die hussitisch-waldensische Propaganda in Deutschland, deren Exponent Friedrich Reiser war. Er entfaltete eine sehr eifrige Tätigkeit, wurde aber — wie seine böhmischen Gesinnungsgenossen —
Abb. 5. D e r A b l a ß - H a n d e l Redits: Der Handel, der mit der großen und der kleinen Sünde getrieben wird, (siehe Anfang der Abb. auf nebenstehender Seite)
schließlich verbrannt. Dem Einfluß der böhmischen Brüder ist es ebenfalls zuzuschreiben, daß Nikolaus Kuß in Rostode 1511 anfing, wider den Papst zu predigen. Das lebhafte Echo, das Luther ausgelöst hat, wäre aber nicht denkbar ohne die verschiedensten Reaktionen lokaler, politischer, wirtschaftlicher und persönlicher Art sowie durch erhöhte Reizsamkeit zufolge der Erfindung des Buchdrucks. Sie kam zunächst vor allem der Verbreitung der Bibel zugute. Bis zum Jahre 1500 lassen sich 92 Ausgaben der Vulgata nachweisen, und zwar 36 in Deutschland, 29 in Italien, 8 in der Schweiz und 9 in Frankreich. In
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England war die Bibelübersetzung Wiclifs weit verbreitet; dodi war an ihre Drucklegung dort nicht zu denken. Die Bibelverbreitung führte dazu, daß sowohl das Volk wie der gemeine Priester mit Stoffen bekannt wurden, die über die Geschichten, Ermahnungen, Lobpreisungen und Liturgien hinausgingen. Da die Bibel aber jede kirchliche und religiöse Position mit der Verschiedenheit ihres Inhalts und je nach der Methode der Auslegung zu begründen vermag, bildet sie also ein eigentliches Arsenal von Argumenten. Wenn sie auch in der mittelalterlichen Kirche als höchste Autorität galt, so war die Bibel mit ihrem immer in weitere Volkskreise vordringenden Inhalt dodi imstande, die kirchliche Autorität zu gefährden. Es ist deshalb wohl verständlich, daß sich warnende Stimmen erhoben und daß kirchliche und staatliche Behörden Verbote erließen und zu Zensurmaßnahmen schritten, indem nicht von den kirchlichen Behörden zensurierte und genehmigte Übersetzungen unterdrückt wurden. Daß in dieser Zeit die Apokalyptik geradezu zu einer geistigen Epidemie wurde, zeigt das Drama des Girolamo Savonarola als ein Beispiel, daß große Massen des Volkes in suggestiger Wirkung zu büßender Einsicht von der Unhaltbarkeit der Zustände gebracht werden konnten. Daneben führten die Armenworte der Schrift zu einem christlichen Sozialismus, der gegen die ständisch-hierarchische Gliederung der Kirche und der christlichen Gesellschaft Front macht und die Gefahr revolutionärer Bewegungen aufleuchten läßt. Wir kennen im „Oberrheinischen Revolutionär" u. a. ein Muster blutrünstiger Propaganda dieser Dichtung. Auch durch die spiritualistische Stimmung wächst die Verbreitung der mystischen Literatur, welche durch den Buchdruck ermöglicht wird. In Zusammenhang damit steht die Propaganda des Johann Wesel gegen Ablaßpraxis und kirchliche Mißbräuche; wenn der Spiritualismus audi sonst großenteils des aggressiven Charakters entbehrt. Aber er bestreitet die Verbindlichkeit priesterlicher Satzungen und die Kraft des Ablasses und ist erfüllt von der Idee der unsichtbaren Kirche. Johann Pupper von Goch nennt seinerseits Thomas von Aquino einmal den Fürsten des Irrtums; er bekämpft den Zeremoniendienst und den Pharisäismus der Gelübde. Wessel von Groeningen stellt bereits den Satz auf, daß man „Prälaten und Doktoren nur insofern glauben dürfe, als ihre Lehre mit der Schrift übereinstimme, die einzige Glaubensregel, welche erhaben sei über Papst und Kirche"2*. Daß es auch anderswo scharfe Opposition gab, zeigt der Plan des Kardinals Alfonso Petrucci, der den Papst Leo X. ermorden wollte, welcher das Kollegium wider Erwarten seine Omnipotenz fühlen ließ. In Spanien widersetzte sich Kardinal Ximenes der Ausbietung des Ablasses in seinem Lande. In England ließ man die päpstlichen Einnehmer schwören, weder Geld noch Wechsel nach Rom zu senden. In Deutschland schrieb das Reidisregiment dem Kardinal Rai-
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mund für den Ablaß einschränkende Bestimmungen vor, und Friedrich von Sachsen hatte seinerseits das gesammelte Geld bei sich behalten und es nur herausgeben wollen, wenn es zu einer Unternehmung gegen die Ungläubigen gebraucht werde. Päpstliche und kaiserliche Intervention vermochten ihn nicht daran zu hindern, es später — als eine, seinen Untertanen zur Last fallende Auflage — für seine Universität Wittenberg zu verwenden. Der Ablaßhandel war ihm aus finanziellen Gründen nicht weniger widerwärtig als Luther aus geistlichen. Kein Wunder, daß dieser Fürst später nicht daran dachte, Luther Hindernisse in den Weg zu legen. Die politischen Interessen deckten sich sichtbar mit denen der geistlichen Opposition, die durch Dr. Martin Luther zur Reformation in Deutschland führte. Als die Reformationsbewegung einsetzte, war das Heidentum in Europa keineswegs ausgerottet. In Litauen konnte sich der alte Schlangendienst noch durch das 15. und 16. Jahrhundert halten. In andern Erdteilen war es keineswegs anders: Uberall fuhr man fort, „die Naturkräfte zu symbolisieren, sie durch Zauberei zu überwinden oder durch Opfer versöhnen zu wollen; in weiten Gebieten ward die Erinnerung an die Abgeschiedenen zum Schrecken der Lebendigen, und der religiöse Ritus war vor allem bestimmt, ihre verderbliche Einwirkung abzuwehren; es gehörte auch schon eine gewisse Erhebung der Seele, ein Grad von Kultur auch des Gemeinwesens dazu, um nur die Gestirne, und Sonne und Mond anzubeten" 21 . Das kann gerade uns Heutige keineswegs verwundern. Denn das Christentum wird ja noch im 20. Jahrhundert von afrikanischen Negern als „verrückte Religion" bezeichnet und als unnatürlich empfunden22, so daß man sich ernstlich fragen muß, ob wir es überhaupt noch verantworten können, den erwachenden Nationen des Schwarzen Erdteils und anderer eine Religion zu vermitteln, die sie nicht haben wollen. Und aus Asien, ja sogar aus Mittelamerika scheint es nicht anders zu tönen 23 . Aber auch die große Gegnerschaft anderer Weltreligionen war weit davon entfernt, etwa schwächer geworden zu sein: vor allem die geistig hoch entwikkelten indischen Religionen und der — wie sie — in einer großen Hierarchie ausgebaute Islam. Ja, es bildet eine merkwürdige Parallelität zu den sich in Europa anbahnenden Entwicklungen, daß diese Religionen fast gleichzeitig sich in erheblicher innerer Bewegung befanden. In Indien begann der aus Lahore stammende Reformator Nanek seine Propaganda, die auf die Wiederherstellung der von monotheistischen Ideen ausgegangenen alten Lehre der Brahmanen abzielte und sich gegen den vielfachen Götzendienst richtete. Dem Zeremoniendienst setzte er die Bedeutung des Moralisch-Guten entgegen; er wirkte für die Vernichtung der Unterschiede der Kasten und dachte sogar an eine Vereinigung der Hindus und Moslims. Ranke 24 bezeichnet ihn als eine
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der außerordentlichsten Erscheinungen friedlicher, nicht fanatischer Religiosität, und uns heutigen Menschen erscheint Nanek geradezu als ein Vorläufer des Mahatma Gandhi. Aber Nanek war ein Erfolg nicht beschieden; wohl gruppierten sich um ihn zahlreiche Anhänger, — die Seiks, welche gerade dem Manne abgöttische Verehrung entgegenbringen, der sich so sehr gegen den Götzendienst eingesetzt hat. Nanek wirkte Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Auch der Buddhismus machte im Verlaufe des 15. Jahrhunderts eine neue erstaunliche Entwicklung durch: Im Kloster Bepung erschien der erste regenerierte Lama und fand nach und nach in Tibet Anerkennung; der zweiten Inkarnation desselben — in den Jahren 1462—1542 — gelang das auch in den entferntesten buddhistischen Ländern; Hunderte von Millionen Menschen verehrten seitdem im Dalailama zu Lhasa den lebendigen Buddha der jedesmaligen Gegenwart, die Einheit der göttlichen Dreiheit, und strömten herbei, seinen Segen zu empfangen. Es blieb dem Kommunismus des 20. Jahrhunderts vorbehalten, ihn von seinem angestammten Thron in Lhasa als einen der verhaßten Exponenten des immer noch lebenden Gottglaubens zu vertreiben. Innerhalb des Islam spielte sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts der Kampf zwischen den Sunniten und Shiiten ab, der, mit unglaublichem Fanatismus geführt, schließlich in einer Orgie von Blut endete. Damals stiftete Ismail Sophi das neupersische Reich. Einige Jahrzehnte vorher hatte sich der Islam mit wilder Wucht tief nach Europa hinein ergossen, und ebenso heftig war die Bekehrungswelle, die seinem Auftreten folgte. Ja, der Islam eroberte sich sogar neuerdings das Mittelmeer und verbreitete sich auch in Indien wieder stärker, wo Sultan Baber den heiligen Krieg gegen die Hindus verkündigt hatte. Allerdings war die islamitische Propaganda mehr handgreiflich als geistig. Immerhin ergoß sich zu jener Zeitenwende eine ungeheure Welle religiöser Propaganda über die Welt. Denn das Christentum hatte ja auch seinerseits nicht gezögert, sich die Entdeckung der beiden Indien zunutze zu machen.
RELIGION UND GROSSE POLITIK Da wir uns hier mit den Grundlagen der Geschichte der Propaganda befassen, haben wir auf Luthers Werdegang nicht weiter einzugehen. Wichtig zu wissen ist dagegen, daß Luther keineswegs von allem Anfang seiner reformatorischen Tätigkeit an auf eine Trennung von der herrschenden Kirche abzielte, sondern — wie ja das Wort selbst es sagt — diese zu reformieren sich unterfing. Die 95 Thesen, die er am 31. Oktober 1517 an den Türen der Schloß-
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kirche von Wittenberg anschlug und welche die erste Aktion der nachfolgenden reformatorischen, protestierenden Propaganda wurden, wenden sich noch in ruhiger, gelehrter Beweisführung gegen den Schuldablaß, den Fegefeuerablaß und den Nachlaß der zeitlichen Strafen Gottes, die auf die ursprünglichen bescheidenen Anfänge als Erlaß kirchlicher Buß-Strafen zurückgeschraubt werden sollen, wobei der Papst gegen die Übertreibungen seiner Ablaßprediger in Schutz genommen wird, weil Luther annimmt, daß die von den Kommissaren verbreitete Instruktion und ihre Praxis dem Oberhirten unbekannt sei25. Er wünschte eine akademische Erörterung der Angelegenheit und kirchliche Disziplinierung der Ablaßpraxis; er nennt seine Thesen selbst „eine Disputation zur Erklärung der Kraft des Ablasses". Aber „als ob die Engel Botenläufer wären", durchliefen die Thesen die halbe Christenheit. Bald regten sich die Gegner; als erster Tetzel, der sich seine Gegenargumente durch die Universität Frankfurt a. O. ausarbeiten ließ. Luther antwortete, von Tetzel als „Erzketzer, abtrünniger Frevler und Übelredner" bezeichnet, 1518 mit dem „Sermon von Ablaß und Gnade". Zunächst, auch als Johann Eck als Gegner Luthers in den Streit eingriff, wickelte er sich noch handschriftlich ab. Bald griff jedoch der päpstliche Beichtvater Sylvester Mazzolini mit einer scharf kurialistischen Schrift in die Auseinandersetzung ein: » Wer vom Ablaß sagt, die römische Kirche könne nicht tun, was sie tatsächlich tut, ist ein Ketzer." Das war aber bereits nicht mehr die Ansicht vieler Deutscher, welche Genugtuung darüber empfanden, daß es einen mutigen Mann gab, der den Kampf zu beginnen wagte. Wenn es auch bereits in diesem Stadium von allen Kanzeln und Kathedern von Anklagen gegen Luther widerhallte, so empfand die deutsche Öffentlichkeit doch sowohl vom Standpunkt der tieferen Frömmigkeit gegen die äußerlichste aller Sündenvergebungen wie vom Standpunkt der Nation gegen die römischen Geldforderungen eine gewisse Befriedigung; ebenso die weltliche Gewalt, der geistlichen Übergriffe wegen. Aber Luther war, wenn er auch keinem seiner Gegner in seinen Streitschriften die Antwort schuldig blieb, doch erschrocken, als audi aus Rom Stimmen gegen ihn laut wurden, und er sandte deshalb eine Erklärung seiner Sätze an den Papst. Es war zweifellos von beiden Seiten Neigung zu einer friedlichen Lösung der Sache vorhanden. Aber der zur Vermittlung bestimmte päpstliche Legat Thomas de Vio von Gaeta, ein eifriger Thomist, fordert einen bedingungslosen Widerruf, den Luther verweigert. Dagegen verfaßt er noch eine Appellation an den Papst und flieht dann von Augsburg, wo er den Legaten traf, nach Sachsen zurück. Dort weigert sich der Kurfürst, Luther fallen zu lassen. Die Universität Wittenberg stellt fest, daß dieser der Kirche und selbst dem
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Papst alle Ehre erweise. Luther seinerseits verfaßte eine neue Resolution an ein demnächst zu berufendes allgemeines Konzil. Indes kam aus Rom die Nachricht, daß der Papst eine offizielle Äußerung über den Ablaß erlassen habe, wonach die von Luther bekämpfte Meinung als die allein richtige erklärt wird und die gegenteilige Predigt der poena excommunicatonis latae sententiae unterstellt wurde28. Vorläufig schiebt die hinhaltende Politik des Kurfürsten und die Kaiserwahl nach dem Tode Kaiser Maximilians den Ausbruch der Krise beinahe 2 Jahre auf, während Luther sich immer tiefer in das Studium der heiligen Schrift und die Geschichte der Kirche und des Papsttums versenkt. Unterdessen spielte sich in Deutschland, dank dem Mangel einer geordneten Verfassung, welche geeignet gewesen wäre, dem Oberhaupt des Reiches eine ausreichende Gewalt zu geben, ein kurzes, aber heftiges politisches Intermezzo ab: die Kaiserwahl des Jahres 1519. Hätte eine Verfassung bestanden, so würden die Streitigkeiten der Fürsten untereinander wohl kaum die Wahl eines der Ihrigen verhindert haben. So wurde die Kaiserwahl zu einer internationalen Angelegenheit. Das zeigte sich zunächst in der Tatsache, daß der Papst schon auf die Nachricht hin, daß der alte Kaiser in den letzten Zügen liege, sofort einlenkte und zunächst durch den sächsischen Edelmann Miltitz dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen die geweihte Rose übersenden ließ und ihm außerdem gewisse Ablaßprivilegien einräumte, um sich den Fürsten für kommende Ereignisse gefügig zu machen. Es war nur der Auftakt zu einer eifrigen politischen Propaganda-Aktion. Schon Kaiser Maximilian hatte noch zu Lebzeiten eine Reihe von Plänen hinsichtlich seiner Nachfolge erwogen. So hatte er dem König von England einst seine Nachfolge angetragen; dann wieder hatte er König Ludwig von Ungarn und Böhmen zum Verweser des Reichs und zu seinem Nachfolger bestimmt. Schließlich aber hatte er sich für seinen Enkel, den Erzherzog Karl, König von Spanien und Neapel, verwendet. Andererseits interessierte sich aber auch Franz I. von Frankreich ernstlich für die erledigte höchste Würde der Christenheit. Er hatte sich eben durch den Sieg in der Schlacht bei Malignano und die Wiedereroberung von Mailand einen großen Namen gemacht. Mit dem Papst stand er gut. Diesen landesfremden Kandidaten hatte Deutschland nichts entgegenzusetzen, nachdem Kurfürst Friedrich von Sachsen, ohne persönlichen Ehrgeiz und zu vorsichtig, jeden Antrag ablehnte; dies trotzdem Papst Leo X. ihm die Annahme der Wahl anempfohlen hatte, weil er aus politischen Gründen den französischen und spanischen Einfluß in Ober- und Unteritalien einzudämmen versuchte.
Abb. 6. Martin Luther Nach dem Gemälde von Lukas Cranach (1528), mit welchem Luther in freundschaftlichen Beziehungen stand. (Original in der Sammlung L. Blumenreich, Berlin.)
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A b b . 7. Huldreich Zwingli Nach einem Bildnis von Hans Asper (Zentralbibl. Ζüridi.)
A b b . 8. Philipp Melanchthon Nach einem Kupferstich des Albrecht Dürer.
A b b . 9. G u i l l a u m e F a r e i Nach einem Gemälde eines unbekannten Malers. (Bibl. Pubi, de la Ville et du Canton de
(Leihklischees A. Francke
Neuchâtel.)
aus dem Verlag A. G., Bern.)
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Jedenfalls entwickelte sich, als Kaiser Maximilian am 12. Januar 1519 gestorben war, ein eifriges Propagandaspiel, das erst am 28. Juni gleichen Jahres mit der Kaiserwahl in Frankfurt a. M. sein Ende fand. In ihm treten Franzi, von Frankreich, KarlV. von Spanien und Neapel und Papst LeoX. als die eifrigsten Akteure auf. Letzterer hatte, nach dem Ausfall der Kandidatur des Kurfürsten von Sachsen, seine Sympathien entschieden dem König von Frankreich zugewandt, von zwei Übeln offenbar das kleinere wählend. Der König selbst seinerseits behauptete, von Deutschland aufgefordert worden zu sein, sich um die Krone zu bemühen. Ein wichtiger Helfer entstand ihm in einem seiner Konkurrenten, König Heinrich VIII. von England, der schließlich — Vorund Nachteile der deutschen Krone kaufmännisch abwägend — zur Uberzeugung gekommen war, diese Krone sei eine zu teure Ware für ihren Wert und Nutzen27. Nachdem er einmal zu einem negativen Entscheid gekommen war, versprach er Franz seine Hilfe durch Wort, Schrift und Tat und stellte ihm auch tatsächlich seinen Einfluß auf einen Teil der deutschen Opposition zur Verfügung. Er erstreckte sich vornehmlich auf Württemberg, die Pfalz und den Herzog von Geldern. Durch sie konnte auch der Herzog von Lüneburg gewonnen werden. Diese Parteigänger wiesen vor allem auf die Tapferkeit Franz I. hin und darauf, daß kein anderer Fürst sich so gut eigne, den Krieg gegen die Türken zu führen, den man doch einmal unternehmen müsse. Der König selbst sandte eine Reihe von Gesandten auf die Werbereise und wies sie an, mit Geld, das immer ein zügiges Propagandamittel war, nicht zu sparen. Es hieß, er wolle 3 Millionen Krontaler ausgeben, um Kaiser zu werden. Vor allem galt es, die antiösterreichische Partei wach zu erhalten und die Kurfürsten zu gewinnen. Auch seinen vertrautesten Minister, den Admiral Bonnivet, sandte der König von Frankreich mit reichen Geldmitteln aus. Ihm stand auch der Kurfürst Richard von Trier als Helfer zur Seite, den der König als seinen getreuen Prokurator, Botschafter und Kommissarius bezeichnet und dem er weitgehende Handlungsvollmachten erteilt, nicht nur hinsichtlich der Bewilligung von Geldmitteln und Pensionen, sondern auch zur Einräumung von Privilegien. Solche, wie auch die Verteidigimg der Rechte der Fürsten, des Adels, der Geistlichkeit und der Städte verspricht der König in weitem Maße. Ebenso gelobt er auch den Krieg gegen die Türken u. a. m. Dem Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg wurde die Tochter Ludwig XII. und der Königin Anna mit einer reichen Aussteuer als Gattin versprochen und ihm für den Fall der Wahl Franz' zum Kaiser die Statthalterschaft zugesichert; alternativ wollte man ferner die Wahl des Kurfürsten zum Kaiser fördern. Man weiß aber auch von zahlreichen weiteren Aktionen, so in Niederdeutschland, in Mecklenburg, im Harz, in Westfalen. Auch mit Franz von Sickingen wurde unterhandelt. 3 Buchli II
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Man sieht, daß die Franzosen und ihre Freunde überall eifrig an der Arbeit waren. Demgegenüber ist aber audi der nachmalige Karl V., König des vereinigten Spaniens und Erbe der habsburgischen Erblande, unterstützt von einer großen Zahl von Anhängern nicht müßig. Allerdings wird ihm vorgeworfen, er verstehe nicht einmal deutsch und habe noch keinerlei Probe seiner persönlichen Tüchtigkeit abgelegt. Obzwar Erbherr in Österreich und in vielen niederländisch-deutschen Landen und deutschen Blutes, werde er gerade seines vielen Besitzes wegen keine Zeit haben, sich dem Reiche zu widmen. Für Karl war aber die Tochter Maximilians, Margareta, eifrig tätig. Mit Räten ihres Vaters und niederländischen Vertrauten leitete sie die Sache ihres Neffen von Augsburg aus. Auch von dieser Seite wurde eifrig bei den Kurfürsten geworben. Dem Erzbischof von Mainz wurde völlige Gewalt über die Reichskanzlei zugesichert und ihm dazu eine große Zahl weiterer Versprechungen gemacht, die diesen bewogen, sich eifrigst in den Dienst der österreichischen Sache zu stellen. Auch der Kurfürst von der Pfalz wurde gewonnen; dazu half vornehmlich dessen Bruder, Pfalzgraf Friedrich. In Köln gelang es dem Grafen von Nassau, den Erzbischof zu gewinnen. Schließlich schlug sich auch der König von Böhmen, nachdem er die Aussichtslosigkeit seiner Kandidatur eingesehen, zur österreichischen Partei. Trier und Brandenburg waren dagegen trotz Versprechungen zu keiner entschiedenen Stellungnahme zu gewinnen. Als völlig unzugänglich erwies sich der Kurfürst von Sachsen; er verbot seinen Dienern sogar, Geschenke anzunehmen. Immerhin wußte man von ihm, daß er seine Stimme nicht Frankreich geben würde. Hatte doch der junge König von Spanien erklärt, wäre er nicht deutscher Herkunft, so würde er einen Anspruch auf die Kaiserkrone nicht erheben; aber der wahre Stamm und die erste Blume seines Adels komme von Österreich. Im übrigen sparte man auch auf dieser Seite nicht mit Geld, sondern gab es ebenso freigebig wie auf der französischen Seite, der — bezeichnenderweise — das Augsburger Wedislerhaus der Fugger die Dienste versagt hatte. Den Österreichern kam denn auch sichtlich das nationale Moment in ihrer Propaganda zu Hilfe. Ranke28 weist auf den Ausspruch eines päpstlichen Abgeordneten hin, ein jeder würde es am Ende für eine Schande halten, von Frankreich Geld zu empfangen, von König Karl Geld zu nehmen, scheine dagegen nichts bedenkliches zu haben. Wir haben gesehen, daß Papst Leo X. zunächst den Kurfürsten von Sachsen im Auge hatte. Dann wandte er seine Sympathien dem König von Frankreich zu. Seine Unterstützung förderte die Interessen desselben in erster Linie bei den rheinischen Kurfürsten, die sich vor der Gewalttätigkeit und Rache Franz I. fürchteten, falls sie sich widersetzlich zeigten. Es ist ein Breve erhalten ge-
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blieben, in welchem der Papst Franz I. verspricht, seine ganze Autorität einzusetzen, um ihm zur Kaiserwürde zu verhelfen. Denn er halte ihn wegen seiner Macht und seiner Eigenschaften für den Fürsten der Christenheit, von dem sich am ehesten erwarten lasse, daß er den drohenden Angriffen der Ungläubigen Widerstand leisten werde29. Er stellte deshalb auch den Kurfürsten von Köln und Trier den Kardinalshut als Entgelt für ihre Hilfe in Aussicht. Außerdem versprach man dem ehrgeizigen Kurfürsten Albrecht von Mainz die Würde eines päpstlichen Legaten im deutschen Reiche; und Leo X. stand nicht an, dieses Versprechen schriftlich „beim Worte eines wahren römischen Papstes" zu bekräftigen. Mehr noch: Leo X. warnte geradezu vor der Erhebung des Königs von Spanien, der bald mit ihm, dem Papst, in Streitigkeiten geraten werde. Er und Italien, ließ der Papst durchblicken, würden die Erhebung Karls nicht dulden. Durch einen Legaten ließ er außerdem anläßlich einer Zusammenkunft der rheinischen Kurfürsten diese auffordern, den König von Neapel nicht zu wählen, denn Neapel gehöre der römischen Kirdie. Er hat damit allerdings seinem Kandidaten mehr geschadet als genützt. Als schließlich der Erzbischof von Mainz einem päpstlichen Legaten offen heraus erklärte, er wolle den König von Frankreich nicht, und die Wahl werde auf Karl von Spanien fallen, als ferner einige Ritter und Herren dem Legaten drohten, ihn aus Deutschland zu entfernen, falls er nicht aufhöre, gegen den König von Spanien zu wühlen, fand auch der Papst, man solle nicht mit dem Kopf gegen die Wand rennen und gab schließlich auch seinerseits seine Zustimmung zur Wahl des Spaniers. Ob wirklich aus eigenem Willen, bleibe dahingestellt. Jedenfalls rühmte sich später Papst Clemens VII., er habe Leo dazu bewogen, der Wahl Karls V. nichts in den Weg zu legen und die alte Konstitution aufzuheben, vermöge welcher kein König von Neapel zugleich Kaiser sein dürfe30. Inzwischen hatte sich der König von Frankreich aber seine Chancen bereits selbst verdorben. Mit französischem Geld hatte Herzog Ulrich von Württemberg ein Heer zusammengezogen. Mit Hilfe des Herzogs von Lüneburg schickte er sich an, an allen seinen Feinden Rache zu nehmen. Aber mit dieser Politik hatten die Franzosen das falsche Register gezogen. Ulrich war es zwar gelungen, 16 000 Schweizer zu werben, die er gegen den Schwäbischen Bund zu verwenden gedachte. Aber diesmal hatte die eifrige französische Propaganda bei den Eidgenossen nicht verfangen. An der Tagsatzung waren zwar bereits französische Gesandte erschienen, um die Unterstützung der Eidgenossenschaft für die Wahl Franzi, nachzusuchen. Statt dessen aber beschloß die Tagsatzung nach heftigem Für und Wider unter dem hauptsächlichen Einfluß des Kardinals Schiner, sich der Erhebung des französischen Königs zum deutschen Kaiser zu 3»
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widersetzen. Frankreich wäre ihnen offenbar zu mächtig geworden. Während die alten Einigungen mit Österreich erneuert wurden, erhielten die zum Herzog von Württemberg abgerückten Truppen den scharfen Befehl zurückzukehren. Die Franzosen hatten sich getäuscht, als sie versuchten, ihre Zwecke durch die Begünstigung des inneren Krieges zu erreichen. Die Dinge nahmen im Gegenteil eine entschiedene Wendung zugunsten Österreichs, dessen Bevollmächtigte nun mit größter Energie zu Werke gingen. Eine Zeitlang schien es, als wolle der König von Frankreich seine Absicht mit Waffengewalt erzwingen; er sammelte Truppen in der Champagne. Ganz Niederdeutschland regte sich, und die Kurfürsten von Trier und Brandenburg standen der Unternehmung ebenfalls nicht fern. Dagegen hatten die Unterhandlungen mit den Kurfürsten von Köln und der Pfalz keinen Erfolg. In Frankreich selbst war die Begeisterung für einen Feldzug in diesen Interessen des Königs ebenfalls nicht besonders groß. Jedenfalls unterblieb er. Denn fast gleichzeitig hatten die deutschen Stände den Erzherzog Karl von Österreich, Prinzen von Burgund, König von Spanien, zum Kaiser gewählt. Der König von Frankreich hatte keine Stimme. Die Episode gab uns Einblick in eine sonderbare Mischung von Propagandamethoden: Wir sahen reichliche Geldmittel fließen, nicht nur in die Taschen der hochgestellten direkt Beteiligten, sondern an ihre Angehörigen und Berater, deren Einfluß wichtig war. Es ist notwendig, in diesem Zusammenhang wiederum auf Jakob Fugger, den man „den Reichen" nannte, zurückzukommen. Denn seine Rolle bei dieser Wahl war einer der entscheidenden Faktoren. Er war der erste, der sich den politischen Geldbedarf der Fürsten geschäftlich in großem Stil zunutze machte81. Denn seine Tätigkeit erstreckte sich über ganz Europa, und er erfreute sich auch bei der Kurie hohen Ansehens. Die Medici hatten damals den Höhepunkt ihrer Macht bereits überschritten. Die Fugger ihrerseits wußten die Finanzgeschäfte der Kurie ausgezeichnet zu führen. „Die Einnahmen aus den Ablaßgeldem sind für Jahre hinaus sichergestellt, denn die Organisation des Ablasses ist großartig. Wenn, nach vorangegangener Werbung und Predigt, die Kästen in den Kirchen gefüllt sind, werden sie in die Sakristeien oder zum Bischof gebracht. Keiner darf sie unter Androhung des Bannstrahls öffnen. Dann kommt ein Beauftragter der Fugger, öffnet die Behälter, streicht die eine Hälfte für seinen Herrn ein und leitet die andere Hälfte nach Rom weiter32." Schon Kaiser Maximilian hatte das Bankhaus der Fugger kräftig in Anspruch genommen. Die höchste Summe, die ein einzelner Kaufmann jemals im 15. und 16. Jahrhundert aufbringt, nämlich 543 585 Gulden (was in heutigen Werten ungefähr 60 Millionen Mark ausmachen würde), stellte Jakob Fugger für die Wahl Karls V. 1518/19 zur Verfügung. Zur
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gleichen Zeit hatte Jakob Fugger einen Wechsel des französischen Königs über 300 000 Ecus nicht angenommen. Man darf deshalb mit Wagenführ sagen, daß nach der Wahl Karls V. eine weltpolitische Entscheidung durch die Macht des Geldes — welches die propagandistische Mühle auf Hochtouren hatte laufen lassen — gefallen war. Es war ein Drittel seines Vermögens gewesen, das Jakob Fugger in die Wahl investiert hatte. 1521 legte er dem Kaiser auf dem Reichstag zu Worms die Rechnung vor. Sie lautete auf 600 000 Gulden33. Statt einer Rückzahlung verlangt dieser erneut Geld, wird aber schroff zurückgewiesen. 1523 wird Fugger deutlich34, als er an den Kaiser schreibt: „Es ist auch wissentlich, daß Ew. kay. Majestät die Römisch Cron ausser mein nicht hette erlangen können... So hab ich auch hierin mein aignutz nit angesehen; denn wo von dem hauss Oesterreich abstehen und Frankreich fördern hette wollen, wolt ich gross guott und gelt erlangt haben." Aber es dauerte noch Jahre, bis der Kaiser seine Propaganda-Schulden schließlich zahlte, obwohl zu sagen ist, daß das Haus Fugger trotzdem kein schlechtes Geschäft dabei machte. Es wurde aber auch mit neuen Gerechtsamen, wie mit verwandtschaftlichen Verbindungen, bestehenden und erst projektierten, gehandelt. Daneben spielte natürlich auch das System der politischen und kirchlichen Verbindungen, wie wir sie aus zahlreichen Beispielen früherer Zeit kennen. In Verbindung mit dem Mißbehagen, welches die Bemühungen des päpstlichen Legaten für Franz I. ausgelöst hatten, machte sich gleichzeitig auch die Abneigung gegen den römischen Stuhl erneut und stark bemerkbar und äußerte sich in propagandistischen Satiren, die vom Hofe des Kurfürsten von Mainz ausgingen. Immerhin wurde dadurch die Ruhe nicht gestört, denn damals war ein Kampf gegen die römische Kirche noch keineswegs beabsichtigt.
DIE AUSEINANDERSETZUNG BEGINNT Er sollte allerdings nicht lange auf sich warten lassen. Provoziert von seinem Widersacher Eck willigte Luther in die Disputation von Leipzig ein. Eck, ein namhafter Gelehrter seiner Zeit, war weit gereist und hatte sich durch seine Eignung zur Disputation einen gewissen Namen gemacht. Er betrachtete sie mit den Augen eines geübten Fechters, als den Schauplatz eines unfehlbaren Sieges; er wünschte seine Waffen nur immer auf neuen Turnieren zu erproben34. Im übrigen unterwarf er sich grundsätzlich dem Urteil der kirchlichen Gewalt und war mit seinem großen Rednertalent deshalb zweifellos ein wertvoller Streiter für den römischen Stuhl.
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An der Leipziger Disputation sollte, neben vielen anderen wichtigen Lehrmeinungen über die Geheimnisse des Glaubens, auch die Frage erörtert werden, ob das Papsttum von Gott eingesetzt oder eine menschliche Einrichtung sei. Luther konnte aber seine Behauptung, der Primat des Papstes schreibe sich erst von den letzten vierhundert Jahren her, nicht aufrecht erhalten, zumal damals noch keine Kritik die falschen Dekretalen erschüttert hatte. Andererseits zeigte sich Luther in der Erörterung der griechischen Kirche überlegen, die den Papst nie anerkannt habe und doch nicht als ketzerisch erklärt worden sei; sie gehöre Christo so gut wie die römische. Das Entscheidende der Disputation aber lag darin, daß Luther schließlich die Autoritäten der römischen Kirche in Sachen des Glaubens nicht mehr anerkannte. Er identifizierte sich außerdem in mancher Beziehung mit Hus. Zu dieser Zeit stand Luther längst nicht mehr allein. Allenthalben meldeten sich Freunde; so auch Philipp Schwarzerd (Melanchthon) und Ulrich von Hutten. Melanchthon war auf Grund einer Empfehlung seines Onkels Reuchlin an die Universität Wittenberg gekommen, und bald verband ihn restlose Ubereinstimmung mit Luther, der bei ihm griechisch lernte. Schon 1519 trat Melanchthon mit einigen kleineren Schriften hervor, in deren einer er die sieben Sakramente als ein Nachbild jüdischer Zeremonien bezeichnet und die Lehre von der Unfehlbarkeit des Papstes als eine Anmaßung gegen die Schrift und gegen den gesunden Menschenverstand brandmarkte. Hutten veröffentlichte ungefähr gleichzeitig seine Satire „Der abgehobelte Eck". Luther seinerseits gibt Mitte 1520 seine Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung" heraus, ursprünglich für Kaiser Karl V. bestimmt, schon im August dank der Druckerpresse aber in aller Hände. Wenige Monate später wendet er sich mit der Publikation „De captivitate babylonica ecclesiae praeludium" an die Theologen. In der Schrift an den Adel setzt sich Luther mit dem Verhältnis der geistlichen und weltlichen Gewalt auseinander, ferner mit dem vermeintlichen alleinigen Recht des Papstes zur Auslegung der Schrift und mit dem päpstlichen Anspruch, allein ein Konzil einberufen zu können. Er knüpft daran eine Reihe praktischer Vorschläge zur Verbesserung der kirchlichen Verhältnisse. In der Schrift an die Theologen gilt der Hauptkampf der Messe, bei welcher der Wert auf Gebete und den Glauben und nicht auf „Zauberei" zu legen sei. Hutten seinerseits verfaßte in dieser Zeit einige Dialoge, in denen der päpstliche Legat verhöhnt, die Mißbräuche und Anmaßungen der Kurie gebrandmarkt und der römische Hof geschildert wird, den er als einen Abgrund religiös-sittlichen Verfalls darstellt, von welchem man sich um Gottes und des Vaterlandes willen losreißen müsse. Er veröffentlicht auch eine alte Apologie Heinrichs IV. und weckte damit die Erinnerung an die großen Kämpfe gegen
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wesen. Nicht umsonst ist der Teil von der Inquisition zum Teufelsschützen gemacht und verdammt worden. „Kaiser und Papst nahmen also die Teilgestalt als Wahrbild des zu sich selbst gekommenen, auf sich selbst gestellten Menschen ernst. Der freie Mann, .beider Schwerter Genoß', der Rebell gegen Kaiser und Papst, wird als zauberischer Gottesfrevler und Ketzer behandelt, aller Teufelskräfte und Künste mächtig; wer ihn aufnimmt, zu ihm hält und sich seiner Hilfe bedient, ist der Gottlosigkeit mitschuldig und derselben Strafe verfallen..." Nicht nur vom Norden, aus dem Reich tönt es schlecht gegen die „herten selbstgewaltigen, herrenlosen puren", die Abtrünnigen, sondern auch von Westen und Süden. Im Reiche sprach man von ihnen als Kirchenschändern und Ketzern par excellence, als „bös Christen und Ungeziefer". Auch aus Rom vernahm man ähnliches; hatte doch der Erzketzer Arnold von Brescia bei den Eidgenossen eine nachhaltige Wirkung auszulösen vermocht. Immer wieder sah sich die Kirche genötigt, gegen die Herde der Ketzerei in den Ländern der Eidgenossen Maßnahmen der Dämpfung durchzuführen. Clemens VII. sandte 1530 den Franziskaner Borell als Inquisitor nach Genf. Obwohl der Mönch Hunderte von Menschen verbrennen ließ, war er noch im Jahre 1593 nicht mit seinem Auftrag zu Ende gekommen. Immer wieder wurden Worte und Taten dieser „Söhne der Verdammnis, Feinde Gottes, der Kirche und des römischen Reiches", wie Gregor XI. die Schwyzer in einem Schreiben 1473 benennt, nach Rom gemeldet. Und sogar Luther muß die reformierten Eidgenossen als die Aufrührer und Ketzer gegen die „reine Lehre" empfunden haben; schleuderte er doch 1529 zu Wittenberg Ulrich Zwingli den Satz entgegen: „Ihr habt einen andern Geist als wirl" und: „Ich bitte Gott, daß er Euch bekehren möge." Und als das Drama an Zwingli sich erfüllt hatte, äußerte sich Luther:
Der Text des Plakates von Jacques Gruet. (Zu nebenstehender Abbildung 19) „Gro panfar te et to compagnon gagneria miot de vo queysi. Se no fatte enfuma, i n'y a personna que vo garde qu'on vo mette en tas. Lua que pey, vo mauderi l'oure que jamet vos salistes de votra moinnery. Et me zuit prou blama quin Diablo et tot su fottus prêtres renia no vegnon ici mettre en ruyna. Apres qu'on a prou endura on se revenga. Garda vo qu'i ne vo n'en pregne comme i fit à Mosieur Verle de Fribor. No ne vollin pas tant avay de metre. Nota bin mon dire!" In deutscher Sprache: „Du geschwollener Heuchler! Du und Dein Genösse würdet Euch nun besser stille halten. Denn wenn Ihr uns in Wut bringt, wird Euch niemand davor bewahren, zum Schweigen gebracht zu werden. Es scheint mir, daß Ihr bald einmal die Stunde verfluchen werdet, da Ihr die Kutte abgeworfen habt. Lange genug habe ich nun getadelt, daß der Teufel und alle seine verfluchten und gottlosen Priester hergekommen sind, um uns zu verderben. Die Geduld hat nun ein Ende, es naht die Rache. Seid auf der Hut, daß es Euch nicht ergehe, wie dem Herrn Werly aus Fribourg (der umgebracht wurde). Wir wollen nicht so viele Lehrer. Laß es Dir wohl gesagt sein!"
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„Zwingli ist gestorben wie ein Mörder; denn er hat die andern zu seinen Irrlehren zwingen wollen und ist in den Krieg gezogen und erschlagen... Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen I Hatt ihn Gott selig gemacht, so hatt er s außerhalb der Regel getan." Von katholischer Seite wird gegen die Eidgenossen dasselbe Vokabularium verwendet, welches wir aus den mittelalterlichen Kämpfen zwischen Kaiser und Papst bereits kennen. Denn die Eidgenossen sind eben „superbi" im Sinne des heiligen Augustin, also Übermütige, Hochmütige und vom Satan Verführte. Wir haben darüber ja bereits genügend gehört, um nochmals darauf eintreten zu müssen. Jedenfalls hat die in jenen Zeiten gegen die Eidgenossen geschürte Stimmung sich durch Jahrhunderte gehalten. Das hindert allerdings nicht, daß Tausende von Eidgenossen auch für päpstliche Dienste geworben wurden. Es wäre reizvoll, einmal den Propaganda-Methoden nachzugehen, welche die mächtigen Nachbarn der Schweiz damals angewendet haben, um sich die Schlagkraft der eidgenössischen Söldner zu sichern. Zwingli wetterte ja besonders dagegen, was nicht hinderte, daß Kardinal Schiner sogar in Zürich erfolgreich Krieger werben konnte. Das Geld spielte sicherlich bei diesen Machenschaften eine Hauptrolle; doch wissen wir auch von dem Netz von Agenten, welche auf dem Gebiete der Eidgenossen ihrem Geschäft oblagen. De Vallière60 schildert, wie „ein paar geschickt gedrehte Lobreden, die Versicherung der Freundschaft Seiner Majestät (Heinrich IV. von Frankreich), ein schmeichelhaftes Schreiben an ,seine herzlieben Freunde und Bundesgenossen, guten Gevattern und hochedlen Herren des eidgenössischen Bundes', eine üppige Verteilung von Halsketten des Heiligen Michael und von Adelstiteln" wirkten81. Er erzählt auch, wie gewisse in ihren Orten hochgestellte Persönlichkeiten fette Pfründen und Pensionen bezogen, während ihre Landsleute sich in fremden Diensten schlugen; er verweist auf die geheimen Agenten und andere „Spender königlicher Freigebigkeiten", vom Einfluß in den Räten und von der sehr aktiven Propaganda, welche bei jeder Bündnisemeuerung getrieben wurde. Allerdings war diese Propaganda für Kriegsdienste keine typisch auf die Schweiz beschränkte Erscheinung; sie wurde vielmehr in den verschiedensten Ländern getrieben, wenn die großen Herren für ihre Händel Truppen benötigten. Und sie ist — in etwas andern Formen — bis heute nicht ausgestorben. Indessen können wir unsern Blick nicht von der Schweiz abwenden, ohne Calvins gedacht zu haben, der aus Genf den Mittelpunkt einer neuen Reformationspropaganda gemacht hat. Jean Cauvin (Calvinus) ist in der Pikardie geboren, also Franzose. Er ist aus der Reformationsbewegung seines Vaterlandes hervorgegangen, nur daß er tiefer unrd entscheidender von Luthers
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Verständnis des Paulinischen Christentums erfaßt worden ist als seine humanistischen Freunde' 2 . Früh geistlichen Standes, studierte er später Jura und trat durch humanistische Schriften hervor. 1534 mußte er aus Frankreich fliehen und wurde dann durch Farei dazu bewogen, in Genf zu bleiben. Inzwischen war bereits Calvins „Institutio" erschienen („Unterricht im Christentum, religionis christianae institutio"), welche den Verfasser in der protestantischen Welt berühmt machte. Das Buch wurde in der Folge, stark erweitert und übersetzt, zu einem großartigen Denkmal evangelischer Lehrbildung der Reformationszeit. Zunächst ging in Genf nicht alles nach Wunsch. Die erste entscheidende Tat Calvins war die Aufstellung der „articuli de regimine ecclesiae", welche 1. die Wiedereinführung der biblischen Zucht, die durch standhafte Männer über die einzelnen Quartiere der Stadt unter Oberaufsicht der Prediger auszuüben sei, 2. die Beschwörung eines Glaubensbekenntnisses durch sämtliche Einwohner, damit man „erkenne, welche sich zum Evangelium halten und welche lieber dem Reiche des Papstes als dem Reiche Christi angehören wollen", forderte. Doch stießen diese Maßnahmen auf starke Opposition, als deren Folge Absetzung und Verbannimg über die Prediger ausgesprochen wurde. 1538—1541 weilte Calvin deshalb in Straßburg, während Farei wieder in Neuenburg amtete. Hier erschien Calvins Römerbriefkommentar als erstes Glied einer über die ganze Bibel sich erstreckenden Reihe von Schriftauslegungen". Von Straßburg aus nahm er auch an den drei Religionsgesprächen von Hagenau, Worms und Regensburg teil. „Hier bildete sich trefflich der politische Reformator, der die weltgeschichtliche Lage des Protestantismus überschaute, als er virtuos mit den Großen dieser Erde zur Förderung des Reiches Christi zu verkehren wußte!" Infolge der politischen Verwicklungen erfolgte 1541 Calvins und seiner Getreuen Rückberufung nach Genf. Jetzt hat Calvin freie Hand für seine inzwischen gereifte Theokratie, deren Lehre allerdings nicht erlösende Botschaft, sondern forderndes Aufgebot ist*4. „Calvins Gott ist ein strenger und erhabener, ein herrschender Gott. Wenn Luther die Liebe und die Gnade Gottes, die den gläubig vertrauenden Sünder aufhebt, gepriesen hatte, so betonte Calvin die Majestät und die Ehre eines unnahbaren, eines nicht väterlichen, sondern königlichen Gottes. Wie der Mensch selig werde, dieses persönliche Erlösungsproblem hatte Luther tief innerlich beschäftigt; daß der Mensch der Ehre Gottes diene, als ein Soldat, der sich selbst nicht achtet, forderte Calvin. Kampf und Arbeit sind die Gebote, Mission, Leistung, Erfolg die Ziele." So macht Calvin seine Gefolgsleute zu Kämpfern seines Gottes, zu Propagandisten seines Glaubens, wie er die Aufsicht über die Kirchenzucht bis in die Interna der Familien hinein aus5 Buchli II
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üben ließ, zum Teil durch Ausfragen der Kinder und Dienstboten über Eltern und Herrschaften, im Notfalle sogar durch bezahlte Spione65, damit ein System einführend, das allerdings bekannte Vorläufer hat, aber audi bedenklich an Methoden unserer jüngeren europäischen Vergangenheit erinnert. Danach waren auch seine Strafen; wer der Ehre Gottes zuwider ist und seine Souveränität nicht bedingungslos anerkennen will, ist auszurotten. Calvin übernimmt von seinen katholischen Antipoden auch den kirchlichen Bann. Ein Jacques Gruet, der sich erlaubte, ein Plakat gegen Calvin anzuschlagen, wurde enthauptet. Ein anderer Gegner, der Spanier Servet wurde lebendig verbrannt. Auch andere Widersacher fielen durch die Hand des Henkers. Zur Ausbreitung seiner Lehre gründete Calvin schließlich die Akademie von Genf, an welcher zahlreiche seiner Gesinnungsgenossen wirkten. Diese Akademie, an welcher spartanische Einfachheit und Strenge herrschte, ward das große Missionshaus des Calvinismus für Frankreich, Holland, England, Schottland und Ungarn: Im fanatischen Haß gegen alles Katholische — berichtet Schwegler86 — übertrafen diese Sendlinge bei weitem die Anhänger Luthers und Zwingiis. Und Naef" fügt bei: „Das calvinistische Genf wird ein Tatzentrum ohne gleichen. Das Staatsleben Europas wird von hier aus über sehr weite Strecken des Raumes und der Zeit die tiefsten Einwirkungen dieser religiösen Geistesmacht erfahren." Wenn wir den Gründen dieser außerordentlichen propagandistischen Wirkung der Lehre Calvins nachgehen, so finden wir als entscheidend, daß „der Wille Gottes, wie im Leben dieses Mannes, so in seinem Denken, die majestätische, alles beherrschende Kraft war88". Er hat „den Kampf des Gottesvolkes gegen den Götzendienst der Papstkirche mit alttestamentlichem Eifer und romanischem Fanatismus gepredigt und so ein martertrutzendes Heldengeschlecht wider die Gegenreformation großgezogen". Zur Fanatisierung der calvinistischen Kämpfer hat zweifellos dessen Prädestinationslehre beigetragen, nach welcher Gnade unverdiente Barmherzigkeit, Verdammung aber wenn auch unbegreiflicher so doch gerechter Urteilsspruch bedeutet; denn durch sie mußten sie davon durchdrungen sein, zu den Erwählten zu gehören. In der Schweiz konnte der Calvinismus außerhalb der Genfer Gemarkungen niemals ernstlich weiteren Boden gewinnen. Dagegen war Calvins Sinn von Anfang an auf die Gewinnung Frankreichs gerichtet. Dort wurde denn auch die Propaganda unter Ausnützung aller möglichen Beziehungen und politischen Konstellationen mit großem Geschick geleitet. 1559 zählte man in Frankreich bereits 72 Gemeinden, wenig später waren sie auf 2150 angewachsen. Erfolgreich war, allen widrigen Umständen zum Trotz, auch die Mission in den Niederlanden. In England begann der Einfluß der calvinistischen Reformation
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seit der Thronbesteigung Edwards VI. Hier wirkte die Persönlichkeit eines John Knox, welcher später auch in Schottland, seiner Heimat, den Umschwung herbeiführte, indem er den dynastischen Gegensatz des Adels gegen die klerikale Regentschaft propagandistisch in geschickter Weise auszunützen verstand. Dort wird er allerdings als Folge der Adelsverschwörung des Jahres 1546 gefangen gesetzt und auf die Galeeren verschickt. Nach zwei Jahren freigelassen, studierte er zunächst in Genf, um dann erneut als Streiter gegen das „Antichristentum" in seiner Heimat aufzutreten. Doch wieder mußte er weichen. Jetzt organisierte er seine Propaganda von Genf aus zunächst auf politischem Boden durch seinen „ersten Trompetenstoß wider das monströse Weiberregiment", eine Schrift, in welcher er Recht und Pflicht des Volkes zum Widerstand gegen die gottwidrige Obrigkeit aus der Bibel beweist. Seine Tätigkeit führte bekanntlich zum Bürgerkrieg, der mit der Annahme der „Confessio Scoticana" endigte. Calvins Lehre konnte aber auch in Deutschland einigen Boden fassen, dorthin gebracht vor allem durch Holländer, Franzosen und Engländer. Auch in Ostfriesland und am Niederrhein bildeten sich calvinistische Gemeinden; die letzteren fanden schließlich den Schutz des Kurfürsten Friedrich III. von Hessen, der sogar die Universität Heidelberg mit calvinistischen Professoren besetzte. In den slavischen und magyarischen Kirchen fand Calvin mit seiner aristokratischen Art vor allem unter dem ausschlaggebenden Adel Sympathien, weil das reizbare Nationalgefühl sich lieber den romanischen als den deutschen Einflüssen erschloß und die größere Schärfe des Gegensatzes gegen Rom dem Volkscharakter mehr zusagte1". Im weiteren drang die calvinistische Propaganda bis nach Polen und Siebenbürgen vor. Für die Verbreitung des Protestantismus in Frankreich war namentlich Farei tätig, der in Genf, also in nächster Nähe der französischen Grenze, ein Organisationszentrum aufbaute. Dorthin ließ man geeignete Propagandisten kommen, und von dort aus begann sich alsbald ein Strom von Bibeln, Erbauungsbüchern und Streitschriften über Frankreich zu ergießen. Von Genf aus wurde zunächst auch ein engerer Zusammensdiluß der zahlreichen in Frankreich bestehenden Gruppen angestrebt. Gleichzeitig wurden aber auch Deutschland und England zur Mitarbeit aufgefordert. Auch in Antwerpen entwickelte sich ein wichtiges Zentrum, von welchem aus protestantische Literatur nach Frankreich gelangte und von wo aus ebenfalls Prädikanten entsandt wurden. Andere gelangten über die französischen Häfen ins Land. Natürlich bildete die Predigt, wie wir das auf katholischer Seite immer wieder sehen konnten, das zentrale Mittel der Propaganda. Denn die Kanzel war nach wie vor die große Schule des Volkes, von welcher aus die kühnen 5·
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Redner mit Belehrung, Kritik und Spott wirkten. Unter diesen Predigern fanden sich zahlreiche Mönche, die den neuen Glauben angenommen hatten und die sich besonders dazu eigneten, das katholische Gedankengut zu zerpflücken. Ihnen stand auch die Sprache des Volkes zu Gebot, und ihre Tätigkeit führte zu immer häufigeren Kontroversen im Volk. Edikte und gerichtliche Verfolgungen waren in ihrem blutigen Kampf gegen die Häresien nahezu erfolglos. Als sehr probates Mittel erwies sich im theaterfreudigen Frankreich das Theater, denn es gab kaum eine Stadt, in welcher man nicht Mysterienspiele, Farcen und Schwänke aufführte. Diese Theaterleidenschaft machte man sich damit zunutze, indem das neue Christentum audi in die Schauspiele eingeschmuggelt wurde. Außerdem entstanden zahlreiche neue Stücke; alte wurden abgeändert und überarbeitet, wobei jede antiklerikalistische Möglichkeit ausgenützt wurde, um die katholischen Kleriker der Lächerlichkeit, ja der Verachtung preiszugeben. Die Stücke wurden in Neuchâtel oder Genf gedruckt und über die Grenze geschmuggelt. Als die Akteure immer kühner wurden, trat ihnen nicht nur die Zensur, sondern auch der Scharfrichter entgegen. Das Lied bot ebenfalls eine gute Propaganda-Gelegenheit. Es spielte ja im alten Frankreich immer eine große Rolle und eignete sich deshalb ausgezeichnet als Kampfmittel, und man verschmähte es auch nicht, häretische Texte zu bekannten ausgelassenen und leichten Melodien zu verfassen, eine Methode, die sich in unserer Zeit auch bei der Heilsarmee bewährt. Immerhin blieben die Psalmen das bevorzugte Gesangbuch. 1539 gab Calvin seine erste Sammlung heraus, die 1543 durch den nach Genf geflohenen Dichter Marot vervollständigt wurde. Sie fand reißenden Absatz. Welche Rolle das Buch spielte, haben wir bereits gesehen. Neben Genf und Neuenburg sowie Antwerpen waren Basel, Straßburg und Frankfurt Zentren des protestantischen Buchdrucks. Doch wurden bald auch in Frankreich selbst protestantische Bücher gedruckt. Die Drucker unterlagen indessen bald einer heftigen Verfolgung. Trotzdem gab es immer wieder Geheimdruckereien, wo auch Plakate und kleine Schriften gedruckt wurden. Schließlich erreichten jedoch die Gegner vom König das Verbot der Ausübung der Buchdruckerkunst; später wurde für Paris und Lyon eine Ausnahme gemacht. Natürlich unterlagen alle Druckschriften der Zensur. Der Drucker mußte stets angegeben und sein Signet mitgedruckt werden. Für die Verbreitung von Büchern und anderen Drucksachen eigneten sich ausgezeichnet die fliegenden Buchhändler, die auch für den Schmuggel sorgten, unterstützt sogar von bekannten Kaufleuten. Die vielen Erzeugnisse der Druckereien in Kleinformat drangen leicht in die Familien und sogar in die Klöster und in die Schulen ein. Sehr oft wurde der Trick angewandt, ihnen
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CONCILIVM PAPAE
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fatis temere mefinon ctiam im/ pudenter de patientia compone re aufijm, cui priftáda: idoneus omnino non firn,ut homo nulli/ us boni.quâdo oporteat demon ftrationé Si cómendationé alicu/ ius rei adortos.ipfos prius in ad/ ' miniftratione eius rei deprehen/ di,Sí conftantiam cómonendi propria: conucrfationis auto rítate dirigcrc.ne di/6nc¿i ('Drttn'ina,™/-1 • nk'. miau» (Òdtuo Abb. 28. Ein Frankfurter Bücherverzeichnis über die Erscheinungen des Jahres 1592, erschienen in einem Messekatalog.
(Aus: S. H. Steinberg, Die Schwarze Kunst, 2. Aufl., München 1961.)
Morone, der 1536 nach Deutschland ging, bekam äußerst vorsichtige Instruktionen mit. Als der Bischof von Wien 1540 zu radikalen Maßnahmen riet, stimmte der Papst diesen Vorschlägen keineswegs zu. Vielmehr beabsichtigte er, bei der ersten sich zeigenden Hoffnung auf eine Aussöhnung eine nicht beleidigende Formel vorzulegen, welche bereits entworfen worden war. Zweifellos gab das Jahr 1541, in welchem das Regensburger Gespräch stattfand, dieser Hoffnung am meisten Raum. Auch der Kaiser wünschte dringend eine Versöhnung. Er selbst wählte die verständigsten und gemäßigsten Männer unter den katholischen Theologen, Gropper und Julius Pflug, zu dem Gespräch
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ausM. Der Papst sandte Gaspar Contarmi. Ihm stand der Nuntius Morone, Bischof von Modena, zur Seite; ferner Tomaso da Modena. Audi Luthers alter Widersacher Dr. Edc war zugegen. Von den Protestanten erschienen Butzer und Melanchthon. Außerdem kam Landgraf Philipp von Hessen nach Regensburg. Die päpstlichen Instruktionen an Contarini waren allerdings sehr zurückhaltend, denn er wollte wohl erst sehen, wie weit Contarini es bringe, ohne sich im voraus die Hände zu binden. Nach kurzer Zeit war eine Einigung über die vier Artikel von der menschlichen Natur, der Erbsünde, der Erlösung und der Rechtfertigung auf Grund eines vom Kaiser vorgelegten und von Contarini leicht abgeänderten Entwurfs vollzogen. Vom päpstlichen Primat wurde dagegen vorläufig nicht gesprochen. Luther jedoch, dem von dem Ergebnis der ersten Verhandlungen berichtet wurde, vermutete eine Falle seiner Gegner dahinter. Er wollte nicht daran glauben, daß die Lehre von der Rechtfertigung im päpstlichen Lager Anklang gefunden habe. Tatsächlich hatten die besprochenen Artikel auch in Rom großes Aufsehen verursacht. Es bildete sich denn auch bald eine theologische Opposition. Schlimmer aber wirkten sich die politischen Einflüsse aus. Franzi, von von Frankreich tat alles, um eine Verständigimg zu hintertreiben. Er fürchtete ein Anwachsen der Macht des Kaisers als Folge derselben. Auch in Deutschland machten sich Intrigen bemerkbar; so zeigten sich die Herzöge von Bayern einer Versöhnung abhold. Der Kurfürst von Mainz war ebenfalls dagegen. Alle diese katholischen Granden befürchteten einen Machtzuwachs der protestantischen Fürsten. Die Feinde Kaiser Karls V. fanden sich zusammen. Dessen Vorschlag, sich wenigstens bis auf weiteres in den verglichenen Artikeln an die gefundenen Formeln zu halten, in den übrigen auf beiden Seiten die Abweichungen zu tolerieren, fanden weder in Rom, noch bei Luther Zustimmung. So scheiterte das unternommene Werk. Damit ging „die Glaubenseinheit des christlichen Abendlandes in die Brüche; die Staaten blieben katholisch oder wurden protestantisch; ja, auf neugläubiger Seite in reicherer Differenzierung lutherisch, zwinglisch, kalvinisch, anglikanisch. Die Politik erhielt konfessionelle Vorzeichen; konfessionelle Verwandtschaft vermittelte staatliche Verbindung, konfessionelle Gegnerschaft wedcte politischen Kampf"95. Daß es nicht zu einer geschlossenen Aktion gegen den Protestantismus kam, soll nicht heißen, daß nicht früh allerhand Versuche zu dessen Bekämpfimg unternommen wurden. So kam 1524 der sog. Regensburger Bund zusammen, in welchem sich Erzherzog Ferdinand, die Herzöge von Bayern, der Erzbischof von Salzburg und andere Bischöfe zur Ausrottung der Ketzerei zusammentaten. Der Papst machte auch Versuche, einen norddeutschen Fürstenbund mit
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demselben Zweck zustande zu bringen. Da und dort, so in Österreich, Bayern, Salzburg, im vorderösterreichischen Schwaben und im Breisgau, wurde audi Gewalt angewendet. Vom gleichen Jahre 1524 datiert ferner das Abkommen der 5 Orte der Innerschweiz, auf päpstlichen Vorschlag geschlossen und mit dem Segen verschiedener Bischöfe versehen. Es führte sofort zu Gewalttaten. 1542 ward die Inquisition als Waffe gegen den Abfall ergriffen, als Waffe der Gegenreformation geschärft und gehandhabt M . In Italien wurde zunächst jede abweichende Meinung erstickt und die Einheit wieder hergestellt. Das war vornehmlich dem Kardinal Caraffa zu verdanken, der 1555, als Paul IV. Papst wurde, sich voll Eifer und Energie einsetzte, „der erste Pontifex, in dem sich die Gegenreformation verkörperte". Der Kaiser dagegen blieb weiterhin bei halben Maßnahmen. Im Sinne der planmäßigen Rückeroberung evangelischen Gebiets für den Katholizismus setzte die Gegenreformation allerdings erst mit dem Ende des Tridentinischen Konzils ein. Wir wissen, daß Clemens VII. sich gegen ein Konzil stets und heftig gewehrt hat; aber seit der Appellation Luthers an dasselbe im Jahre 1518 ruhte die Idee nicht mehr. Kaiser und Könige forderten es immer wieder. Paul III. stimmte ihm in einem Augenblick des Gegensatzes zum Kaiser zu. Dadurch hatte das Papsttum die Möglichkeit, gemäß seiner Auffassung der Reform den Verlauf des Konzils in drei Sitzungsperioden zu beeinflussen. So wurde es die Sammelstätte aller Kräfte der katholischen Reform. Auf jede Rücksichtnahme auf die Protestanten, wie dies der Kaiser gewünscht hatte, wurde verzichtet. Die Abwicklung der Geschäfte erfolgte 1. vom 13. Dezember 1545 bis 11. März 1547, 2. vom 1. Mai 1551 bis 28. April 1552, 3. vom 13. Januar 1562 bis 4. Dezember 1563. Wenn man die Ergebnisse dieses, als „Tridentinum" bezeichneten Konzils von Trient übersieht, so ist man erstaunt, daß wiederum Fragen erörtert wurden, welche in der vormittelalterlichen Zeit und im Mittelalter die Geister erregt hatten. Natürlich reichte die Frage des Vorgehens gegen die neugläubigen Ketzer in die Tiefen der religiösen Anschauungen hinab. Daneben aber erscheinen auch die alten kirchenpolitischen Angelegenheiten wieder auf dem Plan, der Widerstreit zweier Organisations- und Herrschaftsprinzipien: Der monarchischen und der kollegialen Gesamtorganisation der Kirche, der Kirchenleitung durch den Papst oder durch die Konzilien. Darin lebte die grundsätzliche Frage nach dem Wesen von Bischofsamt und Papsttum: Sind die Bischöfe selbständige, von Gott eingesetzte Hirten oder sind sie päpstliche, vom Papst gesetzte Verwalter? Die episkopale Idee war an den großen Reformkonzilien von Konstanz und Basel weit vorgestoßen; jetzt reagierte das Papsttum dagegen' 7 . Aber auch die alte Differenz zwischen der vom 7 Buchli II
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Papst gesetzten Universalität des Kirchenregiments und der Tendenz der Nationalkirchen kam zur Sprache. Die staatliche Souveränität wendet sich gegen die römische Kurie, welche mit Steuermaßnahmen, Rechtsprechung und Verwaltung sich in das Gefüge der Staaten einmischt. Dadurch tendieren die Staaten nach der konziliaren, episkopalen Theorie, durch die der Einfluß der Staaten allein gesichert ist. Die dogmatischen Entscheidungen begannen mit der Gleichstellung von Tradition und Schrift, also der Schriften der Kirchenväter, der Konzilsbeschlüsse und der päpstlichen Verfügungen mit der Bibel. Wir sahen bereits, daß die „Vulgata" als allein authentisch bezeichnet wurde. Was die Protestanten wollten, allein auf Offenbarung und Gebot der Bibel abzustellen, wurde also negiert. In Hinsicht auf die Lehre von der Rechtfertigung wurde jede an den Protestantismus anklingende Formulierung zurückgewiesen und ein vorsichtiger Durchschnitt der scholastischen Lehre zum Beschluß erhoben98. Weiter wurde an den sieben Sakramenten nach dem überlieferten Schema festgehalten. Fegefeuer und Ablaß wurden — in vorsichtiger Formulierung — als zum Dogma gehörende Stücke anerkannt, auch Reliquien- und Bilderverehrung sind unter Garantien gegen Mißbräuche festgehalten. Die eigentlichen Reformdekrete verlangen eine bessere Beaufsichtigung der Laien; das Volk soll häufiger beichten und kommunizieren und die Messe regelmäßiger besuchen. Für die Beaufsichtigung und theologische Bildung der Geistlichen werden organisatorische Bestimmungen erlassen. Die Bischöfe werden zur Gründung von Priestersemmaren verhalten. Regelmäßige Visitationen der Pfarreien etc. werden vorgeschrieben. Die Stellung der bischöflichen Gewalt wird zentralisierter als je zuvor. Das Verhältnis zur Papstgewalt wird nicht deutlich geregelt. Immerhin ist von Bedeutung, daß am Schluß der Sitzungen beschlossen wurde, die „confirmatio apostolica" einzuholen, was nicht weniger heißen will, als daß die monarchische Kirchenleitung durch den Papst unbestritten bleibt. Die Aspirationen der sich gegen den universalen päpstlichen Herrschaftsanspruch wendenden nationalen Staaten und Kirchen drangen nicht durch. Der Papst galt weiter als Autorität nicht nur über dem Konzil, sondern auch als einziger unmittelbarer Statthalter Gottes auf Erden, und die Bischöfe wurden gegenüber den weltlichen Gewalten gestärkt. Der Papst behielt sich das Recht der Auslegung aller Konzilsbeschlüsse vor und setzte eine Kardinalskongregation dafür und für die Durchführung der Beschlüsse ein. Rom verlangte sofort die Verpflichtung aller katholischen Christen auf die Glaubenssätze von Trient und ihren Gehorsam. Die Normen kennen wir: Katechismus, Brevier, Missale und Vulgata.
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Innerlich gestärkt nimmt also die Kirche den Kampf gegen die Reformation auf. Jede abweichende Meinung ist verdammt. Darüber muß man sich nach dem Vorangegangenen wundern. Jedoch wurde am Tridentinum bereits ein Geist spürbar, der die Gegenreformation im Sinne der planmäßigen Rüdeeroberung evangelischen Gebietes für den Katholizismus nun systematisch beeinflußte: Der Geist des inzwischen gegründeten Jesuiten-Ordens. Es waren die Jesuiten Salmerón und Lainez, die von Ignatius Loyola ihre Weisungen zur unnachgiebig-konservativen Haltung erhalten hatten, welche die Versuche einer dogmatischen Näherung an die Gedanken der Neuerer zum Verstummen brachte". Ihre ausgeklügelte Taktik der Beeinflussimg der anwesenden Theologen und Kirchenfürsten, ihre unermüdliche Beredsamkeit sicherte ihnen bald einen hervorragenden Einfluß. Sie bestritten kühn und unverhohlen das Recht des Konzils, Hand an die Reformation zu legen. Den beiden Spaniern stand der erste deutsche Jesuit, Canisius, zur Seite, welcher seinerseits außerhalb des Konzils die reformatorischen Tendenzen hintertrieb. Laynes kämpfte andererseits mit aller Energie für die Herrschaft des Papsttums; ihm sei alle Jurisdiktionsgewalt ganz und ungeteilt verliehen, und niemand in der Kirche besitze auch nur den geringsten Anteil daran, sofern nicht vom Papste selbst damit ausgerüstet. Es fehlte denn auch nicht an Stimmen, welche diese Argumentation als „einen Schandbrief der Kriecherei, teils als ein Machwerk, das bis zur Ketzerei ausarte" bezeichneten. Aber der Sieg war diesem Advokaten der Kurie nicht zu nehmen. Bevor wir jedoch der säkularen Schlacht folgen, die sich von der Mitte des 16. bis weit ins 17. Jahrhundert zwischen den beiden christlichen Lagern entsponnen hat, ist es unumgänglich, vorerst die Erorberungen des Protestantismus an sich vorüberziehen zu lassen. Denn ungeheuer waren die Verluste, welche der Katholizismus zur Zeit Papst Pauls IV. erlitten hatte. Man denke: Skandinavien und Britannien abgefallen; Deutschland fast durchwegs protestantisch; Polen und Ungarn in starker Gärung; Genf für den Westen und die romanische Welt ein so bedeutender Mittelpunkt wie Wittenberg für den Osten und die germanischen Völker! Und schon erhob sich, wie in den Niederlanden und in Frankreich eine Partei unter den Fahnen des Protestantismus'10. Papst Paul, der sich inzwischen in viele Kriege und Feindseligkeiten gestürzt hatte, war der Meinung gewesen, daß es nützlich für ihn sei, Kaiser und Könige zu unterwerfen. Es ist begreiflich, wenn er bei der sich schließlich ergebenden Bilanz schmerzlich ausrief, daß er „damit England verloren, das wir hätten erhalten können, wenn man Kardinal Poole besser unterstützt hätte; dadurch ist auch Schottland verloren gegangen; während des Krieges sind die deutschen Lehren in Frankreich eingedrungen". 7«
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Wirklich sah die Situation bedrohlich aus. In Deutschland nahmen die Protestanten eine gewaltige, kaum je mehr umzustürzende Stellung ein; im Norden war ihre Stellung noch dadurch verstärkt, daß ihre kirchliche Tendenz mit der Staatsgewalt selbst verschmolzen war; eben setzte sich dasselbe in England ins Werk. Wahrlich, die Propagandisten der neuen Lehre waren nicht müßig gewesen. Bis zu den letzten Sitzungen des Tridentinums waren die protestantischen Lehren unaufhaltsam diesseits der Alpen und Pyrenäen vorgedrungen; weit und breit, über germanische, slavische und romanische Nationen erstreckte sich ihre Herrschaft. In den skandinavischen Reichen hatten sie sich um so unerschütterlicher festgesetzt, als hier ihre Einführung mit der Gründung neuer Dynastien, der Umbildung der gesamten Staatseinrichtung zusammenfiel. Im Jahre 1552 erlagen die letzten Repräsentanten des Katholizismus in Island; zwei Jahre später wurde das lutherische Bistum Wiborg gegründet; den schwedischen Vögten zur Seite wanderten die evangelischen Prediger bis ins entfernte Lappland, um dort für ihre Lehre zu wirken. Ein Gustav Wasa machte die Treue zum Protestantismus seinen Nachfolgern gleichsam zur Bedingung ihrer Thronberechtigung, indem er in seinem Testament seinen Erben mit ernsten Worten einschärfte, mit ihrer Nachkommenschaft bei der evangelischen Lehre auszuharren und keine falschen Lehren zu dulden. Drüben in Polen wurden den großen polnisch-preußischen Städten 1557 und 1558 in ausdrücklichen Freibriefen die Erlaubnis zur Ausübung der Religion nach lutherischem Ritus bestätigt. Es kam so weit, daß die Protestanten auch im alten Polen bis in die bischöflichen Stellen vordrangen und unter dem zweifelsfrei katholischen Siegmund August sogar die Mehrheit im Senat bildeten. In Ungarn vermochte Ferdinand I. den Reichstag niemals zu Beschlüssen zu bringen, welche dem Protestantismus ungünstig gewesen wären. 1554 wurde dort ein Protestant zum Palatin des Reiches ernannt. Selbst dem helvetischen Bekenntnisse im Erlauer Tale mußten Vergünstigungen gewährt werden. Weiter südlich trennte sich Siebenbürgen ganz vom Katholizismus: Durch einen förmlichen Landtagsbeschluß wurden dort 1556 die geistlichen Güter eingezogen. Auch in durchaus katholischen Gegenden machte der Protestantismus Fortschritte. In Franken setzten sich die Bistümer vergeblich seinem Vordringen entgegen. In Bayern war ein großer Teil des Adels übergetreten und auch viele Städte neigten zur Lehre Luthers. Besonders weit war es in Österreich gekommen. Der Adel studierte in Wittenberg; alle Landeskollegien waren in Händen der Protestanten. Nach Ranke101 rechnete man, daß „vielleicht noch der dreißigste Teil der Einwohner katholisch geblieben sei. In der Hauptstadt wurde die Messe nicht mehr besucht und weder Fasten
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noch Feierlichkeiten gehalten. Am Rhein gab es in den Städten schon allenthalben eine protestantische Partei; in Köln machte sie sich durch zahlreiche Petitionen bemerkbar; in Trier besorgte man sich einen Prediger aus Genf und hielt ihn dem Kurfürsten zum Trotz; in Aachen strebte sie geradezu nach der Oberherrschaft. Die Mainzer trugen keine Bedenken, ihre Kinder in protestantische Schulen, so nach Nürnberg zu senden. Commendone, welcher im Jahre 1561 in Deutschland reiste, kann nicht genug Worte finden, um die lutherischen Fürsten und ihre Nachgiebigkeit gegen den Protestantismus zu schildern. Im westfälischen Münster galt mehr als ein Bischof für lutherisch gesinnt; die meisten Priester waren förmlich verheiratet." So war in ganz Deutschland von Westen nach Osten, von Süden nach Norden der Protestantismus im Besitz des unzweifelhaften Übergewichts. Der Adel war ihm von allem Anfang an zugetan gewesen; ein großer Teil des damals schon zahlreichen und angesehenen Beamtenstandes war bereits in der neuen Lehre erzogen; das gemeine Volk wollte jedenfalls von gewissen Artikeln, wie ζ. B. vom Fegefeuer, von Zeremonien, und von Wallfahrten nichts mehr wissen. Das klösterliche Leben zerfiel; niemand wagte sich mehr mit Reliquien hervor. Ein venezianischer Gesandter stellte 1558 fest, daß höchstens noch der zehnte Teil des Volkes dem alten Glauben treu geblieben sei. So zerfielen Besitz und Macht des Katholizismus. Dem Bistum Augsburg wurden 1557 alle Klöster in Württemberg entrissen. Auch in den Lehranstalten, namentlich auf den Universitäten, war die protestantische Lehre durchgedrungen. In Wien hatte seit vielen Jahren kein Zögling der Universität mehr die Priesterweihen genommen. Selbst in Ingolstadt, wo Edc, Luthers erbittertster Gegner, gewirkt hatte und das so vorzugsweise katholisch war, konnten für wichtige Stellen, welche bisher meistens durch Geistliche besetzt gewesen waren, keine geeigneten Bewerber mehr für die theologische Fakultät gefunden werden. Als der Kardinal Otto Truchsess in der ausdrücklichen Absicht, dem vordringenden Protestantismus Widerstand entgegen zu setzen, eine neue Universität in seiner Stadt Dillingen errichtete, die dank einiger ausgezeichneter spanischer Theologen einige Jahre blühte, mußte er es erleben, daß nach ihrem Weggang in ganz Deutschland kein Gelehrter zu finden war, um sie zu ersetzen. So drangen auch hier die Protestanten ein. So sah es im Norden und Osten Europas aus. Vielerorts lag der Katholizismus vollständig am Boden, besiegt und beraubt. Indem er sich bemühte, sich zu verteidigen, waren ihm tiefer im Süden und Westen bereits noch gefährlichere Gegner entgegengetreten: Der Calvinismus, „das Christentum des Schwerts", wie Friedeil 102 ihn nennt. Er verkörpert ja, ganz in mittelalterlichem
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Sinne, den geistlichen Staat, die Omnipotenz der Kirche, die immer der Traum des Papsttums gewesen war und ist durch seinen viel radikaleren Purismus der völligen Bildlosigkeit und der symbolischen Auffassung der Sakramente, weiter durch „seine nachdrückliche Betonung des republikanisch-demokratischen Elements und seine absolutistische Polizierung des Untertans, drittens durch seine humanistisch-kritische Behandlung der theologischen Probleme und vor allem durch seinen militanten, aggressiven, expansiven Imperialismus"108 viel moderner als das Luthertum. Der Calvinismus stand damit in noch entschiedenerem Gegensatz gegen die römischen Lehren als der lutherische Protestantismus. Und eben zu jener Zeit, von welcher die Rede ist, bemächtigte er sich der Geister mit fast unwiderstehlicher Gewalt. Wie die skandinavischen Reiche lutherisch, so war Britannien calvinistisch geworden. „Völker des Weltlebens und der Arbeit nehmen wohl die Religion aus den Händen der ekstatisch-kontemplativen Völker an und erfüllen sie allmählich mit ihrem Geiste. So noch bei der Reformation England und Holland, die keinen originalen Reformator hatten und doch an die Spitze des Protestantismus kamen", sagt Jacob Burckhardt104. Denn der Calvinismus hat sich in England sogar in entgegengesetzten Formen ausgebildet. In Schottland, wo die Calvinisten sich im Kampfe mit der Regierung erhoben, war die neue Kirche arm, populär, demokratisch; in England dagegen war sie reich, monarchisch, prächtig, denn sie war im Bunde mit der damaligen Regierung emporgekommen. Auch die französische Nation hatte mit der ihr eigenen natürlichen Lebhaftigkeit die Lehren ihres Landsmannes ergriffen. Allen Verfolgern zum Trotz richteten sich die französischen Kirchen nach dem Muster Genfs protestantisch ein; bereits im Jahre 1559 hielten sie eine Synode. Der venezianische Gesandte Micheli findet im Jahre 1561 „keine Provinz vom Protestantismus frei, drei Viertel des Reiches von demselben erfüllt — Bretagne und Normandie, Gascogne und Languedoc, Poitou, Touraine, Provence, Dauphiné". „An vielen Orten", sagte er, „in diesen Provinzen werden Versammlungen, Predigten gehalten, Lebenseinrichtungen getroffen, ganz nach dem Vorbilde Genfs, ohne alle Rücksicht auf die königlichen Verbote. Jedermann hat diese Meinungen angenommen: Was am merkwürdigsten ist, selbst der geistliche Stand, nicht allein Priester, Mönche und Nonnen — es möchte wohl wenig Klöster geben, welche sich unberührt gehalten — sondern die Bischöfe selbst und viele von den vornehmen Prälaten"105. Nur ein Teil des niederen Volkes besuchte die katholischen Kirchen noch. Uberall wirkten die Sendboten des Calvinismus und entfalten eine machtvolle Propaganda. Als derselbe Venezianer Micheli nach Genf kam, vernahm er dort, daß
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unmittelbar nach dem Tode Franz II. fünfzig Prediger von da nach den verschiedenen Städten Frankreichs ausgezogen waren; er ist erstaunt, welches Ansehen Calvin genießt und wieviel Geld ihm zugunsten der Tausenden zufließt, die nach Genf geflüchtet sind oder sich dorthin zurückgezogen haben. Er befürwortet unter diesen Eindrücken die Religionsfreiheit für die französischen Protestanten, wenn wenigstens man ein Blutbad verhindern wolle. Darauf erfolgte im Jahre 1562 das Edikt, welches dem Protestantismus, wenn auch unter empfindlichen Beschränkungen, eine gesetzlich anerkannte Existenz in Frankreich gewährte und seine Bekenner in den Frieden des Reiches aufnahm. Wenig anders stand es in den Niederlanden. Allerdings hatte dort Philipp II. als Nachfolger Karls V. seine antiprotestantischen Gesetze mit außerordentlicher Strenge gehandhabt. Aber alle Hinrichtungen, die besonders in den ersten Regierungsjahren Philipps in kaum glaublicher Zahl verhängt wurden — man hat damals berechnet, daß bis 1562 nicht weniger als 36 000 Protestanten, Männer und Frauen, umgebracht worden seien — vermochten nicht die Ausbreitung der neuen Lehre aufzuhalten 106 . Trotz allen Gewalttaten trat schon 1561 „eine förmliche Konfession hervor; man richtete Kirchen nach dem Muster von Genf ein; indem sich die Protestanten mit den örtlichen Gerechtsamen und deren Verfechtern verbanden, bekamen sie eine politische Grundlage, von der sie nicht allein Errettung, sondern für die Zukunft sogar Bedeutung im Staate erwarten durften." Erwähnen wir noch, daß Maximilian II. im Jahre 1562 die Märischen Brüder anerkannte, worauf diese in ihren Synoden 188 neue Geistliche erwählten; daß der Herzog von Savoyen gleichzeitig den Waldenser Gemeinden in den Bergen neue Freiheiten gewährte, so sehen wir, daß der Protestantismus innerhalb von 40 Jahren eine stattliche Eroberung gemacht hatte. Kein Wunder, daß sich angesichts derselben die katholische Kirche zu einer mit allen Kräften geführten Gegenaktion aufraffen mußte. „Die Reformation war für das (katholische) Christentum eine heilsame und notwendige Warnung, sie beendete ein gefährliches Sichgehenlassen", sagt Castella107. Nun, die katholische Kirche hat dieses Sichgehenlassen durch eine sehr energische Konzentration wieder gut gemacht. Es beruht deshalb zweifellos auf einem grundlegenden Irrtum, wenn derselbe Autor in der nun anhebenden Aktion nur eine Festigung der kirchlichen Lehre und Disziplin, aber keine eigentliche „Gegenreformation" sieht. Im Gegenteil nähern wir uns einem der schwärzesten Epochen der menschlichen Geschichte, die es verständlich macht, wenn Friedeil 108 bitter feststellt, daß wir dabei „auf die erschreckende Tatsache stoßen, daß in diesem gottverlassenen Jahrhundert, das als die große Epoche der Erneuerungen des Christentums gilt, die Christen überhaupt ausgestorben waren."
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DIE SOCIETAS JESU ALS KAMPFTRUPPE DES VATIKANS Man geht sicher nicht fehl, wenn man den Jesuiten-Orden als die treibende Kraft der Gegenreformation bezeichnet. Und mehr als dies: Von ihm ist der kämpferische Geist ausgegangen, der sich seit seiner Gründung durch die Propaganda-Organisation der katholischen Kirche in den folgenden Jahrhunderten bis auf den heutigen Tag hinzieht und dieser das Gesicht gibt: Kampf gegen die Irrlehre, gegen Ketzer und Häresien, Verbreitung des Glaubens und rastloser Einsatz für die Macht und die Herrlichkeit der katholischen Kirche sind seine Ziele von der Gründung an gewesen und geblieben. Der militante Geist der Jesuiten ist zweifellos auf die militärische Vergangenheit des Ordensgründers Ignatius von Loyola zurückzuführen, der bis zu seinem 30. Lebensjahr Offizier war. Er wurde bei der Verteidigung von Pamplona 1521 verwundet und mußte in der Folge auf die militärische Karriere verzichten. Auf dem Krankenbett — er war an beiden Beinen verwundet — begann er sich mit geisdicher Lektüre zu befassen. „Phantastisch von Natur, aus einer Bahn weggeschleudert, die ihm das glänzendste Glück zu verheißen schien, jetzt zugleich zur Untätigkeit gezwungen und durch seine Leiden aufgeregt, geriet er in den seltsamsten Zustand von der Welt", so schildert ihn Ranke109. Franziskus und Dominicus begeisterten ihn, und er fühlte sich versucht, „mit ihnen in Entsagung und Strenge zu wetteifern". Aber seine geistlichen Gedanken lehnten sich stets an seine Vergangenheit an; er strebte jetzt statt nach weltlichem nach geistlichem Rittertum. Große Taten schwebten ihm vor, wie diejenigen, durch welche die Heiligen so berühmt geworden; gleichzeitig wollte er aber noch schwerere Bußübungen übernehmen. In Montserrat und Manresa führte er längere Zeit ein Einsiedlerleben. Dort entstanden seine „geistlichen Übungen (Exercitien)", die ein moderner Kirdienhistoriker „das Exerzierreglement des kriegerischen Ordens" nennt. 1523 unternahm er eine Reise nach Palästina mit dem Zwecke, die Mohammedaner zu bekehren. 1524 stand er unverrichteter Dinge wieder in Venedig. Da er ohne Gelehrsamkeit und gründliche Theologie ist, auferlegt man dem 33jährigen Mann vier Jahre theologisches Studium in Alcala und Salamanca. Zufolge seiner auffallenden Tracht und seiner Predigten hat er sogar Schwierigkeiten mit der Inquisition. Nun siedelt er nach Paris über. Dort hält er sich von 1528 bis 1535 auf, um seine Studien an der damals berühmten hohen Schule zu beendigen. In Paris gewann er seine ersten Anhänger, zunächst Peter Faber, dann Franz Xaver, jener ein Savoyarde, dieser eine Spanier; dann kamen die Spanier Lainez, Salmerone und Bobadilla dazu und endlich der Portugiese Ro-
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Abraá ufcp ad Dauid una .Altera inde ufq> ad tranfmigrationé in babylonia. Tertia inde ufqiad cbrifti carnalem natiuitatem.Eiunt itaqtomnes quinqué S e x t a n u n c agitur nullo generationum numero metienda: propter id quod dicítum eft.Non eft ueftrum fcire tempora quf pater pofuit in fuá poteíhte. P o f t b a n c t a n q i n diefeptimo requiefcó¿ deus: cumcundem diem feptimú quod nos erimusí feipfo deo faci« reqefccre.De iftis porro çtatibus fingulis nuncdiligenter longum eft difputare-Hfc tamcn feptima erit fabbatu cuias finis nonerit uefpcra: frd dominicus dies uelutodtauus aeternus qui cbrifti refurreíftione facratus eft: pternam non folum fpiritus uerum etiam corporis requiem prffigurans.Ibi uacabimus ài uidebimus.uidebimus & amabimus amabimus ói laudabimus.Ecce quod erit in fine fine fine. N a m quis alius é />*nofter fmis:nifipuenire ad regnú cuius nullus é finish
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0eor mibi debitú ingentis buius opcri&adiuuante domino reddidiflfe Quibus parum ucl quibus nimium eft: mibi ignoicanr. Q u i b u s aute non mibi fed deo mecú gratias congratulantes agant .Gloria bí b o n o r patri &C filio äC í excclfis í fpculafpculoy A m e . Q ufpiritui i docuitiänöta.-omipotctideo V é n e t o s exferibi pofle Ioannes M e n f e fere trino Centena uolumina plini F t totidem M a g n i Ciceronis Spira hbellos: Cpperat Aureli ifubita fed morte perentus N o n potuit Ceptum V e n e t i s finire uolumcn Vindelinus adefteiufdem frater:« arte N o n minor:badriacaq^ morabitur urbe .M.cr in j } o c f j » n n b t T î i i D t r X f u i f c f j i a n b / a u d j a j M ' tnßrancfrridy3">(! í n j r í í a n b / f ¡ JhiflVanien/ jjjimaflrit / φοίa£?trcroííc|>fíít>íc ¿dj folcir b t f o m m e n tm& ¿u w r g m 6tin¡jm maß/ in î r u c f & a S- Sg ct3 S. ΐ s: O" sft-
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bazare, Zuwendungen reicher Kirchenfürsten und anderer Gönner. Die Missions-Gebefreudigkeit muß allerdings mit zielbewußter Werbung wach erhalten werden. Dazu dienen Missionsstudienzirkel und Missionsakademien, die populäre Missionsliteratur, Flugblätter, Zeitschriften, Bücher, weltliche Missionsfeste, Missionsfeiern, Missionsvorträge und Ausstellungen, wandernde Missionsmuseen etc. Auch die Kirchen werben mit kirchlichen Missionsfesten, Missionssonntagen, Andachten, Missionspredigten und Missionskatechesen. Die Missionsvereine sind die neuzeitlichen Werbe- und Sammelunternehmungen. Sie haben aber auch nodi weitere Aufgaben, auf welche im Zusammenhang mit der neuesten Zeit noch zurückzukommen sein wird. Wir sind der Zeit bei der Schilderung der Sacra Congregatio de Propaganda Fide lediglich deshalb etwas vorausgeeilt, um ein Gesamtbild ihrer Organisation und Wirkung zu geben. Nach den neuesten Angaben des päpstlichen Jahrbuches (Annuario Pontifico per l'Anno 1959) ist die Organisation der „Propaganda" wesentlich ausgebaut worden. Die eigentliche Kongregation besteht jetzt aus 28 Kardinälen, wovon einer als Präfekt, einer als Pro-Präfekt und einer als Sekretär amtet, ferner 27 Konsultatoren, 8 Minutanten, 2 Archivaren, 3 Protokollanten, 3 Schreibern, sowie einem Bibliothekar mit einem Assistenten. In der Verwaltung sind 8 Buchhalter, 2 Kassierer, 3 Verwaltungssekretäre, 5 Juristen-Techniker (davon ein Rechtskonsulent, ein Prokurator, ein Architekt, ein Agronom und ein technischer Assistent) tätig. Die Revisionskommission besteht aus einem Präsidenten und 8 Konsultatoren. Unterbehörden sind: Supremum Consilium seu Comitatus Supremus Pontificili Missionibus Operibus et Unioni Cleri regendis (gemäß Motu proprio des Papstes Pius IX. vom 24. Juni 1929 und der Instruktion der Kongregation de Propaganda Fide vom 14. April 1937). Präsident ist der Kardinal-Sekretär der Kongregation; ferner gehören dazu 8 Beiräte. Pontificium Opus a Propaganda Fidei, Consilium Superius Generale. Es umfaßt 6 hohe Würdenträger unter dem Vorsitz des Sekretär-Kardinals und 17 Beiräte aus verschiedenen Missionsländem und Orden. Die Agenzia Internationale Fides mit einem Vorsitzenden, den Übersetzern für Deutsch, Englisch, Spanisch, Französisch und Italienisch sowie einem Archivar und zwei Schreibern. Ferner bestehen das „Pontificium Opus a S. Petro Apostolo" (seit 1929), das „Pontifica Cleri Consociatio Missionalis" (seit 1956), das „Pontificium Opus a Sancta Infantia", Consilium Superius Generale der 1843 gegründeten Organisation katholischer Kinder. Der Kongregation unterstehen: Die Apostolischen Vikariate, die Apostolischen Präfekte, die Konzilien, der Klerus, die Missionsseminare (auch wenn sie außerhalb der Missionsgebiete liegen), die Schulen, die frommen Werke, 15 Buchli II
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die Verwaltung der für die Missionen bestimmten Güter, die Religiösen, soweit sie zugleich Missionare sind. Ferner unterstehen ihrer Hoheit: Die Päpstliche Universität Gregoriana, das Päpstliche Bibelinstitut, das Päpstliche Institut für Orientalische Studien (diese drei unter der Leitung der Gesellschaft Jesu), das Päpstliche Institut für Religiöse Bildung für die katholische Aktion, das Päpstliche Lateran-Athenäum, das Päpstliche Pastoral-Institut, das Päpstliche Institut Jesus Magister, das Päpstliche Athenäum de Propaganda Fide, das Päpstliche Missionswissenschaftliche Institut, das Institut für Sozialwissenschaften, das Institut für Pädagogik, das Päpstliche Athenäum „Angelicum" (Dominikaner), das Päpstliche Athenäum s. Anselmo (Benediktiner), das Päpstliche Athenäum Antonianum (Franziskaner), das Päpstliche Athenäum Salesianum (Salesianer), das Päpstliche Institut für Musica Sacra (Hochschule für Kirchenmusik), das Päpstliche Institut für christliche Archäologie, die Päpstliche Theologische Fakultät S. Bonaventura (Studium Generale, Franziskaner-Konventualen), die Theologische Fakultät des Internationalen Kollegs der unbeschuhten Karmeliter und die Theologische Fakultät Marianum (Servitenorten). Ihr Einfluß erstredet sich weiterhin über die Katholischen Universitäten von Angers, Beyruth, Bogota, Campinas (Brasilien), Chicago, Comillas (Spanien), La Habana, Leopoldville, Lille, Lima, Lyon, Löwen, Lublin (Polen), Manila, Maynoat (Irland), Medellin (Columbien), Mailand, Montreal, Niagara Falls (USA), Nymengen, Ottawa, Paris, Porto Allegre (Brasilien), Quebeck, Quito (Equador), Rio de Janeiro, Salamanca, Sao Paulo, Santiago de Chile, Sherbrooke (Kanada), Tokio, Tolosa (Spanien), Washington sowie über die theologischen Fakultäten von weiteren 37 Universitäten, über 8 weitere Päpstliche Akademien in Rom, darunter diejenigen für Lithurgie, für Künste am Pantheon, für Archäologen und die Päpstliche Akademie der Wissenschaften. Zu ihrem Hoheitsgebiet gehören ferner neben dem Collegium Cultorum Martyrum in Rom das Päpstliche Römische Seminar sowie die Päpstlichen Collégien und Seminare für Amerika, Armenien, England, Belgien, Abessinien, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Griechenland, Irland, Spanien, Lateinamerika, Portugal, Rußland, Brasilien und andere mehr, dazu das Pontificio Collegio Urbano de Propaganda Fide in Rom, 16 Collégien und Internate für die Ausbildung von Priestern aller Länder in Rom und 18 regionale Collégien und Internate, 56 Collégien für Religiösen, hauptsächlich Missionare, das Institut für die „Opere di Religione", welchem die Aufbewahrung und Verwaltung der für die kirchlichen Zwecke bestimmten Kapitalien anvertraut sind (Bank) und die Gründung Pius XII. für das Laienapostolat. Das Ganze stellt also nach wie vor eine riesige Organisation dar, deren Einfluß sich über die ganze Welt erstreckt.
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VON DER METHODIK DER PROPAGANDA Es ist in diesen Blättern bereits sehr oft von den Jesuiten die Rede gewesen; trotzdem wäre unsere Darstellung unvollständig, kämen wir nicht nochmals auf ihre Leistungen und Methoden zurück. Sind sie doch gerade für unser Spezialthema der Propaganda von außerordentlicher Bedeutung. Aber auch der nach und nach entbrennende ungemein scharfe Kampf gegen sie ist nur verständlich, wenn man sich bemüht, ihr Arbeitssystem als die Kampftruppe des Papsttums ganz zu überblicken. Wenn wir uns dabei nicht absolut an die historische Zeitfolge halten, sondern dann und wann auch Einblick in die gegenwärtige Zeit öffnen, so möge man uns das verzeihen. Wir glaubten dies tun zu müssen, um uns in der späteren Entwicklung dieser Arbeit dann auf bloße kurze Hinweise beschränken zu dürfen. Predigt, Beichte, Flugschrift, alle Arten von Streitschriften, Briefe und Botschaften gehören zum ältesten Bestand der Propaganda, ζ. T. der politischen, aber vor allem der religiösen. Daß sie ausgiebig verwendet wurden, konnte vielfach ersehen werden, ebenso, welchen Aufschwung und welche Vervollkommnung diese Propagandamittel durch die Erfindung des Buchdrucks erfahren haben. Daß die Zunge mächtiger ist als das Schwert, wie die alten Chinesen sagten, war längst erkannt. Das gesprochene Wort war und blieb das Hauptkampfmittel; aber nun brauchte es nicht mehr mühevoll durch Handschriften verbreitet zu werden. Die Druckerpresse verlieh ihm eine ungeahnte Vielfältigkeit. Canisius, der in Deutschland im Dienste der Gegenreformation arbeitende Jesuit, hat sich Mitte des 16. Jahrhunderts dahin geäußert, daß das Ringen zwischen Katholizismus und Protestantismus nicht zuletzt ein Kampf um die Macht der Druckerpresse sei und daß der Sieg jener Partei zufallen werde, die sich eine entsprechend wirksame Propagandaliteratur zu schaffen wisse. „Denn", fügte er hinzu, „in Deutschland gelte ein Schriftsteller mehr als 10 Professoren." Er empfahl deshalb auch die Einrichtung eines besonderen jesuitischen Schriftsteller-Kollegiums, das sich mit der Herstellung der erforderlichen Agitationsliteratur in deutscher Sprache beschäftigen sollte. Wir wissen von ihm auch, daß er selbst, unermüdlich tätig, eine erstaunliche schriftstellerische Fruchtbarkeit entfaltete, indem er Katechismen der katholischen Glaubenslehre für jede Altersstufe, für jeden Bildungsgrad verfaßte. An diesen Büchern feilte er und verbesserte er bis zu seinem Tode, um „nach Forderung der Zeit die Sache nicht allein kürzer, sondern auch deutlicher vorzubringen". „Der Türke hauet mit dem Säbel nach den Köpfen", schreibt in jenen Tagen der lutherische Theologe Wiegand über Canisius, den er als einen der grimmigsten Feinde seines Bekenntnisses erkannt hatte, „und ist niemand, der sich 15«
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davor entsetzt... Aber dieser Seelenmörder hat mit dem Buche sein Schwert gewetzet und gezücket, da er hauet nach den Seelen, dieselben ewig zu morden und dem Teufel zu einem Beutepfennig in die ewigen höllischen Feuerflammen zu überschidcen"257. Es muß zur Ehre der Katholiken gesagt werden, daß sie auf diesen heftigen Ton, der übrigens durchaus der Zeit entsprach, nicht sofort eingingen, sondern daß in der ersten Zeit die jesuitische Kontroversenliteratur noch streng darauf bedacht war, stets einen „freundlichen Ton" zu wahren. Das geht auch aus einer Mahnung des jesuitischen Ordensgenerals Aquaviva hervor, der, als er einmal von der Verbreitung einer gehässigen Schrift gegen Luther durch einen der Patres erfuhr, ihm dies mit der Begründung untersagte, durch eine zu bittere und beißende Polemik entstehe nur für den Orden selbst Schaden. „Auch will sich dies nicht für uns geziemen", fügt der General hinzu, „da wir durch Bescheidenheit und mit solider Lehre, aber nicht mit Schmähungen und Beschimpfungen kämpfen sollten." Bald aber mußten auch die Jesuiten ihre Taktik ändern, als der eigentümliche Charakter der deutschen Glaubenskämpfe auch ihrerseits schärfere Töne erforderlich machte. Denn immer mehr wurde es in deutschen Landen Sitte, die Festigkeit seiner religiösen Überzeugungen durch Beschimpfungen des Gegners zum Ausdruck zu bringen. Gemäß ihrem stets geübten Prinzip der Anpassung an die gegebenen Verhältnisse verstanden es denn auch bald die bisher so friedfertigen Patres, andere Seiten aufzuziehen. Nachdem die „Waffe der Höflichkeit" in den ersten Jahrzehnten ihren Dienst getan hatte, wurde nun die „Waffe der Grobheit" hervorgeholt und, wie wir im Verlaufe der Schilderung jener Epoche an einer Reihe von Beispielen gesehen habe, in reichlichem Maße angewendet. Jene Beispiele lassen sich im übrigen ungezählt vermehren. Es muß aber nicht immer leicht gewesen sein, auf dieselbe Stufe geistloser Derbheit hinabzusteigen, auf der die protestantische Polemik jener Zeit stand258. Trotzdem haben es die Protestanten damals erfahren, daß in Gestalt der durch strengen Gehorsam gebundenen Jesuiten den Feinden der katholischen Kirche eine schlagkräftige und gefährliche Armee gegenüberzutreten vermochte. Wenn wir aber vorher die ursprüngliche Zurückhaltung der katholischen Glaubensstreiter hervorhoben, muß allerdings auch erwähnt werden, daß sie inzwischen reichlich aufgeholt haben. Denn gewisse Exponenten des Ordens haben diesen rüden Ton im Verlauf der Jahrhunderte nicht wieder abzulegen vermocht. Das geht unter anderem aus einem 1860 von den beiden Jesuiten Perrone und Scheffmacher für das Volk herausgegebenen Kontrovers-Katechismus hervor, worin festgestellt wird, daß man durch den Übertritt zum Protestantismus „den Glauben an die Lehre Jesu Christi, der Apostel und der
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Kirche" verwerfe. Seine Lehre sei schrecklich in der Theorie und unmoralisch in der Praxis, denn sie sei „lästerlich in bezug auf Gott und den Menschen, nachteilig für die Gesellschaft und dem gesunden Menschenverstand und der sittlichen Zucht Hohn sprechend. Weder die Türken noch die Heiden seien je „zu einer so gottlosen Lehre gelangt". Die ersten Fürsten, welche der Protestantismus unter seine Proselyten gezählt habe, seien „zumeist der Völlerei und der Trunkenheit ergeben" gewesen. „Der Protestantismus nährt sich nur vom Haß; der Haß belehrt und belebt ihn." „Der Protestantismus ist die drückendste Geißel, welche auf der Menschheit lastet. Er führt die Gesellschaft der Anarchie und dem Verderben entgegen, um endlich im schrankenlosesten Despotismus zu enden." Die vom Katholizismus abfallen, sind „meistens der Abschaum der Sittenlosigkeit eines jeden Landes" Nicht nur müßt ihr vor dem Protestantismus und seinen Verbreitern auf eurer Hut sein, sondern ihr müßt einen wahren Abscheu davor empfinden... Der Protestantismus und seine Verbreiter sind in religiöser Hinsicht das, was in natürlicher Hinsicht die Pest ist" . . . „Flieht sie (die Protestanten), wie den Teufel. Betet stets zu Gott, euch von jenen verworfenen Abtrünnigen fernzuhalten, welche den Glauben und die Sitten verderben." Allerdings muß andererseits zugegeben werden, daß andere Zeiten andere Mittel verlangen. Waren Missionsmethode und Missionsmittel im Altertum wesentlich geistiger und religiöser Natur, dadurch durchaus auf Freiheit und Freiwilligkeit in den Motiven aufgebaut, charakterisiert sich schon die mittelalterliche Christianisierung in ihrer Methode durch ihren intimen Bund mit der staatlichen Gewalt und damit oft zugleich mit physischem Zwang; Zwang auf Grund des kanonischen Strafrechts (Inquisition), und zwar ζ. T. auf Anregung der Kirche durch die Staatsgewalt ausgeübt, mochten diese Schwächen auch durch die gleichzeitige oder nachträgliche innere Vertiefung und die geschlossene Disziplin in etwa aufgehoben und paralysiert werden"'. Jetzt dagegen war Kampfzeit; jetzt ging es um die Erhaltung der Macht und gegen den Einbruch eines gefährlichen Gegners und dessen wachsenden Einfluß in der Welt. Da galt es andere, stärkere Mittel anzuwenden. Und wenn sie sich seither nicht wieder geändert haben, so hat das seinen Grund darin, daß der Kampf sich vielleicht weniger gegen den Protestantismus, als gegen die Weltanschauung der neuen Zeit zu wenden hatte, die in noch viel stärkerem Maße an den Grundfesten der katholischen Kirche rütteln sollten, als es die Gründer der katholischen Propaganda voraussehen konnten. Dieser Zeitenwandel ist es zweifelos, der die Päpste willig zur angebotenen Hilfe einer absolut gehorsamen, mit eminentem geistigem Rüstzeug sowohl wie mit einem beispiellosen Opferwillen versehenen Kampftruppe greifen ließ,
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als welche die Gesellschaft Jesu ihnen zu dienen gewillt war. Hatte doch Loyola selbst sein und seines Ordens Wirken als „Kriegsdienst für Gott" bezeichnet und sich und seine disziplinierte Truppe dem Heiligen Vater anheim gegeben. Je mehr man sich sowohl in die Tätigkeit des Ordens als in die Einfluß-Sphäre der katholischen Propaganda vertieft, um so stärker wird der Eindruck, daß — allen Streitigkeiten um den Orden zum Trotz — der Geist der Jesuiten es war, der dem kurialen Propaganda-Institut den streitbaren Atem einhauchte. Wenn schon sehr früh bedeutende Theologen, wie der Dominikaner Melchior Cano im 16. Jahrhundert, mit ingrimmiger Schärfe gegen die Gesellschaft Jesu auftraten260, so will das gar nichts besagen. Denn die Päpste haben sich wohl gehütet, sich in glücklichen oder unglücklichen Zeitläuften mit den Jesuiten zu identifizieren. Sie waren ihr Instrument, das man aufnahm oder ablegte, wie es die Zeit und der augenblickliche Zweck gerade erforderte. Darin haben sich die Inhaber des Stuhles Petri je und je in nichts von den weltlichen Machthabern unterschieden. Die kirchliche und die weltliche Diplomatie bedient sich derselben Mittel, sofern die Voraussetzungen dieselben sind. Doch darf bei der Beurteilung der exorbitanten Propagandatätigkeit der Jesuiten nie vergessen werden, daß ihr Tun von einem nicht zu besiegenden Glauben getragen und befohlen war. Hält man sich das stets vor Augen, wenn man von ihrer Aktivität spricht, so erhält das Ganze so sehr umstrittene Thema einen anderen Aspekt, wende sich ihre Tätigkeit an die Masse des Volkes oder an die regierenden Fürsten, handle es sich also um Kampf gegen die Häresie, um Verbreitung des Glaubens bei den Ungläubigen oder um die Politik des päpstlichen Stuhles oder die Erhaltung der Macht der Kirche. Je nach der gestellten Aufgabe wechselten die Register. Schon die Beichte ist ein außerordentliches Beeinflussungsmittel. Durch geschidcte Frage oder Antwort ist, allen Vorschriften zum Trotz, eine Einflußnahme auf das Beichtkind in weitgehendstem Maße möglich. Vornehmlich aber bewährte sich dieses Mittel in der hohen Politik des Katholizismus, dort wo Jesuiten an Fürstenhöfen als Beichtiger amteten und dadurch einen nicht hoch genug einzuschätzenden Einfluß gewannen. Auch die Predigt, die sich nicht an den einzelnen, sondern an eine größere Anzahl von Menschen richtet, ist ein ausgezeichnetes Propagandamittel. Die hohe Eloquenz und die große Bildung der Jesuiten, ihre psychologische Schulung ermöglichten es ihnen, in jeder Atmosphäre den richtigen Ton zu treffen. Ihre Überredungskunst war außerordentlich — man denke nur an einen Louis Bourdaloue (1632—1704), der einer der eifrigsten und glänzendsten Kanzelredner Frankreichs war, dem Ludwig XIV. besonders gerne zuhörte —, und sie ist es bis auf den heutigen Tag geblieben.
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In der europäischen Mission besaßen die Jesuiten auch in den Exercitia spiritualia ein hervorragendes Mittel der Beeinflussung. Sie wurden mit Hoch und Niedrig geübt, nachdem man sich in den früheren Zeiten vornehmlich an die weltlichen und geistlichen Machthaber, an die Fürsten und hohen Kleriker gewandt hatte. Ja, diese Exerzitien waren in volkstümlicher Gestalt für die Volksmission von großem Wert und verbreiterten die Kluft zwischen den christlichen Bekenntnissen in starkem Maße261. Daß die Methode sich bewährt hat, geht daraus hervor, daß auch heute noch die Exerzitien verwendet werden, mit denen um die organisierten Massen des katholischen Proletariats geworben wird, deren Gesinnung großen politischen Einfluß verspricht, wie FüllöpMiller sagt262. Derselbe Autor berichtet, daß der belgische Jesuit J. Watrigant als einer der ersten auf die zu schaffende große Wichtigkeit einer ArbeiterExerzitien-Bewegung hingewiesen habe. „Und in der Tat haben die Jesuiten dann gerade in Belgien bei dem katholischen Proletariat ihre größten Erfolge erzielt. In England wiederum leiten die Jesuiten das ,Catholic Workers College' in Oxford, dessen besonderer Zwedc es ist, Führer für die katholische Arbeiterbewegung heranzubilden und solcherart Einfluß auf die britischen Gewerkschaften zu gewinnen." Man sieht also, daß die Methode die Zeit überdauert hat und daß sie in unserer Zeit nodi den genau gleichen Wert besitzt wie einst. „Wir wollen", verkündigten die Jesuiten vor einigen Jahren auf einer Exerzitien-Tagung, „durch eine systematische und großangelegte Bewegung gerade die Arbeiterkreise erfassen. Wir wollen ein schlagfertiges Laienapostolat schaffen und so das praktische Christentum in die Familien und Vereine, in die Werkstätten, Büros, Fabriken und in das ganze öffentliche Leben tragen." Zur Unterstützung des psychologischen Effektes werden jetzt auch die modernsten technischen Mitteln herangezogen: So arbeitet in London die „Catholic Evidence Guild" bei ihren zahlreichen Exerzitienvorträgen, die unter freiem Himmel im Heyde Park abgehalten werden, mit großen kinematographischen Darstellungen zur Veranschaulichung der Christus-Passion. Die Einflußnahme begann aber nicht erst im reiferen Alter, sondern so früh wie möglich. Wir sprachen schon im Verlauf unserer Schilderung davon, welche Aufmerksamkeit der Schule zugewandt wurde. Kardinal Mazarin hat nicht umsonst gesagt: „Gebt mir das Kind bis es sieben Jahre alt ist, und für den Rest des Lebens könnt Ihr es haben!" Denn der Keim dessen, was erreicht werden soll, kann nicht früh genug in die Seele des heranwachsenden Menschen gelegt werden. Ganz seiner Ansicht waren aber die Jesuiten kaum. Denn sie beschränkten sich nicht auf die Kindererziehung; ganz im Gegenteil nahmen sie sich viel stärker der heranwachsenden Menschen an. Sie hatten zu diesem Zweck stets große Geldmittel zur Verfügung, besaßen und besitzen Schulen
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und Institute, Bibliotheken und vor allem ausgezeichnete Lehrer und Professoren. Schon Ignatius hatte in einem Briefe an den Herzog von Monteleone geschrieben, daß der Nutzen, den der Jesuitenorden für die römische Sache zu stiften vermöge, viel weniger auf den Predigten, als auf den Kollegien beruhe. Seit dem Tridentiner Konzil hatten die Jesuiten außerdem dafür zu sorgen, daß der Menschengeist auf den Bahnen der neuaufstrebenden Forschung niemals die Schranken des von der Kirche gestatteten Maßes überschreite und daß die mittelalterliche Katholizität des Denkens auch in der Neuzeit erhalten bleibe283. „Der Eifer und die Geschicklichkeit, welche die Jünger Loyolas bei diesem Unterfangen aufgewendet haben, ist keineswegs geringer, keineswegs erstaunlicher gewesen als alles, was sie im Kampf um die politische Hegemonie Roms geleistet haben. Die Männer dieses Ordens, die sich so trefflich auf die Staatskunst verstanden, beherrschten ebenso ausgezeichnet die geistigen Waffen der exakten Wissenschaften, der Naturforschung, der Mathematik und der klassischen Bildung, soweit diese ihnen bei ihrer Fehde gegen den Geist des .Fortschritts' dienlich sein konnten. Auch ihre Taktik war hier wie dort dieselbe; solange es angehen wollte, vermieden sie jede schroffe Intoleranz, suchten sie Konzessionen zu machen, ihr Ziel mit Milde, mit weltmännischer Gewandtheit und mit Klugheit durchzusetzen; erwies sich dies aber als unmöglich, dann schreckten sie audi im geistigen Kampf ebensowenig wie im politischen vor dem Gebrauch jener Gewaltmittel zurück, die sich ihnen hier durch die Macht absolutistischer Herrscher, dort durch die päpstliche Indexzensur darboten." Ebenso großer Sorgfalt aber wie die Leitung des Verstandes in den Schulen, bedurfte die Pflege der Phantasie, damit auch diese innerhalb der von der Kirche vorgeschriebenen Vorstellungswelt ihr Genügen finde. Wie wichtig es ist, die Erziehimg des Verstandes stets durch eine parallel gehende Beeinflussimg der Phantasie zu unterstützen, das hatte bereits Ignatius erkannt, und gerade auf diese Einsicht hatte er das System seiner Exerzitien gegründet. Wird doch in den geistlichen Übungen jede einmal verstandesmäßig erfaßte Erkenntnis sogleich in die Form bildhafter Vorstellungen gekleidet und dadurch erst dem Bewußtsein unauslöschlich eingeprägt. Dasselbe Prinzip haben die Jesuiten auch bei ihren Erziehungsmethoden befolgt; wie in den Exerzitien suchten sie in der Schule ihre Jünger zunächst durch vernunftgemäße Betrachtungen zur Erkenntnis der religiösen Wahrheiten hinzuleiten, dann aber jene raional erzielten Uberzeugungen auch im Phantasieleben fest zu verankern2®1. Dazu bot das Theater ein besonders geeignetes Mittel, und die Jesuiten zögerten deshalb nicht, auch dieses in ihre Tätigkeit einzubeziehen und es der Propaganda dienstbar zu machen. Da zeigt sich denn, daß auch hier in ganz
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unverkennbarer Weise Tendenz, Stoff und Dramaturgie des jesuitischen Theaters der von Ignatius in den Exerzitien vorgezeichneten Höllen- und Passionsdramatik entsprechen. Es ist als hätten die Dramaturgen und Regisseure dieses Theaters bewußt alles, was Ignatius in der Phantasie seiner Jünger in sinnfälliger Anschaulichkeit zu erwecken gesucht hatte, nunmehr mit Hilfe von effektvollen Dekorationen, Kostümen und Maschinerien auf die wirkliche Bühne gestellt. Solches Heranziehen des Theaters für die Zwecke der religiösen Beeinflussung erschien den Jesuiten schon aus dem Grunde als notwendig, weil sich schon im 16. Jahrhundert auch auf dem Theater immer deutlicher das Bestreben geltend machte, die kirchliche Zucht abzuschütteln und auf neuen Wegen vorwärts zu schreiten. Allerdings scheint der eigendiche Anstoß von Luther hergekommen zu sein, der ebenfalls die Wichtigkeit der Bühne für die Verbreitung des evangelischen Glaubens erfaßt hatte und das Theater deshalb begann, eine Gefahr für die römische Kirche zu werden. In Deutschland war ein humanistisch-protestantisches Schuldrama entstanden, das durch seine scharf polemische Tendenz dem Ansehen des Katholizismus vielfach Abbruch tat. Wollten also die Jesuiten die Phantasie der-Menge nicht ganz der Verweltlichung oder dem Einfluß ihrer protestantischen Gegner preisgeben, so waren sie genötigt, geradezu eine „Gegenreformation des Theaters" zu organisieren. Daher begannen sie fast gleichzeitig mit dem Beginn ihres Unterrichtswerkes auch mit einer planmäßigen theatralischen Wirksamkeit, durch welche die von der Kirche wegstrebende Schaulust der Menschen zugleich befriedigt und dabei doch im Geiste der katholischen Religion festgehalten werden sollte. Bald gesellte sich zum engmaschigen, über die ganze Welt ausgebreiteten Netz jesuitischer Unterrichtsanstalten ein ebensolches Netz von Jesuiten-Theatern. Die jesuitischen Theatervorstellungen, so berichtet unser Gewährsmann, fanden überall den größten Zulauf. In Wien betrug die Zahl der Zuschauer bis zu 3000; noch im Jahre 1737 mußte in Hildesheim die Stadtpolizei einschreiten, um den Andrang des Publikums einzudämmen. Die Wirkung, welche von den gespielten Dramen ausging, war bisweilen außerordentlich stark. Und ebenso wie in Europa hat die Gesellschaft Jesu auch in den Missionen, besonders in Indien, Japan, Brasilien, Mexiko, Peru und Paraguay das Theater dazu benutzt, auf das Gefühl und das Seelenleben der Menschen einzuwirken und sie durch dramatische Eindrücke dem Katholizismus zugänglicher zu machen. Bisweilen erschien das Theater dort geradezu die einzige Möglichkeit, um den Völkern fremder Kultur die christliche Religion zu erschließen. Die Stoffe waren anfänglich vorwiegend der Bibel entnommen. Daneben wurden diejenigen der mittelalterlichen Bühne beibehalten, insbesondere die
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Totentänze und das „Jedermann"-Motiv. Wir wissen, daß im anderen Lager beispielsweise auch Nikiaus Manuel sich des Totentanzmotives bediente. Später gab es auch zahlreiche Tendenzstücke, so gegen das Trinken und das Fluchen. Die Frauenrollen wurden anfänglich von Männern gespielt. Schließlich führte der Wunsch, das Publikum zu unterhalten und zu erheitern, dazu, in die ernsten Dramen auch komische Szenen einzubauen. So kamen Verwechslungs- und Verkleidungsscherze dazu, die der Belebung der Handlung dienten. Da gab es ungeschickte Diener, lächerliche Zauberlehrlinge und betrügerische Kaufleute; mit der Zeit trat das komische Element immer stärker hervor. Um das Jahr 1700 schuf der deutsche Jesuitenpater Johann Baptista Adolph bereits eine ganze Serie von Komödien für das Schultheater, deren Wirkung ganz auf drastischen Effekten beruhte, wie die etwas humoristischen Bauern- und BettlerSzenen. In einem Bericht des Münchener Kollegiums aus jener Zeit an die römische Ordensleitung wird sogar erklärt, „es gebe kein besseres Mittel, die Deutschen zu gewinnen, die Ketzer und Feinde der Kirche zu Freunden zu machen, die Schulen zu füllen, als lustige Stücke". Auch hier zeigte sich die stets lebendige Anpassungsfähigkeit der Jesuiten, die nicht davor zurückschreckten, zu Mitteln zu greifen, die vom rein klerikalen, religiösen Standpunkt aus bedenklich erscheinen mochten, die ihnen aber die Erreichung ihres Zweckes ermöglichten. Trotzdem hat das Jesuitentheater auch wesentliches zur Entwicklung der Opernkunst beigetragen. Erst nur in Zwischenspielen geduldet, bekam der Tanz auf dem Jesuitentheater immer mehr Bedeutung. Ja, so sagt FüllöpMiller, erst auf der Bühne der Patres gewann das Ballett jenen Charakter des prunkvollen Ausstattungsstückes, den es von da an bis in unsere Tage beibehalten sollte. Denn von allem Anfang an suchten die Jesuiten das Publikum durch glanzvolle Ausstattung, durch wirkungsvolle szenische Effekte und durch eine komplizierte technische Apparatur zu faszinieren und die Zuschauer mit solchen Mitteln von den Wandertruppen und von den protestantischen Schultheatem wegzulocken, die ja ihre Wirkung bloß aus dem Wort und aus dem Inhalt der Stücke zu ziehen vermochten, während von den Jesuiten alle Tricks angewendet wurden, die je und je Wirkung erzielten. Offenbar standen ihnen fast unbeschränkte finanzielle Mittel zur Verfügung. Aber die Propaganda bedurfte des Unterhändlers nicht weniger als des Predigers. Karl der Große hat der Kirche mit den Waffen Bahn gebrochen, sagt Bernhart265, die Päpste der Gegenreformation gebrauchten die Vorhut ihrer Diplomaten und Willenslenker in den Höfen. Die Nuntiaturen beginnen ihr planvolles, bald verhaßtes Werk, die Seelsorger der katholischen Fürsten und politischen Beweger soufflieren und agieren hinter der Bühne. „Alle
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Künste der Segelstellung werden aufgewendet, um audi bei Gegenwind oder halbem Wind über See zu kommen." Der Geist des Loyola hat seine große Zeit und Gelegenheit. Die „Janitscharen des Heiligen Vaters" sind auch die unverdrossendsten Agenten der kurialen Politik in der gegenreformatorisdien Zeit. Was sie auch gefehlt und verdorben haben: Von letzter Höhe aus gesehen, spielen sie eine tragische Rolle. Sie verstricken sich um des Heiligen willen zu tief ins Unheilige, als daß nicht Ärgernisse kommen mußten — wehe aber denen, durch welche Ärgernisse kommen! Sie stumpften, sagt der Franzose Goyau, am katholischen Gebäude gewisse Kanten ab, ohne auch nur einen Stein zu entfernen; sie opferten in Konzessionen dem Absoluten gern das Relative, sie steigern auch das Relative, wo die Hoffnung auf Erfolg verführt, bis zur Gefahr für das Absolute; als die glühendsten Verteidiger der römischen Doktrinen vermochten sie die Ehrlichsten gerade in die Spannung, ja in den Haß gegen Rom zu versetzen. Man kennt sie auch nicht alle, wenn man von allen das Gleiche, Gutes oder Böses, sagt. Französische Jünger Loyolas schmeichelten ihren Herrschern, der König habe auf Erden keinen Herren über sich als Gott; ein Jesuit, Suarez, verkündigte zwar nicht das Recht des Tyrannenmordes wie sein Ordensgenosse Mariana, aber gegen die Theorie Jakobs I. von England lehrte er, zum Schrecken des Pariser Parlaments, die Übertragung der Souveränität durch die Gesellschaft und das Recht der Revolution gegen Fürsten, die gegen das Vertragsverhältnis zwischen Souverän und Volk oder die Gesetze der natürlichen Billigkeit sich vergehen. Das sind alles Zeugnisse katholischer Schriftsteller von hohem Ruf. Wo immer in Europa die Interessen Roms es erforderten, sagt ein anderer, das Volk zur Auflehnung aufzustacheln, die für die Kirche unbequemen Verfügungen eines weltlichen Herrschers durch Ränke, Propaganda und wenn nötig durch offene Rebellion zu bekämpfen, da wußte die Kurie, daß es für die Durchführung solcher Aufgaben keine verläßlicheren, geschickteren und mutigeren Männer gebe, als die Patres aus der Gesellschaft Jesu. Aber auch dann, wenn die Zwecke des Papsttums durch vorsichtige Unterhandlungen mit wankelmütigen Königen gefördert werden sollten, wenn es darum ging, einen katholischen Fürsten mit Überredungskunst für die Unterdrückung des Ketzertums zu gewinnen, erwiesen sich ebenfalls die Jesuiten als die gegewandtesten und erfolgreichsten Verfechter der römischen Sache. Obwohl die Kurie über ein ganzes Heer von klugen Legaten und Kardinälen verfügte, gab es doch unter diesen keinen, der es so überzeugend wie die Jesuiten verstanden hätte, entweder dem katholischen Volk gegenüber dem ketzerischen König oder aber dem katholischen König seine Rechte gegenüber dem ketzerischen Volk klarzumachen2".
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Man muß sich bei dieser Umschau über solch merkwürdige Dinge vergegenwärtigen, daß das große Thema der kurialen Politik des 16. und 17. Jahrhunderts die Stärkung der katholischen Gewalten gegen die Träger der Neuerung in England, Frankreich und den deutschen Gebieten war. Spanien und die Gesellschaft Jesu waren die Hebel aller Versuche der Restauration, soweit die beiden Mächte nicht ihrerseits das Papsttum als Hebelarm gebrauchten. Fest steht jedenfalls, daß jene politische Gegenreformation der Jesuiten für lange Zeit das Schicksal Europas in erheblichem Maße beeinflußte. Angesichts der neuen Auffassungen von Staats-Souveränität und Unabhängigkeit von der Kirche, einem unübersichtlichen regellosen Durcheinander von Machtbestrebungen aller Art, erschien jedenfalls eine durchgreifende, gut überlegte und organisierte Aktion nötig, wollte die römische Kirche ihre gradlinige und starre Politik durchsetzen, die noch immer auf Verwirklichung der päpstlichen Universalmonarchie tendierte und die außerdem nur ein Ziel kannte, alle katholischen Reiche der Welt zu einem geschlossenen Vorgehen sowohl gegen die Feinde des Papsttums als der Kirche: die Türken und Protestanten aufzurufen. Im Gegensatz zur Kirche, welche den katholischen Zusammenschluß anstrebte und jedes Bündnis mit Heiden oder Ketzern verabscheute, wichen die Interessen der weltlichen Machthaber nicht selten von den kirchlichen ab und hießen sie eigene Wege gehen, wo augenblickliche Erfolge oder machtpolitische Konstellationen ihnen wichtiger schienen. Wir haben im Verlauf der Geschichte gesehen, wie sich diese Machthaber zur Verteidigung gegen äußere Feinde oft sogar mit den Protestanten zusammentaten und dadurch zu Konzessionen veranlaßt wurden, die Rom verabscheute. So ergaben sich manche Konflikte mit dem Heiligen Stuhl. Und in solchen Fällen nun griff dieser auf die Jesuiten und ihre nie versagende Hilfe zurück. Hier hatten sie einzugreifen und Konflikte zwischen katholischen Mächten nach Möglichkeit zu vermeiden. Als Beichtväter sicherten sie sich nach und nach einen ausschlaggebenden Einfluß auf die Gewissen der Regierenden, und von da zur Einmischung in die Staatsgeschäfte war nur ein Schritt. Die Methoden waren verschieden. Nicht alle gingen den gleichen Weg wie Bellarmin, Suarez und Mariana, welche an Hand der Kirchenväter und alten Rechtslehrer mit wissenschaftlicher Gründlichkeit nachwiesen, daß der Fürst das Recht habe, nach Gutdünken über das Bekenntnis seiner Untertanen zu entscheiden, genau wie sie die unantastbare Souveränität des Volkes bewiesen hatten. So verstand es der Münchner Jesuit Contzen, in einem zehnbändigen Werk das Gegenteil ebenso zwingend zu beweisen. Seine Thesen standen derjenigen seiner Ordensbrüder — cuius regio, eius religio — diametral entgegen.
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In Wien amtete fast während des ganzen 30jährigen Krieges der Jesuit Lamormaini als kaiserlicher Beichtvater. Zu seiner Zeit schrieb der päpstliche Nuntius an einen Kardinal: „Sie (die Jesuiten) besitzen die Oberhand über alle, selbst die hervorragendsten Minister und herrschen diese an, wenn sie sich ihrem Willen nicht fügen." Unter Lamormainis Einfluß erließ der Kaiser 1629 sein „Restitutionsedikt", durch welches den Protestanten alle früher eingezogenen Stiftungen und Kirchengüter wieder abgenommen wurden. Füllöp-Miller**7 berichtet, daß Lamormaini nodi unmittelbar vor dem Ende seiner politischen Tätigkeit auf römischen Befehl den Kaiser zu beeinflussen hatte, als sich dieser 1635 entschloß, mit den deutschen Protestanten Frieden zu schließen, um mit ihnen zusammen gegen die äußeren Feinde, die Schweden und Franzosen, zu marschieren; es war der päpstliche Nuntius der dem Jesuiten befahl, dem Kaiser ins Gewissen zu reden, damit der Friede mit den Protestanten nicht zu günstig ausfalle. Auch der Ordensgeneral Vitelleschi selbst schrieb mehrere besorgte Briefe an den Pater, denn er hätte es lieber gesehen, wenn sich der Kaiser mit dem katholischen Frankreich verbunden hätte, um gemeinsam mit diesem den Protestantismus im Reiche niederzuwerfen. Diesmal jedoch scheiterte die kuriale Initiative, denn der Kaiser stellte das staatspolitische Interesse einmal über die religionspolitischen Wünsche Roms. Nichtsdestoweniger ist es ganz zweifellos diesem Einfluß zuzuschreiben, wenn die Pläne Wallensteins, die aus machtpolitischen Überlegungen auf eine Abschwächimg des lähmenden Glaubenshaders und des prinzipiellen Glaubensgegensatzes abzielten, zum Scheitern verurteilt waren. Denn Rom konnte gerade jetzt keinen konfessionellen Opportunismus brauchen. Und hätte nicht Gustav Adolf von Schweden ihn gerettet, so wäre damals der deutsche Protestantismus der Gegenreformation erlegen. Nicht geringer war der jesuitische Einfluß in Frankreich. Mußte schon der Aufstieg der Jesuiten in Deutschland von schlichten, kaum beachteten Predigern und Katechisten zu den mächtigsten Persönlichkeiten des Reiches erstaunlich genug erscheinen, so ist die glanzvolle Laufbahn des Ordens in Frankreich noch verwunderlicher. Erinnert man sich doch der schmachvollen Erniedrigimg desselben am Ende des 16. Jahrhunderts, als sie unter der Anschuldigung des Königsmordes geächtet, des Landes verwiesen wurden. Lange stand in Paris die „Schandsäule", die ihre Missetaten verkündete. Und doch kehrten sie unter demselben Herrscher — Heinrich IV. — im Triumph zurück, um schließlich als königliche Beichtväter zur höchsten Macht auch in Frankreich emporzusteigen. Das gewährt aber auch einen Einblick in die Methoden der Jesuiten. Denn der plötzliche Aufstieg von der Verbannung als verachtete Staatsfeinde in den
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Beichtstuhl des Königs von Frankreich war natürlich nur wieder ihrer berühmten „Accomodation" möglich, mit der sie ihre Haltung stets den Forderungen der Zeit anpaßten und auch einen vollkommenen Wechsel des Standpunktes nicht unter ihrer Würde erachteten, sofern ihnen dies zur Erreichung ihres Zieles als notwendig erschien. Diesmal wechselten sie von der Propaganda der Volkssouveränität hinüber zu einer byzantinischen Beflissenheit in der Verteidigung der Rechte des Herrschers. Füllöp-Miller2118 ist nicht der Ansicht, daß dieser Wechsel der Haltung als Gesinnungslosigkeit ausgelegt werden dürfe, wenn man sie im Rahmen der universellen römischen Politik betrachte, innerhalb welcher sich die Haltung des Ordens fast durchwegs als gradlinig und zielbewußt erweise. Es ist aber doch verwunderlich, wenn andererseits die Jesuiten behaupten, nie der Maxime „Der Zweck heiligt die Mittel" gefrönt zu haben; eine Regel, derer sich vor und nach ihnen die Politik stets bediente. Wenn der eben zitierte Autor sagt, es sei vom Standpunkt der Jesuiten aus ganz folgerichtig, wenn sie in Frankreich zu Zeiten der Ligue das Volk gegen den König aufwiegelt und den Bürgerkrieg proklamiert hätten, denn es habe damals gegolten, die Kirche gegen einen ketzerischen Herrscher zu verteidigen, so kann man sich des Bedenkens nicht erwehren, daß dies von Seiten einer kirchlichen Macht geschah, deren eines Grundgesetz Wahrhaftigkeit ist. Vom katholischen Standpunkt wird aber dagegen ins Feld geführt, daß die Jesuiten nun, da Heinrich IV. zum Katholizismus übergetreten und die hugenottische Gefahr gebannt war, alle Ursache hatten, dem König nach Kräften behilflich zu sein. Man kann das Problem auch von dieser Seite ansehen. Jedenfalls errangen sich die Jesuiten am französischen Hof nach und nach die Rolle einflußreicher Berater. Denn auch der König hatte Veranlassimg, sich des Vergangenen nicht mehr zu erinnern. Die Schandsäule wurde entfernt: Waren es doch die Jesuiten gewesen, welche in Rom für die Aufhebung der Exkommunikation des Königs eingetreten waren und auch für seinen Ehedispens gewirkt hatten, der ihm die Heirat mit Maria von Medici erlaubte, die eine treue Tochter der Kirche war. Damit war der katholischen Propagandaarbeit das Feld völlig frei gegeben. Und das war ja die Hauptsache. Mit Ludwig XIII., der zunächst eine offen antirömische Politik trieb, hatten es die Jesuiten anfänglich nicht so leicht. Er rüstete zum Krieg gegen Spanien und verband sich mit den deutschen Protestanten. Und ausgerechnet Kardinal Richelieu, mehr Franzose als Kirchenfürst, unterstützte diese Politik und schickte Maria von Medici, die er haßte, in die Verbannung. Der Jesuit Caussin, des Königs Beichtvater und Gegenspieler Richelieus versuchte vergeblich diesen Kurs zu ändern und mußte 1637 weichen. Denn dieser Kardinal, der die Schick-
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sale Frankreichs lenkte, verkörperte in einer machtvollen, überragenden Persönlichkeit die Idee des modernen absolutistischen Staates, gegen welche die römische Politik ihrerseits mit allen Mitteln kämpfte. In Richelieu stand den Jesuiten zum erstenmal ein ebenbürtiger Gegner gegenüber, der sich ebensowenig wie sein König, der durchaus kein schwacher Monarch war, von der Androhung ewiger Verdammnis schrecken ließ. Richelieu war ebenso rücksichtslos, ebenso folgerichtig in seinen Plänen, ebenso entschlossen wie die Gegner seiner Politik. Also änderten die Jesuiten erneut ihre Taktik, hatte doch ihr Ordensgeneral Vitelleschi Pater Caussin seines starrköpfigen Verhaltens wegen nicht etwa gelobt, sondern ihm eine energische Rüge erteilt. Also vermieden in Zukunft die Beichtväter am französischen Hof alles, was Richelieu hätte reizen können und der General versicherte ihm sogar seiner völligen Ergebenheit. Die Kurie würde ja zweifellos auf anderem Wege zum Ziele gelangen. „Rom wechselt zuweilen Brauch und Verfahren", schrieb einst Papst Sixtus V., „je nach der Individualität des Papstes, aber im Grunde bleibt es immer dasselbe." So genossen fortan die Jesuiten durch Richelieu die weitestgehende Förderung, insbesondere auf dem Gebiet der Lehrtätigkeit; denn dem Staatsmann war an einem Gegengewicht zur Sorbonne gelegen. Und Mazarin, Richelieus gelehriger Schüler, für Ludwig XIV. regierend, verhielt sich nicht anders. Beide ließen der Propagandatätigkeit gegen den Protestantismus und für die alleinseligmachende Kirche völlig freie Bahn. Père La Chaise, der Beichtvater dieses Herrschers, hatte sogar die Genugtuung, daß der erst widerspenstige König seine zu Zeit der Maintenon verfochtenen politischen Anschauungen völlig änderte und so, wie er früher die Ansprüche des Papsttums energisch bekämpft hatte, sich schließlich Roms Wünschen in jeder Hinsicht unterordnete. La Chaise war kein Eiferer, fühlte sich als Vertreter einer großen Weltmacht mit der Aufgabe, Frankreich unter die Botmäßigkeit Roms zu bringen. Aber er ging äußerst klug vor und vermied Konflikte. So hemmte er auch die gewaltsamen Pläne, welche die Maintenon den Protestanten gegenüber hatte. Wenn er auch die Ansicht vertrat, daß Ludwig XIV. die Sünden seiner Jugend am besten durch die Bekämpfung der Ketzerei büßen könne, so identifizierte er sich doch keineswegs mit deren Methoden. Durch ihren Einfiuß wurden die Protestanten nicht nur von allen Ämtern und Würden, sondern sogar von den bürgerlichen Handwerken verdrängt und ausgeschlossen. Kleine Kinder wurden zum Ubertritt gezwungen und die Hugenotten durch „Dragonaden" so lange gequält, bis sie ihren Glauben abschworen. Der Einfiuß dieser frommen Eifererin ging soweit, daß Ludwig 1685 das Edikt von Nantes zurückzog und den Protestantismus völlig unterdrückte; und die Maintenon war infolgedessen völ-
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lig überzeugt, daß „nun alles getan sei, damit sie am Arm des allerchristlichen Königs dereinst ungehindert ins Himmelreich werde einziehen können". Père La Chaise dagegen wollte mit Güte und Höflichkeit vorgehen, obgleich er sich eifrig an der „Bekehrung" der Hugenotten beteiligte und eine ganze Reihe von Jesuitenmissionen in den französischen Provinzen organisierte. Auf den zurückhaltenden La Chaise folgte der finstere Pater Le Tellier. Unter ihm kam es zum unwürdigen Streit um die Bulle „Unigenitus" und zu den grausamen Verfolgungen der Jansenisten. Als nach dem Tode des Sonnenkönigs der Herzog von Orléans die Regentschaft übernahm, wurde Le Tellier vom Hof verbannt. Ludwig XV., der Urenkel des Roi Soleil, lernte dagegen die Jesuiten wieder von einer anderen Seite kennen. Denn diese weigerten sich nicht nur, seiner Favoritin, Mme. de Pompadour, die Absolution zu erteilen, sondern brachten gesalzene Schmähschriften gegen die Marquise in Umlauf. Hier aber bissen sie auf Eisen: Kardinal de Bernis hat festgestellt, daß die schließliche Vernichtung der Gesellschaft Jesu in Frankreich sich zum größten Teil von der Weigerung des Jesuitenpaters de Sacy herleite, die Marquise de Pompadour zu absolvieren. 1764 wurden die Jesuiten dann völlig aus Frankreich vertrieben. Nicht wenig dazu hat übrigens der glänzendste Schriftsteller und tiefste Denker Frankreichs in der Barockzeit, Pascal, beigetragen, der in seinen „lettres provinciales" mit vernichtender Schärfe und Vollständigkeit ihr System enthüllte. Er hat der antijesuitischen Propaganda ein unerschöpfliches Material in die Hand gegeben, und die Literatur gegen die Gesellschaft Jesu hat seither immer wieder darauf zurückgegriffen, bis die Jesuiten mehr als 100 Jahre später das Land verlassen mußten. Pascal, dessen erwähntes Werk in den Jahren 1656/57 erschien, blieb allerdings nicht allein. Zu ihm gesellten sich Geister wie Racine, Voltaire, Corneille vornehmlich im Streit gegen den Jansenismus. Insbesondere von Voltaire wissen wir, daß er in der erstaunlichsten Art und Weise tätig war. Seine Arbeitskraft muß in jener Zeit geradezu phänomenal gewesen sein. Denn wie Durant sagt, folgte auf die Abhandlung über die Toleranz ein wahrer Niagara von Flugschriften, Geschichten, Dialogen, Briefen, belehrenden Schriften, Kritiken, Spottgedichten, Predigten, Dichtungen, Erzählungen, Fabeln, Erläuterungsschriften und Essays, teils unter Voltaires eigenem Namen, teils unter hundert verschiedenen anderen. Einzelne seiner Flugschriften erreichten Auflagen von 300 000 Exemplaren.
A b b . 41. D i e A u s t r e i b u n g d e r J e s u i t e n a u s F r a n k r e i c h . Sie wird nach längerem Zögern auf G r u n d eines Parlamentsbeschlusses aus d e m J a h r e 1762 im J a h r e 1764 von König L u d w i g XV. v e r f ü g t . (Phot. Österr. Nationalbibl. Wien.)
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DIE GROSSE KRISE Die unausbleibliche Reaktion auf das Treiben der Jesuiten machte sich, wie wir wissen, schon sehr früh geltend. Im Laufe des 17. Jahrhunderts schon regten sich die Gegner mehr und mehr. Mochten die Jesuiten noch so planmäßig vorgehen, ihre klügsten Astronomen, Physiker und Mathematiker in den Kampf schicken, in allen Städten Schulen errichten und ihren Zöglingen darin die beste Erziehung zuteilwerden lassen, mochten sie auf ihren Theatern die packendsten Festspiele, die lustigsten Schwänke, die melodienreichsten Opern und die farbenprächtigsten Ballette mit Simultanbühnen, Versenkungen und Flugmaschinen aufführen, mochten sie überall die schönsten Kirchen in gotischem und barockem Stil erbauen, sie von den größten Meistern der Zeit ausmalen und mit Statuen verzieren lassen — dies alles half doch nichts im Kampf gegen den sich immer mächtiger emporreckenden und seiner Vollendung entgegenschreitenden Geist der neuen Zeit 8 ". Trotz aller Anstrengungen konnten sie es nicht verhindern, daß die Entwicklung des europäischen Geistes unaufhaltsam jenem Stadium entgegenschritt, das wir das Zeitalter der Aufklärung nennen. Man erinnert sich an die gallikanischen Sätze, welche 1682 nicht nur von Gelehrten und Weltlichen, sondern sogar von Erzbischöfen und Bischöfen unterschrieben wurden und in welchen nicht nur festgestellt wurde, daß der Papst wohl die Gewalt über die geistlichen, nicht aber über die weltlichen, bürgerlichen Dinge habe, sondern, wie klipp und klar festgestellt wurde, die Könige und Fürsten nach göttlicher Anordnung keiner kirchlichen Gewalt unterworfen seien. Hand in Hand mit dieser inneren Loslösung ging die geistige Emanzipation auf anderen Gebieten. Nachdem einmal Baco de Verulam, Descartes, Gallilei und Newton das philosophische und naturwissenschaftliche Denken zu neuen Erkenntnissen geführt hatten, konnte der Moment nicht ausbleiben, da sich auch Zweifel gegen die Dogmen der Kirche erhoben, daß man sich sowohl über den Menschen in seinem Verhältnis zur Schöpfung wie zum Schöpfer Gedanken machte, die mehr und mehr von den Lehren des Christentums abwichen. Immer öfter wurde jetzt verkündet, daß es für die Wissenschaft nichts Ubernatürliches und Unfaßbares geben dürfe, daß vielmehr alle Erscheinungen aus natürlichen Ursachen erklärt werden könnten, zu deren voller Erkenntnis der Verstand ohne jede Hilfe der Offenbarung befähigt sei. Es sind die Anfangszeiten der Académie Française und der Hochblüte insbesondere des französischen Geistesleben, eines Corneille, Molière, Racine, La Fontaine, Saint-Evremond. Zwar schwiegen die konfessionellen Kämpfe nicht, deren propagandistische Exponenten Bossuet und Fénélon waren. Ja, in jene Zeit fällt sogar die Aufhebung des Ediktes von Nantes. 16 Buchli II
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Aber insbesondere den Jesuiten trat man jetzt mit derselben Waffe gegenüber, mit welcher diese zwei Jahrhunderte zuvor gegen Protestanten und Jansenisten gefochten hatten, als sie ihre großen Kämpfe gegen die Vertreter der Gnadenlehre außerhalb und innerhalb der Kirche führten und die Vernunft ihnen eine „wertvolle Helferin des Glaubens" war. Diese so eifrig beschützte Vernunft wandte sich jetzt gegen die Kirche, statt ihr im Sinne der mittelalterlichen Theorie gleich einer „Magd" zu dienen. Die intellektuellen Erkenntnisse emanzipierten sich von jeder religiösen Vormundschaft und gaben sich nicht länger mit der Stützung der Offenbarungen durch verstandesmäßige Argumente und Gottesbeweise zufrieden. Vielmehr erhob sie nun den Anspruch, den Glauben überhaupt ersetzen zu können. Bereits hatten ja Lyons und Collins auch in England für die Vernunft die völlige Untrüglichkeit in Anspruch genommen. Andererseits war in Frankreich Voltaire mit seinen ersten Angriffen gegen die Kirche in Erscheinung getreten. Zwar noch „Deist" geblieben, suchte er doch nachzuweisen, daß die Offenbarungsidee der Bibel zahlreiche Widersprüche enthalte, vor dem Forum der Vernunft nicht bestehe und daher verworfen werden müsse. Ihm folgte die rein mechanische Deutung des Weltgetriebes, innerhalb welcher für den Gottesbegriff überhaupt kein Raum mehr war. So verkündete als einer der ersten La Métrie; ihm folgte Diderot, welcher dieser materialistischen Weltanschauung die umfassendste Formulierung gab. Die Jesuiten setzten denn auch gegen Diderots und d'Alemberts „Enzyklopädie" alle Mittel der polemischen Agitation ein2™. Aber das Werk hatte trotzdem einen enormen Erfolg, ja der „Unglaube" war geradezu zur neuesten gesellschaftlichen Mode geworden. Wie weit die Jesuiten ihren Gegnern selber die Waffen in die Hand gespielt hatten, zeigt der Umstand, daß als eines der stärksten Argumente der gegen die Offenbarungslehre gerichteten „Vernunftsreligion" der Hinweis auf die chinesische Philosophie und besonders auf den Moralkodex des Konfuzius bildete. Diderot sowohl wie Voltaire berufen sich mehrfach auf die Chinesen, deren Schrifttum jene viel angefochtenen jesuitischen Missionare der europäischen Welt entdeckt hatten. Es liegt zweifellos eine eigene Tragik im Geschick dieses Ordens. Denn später hat auch Rousseau in seinem „Staatsvertrag" einer jesuitischen Theorie zur Wiederauferstehung verholfen, nämlich der Volkssouveränität; und sie richtete sich gleichfalls gegen die Kirche. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war aber auch die Freimaurerei entstanden, deren Anschauungen gleichfalls auf aufklärerischem Gedankengut fußten. Trotzdem sie das Prinzip des höchsten Wesens anerkannten, waren sie doch grundsätzlich Gegner des kirchlichen Dogmatismus, und im weiteren Gegensatz zur Kirche bestand ihr Ziel in moralischer Beziehung nicht in der Er-
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reichung der himmlischen Glückseligkeit, sondern ganz einfach in der möglichsten Vervollkommnung des Menschen und seiner Mitwelt im Verlaufe ihres irdischen Daseins. Der Wachsamkeit der römischen Kirche war die Gefährlichkeit dieser gleichfalls auf eine überstaatliche und übernationale Universalität abzielenden humanitären „Gegenkirche" nicht entgangen. Diese drohte, den Katholizismus durch den „Tempel der Humanität" zu ersetzen. Die Jesuiten sahen alsbald in den Bundesbrüdem ihre und der Kirche schlimmsten Widersacher. Aber auch die Freimaurer nahmen sofort den Kampf auf, und es setzte alsbald eine heftige propagandistische Fehde ein, in welcher die Freimaurer zeitweilig sogar die Unterstützung des „Illuminatenordens" fanden. Ihrerseits griff die Kurie mit den beiden Bullen „In eminenti" und „Próvidas", die ausgesprochene Verdammungsbullen sind, in die Auseinandersetzung ein. Aber Kurie und Jesuiten vermochten der Entwicklung keine nennenswerten Hindernisse in den Weg zu legen. Bereits bereiten sich die um Sein oder Nichtsein gehenden Kämpfe der modernen Zeit vor, nur leise spürbar. Denn noch kann sich ja das katholische Rom einer riesigen Machtfülle rühmen. Und doch ist die Zeit des unüberwindlichen siegreichen Angriffs vorbei. Es zeichnet sich die Periode der Defensive ab. Der gewaltige Kuppelbau, den die katholische Kirche über die Welt zu errichten trachtete, schließt sich irgendwie nicht, wie es geplant war, und er zeigt Bruchstellen, trotz der mehr als anderthalb Jahrtausende langen emsigen und genial geplanten Arbeit. Die Staatstheorie ist vollkommen verweltlicht. Die theologische Form, welche die Staatstheorie vom Mittelalter bis ins 17. Jahrhundert bestimmte, ist zerbrochen; Politik wird zur Wissenschaft, schließlich zu einer Gruppe von Wissenschaften und die Theologie höchstens eine Wissenschaft unter anderen271. Maßgebend für politische Einrichtungen ist nunmehr die Zweckmäßigkeit und nicht mehr die kirchliche Autorität. Die Religion hört auf, das Hauptinteresse der Menschheit zu bilden und schrumpft zu einem Lebensbezirk zusammen, dessen enge Grenzen zu überschreiten nicht schicklich ist. So kann es nicht wundem, wenn schließlich das Geschick die Gesellschaft Jesu ereilte. Mitte des 18. Jahrhunderts war der Haß der Minister, ihrer Günstlinge, der Intriganten und Maitressen an allen katholischen Höfen zur Gluthitze entfacht. Denn sie alle sahen ihre Stellungen gefährdet, seit die jesuitischen Beichtväter ihnen den früheren Einfiuß auf Könige und Fürsten entwunden und ihre unumschränkte Macht über sie ausübten. Und diese Kreise scheinen sich schließlich über alle Grenzen hinweg die Hände gereicht und gegen die Jesuiten verschworen zu haben. Immerhin ist es verwunderlich, daß der Anstoß zur entscheidenden Krise nicht aus Frank16·
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reich, sondern aus dem hochkatholischen Portugal kam, wo der Premierminister Marquis von Pombai des geistesschwachen Königs Joseph I. den ersten Schritt tat. Bisher war der König wie Wachs in den Händen der Jesuiten gewesen, wenn er sich überhaupt um etwas kümmerte. Als Vorwand des Einschreitens diente ein Attentat des Marquis von Tavora auf den König, dessen Fäden auf die Jesuiten hinzudeuten schienen. Der König muß unter dem Eindruck der Gefahr das Dekret sofort unterschrieben haben, welches 1759 die Austreibung der Jesuiten aus Portugal und allen seinen Kolonien verfügte. Gleichzeitig setzte der Premierminister seinen Propagandaapparat in Funktion und überschwemmte zur Rechtfertigung seiner Maßnahmen ganz Europa mit einer Flut von Schmähschriften gegen die Gesellschaft Jesu. In den zahlreichen Manifesten und Publikationen, welche die Lissaboner Druckerpressen verließen, sehen wir vielleicht das erste Beispiel einer so weit verzweigten Propaganda-Aktion einer weltlichen Regierung. Sie bediente sich allerdings nur der Mittel, welche der katholischen Kirche seit langem geläufig waren. Der Feldzug scheint bei den europäischen Staatskanzleien ihren Eindruck nicht verfehlt zu haben. Meist ließ man sich von den Pamphleten Pombals ohne weiteres überzeugen und nahm, was dieser von den staatsgefährlichen Umtrieben der Jesuiten zu sagen wußte, unbesehen als bare Münze hin. Daß der Eindruck in Frankreich besonders groß war, kann nach dem Vorhergesagten nicht wundern. Den französischen Gegnern der Jesuiten gab das energische Vorgehen des kleinen Portugal neuen Auftrieb; denn was dort möglich war, mußte sich zweifelsohne in Frankreich ebenfalls bewerkstelligen lassen. Schließlich lieferten die Handelsgeschäfte und der Skandal des Jesuitenpaters Lavalette auf Martinique den gewünschten Anlaß. 1762 kam auch in Frankreich ein Parlamentsbeschluß zustande, der die Aufhebung des Jesuitenordens in Frankreich und die Ausweisung seiner Mitglieder verfügte. Ludwig XV. stimmte dem Beschluß nach einigem Zögern zu. Spanien ließ nicht lange auf sich warten. Dort gab die sog. „Meuterei der Hüte" unter Karl III. den Grund. In einer Aprilnacht des Jahres 1767 wurden auf sämtlichen Territorien der spanischen Monarchie die Kollegien und Häuser der Jesuiten militärisch besetzt und diese in Gefangenschaft abgeführt. Ein königliches Dekret erklärte sie kurzwegs zu Verbrechern, und alle Güter wurden eingezogen. Immerhin sah sich Karl III. als katholischer Monarch doch veranlaßt, dem Papst von den Vorgängen Mitteilung zu machen. Da er jedoch wußte, daß Papst Clemens XIII. auf der Seite der Jesuiten stand und diese noch zwei Jahre zuvor in der Konstitution „Apostolicum pascendi" eifervoll verteidigt hatte, zog es Karl III. vor, ihm diese Mitteilung erst nach vollzogener Auf-
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hebung der Gesellschaft Jesu zu machen. Gleichzeitig setzte er sich aber auch mit den Höfen von Paris, Neapel und Lissabon in Verbindung und brachte es zustande, daß schließlich vom Papste in kategorischer Form die Aufhebung der Gesellschaft Jesu auf der ganzen Welt gefordert wurde. Clemens XIII. ersparte es der Tod, der ihn kurz nach Inempfangnahme dieser Note ereilte, einen Entscheid zu fällen, der dazu führte, einen Orden aufzuheben, der von den meisten seiner Vorgänger als die stärkste Stütze der katholischen Kirche bezeichnet worden war. Clemens XIV. zeigte sich gefügiger, besonders nachdem Frankreich erklärt hatte, es werde nur einen Papst anerkennen, welcher die Gewähr der Aufhebung des Jesuitenordens bieten werde. Als Kardinal Ganganelli hatte er sich zu kaum verhüllten Zusagen in dieser Richtimg bewegen lassen272. Als Clemens XIV. dagegen zögerte er die Maßnahme trotz mehrerer energischer Noten des Königs von Spanien immer wieder hinaus. Offenbar ist sein Zögern auf die Opposition Maria Theresias von Österreich zurückzuführen, welche als Schülerin der Jesuiten Schwierigkeiten machte und innerlich mit der Aufhebung nie völlig einverstanden war. Man kennt zahlreiche Äußerungen der Kaiserin, aus denen ihre Wertschätzung der Jesuiten hervorgeht. Erst im April 1773 stimmte sie schließlich dem Verbot zu. Sie hatte politische Rücksichten zu nehmen. Ebenso stimmten die übrigen katholischen Fürsten des deutschen Reiches zu. Doch hatte der Papst schon 1772 zunächst das römische Seminar des Ordens gesperrt; bald darauf Schloß er auch die übrigen Seminare auf dem Gebiete des Kirchenstaates. Aber erst am 21. Juli 1773 unterschrieb er das Breve „Dominus ac redemptor noster"; in welchem die völlige Aufhebung der Gesellschaft Jesu ausgesprochen wurde273. Wir können uns, nachdem wir uns so eingehend mit dieser Organisation haben befassen müssen, nicht enthalten, auch das Aufhebungs-Breve des Papstes hierher zu setzen: „ . . . Wir haben nichts an Sorgfalt und Nachforschung unterlassen, um alles zu erkundigen, was den Ursprung, den Fortschritt und den heutigen Stand des Regularsordens angeht, der gemeinhin die Gesellschaft Jesu genannt wird, und Wir haben daraus erfahren, er sei von seinem heiligen Stifter eingesetzt worden zum Heil der Seelen, zur Bekehrung der Ketzer und besonders der Ungläubigen, endlich zur Beförderimg der Frömmigkeit und Religion, und er sei zu leichterer und glücklicherer Erreichung dieses höchst erwünschten Ziels durch das strengste Gelübde evangelischer Armut, im allgemeinen, wie im besondern, Gott geweiht worden, ausgenommen allein seine wissenschaftlichen oder gelehrten Kollegien, denen die Macht und das Recht, Einkünfte zu besitzen, unter der Bedingung zuteil geworden sei, daß trotzdem nie etwas zum Vorteil,
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Nutzen oder Gebrauch der Gesellschaft aufgewendet oder verwendet werden dürfte . . . Trotzdem ist aus der Haltung und dem Wortlaut der die Gesellschaft Jesu betreffenden apostolischen Bestimmungen deutlich zu ersehen, daß in dieser Gesellschaft fast schon von Anfang an der Samen der Zwistigkeiten und Eifersucht in verschiedener Form aufgekeimt ist, nicht allein unter den eigenen Gliedern, sondern auch in bezug auf andere Regularorden, die Weltgeisdichen, die Akademien, Universitäten, öffentlichen wissenschaftlichen Gymnasien und auch selbst in bezug auf Fürsten, in deren Gebiet die Gesellschaft Aufnahme gefunden, und daß diese Streitigkeiten und Zänkereien entstanden sind über die Art und Beschaffenheit der Ordensgelübde, über die Zeit, die Mitglieder zu den Gelübden zuzulassen, über die Gewalt, sie auszuschließen, und über die Beförderung zu den heiligen Ämtern ohne Zuständigkeit und ohne feierliche Gelübde, entgegen den Bestimmungen des Konzils von Trient und Unseres Vorgängers, des Papstes Pius V. seligen Angedenkens. Es entstanden Streitigkeiten über die unumschränkte Macht, die der Ordensgeneral dieser Gesellschaft sich zuschrieb und über andere die Leitung der Gesellschaft betreffenden Dinge, bald über verschiedene Kapitel der Lehre, Schulen, Freiheiten und Privilegien, welche die ordentlichen Bischöfe und andere kirchlichen und weltlichen Würdenträger als ihrer eigenen Gerichtsbarkeit und ihren Rechten schädlich bekämpfen. Und endlich fehlten durchaus nicht gegen dieselben Mitglieder die gewichtigsten Anklagen, die den Frieden und die Ruhe der Christenheit nicht wenig gestört haben. Mehr und mehr erfüllten die Welt unangenehme Streitigkeiten über die Lehre der Gesellschaft, die von den meisten als dem wahren Glauben und den guten Sitten widerstreitend hingestellt wurde. Auch erhoben sich im Innern Uneinigkeiten wie nach außen Feindschaften, und es wurden zahlreiche Anklagen gegen sie gerichtet, wegen maßloser Gier hauptsächlich nach irdischen Gütern . . . Als sich täglidi das Geschrei und die Klagen gegen die Gesellschaft mehrten, ja als hier und da die gefährlichsten Aufstände, Tumulte, Streitigkeiten und Anstöße ausbrachen, welche unter Erschütterung und völliger Zerreißung des christlichen Liebesbandes die Herzen der Gläubigen zu Parteitreiberei, Haß und Feindseligkeiten heftig entzündet hatten, schien die Lage sich zu einer derartigen Krisis und Gefahr zuzuspitzen, daß selbst diejenigen, deren altherkömmliche Frömmigkeit und Großmut gegen die Gesellschaft erheblich ist und fast allgemein hoch
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gelobt wird, (daß) nämlich Unsere geliebten Söhne in Christo, die Könige Frankreichs, Spaniens, Portugals und beider Sizilien sich genötigt sahen, die Glieder der Gesellschaft aus ihren Ländern gänzlich zu vertreiben und zu verjagen. Sie glaubten, gegen so viele Übel bleibe nur dies äußerste und notwendigste Mittel übrig, um zu verhindern, daß die christlichen Völker sich im Schoß der heiligen Mutter Kirche selbst gegenseitig reizten, herausforderten und zerfleischten . . . Daher, nach Anwendung so vieler notwendiger Mittel, im Vertrauen auf den Beistand und die Eingebung des heiligen Geistes und ebenso gezwungen durch unsere Amtspflicht, die Uns aufs strengste anhält, nach Kräften sowohl die Ruhe und den Frieden der Christenheit zu bewirken, zu pflegen und zu festigen, als auch nach Unsem Kräften alles völlig wegzuräumen, was derselben auch nur im Geringsten schaden kann; und da Wir außerdem erkannt haben, daß die erwähnte Gesellschaft jene reichen und herrlichen Früchte und Vorteile weiterhin nicht mehr bringen kann, wozu sie gestiftet und von so vielen unserer Vorgänger anerkannt und mit zahlreichen Privilegien ausgestattet worden ist, ja daß der wahre und dauernde Friede der Kirche, solange der Orden besteht, entweder kaum oder überhaupt nicht wiederhergestellt werden kann — durch diese gewichtigen Gründe und durch andere Erwägungen gedrängt, die Uns sowohl durch die Regeln der Klugheit als auch durch die Rüdcsicht auf die beste Leitung der allgemeinen Kirche geliefert werden . . . heben wir nach reiflicher Überlegung, auf Grund bestimmter Erkenntnis und aus der Fülle Unserer apostolischen Gewalt die genannte Gesellschaft auf und unterdrücken sie. Wir schaffen ab alle ihre Ämter, dienstlichen Verrichtungen, Schulen, Niederlassungen . . . ihre Satzumgen, Sitten, Bräuche, Gesetze und Einrichtungen . . . Wir erklären, daß alle und jede Vollmacht des Generals für immer aufgehoben bleibe und völlig abgeschafft sei." 274 Wie man sieht, muß dem Papst ein sehr reiches Register an Verfehlungen der Jesuiten vorgelegen haben; trotzdem drückt er sich außerordentlich gemäßigt aus, und man fühlt es förmlich, wie ungeheuer schwer ihm diese Entscheidung gefallen sein muß, denn es kann nicht zweifelhaft sein, daß er trotz allem die Jesuiten als die getreuesten Verfechter des päpstlichen Stuhls und der Religion ansah275: Er billigte sie, wenn er auch die Notwendigkeit einer Reform erkannte und eine Zeitlang glaubte, mit einer solchen den Konflikt zu lösen. Übrigens hatte schon sein Vorgänger gegen die weltliche Geschäftigkeit des Ordens eindeutig Stellung genommen und ihre Geschäfte verboten. Um so schwerwiegender muß er die Motive empfunden haben, die ihm diesen Schritt
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aufdrängten. Es ging ja nicht nur um die Jesuiten, sondern die heftigen Angriffe richteten sich gegen den römischen Stuhl selbst. An der Weltherrschaft waren ja seit der Mitte des 18. Jahrhunderts nicht nur mehr katholische Mächte beteiligt. Es war nicht gelungen, England zu überwältigen, ebensowenig Rußland und Preußen, ja diese hatten sogar das Übergewicht über die katholische Hälfte Europas errungen. Und wenn auch das Ubergewicht keineswegs kirchlicher Natur war, so mußte es sidi auf die allgemeinen Verhältnisse doch auswirken: Der Papst mußte erkannt haben, daß er nicht mehr an der Spitze der führenden Weltmacht stand. Andererseits hatte in Frankreich der unheilvolle Kurs des Königs, zum Teil veranlaßt durch seinen jesuitischen Beichtvater, eine unheilvolle Spaltung hervorgerufen. Diesem Jesuiten war es gelungen, den Papst zur Bulle „Unigenitus" zu bewegen und damit zur Verdammung des Jansenismus, zum unzweifelhaften Ubertritt zur jesuitischen Seite. Damit waren die Jansenisten völlig auf die antirömische Seite gezwungen worden, was seine Auswirkungen über ganz Europa hatte. Sogar unter der Geistlichkeit gab es Entzweiungen. Dies und die Politik Ludwigs XIV. gegen die Hugenotten bewirkten einen Umschlag; der Abscheu gegen seine Methoden führte sogar dazu, daß sich eine Meinung erhob, die dem Katholizismus, ja aller positiven Religion den Krieg erklärte*76. Es ist nötig, dies festzuhalten, um einerseits das Verhalten des Papstes zu begreifen, andererseits um die explosive Entwicklung zu verstehen, die sich anbahnte. Uberflüssig zu sagen, daß eine opulente oppositionelle Literatur für die Propagierung der neuen Ideen und Strömungen sorgte und mithalf, die Lawine auszulösen, welche zwei Jahrzehnte nach dem Verbot der Jesuiten niederging. Unter diesen Umständen mag der Entschluß des Papstes in erster Linie auf die Notwendigkeit einer Annäherung an die katholischen Staaten begründet gewesen sein, dem es in erster Linie daran liegen mußte, ein Gegengewicht gegen den Einfluß der nichtkatholischen Länder zu schaffen. Trotzdem ist es symptomatisch, daß der Heilige Stuhl einen Orden nicht zu behaupten vermochte, der so unzweideutig zur Verfechtung seiner ureigensten Ziele gegründet worden war. Daß die Gesellschaft Jesu fallengelassen wurde, bedeutet deshalb einen unzweideutigen Sieg der oppositionellen Bestrebungen. Natürlich wurde von jesuitischer Seite die Aufhebung des Ordens als völlig ungerechtfertigt bezeichnet, und es ergoß sich eine Flut von Schmähungen über Clemens XIV. Der aufhebende Papst sei das willenlose Werkzeug kirchenfeindlicher Mächte, warf man ihm vor, vor allem der bourbonischen Höfe. Den Jesuitenorden träfe nicht die Spur einer Schuld, die Anlaß zu seiner Unterdrückung gegeben hätte; der Papst weise denn auch in seinem Aufhebungs-
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breve weder Fehler nodi Mißstände, nodi Vergehen nach. Man hatte dort bereits vergessen, daß schon Papst Paul V. ein Dekret gegen die Einmischung in die Politik erlassen, daß audi Urban VIII., Clemens IX., Χ., XI. und XII., Benedikt XIV. sich ebenfalls, wenn auch erfolglos, mit den Mißständen und Unbotmäßigkeiten befaßt hatten, vor allem hinsichtlich der weltlichen Geschäfte, welche die Jesuiten innerhalb und außerhalb der Missionsgebiete betrieben, mit den fortwährenden Beschuldigungen gegen andere kirchliche Institutionen, mit der „Deutung und Anwendung gewisser, an einigen Orten zugelassener heidnischer Kultgebräuche, unter Außerachtlassung solcher, die von der Gesamtkirdie ordnungsgemäß gebilligt sind, und mit den Lehren, die der apostolische Stuhl als skandalös und den guten Sitten schädlich" verurteilt habe. Es gab zwar auch andere Jesuiten: Der Jesuitenpater Cordara bekennt zum Beispiel offen: „Daß auch bei uns nach menschlicher Sitte viele Verbrechen heimisch geworden waren, ist zweifellos. Ich vermute, daß die Gesellschaft Jesu heiliger schien, als sie war, jedenfalls nicht von solcher Heiligkeit, wie die Satzungen und die Heiligkeit unserer Verrichtungen es forderten... Nichts ist Gott verhaßter als der Stolz... Daß aber unsere Gemeinschaft an dieser Krankheit sehr schwer gelitten hat, müssen wir eingestehen, wenn wir uns nicht selbst täuschen wollen." Sehr viele andere aber beteiligten sich an der gehässigen Propaganda gegen Clemens XIV. und sogar gegen dessen Nachfolger, Pius VI. Sie äußerte sich in Schmähschriften und haßerfüllten Predigten gegen die beiden Päpste. Der deutsche Jesuit Feller überschwemmte die Zeitungen Deutschlands, Hollands und Belgiens mit giftgeschwollenen Artikeln gegen den Papst und den Heiligen Stuhl, voll von ausschweifender Phantasie und auch andere deutsche ExJesuiten und englische beteiligten sich an der Hetze" 7 . Die giftigsten Schmähschriften waren die „Amicalis defensio Jesuitarum" und die „Causales cogitationes et argumenta super processus contra Jesuítas". Sie wurden vor allem in Österreich und Ungarn verbreitet. Maria Theresia ließ sie öffentlich verbrennen. Außerdem wurde mit gefälschten Briefen und in Rußland sogar mit zwei gefälschten Breven gearbeitet, in welchen u. a. behauptet wurde, das Verbot gelte für Rußland nicht. Tatsächlich hörte der Orden aber nie zu bestehen auf: Merkwürdigerweise fanden die Jesuiten den Schutz bei schismatischen und ketzerischen Fürsten. So weigerte sich Friedrich der Große, den Orden aufzuheben. Er schätze die Jesuiten als billige Kräfte für das katholische Schulwesen Schlesiens. Auch Katharina II. von Rußland weigerte sich; sie brauchte sie für ihre polnischen Gebiete. Während Friedrich II. von Preußen dann schließlich den Orden in seinem Lande aufhob, wurde für Rußland 1801 durch Papst Pius VII. das
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Weiterbestehen des Gesellschaft Jesu anerkannt. Anderenorts, so sogar in Italien, ferner in Österreich, England, der Schweiz und Holland wurde die Gesellschaft unter anders klingenden Namen weitergeführt. 1804 durften die Jesuiten sich audi in beiden Sizilien wieder organisieren. Es wäre außerordentlich verlockend, sich im Rahmen dieses Abrisses zur Geschichte der Werbung auch mit den übrigen weltgeschichtlichen Ereignissen zu befassen, welche sich im Gefolge der Reformation und Gegenreformation beispielsweise in England und Schottland, aber auch außerhalb des europäischen Kontinentes begaben. Doch sind wir durch die Fülle des Stoffs gezwungen, uns Beschränkungen aufzuerlegen. Immerhin sei auf die große englische Revolution hingewiesen, welche schon dadurch wertvolles Material zu unserem Thema liefert, weil nie zuvor die Vermischung politischer und religiöser Ideen so stark und verwirrend war wie hier. So wies Cromwells Ziel über die Orthodoxie und die Gegenreformation hinaus, auf die Trennung des staatlichen und religiösen Lebens, die Gewissensfreiheit des einzelnen, wobei an eine Vereinigung der Protestanten des ganzen Erdkreises gedacht war. Aus rein weltlichen Gründen wurde aber gleichzeitig auch eine Weltmachtstellung der englischen Nation angestrebt. Einer späteren Darstellung dieses Zeitraumes in bezug auf die Geschichte der Werbung sei deshalb der Hinweis auf die Propaganda der Westminster Synode, des Independentismus und des entstehenden Quäkertums, ebenso wie auf den gegenreformatorischen Rüdcschlag unter den Stuarts gegeben, deren Versuch der Rekatholisierung Englands die Revolution Wilhelms III. von Oranien auslöste und die mit der Toleranzakte von 1689 und mit der unbezweifelten Tatsache der Großmachtstellung des protestantischen England das Ende des Zeitraumes der Gegenreformation herbeiführte. Ferner sei auf die Propaganda der Quintomonarchisten sowohl wie auf diejenige der Levellers und die von Rom avisgehende Aktion für eine katholisch-royalistische Bewegung verwiesen, auf die Tätigkeit der Puritaner, independistischen und baptistischen Kongregationalisten und auf die damaligen Neudrucke der alten und neuen Spiritualisten und Apokalyptiker und auf die Tätigkeit des Polemikers John Edwards, eines John Everard, John Saltmarsh, John Eaton, William Dell, auf die Aktionen der „Ranters", auf Richard Baxter und John Bunyan. Hierher gehört ferner die Tätigkeit des Dichters John Milton, als Vertreter der naturrechtlichen Strömung. Er kämpfte nicht nur für die Zulässigkeit der Ehescheidung und gegen die Presbyterianische Gewissensbevormundung, sondern auch für die Pressefreiheit und für die Volkssouveränität. Unter den Quäkern sind namentlich John Fox und William Penn zu erwähnen, die am Anfang ihrer Geschichte stehen. Foxs Tätigkeit erstreckte sich
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bis nach Amerika, das er mehrmals besucht hat und wo er auch auf die Notwendigkeit der Sklavenbefreiung aufmerksam wurde. William Penn seinerseits ist aber als der eigentliche Gründer des Quäkerstaates in Amerika anzusprechen, der auf dem Grundsatz absoluter Kultus- und Religionsfreiheit aufgebaut war. Lohnend in unserem Sinne ist ferner die Beschäftigung mit den synkretistischen Streitigkeiten des 17. Jahrhunderts in Deutschland, besonders mit der Persönlichkeit des Georg Calixt von der Helmstedter Schule und seinen streitbaren Genossen, insbesondere auch mit seinem Sohn Friedrich Ulrich Calixt und Aegidius Strauch, die mit ebensoviel Hohn wie Witz, Schlagfertigkeit und Bosheit ihre Sache vertraten. Nach dem Muster der katholischen Kirche hatte audi der Protestantismus relativ früh mit der Missionstätigkeit bei den „heidnischen" Völkern begonnen, als erste die Holländer, welche 1624 auf der Insel Formosa eine protestantische Missionsstation eröffneten278. Holland hatte sich dort festgesetzt, um einen Stützpunkt für den Handel mit China und Japan zu bekommen, wie ihn die Spanier in Manila und die Portugiesen in Makao besaßen. Sie konnten sich aber nur 37 Jahre halten. In dieser Zeit hatten sie die Insel durdi Regierungskaplane äußerlich christianisiert und das Heidentum unter Strafe gestellt (1). Als die Insel von den Chinesen zurückerobert wurde, ging die oberflächliche Christianisierung der Eingeborenen rasch unter. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts regte sich dann der Missionsgeist der Protestanten intensiver und fand seinen Ausdruck in der Gründung von Missionsgesellsdiaften sowohl in England wie auf dem europäischen Kontinent. Sie scheinen aber am Anfang279 vornehmlich damit beschäftigt gewesen zu sein, die eigenen Schäfchen auf europäischem Boden beisammenzuhalten. Der Chronist der Basler Mission sagt selbst, daß für die Ausbreitimg des Evangeliums in der niditchristlidien Welt, abgesehen von einiger Unterstützung der Indianermission, betrieben von nach Amerika ausgewanderten Protestanten und Dänen in ihren neuen Besitzungen, nicht viel geschehen sei. Die Kirche habe sich in einem trostlosen Zustand sittlichen und religiösen Verfalls befunden, und auch die Gemeinden der geistlichen Dissenters hätten in geistlichem Schlaf gelegen.
BUCHDRUCK UND WIRTSCHAFTS WERBUNG Der Einfluß, den die zu Beginn dieses Teiles unserer Arbeit geschilderte Erfindving der Buchdruckerkunst auf Kultur und Zivilisation und damit audi auf die Werbung — Propaganda und Wirtschaftswerbung — hatte, kann u. E.
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gar nicht hoch genug eingesdiätzt werden. Daß der Buchdruck zunächst auf religiösem Gebiet eine ungeheure Auswirkung hatte und die christlichen Kirchen sich seiner für ihre Zwecke als erste bemächtigten, lag in den damaligen Verhältnissen und war zur Mitte des 15. Jahrhunderts eine Selbstverständlichkeit. Aber die den Kirchen widerstrebenden Elemente und die Politik bemächtigten sich nur zu rasch dieses Mittels ersten Ranges zur Einwirkung auf den Menschen. Hatte das Fehlen dieser Kunst es durch Jahrhundert hindurch viel leichter gemacht, ketzerische Anschauungen niederzuhalten, begannen nun die neuen Gedanken über die Stellung des Menschen: und des Staates zur bisher allmächtigen Ecclesia, unvorsichtigerweise — wir haben es bei Bellarmin gesehen — teilweise von ihr selbst in die Welt gesetzt, wenn auch nur als zeitweises Hilfsmittel gedacht, mit immer größerer Macht über die Welt zu brausen, wie ein Sturmwind, gegen den es keinen Widerstand gibt, wie eine Sturmflut, die alle Dämme einreißt. Man darf deshalb zurückblickend wohl als unzweifelhaft feststellen, daß das, was wir heute in der Welt des 20. Jahrhunderts erleben, schon begonnen hat, Wesenheit anzunehmen, als der Mainzer Junker Gensfleisch seine ersten Lettern schnitzte. Immer wieder bis auf den heutigen Tag versuchten weltliche und geistliche Mächte, dieses „Teufelswerk" in ihrer Hand unter ihrem Einfluß zu behalten. Aber in allen Ländern, in allen Erdteilen schössen die Offizinen aus dem Boden. Schon aus dem Jahre 1609 stammen die ersten erhaltenen Jahrgänge regelmäßig erscheinender Zeitungen. Zu ihnen gehört das wahrscheinlich in Wolfenbüttel gedruckte Wochenblatt „Avisa, Relation oder Zeitung" und die von Johann Carolus in Straßburg gedruckte „Relation aller Fümemen und gedenkwürdigen Historien". Eine noch ältere Wochzeitung ist in den neunziger Jahren des 16. Jahrhunderts in Augsburg erschienen; dodi ist von ihr nichts mehr erhalten. 1622 wurde in London die erste englische Zeitung „The Weekly News from Italy, Germany" etc. herausgegeben. Zwei Jahre später entstand in Strengnaes der „Hermes Gothicus" als erster Versuch einer schwedischen Zeitung. 1631 gründete der Pariser Arzt Theophraste Renaudot als erste französische Zeitung die „Gazette de France", die im ersten Jahre wöchentlich, dann zweimal wöchentlich erschien. Sie zählte die bedeutendsten Männer Frankreichs zu ihren Mitarbeitern. Ungefähr zur selben Zeit versuchte die englische Regierung durch scharfe Dekrete die Ausübung der Buchdruckerkunst zu beschränken. Die Zahl der erlaubten Druckereien und Schriftgießereien wurde herabgesetzt. Dasselbe tat in Frankreich Richelieu, der den Betrieb der Druckereien durch königliche Dekrete bis ins kleinste überwachte und regelte. Denn der Kardinal kannte bereits die Bedeutung dieses Instruments. Deshalb gründete er selbst die
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tìtrrcunCecliSt
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das vieler Künste mächtig ist. Das Plakat eines Schaustellers stammt aus dem 17, Jahrhundert.
(Germanisches Museum
Nürnberg.)
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delsmarke des Fabrikanten, der Importeurs oder des Absenders zu versehen. Sie waren — wie auch die Packungen — oft künstlerisch gestaltet und wiesen auf die gehandelten Produkte hin. Meist handelte es sich um Kupferstiche. Auch Beförderungszettel kamen in Gebrauch. Früh kennt man auch schöne Verlags-Signete. Das Wasserzeichen im Sinne der Werbung wurde sehr früh verwendet; man kennt es bereits aus dem 13. Jahrhundert, und es hat sich bis heute erhalten. Das Plakat scheint schon damals, wie heute, eines der beliebtesten und gebräuchlichsten Mittel der Wirtschaftswerbung und der Werbung überhaupt gewesen zu sein. Wir kennen bereits die gedruckten Schriftproben und Verlagsverzeichnisse in Plakatform, ebenso das erste Theaterplakat. Es sind aber auch zahlreiche solcher Plakate vorhanden, welche für fahrende Akrobaten, Kunstreitertruppen, Nashörner, Elefanten, dressierte Seehunde, für ganze Menagerien, Riesen, Zwerge, Mädchen ohne Hände, Tonkünstler ohne Arme, Wachsfigurenkabinette, Trupps von Lappländern, Feuerfresser, Taschenspieler usw. warben. Sie wurden im gleichen Tonfall wie heute noch, als große Sehenswürdigkeiten angepriesen und zum Teil im Bilde vorgeführt. Eines der ältesten erhaltenen Plakate dieser Art ist dasjenige, welches in Genf 1625 für eine Tierschau angeschlagen wurde. Man kennt aber auch ein Plakat für das Kölner Schützenfest, das bereits auf das Jahr 1501 zurückdatiert. Aus Rostode ist ein Lotterieplakat von 1518 bekannt. Aus dem Jahre 1754 stammt ein erstes Fremdenverkehrsplakat; es wirbt für das „Hotel Drei Könige" in Basel. Das Plakat wurde aber zweifellos sehr früh auch für andere geschäftliche Zwecke verwendet. So ist ein kaufmännisches Plakat vom Jahre 1715 aus Frankreich bekannt, das eine sensationelle Erfindung, „Parapluies et Parasoles à porter dans la poche" — den Vorläufer des modernen „Knirps" — anpreist. Aber es blieb natürlich den neueren Verfahren des Drucks vorbehalten, dem Plakat schließlich zu seinem unglaublichen Siegeszug zu verhelfen®8*. Allerdings stieß die Verwendung des Maueranschlages lange Zeit auf behördliche Hindernisse. Um eine Anschlagskontrolle zu ermöglichen, wurden die Anschläger sogar behördlich verpflichtet. So tauchen denn die ersten gewerblichen Plakate erst am Ausgang des 18. Jahrhunderts in größerem Umfange auf. Die Entstehung der Anzeigen oder Inserate ist wahrscheinlich auf die zunächst handgeschriebenen, später gedruckten Nachrichtenblätter der Großhandelshäuser zurückzuführen. Sehr in Schwung kamen bald die illustrierten Geschäftskarten, ihnen folgten die illustrierten Programme, die Menüs und Etiketten. Nach und nach wuchs die Gilde der Gebrauchsgraphiker heran. Zu den ihren ersten darf William Hogarth (1697—1764) gezählt werden, ebenso Giovanni Battista Cirpiani (1732—1790). Beide arbeiteten zusammen
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PARAPLUYES E T
P A R A S O L S
A PORTER DANS LA POCHE·
E S Parapluyes dontM r Marius a trouvé ie fecret, ne pefent que 5. à 6. ònces : ils qe tiennent pas plus de place qu'une petite Ecritoire, & n'embarailent point la poche $ainfi chacun peut fans s'incommoder en avoir un fur foy par précaution contre le mauvais temps. Us font cependant auifi grands,plus folides, refiftent mieux aux grands vents, & fe tendent aufli vite que ceux qui fonten ufage.
L
C'il1 Ictenmgiagc
que Mesfieurs de F Academic Royale des Sciences ment rendu.
Cetre nouvelle Invention a paru avoir été bien reçue du Public par7 le grand debit qui s'en eft fait. ce qui a excité l'Auteut i la perfectionner,au point qu'il ne laiife plus rien à fouhaiter du côté de la folidité. A l'égard de ceux qui font orne?, l'on conviendra qu'il ne s eft encore rien vu en Ta ra flots de plus agréable pour le goût Se la legercté. i t que I on peut contenter en ce genre les Curieux le» plus difficiles, pour la richeflë des montures & des ornemens. Ils auront tous f a marque.
ils fe font ÖC le vendent ¿Paris c h e z M ' M A R I U S , demeurant rue des Foflez Saint Germain, aux trois Entonnoirs. Tar Ρ autoriti fun Privilege du Rey, portant deffenft par toute f ¿tendue dv Royaume de la contri faire, i peine de mille livres Íamende. "»"»
JP"» «ofcodre cet Invention avec celle do Pandora donc la brancha fc mènent dut une Saitucannc. " " W » fr··
cc-^i'^L
áíW, Γ Γ
BUd SI. TtcnchaupUfcit fût twd Alfen, bentrtit In Geai, U2S [Nach C. Hirth, KuIttugocUchtlIclla Btlderboci]
Abb. 55. Plakat eines Schaustellers, gedruckt in Genf im Jahre 1625. (Aus:
G.
Hirih,
Kulturgeschichtliches
Bilderbuch.)
mit Bartolozzi in England. Audi Angelika Kaufmann arbeitete auf diesem Gebiet. In Deutschland gehört zu ihnen der Augsburger Johann Esaias Nilson (1721—1788). Auch Packungen gab es schon relativ früh. Zuerst waren es die Tabakfabrikanten, die sich ihrer bedienten. Von da war es nur ein Schritt zur Anzeige. Wir wissen, daß der Pariser Arzt Renaudot 1631 die „Gazette de France" gründete. Er war wohl der erste, welcher eine Zeitung
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auf der Straße „kolportierte", d. h. ausrufen ließ. Dieser „moderne" Arzt war es audi, der 1633 in Paris das erste gedruckte Anzeigenblatt erscheinen ließ. Vorher sdion, zu Ende des 16. Jahrhunderts, war die Anzeige einer Singschule mit dem Porträt von Hans Sachs bekannt. Renaudot dürfte aber auch aus anderen Gründen als Erfinder des Inserates angesehen werden. Er gründete nämlich ebenfalls das sog. „Bureau d'adresses et de rencontres", das er als ein „centre d'information et de publicité" organisierte. Es handelte sich um Adressenlisten von Interessenten, in welche jedermann seine Anliegen und Angebote eintragen konnte. Von diesen Listen zum gedruckten Anzeigenblatt war nur ein Schritt. Die Adressen wurden gegen eine Aufnahmegebühr aufgenommen. Das System wurde bald auch in anderen Ländern nachgeahmt. Im deutschen Sprachgebiet wurden diese Anzeigenblätter „Intelligenzblätter" genannt. In Deutschland erschien das erste 1722. Schon fünf Jahre später erhielten die „Intelligenzblätter" durch Friedrich Wilhelm I. das Anzeigenmonopol, indem „alle zu verkaufenden, zu vermietenden, verleihenden Sachen" in ihnen angezeigt werden mußten; diese Verordnung wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts wieder aufgehoben. Das älteste in England erschienene Inserat betrifft eine 1652 in London eingetroffene Ladung Kaffee, damals noch eine Sensation, denn erst Mitte des 17. Jahrhunderts wurde dieses den Türken und Arabern schon längst bekannte Getränk in Europa eingebürgert. Das erste europäische Kaffeehaus war das „Virginia Coffee-House" in London; bald aber gab es, der damaligen Sitte entsprechend, Kaffeehäuser für die Angehörigen aller Parteien, Klassen und Berufe. 1666 suchte eine große Brandkatastrophe London heim, der fünfviertel der Stadt zum Opfer fielen. War es bis dahin Sitte gewesen, seine Ankündigungen an den Mauern der St. Pauls Kathedrale anzuschlagen, so mußten jetzt, nachdem diese Kirche vernichtet war, die Zeitungen diese Rolle übernehmen. Es wurden dafür sehr strenge Raum- und Druckvorschriften erlassen. Immerhin führte diese Neuerung, welche den Umfang der Zeitungen natürlich anschwellen ließ, offensichtlich dazu, daß der Fiskus bald eine neue Einnahmequelle entdeckte. England führte die sogenannte Stempelsteuer für die Zeitungen ein (1712). Da die Steuer seitenweise erhoben wurde, begann dann allmählich das Format der englischen Zeitung bis zu seiner heutiten Größe zu wachsen. Renaudot gab auch den Anstoß zu anderen Neuerungen: Zu den Adreßbüchern. Das erste erschien 1677 in England als „A collection of Names of Merchants, Living in and about the City of London". 1692 folgte Paris mit dem „Livre commode des Aresses de Paris", 1701 folgt das erste deutsche Buch dieser Art. Sie stellten eine wertvolle Bereicherung der Wirtschaftswerbung dar.
•ta der iteJi riet mehr.··· ait tn.iJietl, flit Jen maJie x\k taJun . «•,> qcrxeroes¡J» Un. ut' Joe il M er mir war tritt geben . wanüt/f undton. itfuU™ wtrfm> WriJl-Hasclnntm.-iL· f.h ,imrn-:tl A b b . 56. E i n Z a h n a r z t u n d H a n s w u r s t e m p f i e h l t sich. Er h e i ß t J. F. Beck. D e r Kupferstich f ü r sein Plakat w u r d e im J a h r e 1703 a n g e f e r t i g t . (Aus: W. con ζ. Westen,
Reklamekunst,
Berlin
1903.)
Abb. 57. D e r Hoftaschenspieler Josef Frölig zeigt sein Kommen an. Das Plakat ist ein Kupferstidi von C. F. Boetius, Paris, aus dem Jahre 1729. (Bibl. Nationale, Paris.)
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Daß es aber nicht nur in Europa findige Köpfe gab, welche den Methoden der Wirtschaftswerbung Aufmerksamkeit schenkten, beweist das Beispiel des im 17. Jahrhundert gegründeten Hauses Mitsui in Tokio. Der jüngste Sohn des Gründers Sokubei Mitsui, Hachirobei Mitsui, eröffnete das erste japanische Warenhaus, über dessen Eingang zu lesen war: „Einheitspreis und Barzahlung!" Er verschenkte seinen Kunden an Regentagen Regenschirme mit dem Wappen der Mitsui und kündigte billige Ausverkäufe an287. Es gibt wirklich nichts Neues unter der Sonne I Das beweist auch die Tatsache, daß man sich zweifellos sehr früh mit der Theorie der Wirtschaftswerbung befaßte. Denn 1802 erschien in Weimar bereits ein Buch mit einer Anleitung zur Abfassung von Zeitungsanzeigen, „Die Intelligenzblätterkunde für den nichtunterrichteten Privatmann; enthaltend eine Beispielsammlung der vorzüglichsten Intelligenzartikel, eine kurze Anweisung, sie richtig abzufassen, und ein alphabetisches Verzeichnis der bekanntesten Intelligenzexpeditionen, welche Anzeigen zur öffentlichen Bekanntmachung annehmen". Es kann nicht unsere Aufgabe sein, der Entwicklung der Werbemittel im einzelnen nachzugehen. Wir möchten dies vielmehr späteren Spezialstudien überlassen, weil diese Darstellung sonst ihren Rahmen bei weitem überschreiten müßte. Sie wurde unter dem Einfiuß und mit dem Mittel des Buchdrucks bereits so vielfältig, daß eine gründliche Darstellung des Bisherigen, aber noch vielmehr des Kommenden viele Bände füllen müßten. Was würde wohl der Nürnberger Kupferstecher Lorenz Strauch heute sagen, der sich im 15. Jahrhundert bereits veranlaßt fühlte, ein Spottbild auf die Werbung zu stechen und darunter den Spruch zu setzen: „Wer iethmaln dem gellt locken und etwas dergestalt verdienen will, Müoss ryssen seltzam possen und täglich bringen nüwe spil!"? Immerhin muß darauf hingewiesen werden, daß die stürmische wirtschaftliche Entwicklung und die sich daraus ergebenden sozialen Folgen, erwachsend aus dem erstarkenden Kapitalismus, auch zu scharfen Auseinandersetzungen führte. Ebenso wie die nun übernationalen Handelskompagnien nach und nach alle schwächeren Konkurrenten aus dem Felde schlugen, entstand eine Preisrevolution, welche alle herkömmlichen Beziehungen erschütterte, den Zusammenbruch der mittelalterlichen Bauernsame und als dessen Ergebnis die blutigen Bauernkriege zur Folge hatte, ebenso wie die Unterwerfung der mittelalterlich zünftig organisierten Produktionsweise unter die Macht des Geldes. In Deutschland und England begegneten die Humanisten den sozialen Übeln ihrer Zeit mit beißender Kritik. Melanchthon entwickelte die göttliche Lehre über Geldverleih und Preise, Calvin schrieb einen berühmten Brief über den Wucher und predigte über dasselbe Thema. Luther schrieb Flugschriften und
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gnáblgfta
S$croíüíaun(j
S D i r b b f r m m 3 b r o SKòm. Kar)f Zeichen der Zeit — 2 Gulden für ein Pferd erlegt werden mußten. 34 Wagenführ, a. a. O., pag. 117. Ranke, Die Geschichte im Zeitalter der Reformation, a. a. O., pag. 197. 35 Hierzu die lebendige Schilderung Rankes, a. a. O., pag. 228 fi. 33 Die Römsichen Päpste etc., a. a. O., pag. 134 ff. 97 a. a. O., pag. 248. 38 Wir folgen hier Krüger, a. a. O., Bd. III., pag. 79 ff. " a. a. O., pag. 276. 40 Fehr, Massenkunst im 16. Jahrhundert, a. a. O., pag. 68. 41 idem, a. a. O. 42 Krüger, a. a. O., Bd. III., pag. 80. 43 idem, a. a. O. 44 Nach Krüger, a. a. O., Bd. III., pag. 84/85. 45 Jakob Burckhardt, Welthistorische Betrachtungen, a. a. O., pag. 54. 43 Ranke, Die Geschichte im Zeitalter der Reformation, a. a. O., pag. 310. 47 Krüger, a. a. O., Bd. III., pag. 86. 48 idem, a. a. O., pag. 87. 49 Emst Gagliardi, Geschichte der Schweiz. 2. Band, 3. Aufl. Orell Füssli Verlag, Zürich-Leipzig 1938. Drei Bände, pag. 528 f. s0 idem, a. a. O., pag. 529. 51 a.a.O. 52 Freiburger Nachrichten. St. Niklaus-Glocken. 18. Januar 1947. Nr. 13/3. 53 P. Theodor Schwegler, Geschichte der katholischen Kirche in der Schweiz. 2. Aufl. Verlag Josef von Matt, Stans 1943, pag. 177. 54 a. a. O., pag. 177/178. 55 idem, a. a. O., pag. 178. 56 a. a. O., pag. 179. 57 Siehe Gagliardi, a. a. O., pag. 568. 58 Siehe hierüber besonders Schwegler, a. a. O.; femer Bündner ReformationsGeschidite, bearbeitet von E. Camenisch, Chur 1920, Bischofsberger und Hotzenköcherle. 59 Siehe hierzu die sehr interessante Arbeit von C. Englert-Faye im Atlantis Almanach, Atlantis Verlag, Zürich 1947, pag. 63 ff. „Uber die Verhaßtheit und das Ketzertum der Schweizer." 30 P. de Vallière, Treue und Ehre. Geschichte der Schweizer in fremden Diensten. Les Editions d'art suisse ancien, Lausanne 1940. 61 idem, a. a. O. 82 Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 158. 83 Köhler, a. a. O., Bd. III, pag. 161. 44 Näf, a. a. O., pag. 223.
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ANMERKUNGEN
«5 Köhler, a. a. O., Bd. II., pag. 163. ·· a. a. O., pag. 194. 47 a. a. O., pag. 224. 88 Köhler, a. a. O., pag. 166. ·» Köhler, a. a. O., Bd. III, pag. 169. 70 Ranke, Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, a. a. O., pag. 403. 71 Siehe Fehr, a. a. O., pag. 57. 72 Fehr, a. a. O. 73 a. a. O., Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation, pag. 556. 74 Krüger, a. a. O. 75 Darauf verweist auch Max P. Virchaux „L'Information à travers les ages". Editions de la Baconnière, Boudry (Suisse) 1945, pag. 103. 76 So audi Virchaux, a. a. O., pag. 103 f. 77 So Castella, a. a. O., Bd. II, pag. 165: „Schon seit den ersten Zeiten hatte die Kirche häretische Bücher verurteilt." Hierauf weist auch Punkt I des Index Papst Pius' IV. hin, der folgt. 78 Siehe Mirbt, Quellen, a. a. O., Nr. 409. Ubersetzung aus Kurt Guggisberg: Die römisch-katholische Kirche. Zwingli-Verlag, Zürich 1946, pag. 328. 79 Siehe Castella, a. a. O. 80 Castella, a . a . O . 81 Mirbt, a. a. O., Nr. 443. Übersetzung Guggisberg, a. a. O., pag. 329. 88 Castella, a. a. O. 83 Mirbt, Quellen, a. a. O., pag. 259; Nr. 396. 84 a. a. O., Bd. II, pag. 286, dem wir diese Argumentation entnehmen. 85 Castella, a. a. O., Bd. II, pag. 166. 86 Guggisberg, a. a. O., pag. 137 f. 87 a. a. O. 88 Guggisberg, a. a. O., pag. 329. 89 Ranke, Päpste, a. a. O., pag. 108. 90 Ranke, Päpste, a. a. O., pag. 109 f. 91 idem, a. a. O., pag. 131. 92 idem, a. a. O., pag. 138. 93 idem, a. a. O., pag. 143 £F., wo Näheres zu finden ist. 94 idem, a. a. O., pag. 148. 95 Näf, a. a. O., pag. 211. 9® idem, a. a. O., pag. 245. 97 idem, a. a. O., pag. 246. 98 Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 190. 99 Siehe dazu Joseph Bemhart: Der Vatikan als Weltmacht. Geschichte und Gestalt des Papsttums. Paul List Verlag, Leipzig 1930, pag. 266 ff. — Außerdem Graf Paul von Hoensbroech, Der Jesuitenorden. Bd. II., Verlag Paul Haupt, Bern und Leipzig 1927, pag. 86 ff. 100 Wir folgen Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VI., pag. 302 ff. 101 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII., pag. 5 ff. 102 a. a. O., I., pag. 300. 105 idem, a. a. O. 194 a. a. O., pag. 42.
ANMERKUNGEN
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Ranke, Päpste, a.a.O., Bd.VII, pag. 15f. Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VI, pag. 17. 107 a. a. O., Bd. II, pag. 447. 108 a. a. Ο., I., pag. 288. 109 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VI, pag. 174. So Krüger, a. a. O., Bd. II, pag. 183. 111 Näf, a. a. O., Bd. I, pag. 250. 112 a. a. O., Bd. II, pag. 155. 113 Bei Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 88. 114 idem, a. a. O. 1 , 5 Siehe bei Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 187. 116 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VI, pag. 212: „Die Liebe zu den Blutsverwandten wird als eine fleischliche Neigung verdammt." — Ebenso Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, Einleitung und Bd. I, pag. 645. 117 Zitiert bei Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, Einleitung. 118 idem, a. a. O., Bd. I, pag. 645. Siehe darüber Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 465 ff. — Femer über Peter Canisius idem, a. a. O., Bd. I, pag. 186 ff. — Canisius verbrachte seine letzten Lebensjahre (1580—1596) im Schweizerischen Freiburg, wo er u. a. die erste freiburgische Buch dru dcerei ins Leben rief und ein nach ihm benanntes Kollegium gründete. 120 Siehe bei Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 465 ff. 121 Heinrich Böhmer, Studien zur Gesdiidite der Gesellschaft Jesu, Bd. I, 1914; pag. 151 ff. 122 Böhmer, a. a. O., der hier Christian Meyer „Die Jesuiten in Bavem und Österreich" zitiert. 123 Zitiert bei Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 186. 124 So Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 195. 125 idem, a. a. O. 126 a. a. O., I. Teil, pag. 231. 127 Die Zitate aus den Zensurreglementen sind Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 166 ff. entnommen. 128 Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 175. 12* Siehe die Schilderung bei Friedeil, a. a. O., I, pag. 314 f. 130 a. a. O., I., pag. 316. 131 idem, a. a. O., I., pag. 337. 132 a. a. O., Päpste, Band VI, pag. 355. 133 Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 205. 134 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 20. 135 a. a. O., Bd. VII, pag. 20. 138 a. a. O., Bd. VII, pag. 23. 137 Friedeil, a. a. O., I., pag. 356. 138 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 62. 13 · a. a. O., Bd. VII, pag. 66 ff. 140 Ranke, a. a. O., Bd. VII, pag. 91. 141 a. a. O., Bd. I, pag. 282. 142 Jakob Burckhardt, a. a. O., pag. 111. 105
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ANMERKUNGEN
Näf, a. a.O., Bd. I, pag. 283. Wir folgen hier vor allem Ranke, a. a. O., Bd. VII, pag. 180 fi. 145 a. a. O., Bd. I, pag. 346. 146 Ranke, a. a. O., Bd. VII, pag. 183. 147 Siehe bei Friedell, a. a. O., I., pag. 345. 148 So Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 212. 149 Siehe bei Ranke, a. a. O., Päpste, Bd. VII, pag. 184. 150 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 188. 151 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 242. 152 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 310. 153 So sagt Ludwig von Pastor, „Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges", 1. Abteilung, 1. bis 7. Aufl., Herder & Co., Freiburg i. Br. 1928, pag. 7: „Neben die katholische Reformation trat im engsten Zusammenhang mit ihr die katholische Restauration. Zielbewußt, energisch und großzügig wurden beide von Gregor XIII. gefördert. Er bediente sich dabei sowohl der in der Schule Borromeos und Pius V. gebildeten Nuntien wie der in ihrer Jugendkraft stehenden neuen Orden . . . " 154 Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 317. 155 Siehe bei Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 320. 156 Beide wurden 1600 zu Kardinälen ernannt. Clemens VIII. nahm sie in das Kollegium auf. 157 Siehe Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 325 f. 158 Zeitschrift für Missionswissenschaft, 12. Jahrgang, 1922, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster i. W. „Die Gründung der Propagandakongregation (1622), zu ihrem 300jährigen Jubiläum" von Schmidlin in Münster. 150 Pastor, a. a. O., Bd. XIII, pag. 100. 160 Schmidlin, Zeitschrift für Missionswissenschaft, a. a. O., pag. 2. 161 Pastor, a. a. O. m So Pastor, a. a. O. 163 Pastor, a. a. O., pag. 9. 194 a. a. O., pag. 11. 165 Schmidlin, a. a. O. 168 So berichtet Ranke, Päpste, a. a. O., Bd. VII, pag. 434. 167 Näheres bei Pastor, a. a. O., pag. 42 ff.; dieser Autor äußert sich sehr eingehend und freimütig. 188 Pastor, a. a. O., pag. 59 ff. gibt sie eingehend wieder. " · Pastor, a. a. O., pag. 80. 170 So vor allem Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 346 — Die Bulle Urbans bei Mirbt, Quellen, a. a. O., Nr. 512. 171 Guggisberg, a. a. O., pag. 315. 172 Siehe Collectanea S. Congregationis de Propaganda Fide seu Decreta Instructiones Rescripta pro Apostolicis Missionibus. Vol. I, Ann. 1622—1866, NN. 1—1299, Romae, Ex Typographia Polyglotta, S. C. de Propaganda Fide, MCMVII, pag. 1/1. — Auch Pastor, a. a. O., pag. 101. 173 Collectanea, a. a. O., 1/2 und Schmidlin, a. a. O., pag. 5 f. 174 Siehe hierüber Collectanea, a. a. O., sowie Schmidlin, a. a. O. und Pastor, a. a. O., pag. 103 f. 144
ANMERKUNGEN
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175 Bullarium Pontificum Sacrae Congregationes De Propaganda Fide, Romae, 1839, Bd. I, pag.26—30 und Collectanea, a.a.O., pag. 2—4 (3). — Es sei gleidi hier erwähnt, was das Päpsdiche Jahrbuch über die Gründung und den Arbeitsbereich aussagt. Siehe Annuario Pontificio 1959, pag. 1006; Kongregation für die Glaubensverbreitung. Sie entstand aus einer Kardinalskommission, die Papst Gregor XIII. für die Wiedervereinigung der morgenländischen Sdiismatiker geschaffen hat. Diese Kommission, erweitert von Papst Clemens VII., wurde von Papst Gregor XV. mit der Konstitution „Inscrutabili" vom 22. Juni 1622 als dauernde Kongregation errichtet und erhielt zum Ziel die Ausbreitung des Glaubens in der Welt. Besonders in den damals neu entdeckten Gebieten entfaltete sie eine rege Tätigkeit; auch heute erstreckt sich ihre Zuständigkeit fast auf alle Gebiete, in denen die Hierarchie noch nicht vollständig eingerichtet ist. Wenn die neuen Diözesen nach und nach voll organisiert sind, unterstehen sie der Leitung des gemeinsamen Rechts. In den Missionsgebieten hat die Kongregation für die Glaubensverbreitung die gleichen Vollmachten wie die einzelnen Kongregationen in den Gebieten des gemeinsamen Rechts, außer den Dingen, die die Kongregation des Hl. Offiziums, die Ritenkongregation und die Kongregation für die Ostkirche angehen, sowie Ehesachen. Ihr unterstehen also alle Fragen betreffend die Apostolischen Vikare und Apostolischen Präfekten, die Konzilien, den Klerus, die Missionsseminarien, auch wenn diese außerhalb der Missionsgebiete liegen, die Schulen, die frommen Werke und die Verwaltung der für die Missionen bestimmten Güter; schließlich ist sie noch zuständig für die Religiösen, soweit diese zugleich Missionare sind. 176 Bullarium Pontificum, a. a. O., Bd. I, pag. 30—34. 177 Siehe hierzu Schmidlin, a. a. O., pag. 10 ff.; ebenso Pastor, a. a. O., pag. 103 ff. und Bernard Ahrens S. J. Handbuch der katholischen Missionen. Herder & Co., Freiburg i. Br. 1920, pag. 16 ff. 178 Schmidlin, a. a. O., Jahrgang 1923, pag. 58. 179 Schmidlin, a. a. O., pag. 12; ebenso Castella, a. a. O., Bd. II, pag. 269. 180 Bullarium Pontificum, a. a. O., Bd. I, pag. 35—37. 181 Schmidlin, a. a. O., pag. 8 f. 182 Hierzu besonders Schmidlin, a. a. O., pag. 13 und Pastor, a. a. O., pag. 104 ff. 183 Ahrens, a. a. O., pag. 17. Das Päpsdiche Jahrbuch 1959 erklärt hierzu pag. 1304: Die Vatikanische Druckerei (den Salesianern des hl. Don Bosco anvertraut) Die von den Päpsten Marcellus II. und Pius VI. geplante Druckerei wurde von Papst Sixtus V. gegründet (27. April 1587) mit dem Auftrag, die Vulgata, die Werke der Kirchenväter und andere vatikanische Ausgaben zu drucken. Im Jahre 1622 erstand sodann eine zweite Druckerei bei der S. C. de Propaganda Fide (Tipografia Poliglotta), die große Bedeutung erlangte durch den Druck orientalischer Werke. Pius X. vereinte die beiden Druckereien unter dem gegenwärtigen Namen. 184 Castella, a. a. O., Bd. III, pag. 475 ff., dem wir hier folgen. 185 a. a. O., Bd. III, pag. 481. 188 So Pastor, a. a. O., pag. 105; er zitiert auch Huonder, Katholische Missionen, 1922. 187 So berichtet Felix Alfred Plattner, Jesuiten zur See. Der Weg nach Asien. Atlantis Verlag, Zürich 1946, pag. 8. Wir entnehmen ihm einige historische Angaben. 188 Siehe bei Plattner, a. a. O., pag. 11.
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ANMERKUNGEN
Plattner, a.a.O., pag. 12f. idem, a. a. O., pag. 21. 191 Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 207. 192 Aus einem Visitationsbericht des portugiesischen Kollektors Albergati, zitiert von Pastor, a. a. O., pag. 111. 19S Plattner, a. a. O., pag. 102. 194 Füllöp-Miller berichtet darüber, daß dort Grammatiken, Lexika, literarische Schriften, theologische Abhandlungen, ja sogar die Fabeln des Aesop in japanischer Ubersetzung erschienen seien, ebenso wie Auszüge aus den klassischen Büchern der Chinesen, besonders aus den Schriften des Konfuzius. In vielen Tausenden von Exemplaren verbreiteten sich diese billigen Bücher über ganz Japan. 195 Füllöp-Miller ist allerdings der Ansicht, daß nicht die Holländer, sondern die Spanier die Verdächtigungen ausgestreut hätten. Er erzählt (a. a. O. 268): „Ein spanisches Handelsschiff war an der japanischen Küste gestrandet, und die Behörden hatten die wertvolle Ladung konfisziert. Um deren Freigabe durchzusetzen, hatten die Seeleute versucht, den Japanern Furcht einzuflößen und ihnen auf einer Weltkarte die gewaltige Ausdehnung der spanischen Monarchie demonstriert. Auf die Frage eines japanischen Beamten, wie denn der König von Spanien so viele Länder habe unterwerfen können, antworteten sie: .Unsere Herrscher beginnen damit, daß sie in die Länder, welche sie erobern wollen, Priester entsenden. Haben diese einen Teil des Volkes bekehrt, dann folgen die Truppen nach, die sich mit den neuen Christen vereinigen und das ganze Land unter die Herrschaft der spanischen Krone bringen.' " Diese Version entbehrt der Wahrscheinlichkeit nicht. 189
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Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 207. a. a. O., pag. 142 f. 198 Ku-Hung-Ming, Chinas Verteidigung gegen europäische Ideen. Verlag Eugen Diederichs, Jena 1911, pag. 83: „Die Jesuiten . . . sind Leute, die infolge eines falschen Idealismus, d e r . . . die Form des religiösen Enthusiasmus annimmt, in Wirklichkeit ihre moralische Natur ruiniert, indem sie sich selbst und andere betrügen, indem sie denken, daß sie so die Vornehmheit ihrer Natur retten." 199 Auch der mehrfach zitierte Füllöp-Miller bestätigt diese Darstellung. Nobili, sagt dieser uns von jesuitischer Seite empfohlene Autor, habe sogar ängstlich jeden Verkehr mit den weißen Priestern und Ordensbrüdern vermieden, welche in zerlumpten Kutten durch das Land zogen und sich um das Seelenheil der Parias bemühten. „Er hielt die Gebote und Verbote der Hindulehre auf das strengste ein." Der gleiche Autor sagt weiter, daß es sogar jesuitische Yogis gegeben habe. 200 Siehe Castella, a. a. O., Bd. II, pag. 361. 201 Castella, a. a. O., pag. 362. 202 Heinrich Böhmer, Die Jesuiten in der Zeitschrift „Natur und Geisteswelt". 49. Bändchen, pag. 49. Leipzig 1913, 3. und 4. Aufl., 1921. 201 Siehe Castella, a. a. O., Bd. II, pag. 362. 204 Bei Mirbt, a. a. O., Quellen, pag. 288, Nr. 429. 205 Collectanea, a. a. O., Tomus I, pag. 305—313. „Ex illa die . . . " , datiert vom 19. März 1715, veröffentlicht am 20. März 1715. 208 Siehe Füllöp-Miller, pag. 304 ff. 207 Wir haben versucht, aus der sehr umfangreichen Literatur eine möglichst objektive Darstellung dieses äußerst merkwürdigen Streites zu geben. Die jesuitische 19e 197
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Literatur, so audi Plattner, a. a. O., pag. 143 ff., 223 f., 279, äußert sich ζ. T. etwas anders, was begreiflich ist. Jedenfalls sollte die aufopfernde Arbeit und das Verdienst der Jesuiten nidit geschmälert werden. Die damaligen Auffassungen waren Irrungen der Zeit, entstanden aus dem Mangel an Erfahrung. 208 Percival Lowell, Die Seele des fernen Ostens. Eugen Diederichs, Jena 1911, pag. 143 f. 201 Ku-Hung-Ming, a. a. O., pag. 5/6. 810 Universität Bern, Mensch und Gottheit in den Religionen, Kulturhistorische Vorlesungen, Verlag Paul Haupt, Bern-Leipzig 1942: Albert Debrunner, Indien, pag. 77 fi. 211 a. a. O., pag. 248 f. 212 a. a. O., pag. 657 f. »» a. a. O., pag. 116 ff. 214 Krüger, a. a. O., Bd. III, pag. 207. 2,5 Böhmer, a. a. O., berichtet, daß 1725 nicht weniger als 400 000 Goldstücke nach Europa gesandt wurden. 214 a. a. O., Bd. I, pag. 769. 217 Lugones, El Impero jesuítico, Ensayo historico, Buenos Aires 1904. 218 w e r sich über dieses interessante Missionskapitel, das im Kampf gegen die Jesuiten immer wieder aufgegriffen wurde, gründlich orientieren will, findet sehr klare Darlegungen bei René Füllöp-Miller, Macht und Geheimnis der Jesuiten, Kulturhistorische Monographie. Grethlein & Co., Leipzig-Zürich 1929, pag. 325 ff. 21 · Siehe dazu P. Laurenz Kilger, Die ersten fünfzig Jahre Propaganda, Zeitschrift für Missionswissenschaft, a. a. O., 1922, pag. 15 ff. 220 Kilger, a. a. O., pag. 22. 121 Hierzu K. Pieper, Ein Blick in die missionsmethodischen Erlasse der Propaganda, Zeitschrift für Missionswissenschaft, a. a. O., 1922, pag. 31 ff. 222 Instructio Sancate Congregationis de Propaganda Fide, 1659, „De Missionariorum delectu; Collectanea, a. a. O., Nr. 135, Bd. I, pag. 42 f. Übersetzung von Pieper, a. a. O. 223 Collectanea, a. a. O., in der Ubersetzimg von Pieper. 224 René Füllöp-Miller, a. a. O., pag. 284 ff. 225 Paul de Chastonay, Die Satzungen des Jesuitenordens, Werden, Inhalt, Geistesart. Verlagsanstalt Benzinger & Co, Einsiedeln-Köln 1938, pag. 211. — Vgl. dazu auch Hoensbroech, a. a. O., Bd. I, pag. 417 ff. — Zum Thema selbst siehe Pieper, a. a. O., pag. 39, der nachdrücklich auf die vielen Widerhandlungen hinweist, wie andere katholische Autoren übrigens auch. **· Collectanea, a. a. O., Bd. I, pag. 18 f., Nr. 72 — dazu auch Pieper, a. a. O., pag. 40 ff . 227 Collectanea, a. a. O., Bd. I, pag. 57 ff., Nr. 181. 228 Collectanea, a. a. O., Bd. I. pag. 5, Nr. 7 (Studia linguarum instituenda). Es sei in diesem Zusammenhang beispielsweise erwähnt, daß schon 1622 in Lissabon für die katholische Mission das erste Buch in Negersprache, ein Katechismus im Kiki-Kongo-Dialekt gedruckt wurde. m Collectanea, a. a. O., Bd. I, pag. 312, Nr. 504 (Ad linguarum missionarii stricte obligantur).
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ANMERKUNGEN
230 Collectanea, a. a. O., Bd. II, pag. 187 ff. (De nonnullis quae missionum regimen et fidem provehendam respiciunt). 231 Collectanea, a. a. O., Bd. I, pag. 25, Nr. 87 (Verbum Crucis haud in praedicatione occultandum). 232 1. Brief an die Korinther, 1,23. 233 Collectanea, a. a. O., Bd. II, pag. 187, Nr. 1606. 234 Pieper, a. a. O., pag. 49. 235 Collectanea, a. a. O., Bd. I, pag. 51, Nr. 150 (Die institutione cleri indigenae). 234 Anton Freitag, Der gegenwärtige Machtbereich und die innere Einrichtung der Sacra Congregatio de Propaganda Fide. Zeitschrift" für Missionswissenschaft, 1922, a. a. O., pag. 52. 237 Bullarium Pontificum Sacra Congregationis de Propaganda Fide, a, a. O., Tomus I, pag. 37—44. 238 Vgl. Freitag, a. a. O., pag. 53. — Über die „Sacra Congregatio pro Ecclesia Orientali" berichtet ausführlich Ahrens, a. a. O., pag. 18 ff. — Ferner lesen wir im „Annuario Pontificio" 1959, pag. 977: Kongregation für die Ostkirche. Sie wurde geschaffen von Papst Pius IX. durch die Konstitution „Romanam Pontífices" vom 6. Januar 1862 und mit der Kongregation für die Glaubensverbreitung vereinigt; jedoch machte sie Papst Benedict XV. mit dem Motu proprio „Dei providentis" vom 1. Mai 1917 selbständig. Ihr Zuständigkeitsbereich wurde beachtlich erweitert von Papst Pius XI. mit dem Motu proprio „Sancta Dei Ecclesia" vom 25. März 1938. Sie hat über die Diözesen, die Bischöfe, den Klerus, die Religiösen und die Gläubigen des orientalischen Ritus alle Rechte inne, welche die Konsistorial-, die Konzils-, die Religiösen- und die Seminarkongregation über die Diözesen, die Bischöfe, den Klerus, die Religiösen und die Gläubigen des lateinischen Ritus inne haben. Außerdem besitzt sie ausschließliche Vollmacht über folgende Gebiete: Ägypten und die Sinaihalbinsel, Erythrea und Nordaethiopien, Südalbanien, Bulgarien, Zypern, Griechenland, Oran, Irak, Libanon, Palästina, Syrien, Jordanien, Türkei und der zur Türkei gehörige Teil von Thracien und Afghanistan; ferner im Apostolischen Vikariat von Addis Abeba und in der Apostolischen Präfektur von Endeber. 239 Vgl. hierzu und für das folgende über die Organisation der Propaganda Freitag, a.a. O., pag. 53 ff. und Ahrens, a. a. O. 240 Die Angaben über die moderne Organisation und Zusammensetzung sind dem statistischen Werk der S. Congregatio de Propaganda Fide entnommen. Wir glaubten dies um so eher tun zu dürfen, als es zweifellos interessanter ist, ein Stück „fertiger" Arbeit zu sehen; denn ebensowenig wie Rom ist diese Congregatio an einem Tage erbaut worden. Andererseits sind die Änderungen an sich — wie bereits angedeutet — geringfügig. Siehe also: MISSIONES CATHOLICAE cura S. Congregationis de Propaganda Fide descriptae. Statistica. Data statistica referuntur ad diem 30 Junii 1927. Typis Polygottis Vaticanis. MDCCCCXXX. 241 Sie sind aber von zahlreichen Zivilangestellten assistiert. So stehen 17 im Dienste der Buchhaltung und Kasse (Ahrens, a. a. O., pag. 17). 242 Bullarium Pontificum, Sacrae Congregationis de Propaganda Fide, a. a. O., Tomus I, pag. 65—73. 243 Siehe MISSIONES CATHOLICAE, a. a. O.
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244 Pakistan, Hindustan und Ceylon erst in allemeuester Zeit; vorher Gesamtindien. 245 a. a. O., pag. 57. 249 Immer bezogen auf den Stichtag 30. Juni 1927. Die Zahlen dürften heute zum Teil höher, zum anderen noch niedriger sein. 247 Ahrens, a. a. O., pag. 32 ff., weist 27 Orden, welche allgemeine Zwecke verfolgen, 9, welche spezielle Missionszwedce erfüllen, 13 Seminare nach. 248 a.a.O., pag. 72ff. 24· Ahrens, a. a. O., pag. 80 ff. 250 a. a. O., pag. 188 f. 251 Missiones catholicae, a. a. O., pag. 382 f. 252 Ahrens, a. a. O., pag. 256. 255 a. a. O., pag. 259 f. 254 Zitiert aus „Die katholische Kirche auf dem Erdenrund" bei Ahrens, a. a. O., pag. 261. 255 a. a. O., pag. 263. 256 Annuario Pontifico, per l'anno 1959. Città del Vaticano, Tipografia Poligglotta Vaticana 1959. Es handelt sich um einen Band von fast 2000 Seiten in deutscher, französischer, italienischer, englischer, spanischer und portugiesischer Sprache. — Uber dieses Jahrbuch selbst erzählt das „Annuario" pag. 1302: Päpstliches Jahrbuch. Im Jahre 1716 begannen die Drucker Cracas mit der Veröffentlichung eines jährlichen Bandes mit „Nachrichten für das J a h r . . d a s die hauptsächlichsten Begebenheiten enthielt, wie auch Personenverzeichnisse der kirchlichen Hierarchie, der Römischen Kurie und des päpstlichen Hofes. Diese Veröffentlichung, die in den folgenden Jahren immer vollständiger gestaltet wurde, erfuhr verschiedene Unterbrechungen zwischen den Jahren 1798—1817 (während der Besatzung Roms durch die Franzosen wurde in manchem Jahr als Ersatz für die „Nachrichten" ein „Almanach für die Verwaltungsbezirke Roms und des Trasimento" herausgegeben); doch wurde sie im Jahre 1818 wieder aufgenommen. Im Jahre 1860 begann man in Rom in der Druckerei der Rev. Camera Apostolica das „Päpstliche Jahrbuch" zu veröffentlichen, das Nachrichten über die kirchliche Hierarchie und die Verwaltung des Kirchenstaates brachte. Mit der Abfassung desselben war die Leitung des „Giornale di Roma" betraut. Als 1870 seine Veröffentlichung unterbrochen wurde, unternahm es die Druckerei der Gebrüder Monaldi im Jahre 1872, jährlich einen Band herauszugeben mit dem Titel „Die Hierarchie der katholischen Kirche und die päpstliche Familie für das Jahr . . . mit Anhang anderer Nachrichten über den Heiligen Stuhl". Der Titel erfuhr später keine Veränderungen, so daß der Inhalt des Buches klarer herausgestellt wurde, der durch Einbeziehung der Capella Pontificia noch erweitert worden war. Im Jahre 1885 wurde der Druck der „Gerachia Cattolica" von der Vatikanischen Drudcerei übernommen, und vom Jahre 1899 bis 1904 trug der Band den Hinweis „Amtliche Ausgabe". Im Jahre 1912 wurde der Titel „Päpstliches Jahrbuch" wieder aufgenommen unter Hinzufügung des Vermerks „Amtliche Ausgabe", der aber seit 1924 wieder fallen gelassen wurde. In den Jahren 1912 bis 1924 enthielt das „Päpstliche Jahrbuch außer den Personenverzeichnissen auch kurze erläuternde Bemerkungen über die Amtsstellen der Römischen Kurie und einige hohe Ämter des Päpstlichen Hofes;
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ANMERKUNGEN
dieser Brauch wurde seit 1940 unter anderem Gesichtspunkt wieder aufgenommen. Leitung und Redaktion des Päpstlichen Jahrbuches befinden sich im Staatssekretariat. 257 Siehe Füllöp-Miller, a. a. O., pag. 396 ff. 238 Wer mehr davon lesen möchte und nach Hinweisen sucht, sei auf den bereits zitierten Füllöp-Miller, a. a. O., verwiesen. 259 Vgl. Schmidlin, Zeitschrift für Missionswissenschaft, a. a. O., 1923, pag. 17—20. 260 Cano nannte in seinem Werk „de locis theologicis" die Jesuiten Vorläufer des Antichrists. Melchior Cano starb 1560. 201 Hoensbroech, a. a. O., pag. 624 ff., Band II. 282 a. a. O., pag. 17 ff. 203 Füllöp-Miller, a. .aO., pag. 453. 2,4 Wir folgen wieder Füllöp-Miller, a. a. O., pag. 469 ff. und können dies auch in der nachstehenden Darstellung um so unbedenklicher tun, als dieses Werk — eines katholischen Schriftstellers übrigens — uns von jesuitischer Seite warm empfohlen wurde. 285 a. a. O., pag. 275. 266 So bei Füllöp-Miller, a. a. O., pag. 364. 267 a. a. O., pag. 403 ff. 298 a. a. O., pag. 410. 289 Füllöp-Miller, a. a. O., pag. 489 ff. 270 idem, a. a. O., pag. 491. 271 R. H. Tawney, Religion und Frühkapitalismus. Eine historische Studie. A. Frandce Verlag, Bern 1946, pag. 17 f. 272 So behauptet wenigstens Füllöp-Miller, also ein katholischer Autor. Andere — so der protestantische Ranke — geben ein weit günstigeres Bild dieses Papstes und seiner Haltung. 275 Es sei in diesem Zusammenhang auf die ruhig objektive Darstellung verwiesen, welche Ranke über die Vorgänge gibt, welche zum Verbot der Gesellschaft Jesu führten, a. a. O., Band VIII, pag. 182 ff. 274 Siehe Guggisberg, a. a. O., pag. 316 ff., dessen Übersetzung aus Mirbt, a. a. O., Nr. 564. 175 Siehe Ranke, Päpste, a. a. O., pag. 185 f. 276 idem, a. a. O., pag. 181. 277 Siehe Hoensbroech, a. a. O., pag. 67 f. 278 Siehe bei F. E. Krause, Geschichte Ostasiens. 2 Bde. Göttingen 1925. Bd. II, pag. 341 f., sowie W. Oehler-Tübingen, China und die christliche Mission in Geschichte und Gegenwart. Evangelischer Missionsverlag, Stuttgart 1925, pag. 131. 279 Siehe bei Wilhelm Schlatter, Geschichte der Basler Mission. 3 Bde., 1916, Verlag der Basler Missionsbuchhandlung, Bd. I, pag. 2 ff. 280 Es sei hinsichtlich der Geschichte der Zeitung und Zeitschriften auf S. H. Steinberg: Die Schwarze Kunst, 500 Jahre Buchdruck, Prestel Verlag, München, verwiesen, Die Literatur über diesen Abschnitt der Entwicklung ist übrigens reich. 281 Hans Honegger, Eidgenössische Handelsförderung um 1500. Emil Rüegg & Co., Zürich 144. 282 R.H. Tawney, Religion und Frühkapitalismus. A. Frandce Verlag, Bern 1946, pag. 7. 285 idem, a. a. O., pag. 17 f.
ANMERKUNGEN
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285 Walter von zur Westen, Reklamekunst. Verlag Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1903, pag. 16. 28» Walter von zur Westen, Reklamekunst aus 2 Jahrtausenden. EigenbrödlerVerlag, Berlin 1925. Er hat sich diesem interessanten Gebiet der Entwicklung der Wirtschaftswerbung mit besonderer Liebe, auch als Sammler, angenommen. 287 So berichtet Walter Boßhard in der Neuen Zürcher Zeitung, Nr. 2407 vom 25. Dezember 1946. 288 Tawney, a. a. O., schildert diese Epoche meisterhaft in pag. 85 ff. 289 Henri Sée, Die Ursprünge des modernen Kapitalismus, Sammlung Dalp. Verlag Francie, Bern 1948, pag. 116.
LITERATUR-VERZEICHNIS Achebe, Chinua: Okonkwo oder das Alte stürzt. Henry Goverts Verlag, Stuttgart 1959. Annuario Pontifico per l'anno 1959. Città del Vaticano. Tipografia Poliglotta Vaticana 1959. Ahrens, Bernard, S.J.: Handbuch der katholischen Missionen. Herder & Co., Freiburg i. B. 1920. Bauer, Konrad: Aventur und Kunst. Eine Chronik des Buckdruckergewerbes von der Erfindung der beweglichen Letter bis zur Gegenwart. Privat-Druck der Bauerschen Gießerei. Frankfurt a. M. 1940. Bern, Universität, Mensch und Gott in den Religionen. Kulturhistorische Vorlesungen. Verlag Paul Haupt, Bern und Leipzig 1942. Bernhart, Josef: Der Vatikan als Weltmacht. Geschichte und Gestalt des Papsttums. Paul List Verlag, Leipzig 1930. Böhmer, Heinrich: Studien zur Geschichte der Gesellschaft Jesu. 1914. Böhmer, Heinrich: Die Jesuiten. In der Zeitschrift „Natur und Geisteswelt", 49. Bändchen. 3. und 4. Aufl. Leipzig 1913. Boßhard, Walter: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 2407, 25. Dezember 1946. Bullarium Pontificum Sacrae Congregationis de Propaganda Fide, Romae 1839. Burckhardt, Jakob: Welthistorische Betrachtungen. W. Spemann, Berlin und Stuttgart 1910. Camenisch, E.: Bündner Reformationsgeschichte. Bischofberger und Hotzenköcherle, Chur 1920 Castella, Gaston: Papstgeschichte, Band II. Fraumünster-Verlag, Zürich 1945. Chastonay, Paul de: Die Satzungen des Jesuitenordens, Werden, Inhalt, Geistesart. Verlagsanstalt Benzinger & Co., Einsiedeln-Köln 1938. Collectanea S. Congregationis de Propaganda Fide sei Decreta Instructiones Rescripta pro Apostolicis Missionibus, Vol. I., Ann. 1622, NN 1 —1299. Romae, Ex Typographia Polyglotta, S.C. de Propaganda Fide, MCMVII. Cordan, Wolfgang: Mayakreuz und rote Erde. Werner Classen Verlag, Zürich-Stuttgart 1959. Englert-Faye, C.: Uber die Verhaßtheit und das Ketzertum der Schweizer. Atlantis Almanach. Atlantis Verlag, Zürich 1947. Fehr, Hans: Massenkunst im 16. Jahrhundert. Verlagsbuchhandlung Herbert Stubenrauch, Berlin 1924. Freiburger Nachrichten, St. Niklaus Glodcen, 18. Januar 1947. Nr. 13/3, Freiburg, Schweiz. Freitag, Anton: Der gegenwärtige Machtbereich und die innere Einrichtung der Sacra Congregatio de Propoganda Fide. Zeitschrift für Missionswissenschaft, 1922. Friedeil, Egon: Kulturgeschichte der Neuzeit. Vollständige ungekürzte Ausgabe 1947. London und Oxford, Phaidon Press Ltd.
LITERATUR-VERZEICHNIS
285
Füllöp-Miller, René: Macht und Geheimnis der Jesuiten. Kulturhistorische Monographie. Grethlein & Co., Leipzig und Zürich 1929. Durant, Will: Die Geschichte der Zivilisation. Band VI. Das Zeitalter der Reformation. Eine Geschichte der Europäischen Kultur von Wiclif bis Calvin (1300—1564). A. Francie Verlag, Bern und München. Gagliardi, Ernst: Die Geschichte der Schweiz. Band II. Orell Füssli Verlag, ZürichLeipzig. 3. Aufl. 1938. Guggisberg, Kurt: Die römisch-katholische Kirche. Zwingli-Verlag, Zürich 1946. Hoensbroech, Paul von: Der Jesuitenorden. 2 Bände. Verlag Paul Haupt, Bern und Leipzig 1927. Honegger, Hans: Eidgenössische Handelsförderung um 1500. Emil Rüegg & Co., Zürich 1944. Kilger, P. Laurenz: Die ersten 50 Jahre Propaganda. Zeitschrift für Missionswissenschaft 1922. Krause, F. E.: Geschichte Ostasiens. 2 Bände. Göttingen 1925. Krüger, Gustav: Handbuch der Kirchengeschichte. Band III (Reformation und Gegenreformation). Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1911. Ku-Hung-Ming: Chinas Verteidigung gegen Europäische Ideen. Verlag Eugen Diederichs, Jena 1911. De la Tour, Imbart: Calvin. Der Mensch — Die Kirche — Die Zeit. Georg D. W. Callwey, München 1936. Lowell, Percival: Die Seele des Fernen Ostens. Verlegt bei Eugen Diederichs, Jena 1911. Lugones: El Impero jesuítico, Ensayo historico, Buenos Aires 1904. Mirbt, Carl: Quellen zur Geschichte des Papsttums und des römischen Katholizismus. Verlag J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1911. Missiones Catholicae, cura S. Congregationis de Propaganda Fide descripte, Statisticae. Data statistica referentur ad diem 30 Juni 1927. Types Polyglottis Vaticanis MDCCCCXXX. Diese Publikation erscheint seit 1950 nicht mehr. Sie wurde ersetzt durch eine neuere, offenbar besser aufgemachte, den ATLAS MISSIONUM a. S. Congretatione de Propaganda Fide dependentium; mit 44 farbigen Tafeln. Libreria Editrice Vaticana, Rom. Naef, Werner: Die Epochen der neueren Geschichte. Verlag H. R. Sauerländer & Co., Aarau 1945. Oehler, W.: China und die christliche Mission in Geschichte und Gegenwart. Evangelischer Missionsverlag, Stuttgart 1925. Ludwig, von: Geschichte der Päpste im Zeitalter der katholischen Restauration und des Dreißigjährigen Krieges. 1. bis 7. Aufl. Herder & Co., Freiburg i.Br. 1928. Plattner, Felix Alfred: Jesuiten zur See; der Weg nach Asien. Atlantis Verlag, Zürich 1946. Pieper, K.: Ein Blick in die missionsmethodischen Erlasse der Propaganda. Zeitschrift für Missionswissenschaft 1922. Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Ungekürzte Textausgabe. Phaidon-Verlag, Wien. Ranke, Leopold, von: Die römischen Päpste in den letzten vier Jahrhunderten. Band I. Duncker und Humblot, München und Leipzig 1915.
286
LITERATUR-VERZEICHNIS
Rohrbach, Paul: Die Geschichte der Menschheit. Karl Robert Langenwiesche, Königstein im Taunus und Leipzig 1914. See, Henri: Die Ursprünge des modernen Kapitalismus. Sammlung Dalp, Verlag A. Francke, Bern 1948. Strehler, Hermann: Johannes Genssfleisch zum Gutenberg. Schweizer Graphische Mitteilungen, Heft 2, 65. Jahrgang, Februar 1946. Steinberg, S. H.: Die Schwarze Kunst. 500 Jahre Buchdruck. Prestel Verlag, München 1958. Schwegler, P. Theodor: Geschichte der katholischen Kirche in der Schweiz. 2. Aufl. Verlag Josef von Matt, Stans 1943. Salomon, Ludwig: Allgemeine Geschichte des Zeitungswesens. Sammlung Cöschen, J. G. Göschensche Verlagshandlung 1907. Schmidlin: Die Gründung der Propaganda-Kongregation (1622), zu ihrem 300jährigen Jubiläum. Zeitschrift für Missionswissenschaft. 12. Jahrgang, 1922. Aschendorflsche Verlagsbuchhandlung, Münster i. W. Schlatter, Wilhelm: Geschichte der Basler Mission. 3 Bände. Verlag der Basler Missionsbuchhandlung, 1916. Tawney, R.H.: Religion und Frühkapitalismus. Eine historische Studie. A. Frandce Verlag, Bern 1946. Vallière, P. de: Treue und Ehre. Geschichte der Schweizer in fremden Diensten. Les Editions d'art suisse ancien, Lausanne 1940. Virchaux, Max P.: L'Information à travers les ages. Editions de la Bacconière, Boudry (Suisse) 1945. Wagenführ, Horst: Handelsfürsten der Renaissance. Schuler Verlag, Stuttgart 1957. Westen, Walter von Z.: Reklamekunst. Verlag Velhagen und Klasing, Bielefeld und Leipzig 1903. Westen, Walter von Z.: Reklamekunst aus 2 Jahrtausenden. Eigenbrödler Verlag, Berlin 1925. Missionswissenschaft, Zeitschrift für, 12. Jahrgang, 1922, Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster i. W.
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GESCHICHTE DER WIRTSCHAFTSWERBUNG UND DER PROPAGANDA INHALT
DES
GESAMTWERKES:
Band I: ALTERTUM UND MITTELALTER Einleitung über den Begriff der Werbung. — Werbung im Altertum: In China, Indien, Ägypten, Vorderasien, in Griechenland und Rom. — Die Mission der Weltreligionen. — Das Werden des Christentums und seine Ausbreitung. — Römische Politik vor 2000 Jahren. — Die frühe Judenfrage. — Die Machtkämpfe des Sacerdotiums und Imperiums. — Die Propaganda der Päpste und der Kaiser. — Die Kreuzzugs-Propaganda. — Methoden der Propaganda bis zum Ende des Mittelalters. — Die Wirtschaftswerbung im Altertum und im Mittelalter. Band II: DAS ZEITALTER DER REFORMATION UND DER GEGENREFORMATION Die Zeit der Reformation und der Gegenreformation. — Die Erfindung der Buchdruckerkunst und ihr Einfluß auf die Werbung. — Die kurialen und reformatorischen Streitschriften. — Die Aktionen Luthers, Zwingiis und Calvins. — Die weltweiten Glaubenskämpfe. — Index und Zensur. — Der geniale Aufbau der päpstlichen Propaganda für die Verbreitung des Glaubens. — Der Ritenstreit. — Die Jesuiten und ihre Taten. — Auf dem Landweg nach China. — Neue Methoden der Glaubensverbreitung. — Die Volkssouveränität. — Handelsfürsten des 16. und 17. Jahrhunderts. — Von den Türkenkriegen. — Die Entstehung der Nationalstaaten. — Politik wird zur Wissenschaft. — Anfänge der Weltmacht Presse. Band III: DAS ZEITALTER DER REVOLUTION Das Zeitalter der Revolutionen. — Die Revolution der Technik und ihr Einfluß auf die Werbung. — Die Propaganda vor und seit der Französischen Revolution. — Die Napoleonische Propaganda. — Der deutsche Freiheitskampf. — Die Freimaurer. — Der Liberalismus. — Marx und Engels und das Kommunistische Manifest. — Die Umwälzungen von 1848. — Der Kulturkampf. — Kirche und Staat. — Die Soziallehre der Päpste. — Die Entwicklung von Handel und Industrie und der Wirtschaftswerbimg für dieselben. — Kriegspropaganda. — Der Bolschewismus und die kommunistischen Welteroberungspläne. — Der Nationalsozialismus und der Faschismus. — Die Situation nach dem zweiten Weltkrieg. — Moderne Technik und Werbung. — Die Methoden der modernen Werbung. — Werbung als Wissenschaft. Ausführliches Namen- und Sachregister
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DIE UNERKANNTE KULTURMACHT GRUNDLEGUNG DER ZEITUNGSWISSENSCHAFT (PERIODIK) Sieben Bände mit einem Gesamtumfang von etwa 5000 Seiten. Groß-Oktav. Ganzleinen. Subskriptionspreis je Band 56,— DM Inhalt des Gesamtwerkes: I: Das Wesen des Werkes: Einleitung (Stellung und Bedeutung der Zeitungswissenschaft im System der Wissenschaften) — Analyse der Merkmale und Untersuchung deis Wesens und Sinnes des Periodikums. XVI, 645 Seiten. 1960. II: Das Sein des Werkes: Das Äußere — Der Inhalt (Text- und Anzeigenteil) — Zwecke und Werte. VIII, 426 Seiten. 1961. III: Das Werden des Werkes (l.Teil): Der Verlag, sein Standort, seine Unternehmungsformen, seine Finanzierung, seine Einnahmen und Ausgaben, seine Rentabilität, Der Verleger. VIII, 431 Seiten. 1961. IV: Das Werden des Werkes (2. Teil): Die Redaktion, ihre Mitarbeiter, ihre Gliederung und Zusammenarbeit, die Stoffbeschaffung, das Verhältnis zwischen Redaktion und Verlag; der Journalismus, seine Tätigkeiten und Anforderungen, die Persönlichkeit des Journalisten. Vor-, Aus- und Fortbildung, Arbeitsbedingungen, soziale Stellung, Organisation des Berufs, Hilfsgewerbe. In Vorbereitung. V: Das Wirken des Werkes (l.Teil): Die journalistischen Wirkungsmittel. Die Sozialgebilde (Die Öffentlichkeit, das Publikum, Gemeinschaft und Gesellschaft, die Partei). Die Kultursysteme I: Der Staat. In Vorbereitung. VI: Die Kultursysteme II: Die Wirtschaft, Die Technik, Die Wissenschaft, Die Kunst, Die Religion. Wirkungsverhältnis und Wirkungsvorgang zwischen Periodikum und Publikum. In Vorbereitung. VII: Das Werk im Ganzen der Kulturgesellschaft: Die objektiven Grundtendenzen der kulturgesellschaftlichen Gesamtentwicklung, Die subjektiven Kräfte der Kulturbewegung, Die kulturgesellschaftliche Bedeutung des Werkes. Personen- und Sachregister. In Vorbereitung. WALTER
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GRUYTER
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BERLIN
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